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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Klägerin bietet als deutsches Unternehmen türkischer Inhaber seit dem Jahre 1966 in Deutschland türkische Halāl-Produkte aus Geflügel-, Rind- und Lammfleisch an. Für Fleischwaren bedeutet die Bezeichnung Halāl, dass kein Schweinefleisch enthalten ist. Das Fleisch anderer Tiere ist nur dann Halāl-Fleisch, wenn diese geschächtet, das heißt nach der islamischen Vorgabe geschlachtet wurden.
3Die Klägerin bietet verschiedene Produkte aus den Bereichen Sucuk-Wurst, Pastirma und Würstchen (Sosis) an. Die Produkte der Klägerin sind deutschlandweit in türkischen Einzelhandelsgeschäften sowie in Filialen der Unternehmen S und F erhältlich. Sie verkauft ihre Waren auch im europäischen Ausland. Die Klägerin ist mit einem Marktanteil von rund 70 % Marktführerin im Bereich der türkischen Halāl-Produkte in Deutschland.
4Bei der Halāl-Truthahnsalami mit Rindfleisch mit der Bezeichnung „P“ handelt es sich um das Hauptprodukt der Klägerin, mit dem sie in den Jahren 2012 bis 2021 Umsätze im Rahmen von 298.178 € (2019) bis 449.156 € (2012) erzielte. Im Jahr 2021 betrug der Umsatz 378.292 €. Ihre jährlichen Werbeaufwendungen liegen bei ca. 500.000 €, wovon auf die Truthahnsalami ca. 30.000 bis 50.000 € entfallen. Sie verkauft mindestens 80 % ihrer Halāl-Truthahnsalami mit Rindfleisch in türkischen Lebensmittelgeschäften in Deutschland.
5Zur Bezeichnung ihrer Wurstprodukte verwendet die Klägerin fantasievolle Beschreibungen. Die Bezeichnung „P“ bedeutet übersetzt „Sehnsucht“. Ein anderes Produkt heißt beispielsweise „F1“, was mit „dominant“ übersetzt werden kann.
6Seit 2014 verwendet die Klägerin folgende Produktaufmachungen:
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9Bereits zuvor hatte die Klägerin ähnliche Produktaufmachungen verwendet, nachfolgend Aufmachungen aus dem Jahr 2010:
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11Die Klägerin verwendet unter ihrer Zweitmarke F2“ folgende Produktaufmachungen:
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13Bei der Beklagten handelt es sich um ein familiengeführtes Unternehmen, das seit 1999 Halāl-Spezialitäten herstellt. Die Beklagte verkauft ihre Produkte an türkische Lebensmittelmärkte sowie an Supermarktketten wie F, O, S, Q, M und L.
14Die Beklagte bot bis zum Jahr 2018 eine Halāl-Truthahnsalami mit Rindfleisch in der nachfolgenden Aufmachung an:
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16Seit 2018 bietet sie Truthahnsalami mit Rindfleisch in der im Klageantrag zu I a) abgebildeten Aufmachung an.
17Hinsichtlich der im Marktumfeld verwendeten Produktaufmachungen wird auf die Abbildungen auf S. 14 bis 21 der Klageschrift (Bl. 15 bis 22 d.A.) sowie S. 11 bis 15 der Klageerwiderung (Bl. 184-188 d.A.) verwiesen.
18Die Klägerin machte die Beklagte mit Schreiben vom 4. Februar 2021 darauf aufmerksam, dass die L1 T1 Aufmachung, abgebildet in Klageantrag I a), ihre P- und F1-Produktaufmachung verletze. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Anlage K 5 verwiesen. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 10. März 2021 die Auffassung der Klägerin zurück. Sie teilte jedoch mit, dass sie im Zuge der im Herbst 2021 anstehenden Neubeschaffung von Verpackungsmaschinen die Verpackung freiwillig auf die Verpackung gemäß Klageantrag I b (T1 „Q1“) umstellen werde.
19Am 20.10.2021 ließ die Klägerin im Rahmen eines Testkaufs Produkte in der streitgegenständlichen, im Antrag unter I. a) abgebildeten Aufmachung in einem Geschäft in Köln erwerben.
20Die Klägerin behauptet, die streitgegenständlichen Halāl-Wurstwaren richteten sich nach Bestimmung und Zweck vor allem an die Gruppe der türkischen Verbraucher in Deutschland. Sie ist der Auffassung, maßgeblicher Verkehrskreis für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung seien türkische Käufer in Deutschland.
21Die Klägerin ist der Auffassung, ihre Produktaufmachungen seien durch die Kombination folgender Elemente charakterisiert:
22 Sichtfenster des Produktes in der Mitte,
23 Farbfeld in der oberen Hälfte,
24 Abbildung von Landschaft mit Dorf in der unteren Hälfte,
25 Im Vordergrund von Landschaft und unterem Teil des Sichtfensters: Wiedergabe des Tieres/der Tiere, aus deren Fleisch die Wurst besteht,
26 überwiegend in den oberen Teil des Sichtfeldes hineinragendes gelb unterlegtes Fenster für die Aufnahme des Firmenlogos und der Produktmarke.
27Sie erblickt in der von der Beklagten verwendeten Produktaufmachung eine Nachahmung der von ihr verwendeten Aufmachung, mit der die Beklagte ihren angeschlagenen Ruf im Markt wieder herzustellen suche.
28Die Klägerin behauptet, die Qualität der von ihr vertriebenen Halāl-Truthahnsalami mit Rindfleisch weise eine höhere Qualität als das Produkt der Beklagten auf.
29Sie behauptet, ihre Produktaufmachung „P“ sei bei 69,5 % der Kunden türkischer Lebensmittelgeschäfte, die Wurst kaufen oder essen, bekannt. Hierzu verweist sie auf ein von ihr eingeholtes Verkehrsgutachten der Q2 S1 GmbH. Im Rahmen der Verkehrsbefragung ist den Teilnehmern die Produktaufmachung ohne die Markenkennzeichnung mit „P“ und „F3“ vorgelegt worden. Für den Inhalt des Gutachtens wird auf Anlage K 7 verwiesen. Unter Bezugnahme auf das Gutachten behauptet die Klägerin weiter, 31,3 % der Verkehrskreise gingen davon aus, dass eine Wurstverpackung, die so gestaltet ist (wie die neutralisierte P-Verpackung), von einem ganz bestimmten Hersteller stamme und 18,2 % der Verkehrskreise ordneten die Ausstattung zutreffend ihr, der Klägerin, zu. Ihre Einschätzung machten die Verkehrskreise vorrangig an den abgebildeten Tieren (19,3 %), am runden Wurst-Sichtfenster (18,5 %), an der gelben Farbe (17,8 %) und am rot umrandeten Fenster oben, wo sonst Text aufgedruckt ist (13,5 %), fest. Die Verkehrsbefragung habe weiter aufgezeigt, dass 40,4 % der türkischen Verkehrskreise in Ansehung der L1 T1 Verpackung (gemäß Klageantrag I a) einer Herkunftstäuschung im Hinblick auf die neutralisierte P-Wurstverpackung unterlägen.
30Die Klägerin ist der Auffassung, bei der Produktaufmachung „P“ ohne die Markenkennzeichnungen „P“ und „F3“ handle es sich um ein eigenes Kennzeichen, welches der angesprochene Verkehr erkennen würde. Die Aufmachung habe aufgrund ihrer Bekanntheit sogar Markencharakter erlangt.
31Die Klägerin beanstandet die „L1 T1“-Produktaufmachungen der Beklagten unter verschiedenen lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten.
32Sie ist der Auffassung, es handle es sich um einen Fall unzulässiger vergleichender Werbung. Aufgrund der Nachahmung treffe die Beklagte implizit eine objektive Aussage über mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften ihres eigenen Produktes, indem sie die Eigenschaften ihres Produkts mit den Merkmalen des Produktes der Klägerin im Sinne einer Gleichwertigkeitsaussage vergleiche. Die Aufmachung der Beklagten führe im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen der Beklagten und ihr, der Klägerin, zwischen den von beiden angebotenen Waren sowie zwischen den von ihnen verwendeten Kennzeichen. Der Werbevergleich sei außerdem weiter unzulässig, weil die Aufmachung der Beklagten den Ruf der von der Klägerin verwendeten Aufmachung als eines sonstigen Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutze und diesen beeinträchtige.
33In der nachgeahmten Aufmachung sei außerdem eine irreführende Angabe über die betriebliche Herkunft und Beschaffenheit des Produkts zu erkennen.
34Es handle sich um eine absichtliche Täuschung über die betriebliche Herkunft. Die Verwendung der Produktaufmachung sei auch wegen der zuvor beschriebenen Verwechslungsgefahr irreführend.
35Durch die Verwendung der angegriffenen Produktaufmachung nutze die Beklagte die Wertschätzung der nachgeahmten P-Ausstattung unangemessen aus und beeinträchtige sie.
36Die Klägerin beantragt,
37I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu zwei Jahren
38zu unterlassen,
39a) Halāl Truthahn Salami mit Rindfleisch in Deutschland in der nachfolgend abgebildeten Aufmachung anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen,
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41b) Halāl Truthahn Salami mit Rindfleisch in Deutschland in der nachfolgend abgebildeten Aufmachung anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen:
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43II. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin durch Vorlage eines gegliederten Verzeichnisses Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Vertriebsweg von Halāl Truthahn Salami mit Rindfleisch in den unter Ziff. I a. und b. bezeichneten Aufmachungen, und zwar unter Angabe,
44a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen, sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
45b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen, sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
46c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
47III. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin zum Ersatz allen Schadens verpflichtet ist, welcher dieser durch Handlungen gemäß Ziff. I.a. und b. entstanden ist und/oder zukünftig entstehen wird;
48IV. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der in Klageantrag zu I. a. und b. beschriebenen Handlungen sowie darüber Rechnung zu legen, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergibt:
49die mit den im Klageantrag zu I. a. und b. genannten Handlungen erzielten Umsätze und die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet;
50V. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.171,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
51Die Beklagte beantragt,
52die Klage abzuweisen.
53Die Beklagte hält die Klage für unbegründet, da gestalterische Grundideen wie bestimmte Tiere und eine bestimmte Landschaft, die auf der Verpackung eines Produkts dargestellt werden, um auf wesentliche Zutaten und auf die regionale Herkunft des Produkts hinzuweisen, keinem Sonderschutz zugänglich seien und nicht im Wege des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für einen Wettbewerber monopolisiert werden könnten. Dasselbe gilt nach Auffassung der Beklagten für Größe, Form und Aufmachung der Verpackung einschließlich dem runden Wurst-Sichtfenster, die gelbe Farbe und die Beschriftung „Hindi / Halāl“. Auch diese Gattungsmerkmale könnten durch das Lauterkeitsrecht nicht monopolisiert werden. Vor diesem Hintergrund sei die von der Klägerin vorgelegte Verkehrsbefragung ohne Aussagekraft.
54Die Beklagte ist außerdem der Auffassung, die Klägerin stelle rechtsfehlerhaft auf Kunden von türkischen Lebensmitteln als Adressatenkreis ab, während sich beide Parteien mit ihren Wurstprodukten jedoch an alle Endverbraucher richteten.
55Die Beklagte bestreitet, dass die Verbraucher die „F2“-Produkte der Klägerin zuordneten.
56Ein Werbevergleich im Sinne des Lauterkeitsrechts liege nicht vor, weil das Produkt der Klägerin nicht kenntlich gemacht werde.
57Die Beklagte behauptet weiter, ihre Produkte hielten höchste Qualitätsstandards ein.
58Entscheidungsgründe:
59I. Die Klage ist zulässig.
601. Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln ergibt sich aus § 14 Abs. 1 UWG, die örtliche Zuständigkeit aus § 14 Abs. 2 Satz 2 UWG. Die Beklagte vertreibt das unter Ziffer I a) der Klage angegriffene Produkt auch in Köln, wo es die Beklagte im Rahmen eines Testkaufs erwerben ließ. Da sie diese Produktaufmachung in Zukunft durch die Aufmachung gemäß Klageantrag I b) ersetzt werden soll, ergibt sich die Gefahr einer Zuwiderhandlung insoweit ebenfalls im hiesigen Gerichtsbezirk.
612. Eine Reihenfolge, in der die von der Klägerin angeführten Tatbestände des UWG geprüft werden sollen, ist nicht anzugeben, denn es handelt sich um einen einheitlichen Streitgegenstand, der durch die konkrete Verletzungsform bestimmt ist (vgl. OLG Köln Urt. v. 3.11.2017 – 6 U 41/17, GRUR-RS 2017, 155963 Rn. 92; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 12 Rn. 1.23e und 1.23k). Die Klägerin stützt sich auf verschiedene Tatbestände des UWG. Einen markenrechtlichen Anspruch macht sie nicht geltend. Zwar trägt sie vor, ihre Ausstattung habe „sogar Markencharakter“ erlangt. Aus den Rechtsausführungen der Klägerin wird jedoch deutlich, dass sie sich ausschließlich auf lauterkeitsrechtliche Ansprüche stützt.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten lauterkeitsrechtlichen Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
63Gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 3 Nr. 1 UWG kann, wer eine unlautere geschäftliche Handlung vornimmt, von Mitbewerbern auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
64Bei den Parteien handelt es sich um Mitbewerber. Die Beklagte verletzt jedoch keinen lauterkeitsrechtlichen Verbotstatbestand.
651. Bei den Parteien handelt es sich um Mitbewerber im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, dessen Voraussetzungen auch nach der seit 01.12.2021 wirksamen Neufassung vorliegen. Beide Parteien vertreiben Halāl-Wurstwaren, insbesondere Truthahn-Salami mit Rindfleischanteil, in Deutschland. Die Beklagte vertreibt diese Waren in nicht unerheblichem Umfang und nicht nur gelegentlich (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F.).
662. Bei der Verwendung der angegriffenen Produktaufmachungen handelt es sich nicht um unzulässige vergleichende Werbung im Sinne von § 6 Abs. 1 und Abs. 2 UWG.
67a) Gemäß § 6 Abs. 1 UWG ist vergleichende Werbung jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.
68Ein Vergleich in diesem Sinne ist in den angegriffenen Produktaufmachungen der Beklagten nicht zu erkennen.
69Das bloße Angebot einer Produktnachahmung erfüllt für sich allein nicht den Tatbestand der vergleichenden Werbung (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 6 Rn. 55a). Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann, wenn das Produkt für die potenziellen Käufer auf Grund seiner Gesamtaufmachung (insbes. Form, Farbe, Verpackung) sowie Bezeichnung das dahinter stehende Originalerzeugnis erkennen lässt (Köhler a.a.O.; BGH GRUR 2010, 343 Rn. 28 - Oracle). Die Kammer folgt allerdings der Auffassung, wonach eine vergleichende Werbung in den Fällen des Angebots einer Produktnachahmung nur dann bejaht werden kann, wenn sich aus der Werbung ergibt, dass das beworbene Produkt das Produkt eines Mitbewerbers substituieren soll (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 6 Rn. 55a), also Kaufalternativen gegenübergestellt werden (vgl. BGH GRUR 2005, 163, 165 - Aluminiumräder).
70In der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu Parfum-Imitaten, auf welche die Klägerin Bezug nimmt, war die Bezugnahme auf die Originalprodukte aufgrund der Gestalt von Form und Farbe der Flakons und Verpackungen sowie der Bezeichnungen der Imitate für den Verkehr als solche erkennbar (GRUR 2011, 1153 Rn. 24 – Creation Lamis). Im Falle einer Wurstverpackung, die – unterstellt – als Nachahmung der Verpackung eines Konkurrenten erkennbar ist, wird der Verbraucher, der die Ähnlichkeit der Produktaufmachungen erkennt, nicht ohne weiteres annehmen, dass es sich bei dem angebotenen Produkt um eine Kaufalternative für ein konkretes Produkt (hier: die „P“-Truthahnsalami) oder ein Produkt eines bestimmten Konkurrenten (hier: der Klägerin) handeln soll. Während in der Konstellation der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Käufer des Parfums die Gestaltung der Flakons, der Verpackungen und des Namens als Bezugnahme auf einen konkreten Duft eines bestimmten Herstellers verstehen und annehmen konnten, dass ihnen eine preiswerte Alternative zu den jeweils hochpreisigen Originalen geboten wird, wird der Käufer von Wurstwaren von der Ähnlichkeit der Verpackungen nicht darauf schließen, dass ihm eine Alternative zu einem bestimmten Produkt etwa in dem Sinne angeboten wird, dass Qualität und Geschmack vergleichbar sind. Dies kann die Kammer als angesprochener Verkehr selbst beurteilen. Die Klägerin verkauft ihre Waren zwar überwiegend, aber nicht nur in türkischen Lebensmittelmärkten. Anhaltspunkte dafür, dass die Verbraucher beim Anblick der angegriffenen Produktaufmachung der Beklagten ein konkretes Produkt der Klägerin, nämlich die P-Truthahnsalami erkennen würden, sind dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen und ergeben sich auch nicht aus dem von ihr vorgelegten Verkehrsgutachten (Anlage K 7). Es bestehen auch keine Anzeichen dafür, dass türkische Konsumenten insoweit einer anderen Wahrnehmung unterliegen würden als deutsche Konsumenten.
71Der Auffassung der Klägerin, dass aufgrund der Nachahmung implizit auch eine objektive Aussage über mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften des eigenen Produktes der Beklagten getroffen werde, kann nicht beigetreten werden. Für eine solche Aussagewirkung gegenüber den Verbrauchern bestehen keine Anhaltspunkte. Unterstellt, die Verbraucher erkennen die Produktaufmachung der Beklagten wieder, weil sie ihnen von dem Produkt der Klägerin vertraut ist, ist damit nicht gesagt, dass die Verbraucher sodann im Geiste Produkte oder Hersteller miteinander vergleichen. Weder aus dem Vortrag der Klägerin, noch aus dem von ihr vorgelegten Verkehrsgutachten (Anlage K 7) ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Kunden bei Anblick der angegriffenen Produktaufmachung an die Klägerin denken, was jedoch Voraussetzung dafür wäre, dass die Verbraucher einen Vergleich mit der Klägerin oder ihren Produkten erkennen. Gesetzt den Fall, dass die Verbraucher entsprechend dem Verkehrsgutachten (Anl. K 7) annehmen, dass beide Produktaufmachungen vom selben Hersteller stammen, lässt sich daraus ebenfalls – oder gerade – nicht der Schluss ziehen, dass die Verbraucher der Ähnlichkeit der Aufmachungen einen Vergleich von Hersteller oder Produkt entnehmen.
72Soweit zugunsten der Klägerin unterstellt wird, dass die Verbraucher einen Bezug zu einem bestimmten Wettbewerber, nämlich zu ihr – der Klägerin – herstellen, fehlt es an dem in diesem Fall ebenso erforderlichen Produktvergleich. Vergleichende Werbung i.S. von § 6 UWG setzt neben dem Erkennbarmachen konkreter Wettbewerber einen Vergleich der von diesen angebotenen, hinreichend austauschbaren Produkte voraus (BGH GRUR 2012, 74 Rn. 18 – Coaching-Newsletter). Eine Aussage dahin, dass sich das Produkt der Beklagten in einer bestimmten Weise zum in Bezug genommenen Produkt der Klägerin verhält, dass etwa eine vergleichbare Qualität oder einen ähnlichen Geschmack aufweist oder preiswerter ist, wird der Verbraucher der angegriffenen Produktgestaltung der Beklagten nicht entnehmen. Insoweit bleibt es bei dem Grundsatz, dass in der bloßen Bezugnahme auf die Waren eines Mitbewerbers, auch wenn sie mit dem Ziel einer Anlehnung an den guten Ruf erfolgt, nicht bereits eine vergleichende Werbung liegt (BGH GRUR 2005, 163, 165 – Aluminiumräder).
73b) Überdies wäre die vergleichende Werbung, würde eine solche zugunsten der Klägerin unterstellt, nicht unzulässig. Denn es ist keine der Fallgruppen des § 6 Abs. 2 UWG erfüllt.
74aa) Es besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Danach handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt.
75Die Frage der Anwendbarkeit von § 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG auf Handlungen gegenüber Verbrauchern, die zum Teil in Abrede gestellt wird (s. nur Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 6 Rn. 142), kann hier offen bleiben, da in der Sache keine Verwechslungsgefahr erkannt werden kann.
76(a) Verwechslungsgefahr i.S.v. § 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise glauben könnten, dass die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 6 Rn. 144).
77Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, da auf den angegriffenen Produktaufmachungen der Beklagten deren Marke „L1“ deutlich, nämlich blickfangmäßig auf der Verpackungsfront oben in einem roten Feld, zu lesen ist, während auf dem Produkt der Klägerin ebenso deutlich sichtbar die Herstellerbezeichnung „F3“ und die fantasievolle Produktbezeichnung „P“ aufgebracht sind:
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79Zwar bestehen weitreichende Ähnlichkeiten zwischen den Produktaufmachungen. Die Aufmachungen sind quadratisch und weisen mittig ein rundes Sichtfenster auf. Im unteren Drittel der Verpackungsfront befindet sich jeweils eine Darstellung von Tieren, die teilweise in das runde Sichtfenster hineinragt. Im oberen Bereich der Front findet sich jeweils ein optisch abgesetztes, rot umrandetes Feld mit der Hersteller- und der Produktbezeichnung. Links von diesem Feld befindet sich in beiden Aufmachungen eine türkische, rechts davon eine deutsche Produktbeschreibung. Die Farbgebung der Verpackungen ist vergleichbar, nämlich im oberen Bereich durch die Hintergrundfarbe Gelb dominiert. Für eine nähere Gegenüberstellung wird auf die nachfolgenden Ausführungen zum Tatbestand der Rufausbeutung verwiesen.
80Trotz der Ähnlichkeit der Aufmachungen besteht gleichwohl keine Verwechslungsgefahr, denn eine solche wird durch die deutlich erkennbaren Herstellerangaben ausgeschlossen. Im Rahmen des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes spricht eine unterschiedliche Herstellerangabe in der Regel gegen eine Herkunftstäuschung. Dagegen räumt eine Handelsmarke auf dem nachgeahmten Produkt die Gefahr der Herkunftstäuschung nicht notwendig aus; dies setzt indessen voraus, dass der Verkehr die Handelsmarke als solche erkennt (GRUR 2009, 1069 – Leitsatz und Rn. 16-18 – Knoblauchwürste). Dieselben Grundsätze müssen für die nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG erforderliche Verwechslungsgefahr gelten. Demnach schließt die prominente Sichtbarkeit der Marke „L1“ der Beklagten auf den angegriffenen Produktaufmachungen die Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall aus. Dass es sich bei „L1“ für die Verbraucher erkennbar um eine Handelsmarke handelt, ist von der Klägerin nicht vorgetragen und auch im Übrigen nicht ersichtlich. Es handelt sich um die Herstellermarke der Beklagten.
81Bei einem Produkt wie Wurstaufschnitt, das von so vielen Herstellern in ähnlich großer Verpackung und mit vergleichbaren Merkmalen (insbesondere dem runden Sichtfeld) angeboten wird, kommt der Aufmachung, insbesondere den aufgebrachten Marken, besondere Bedeutung zu. Der Verbraucher wird mit besonderer Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen, welche Sorte Wurstaufschnitt er gerade kauft. Die Herstellermarken auf den Produktaufmachungen der Klägerin und der Beklagten kann er dabei schlechthin nicht übersehen. Er wird im Gegenteil eher regelmäßig seine Kaufentscheidung deshalb treffen, weil bestimmte Herstellermarken auf einer Wurstverpackung aufgebracht sind.
82Die Feststellung, dass die Verwechslungsgefahr aufgrund der Herstellerangaben ausgeschlossen ist, können die Kammermitglieder, da sie den angesprochenen Verkehrskreisen angehören, selbst treffen. Eine gespaltene Verkehrsauffassung, in der ein Teil des Verkehrs aufgrund spezifischer (Fremd-)Sprachenkenntnisse oder eines kulturellen Hintergrundes in höherem oder geringerem Maße als ein anderer Teil des Verkehrs einer Fehlvorstellung unterliegt, kann im Streitfall nicht festgestellt werden. In Frage steht allein das Verständnis des Verkehrs von der Zuordnung bestimmter Produkte zu bestimmten Herstellern beziehungsweise der Verwechslung von Produkten in Fällen, in denen die beiderseits verwendeten Aufmachungen sich in ihrem Gesamteindruck ähnlich sind, während zugleich deutlich sichtbar Herstellermarken auf den Aufmachungen aufgebracht sind. Dass dieses aber bei den Käufern türkischer Lebensmittel in Deutschland, als welche grundsätzlich neben türkischen/türkischstämmigen Verbrauchern auch deutsche in Betracht kommen, in Abhängigkeit von der Nationalität ein jeweils anderes sein könnte, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14. Juli 2006 – 6 U 34/06 –, Rn. 25, juris).
83Bei der T1 „Q1“-Aufmachung der Beklagten (Klageantrag I b) ist die Verwechslungsgefahr zusätzlich aufgrund der unterschiedlichen Dimensionierung der Verpackung und der Anordnung der Wurst in 2 nebeneinander angeordneten Lagen ausgeschlossen, so dass hinsichtlich dieser Aufmachung der Anspruch aus § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG erst recht ausscheidet.
84(b) Eine andere Bewertung der Frage der Verwechslungsgefahr ist aufgrund der Ergebnisse der von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragung nicht veranlasst.
85Zwar gehen dem Gutachten zufolge 34,5 % der Befragten davon aus, dass die L1-Wurstverpackung vom selben Hersteller stamme wie die zuerst gezeigte, bei der es sich um die neutralisierte (das heißt ohne die Zeichen „F3“ und „P“ dargestellte) P-Aufmachung der Klägerin handelt (S. 10 des Gutachtens).
86Die Befragten werden jedoch nicht damit konfrontiert, dass beide Aufmachungen (die der Klägerin und die der Beklagten) jeweils mit unterschiedlichen, deutlichen erkennbaren Markenbezeichnungen vertrieben werden. Dies wäre zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr jedoch erforderlich, da der Zuordnungsgrad der neutralen P-Aufmachung gemäß dem Gutachten bei 18,2 % liegt, der weit überwiegende Teil der Befragten mithin die neutralisierte Verpackung nicht der Klägerin zuordnen konnte. Darüber hinaus geben gemäß dem Gutachten 58,9 % der Befragten an, die Verpackung der Beklagten zu kennen (S. 9 des Gutachtens). Nach alldem ist dem Gutachten bereits nicht das Ergebnis zu entnehmen, dass es zu Verwechslungen mit Produkten der Klägerin – oder anderen konkreten Produkten – kommt. Das Gutachten stellt lediglich fest, dass es bei der „L1“-Wurstverpackung bei insgesamt 40,4 % der Befragten zu Herkunftstäuschungen im Hinblick auf die neutralisierte Wurstverpackung „P“ der Klägerin komme (S. 10 des Gutachtens). Auf die Verwechslungsgefahr mit einer neutralisierten Produktaufmachung kommt es für den Rechtsstreit aber nicht an. Eine Verwechslung im Sinne des Lauterkeitsrechts liegt vor, wenn das Zeichen des Nachahmers dem Anbieter des Originals zugeordnet wird (Gloy/Loschelder/DanckwertsUWG-HdB, § 42 Ermittlung der Verkehrsauffassung durch demoskopische Umfragen Rn. 148). Eine solche Zuordnung stellt das Gutachten nicht fest, sondern lediglich eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich einer neutralisierten, in dieser Form nicht im Verkehr anzutreffenden Produktaufmachung. Die Herstellerangabe sowie die fantasievolle Bezeichnung „P“ gehören zu den prägenden Merkmalen der klägerischen Ausstattung. Der Kunde wird sich insbesondere an diesen Bezeichnungen orientieren.
87Auf die Frage, ob die Aussagekraft der Umfrage, wie die Beklagte meint, bereits dadurch beeinträchtigt ist, dass ihr kein repräsentativer Querschnitt der relevanten Endverbraucher, sondern fälschlich nur der Kunden türkischer Lebensmittelmärkte zugrunde liege, kommt es demnach nicht an.
88bb) Auch eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne ist nicht anzunehmen.
89(a) Ein solche liegt vor, wenn der Verkehr die Nachahmung für ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers hält oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht (BGH GRUR 2009, 1069 Rn. 15 - Knoblauchwürste).
90Gegen eine solche Annahme spricht hier ebenfalls, dass die unterschiedliche Herstellerangabe auf den Produktgestaltungen der Beklagten deutlich erkennbar angebracht ist (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 4 Rn. 3.44). Insoweit ist die vorliegende Konstellation nicht anders zu behandeln als der Sachverhalt in der „Knoblauchwürste“-Entscheidung des Bundesgerichtshofes, in welcher die Klägerin gegen einen anderen Wettbewerber wegen eines vergleichbaren Nachahmungs-Vorwurfes vorgegangen ist (BGH GRUR 2009, 1069 Rn. 16 – Knoblauchwürste). Unter diesen Umständen müssten zur Annahme einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne für den angesprochenen Verkehrskreis Hinweise auf mögliche lizenzrechtliche Verbindungen bestehen, etwa weil die Beklagte zuvor Originalprodukte der Klägerin vertrieben hat oder die Parteien früher einmal durch einen Lizenzvertrag verbunden waren (GRUR 2019, 196 Rn. 20 – Industrienähmaschinen; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 4 Rn. 3.44). Beides ist hier nicht dargetan.
91(b) Eine andere Bewertung ist aufgrund der Ergebnisse der von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragung nicht veranlasst. Dem Gutachten zufolge sind lediglich 5,8 % der Befragten der Auffassung, dass die Hersteller der beiden gezeigten Wurstverpackungen (Aufmachung „P“ der Klägerin und Aufmachung gemäß Klageantrag zu I a der Beklagten) miteinander verbunden seien (S. 10 des Gutachtens).
92c) Auch eine unlautere Rufausnutzung oder -beeinträchtigung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG ist nicht gegeben. Danach handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Eine „Ausnutzung“ des Rufs eines Kennzeichens liegt vor, wenn seine Verwendung bei den angesprochenen Verkehrskreisen zu einer Assoziation zwischen dem Werbenden und dem Mitbewerber in der Weise führen kann, dass diese Kreise den Ruf der Erzeugnisse des Mitbewerbers auf die Erzeugnisse des Werbenden übertragen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 6 Rn. 153).
93Die Klägerin macht geltend, bei der neutralisierten „P“-Produktaufmachung handle es sich um ein Kennzeichnen, dass „sogar Markencharakter“ habe. Dies zugunsten der Klägerin unterstellt, ist damit noch keine unlautere Rufausnutzung oder –beeinträchtigung durch die Beklagte dargetan.
94Die klägerische Produktaufmachung ist, wie dargelegt, gerade auch durch die Herstellerbezeichnung und die fantasievolle Produktbezeichnung „P“ geprägt, die von der Beklagten nicht übernommen werden. Dafür, dass der Verkehr (sogar) mit der neutralisierten Verpackung der Klägerin ein besonders Image verbindet, welches er auf das Produkt der Beklagten überträgt, liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.
95Ferner müssten über die bloße Nennung des Kennzeichens hinaus zusätzliche Umstände hinzukommen, um den Vorwurf einer unlauteren Rufausnutzung zu begründen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere das Ausmaß der Bekanntheit und der Grad der Unterscheidungskraft der Marke, der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken sowie der Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen und der Grad ihrer Nähe (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 6 Rn. 156).
96Solche Umstände sind hier nicht gegeben. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Gestaltungsmerkmalen, welche die neutralisierte P-Aufmachung prägen, um solche handelt, die für Wurstverpackungen gebräuchlich sind, auch wenn die Kombination der Merkmale in der konkreten Form der klägerischen Aufmachung wettbewerbliche Eigenart verleiht (dazu nachfolgend).
973. Die Verwendung der angegriffenen Gestaltung durch die Beklagte begründet auch keine Irreführung über die betriebliche Herkunft und Beschaffenheit des Produkts (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG).
98Der Unlauterkeitstatbestand des § 5 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG setzt voraus, dass der in Anspruch Genommene unwahre Angaben über Waren oder Dienstleistungen macht. Angaben sind Aussagen oder Äußerungen eines Unternehmens, die sich auf Tatsachen beziehen und daher inhaltlich nachprüfbar sind. Eine Angabe muss ein Mindestmaß an Information enthalten. Lässt sich einer Werbung keine Information entnehmen, fehlt es an einer Angabe (Köhler/Bornkamm/Feddersen/ Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 5 Rn. 1.21).
99Hier fehlt es an einer Angabe im Sinne der Vorschrift. Die Verwendung einer bestimmten Produktgestaltung weist keinen überprüfbaren Informationsgehalt auf. Sie enthält keine Aussage, die sich auf ihre objektive Richtigkeit prüfen lässt. Lässt sich – wie hier – in der gewählten Aufmachung eine starke Ähnlichkeit zu dem Produkt eines Mitbewerbers erkennen, ist die darin liegende Aussage unklar. Wie dargelegt, ist der Klägerin nicht darin zu folgen, dass durch die Aufmachung der Beklagten implizit auch eine objektive Aussage über mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften des eigenen Produktes der Beklagten getroffen werde.
100Unterstellt man einen hinreichenden Aussagegehalt der abstrakten Aufmachung über die betriebliche Herkunft des Produkts, scheidet eine Täuschung über die betriebliche Herkunft deshalb aus, weil die Marke der Beklagten gut sichtbar auf der Verpackung aufgedruckt ist.
1014. Es ist auch keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG a.F., § 5 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F. gegeben.
102Die Klägerin ist der Auffassung, diese Tatbestände sollen, da sie nicht den Mitbewerberschutz, sondern den Verbraucherschutz regelten, den relevanten Durchschnittsverbraucher vor jeder Art der Beeinflussung seiner geschäftlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit einem Kauf durch eine verwechslungsgeeignete Produktvermarktung schützen. Die Verwechslungsgefahr könne sich auch aus einem über die kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr hinausgehenden verbraucherrechtlichen Verständnis ergeben, etwa einer bloßen Assoziation (vgl. Lange, Marken- und Kennzeichenrecht, 2. Aufl. 2021, § 7 Schutzumfang Rn. 3953).
103Dem ist insoweit zuzustimmen, dass § 5 Abs. 2 UWG den Schutz der Verbraucher bezweckt. Eine Unlauterkeit nach dieser Vorschrift setzt gleichwohl eine Verwechslungsgefahr voraus. Diese ist zwar anders als im Markenrecht zu bestimmen, erforderlich ist jedoch eine Irreführung über die betriebliche Herkunft, wie sie allgemein vom lauterkeitsrechtlichen Irreführungsverbot erfasst ist (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 5 Rn. 9.2). Eine solche Irreführung wird hier jedoch, wie dargelegt, maßgeblich durch das gut sichtbare Herstellerkennzeichen auf der angegriffenen Produktaufmachung ausgeschlossen. Die bloße Herstellung von Assoziationen mit fremden Produkten wird durch § 5 Abs. 2 UWG ebenso wenig verboten wird durch das allgemeine Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG.
1045. Von einer Herkunftstäuschung im Sinne von § 4 Nr. 3 lit. a UWG ist aus den oben zum Fehlen einer Verwechslungsgefahr ausgeführten Gründen nicht auszugehen. Die gut sichtbare Herstellermarke auf der angegriffenen Produktgestaltung schließt eine Herkunftstäuschung aus (vgl. auch die ähnliche Konstellation in BGH GRUR 2009, 1069 – Knoblauchwürste).
1056. Der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Ausnutzung der Wertschätzung nach § 4 Nr. 3 lit. b UWG begründet. Nach der Vorschrift handelt unlauter, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt.
106a) Die von § 4 Nr. 3 lit. b UWG vorausgesetzte wettbewerbliche Eigenart der Produktaufmachung P der Klägerin ist zu bejahen.
107aa) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn nach der Verkehrsanschauung die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Ein Erzeugnis hat keine wettbewerbliche Eigenart, wenn der angesprochene Verkehr die prägenden Gestaltungsmerkmale des Erzeugnisses nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (GRUR 2022, 160 Rn. 21 – Flying V).
108Die Klägerin reklamiert zu Recht die wettbewerbliche Eigenart ihrer P-Produktaufmachung. Der Eindruck wird maßgeblich geprägt durch eine symmetrische Gestaltung, in der zum einen die unten befindliche Abbildung der Truthähne, zum anderen das oben positionierte Schriftfeld mit der Herstellerangabe hervortreten.
109Im unteren Bereich der Verpackung befindet sich mittig im Vordergrund die naturalistische Darstellung derjenigen Tiere –Truthähne –, deren Fleisch für die Wurst verarbeitet wird. Sie ist eingebettet in eine grüne Wiesenlandschaft, wobei sich im fernen Hintergrund eine Bergkette abzeichnet und vor dieser ein kleines Dorf mit Moschee nebst hohen Minaretten zu erkennen ist (angelehnt an OLG Köln, Urteil vom 14. Juli 2006 – 6 U 34/06 –, Rn. 12, zu einer älteren Aufmachung der Klägerin). Durch die übergroße Abbildung der Tiere im Vergleich zur Landschaft wird der Blick auf die Tiergruppe im Vordergrund gezogen. Ein Effekt, der zusätzlich dadurch betont wird, dass der Hintergrund nicht vollständig ausgemalt ist, sondern die Silhouette der Tiere teilweise – und zwar mittig, einer symmetrischen Anordnung folgend – nach oben in das Klarsichtfenster für die verpackte Ware hineinragt. Der Kontrast zwischen der in leuchtenden Grün- und Blautönen gehaltenen Landschaft und dem kräftigen Gelb des übrigen Verpackungshintergrundes trägt zu dem Gesamteindruck einer naiven Landschaftsmalerei bei (entsprechend OLG Köln a.a.O.). Diese Kombination von Gestaltungsmerkmalen weisen die von den Parteien durch Abbildungen eingeführten Umfeldprodukte nicht auf.
110Prägend für den Gesamteindruck der P-Aufmachung ist außerdem das Hineinragen des oben befindlichen, durch Linien abgegrenzten Rechtecks, auf dem sich jeweils zentriert die Herstellerangabe und darunter in einem runden, auffälligen und hervortretenden Schriftbild die Produktbezeichnung („P“) befindet, in das mittige Sichtfenster. Dabei scheint das gelbe Rechteck aufgrund der einheitlichen Farbgebung aus dem gelben, nach links und rechts umlaufenden Rand, der das Sichtfenster umgibt, hervorzugehen. Das mittig positionierte, unten leicht konkav geformte Rechteck nimmt ungefähr ein Drittel der Breite der Verpackung ein und proportioniert den oberen Abschnitt der Verpackung dadurch harmonisch in drei Teile, wobei sich links und rechts von dem Rechteck eine Produktbeschreibung befindet (links Türkisch, rechts Deutsch). Im Zusammenspiel mit der symmetrischen Gruppierung der Truthähne in der unteren Bildmitte erzeugt dies den Gesamteindruck einer harmonischen, symmetrischen Gestaltung. Die Umfeldprodukte weisen zwar teilweise ebenfalls mittig in das Sichtfenster ragende Farbfelder am oberen Verpackungsrand auf, diese sind aber entweder nicht rechteckig (etwa Produkt „T2“, S. 12 der Klageerwiderung) oder weisen eine ganz andere Farbgebung auf (Produkt „J“, S. 11 der Klageerwiderung), so dass sie wie aufgeklebt wirken.
111Nicht zur wettbewerblichen Eigenart beitragen kann hingegen das mittige, runde Sichtfenster, denn ein solches ist bei zahlreichen Umfeldprodukten vorzufinden und ist durch praktische Erfordernisse der Verpackungsart bedingt, da es die typische Form des Produkts aufweist.
112Auch die gelbe Farbe betrachtet die Kammer nicht als in diesem Zusammenhang eigenartig. Zum einen handelt es sich und eine Grundfarbe, zum anderen weisen mehrere Umfeldprodukte eine gelbe Farbgebung auf.
113bb) Trotz der hohen Bedeutung der Klägerin im deutschen Markt für Halāl-Produkte (ca. 70 % Marktanteil) und der hohen Werbeausgaben für die P-Truthahnsalami kann keine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart der neutralisierten Aufmachung festgestellt werden.
114Die maßgeblichen Elemente der P-Produktaufmachung der Klägerin beruhen auf gestalterischen Grundideen, die auch bei Umfeldprodukten anzutreffen sind und welche die Klägerin nicht monopolisieren kann und die nicht geeignet sind, eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart zu begründen. Um eine solche Grundidee handelt es sich, wenn bestimmte Tiere und eine bestimmte Landschaft auf der Verpackung eines Produkts dargestellt werden, um auf wesentliche Zutaten und auf die regionale Herkunft des Produkts hinzuweisen. Ebenso wenig können Übereinstimmungen im Stil die Herkunftstäuschung begründen (BGH GRUR 2009, 1069, Rn. 21- Knoblauchwürste, zu einer älteren Aufmachung der Klägerin).
115Prägend für den Gesamteindruck der klägerischen Aufmachung ist außerdem die fantasievolle, in dieser Form für Wurstwaren unübliche Bezeichnung „P“ („T“). Zahlreiche andere Wurstwaren der Klägerin tragen ebenfalls Fantasiebezeichnungen, so dass der angesprochene Verkehr dies als Stilmittel erkennen wird, das für die Produktaufmachungen der Klägerin typisch ist. Dieses Stilmittel lässt sich nicht von den übrigen Gestaltungsmerkmalen trennen, weil der Verbraucher bei Wurstwaren gerade auf die Bezeichnung des Produkts achten wird. Die übrigen Gestaltungsmerkmale vermögen daher nicht eigenständig eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart zu begründen.
116Für eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart der (neutralen) P-Produktaufmachung sprechen insoweit auch nicht die Ergebnisse der von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragung, denn danach erzielt die neutralisierte P-Aufmachung zwar einen Bekanntheitsgrad von 69,5 % und einen bereinigten Kennzeichnungsgrad von 31,3 %. Diese 31,3 % gaben gemäß dem Gutachten an, den bestimmten Hersteller / die bestimmte Marke vorrangig an den abgebildeten Tieren (19,3 %), am runden Wurst-Sichtfenster (18,5 %), an der gelben Farbe (17,8 %) und am rot umrandeten Fenster oben, wo sonst Text aufgedruckt ist (13,5 %), erkannt zu haben (S. 9). Das Wiedererkennen erfolgte demnach vor allem aufgrund von Merkmalen, die auch bei Umfeldprodukten vorzufinden sind (Tiere, Sichtfenster, Farbe). Darüber hinaus spricht gegen eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart der Produktaufmachung „P“, dass nach dem Gutachten 58,9 % der Befragten angeben, die L1-Verpackung der Beklagten zu kennen (S. 9 des Gutachtens), welche offenkundige Ähnlichkeiten zur „P“-Aufmachung aufweist. Dies legt nahe, dass große Teile des Verkehrs wesentliche Gestaltungsmerkmale der Aufmachungen wiedererkennen, nicht jedoch zwingend die konkrete Aufmachung „P“.
117cc) Die wettbewerbliche Eigenart ist nicht verringert oder aufgehoben wegen der Verwendung der Aufmachungen unter der Zweitmarke „F2“ der Klägerin.
118Zwar kann die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses entfallen, wenn der Verkehr dessen prägende Gestaltungsmerkmale aufgrund der Marktverhältnisse nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller zuordnet, weil der Hersteller sein Erzeugnis an verschiedene Unternehmen liefert, die es unter eigenen Kennzeichnungen vertreiben. Voraussetzung ist jedoch, dass der Verkehr die weiteren Kennzeichnungen als Herstellerangaben und nicht als Handelsmarken ansieht und dass der Vertrieb unter der anderen Marke in erheblichem Umfang erfolgt (GRUR 2018, 311 Rn. 20 – Handfugenpistole). Beides ist hier nicht ersichtlich.
119b) Eine Rufausnutzung im Sinne von § 4 Nr. 3 b), 1. Var. UWG ist nicht gegeben.
120Die Rufausnutzung muss nicht auf einer Täuschung der Erwerber über die betriebliche Herkunft oder einer Waren- oder Dienstleistungsverwechslung durch die Erwerber beruhen. Es reicht aus, wenn es auf Grund sonstiger besonderer Umstände zu einer Rufübertragung (Übertragung von Güte- und Wertvorstellungen) kommt (BGH GRUR 2010, 1125 Rn. 42 – Femur-Teil; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 4 Rn. 3.55)
121Die Frage, ob hierdurch eine Gütevorstellung i.S. von § 4 Nr. 3 b), 1. Var. UWG unangemessen ausgenutzt wird, ist jeweils im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind. Dabei kann grundsätzlich schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen (GRUR 2022, 160 Rn. 57 – Flying V; BGH GRUR 2010, 1125 Rn. 42 – Femur-Teil; OLG Köln GRUR-RR 2021, 30 Rn. 62 – Goldbären). Es reicht dabei aus, wenn es aufgrund besonderer Umstände zu einer Rufübertragung kommt. Solche besonderen Umstände können vorliegen, wenn sich ein Wettbewerber ohne sachlichen Grund in so starkem Maß an die bekannte Aufmachung eines Konkurrenzprodukts anlehnt, dass er sich an das „Image“ des Originals „anhängt“ und auf diese Weise unlauter an der vom Anbieter des Konkurrenzprodukts durch eigene, unter Umständen intensive und langjährige Anstrengungen am Markt erworbenen Wertschätzung partizipiert (OLG Köln GRUR-RR 2021, 30 Rn. 63 – Goldbären; OLG Köln NJW-RR 2014, 304 – Knoppers).
122Dazu wäre erforderlich, dass die Verbraucher bei Anblick der Verpackung der Beklagten einen Bezug zu Waren oder zum Unternehmen der Klägerin herstellen und der Ware sodann ein bestimmtes positives Image zuordnen. Dies ist jedoch nach dem dargelegten Sachstand nicht anzunehmen. Gemäß dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten ordnen lediglich 18,2 % der Befragten die ihnen vorgelegten neutralisierte Produktaufmachung „P“ der Klägerin zu. Nach einer Zuordnung der L1-Verpackung der Beklagten zur Klägerin oder zu deren Produkten wird in der Untersuchung ebenso wenig gefragt wie nach besonderen Qualitätsvorstellungen. Dies wäre jedoch insbesondere deshalb erforderlich, weil nach dem Gutachten 58,9 % der Befragten angeben, die L1-Verpackung der Beklagten zu kennen (S. 9 des Gutachtens). Anhaltspunkte für einen Imagetransfer von der Klägerin oder deren Produkten auf die Beklagte lassen sich dem Gutachten folglich nicht entnehmen und sind auch aus dem übrigen Sachvortrag der Parteien nicht ersichtlich.
123Es würde sich bei der möglichen Anlehnung jedenfalls auch nicht um eine Rufausbeutung handeln, die unangemessen im Sinne von § 4 Nr. 3 b), 1. Var. UWG ist. Die Beklagte wahrt vielmehr mit ihrer Produktaufmachung einen hinreichenden Abstand zur Aufmachung der Klägerin, die einem unzulässigen Imagetransfer entgegensteht.
124Für die Gestaltung der Aufmachung der Klägerin ist nicht zuletzt die auffällige, in hervortretender großer Schrift aufgebrachte fantasievolle Produktbezeichnung prägend. Die Beklagte kopiert weder die konkrete Bezeichnung „P“, noch das Konzept einer auffälligen fantasievollen Bezeichnung.
125Die L1-Aufmachung der Beklagten unterscheidet sich auch dadurch von der Aufmachung der Klägerin, als dass bei der Beklagten die Symmetrie der Gesamtdarstellung deutlich durchbrochen ist, weil nur das Rind in das Sichtfeld hineinragt und außerdem das „Halāl“-Abzeichen auffällig auf der rechten Seite platziert ist. Außerdem ist kein Himmel abgebildet und die Darstellung der Wiesenlandschaft ist abstrakter und weniger naturalistisch.
126In die Abwägung ist auch einzustellen, dass anders als etwa in den oben zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln „H“ und „L2“, in denen die Produkte (Fruchtgummis und Waffelschnitten) und Verpackungen weitgehend frei gestaltet werden konnten und an keine oder wenige produktionsbedingte Vorgaben gebunden waren, die hier in Rede stehende P-Aufmachung der Klägerin zumindest grob einem gängigen Muster entspricht (quadratische Packung mit rundem Sichtfenster) und überdies gestalterische Grundideen verwendet, die – wie oben dargelegt – keinem Sonderschutz zugänglich wären, namentlich die Darstellung bestimmter Tiere und einer bestimmten Landschaft, um auf wesentliche Zutaten und auf die regionale Herkunft des Produkts hinzuweisen.
127Die Annäherung der Beklagten an die übrigen Gestaltungsmerkale der P-Aufmachung, insbesondere das oben mittig angebrachte, in das Sichtfenster hineinragende Rechteck mit der Herstellermarke, ist noch nicht als unangemessen im Sinne von § 4 Nr. 3 b), 1. Var. UWG zu bewerten. Denn die Marken – und bei der Klägerin die auffällige, fanatasievolle Produktbezeichnung – sind es gerade, auf die der Käufer achten wird.
128c) Eine Rufbeeinträchtigung gemäß § 4 Nr. 3 b), 2. Var. UWG ist ebenfalls nicht gegeben. Hierzu fehlt es bereits an einer hinreichend deutlichen Bezugnahme auf die Klägerin oder ihre Produkte.
1297. Die Nebenansprüche sind mangels lauterkeitsrechtlicher Verletzungshandlung ebenfalls unbegründet.
1308. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
131Der Streitwert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.