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Auf die Berufung der Beklagten vom 24.06.2021 wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 27.05.2021 – Az.: 141 C 253/20 – (Bl. 112 ff. d.A.) aufgehoben.
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags leistet.
Gründe
2I.
3Wegen der Darstellung des Tatbestands wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Bezug genommen, §§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
4Hinzuzufügen ist, dass ausweislich § 9 Abs. 3 der Satzung der L. Deutschland Ortsgruppe O. e.V. über den Ausschluss eines Mitglieds der Ortsgruppenausschuss entscheidet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Satzung verwiesen.
5Im Berufungsverfahren hat die Beklagte den Antrag angekündigt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz hat sie jedoch nicht verhandelt. Der Kläger hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen durch Entscheidung nach Lage der Akten, hilfsweise im Wege des Versäumnisurteils.
6II.
7Eine Entscheidung nach Lage der Akten konnte mangels vorheriger mündlicher Verhandlung in dieser Instanz nicht ergehen, §§ 331a, 251a Abs. 2 ZPO. Für die Zurückweisung der Berufung durch Versäumnisurteil gem. § 539 Abs. 1 ZPO wäre die Zulässigkeit der Klage Voraussetzung gewesen (Heßler, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl, § 539 Rn. 7). Diese ist nicht gegeben, weshalb die Klage durch Endurteil abzuweisen war.
8Die Klage ist unzulässig. Der Klägerin fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Klage.
9Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung besteht für Ehrschutzklagen gegen Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen Vorbereitung dienen, in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, VersR 2008, 357 Rn. 12 mwN; vgl. auch BVerfG, NJW-RR 2007, 840 f. mwN; BGH, Urteil vom 9. April 1987 - I ZR 44/85, WRP 1987, 627, 628 - Gegenangriff). Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (BGH, Urteil vom 28.02.2012 – VI ZR 79/11; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91, VersR 1992, 443 mwN; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, VersR 2005, 277 f.).
10Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an. Die Durchführung vorgesehener rechtlicher Verfahren sowie deren Vorbereitung würde unmöglich gemacht, könnten Äußerungen, die derartigen Zwecken dienen, zulässigerweise zum Gegenstand von Ehrschutzklagen gemacht werden.
11Die Kammer ist der Auffassung, dass diese Rechtsprechung auch auf die Durchführung vereinsinterner Verfahren – wie hier des von der Beklagten initiierten Vereinsausschlussverfahrens gem. § 9 der Satzung – anwendbar ist. Auch der Ausschluss eines Vereinsmitglieds wäre nicht möglich, wäre es dem den Ausschluss beantragenden Mitglied verboten, die Gründe für den Ausschluss vorzutragen und auch beim Namen zu nennen. Um dem nach ihrer Auffassung begründeten Ausschlussantrag zum Erfolg verhelfen zu können, muss es der Beklagten daher gestattet sein, die nach ihrer Auffassung vorliegenden Ausschlussgründe vorzutragen, die auch in dem Vorwurf einer Straftat liegen können. Das vereinsinterne Verfahren ist insoweit ebenso zu behandeln, wie das staatliche Verfahren, da die Durchführung des vereinsinternen Verfahrens anderenfalls unmöglich wäre. Die Beklagte hat den Vereinsausschluss bei dem nach der Satzung hierfür zuständigen Organ beantragt. Die streitgegenständlichen Äußerungen dienten der Begründung dieses Antrags.
12Die Unrichtigkeit bzw. Unzulässigkeit der beanstandeten Äußerung, die die Beklagte zur Begründung ihres Antrags auf Vereinsausschluss vorbrachte, war danach zunächst außergerichtlich im Rahmen der vereinsinternen Rechtsbehelfe betreffend das Ausschlussverfahren zu prüfen. Soweit von Seiten des L.-Vereins dem Antrag auf Ausschluss der Klägerin als Vereinsmitglied stattgegeben wurde, bestand für die Klägerin sodann die Möglichkeit, ihren Vereinsausschluss und damit auch die Vorwürfe in dem diesen zugrundeliegenden Ausschlussantrag der Beklagten alsdann ggf. gerichtlich – bei den ordentlichen Gerichten oder einem ggf. bestehenden Vereinsschiedsgericht - überprüfen zu lassen
13Im Übrigen dient das von der Beklagten initiierte Vereinsausschlussverfahren der Vorbereitung eines Gerichtsverfahrens im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Ein solches hätte die Beklagte für den Fall des Unterliegens mit ihrem Ausschlussantrag betreiben können. Hierfür kann dahinstehen, ob es sich bei § 20 der Vereinssatzung um eine Schiedsvereinbarung handelt oder lediglich um eine Schlichtungsvereinbarung, deren vorherige Durchführung (Anrufung der Schlichtungsstelle) dann für die Zulässigkeit einer Klage wegen einer vereinsinternen Streitigkeit Voraussetzung wäre (vgl. hierzu Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl, § 13 Rn. 220 ff, 225; Schöpflin, in: BeckOK BGB, Hau/Poseck, Stand: 01.02.2011, § 25 BGB Rn. 84). Selbst wenn es sich um eine Schiedsvereinbarung handeln sollte – wovon die Kammer angesichts der Formulierung „schlichten“ in § 20 Abs. 1 der Satzung indes nicht ausgeht – müsste nämlich für die dann nach §§ 1029, 1031 ZPO den Zugang zu den ordentlichen Gerichten ausschließende Schiedsgerichtsbarkeit die gleichen Grundsätze gelten, wie vom Bundesgerichtshof für ordentliche Gerichtsverfahren aufgestellt. Anderenfalls würde die Schiedsvereinbarung den effektiven Rechtsschutz beschneiden.
14Dafür, dass die Beklagte mit dem von der Klägerin beanstandeten Vorwurf im Ausschlussantrag vorsätzlich unwahre Äußerungen getätigt hätte, was womöglich eine andere Beurteilung rechtfertigen würde, gibt es keine Anhaltspunkte.
15Eines gesonderten Hinweises auf die Unzulässigkeit der Klage bedurfte es nicht mehr, nachdem die Thematik der Unzulässigkeit zwischen den Parteien bereits ausführlich debattiert wurde, mithin es nicht notwendig war, auf dieses Bedenken nochmals aufmerksam zu machen. Im Übrigen konnte der Mangel des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses nicht durch weiteren Vortrag geheilt werden.
16III.
17Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
18IV.
19Die Revision wird gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zugelassen. Die Frage, ob für eine Ehrschutzklage gegen Äußerungen, die im Rahmen und zum Zwecke der Betreibung eines vereinsinternen Verfahrens gerichtet auf Ausschluss eines Vereinsmitglieds getätigt wurden, ein Rechtsschutzbedürftnis besteht oder ob die für Äußerungen in staatlichen Verfahren geregelten Grundsätze auf das vereinsinterne Verfahren übertragbar sind, ist höchtsrichterlich nicht geklärt.
20V.
21Streitwert: 3.000,00
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