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1. Zu "erforderlichen Informationen" gem. § 7 Abs. 1 UrhDaG sowie zu einem "hinreichend begründeten Hinweis" gem. § 8 Abs. 1 UrhDaG muss der Rechteinhaber seine Rechteinhaberschaft belegen und begründen, warum das Werk unerlaubt benutzt wird. Die Informationen müssen den Diensteanbieter in die Lage versetzen, die bestimmt bezeichneten Werke und Schutzgegenstände blockieren zu können, und sie müssen auch den Nachweis enthalten, dass ihm die Rechte an den urheberrechtlich geschützten Inhalten zustehen.
2. Den Maßstab an das Verlangen auf Blockierung und den hinreichend begründeten Hinweis nach § 8 Abs. 1 UrhDaG (bzw. erforderlichen Informationen nach § 7 Abs. 1 UrhDaG) entspricht der schon vor dem Inkrafttreten der DSM-Richtlinie und ihrer Umsetzung in das UrhDaG ergangenen Rechtsprechung des EuGH und des BGH (vgl. EuGH, Urteil vom 22.06.2021 – C-682/18 – YouTube und Cyando; BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15 – YouTube II).
3. Stehen dem Diensteanbieter Informationen zur Verfügung, wonach sich sowohl der Beschwerde führende vermeintliche Rechteinhaber als auch der einen Inhalt hochladende Account-Inhaber jeweils als Rechteinhaber gerieren, darf der Diensteanbieter auf gesetzliche Vermutungsregeln, wie hier § 92 Abs. 1 UrhG, zurückgreifen. Dann obliegt es demjenigen, gegen den die Vermutung streitet, seine Rechteinhaberschaft mindestens glaubhaft zu machen.
1. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,
Teile aus dem Kurzfilm „Titel entf.“ mit dem Timecode 0.00 bis 1.50, 2.01 bis 3.26, 3.45 bis 11.41, 12.14 bis 12.55, 13.26 bis 13.38, 14.06 bis 16.33, 16.41 bis 17.06, 17.11 bis 17.18, 17.53 bis 19.43, öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a UrhG),
wenn dies geschieht wie im Video „Titel entf.“ unter der URL „Url entf.“ und aus der Kopie auf dem diesem Urteil als Anlage beigefügten USB-Stick ersichtlich,
2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Verbreitung der unter Ziff. I. 1) genannten Inhalte zu erteilen.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2) der Klägerin dem Grunde nach zum Schadensersatz für jeden Schaden verpflichtet sind, der durch die öffentliche Zugänglichmachung der unter Tenorziff. 1) genannten Inhalte entstanden ist oder noch entstehen wird.
4. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin eine Geldentschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2022 zu zahlen.
5. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2002,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2022 zu zahlen.
6. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) wird abgewiesen.
7. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten tragen die Klägerin zu 64 % und der Beklagte zu 2) zu 36 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin, soweit sie Zahlungsansprüche hat oder wegen der Kosten, und für die Beklagten jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR und der Auskunftsanspruch der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
T A T B E S T A N D:
2Die Klägerin wirkte vor ca. 11 Jahren als Hauptdarstellerin in einem Kurzfilm des Filmemachers Herrn A. X. W. (bürgerlich W.) mit, des jetzigen Beklagten zu 2). Die Story behandelt einen sogenannten Ehrenmord. Die Klägerin wird im Abspann namhaft gemacht. Der erkennbar in M. gedrehte Film enthält eine Sex-Szene, in welcher die Klägerin u.a. nackt zu sehen ist.
3Der Beklagte zu 2) lud den Film im September 2017 auf die Plattform der Beklagten zu 1) hoch (Anlage B 19, Bl. 244). Im Übrigen war auf der Plattform H. zeitweise ein zweites Video mit dem streitgegenständlichen Kurzfilm abrufbar, das über den Account „P.“ hochgeladen worden ist und eine Schnittfassung „Director's Cut“ von „Titel entf.“ wiedergab. Informationen zum Inhaber des Accounts „P.“ sind nicht aktenkundig.
4Am 17.09.2017 stellte die Klägerin einen Deaktivierungsantrag, worauf hin am 21.09.2017 das Video zunächst gelöscht wurde und die Beschwerde dem Beklagten zu 2 zugeleitet wurde.
5Die Beklagte zu 1) behauptet, dass am 21.09.2017 der Beklagte zu 2) unter Angabe seiner Kontaktdaten (konkret: A. X. W., T.-straße, M., NRW 00000 DE, E-Mail01, Tel01) auf die Beschwerde mit einer Gegendarstellung (Counter-Notification) geantwortet habe:
6„Ich bin hier der Author, Regisseur, Produzent und Urheberrechtsinhaber dieses Films (Titel entf.). Es ist absolut rechtswidrig, dass hier die Frau G. über Urheberrechte Anspruch erhebt. Mit welcher rechtlichen Grundlage kann einfach sowas passieren. Daher bitte ich mit sofortiger Wirkung diese Sperre aufzuheben. MfG, Z.A.W.“
7und legt dazu die Anlage B 21 (Bl. 251 der Akte) vor.
8Auf eine erneute inhaltsgleiche Beschwerde der Klägerin vom 23.12.2017 verwies die Beklagte zu 1) auf die vorliegende Gegendarstellung des Beklagten zu 2) und teilte weiter mit, dass die Klägerin nicht innerhalb von 10 Tagen nach der vorangegangenen Beschwerde nachgewiesen habe, eine Gerichtsentscheidung beantragt zu haben (Anlage B 22, Bl. 258 der Akte).
9Im Wege einer Datenschutzbeschwerde am 02.01.2018 rügte die Klägerin die Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte, was die Beklagte zu 1) zurückwies (Anlage B 23, Bl. 260 der Akte).
10Darauf reagierte die Klägerin wie folgt (Anlage B 23, Bl. 265 der Akte):
11
Die Beklagte zu 1) teilte der Klägerin am 15. Januar 2018 nach erneuter Prüfung mit, dass keine Rechtsverletzung festgestellt werden könne (Anlage B 23, Bl. 266 der Akte).
14Auf eine weitere inhaltsgleiche Urheberrechtsbeschwerde der Klägerin vom 24. Juli 2020 verwies die Beklagte erneut noch am selben Tag auf die Gegendarstellung des Herrn W. und einen von der Klägerin zu erbringenden Nachweis (Anlage B 24 Bl. 268 der Akte).
15In ihrer letzten Beschwerde vom 28.12.2021 behauptete die Klägerin nunmehr, der Film habe vereinbarungsgemäß rein privaten Zwecken dienen sollen (Anlage B 25, Bl. 272 der Akte).
16Am 29.12.2021 mahnte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte wegen Verletzung von § 22 KUG ab (Anlage K 13, Bl. 48 ff. der Akte = Anlage B 27, Bl. 281 der Akte). Die Beklagte wies die Abmahnung zurück.
17Am 30.12.2021 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zu 1) zur Auskunft auf (Anlage K 15, Bl. 55 f. der Akte = Anlage B 29, Bl. 299 der Akte) und mit Abmahnung vom 31.12.2021 (Anlage K 14, Bl. 53 f. der Akte = Anlage B 30, Bl. 301 der Akte) ließ die Klägerin die Beklagte zu 1) wegen Verletzung ihrer Rechte als ausübende Künstlerin auf urheberrechtlicher Grundlage abmahnen.
18Am 1. Januar 2022 sperrte die Beklagte die vom H.-Account „P.“ hochgeladene Schnittfassung „Director's Cut“ von „Titel entf.“. Die weitere Filmfassung, die der Beklagte zu 2) hochgeladen hatte, wurde mit einer Altersbeschränkung ab 16 Jahren versehen.
19Unter Verweis auf die von der Klägerin angedrohte Klage gab die Beklagte zu 1) dem Beklagten zu 2) erneut die Möglichkeit zur Äußerung. Dieser schrieb:
20„Hallo ... vielen Dank für Ihre E-Mail. Der Film gehört mir. Während der Dreharbeiten hatten wir keine schriftliche Vereinbarung mit Pater G.. Ich habe diesen Film gemacht, damit die Leute ihn sehen können. In diesem Film spielen alle Schauspieler freiwillig. und sie alle lasen das Drehbuch. Sag mir jetzt, was soll ich tun? wie soll ich es machen? Fr. G. kennt meine aktuelle Adresse! LG“ (Anlage B7, Bl. 195, 199 der Akte).
21und
22„Hallo, Zu meiner heutigen Antwort möchte ich hinzufügen, dass zwischen mir und Frau G. natürlich eine mündliche Vereinbarung gab und dieser Film für die Veröffentlichung in aller Medien Geplant war, dies können auch alle anderen Darstellern bezeugen und zustimmen. Außerdem ich habe diesen Film seit 2013 schon im Netz veröffentlicht, warum sie jetzt erst damit kommt, ist es für mich unerklärlich. Es ist genau so Wenn Sie auf Straße eine Tv Reportage machen und nach Jahren sagen, es soll nicht veröffentlicht werden. Also ich lasse Ihnen die Entscheidung. Danke für Ihr Verständnis Mit freundlichen Grüßen A. X. W.“
23(Anlage B7, Bl. 195, 202 der Akte)
24Die Klägerin bestreitet, dass ihr die Beklagte zu 1) die angebliche Anschrift des Beklagten zu 2) mitgeteilt hätte. Eine Gegendarstellung inklusive Anschrift, wie in Anlage B 21 wiedergegeben, die ihr mit E-Mail vom 26.09.2017 übersandt worden sein solle, liege ihr nicht vor und sie könne sich auch an keine Mitteilung einer Anschrift erinnern.
25Die Beklagten hätten kein Recht aus § 19a UrhG erworben, da ein solches zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin eingeräumt worden sei.
26Vertragszweck sei vielmehr die Herstellung eines privaten Films gewesen, welchen der Beklagte zu 2) nie außerhalb von Festivals habe zeigen wollen und dürfen. Eine vereinbarte Festival-Auswertung sei jedoch nie erfolgt, sodass der Film bislang iSd § 19 Abs. 4 Satz 1 UrhG unaufgeführt sei. Urheberrechtlich gesehen sei er damit gänzlich unveröffentlicht geblieben.
27Die Klägerin bestreitet ausdrücklich die in Anlage B7 dargelegte erstmalige Einlassung des Beklagten zu 2) vom 25.03.2022, es habe eine mündliche Vereinbarung zur Veröffentlichung in allen Medien gegeben.
28Die Klägerin ist der Auffassung, dass sich die Beklagten an § 31 Abs. 5 UrhG festhalten lassen müssten. In § 92 Abs. 1 UrhG sei lediglich eine Zweifelsfallregelung enthalten. Diese Vermutung sei jedoch erschüttert worden, die Klägerin könne die Beschränkung ihrer Rechte durch einen benannten Zeugen, den anderen im Kurzfilm zu sehenden Schauspieler, beweisen.
29Die Beklagte zu 1) hafte auf Unterlassung als nicht privilegierte Täterin nach §§ 2, 1 UrhDaG und als Störerin gemäß §§ 1004, 823 BGB.
30Der Beklagte zu 2) könne insbesondere mit der Einrede der Verjährung bei einem Dauerverstoß nicht gehört werden, wozu die Klägerin auf OLG M., Urteil vom 08.05.2015 - 6 U 137/14 – verweist.
31Nach teilweiser Klagerücknahme betreffend den Klageantrag zu VII. und nach einseitiger Erledigungserklärung betreffend den Klageantrag zu III. beantragt die Klägerin nunmehr (noch),
32I. es den Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,
33aufzugeben,
34es zu unterlassen, Teile aus dem Kurzfilm „Titel entf.“ mit dem Timecode 0.00 bis 1.50, 2.01 bis 3.26, 3.45 bis 11.41, 12.14 bis 12.55, 13.26 bis 13.38, 14.06 bis 16.33, 16.41 bis 17.06, 17.11 bis 17.18, 17.53 bis 19.43, öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a UrhG),
35wenn dies geschieht wie im Video „Titel entf.“ unter der URL „URL entf“ (Kopie in Anlage USB-Stick),
36II. es der Beklagten zu 1) bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,
37aufzugeben,
38durch Sperrung oder Entfernung (Blockierung) bestmöglich sicherzustellen, dass die unter Ziff. I. 1) genannten Inhalte nicht öffentlich wiedergegeben werden und hierfür auch künftig nicht verfügbar sind (qualifizierte Blockierung iSd § 7 UrhDaG),
39wenn dies geschieht wie im Video „Titel entf.“ unter der URL „Url entf“ (Kopie in Anlage USB-Stick).
40IV. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die Verbreitung der unter Ziff. I. 1) genannten Inhalte auf ihrer Plattform zu erteilen;
41V. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die Verbreitung der unter Ziff. I. 1) genannten Inhalte zu erteilen;
42VI. festzustellen, dass die Beklagten der Klägerin gesamtschuldnerisch dem Grunde nach zum Schadensersatz für jeden Schaden verpflichtet sind, der durch die öffentliche Zugänglichmachung der unter Ziff. I. 1) genannten Inhalte entstanden ist oder noch entstehen wird;
43VIII. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin gesamtschuldnerisch eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Geldentschädigung, mindestens jedoch 10.000,00 EUR, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
44IX. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, der Klägerin Aufwendungsersatz für die vorgerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts in Höhe einer 1,3-Geschäfsgebühr nach VG aus einem Gegenstandswert iHv 50.000,- EUR zzgl. einer Aufwandspauschale iHv 20,- EUR sowie 19 % USt, mithin 2.002,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
45X. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, der Klägerin Aufwendungsersatz für die vorgerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts in Höhe einer 1,3-Geschäfsgebühr nach VG aus einem Gegenstandswert iHv 50.000,-EUR zzgl. einer Aufwandspauschale iHv 20,- EUR sowie 19 % USt, mithin 2.002,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
46Die Beklagten beantragen jeweils,
47die Klage abzuweisen.
48Die Beklagte zu 1) rügt die internationale Zuständigkeit des Landgerichts M. und meint, der Verbrauchergerichtsstand nach Art. 18 Abs. 1 Alt. 2, 17 Abs. 1 lit. c, Abs. 2 EuGVVO sei nicht eröffnet . Die Klägerin streite als professionelle Schauspielerin um die Rechte an einem Filmwerk und wolle dessen Verbreitung verhindern. Sie werde insoweit nicht als Verbraucherin tätig. Das Landgericht M. sei nach Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO auch örtlich unzuständig, da der Wohnsitz der Klägerin in C. liegt und die Beklagte ihren Sitz in K. habe, was als solches unstreitig ist.
49Sie ist ferner der Auffassung, die Rechte der Klägerin an der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß §§ 19a, 78 Abs. 1 Nr. 1, 2 Nr. 3 UrhG lägen nach der Rechtekonzentrationsvermutung des § 92 Abs. 1 UrhG beim Filmproduzenten Herrn W., dem Beklagten zu 2). Insbesondere trage die Klägerin i.R.d. § 92 UrhG die volle Darlegungs- und Beweislast.
50Hinzu komme, dass die Angaben der Klägerin bislang sehr widersprüchlich gewesen seien. Mit E-Mail vom 05.01.2018 habe sie behauptet, dass Herr W. keinerlei Rechte am Film habe, wozu die Beklagte zu 1) auf die Anlage B 23 verweist. Danach habe sie mitgeteilt, mit ihm vereinbart zu haben, dass der Film privaten Zwecken dienen solle, wozu sich die Beklagte zu 1) auf die Anlage B 25 bezieht. Dies erscheine bei einer professionellen Filmproduktion und in Ansehung der beruflichen Tätigkeit von Klägerin und Produzent im Filmbereich kaum nachvollziehbar und sei schlicht unsubstantiiert. Nunmehr trage die Klage vor, dass doch eine Auswertung vereinbart worden sei, sich diese aber auf Festivals beschränkt habe.
51Es liege auch keine Verletzung von § 22 KUG vor, weil die Einwilligung der Klägerin auch die Online-Verwertung des Films umfasse, da die Rechtekonzentrationsvermutung des § 92 UrhG zugunsten des Filmherstellers auch auf § 22 KUG Anwendung finde.
52Die Einwilligung der Klägerin erfasse ihrer Reichweite nach auch die Verwendung ihres Bildnisses im Rahmen der Online-Verwertung auf der Plattform der Beklagten. Welche Arten der Verbreitung eines Bildnisses durch eine Veröffentlichungserlaubnis des Abgebildeten gedeckt seien, sei unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.
53Erledigung hinsichtlich des Klageantrags zu III) sei nicht eingetreten. Vielmehr sei unplausibel, dass die aus der Anlage B 21 ersichtlichen Nachrichten der Klägerin nicht zugegangen seien.
54Der Beklagte zu 2) erhebt die Einrede der Verjährung und bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin, welche den Film mit Trailer selbst einst beworben habe, erst Ende 2021 erneut erfahren habe, dass der Film auf H. präsentiert werde. Im Übrigen lässt er sich zur Sache nicht ein.
55Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.
56E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
57Die Klage ist zulässig, aber nur gegen den Beklagten zu 2) begründet, während sie gegen die Beklagte zu 1) unbegründet ist.
58I. Die Klage ist zulässig.
59Insbesondere ist das Landgericht M. für die Klage gegen die Beklagte zu 1) gemäß Art. 7 Nr. 2 EuGVVO international und örtlich zuständig. Art. 7 EuGVVO bestimmt auch die örtliche Zuständigkeit, so dass in diesen Fällen ein Rückgriff auf die §§ 12–35 a ZPO ausgeschlossen ist. Nach der Rechtsprechung des auch für das Urheberrecht zuständigen I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ist eine unerlaubte Handlung gemäß § 32 ZPO respektive Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, zu der auch Urheberrechtsverletzungen zählen, sowohl am Handlungsort als auch am Erfolgsort begangen, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen oder in das Rechtsgut eingegriffen worden ist. Zur Begründung der Zuständigkeit reicht die schlüssige Behauptung von Tatsachen aus, auf deren Grundlage sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt. Der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung im Sinne von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist bei einer behaupteten Verletzung des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte durch Vertrieb von Waren jeder Ort, an dem die Waren durch Kauf erlangt werden können, insbesondere beim Online-Handel jeder Ort, an den die Waren geliefert werden.
60Die Klägerin stützt ihre Ansprüche darauf, dass die Beklagten das streitgegenständliche Video auf H. öffentlich zugänglich gemacht hat, ohne dazu berechtigt zu sein, und dieses in der Bundesrepublik Deutschland abrufbar war. Erfolgsort für das das öffentliche Zugänglichmachen des angegriffenen Videos ist damit jedenfalls auch der Bezirk des Landgerichts M.. Demgegenüber kommt es bei Streitigkeiten über Urheberrechtsverletzungen auf eine wie auch immer geartete „bestimmungsgemäße Abrufbarkeit“ bzw. eine Ausrichtung der Webseite, über die das Werk abrufbar war, auf Deutschland bzw. auf deutsche Internetnutzer (vgl. BGH, Urteil v. 2.3.2010, VI ZR 23/09), nicht an (EuGH, Urteil v. 03.10.2013, C-170/12 - Pinckney, Rn. 42; BGH, Urteil vom 21.04.2016, Az. I ZR 43/14 - An Evening with Marlene Dietrich). Es reicht stattdessen aus, dass ein urheberrechtlich geschützter Inhalt am Ort des angerufenen Gerichts abrufbar war (vgl. EuGH ‚ Urteil vom 22.1.2015, C-441/13, Rn. 32 – 34 – Hejduk ./. Energie Agentur NRW GmbH). Dies war bei der Videoplattform H. jedenfalls gegeben.
61Im Verhältnis zum Beklagten zu 2) kommt hinzu, dass auch der Verletzungsort an dessen Wohnsitz in M. anzunehmen ist. Im Übrigen ist dessen allgemeiner Gerichtsstand nach §§ 12, 13 ZPO im hiesigen Gerichtsbezirk.
62Auch hinsichtlich der persönlichkeitsrechtlichen Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) ist das Landgericht M. zuständig. Zwar gilt – anders als im Urheberrecht – grundsätzlich, dass die bloße technische (im Gegensatz zur „bestimmungsgemäßen“) Abrufbarkeit einer das Persönlichkeitsrecht verletzenden Internetseite (auch von Presseverlagen) nicht als Begehungsort genügt; hinzukommen muss noch ein hinreichender Bezug zum Gerichtsbezirk, wozu etwa der Wohn-/Aufenthaltsort des Klägers oder Beklagten, die bestimmungsgemäße Auswirkung oder auch die Möglichkeit von Interessenkonflikten ausreichen können.
63Richtet sich indes die Veröffentlichung wegen der allgemeinen Bekanntheit des Geschädigten erkennbar an ein bundesweites Publikum, begründet dies wie beim Pressedelikt aber einen sogenannten fliegenden Gerichtsstand (OLG Dresden GRURPrax 2020, 416; zitiert nach: Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 32 ZPO, Rn. 20_10)
64Letzteres ist hier der Fall. Auch hier kommt hinzu, dass der Beklagte zu 2) seinen allgemeinen Gerichtsstand nach §§ 12, 13 ZPO im Gerichtsbezirk des Landgerichts M. hat und hier tätig geworden ist. Der Handlungsort, an dem die Verletzung durch das Hochladen des Videos auf H. maßgeblich begangen wurde, liegt damit in M..
65Auf die Voraussetzungen des Verbrauchergerichtsstandes kommt es vorliegend nicht an.
66II.
67Die Klage gegen den Beklagten zu 2) ist im jetzt noch geltend gemachten Umfang begründet.
681. Dazu hat das Oberlandesgericht M. im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens des Beklagten zu 2) mit Beschluss vom 13.06.2023 wie folgt ausgeführt:
69„Zu den Klageanträgen zu 1), 5), 6), 7), 8) und 10), die den Beklagten zu 2) betreffen, hat die Klägerin vorgetragen, dass der Film „Titel entf.“ ausschließlich auf Filmfestivals vorgeführt werden sollte und dass sie in eine darüber hinaus gehende Verwertung nicht eingewilligt habe. Dass der Beklagte zu 2) den Film auf Kanälen der von der Beklagten zu 1) betriebenen Plattform H. entgegen dieser Abrede veröffentlicht hat und der Film bislang im Übrigen unveröffentlicht ist, ist im Verhältnis zum Beklagten zu 2) (§ 61 ZPO) unbestritten.
70Der Unterlassungsanspruch (Antrag zu 1) folgt bei dieser Sachlage aus § 97 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit §§ 73, 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG sowie § 19a UrhG. Der Unterlassungsanspruch ist auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist begann gemäß § 102 S. 1 UrhG i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB frühestens am 11.02.2022 mit Kenntnis der Klägerin vom bürgerlichen Namen und der Anschrift des Beklagten zu 2). Da die Abrede eindeutig ist, gelangt die Auslegungsregel des § 92 Abs. 1 UrhG nicht zur Anwendung, jedenfalls wäre die Übertragungsvermutung widerlegt. Aufgrund der ausdrücklichen Bestimmung der Nutzungsart, nämlich die ausschließliche Verwertung auf Filmfestivals, führt auch § 31 Abs. 5 UrhG zu keinem anderen Ergebnis.
71Der Auskunftsanspruch (Antrag zu 5) folgt aus einer erweiternden Anwendung des § 259 BGB und der Bestimmung des § 242 BGB, da die Klägerin als Verletzte in entschuldbarer Weise über den Umfang der Verletzung und damit über Bestehen und Umfang seines Ersatzanspruchs im Unklaren ist, während der Beklagte zu 2) als Verletzer unschwer Aufklärung geben kann (BGH GRUR 1980, 227, 232 – Monumenta Germaniae Historica; Specht-Riemenschneider, in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, § 97 Rn. 100).
72Die begehrte Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 2) (Antrag zu 6) ist gemäß § 97 Abs. 2 UrhG schlüssig dargetan, nachdem die Klägerin - bislang von dem Beklagten zu 2) unwidersprochen - im Schriftsatz vom 01.03.2022 vorgetragen hat (Bl. 77 GA), dass es infolge der streitgegenständlichen Veröffentlichung zur vorzeitigen Vertragsbeendigung der Klägerin hinsichtlich ihrer Mitwirkung in der aktuellen TV-Serie „Y. N.“ kam, was Ansprüche auf entgangenen Gewinn begründen kann.
73Als Anspruchsgrundlage des Vergütungsanspruchs (Antrag zu 7) kommt zwar nicht die von der Klägerin angeführte Norm des § 78 Abs. 2 Nr. 3 UrhG in Betracht, weil diese Vorschrift Vergütungsansprüche nur für den hier nicht gegebenen Fall einer erlaubterweise erfolgten öffentlichen Wiedergabe vorsieht (Dreier, in: Dreier/Schulze, a.a.O., § 78 Rn. 13 und 19), jedoch können sich Ansprüche insoweit aus § 97 Abs. 2 UrhG bzw. § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB ergeben. Dass die Klägerin insoweit bisher keine Größenordnung angegeben, sondern die Höhe des Anspruchs primär in das Ermessen des Gerichts gestellt hat, erscheint zwar mit Blick auf die Bestimmtheit des Klageanspruchs problematisch, steht aber der Annahme einer grundsätzlich schlüssigen Darlegung nicht entgegen: Denn im Rahmen der nach § 114 ZPO erforderlichen Prognose sind naheliegende Entwicklungen wie die Erteilung eines entsprechenden Hinweises der Kammer nach § 139 ZPO, sollte sie die Bestimmtheitsbedenken teilen, zu berücksichtigen (vgl. Schultzky, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 114 Rn. 29).
74Grundsätzlich schlüssig ist auch der Anspruch auf Gewährung einer Geldentschädigung (Antrag zu 8), § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG, gegenüber dem Beklagten zu 2). Die Klägerin hat einer Veröffentlichung des Kurzfilms auf Filmfestivals zwar zugestimmt. Indes kam es zu einer solchen bisher nicht und überschreitet die gegenständliche Art der Veröffentlichung die Reichweite der Einwilligung in erheblicher Weise. Über H. wird das Werk einem breiten Millionenpublikum dauerhaft und ständig (auch zum Download) verfügbar gemacht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um intime Aufnahmen, namentlich eine Sex-Szene, handelt. Hinzu tritt der Umstand, dass der Beklagte zu 2) den Kurzfilm wiederholt veröffentlichte und damit das Persönlichkeitsrecht der Klägerin mit besonderer Hartnäckigkeit verletzte (siehe hierzu BGH GRUR 1996, 227, 229 – Wiederholungsveröffentlichung).
75Die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (Antrag zu 10)) kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (§ 97 Abs. 2 UrhG) von dem Beklagten zu 2) verlangen.“
76Diesen Erwägungen schließt sich die Kammer vollumfänglich an und macht sie sich zu eigen.
772. Dabei ist die Kammer mit dem Oberlandesgericht M. der Auffassung, dass sich ein Anspruch auf Gewährung einer Geldentschädigung aus § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG gegenüber dem Beklagten zu 2) ergibt. Die Voraussetzungen dafür liegen vor, da es sich um eine schwerwiegende und nachhaltige Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts (vgl. Schricker/Loewenheim/Wimmers, 6. Aufl. 2020, UrhG § 97 Rn. 301) handelt. Diese ist der Höhe nach, die gemäß § 287 ZPO zu schätzen ist (Schricker/Loewenheim/Wimmers, 6. Aufl. 2020, UrhG § 97 Rn. 304), angemessen mit 10.000,00 EUR bewertet. Die oben zitierten Erwägungen des OLG M., insbesondere die zeitlich lang andauernde Abrufbarkeit eines Videos mit einer – wenn auch filmisch inszenierten – Sex-Szene wider ihren erklärten Willen, rechtfertigen diese Höhe. Diese Höhe erscheint aber auch in Anbetracht der Besonderheiten des vorliegenden Falls als ausreichend.
783. Verjährung ist nicht eingetreten.
79Da bei einer rechtsverletzenden Dauerhandlung - wie hier dem unbefugten öffentlichen Zugänglichmachen eines Videos im Internet (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2010 - I ZR 127/09, GRUR 2011, 415 Rn. 12 = WRP 2011, 609 - Kunstausstellung im Online-Archiv) - die Fortdauer der schädigenden Handlung fortlaufend neue Schäden und damit neue Ersatzansprüche erzeugt, ist die Dauerhandlung zur Bestimmung des Beginns der Verjährung gedanklich in Einzelhandlungen (also in Tage) aufzuspalten, für die jeweils eine gesonderte Verjährungsfrist läuft (BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 – I ZR 148/13 – Motorradteile, Rn. 23, juris m.w.N.).
80Die Beklagte zu 1) hat die hochgeladene Schnittfassung „Director’s Cut“ erst am 01.01.2022 gesperrt, wobei allerdings offen ist, ob dies dem Beklagten zu 2) zuzurechnen ist. Die weitere Filmfassung, die jedenfalls vom Beklagten zu 2) hochgeladen worden ist, hat die Beklagte zu 1) mit einer Altersbeschränkung ab 16 Jahren versehen, so dass der Film in den Fassungen bis zum 01.01,2022 vollständig und danach noch (alters-)beschränkt zu sehen war. Deshalb liegt eine dauerhafte öffentliche Wiedergabe vor, sodass weder die 3-jährige Regelverjährung noch die für einen Rest-Schadensersatz maßgebliche 10-jährige Verjährungsfrist gemäß § 102 UrhG in Verbindung mit § 852 BGB abgelaufen ist. Wegen der bereits im Januar 2022 eingereichten Klage ist die Verjährung im Übrigen gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
81III.
82Die Klage gegen die Beklagte zu 1) ist unbegründet.
831. Für die Haftung der Beklagten zu 1) hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs gilt grundsätzlich § 97 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 UrhDaG. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.
84a) Die Beklagte zu 1) ist allerdings Diensteanbieter im Sinne von § 2 UrhDaG. Denn der von der Beklagten zu 1) über die von ihr betriebene Plattform H. angebotene Dienst fällt unter § 2 UrhDaG, da sie damit
851. den (Haupt-) Zweck verfolgt, eine große Menge an von Dritten hochgeladenen urheberrechtlich geschützten Inhalten zu speichern und öffentlich zugänglich zu machen,
862. die Inhalte organisiert,
873. die Inhalte zum Zweck der Gewinnerzielung bewirbt und
884. mit Online-Inhaltediensten um dieselben Zielgruppen konkurriert.
89b) Als ein solcher Diensteanbieter nach § 2 UrhDaG hat die Beklagte zu 1) das Filmwerk „Titel entf.“ öffentlich wiedergegeben, weil sie der Öffentlichkeit Zugang zu diesem urheberrechtlich geschützten Filmwerk verschafft hat, das von dem Beklagten zu 2), einem Nutzer ihres Dienstes H., dort hochgeladen worden ist, § 1 Abs. 1 UrhDaG.
90c) Die öffentliche Wiedergabe durch die Beklagte zu 1) war jedoch nicht rechtswidrig. Maßgeblich ist dafür, ob die Beklagte zu 1) ihre Pflichten nach §§ 4, 7-11 UrhDaG nach Maßgabe hoher branchenüblicher Standards unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfüllt hat, § 1 Abs. 2 UrhDaG.
91Von der Erfüllung dieser Pflichten durch die Beklagte zu 1) ist nach dem Sach- und Streitstand im vorliegenden Fall auszugehen.
92aa) Dies gilt zunächst für die Pflichten aus § 4 UrhDaG. Es ist von der Klägerin nicht hinreichend vorgetragen und auch sonst nicht erkennbar, dass die Beklagte zu 1) als Betreiber ihres Dienstes H. nicht ihrer Erwerbspflicht genügt. So erfüllt die Beklagte zu 1) gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 UrhDaG dieser Pflicht, sofern sie Nutzungsrechte erwirbt, die ihr angeboten werden, die über repräsentative Rechtsinhaber verfügbar sind, die die Beklagte zu 1) kennt, oder über im Inland ansässige Verwertungsgesellschaften oder abhängige Verwertungseinrichtungen erworben werden können. Dieser Erwerbspflicht kommt die Beklagte zu 1) nach dem Sach- und Streitstand ohne weiteres nach. Insbesondere ergibt sich nichts anderes betreffend den streitgegenständlichen Film „Titel entf.“. Es ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass der Beklagten zu 1) Nutzungsrechte an diesem Filmwerk angeboten worden wären, insbesondere auch nicht durch den Beklagten zu 2). Zudem sind Nutzungsrechte daran weder über repräsentative Rechtsinhaber noch über Verwertungsgesellschaften oder abhängige Verwertungseinrichtungen zum Erwerb verfügbar (gewesen). Das Vorbringen der Klägerin insoweit erschöpft sich vielmehr mit der bloßen Behauptung, die Beklagte zu 1) habe nicht die gebotenen bestmöglichen Anstrengungen unternommen (Seite 12 der Klageschrift, Bl. 15 der Akte). Dies genügt nicht; wie ausgeführt ist nicht erkennbar, dass die Beklagte zu 1) die Rechte an dem Film hätte erwerben können.
93bb) Es liegen auch nicht die Voraussetzungen für den von der Klägerin weiterhin geltend gemachten Anspruch auf einfache oder qualifizierte Blockierung gemäß § 97 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 8 UrhDaG oder § 7 UrhDaG vor.
94Nach § 8 Abs. 1 UrhDaG ist der Diensteanbieter nach Maßgabe von § 1 Abs. 2 UrhDaG verpflichtet, die öffentliche Wiedergabe eines Werkes durch Blockierung zu beenden, sobald der Rechtsinhaber dies verlangt und einen hinreichend begründeten Hinweis auf die unerlaubte öffentliche Wiedergabe des Werkes gibt.
95Gemäß § 7 Abs. 1 UrhDaG ist der Diensteanbieter nach Maßgabe von § 1 Abs. 2 UrhDaG verpflichtet, durch Sperrung oder Entfernung (Blockierung) bestmöglich sicherzustellen, dass ein Werk nicht öffentlich wiedergegeben wird und hierfür auch künftig nicht verfügbar ist, sobald der Rechtsinhaber dies verlangt und die hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung stellt.
96Erforderlich ist mithin, dass der Rechtsinhaber die Blockierung verlangt und dem Diensteanbieter betreffend die Rechtsverletzung einen hinreichend begründeten Hinweis erteilt bzw. die hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung stellt.
97Das bedeutet, dass der Rechteinhaber dem Diensteanbieter Informationen zur Verfügung stellen muss, die letzteren in die Lage versetzen, das Werk tatsächlich blockieren zu können, die Information muss mithin zunächst tauglich für eine Blockierung des Werks durch den Diensteanbieter sein (vergleiche Wandtke/Bullinger/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhDaG § 7 Rn. 8).
98Um unrechtmäßige Blockierungen aufgrund des Verlangens von Copyfrauds zu unterbinden, muss der Rechteinhaber daher zunächst seine Rechteinhaberschaft belegen und begründen, warum das Werk unerlaubt benutzt wird (vergleiche Wandtke/Bullinger/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhDaG § 7 Rn. 8). Die Informationen müssen den Diensteanbieter in die Lage versetzen, die bestimmt bezeichneten Werke und Schutzgegenstände blockieren zu können, und sie müssen auch den Nachweis enthalten, dass ihm die Rechte an den urheberrechtlich geschützten Inhalten zustehen (Dreier/Schulze/Raue, 7. Aufl. 2022, UrhDaG § 7 Rn. 18 unter Verweis auf ErwG 66 UAbs. 5 DSM-RL und mit weiteren Nachweisen).
99Die Anforderungen an das Verlangen und die „erforderlichen Informationen“ dürfen mithin nicht zu gering ausfallen. Dabei ist zu beachten, dass gemäß § 7 Abs. 2 UrhDaG die Blockierungsmaßnahmen im Sinne von § 7 Abs. 1 UrhDaG nicht dazu führen dürfen, dass von Nutzern hochgeladene Inhalte, deren Nutzung gesetzlich erlaubt ist oder bei denen kein Verstoß gegen das Urheberrecht vorliegt, nicht verfügbar sind. Der Gesetzgeber hat somit grundsätzlich die Vorgabe gemacht, möglichst alle erlaubten Inhalte auch abrufbar zu halten.
100Für den hinreichend begründeten Hinweis auf die unerlaubte öffentliche Wiedergabe des Werkes nach § 8 UrhDaG muss der Rechteinhaber dem Diensteanbieter deshalb seine Berechtigung am Werk darlegen und begründen, warum das Werk unerlaubt genutzt wird. Dafür soll eine Darlegung genügen, die die Rechteinhaberschaft des Verlangenden und eine unerlaubte öffentliche Wiedergabe vernünftigerweise nahelegt (Wandtke/Bullinger/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhDaG § 8 Rn. 3). Der Hinweis muss dem Diensteanbieter ausreichende Anhaltspunkte an die Hand geben, um den Urheberrechtsverstoß ohne Weiteres rechtlich einschätzen zu können (Dreier/Schulze/Raue, 7. Aufl. 2022, UrhDaG § 8 Rn. 9), also dass die konkrete Wiedergabe unerlaubt ist (BeckOK UrhR/Oster, 40. Ed. 1.11.2023, UrhDaG § 8 Rn. 3).
101Auf dieser Grundlage hält die Kammer es deshalb für angemessen, den Maßstab an das Verlangen auf Blockierung und den hinreichend begründeten Hinweis nach § 8 Abs. 1 UrhDaG der schon vor dem Inkrafttreten der DSM-Richtlinie und ihrer Umsetzung in das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs zu entnehmen (so auch Barudi, in: Steinrötter, Europäische Plattformregulierung, 1. Auflage 2023, § 22, Rn. 46). Der Diensteanbieter soll komplizierte Rechtsfragen nicht entscheiden müssen und nicht als „Schiedsrichter der Online-Rechtmäßigkeit“ agieren, sonst bestehe die Gefahr des Overblockings (Barudi a.a.O. unter Verweis auf die Schlussanträge des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe vom 16.7.2020, C-682/18 und C-683/18, ECLI:EU:C:2020:586 Rn.187, 190.). Genau diese Gefahr des Overblockings hätte sich in diesem konkreten Fall realisiert, wenn die Beklagte zu 1) auf "erstes Anfordern" der Klägerin den Inhalt blockiert hätte. Dass sich nunmehr im Laufe des Prozesses herausgestellt hat, dass die Stellungnahmen des Beklagten zu 2) nicht mit seinem aktuellen Prozessverhalten im Einklang stehen, ist dabei nicht entscheidend, weil die Beklagte zu 2) logischerweise nur mit den ihr zur Verfügung stehenden Informationen beurteilen kann, ob der Hinweis des vermeintlichen Rechteinhabers hinreichend begründet ist.
102Erforderlich ist danach ein klarer Hinweis auf die Rechtsverletzung. Der Hinweis muss so konkret gefasst sein, dass der Adressat den Rechtsverstoß unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung feststellen kann (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15 – H. II, BGHZ 234, 56-102, Rn. 115). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Vorliegen einer Rechtsverletzung unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung nur auf der Grundlage einer klaren und zweifelsfreien Rechtsberühmung erfolgen kann (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15 –H. II, BGHZ 234, 56-102, Rn. 117).
103Dieser Maßstab entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 17 der Richtlinie 2019/790, den der deutsche Gesetzgeber mit dem Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz insgesamt umsetzt (vergleiche etwa Eichelberger in: Eichelberger/Wirth/Seifert, UrhG, 4. Aufl., Vorbemerkungen UrhDaG Rn. 1) und mit § 7 Abs. 1 UrhDaG dessen Abs. 4 b (Wandtke/Bullinger/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhDaG § 7 Rn. 2) sowie mit § 8 Abs. 1 bis 3 UrhDaG setzt der deutsche Gesetzgeber Art. 17 Abs. 4c, Abs. 7 der DSM-Richtlinie um (Wandtke/Bullinger/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhDaG § 8 Rn. 1, 4).
104Der EuGH bekräftigt unter Verweis auf sein Urteil (EuGH, Urteil vom 22.06.2021 – C-682/18 = GRUR 2021, 1054 Rn. 116 – H. und Cyando), dass ein solcher Hinweis ausreichende Angaben enthalten muss, um es dem Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten zu ermöglichen, sich ohne eingehende rechtliche Prüfung davon zu überzeugen, dass die Mitteilung des betreffenden Inhalts rechtswidrig ist und seine etwaige Löschung mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit vereinbar wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 26.04.2022 – C-401/19 – Republik Polen gegen /Europäisches Parlament u. Rat der Europäischen Union, GRUR 2022, 820 Rn. 91, beck-online).
105Dieser für den Hinweis nach § 8 UrhDaG geltende Maßstab ist erst recht für die Anforderungen an die für das Verlangen einer qualifizierten Blockierung nach § 7 Abs. 1 UrhDaG erforderlichen Informationen maßgeblich, die der Rechteinhaber dem Diensteanbieter zur Verfügung stellen muss.
106Der Begriff der erforderlichen Informationen in § 7 Abs. 1 UrhDaG ist zwar nach seinem Wortlaut weitergehend als der hinreichend begründete Hinweis auf die unerlaubte öffentliche Wiedergabe des Werkes in § 8 UrhDaG. In Bezug auf die Darlegung der Rechteinhaberschaft an dem Werk und die unerlaubte Nutzung sind aber grundsätzlich die gleichen Maßstäbe anzulegen. Dies ergibt sich aus der Verweisung des § 8 Abs. 2 UrhDaG auf § 7 Abs. 2 S. 1 UrhDaG. Auch im Fall der einfachen Blockierung muss der Diensteanbieter sicherstellen, dass erlaubt hochgeladene Werke auf der Upload-Plattform verfügbar bleiben. Die Frage nach der Berechtigung an dem Werk ist daher in beiden Fällen gleichermaßen zu stellen (so auch: Wandtke/Bullinger/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhDaG § 8 Rn. 7). Ob für die qualifizierte Blockierung nach § 7 UrhDaG doch höhere Maßstäbe anzuwenden sind, da die Maßnahme der qualifizierten Blockierung äußerst einschneidend für den Nutzer ist, der ein Werk auf eine Upload-Plattform hochgeladen hat (siehe dazu auch: Wandtke/Bullinger/Bullinger, 6. Aufl. 2022, UrhDaG § 8 Rn. 7), kann vorliegend offenbleiben, da die nach dem vorstehenden Maßstab zu stellenden Anforderungen an den der Beklagten zu 1) zu erteilenden Hinweis von der Klägerin nicht erfüllt sind.
107Die Klägerin beruft sich hinsichtlich der streitgegenständlichen Filmsequenzen des Films „Titel entf." auf Rechte als ausübende Künstlerin und behauptet eine Vereinbarung mit dem Beklagten zu 2), wonach es sich um einen privaten Film gehandelt habe, der nur auf Festivals hätte gezeigt werden dürfen, was nicht geschehen sei. In diesem Falle musste die Beklagte zu 1) als Adressat des Hinweises in die Lage versetzt werden, das Verbleiben dieser Nutzungsrecht bei der Klägerin und der fehlenden Berechtigung des Beklagten zu 2) zum Hochladen auf die Plattform H. unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung nachzuvollziehen (vergleiche BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15 –, BGHZ 234, 56-102, Rn. 117).
108Dies war vorliegend nicht der Fall. Zwar ist der Name der Klägerin im Abspann des Films genannt, wodurch ein Beleg ihrer Beteiligung an dem Film als ausübende Künstlerin anzunehmen ist.
109Allerdings streitet die Vermutung aus § 92 Abs. 1 UrhG für den Beklagten zu 2) als Hersteller des Films, weil aus der Vereinbarung der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) über ihre Mitwirkung bei der Herstellung des Films die Einräumung des Rechts folgt, die Darbietung der Klägerin auf eine ihr als ausübende Künstlerin nach § 77 Abs. 1 und 2 S. 1 UrhG sowie § 78 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UrhG vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen.
110Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer öffentlichen Wiedergabe und einer Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) liegt demnach – jedenfalls im Verhältnis zur Beklagten zu 1) – bei der Klägerin (vergleiche dazu: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 12. Januar 2023 – 5 U 22/19 – Gregorian – Holy Chants, Rn. 61, juris).
111Deshalb wäre es an der Klägerin gewesen, gegenüber der Beklagten zu 1) – mindestens - glaubhaft zu machen, dass ihr, der Klägerin, trotz der Vermutung aus § 92 Abs. 1 UrhG ausschließliche Nutzungsrechte zustehen.
112Dies gilt im vorliegenden Fall maßgeblich auch deshalb, weil der Beklagte zu 2) gegenüber der Beklagten zu 1) sich vorgerichtlich wiederholt darauf berufen hat, als Autor, Regisseur, Produzent und Urheberrechtsinhaber des Films berechtigt zu sein.
113Auch wenn unterstellt wird, dass das Vorbringen der Klägerin zutrifft, wonach ihr die Anlage B 21 mit der E-Mail vom 26.09.2017 nicht übersandt worden sei, hätte sie dennoch die Darlegungs- und Beweislast nicht erfüllt. Denn für die Beklagte zu 1) standen somit quasi Aussage gegen Aussage gegenüber, ohne dass die Klägerin konkrete Glaubhaftmachungsmittel vorgelegt oder gar nur einen substantiierten und rechtlich stringenten Sachverhalt mitgeteilt hätte, sodass die Beklagte zu 1) nicht im Sinne des vorstehenden Maßstabs die Berechtigung der von der Klägerin begehrten Blockierung unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung nachvollziehen konnte. Auch hat es die Klägerin unterlassen, schon zu diesem Zeitpunkt rechtlich gegen den Beklagten zu 2) vorzugehen und dadurch eine Klärung der streitigen Rechtesituation herbeizuführen.
114So hatte die Beklagte zu 1) auch betreffend die erneute inhaltsgleiche Beschwerde der Klägerin vom 23.12.2017 diese auf die Gegendarstellung des Beklagten zu 2) verwiesen (Anlage B 22, Bl. 258 der Akte). Wiederum erfolgte weder eine Substantiierung oder Glaubhaftmachung gegenüber der Beklagten zu 1) noch eine gerichtliche Klärung der Rechtesituation mit dem Beklagten zu 2).
115Die weitere Eingabe der Klägerin, ihre Datenschutzbeschwerde vom 02.01.2018 (Anlage B 23, Bl. 265 der Akte), war ebenfalls nicht geeignet, eine eingehende rechtliche Prüfung auf Seiten der Beklagten zu 1) zu vermeiden. Insoweit teilte die Klägerin der Beklagten zu 1) lediglich mit, dass sie nie eine Rechteabtretung unterschrieben habe und der Beklagte zu 2) ihr versichert habe, das Video nicht zu veröffentlichen. Damit ist jedoch ebenfalls die Vermutung aus § 92 Abs. 1 UrhG nicht entkräftet. Vor diesem Hintergrund ist – jedenfalls im Ergebnis – nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zu 1) der Klägerin dazu unter dem 15.01.2018 (Anlage B 23, Bl. 266 f. der Akte) mitteilte, es könne keine Rechtsverletzung festgestellt werden, auch wenn hier eine Begründung fehlt.
116Hinzu kommt, dass die Klägerin dann rund zweieinhalb Jahre zuwartete, bevor sie sich erneut mit einer Beschwerde gleichen Inhalts im Juli 2020 an die Beklagte zu 1) wandte. Auch hierzu wies die Beklagte zu 1) die Klägerin darauf hin, dass der Beklagte zu 2) eine Gegendarstellung abgegeben habe (Anlage B 24, Bl. 268 ff. der Akte).
117Auch aus der Kommunikation des Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der Beklagten zu 1) folgt nichts anderes.
118So hat er unter dem 28.12.2021 der Beklagten zu 1) über deren Kontaktformular mitgeteilt, dass seine Mandantin Darstellerin einer Nacktszene sei und der Film ausschließlich zur Auswertung auf Filmfestivals gedreht worden sei, während eine Einwilligung in eine Online-Auswertung nie erteilt worden sei. Dabei teilte er jedoch der Beklagten zu 1) ebenfalls mit, dass der Haupturheber des Filmes der Uploader sei (Anlage B 26). Angesichts dessen gilt die gleiche Wertung wie zuvor; ohne eine eingehende rechtliche Prüfung konnte die Beklagte zu 1) angesichts dieser Informationen nicht von einer Rechtsverletzung zulasten der Klägerin ausgehen.
119Daran ändert auch der nachfolgende Schriftverkehr des Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der Beklagten zu 1) nichts. So enthält auch die Abmahnung vom 29.12.2021 (Anlage B 27) keine konkreteren Angaben geschweige denn Belege. Vielmehr beschränkt sich die Abmahnung darauf, für die Behauptung, die Klägerin habe zwar in die Anfertigung der Aufnahmen eingewilligt, dies jedoch nur zum Zwecke der Vorführung auf Filmfestivals, auf die Angabe, dass diese Abrede notfalls durch Zeugen bewiesen werden könne und derartige Beschränkungen auch durchaus branchenüblich seien. Aufgrund dieser Ausführungen hat die Klägerin die Beklagte zu 1) nicht in die Lage versetzt, das Vorliegen einer Rechtsverletzung unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung zu beurteilen, weil es sich dabei nicht um eine klare und zweifelsfreie Rechtsberühmung handelt.
120Gleiches gilt für die anwaltlichen Schreiben vom 30.12.2021 (Anlage B 29) und vom 31.12.2021 (Anlage B 30), die keine darüber hinausgehenden Informationen und/oder Belege anführen.
121Insofern konsequenterweise hat die Klägerin dann (erst) Anfang des Jahres 2022 Klage eingereicht.
122cc) Es liegen auch keine mutmaßlich erlaubten Nutzungen im Sinne von §§ 9 UrhDaG vor, sodass es für den vorliegenden Fall auf die §§ 9 – 11 UrhDaG nicht ankommt. Nach dem Sach- und Streitstand handelt es sich bei den von der Klägerin beanstandeten Inhalten weder um nutzergenerierte Inhalte, die
1231. weniger als die Hälfte eines Werkes eines Dritten oder mehrerer Werke Dritter enthalten, noch
1242. die Werkteile nach Nr. 1 mit anderem Inhalt kombinieren oder
1253. Werke Dritter nur geringfügig nutzen (§ 10 UrhDaG) oder als gesetzlich erlaubt gekennzeichnet sind (§ 11 UrhDaG).
126Angesichts dessen liegen keine so gesetzlich definierten „mutmaßlich erlaubten Nutzungen“ im Sinne von § 9 Abs. 2 UrhDaG vor. Denn hochgeladen worden ist jeweils der gesamte Film, sodass die vorstehenden Voraussetzungen nicht gegeben sind.
127dd) Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf § 14 Abs. 4 UrhDaG berufen. Danach ist der Diensteanbieter in Abweichung von § 9 Abs. 1 UrhDaG zur sofortigen Blockierung bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens verpflichtet, wenn ein vertrauenswürdiger Rechtsinhaber nach Prüfung durch eine natürliche Person, dass die Vermutung nach § 9 Abs. 2 UrhDaG zu widerlegen ist und die fortdauernde öffentliche Wiedergabe die wirtschaftliche Verwertung des Werkes erheblich beeinträchtigt.
128Zum einen gilt wie bereits ausgeführt, dass vorliegend die Vermutung aus § 9 Abs. 2 UrhDaG nicht eingreift, weil deren Voraussetzungen nicht vorliegen.
129Darüber hinaus ist die Klägerin auch kein vertrauenswürdiger Rechtsinhaber im Sinne von § 14 Abs. 4 UrhDaG.
130Als Kriterien für die Vertrauenswürdigkeit nennen die (Gesetzes-) Materialien beispielhaft den Umfang des beim Diensteanbieter hinterlegten Repertoires, dem Einsatz besonders qualifizierten Personals oder die erfolgreiche Durchführung etlicher Beschwerdeverfahren in der Vergangenheit (Eichelberger in: Eichelberger/Wirth/Seifert, 4. Aufl. 2022, UrhDaG § 14 Rn. 11).
131Derartige Umstände sind bei der Klägerin nicht gegeben; weder hat sie dazu ausreichend vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.
132Hinzu kommt schließlich, dass die fortdauernde öffentliche Wiedergabe die wirtschaftliche Verwertung des Werkes (durch die Klägerin) erheblich beeinträchtigen muss, was ebenfalls nicht erkennbar ist. Nach ihrem Vortrag sollte der Film schließlich nur auf Filmfestivals gezeigt werden, was in wirtschaftlicher Hinsicht nicht mit Gewinnen verbunden sein dürfte.
133d) Daher liegen die Voraussetzungen für den Unterlassungsanspruch zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung nicht vor. Dabei geht die Kammer davon aus, dass sich die Lage durch Verkündung dieser Entscheidung insofern ändern wird, dass die Rechtesituation im Innenverhältnis der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) als gerichtlich geklärt erscheint. Insofern wird die Gegendarstellung des Beklagten zu 2), die dieser sich im hiesigen Verfahren nicht zu eigen gemacht hat, verdrängt. Da diese Entscheidung zugleich der Beklagten zu 1) als Partei bekannt gegeben wird, mag es sein, dass ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Blockierung nach §§ 7, 8 UrhDaG erfüllt sein werden. Einer erneuten Aufforderung der Klägerin an die Beklagte zu 1) dürfte es nicht bedürfen. Auch wenn die Kammer nach den obigen Ausführungen gehindert ist, den entsprechenden Klageantrag zuzusprechen, dürfte das klägerische Begehren nach Blockierung des streitgegenständlichen Filmwerks insoweit in Zukunft Erfolg haben.
134IV.
135Angesichts dessen bestehen auch die weiteren von der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) geltend gemachten Ansprüche jedenfalls derzeit nicht.
136Insbesondere teilt die Kammer die Auffassung der 28. Zivilkammer des Landgerichts M. gemäß der von der Beklagten zu 1) zitierten Rechtsprechung, dass auch die Frage der Verletzung des Rechts am eigenen Bild i.S.d. §§ 22 ff. KUG von § 92 Abs. 1 UrhG erfasst wird, sofern der Umfang der Rechteeinräumung einer Filmverwertung unklar sein sollte (vergleiche Urteil des LG M. vom 15.05.2013 – 28 O 836/11). Damit scheidet auch insofern ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus, als man neben dem Anspruch aus § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG vorliegend einen Geldentschädigungsanspruch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. §§ 22 ff. KUG im Ansatz in Betracht ziehen wollte.
137V.
138Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3, 709 S. 1 und 2 ZPO.
139Streitwert: 67.250,00 EUR
140Und zwar:
141Antrag zu 1): 25.000,00 EUR
142Antrag zu 2): 25.000,00 EUR
143Anträge zu 3) und 4): 2.500,00 EUR
144Antrag zu 5): 1.250,00 EUR
145Antrag zu 6): 2.500,00 EUR
146Antrag zu 7): 1.000,00 EUR
147Antrag zu 8): 10.000,00 EUR
148Im Übrigen bleiben die Klageanträge ohne eigenen Ansatz, § 4 ZPO
149