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I.
Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
Zangen mit Griffhüllen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, die die folgenden Merkmale aufweisen:
1. Zange bestehend aus
1.1. einem Zangenkopf sowie
1.2. zwei länglichen Griffteilen, die Griffhüllen aufweisen.
2. Die Griffhüllen
2.1. sind in der Draufsicht in ihrer Hauptlänge leicht gebogen,
2.2. weisen über ihre Hauptlänge einen im Wesentlichen konstanten Querschnitt auf,
2.3. enden leicht abgerundet,
2.4. bilden im Bereich des Zangenkopfes eine nach außen weisende Auskragung aus und
2.5. weisen eine Musterung auf.
3. Die Musterung der Griffhüllen
3.1. ist hinsichtlich beider Griffteile spiegelsymetrisch ausgebildet und
3.2. ist bei jedem Griffteil im Wesentlichen aus einer ersten (inneren) und zweiteren (äußeren) Flächen gebildet.
4. In der Draufsicht ist die Musterung der Griffhüllen derart ausgebildet, dass
4.1. die erste (innere) Griffhülle
4.1.1. sich mit kurzem Abstand zu dem leicht abgerundeten Ende in Richtung der Hauptlänge unter Ausbildung einer Stufe in Richtung des äußeren Griffbereichs verbreitert,
4.1.2. diese Verbreiterung im Wesentlichen parallel zur äußeren Kante fortgeführt wird,
4.1.3. sich mit Abstand zur Auskragung unter Ausbildung einer Stufe in Richtung des inneren Griffbereichs verschlankt und
4.1.4. sich wieder im Bereich der Auskragung bis zum äußeren Griffbereich verbreitert;
4.2. die zweite (äußere) Fläche
4.2.1. sich mit kurzem Abstand zu dem leicht abgerundeten Ende in Richtung der Hauptlänge unter Ausbildung einer Stufe in Richtung des äußeren Griffbereichs verschlankt,
4.2.2. diese Verschlankung im Wesentlichen parallel zur äußeren Kante fortgeführt wird,
4.2.3. sich mit Abstand zur Auskragung unter Ausbildung einer Stufe in Richtung des inneren Griffbereichs verbreitert und
4.2.4. sich wieder im Bereich der Auskragung bis zum äußeren Griffbereich verschlankt.
5. In der Seitenansicht ist die Musterung derart ausgebildet, dass sie im Wesentlichen die zweite (äußere) Fläche aufweist,
5.1. wobei ggf. im Bereich des äußersten Teils der Biegung der Griffhüllen eine Buchstabenfolge angebracht ist,
wie nachfolgend eingeblendet, jedoch unabhängig von der Farbe und Beschriftung sowie Form des Zangenkopfes:
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II.
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu unter Ziff. I. des Tenors bezeichneten Handlungen hinsichtlich der Beklagten zu 1) seit dem 14.09.2010 sowie hinsichtlich der Beklagten zu 2) seit dem 29.11.2017 in der Bundesrepublik Deutschland begangen haben, und zwar unter Angabe
1.
der einzelnen eigenen Lieferungen unter Angabe der Liefermengen, -zeiten und -preise, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, und unter Angabe der Namen und Anschriften der Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, jeweils unter Vorlage von Belegen in Form von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, soweit Rechnungen nicht vorhanden sind;
2.
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,- zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, und unter Angabe der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
3.
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, sowie bei Internetwerbung der Schaltungszeiträume, der Domain, unter der die Werbung geschaltet war, sowie der Suchmaschinen, unter denen die fraglichen Seiten einzeln oder in einem Gesamtpaket angemeldet waren;
4.
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei den Beklagten jeweils vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger sowie der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
und wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine, nur in Kopie vorzulegen, wobei die Beklagten solche Informationen schwärzen dürfen, an denen sie Geheimhaltungsinteressen geltend machen, soweit diese mit den unter Ziff. I. des Tenors beschriebenen Handlungen nicht in einem Zusammenhang stehen.
III.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die unter Ziff. I. des Tenors bezeichneten, seit dem 14.09.2010 aus der Bunderepublik Deutschland in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den Abnehmern unter Hinweis auf den designverletzenden Zustand und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen; und die Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zu entfernen.
IV.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziff. I. des Tenors bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten herauszugeben oder die Erzeugnisse selber zu vernichten und der Klägerin einen Vernichtungsnachweis zukommen zu lassen.
V.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 2.085,95 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.10.2020 zu zahlen.
VI.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die in Ziff. I. des Tenors bezeichneten, seit dem 14.09.2010 in der Bundesrepublik Deutschland begangene Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird sowie dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die in Ziff. I. des Tenors bezeichneten Handlungen, seit dem 29.11.2017 in der Bundesrepublik Deutschland entstanden ist und noch entstehen wird.
VII.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VIII.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Klägerin zu 76% und die Beklagten zu 1) und zu 2) gesamtschuldnerisch zu 24% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) haben die Klägerin zu 67% und die Beklagte zu 1) zu 33% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) haben die Klägerin zu 77% und die Beklagte zu 2) zu 23% zu tragen.
IX.
Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu Ziff. I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110.000,00 EUR, hinsichtlich des Tenors zu Ziff. II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11.000,00 EUR, hinsichtlich des Tenors zu III. gegen Sicherheitsleistung 33.000,00 EUR, hinsichtlich des Tenors zu IV. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 33.000,00 EUR und hinsichtlich des Tenors zu V. und VIII. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Inhaberin eines Unternehmens, dass unterschiedliche Zangen entwickelt, produziert und vertreibt. Unter der Marke „L“ vertreibt die Klägerin Zangen mit zweifarbigen Griffen, die sich nur in Größe, Zangenkopf und zum Teil in der Farbgestaltung unterscheiden. Die Zangen werden von der Klägerin in einem von ihr herausgegebenen Katalog, in Baumarktketten und auf der Plattform b.de vertrieben.
3Insbesondere vertreibt die Klägerin seit 2010 Zangen in der nachfolgend eingeblendeten Gestaltung:
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5Die Klägerin ist Inhaberin der internationalen Eintragung 00000, die unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 21.09.2000 am 20.03.2001 angemeldet und am 05.07.2001 eingetragen worden ist. Die Veröffentlichung der internationalen Eintragung im JEC erfolgte im Heft 06/2001. Der Schutz erstreckt sich auch auf das Inland. Die Eintragung umfasst zwei Designs.
6Das Klagedesign I stellt sich wie folgt eingeblendet dar:
7Bilddatei entfernt
8Das Klagedesign II stellt sich wie folgt eingeblendet dar:
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10Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, vertreibt im Inland unter der Bezeichnung „W-Linie“ die im Antrag zu I. eingeblendeten Zangen, wobei eine Zange auch unter der Bezeichnung „Aktionslinie“ vertrieben wird. Zur näheren Gestaltung der Zangen wird ergänzend auf die Anlagen WKS5A, WKS5B und WKS5C verwiesen.
11Mit Schreiben vom 18.08.2020 hat die Klägerin die Beklagten abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.
12Die Beklagten haben beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der klägerischen Designs beantragt.
13Die Klägerin stützt ihre Klage – in dieser Reihenfolge - auf Verletzung des Klagedesigns I, Klagedesigns II und ergänzenden Leistungsschutz.
14Die Klägerin behauptet, dass die Zangen der Beklagten die Klagedesigns verletzen. Hierzu trägt sie vor, dass der Gesamteindruck der Klagedesigns durch die Gestaltung des Griffs geprägt sei, der aus zwei leicht gebogen verlaufenden Griffteilen bestehe, die mit Griffhüllen versehen seien, die eine auskragende Erweiterung an dem Zangenkopf zugewandten Enden und einen im wesentlichen konstanten Querschnitt aufweisen; spiegelsymetrischer Musterung der beiden Griffhüllen, wobei die erste Grifffläche die Draufsicht präge und die andere Grifffläche die Seitenansicht präge; in der Draufsicht sei die Musterung der Griffflächen derartig ausgebildet, dass sich die erste Grifffläche mit kurzem Abstand zu dem leicht abgerundeten Ende des Griffs in Richtung der Hauptlänge unter Ausbildung einer Stufe in Richtung des äußeren Randes verbreitere, diese Verbreiterung im Wesentlichen parallel zur äußeren Kante fortgeführt werde, sich dann mit Abstand zur Auskragung in Richtung des inneren Griffbereichs unter Ausbildung einer Stufe wieder verschlanke, um sich dann im Bereich der Auskragung bis zum äußeren Griffbereich zu verbreitern.
15Das Zusammenspiel der ineinandergreifenden Flächen führe zu einer abgestuften, über mehreren Ebenen hinwegreichenden Zweifarbigkeit. Die so gestalteten Zangen vermittelten einen soliden, kompakten Eindruck, lüden aber gleichzeitig zum Anfassen ein, weil die Gestaltung der Griffflächen den Eindruck vermittele, dass die Zangen gut in der Hand liegen. Zudem entstünde durch die Anordnung der Griffflächen in der Draufsicht ein Band, in dem sich ein Schriftzug befinde, der die Möglichkeit biete, eine Marke oder Werbeaufschrift anzubringen, die auffällig aber nicht störend wirke und sich harmonisch einfüge.
16Beim Klagedesign II komme schließlich noch die farbige Gestaltung hinzu, bei der eine Fläche der Griffschale in roter und die andere in blauer Farbe gehalten sei.
17Die Klagedesgins würden sich auch vom vorbekannten Formenschatz deutlich abheben. Die angegriffenen Zangen der Beklagten griffen jeweils in den, durch den Abstand zum Formenschatz begründeten, weiten Schutzbereich ein. Zwar seien auch Unterschiede erkennbar. Diese seine für den Gesamteindruck jedoch nicht prägend.
18Die Zangen der Beklagten seien darüber hinaus auch eine unlautere Nachahmung der von der Klägerin vertrieben Zange. Die klägerische Zange weise wettbewerbliche Eigenart auf. Durch hohe Umsätze und ihre Marktpräsenz sei die wettbewerbliche Eigenart zudem gesteigert. Soweit es im Umfeld Produkte gebe, die die Zangen der Klägerin nachahmen habe die Klägerin die entsprechenden Hersteller kontaktiert, um kaufmännische Lösungen zu finden.
19Die Zangen der Beklagten seien jeweils eine nahezu identische Nachahmung der Zange der Klägerin. Prägende Gestaltungsmerkmale seien übernommen worden. Die Nachahmung sei auch unlauter. Insbesondere sei die auf den Zangen der Beklagten aufgebrachte Bezeichnung nicht geeignet aus einer Täuschung über die betriebliche Herkunft herauszuführen. Zum einen handele es sich um eine Handelsmarke, zum anderen erkennen nicht unerhebliche Teile des Verkehrs in der Bezeichnung „L1“ eine Abkürzung die auch für „L X X1“ stehen könne. Weiter sei den Beklagten vorzuwerfen, dass sie den guten Ruf der Zange der Klägerin ausbeuten oder ausnutzen. Der gute Ruf sei dadurch belegt, dass die Klägerin zahlreiche Auszeichnungen für ihre Zange gewonnen habe.
20Die Klägerin beantragt,
21I.
22Die Beklagten zu verurteilen,
231.
24es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
25Zangen mit Griffhüllen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, die die folgenden Merkmale aufweisen:
266. Zange bestehend aus
276.1. einem Zangenkopf sowie
286.2. zwei länglichen Griffteilen, die Griffhüllen aufweisen.
297. Die Griffhüllen
307.1. sind in der Draufsicht in ihrer Hauptlänge leicht gebogen,
317.2. weisen über ihre Hauptlänge einen im Wesentlichen konstanten Querschnitt auf,
327.3. enden leicht abgerundet,
337.4. bilden im Bereich des Zangenkopfes eine nach außen weisen Auskragung aus und
347.5. weisen eine Musterung auf.
358. Die Musterung der Griffhüllen
368.1. ist hinsichtlich beider Griffteile spiegelsymetrisch ausgebildet und
378.2. ist bei jedem Griffteil im Wesentlichen aus einer ersten (inneren) und zweiteren (äußeren) Flächen gebildet.
389. In der Draufsicht ist die Musterung der Griffhüllen derart ausgebildet, dass
399.1. die erste (innere) Fläche
409.1.1. sich mit kurzem Abstand zu dem leicht abgerundeten Ende in Richtung der Hauptlänge unter Ausbildung einer Stufe in Richtung des äußeren Griffbereichs verbreitert,
419.1.2. diese Verbreiterung im Wesentlichen parallel zur äußeren Kante fortgeführt wird,
429.1.3. sich mit Abstand zur Auskragung unter Ausbildung einer Stufe in Richtung des inneren Griffbereichs verschlankt und
439.1.4. sich wieder im Bereich der Auskragung bis zum äußeren Griffbereich verbreitert;
449.2. die zweite (äußere) Fläche
459.2.1. sich mit kurzem Abstand zu dem leicht abgerundeten Ende in Richtung der Hauptlänge unter Ausbildung einer Stufe in Richtung des äußeren Griffbereichs verschlankt,
469.2.2. diese Verschlankung im Wesentlichen parallel zur äußeren Kante fortgeführt wird,
479.2.3. sich mit Abstand zur Auskragung unter Ausbildung einer Stufe in Richtung des inneren Griffbereichs verbreitert und
489.2.4. sich wieder im Bereich der Auskragung bis zum äußeren Griffbereich verschlankt.
4910. In der Seitenansicht ist die Musterung derart ausgebildet, dass sie im Wesentlichen die zweite (äußere) Fläche aufweist,
5010.1. wobei ggf. im Bereich des äußersten Teils der Biegung der Griffhüllen eine Buchstabenfolge angebracht ist,
51wie nachfolgend abgebildet, jedoch unabhängig von der Farbe und Beschriftung sowie Form des Zangenkopfes:
52Bilddatei entfernt
53und/oder
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55und/oder
56Bilddatei entfernt
572.
58ihr unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen seit dem 14.09.2010 (Beklagte zu 1)) sowie seit dem 29.11.2017 (Beklagter zu 2)) in Deutschland begangen haben, und zwar unter Angabe
59a)
60der einzelnen eigenen Lieferungen unter Angabe der Liefermengen, - zeiten und -preise, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, und unter Angabe der Namen und Anschriften der Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, jeweils unter Vorlage von Belegen in Form von Rechnungen, hilfsweise Lieferscheinen, soweit Rechnungen nicht vorhanden sind;
61b)
62der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,- zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, und unter Angabe der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
63c)
64der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, sowie bei Internetwerbung der Schaltungszeiträume, der Domain, unter der die Werbung geschaltet war, sowie der Suchmaschinen, unter denen die fraglichen Seiten einzeln oder in einem Gesamtpaket angemeldet waren;
65d)
66der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
67wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger sowie der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
68und wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine, nur in Kopie vorzulegen, wobei die Beklagten solche Informationen schwärzen dürfen, an denen sie Geheimhaltungsinteressen geltend machen, soweit diese mit den beschriebenen Handlungen nicht in einem Zusammenhang stehen;
693.
70nur die Beklagte zu 1): die unter Ziff. 1 bezeichneten, seit dem 14.09.2010 aus der Bunderepublik Deutschland in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den Abnehmern unter Hinweis auf den designverletzenden Zustand und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen; und die Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zu entfernen;
714.
72nur die Beklagte zu 1): die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, zu Ziffer 1 bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten herauszugeben oder die Erzeugnisse selber zu vernichten und der Klägerin einen Vernichtungsnachweis zukommen zu lassen;
735.
74an sie 6.117,60 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als Gesamtschuldner zu zahlen.
75II.
76festzustellen, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 14.09.2010 in Deutschland begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird sowie dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 29.11.2017 in der Bundesrepublik Deutschland begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
77Die Beklagten beantragen,
78die Klage abzuweisen.
79Hilfsweise beantragen die Beklagten,
80das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Löschung der Klagedesigns auszusetzen.
81Die Klägerin beantragt,
82den Antrag auf Aussetzung zurückzuweisen.
83Die Beklagten sind der Auffassung, dass die klägerischen Designs nicht rechtsbeständig seien. Zum einen seien zahlreiche Merkmale der klägerischen Designs technisch bedingt und könnten den Gesamteindruck nicht prägen, alle übrigen Merkmale, die nicht technisch bedingt seien, können aufgrund des vorbekannten Formenschatzes keine Eigentümlichkeit der klägerischen Designs begründen.
84Insbesondere bei einer zweiteiligen Griffhülle handele es sich um ein technisch bedingtes Merkmal, dass eine optimale Handhabung bei gleichzeitig hoher mechanischer Wirkung gewährleisten solle. Die innere Fläche sei für einen angenehmen Griff weicher. Die äußere Fläche sei für eine hohe mechanische Wirkung härter.
85Hinzu komme, dass im vorbekannten Formenschatz zahlreiche Muster bestünden, die im Gesamteindruck ähnlich seien. Hierzu verweisen die Beklagten auf die in den Anlagen ES1 bis ES20 dargestellten Muster.
86Soweit die klägerischen Designs rechtsbeständig seien, sei der Schutzumfang allenfalls gering. Entsprechend käme eine Verletzung der klägerischen Designs nur dann in Betracht, wenn es sich bei den Zangen der Beklagten um identische oder fast identische Muster handele. Dies sei aber gerade nicht der Fall. Die Beklagten verweisen hierzu auf, ihrer Auffassung nach, prägende Unterschiede im Gesamteindruck. Auffällig sei mit Blick auf das Muster WKS5A etwa, dass die Zangen der Beklagten dreischalig ausgebildet sei, während das klägerische Design zweischalig sei. Die obere Schale der Zange der Beklagten sei zudem bis zum oberen Ende des Abrutschschutzes gezogen, während sie bei den klägerischen Zangen unter dem Abrutschschutz ende. Der Abrutschschutz weise eine deutlich voluminösere Form auf. Der Abrutschschutz sei bei der Beklagten auch deutlich steiler und höher. Entsprechendes gelte für das Muster WKS5B.
87Mit Blick auf das Muster WKS5C sei ebenso auffällig, dass der Abrutschschutz deutlich voluminöser sei. Zudem seien die Dimensionierungen von unterer und oberer Schale deutlich unterschiedlich. Hinzu komme, dass die unteren Griffschalen nicht „eingezogen“ seien, in der Draufsicht also an den Seiten nur noch marginal erkennbar seien. Dem Muster WKS5C fehle zudem ein Logo in der Mitte.
88Ergänzender Leistungsschutz komme nicht in Betracht. Es fehle den Zangen der Klägerin an wettbewerblicher Eigenart. Dies folge vornehmlich daraus, dass im Umfeld zahlreiche Produkte angeboten werden, die über einen zweischaligen Handgriff verfügen. Die Beklagten verweisen hierzu auch auf als Anlage B6 vorgelegte Screenshots des Produktumfeldes. Zudem führe die Herstellerbezeichnung auf den Zangen der Beklagten aus einer Täuschung heraus.
89Die Klage wurde am 09.10.2020 zugestellt. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
90Entscheidungsgründe:
91Die Klage ist zulässig, aber überwiegend unbegründet.
92I.
93Der Rechtsstreit war nicht nach § 34b DesignG auszusetzen. Nach dieser Vorschrift kann das Designgericht, soweit während des Verletzungsrechtsstreits auch ein Nichtigkeitsverfahren anhängig ist, den Verletzungsrechtsstreit bis zur Entscheidung über die Nichtigkeit auszusetzen. Die Entscheidung über die Aussetzung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, wobei Grundlage der Entscheidung eine Interessenabwägung ist, in dessen Rahmen die Erfolgsaussichten des Nichtigkeitsverfahrens abzuschätzen sind. Die Aussetzung kommt demnach in Betracht, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass das Klagedesign vernichtet wird.
94Dies kann die Kammer nicht erkennen. Insbesondere fehlt dem Klagedesign nicht die nötige Eigenart im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 2 DesignG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 DesignG. Einem Design fehlt die Eigenart, wenn der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, sich von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Design bei diesem Benutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. Nach § 2 Abs. 3 S. 2 DesignG ist bei der Beurteilung der Eigenart zudem der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Designs zu berücksichtigen. Aus diesen Rechtssätzen folgt für die Prüfung, dass zunächst zu bestimmen ist, welche Gestaltungsmerkmale den Gesamteindruck des fraglichen Designs prägen. Sodann sind diese Merkmale im Rahmen eines Vergleichs dem Gesamteindruck sämtlicher vorbekannter Erzeugnissen gegenüberzustellen. Dabei kommt es auf die Sicht eines mit einem gewissen Maß an Designbewusstsein ausgestatteten Durchschnittsbetrachters an. Schließlich ist zu auf dieser Grundlage zu beurteilen, ob die Eigenleistung des Designgestalters ausreicht, um das fragliche Design hinreichend deutlich von vorbekannten Erzeugnissen abzuheben (vgl. EUG, Urt. v. 10.09.2015 – T-525-13, GRUR-RR 2016, 324 – Handtaschen).
95Unter Zugrundelegung des oben dargestellten Prüfungsmaßstabes kann die Kammer nicht erkennen, dass dem Klagedesign I und dem Klagedesign II die nötige Eigenart fehlt. Die Kammer geht hierbei von einem geringen Gestaltungsspielraum aus. Zutreffend tragen die Parteien übereinstimmend vor, dass die Gestaltungsfreiheit von (Kombinations-)Zangen aufgrund technisch funktionaler Vorgaben gering ist. Die grundsätzliche Anordnung von Zangenkopf, Abrutschschutz und Zangenschenkel ist technisch notwendig und daher bei der Ermittlung des Gestaltungsspielraumes nicht zu berücksichtigen (vgl. § 3 Nr. 1 DesignG; OLG Frankfurt a. M . Urt. v. 18.02.2016 – 6 U 245/14, BesckRS 2016, 07605). Entsprechendes gilt für die leicht gebogene Form der Griffe und die Verwendung (zweier) unterschiedlicher Materialen bei der Ausgestaltung, der die Zangenschenkel umfassende Griffhüllen. Durch die Verwendung eines weicheren Materials beim äußeren Teil der Griffe soll die Zange angenehm in der Hand liegen; während die Verwendung eines härteren Materials bei der inneren Hülle für die nötige Stabilität beim Kneifvorgang sorgt. Entsprechendes wird in einer von den Beklagten vorgelegten Gebrauchsmusterschrift erläutert (Anlage B4, S. 2 ff.)
96Dass, wie die Klägerin vorträgt, unterschiedliche Flächengliederungen ausschließlich aus ästhetischen Gründen gewählt werden können, ohne dass unterschiedliche Kunststoffe genutzt werden können hält die Kammer für möglich, hat aber keinen anderen Einfluss auf die Gestaltungsfreiheit. Denn in diesem Fall würde die Flächengliederung jedenfalls funktionale Vorgaben imitieren.
97Allerdings verbleibt ein Rest an Gestaltungsfreiheit dort, wo es um die Anordnung der unterschiedlichen Flächen der Griffe geht. Insofern, dies belegt der vorbekannte Formenschatz, ist zumindest nicht auszuschließen, dass neben der technischen Funktion des Erzeugnisses, auch andere Aspekte den Entwerfer dazu bewogen haben, sich für das Erscheinungsbild der Flächengliederung der Griffe des Klagedesigns I bzw. des Klagedesigns II zu entscheiden (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 04.10.2018 – 6 U 206/16, GRUR 2019, 67 Rn. 33; EuGH, Urt. v. 08.03.2018 – C-395/16, GRUR 2018,612 Rn. 31 – DOCERAM).
98Das Klagedesign I und das Klagedesign II halten unter diesem Gesichtspunkt zum vorbekannten Formenschatz einen höheren Abstand, als zur Begründung ihrer Eigenart erforderlich gewesen wäre. Bei dem Klagedesign I handelt es sich um eine Zange, deren Griffe eine in zwei Teile getrennte Flächengliederung aufweisen. Untere und obere Fläche sind eckig ineinander verschachtelt. Wobei die obere Fläche im hinteren Bereich über eine Aussparung verfügt, die im hinteren Bereich wieder beendet wird. Markant ist, das der in Draufsicht sichtbare Schriftzug „L“, von der unteren Fläche, die hier hochgezogen ist, eingefasst wird.
99Das Klagedesign erzeugt einen funktionalen und schlanken, aber auch robusten Eindruck, der durch die Anordnung der Flächen - die untere Fläche ist etwa dort hochgezogen, wo die Finger beim Greifen platziert würden - zum Greifen einlädt. In der Draufsicht entsteht durch die Einfassung des Schriftzuges „L“ durch die untere Fläche zudem ein leicht verspielter Eindruck. Entsprechendes gilt für das Klagedesign II.
100Der Gesamteindruck des als Anlage ES1 vorgelegten Muster weist, abseits von der identischen Gestaltung als Zange, einen abweichenden Gesamteindruck auf. Insbesondere fehlt die beim Klagedesign I und II markante zweischalige Gestaltung der Griffe. Entsprechendes gilt für das als Anlage ES2 vorgelegte Muster. Auch hier fehlt eine zweischalige Ausgestaltung der Griffe. Auch der Gesamteindruck des als Anlage ES3 vorgelegten Muster weicht von den Klagedesign ab. Zwar verfügt die dort erkennbare Zange ebenfalls über eine zweischalige Ausführung. Diese unterscheidet sich jedoch in der Form signifikant von der Ausführung der Klagedesigns. Insbesondere fehlt es an der Verschachtelung der Griffflächen. Die Griffe sind zudem geschwungen gestaltet und wirken hierdurch noch deutlich griffbereiter. Auch hinsichtlich des als Anlage ES4 vorgelegten Musters fehlt es an dem verschachtelten Gestaltung der Griffe. Der fehlende flächige Aufbau führt auch hier zu einem anderen Gesamteindruck.
101Das als Anlage ES5 vorgelegte Muster verfügt über einen zweischaligen verschachtelten Griff, der allerdings auch hier deutlich anders als bei den Klagedesigns gestaltet ist. Die ober Fläche wird nicht über die gesamte Länge des Griffes gezogen. Sie befindet sich nur im mittigen Teil des Griffes, was zu einem anderen Gesamteindruck führt. Entsprechendes gilt für das als Anlage ES6 vorgelegte Muster. Auch hier wird die obere Griffhälfte nicht über die gesamte Länge des Griffes gezogen, was auch hier zu einem abweichendem Gesamteindruck führt.
102Beim als Anlage ES7 vorgelegten Muster fehlt es schließlich wieder an dem verschachtelten Aufbau der Griffe, die sowohl Klagedesign I, als auch das Klagedesign II prägen. Entsprechendes gilt für das als Anlage ES8 vorgelegte Muster. Das als Anlage ES9 vorgelegte Muster verfügt über einen im Grundsatz zweischaligen Aufbau. Dieser ist jedoch gänzlich anders gestaltet, als bei den Klagedesigns. Hier ist die zweite Fläche in der Seitenansicht mit einer deutlich erkennbaren Stufe auf die andere Fläche gesetzt. Sie ist zieht sich auch fast über die gesamte Grifflänge. Das Muster ES10 verfügt ebenfalls über eine zweischalige Griffhülle, die allerdings insofern unterbrochen ist, als das der äußere Teil der Griffhülle nur den hinteren Teil der Griffe betrifft.
103Auch das als Anlage ES11 vorgelegte Muster verfügt über einen zweischaligen Griff, wobei die äußere Fläche nunmehr über eine Wölbung zur Mitte des Griffes verfügt, die auch beim Klagedesgin I und II vorzufinden ist, dort allerdings eckiger verläuft. Eine etwas ausgeprägtere Wölbung findet sich dann im als Anlage ES13 vorgelegten Muster, obgleich auch hier die Strukturierung der beiden Flächen beim Klagedesign I und II insgesamt eckiger ausfällt. Der Abstand des Klagedesigns zu den vorgehaltenen Mustern ES11 und vor allem ES13 ist zwar geringer. Obgleich auch hier noch die schlanke geradlinige Anmutung aufgegriffen wird, verändert sich hier der Gesamteindruck durch die Wölbung bereits zu einer robusteren Anmutung, erreicht aber nicht den stabilen und zum Greifen einladenden Eindruck der Klagedesigns.
104Der Abstand zum als Anlage ES12 vorgelegten Muster ist dann wieder weiter. Dieses weist zwar eine zweischalige Ausführung von Griffen auf, jedoch zieht sich dort die dort die obere Griffhälfte nicht über die beinahe gesamte Länge des Griffes, was zu einem deutlich abweichendem Gesamteindruck führt. Einen deutlich abweichenden Gesamteindruck weist auch das als Anlage ES14 vorgelegte Muster auf. Die Flächen des Griffes sind dort gänzlich anders angeordnet, als bei den Klagedesigns. Entsprechendes gilt für die als Anlage ES15, Anlage ES16, Anlage ES17, Anlage ES18, Anlage ES19 und Anlage ES20 vorgelegten Muster. Die Anordnung der Flächen der Griffe der dort abgebildeten Zangen unterscheidet sich deutlich von den Klagedesigns.
105II.
106In der Sache hat die Klage teilweise Erfolg.
1071.
108Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1) Unterlassung, wie unter Ziff. I. tenoriert, gemäß § 42 Abs. 1 DesignG verlangen.
109a)
110Das Klagedesign I ist rechtsbeständig. Auf obige Ausfrührungen kann verwiesen werden.
111b)
112Die Beklagte zu 1) hat das Klagedesign I der Klägerin entgegen § 38 Abs. 1 S. 1 DesignG benutzt. Nach letztgenannter Vorschrift erstreckt sich der Schutz aus einem eingetragenen Design auf jedes Design, das keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Die Prüfung, ob ein beanstandetes Design das geschützte Klagedesign verletzt, erfordert daher, dass der Schutzumfang des geschützten Klagedesigns bestimmt und der Gesamteindruck beider Designs ermittelt und verglichen wird (vgl. BGH, Urt. v. 12.07.2012 – I ZR 102/11, GRUR 2013, 285 - Kinderwagen II). Zur Beurteilung, ob das angegriffene Design beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck als das eingetragene Klagedesign erweckt, sind der Gesamteindruck des angegriffenen Designs und der Gesamteindruck des eingetragenen Klagedesigns zu ermitteln. Sodann ist zu prüfen, ob der Gesamteindruck des angegriffenen Designs mit dem Gesamteindruck des eingetragenen Klagedesigns übereinstimmt. Dabei sind nicht nur die Übereinstimmungen, sondern auch die Unterschiede der Muster zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 07.04.2011 – I ZR 56/09, GRUR 2011,1117 Rn. 35 f. – ICE). Maßgeblich ist auch insoweit der Blick eines mit einem gewissen Maß an Designbewusstsein ausgestattetem Durchschnittsbetrachters.
113Die Kammer geht davon aus, dass der Schutzumfang des Klagedesigns I aufgrund der geringen Gestaltungsfreiheit als eng einzustufen ist. Auf obige Ausfrührungen kann im Wesentlichen verwiesen werden. Aufgrund des übereinstimmenden Gesamteindruckes kann die Kammer dennoch einen Eingriff in den Schutzbereich des Klagedesigns I feststellen.
114Beim angegriffenen Erzeugnis WKS5C handelt es sich um eine Zange, die zweischalig ausgeführt ist. Wie das Klagedesign I verfügt auch das angegriffen Erzeugnis WKS5C über eine verschachtelte Anordnung der Flächen auf den Griffen. Eben wie beim Klagedesign I ist dort im Bereich in dem die Finger die Zange greifen eine Auskerbung der oberen Griffhälfte zu erkennen, die sich schräg öffnet und wieder schließt. Sowohl das Klagedesign I, als auch das Erzeugnis der Beklagten verfügen über ein Auskragung hinter dem Zangenkopf, die in die untere Griffhälfte übergeht. Die Griffe sind jeweils spiegelsymetrisch gestaltet.
115Zwar weisen das Klagedesign I und das Erzeugnis der Beklagten zu 1) auch Unterschiede auf. So fehlt beim Erzeugnis der Beklagten etwa der Schriftzug, der auf die Klägerin hinweist. Die untere Griffhälfte ist in der Draufsicht und auch nicht derart hochgezogen, dass sie dort prägnant zu erkennen wäre und einen (etwaigen) Schriftzug einfassen könnte. Der mit einem gewissen Maß an Designbewusstsein ausgestattete Durchschnittsbetrachter wird allerdings im Erzeugnis der Beklagten das Klagedesign I wiedererkennen. Beide Erzeugnisse erzeugen aufgrund der Anordnung der Griffe einen stabilen Eindruck. Durch die identische Art der Flächengliederung wird jeweils ein besonders funktionaler Eindruck erzeugt. Der zum Greifen einladende Eindruck wird beim angegriffenem Erzeugnis wiederholt.
1162.
117Der Beklagte zu 2) haftet als Geschäftsführer für das Verhalten der Beklagten zu 1) nach den Grundsätzen der Geschäftsführerhaftung bei der Verletzung von gewerblichen Schutzrechten (vgl. BGH, Urt. v. 18.06.2014 – I ZR 242/12, GRUR 2014, 883 – Geschäftsführerhaftung). Es ist nicht davon auszugehen, dass das angegriffene und in Anlage WKS5C abgebildete Erzeugnis ohne Kenntnis des Beklagten zu 2) vertrieben wurde.
1183.
119Der unter Ziff. II tenorierte Auskunftsanspruch folgt aus § 46 DesignG, der unter Ziff. III. tenorierte Beseitigungsanspruch folgt aus § 43 Abs. 2 DesignG und der unter IV. tenorierte Anspruch auf Vernichtung der im Tenor unter Ziff. I. eingeblendeten Erzeugnisse der Beklagten folgt aus § 43 Abs. 1 DesignG. Die Klägerin kann von den Beklagten ferner die unter Ziff. V. tenorierten Rechtsverfolgungskosten verlangen. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB. Weiter war wie unter Ziff. VI tenoriert festzustellen, dass die Beklagten der Klägerin dem Grunde nach zum Ersatz entstandener Schäden verpflichtet sind. Der Anspruch folgt aus § 42 Abs. 2 DesignG.
1204.
121Im Übrigen hat die Klage in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Klägerin kann von den Beklagten unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Unterlassung wie weiter mit dem Antrag zu I. 1) beantragt verlangen.
122a)
123Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus § 42 Abs. 1 DesignG.
124aa)
125Die Kammer konnte keinen Eingriff in den Schutzbereich des Klagedesigns I durch die Erzeugnisse WKS5A und WKS5B erkennen. Hinsichtlich des geringen Grades der Gestaltungsfreiheit und des Gesamteindruckes des Klagedesigns I kann auf obige Ausführungen verwiesen werden. Die Unterscheide der angegriffenen Erzeugnisse zum Klagedesign I im Gesamteindruck reichen jeweils unter Berücksichtigung des engen Schutzumfanges aus, um beim mit einem gewissen Maß an Designbewusstsein ausgestattetem Durchschnittbetrachter einen abweichenden Gesamteindruck zu erzeugen.
126(1)
127Mit Blick auf das Erzeugnis WKS5A fällt ins Auge, dass die Griffhülle nicht zweischalig, sondern dreischalig ausgebildet ist. Das Erzeugnis der Beklagten verfügt im Bereich des Abrutschschutzes über eine weitere (rote) Fläche. Hinzu kommt, dass der Abrutschschutz insgesamt voluminöser ausgestaltet ist. Auch ist die obere Fläche, insoweit ähnlich wie bei dem vorbekannten Formenschatz und der von der Klägerin auch vertriebenen Zange, zum Abrutschschutz hochgezogen. Bei dem Erzeugnis der Beklagten fehlt zudem die markante Einfassung des Schriftzuges „L1“ durch die untere Fläche der Griffhüllen.
128Insgesamt wiest der Gesamteindruck des Klagedesigns I und des Erzeugnisses WKS5A der Beklagten zwar Parallelen auf. Diese reichen jedoch nicht aus, um einen Eingriff in den Schutzbereich feststellen zu können. Beide Erzeugnisse erzeugen aufgrund der Flächengliederungen einen stabilen und funktionalen Eindruck. Das angegriffene Design weist aber einige, maßgebliche Unterschiede gegenüber dem Klagedesign auf, welche sich in der Wahrnehmung des jeweiligen Designs wiederspiegeln und einen anderen Gesamteindruck als den des Klagedesigns vermitteln. Das Erzeugnis der Beklagten ist deutlich voluminöser und weniger schlank ausgestaltet. Es wirkt aufgrund der fehlenden Einfassung des Schriftzuges weniger verspielt.
129(2)
130Entsprechendes gilt für das Erzeugnis WKS5B. Auch bei dem Erzeugnis WKS5B fällt ins Auge, dass die Griffhülle nicht zweischalig, sondern dreischalig ausgebildet ist. Das Erzeugnis der Beklagten verfügt im Bereich des Abrutschschutzes über eine weitere Fläche. Hinzu kommt, dass der Abrutschschutz insgesamt voluminöser ausgestaltet ist. Auch ist die obere Fläche, insoweit ähnlich wie bei dem vorbekannten Formenschatz und der von der Klägerin vertriebenen Zange, zum Abrutschschutz hochgezogen. Bei dem Erzeugnis der Beklagten fehlt zudem die markante Einfassung des Schriftzuges „L1“ durch die untere Fläche der Griffhüllen.
131Insgesamt weist der Gesamteindruck des Klagedesigns I und des Erzeugnisses WKS5B der Beklagten zwar Parallelen auf. Diese reichen jedoch nicht aus, um einen Eingriff in den Schutzbereich feststellen zu können. Beide Erzeugnisse erzeugen aufgrund der Flächengliederungen einen stabilen und funktionalen Eindruck. Das angegriffene Design weist aber einige, maßgebliche Unterschiede gegenüber dem Klagedesign auf, welche sich in der Wahrnehmung des jeweiligen Designs wiederspiegeln und einen anderen Gesamteindruck als den des Klagedesigns vermitteln. Das Erzeugnis der Beklagten ist deutlich voluminöser und weniger schlank ausgestaltet. Es wirkt aufgrund der fehlenden Einfassung des Schriftzuges weniger verspielt.
132bb)
133Die Kammer konnte auch keinen Eingriff in das Klagedesign II durch die Erzeugnisse WKS5A und WKS5B erkennen. Auf obige Ausführungen kann im Wesentlichen verwiesen werden. Das Klagedesign I unterscheidet sich vom Klagedesign II lediglich insoweit, als dass dieses farblich, allerdings auch anders als die angegriffenen Erzeugnisse WKS5A und WKS5B, gestaltet ist.
134b)
135Die Klägerin kann auch keinen Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 4 Nr. 3 a) oder b) UWG herleiten.
136aa)
137Selbst bei zugunsten der Klägerin zu unterstellender durchschnittlicher wettbewerblicher Eigenart ihrer Zange und dem Vorliegen einer Nachahmung durch die Beklagten führt in der Gesamtabwägung jedenfalls die Kennzeichnung der Zangen der Beklagten, wie sie in Anlage WKS5A und WKS5B abgebildet sind, mit deutlich auf sie hinweisenden Zeichen aus einer Täuschung über die betriebliche Herkunft im Sinne von § 4 Nr. 3 b) UWG heraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann eine Herkunftstäuschung durch eine deutlich sichtbare, sich vom Originalprodukt unterscheidende Kennzeichnung der Nachahmung ausgeräumt werden, wenn die angesprochenen Verkehrskreise die betreffenden Waren einem bestimmten Unternehmen nicht allein anhand ihrer Gestaltung zuordnen, sondern sich beim an der an der Ware angebrachten Herstellerkennzeichnung orientieren (Urt. v. 15.12.2016 – I ZR 197/15, GRUR 2017, 734 Rn. 61 m. w. N. - Bodendübel).
138So liegt der Fall hier. Die Zangen der Beklagten werden mit einem deutlich auf die Beklagte hinweisendem Zeichen – „L1“ – auf den Griffen und dem Zangenkopf vertrieben. Eine entsprechende auf die Klägerin hinweisende Kennzeichnung ist auch an der klägerischen Zange prominent an eben jenen Stellen angebracht. Die Kennzeichnungen dienen jeweils, aus Sicht der Kammer, dazu die Zangen der Klägerin bzw. der Beklagten vom Produktumfeld abzuheben. Bestätigung findet dies im wettbewerblichen Umfeld. Im Umfeld sind zahlreiche Produkte vorhanden, die, was zwischen den Parteien unstreitig ist, eine entsprechende Funktionsweise aufweisen und, wie aus den vorgelegten Screenshots ersichtlich, ebenfalls mit präsenten Herstellerkennzeichnungen vertrieben werden (vgl. Anlagen B6/1, B6/5, B6/11, B6/13, B6/18, B6/20, B6/22, B6/23 und B6/24). Für die hier erhebliche Frage der Vermeidbarkeit einer Herkunftstäuschung bedeutet dies, dass der Verkehr sich offenbar weniger an der Gestaltung, sondern mehr an der Kennzeichnung der benötigten Zange orientiert. Hinzu kommt schließlich, dass auch auf der Verpackung der Zangen der Beklagten ein deutlicher Hinweis auf sie zu finden ist. Dieser ist prominent auf der Umverpackung im unmittelbaren Sichtfeld potenzieller Käufer angebracht (vgl. S. 31 und 44 des Schriftsatzes der Beklagten vom 17.12.2020).
139Der Verkehr wird in der Kennzeichnung der Zangen der Beklagten auch keine Zweitmarke der Klägerin erkennen. Es ist unstreitig, dass die Beklagte unter dem verwendeten Zeichen seit mehreren Jahren Werkzeuge vertreibt. Die Kammer hält es zudem für fernliegend, dass der Verkehr in der Abkürzung „L1“ die Klägerin „L“ oder die „L X X1“ erkennt. Es musste auch nicht entschieden werden, ob die Kennzeichnung „L1“ eine Handelsmarke der Beklagten zu 1) ist. Sie ist als solche für den Verkehr jedenfalls nicht erkennbar (vgl. BGH, Urt. v. 02.04.2009 – I ZR 144/056 – Knoblauchwürste).
140bb)
141Die Kammer kann auch keine Ausnutzung des Rufes der Klägerin oder eine Ausnutzung der Wertschätzung die der Verkehr den Zangen der Klägerin entgegen bringt durch die Zangen der Beklagten im Sinne von § 4 Nr. 3 b) UWG erkennen. Auch insoweit gilt, dass die Gefahr einer Rufausnutzung in der Regel mit der abweichenden Kennzeichnung der nachahmenden Ware ausgeräumt ist (BGH, Urt. v. 22.01.2015 – IZ 107/13, GRUR 2015, 909 3. Ls. – Exenterzähne). Eine solche hat die Beklagte vorgenommen Auf obige Ausführungen kann verwiesen werden.
142III.
143Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 bzw. 2 ZPO
144IV.
145Der Streitwert wird auf 200.000,00 EUR festgesetzt, wovon 100.000,00 EUR auf den Antrag zu I.1), 10.000,00 EUR auf den Antrag I. 2), jeweils 30.000,00 auf den Antrag zu I. 3) und I. 4) sowie 30.000,00 EUR auf den Antrag zu II. entfallen.