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Der Angeklagte wird wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten
verurteilt.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
§§ 29a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, §§ 27, 52 StGB.
Gründe:
(des gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten Urteils)
In der Strafsache
2für Recht erkannt:
3Der Angeklagte wird wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
4Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten
5verurteilt.
6Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
7§§ 29a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, §§ 27, 52 StGB.
8Gründe:
9(des gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten Urteils)
10I.
11Der Angeklagte ist niederländischer und französischer Staatsbürger, geboren in der Schweiz. Er wuchs in geordneten Verhältnissen auf. Die Familie betrieb zunächst ein kleines, eigenes Unternehmen, das jedoch pleite ging. In der Folge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten scheiterte schließlich auch die Ehe der Eltern des Angeklagten und dieser kam in jungen Jahren in die Obhut seiner Mutter, hielt jedoch auch Kontakt zu seinem mittlerweile in Belgien lebenden Vater.
12Der regel- und altersgerecht beschulte Angeklagte erwarb die Matura in der Schweiz und absolvierte anschließend in den Niederlanden ein Studium zum Agraringenieur mit der Fachrichtung Tropen und Subtropen. In der Folgezeit arbeitete er zunächst im Bereich der Umwelt- und Entwicklungshilfe bei verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und später im Bereich Holzhandel für verschiedene Unternehmen, unter anderem im Kongo, Lettland, Dänemark, der Schweiz, Frankreich und zuletzt in Brasilien.
13In Brasilien lernte er seine Ehefrau kennen, mit der er seit 19 Jahren verheiratet ist. Der Angeklagte hat drei Kinder: eine Tochter aus früherer Beziehung der Ehefrau im Alter von 18 Jahren sowie zwei leibliche Söhne im Alter von 17 und 9 Jahren.
14Nachdem die dortige Firma im Jahr 2008 in wirtschaftliche Schieflage geraten war und der Eigentümer kein weiteres Kapital zur Verfügung stellen wollte, baute der Angeklagte mit seinem Ersparten und seinem vorweg ausgezahlten Erbe einen eigenen Tropenholzhandel in Brasilien auf. Auch dieses Unternehmen scheiterte aber schließlich, unter anderem wegen Problemen mit damaligen Geschäftspartnern, Korruption und Exportschwierigkeiten. Da der Angeklagte das für die Abwicklung der Firma erforderliche Kapital nicht aufbringen, sich aber wegen der bestehenden Schulden in Höhe von ca. 1 Million Real auch keine andere wirtschaftliche Existenz in Brasilien aufbauen konnte, begab er sich vor etwa drei Jahren mit seinen Kindern in die Niederlande. Die Ehefrau des Angeklagten verblieb zunächst in Brasilien. In den Niederlanden wohnte die Familie in finanziell stark angespannten Verhältnissen zunächst in einem Obdachlosenheim und sodann in einer kleinen Sozialwohnung. Der Angeklagte arbeitete gelegentlich als Vermittler im Bereich des Holzhandels und bezog im Übrigen staatliche Aufstockungsleistungen, wodurch der Familie etwa 1.200,00 Euro pro Monat zur Verfügung standen, wovon allerdings ein Großteil durch Mietzahlungen aufgezehrt wurde. Die Situation war für den Angeklagten emotional stark belastend, da auch die Eingewöhnung der Kinder aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten zunächst schleppend verlief und er sich noch um seine pflegebedürftige Mutter kümmerte.
15Der unter keinen gesundheitlichen Einschränkungen leidende Angeklagte konsumiert keine illegalen Betäubungsmittel oder Alkohol/Tabak im Übermaß. Er ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
16II.
17Der Angeklagte, der sich nach seiner Rückkehr in die Niederlande in einer persönlich und wirtschaftlich schwierigen Situation befand, lieh sich bei unbekannt gebliebenen Personen etwa 4.000,00 Euro zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs. In der Folge fand er sich zur Schuldentilgung und zur Aufbesserung seiner finanziellen Situation bereit, für die unbekannt gebliebenen Gläubiger Drogentransportfahrten aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland zu unternehmen.
18Hierzu wurde vereinbart, dass der Angeklagte unter Nutzung seines eigenen Personenkraftfahrzeugs, welches bereits über ein Versteck in der Rückenlehne der Hinterbank verfügte, gegen eine Entlohnung i.H.v. 1.500,- Euro zzgl. Fahrtkosten sogenannte "weiche Drogen" nach Deutschland transportieren solle. Von der nach erfolgreicher Durchführung der Transportfahrt in Aussicht gestellten Entlohnung sollten 1.000,- Euro auf die Schulden verrechnet und 500 Euro in Bar an den Angeklagten ausgezahlt werden. Hiermit erklärte sich der Angeklagte einverstanden, stellte sein Fahrzeug zwecks Einbau der Betäubungsmittel zur Verfügung und erhielt dieses mit entsprechender Beladung zurück. Obschon der Angeklagte die genaue Menge der eingebauten Betäubungsmittel nicht kannte, so rechnete er jedenfalls mit einer solchen Menge, die das ihm bekannte Versteck in der Rückbank auszufüllen vermochte und war sich bewusst, dass diese zum gewinnbringenden Handel bestimmt waren. Auftragsgemäß fuhr der Angeklagte mit seinem so präparierten Fahrzeug am 11.08.2021 aus den Niederlanden kommend über Belgien mit Ziel im Großraum Frankfurt am Main in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er auf der Bundesautobahn 3 in Höhe Königsforst von Zollbeamten kontrolliert wurde. Bei der Kontrolle wurden die in der Rückbank verbauten Betäubungsmittel, namentlich 9.694,70 Gramm Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von gut 25 % Tetrahydrocannabinol sowie 6.943,87 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von ca. 17 % Tetrahydrocannabinol, mithin mit einem kombinierten Gesamtwirkstoffgehalt von insgesamt 3.687,70 Gramm ± 372,5 Gramm Tetrahydrocannabinol, aufgefunden und sichergestellt.
19Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung auf die weiteren als Einziehungsgegenstände in Betracht kommenden Gegenstände verzichtet.
20III.
21Die Feststellungen zur Person beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten hierzu sowie auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen, ihn betreffenden Auszug aus dem Bundeszentralregister.
22Die Feststellungen zur Sache beruhen auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten, ergänzt, bestätigt und gestützt durch das Ergebnis der Beweisaufnahme im Übrigen, namentlich
23 den Angaben des Zeugen G,
24 dem verlesenen Sicherstellungsverzeichnis,
25 dem verlesenen Wirkstoffgutachten sowie
26 den in Augenschein genommenen Lichtbildern.
27IV.
28Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG sowie tateinheitlich der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nichtgeringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m. §§ 27, 52 StGB strafbar gemacht.
29Der Grenzwert zur nicht geringen Menge war deutlich überschritten.
30V.
31Bei der Strafzumessung war gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB vom Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG auszugehen, der Freiheitsstrafe von 2 Jahren bis zu 15 Jahren vorsieht.
32Ein minder schwerer Fall im Sinne des § 30 Abs. 2 BtMG lag, auch unter Beachtung aller im Folgenden noch darzustellenden strafmildernden Gründe, nicht vor.
33Ein minderschwerer Fall setzt voraus, dass das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maß abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheinen lässt. Im Rahmen der hierfür erforderlichen Gesamtwürdigung sind alle Umstände heranzuziehen, die für die Wertung von Tat und Täterpersönlichkeit in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder folgen.
34Insoweit hat die Kammer zunächst berücksichtigt, dass der Angeklagte ein umfassendes, von Reue und Einsicht getragenes Geständnis abgegeben hat. Weiterhin hat die Kammer berücksichtigt, dass der Angeklagte strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten ist und bislang, trotz gewisser Schicksalsschläge, ein straffreies Leben geführt hat. Der Angeklagte, der sich durch die erstmals erlittene Untersuchungshaft ersichtlich beeindruckt gezeigt hat, ist zudem als Erstverbüßer, ausländischer Staatsbürger sowie Vater dreier Kinder, davon eines im schulpflichtigen Alter, und Pflegeperson seiner betagten Mutter in besonderem Maße haftempfindlich. Zu seinen Gunsten war ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei den Betäubungsmitteln um die sogenannte weiche Droge Cannabis handelte und die Betäubungsmittel gänzlich sichergestellt wurden, sodass sie ihre im Konsum liegende Gefährlichkeit nicht entfalten konnten. Auch hat der Angeklagte letztlich keinen Vorteil aus der Tat erlangt und er hat auf sämtliche als Einziehungsgegenstände in Betracht kommenden Gegenstände, darunter auch das werthaltige Fahrzeug, verzichtet. Der Angeklagte mag zudem angesichts seiner schwierigen finanziellen und persönlichen Situation eher geneigt gewesen sein, sich auf eine entlohnte Beteiligung am illegalen Rauchgifthandel einzulassen.
35Gegen die Einordnung als einen minderschweren Fall spricht indes maßgeblich die ganz erhebliche Menge der transportierten Betäubungsmittel. Der Grenzwert zur nichtgeringen Menge wurde im vorliegenden Fall um mehr als das 400fache überschritten.
36Bei der Bemessung der konkreten Strafe hat sich die Kammer an § 46 StGB orientiert und von den oben bereits dargestellten für und gegen den Angeklagten sprechenden Gründen leiten lassen.
37Unter umfassender Würdigung aller Strafzumessungsaspekte, insbesondere des vom Angeklagten abgelegten und umfassenden Geständnisses, sowie unter Beachtung des Gesamtbildes der Tat, der Persönlichkeit des Angeklagten, seiner persönlichen Verhältnisse und dem Grad seines Verschuldens hält die Kammer eine
38Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten
39für erforderlich, aber auch ausreichend, um dem Angeklagten das Unrecht seiner Tat vor Augen zu führen und ihn von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten.
40VI.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.