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Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Kerpen vom 19.05.2021 (Az.: 104 C 98/20) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 231,54 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.09.2020 Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Rückgriffsansprüche der Klägerin gegen die Fa. C GmbH & Co. KG (T-Straße 00, 00000 Q) aus dem Werkvertrag mit der Rechnungsnummer 000000000 zu zahlen.
Weiter wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin von der Verpflichtung zur Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Kanzlei I in Höhe von 6,61 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
I.
2Die Parteien streiten über die Erstattungsfähigkeit einzelner Kostenpositionen in Zusammenhang mit der Reparatur des Fahrzeugs der Klägerin nach einem Unfall am 30.07.2020 in L. Die Haftung der Beklagtenseite steht außer Streit.
3Nach dem Unfall ließ die Klägerin ihr Fahrzeug durch die E begutachten, wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf Anlage K1 (Bl. 9f. der AG-Akte) verwiesen. Die Reparatur erfolgte durch die Firma C, die unter dem 21.08.2020 Reparaturkosten iHv 3.657,82 € (brutto) in Rechnung stellte (vgl. Anlage K 2, Bl. 26f. der AG-Akte). Die Beklagte regulierte für die Reparatur einen Betrag in Höhe von 3.426,28 € (vgl. Anlage K 3, Bl. 30f. der AG-Akte) und leistete auf die seitens der Klägerin geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren iHv 557,03 € eine Zahlung iHv 550,42 €. Den Differenzbetrag der Reparaturrechnung iHv 231,54 € hat die Klägerin bisher nicht gegenüber der Firma C beglichen. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:
41) 59,80 € (netto) - Desinfektion Fahrzeug Covid 19
52) 29,90 € (netto) - Türgriff lackiert zur Farbangleichung
63) 80 € (netto) - Verbringung Kundenfahrzeug zur Lackierung, wobei insgesamt 160 € seitens der Firma C berechnet wurden, welche die Beklagte iHv 80 € beglichen hat
74) 29,90 € (netto) – Fahrzeugreinigung zur Reparatur
8Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum sog. Werkstatt- bzw. Prognose-Risiko verpflichtet, den Differenzbetrag auszugleichen.
9Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 231,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.09.2020 zu zahlen sowie die Klägerin von der Verpflichtung zur Zahlung weiterer außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren der Kanzlei I in Höhe von 6,61 € freizustellen. Hilfsweise hat die Klägerin beantragt, an sie einen Betrag in Höhe von 231,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.09.2020 Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Rückgriffsansprüche der Klägerin gegen die Fa. C GmbH & Co. KG, T-Straße 00, 00000 Q aus dem Werkvertrag mit der Rechnungsnummer 000000000 zu zahlen.
10Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
12Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.05.2021 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin nicht zur Erforderlichkeit der streitigen Abrechnungspositionen vorgetragen habe.
13Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, wobei sie ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft.
14Die Klägerin beantragt daher,
15das Urteil des Amtsgerichts Kerpen vom 19.05.2021 (Az.: 104 C 98/2020), zugestellt am 24.06.2020, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 231,54 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.09.2020 zu zahlen.
16hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen,
17an sie einen Betrag in Höhe von 231,54 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.09.2020 Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Rückgriffsansprüche der Klägerin gegen die Fa. C GmbH & Co. KG, T-Straße 00, 00000 Q aus dem Werkvertrag mit der Rechnungsnummer 000000000 zu zahlen.
18ferner, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von der Verpflichtung zur Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Kanzlei I in Höhe von 6,61 € freizustellen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Sie verteidigt das Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens mit den sich aus der Berufungserwiderung ergebenden Einzelheiten.
22II.
231. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung des offenen Differenzbetrages iHv 231,54 € aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG zu.
24Im Ausgangspunkt gelten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgende Maßstäbe (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. September 2015, Az.: VI ZR 475/14, Rn. 10/11, juris):
25„Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte statt der Herstellung gemäß § 249 Abs. 1 BGB den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB). Aufgrund der sich daraus ergebenden Ersetzungsbefugnis hat er die freie Wahl der Mittel zur Schadensbehebung. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Die Schadensrestitution ist dabei nicht auf die kostengünstigste Wiederherstellung der beschädigten Sache beschränkt; der Geschädigte muss nicht zugunsten des Schädigers sparen. Ihr Ziel ist vielmehr, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne Schadensereignis entspricht.
26Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Nach diesem Wirtschaftlichkeitsgebot hat der Geschädigte den Schaden auf diejenige Weise zu beheben, die sich in seiner individuellen Lage, d.h. angesichts seiner Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie unter Berücksichtigung etwaiger gerade für ihn bestehender Schwierigkeiten, als die wirtschaftlich vernünftigste darstellt, um sein Vermögen in Bezug auf den beschädigten Bestandteil in einen dem früheren gleichwertigen Zustand zu versetzen. Verursacht von mehreren zu einem Schadensausgleich führenden zumutbaren Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt. Nur der für die günstigere Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich.“
27Das sog. Werkstattrisiko gilt dabei nicht uneingeschränkt. Der Geschädigte kann für jedermann erkennbar überzogene Positionen nicht ersetzt verlangen, weil er insoweit zumindest zu einer an seinen Erkenntnismöglichkeiten orientierten Plausibilitätskontrolle verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 22.07.2014, Az.: VI ZR 357/13, Rn. 17, juris). Nach Ansicht der Kammer waren alle streitgegenständlichen Positionen vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen. Im Einzelnen:
28a) Desinfektion Fahrzeug Covid 19 (59,80 € netto)
29Der Klägerin steht insoweit aufgrund des sog. Werkstattrisikos ein Anspruch auf Erstattung der abgerechneten Kosten in voller Höhe zu. Eine gesteigerte Prüfungspflicht der Klägerin hinsichtlich der abgerechneten Kosten scheidet - jedenfalls im vorliegenden Fall - aus.
30Nach den oben dargelegten Grundsätzen der stetigen Rechtsprechung der BGH, welcher sich die Kammer anschließt, sind die dem Geschädigten von der Werkstatt in Rechnung gestellten Kosten begrifflich zwar nur ein Anhalt zur Bestimmung des erforderlichen Reparaturaufwandes, der sich nach dem richtet, was zur Instandsetzung des Unfallfahrzeugs von dem Geschädigten bei wirtschaftlich vernünftigem Vorgehen aufgewendet werden muss. Auch muss sich der Geschädigte bei Auftragserteilung sowie bei weiteren Vorkehrungen für eine ordnungsgemäße, zügige Durchführung der Reparatur von wirtschaftlich vertretbaren, das Interesse des Schädigers an einer Geringhaltung des Schadens mit berücksichtigenden Erwägungen leiten lassen. Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass seinen Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, dies vor allem, sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Unfallfahrzeug in die Hände von Fachleuten übergeben hat; auch diese Grenzen bestimmen das mit, was erforderlich ist. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der ihm durch das Gesetz eingeräumten Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Insoweit besteht kein Sachgrund, dem Schädiger das sog. Werkstattrisiko abzunehmen, das er auch zu tragen hätte, wenn der Geschädigte ihm die Beseitigung des Schadens nach § 249 Abs. 1 BGB überlassen würde.
31Eine erhöhte Prüfpflicht der Klägerin in Bezug auf die abgerechneten Desinfektionskosten iHv 59,80 €, welche eine Ersatzpflicht ausscheiden ließen oder zu einer nur teilweisen Ersatzpflicht führen würden, vermag die Kammer vorliegend nicht zu erkennen. Dabei stellen die Kosten der Desinfektionsmaßnahmen grundsätzlich unfallursächliche Kosten dar, denn soweit das Fahrzeug der Klägerin nicht in der Zeit der Pandemie beschädigt worden wäre, wären die Kosten nicht angefallen (vgl. ebenso: Urteil des LG Coburg vom 28.05.2021, Az.: 32 S 7/21, Rn. 55, juris). Für die Klägerin als Laien ist nicht ersichtlich, dass die Kosten nicht erforderlich oder übersetzt wären. Insbesondere galten im Sommer 2020 – wie auch heute noch – gründliche Desinfektionsmaßnahmen als taugliches Mittel zur Vermeidung einer Ansteckung mit dem Virus und zur Eindämmung desselben, zumal in jedem Geschäft, öffentlichen Gebäude und bspw. auch in Gerichtssälen Desinfektionsmittel bereitgestellt werden. Der Umstand, dass nach den als Anlage BLD 1 und BLD 2 (Bl. 59f. und 61f. der AG-Akte) eingereichten Berichten, weder das RKI noch der Chef der Bundesärztekammer im Sommer 2020 eine routinemäßige Oberflächendesinfektion zum Schutz vor einer Infektion empfohlen haben, steht dem nicht entgegen. Denn in den Hinweisen des RKI (Anlage BLD 1, Bl. 59 der AG-Akte) wird unter anderem ausgeführt, dass das Virus bis zu 6 Tagen auf bestimmten Oberflächen infektiös bleibe. Weiter wird empfohlen, die Notwendigkeit einer Oberflächendesinfektion im Einzelfall anhand der tatsächlichen Kontamination abzuwägen. Da eine Kontamination der Oberflächen des PKW der Klägerin im Zeitpunkt der Reparatur nicht sicher ausschließbar war, erachtet die Kammer die vorsorgliche Desinfektion des Fahrzeugs zum Schutz vor einer Covid-19-Infektion – sei es der Mitarbeiter der Fa. C bei Eingang des PKW oder der Klägerin bei Rückgabe des PKW – als angemessen und zweckmäßig.
32Die geltend gemachte Position ist in voller Höhe ersatzfähig und nicht etwa auf eine Pauschale von 25 € zu reduzieren (vgl. in diesem Sinne: LG Stuttgart, Urteil vom 21. Juli 2021, Az.: 13 S 25/21, Rn. 11 ff., juris). Denn die Rechnung der Fa. C weist lediglich die genannte Position zur Desinfektion iHv 59,80 € auf. Es wird insbesondere kein weiteres Material oder eine gesonderten Eingangs- und Rückgabedesinfektion abgerechnet. Insoweit vermag die Kammer in der Gesamtschau der Umstände nicht zu erkennen, dass sich der Klägerin hinsichtlich der abgerechneten Desinfektionsmaßnahmen Zweifel an deren Berechtigung oder Höhe hätten aufdrängen müssen.
33An diesen Grundsätzen ändert sich nichts, weil die Klägerin die Rechnung der Fa. C bislang in Höhe der streitigen Positionen nicht beglichen hat. Auch wenn die Begleichung der Rechnung durch den Geschädigten die Erforderlichkeit der Kosten grundsätzlich indiziert (vgl. insoweit: BGH, Urteil vom 22.07.2014, Az.: VI ZR 357/13, Rn. 16 und Urteil vom 15.09.2015, Az.: VI ZR 475/14, Rn. 19, beide zitiert nach juris), steht die Nichtbegleichung der Rechnung durch den Geschädigten einer Ersatzfähigkeit nicht entgegen. Denn der Geschädigte soll gerade vor den Mühen und Risiken einer Auseinandersetzung mit der Werkstatt geschützt werden, so dass die Beurteilung der Erforderlichkeit des für die Reparatur berechneten Betrages nicht von der Bezahlung der Rechnung durch den Geschädigten abhängen kann.
34b) Türgriff lackiert zur Farbangleichung (29,90 € netto)
35Diese Position durfte die Klägerin ebenfalls für zweckmäßig und angemessen erachten. Nach der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ist die Erforderlichkeit unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten, insbesondere seiner Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten zu bestimmen (vgl. nur BGH, Urteil vom 15.09.2015, Az.: VI ZR 475/14, Rn. 18). Das seitens der Klägerin beauftragte Gutachten zur Schadensfeststellung der E vom 10.08.2020 (Anlage K1, Bl. 9f. der AG-Akte) weist die Arbeitsposition Nr. 57 11 79 52 „AUSSENGERIFF TUER V L LACKIEREN“ iHv 29,90 € aus (vgl. Bl. 17 der Ag-Akte). Insoweit durfte die Klägerin als verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch sich darauf verlassen, dass die seitens der Fa. C mit Rechnung vom 21.08.2020 (Anlage K 2, Bl. 26f. der AG-Akte) abgerechnete Arbeitsposition Nr. 00000000 „Türgriff lackiert“ iHv 29,90 € zweckmäßig und angemessen ist. Im Rahmen der der Klägerin obliegenden Plausibilitätskontrolle konnte und musste sie auf Grund der Deckungsgleichheit des E-Gutachtens mit der Rechnung der Firma C keine Zweifel entwickeln.
36c) Verbringung Kundenfahrzeug zur Lackierung (insgesamt 160 € seitens der Firma C berechnet, die Beklagte hat 80 € erstattet)
37Der Klägerin steht auch bezüglich dieser Position ein Ersatzanspruch zu, der Betrag ist von dem zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag iSd § 249 Abs. 2 BGB umfasst. Denn auch dieser Betrag ist in dem E-Gutachten vom 10.08.2020 in den Nebenkosten unter der Position „Fahrzeugverbringung“ iHv 160,00 € berücksichtigt und in der Rechnung der Fa. C vom 21.08.2020 in eben dieser Höhe abgerechnet. Insoweit musste und konnte die Klägerin im Rahmen der ihr obliegenden Plausibilitätskontrolle keine Zweifel an der Erforderlichkeit dieser Position entwickeln.
38d) Fahrzeugreinigung zur Reparatur (29,90 € netto)
39Auch diese Position ist von den erforderlichen Kosten iSd § 249 Abs. 2 BGB umfasst. Mit Blick auf dem Umstand, dass an dem Fahrzeug der Klägerin zur Wiederherstellung des Zustandes vor dem Unfall umfangreiche Lackierarbeiten durchzuführen waren, hat die Kammer keine Zweifel daran, dass zuvor eine Reinigung des Fahrzeugs vorzunehmen war. Eine Lackierung von nicht gereinigten Teilen erscheint bereits aus Laiensicht nicht sachgerecht, weil so auf der Oberfläche vorhandene Schmutz- und Staubpartikel mit in den aufzutragenden Lack eingeschlossen werden würden, was aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem nicht sach- und fachgerechneten Endergebnis führen würde. Weiterer Vortrag der Klägerin zur Erforderlichkeit war entgegen der Ansicht des amtsgerichtlichen Urteils nicht notwendig.
40Die Verurteilung erfolgt jedoch entsprechend dem Hilfsantrag der Klägerin nur Zug um Zug gegen die Abtretung etwaiger Bereicherungs- oder Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Fa. C wegen der Vornahme unnötiger oder der Abrechnung nicht vorgenommener Leistungen an dem Fahrzeug der Klägerin. Denn anders als im Verhältnis zu dem mit der Erstattung des Gutachtens zur Schadenermittlung beauftragten Sachverständigen, ist der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer nicht in den Schutzbereich des Vertrages mit der zur Reparatur beauftragten Werkstatt einbezogen (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2009, Az.: VI ZR 205/08, Rn. 6, juris).
412. Daneben steht der Klägerin ein Anspruch auf Freistellung hinsichtlich der offenen Rechtsanwaltsgebühren iHv 6,61 € zu, welche sich unter Berücksichtigung des entsprechend der ersatzfähigen Reparaturkosten angepassten Gegenstandswertes errechnen.
423. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nummer 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
43Die Kammer lässt nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu. Hinsichtlich der Ersatzfähigkeit der Kosten der Desinfektionsmaßnahmen des Fahrzeugs zum Schutz vor einer COVID-19-Infektion fehlt es an einer einheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung.
44Streitwert für das Berufungsverfahren: 231,54 €.