Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin wird die einstweilige Verfügung vom 20.4.2018 zu Ziffer 4 bestätigt und im Übrigen unter Zurückweisung des Antrags aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin tragen die Antragsteller zu je 6/13 und die Antragsgegnerin zu 1/13. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Antragstellern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Forderung abzuwenden, wenn die Antragsgegnerin bzw. die Streithelferin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils zu vollstreckenden Forderung leistet.
Tatbestand:
2Die Antragsteller begehren die Untersagung des Vollzugs von einigen Beschlüssen, die auf der Gesellschaftsversammlung der Antragsgegnerin am 20.4.2018 gefasst wurden, insbesondere betreffend ihre Abberufung der Antragsteller als Geschäftsführer der Antragsgegnerin sowie entsprechenden Weisungen zur Abberufung als Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaften der Antragsgegnerin. Der Streit ist Teil einer umfassenderen gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung.
3Die Antragsgegnerin hält und verwaltet als Holdinggesellschaft eine 100-prozentige Beteiligung an ihrer Tochtergesellschaft, der C3 GmbH. Zu der C4-Gruppe zählen u.a. neben der Antragsgegnerin und der C3 GmbH auch deren 100-prozentige Tochtergesellschaft, die S2 GmbH.
4Seit Juli 2009 hält die französische TV-Produktionsgesellschaft C5 Entertainment S.A.S., die Streithelferin, 50 Prozent des Stammkapitals der Antragsgegnerin. Zu 12,5 Prozent beteiligt sind jeweils die Antragsteller sowie die Herren H2 und S (Altgesellschafter).
5Geschäftsführer der Antragsgegnerin, der C3 GmbH und der S2 GmbH, jeweils einzelvertretungsberechtigt, waren bis zur Abberufung in der Gesellschafterversammlung vom 20.4.2018 die Antragsteller. In dieser Gesellschafterversammlung ist M1mit den Stimmen der Streithelferin und von S als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Antragsgegnerin bestellt worden. Die Geschäftsführeranstellungsverträge der Antragsteller vom 1.7.2009, die mit der C3 GmbH abgeschlossen waren, aber auch eine Tätigkeit für die Antragsgegnerin und die S2 GmbH vorsahen, liefen zum 31.12.2016 aus und wurden einmalig bis 31.3.2017 verlängert. Die Antragsteller setzen ihre Tätigkeit über diesen Zeitraum hinaus fort.
6Die Beteiligungsstruktur der Antragsgegnerin geht zurück auf einen am 1.1.2007 erfolgten 100-prozentigen Erwerb der C3 GmbH von W durch das Management der C3 GmbH. Die Antragsgegnerin wurde im Zusammenhang mit diesem Erwerb als Holdinggesellschaft gegründet. Ab dem 1.1.2007 hielten die Antragsteller und die Herren H2 und S jeweils einen Anteil von 25 Prozent des Stammkapitals der Antragsgegnerin. Im Jahr 2009 veräußerten die Gesellschafter jeweils 12,5 Prozent ihrer Anteile am Stammkapital der Antragsgegnerin an die Streithelferin. Grundlage der Veräußerung der 50 Prozent der Anteile am Stammkapital an die Streithelferin war ein Vertrag vom 30.6.2009, sog. Sale and Purchase Agreement. Des Weiteren kam es zwischen den Altgesellschaftern und der Streithelferin zu einem Joint Venture Agreement (JVA) vom 30.6.2009, welches nach Kündigung der Streithelferin am 31.12.2016 endete. Seitdem ist es der C5-Gruppe gestattet, auch in Deutschland geschäftlich aktiv zu sein, was zuvor durch das JVA ausgeschlossen war. Ebenfalls am 30.6.2009 wurde ein Konsortialvertrag zwischen den vier Altgesellschaftern geschlossen, der der Streithelferin nicht bekannt war. Außerdem kam es zu einem neuen Gesellschaftsvertrag der Antragsgegnerin, einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung, einer Geschäftsordnung für den neu gegründeten Gesellschafterausschuss, neuen Geschäftsführeranstellungsverträgen für die Antragsteller sowie einem Master Agreement in Bezug auf die künstlerischen Leistungen des Gesellschafters S.
7Im Juni 2015 nahmen die Streithelferin und die Antragsteller per E-Mail Gespräche auf, in denen es um die zukünftige Gesellschafterstruktur ging. Hierbei wurde auch diskutiert, ob die Antragsteller ihre Anteile an der Antragsgegnerin an die Streithelferin veräußern. Zu einer Veräußerung der Anteile kam es nicht. Im Jahr 2017 kam es sodann zwischen der Streithelferin und S zu Verhandlungen über eine erneute Zusammenarbeit mit S, die zu Vereinbarungen führten, die Gegenstand des Gesamtstreits sind.
8Danach übertrugen die Streithelferin und S ihre Anteile auf die N2 GmbH (heute: C5 Germany GmbH), eine 100-prozentige Tochter der Streithelferin, die damit 62,5 % des Stammkapitals an der Antragsgegnerin innehat. Im Gegenzug soll die im Besitz von S stehende F UG (haftungsbeschränkt) auf die S2 GmbH verschmolzen und von der S-TV-Produktion 51 % des Stammkapitals – 49 % der Stimmrechte – auf S übertragen werden. Ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der C3 GmbH und der S2 GmbH soll beendet werden. Die Zusammenarbeit mit S ist in einem neuen Master Agreement geregelt.
9In der Gesellschafterversammlung vom 20.4.2018 wurden Beschlüsse hinsichtlich der Zustimmung gemäß § 7 Gesellschaftsvertrag zur Abtretung von Geschäftsanteilen (12,5 %) von Herrn S an der Antragsgegnerin an die N2 GmbH (Tagesordnungspunkt 1), hinsichtlich der Zustimmung gemäß § 7 Gesellschaftsvertrag zur Abtretung der Anteile der Streithelferin an der Antragsgegnerin (50 %) an die N2 GmbH (Tagesordnungspunkt 2), ferner zur Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zwischen der C3 GmbH und der S GmbH (Tagesordnungspunkt 16), der Verschmelzung der F auf die S2 GmbH (Tagesordnungspunkt 18) und des Abschlusses eines neuen Master Agreements zwischen der C3 GmbH, der S GmbH und S (Tagesordnungspunkt 19) gefasst.
10Diese Maßnahmen sind Gegenstand der Verfahren 88 O 30/18 und 88 O 35/18.
11Ferner sollten die Antragsteller als Geschäftsführer der Antragsgegnerin abberufen werden, entsprechende Weisungen sollten an die C3 GmbH und die S2 GmbH ergehen. Weiterhin sollte die Geschäftsordnung des Gesellschafterausschusses der Antragsgegnerin dahin geändert werden, dass der Streithelferin ein Stichentscheidsrecht zukommt.
12In der Gesellschafterversammlung vom 20.4.2018 wurden dementsprechend Beschlüsse zur Abberufung der Antragsteller als Geschäftsführer der Antragsgegnerin (TOP 8 und 9), Weisungsbeschlüsse zur Abberufung der Antragsteller als Geschäftsführer der C3 GmbH und der S2 GmbH (TOP 10-13) sowie zur Änderung der Geschäftsordnung des Gesellschafterausschusses der Antragsgegnerin („Rules of Procedure for the Supervisory Board of C mbH“ - TOP 5) gefasst. Die Geschäftsordnung des Gesellschafterausschusses sieht in der geänderten Fassung ein Stichentscheidsrecht des von der Streithelferin entsandten stellvertretenen Vorsitzenden vor. Diese Beschlussfassungen sind Gegenstand dieses Verfahrens.
13Die Antragsteller erwirkten nach der Gesellschafterversammlung noch unter dem 20.4.2018 nachfolgenden Beschluss:
141. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den auf der Gesellschafterversammlung am 20.04.2018 abberufenen Geschäftsführern der Antragsgegnerin (den Antragstellern) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache die Weiterführung ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer zu eröffnen, mit der Maßgabe, dass sie jeweils Entscheidungen nur gemeinsam mit dem weiteren Geschäftsführer M1treffen können (Gesamtvertretung).
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den auf der Gesellschafterversammlung am 20.04.2018 abberufenen Geschäftsführern der Antragsgegnerin (den Antragstellern) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache die Ausübung des Geschäftsführeramtes nach Maßgabe von Ziffer 1 nicht zu behindern, namentlich den Zutritt zu den Geschäftsräumen zu erlauben, die Nutzung der Betriebseinrichtungen zu gestatten sowie den Einblick in die gesamten Geschäftsunterlagen zu ermöglichen.
3. Die Antragsgegnerin hat es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,
a.
21bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache die auf der Gesellschafterversammlung am 20.04.2018 beschlossene Abberufung der Geschäftsführer der Antragsgegnerin (der Antragsteller) zum Handelsregister anzumelden;
22b.
23der Geschäftsführung der Antragsgegnerin folgende Weisungen im Wege der Kundgabe gegenüber einem oder mehreren Geschäftsführern zu erteilen, bevor jeweils die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse über die Erteilung der folgenden Weisung abschließend gerichtlich erklärt wurde:
24aa.
25unverzüglich einen Gesellschafterbeschluss der C3 GmbH zu fassen, mit dem Herr Dr. T3 als Geschäftsführer der C3 GmbH abberufen wird;
26bb.
27unverzüglich einen Gesellschafterbeschluss der C3 GmbH zu fassen, mit dem Herr H als Geschäftsführer der C3 GmbH abberufen wird;
28cc.
29unverzüglich die Geschäftsführung der C3 GmbH anzuweisen, ihrerseits unverzüglich einen Gesellschafterbeschluss der S2 zu fassen, mit dem Herr Dr. T3 mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der S2 GmbH abberufen wird;
30dd.
31unverzüglich die Geschäftsführung der C3 GmbH anzuweisen, ihrerseits unverzüglich einen Gesellschafterbeschluss der S2 zu fassen, mit dem Herr H mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der S2 GmbH abberufen wird;
324. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die „Rules of Procedure for the Supervisory Board of C mbH“ in ihrer derzeit gültigen Fassung vom 25.08.2009 solange als weiter verbindlich zu erachten, bis die Rechtmäßigkeit des auf der Gesellschafterversammlung vom 20.04.2018 gefassten Beschlusses über deren Aufhebung bzw. Änderung abschließend gerichtlich geklärt wurde.
Gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 20.4.2018 wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch. Die Antragsteller verteidigen die einstweilige Verfügung. Die Beteiligten nehmen auf das Parallelverfahren 88 O 30/18 Bezug.
35Die Antragsteller sehen die Zusammenarbeit von Künstlern mit der C3 GmbH gefährdet. Sie verweisen auf die Anlagen Ast 8 und 9, wonach wegen des mit den Beschlüssen geplanten „Kontrollwechsels“ bei C4 zwei für die C4 Gruppe wichtige Künstler – Mund I- ihre Verträge anwaltlich überprüfen lassen und die bekannte Künstlerin Lihre Mitwirkung von der weiteren Mitwirkung des Antragstellers H abhängig macht.
36Die Abberufung der Antragsteller als Geschäftsführer der Unternehmen der C4-Gruppe und die Bestellung von Langenberg als Vertreter der C5-Gruppe als alleiniger Geschäftsführer begründe eine konzernrechtliche Abhängigkeit von der C5-Gruppe. Dagegen habe entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin vorher eine konzernrechtliche Abhängigkeit von den Antragstellern bzw. den Altgesellschaftern wegen ihrer Geschäftsführertätigkeit nicht bestanden. Der Konsortialvertrag vom 30.6.2009 zwischen den Altgesellschaftern habe die Vermeidung einer Beherrschung bezweckt. Eine Konzernoffenheit sei auch nicht weiteren Verträgen der Gesellschafter (Gesellschaftsvertrag oder JVA) zu entnehmen.
37Für die Abberufung sei ein sachlicher Grund erforderlich, der fehle. Die von der Antragsgegnerin angeführten Gründe, Differenzen über die Rolle von S, unterschiedliche Auffassungen zum Jahresbudget, vermeintliches Eingehen nachteiliger Geschäfte durch die Antragsteller, Veröffentlichung der Einladung zur Gesellschafterversammlung, seien unberechtigt. Die weitere Abberufung auch als Geschäftsführer von der C3 GmbH und der S2 GmbH verstoße gegen das konzernrechtliche Schädigungsverbot. Dienstvertraglich sei – unstreitig – vereinbart, dass eine Abberufung als Geschäftsführer der C3 GmbH nur aus wichtigem Grund erfolgen dürfe. Die Anstellungsverträge seien gemäß Ziffern 1.5, 2.5 so zu verstehen, dass auch die Abberufung als Geschäftsführer der Antragsgegnerin und der S2 GmbH nur aus wichtigem Grund möglich sei. Die Beschlussfassung verstoße gegen das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot. Die Zustimmung von S sei anfechtbar, da ein Sondervorteil verfolgt werde.
38Soweit die einstweilige Verfügung gegenüber dem Antrag dahingehend eingeschränkt worden sei, dass die Antragsteller nur in Gesamtgeschäftsführung und -vertretung mit dem weiteren Geschäftsführer Langenberg tätig werden können, hindere das nicht die Umsetzung von Geschäftsführungsmaßnahmen durch den Geschäftsführer Langenberg allein, was zu einem Übergewicht der C5-Gruppe führe. Widersprüche hiergegen durch die Antragsteller würden unbeachtet bleiben. Daher sei die Einschränkung aufzuheben.
39Die Antragsteller beantragen,
40die einstweilige Verfügung vom 20.4.2018 zu bestätigen,
41mit der Maßgabe, den Beschluss des Landgerichts Köln zu Ziffer 1 abzuändern und der Antragsgegnerin aufzugeben, den auf der Gesellschafterversammlung am 20.04.2018 abberufenen Geschäftsführern der Antragsgegnerin (den Antragstellern) bis zur rechtskräftigen Entscheidung die Hauptsache die Weiterführung ihrer Tätigkeit als einzelvertretungs- und einzelgeschäftsführungsbefugte Geschäftsführer zu eröffnen.
42Die Antragsgegnerin beantragt,
43die einstweilige Verfügung vom 20.04.2018 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
44Die Antragsgegnerin meint, ein Verstoß gegen das konzernrechtliche Schädigungsverbot liege nicht vor. Die Gesellschafter hätten 2009 alle Maßnahmen getroffen, etwaige Hindernisse, die dem Erwerb oder der Ausübung von Kontrolle durch einen (Mehrheits-) Gesellschafter im Wege stehen könnten, aus dem Weg zu räumen. Ferner behauptet sie, die Parteien des JVA hätten sich erst recht nach dessen Laufzeit die Möglichkeit eines Kontrollerwerbs durch die Streithelferin oder die Altgesellschafter bewusst offenhalten wollen. Die Antragsteller hätten auch keinen Nachteil für die Antragsgegnerin vorgetragen. Die Antragsgegnerin verweist auf weitere Tätigkeiten der Antragsteller außerhalb des Bereichs der Antragsgegnerin. Sie vertritt die Auffassung, dass aus diesem Grund und der Abstimmung der Altgesellschafter, die - unstreitig - noch an anderen Gesellschaften beteiligt sind, ab 2009 eine Abhängigkeit der Antragsgegnerin von den Altgesellschaftern vorgelegen habe, insbesondere weil die Antragsteller Geschäftsführer der Gesellschaften der C4-Gruppe waren. Wenn man dieser Auffassung nicht folge, könne auch durch die Auswechslung der Antragsteller durch den neuen Geschäftsführer M1keine Abhängigkeit begründet worden sein. Die Auswechslung der Geschäftsführung liege wegen der Zerrüttung des Verhältnisses der Gesellschafter im Interesse der Antragsgegnerin. Die Antragsteller hätten nicht mehr das Vertrauen der Gesellschafterversammlung genossen. Eine Treupflichtverletzung wegen Abberufen der Antragsteller ohne sachlichen Grund sei nicht anzunehmen. Jedenfalls würden sachliche Gründe für die Abberufung vorliegen. Es gebe einen Dissens zwischen den Antragstellern und der Streithelferin über die Zukunft von Herrn S in der S2 GmbH. Weiter gebe es Differenzen wegen der Gehaltszahlung an die Antragsteller, mit der Folge, dass – unstreitig – für 2016 und 2017 kein Jahresbudget verabschiedet worden ist. Die Antragsteller seien ferner nach Ende des JVA bereit, für die C4-Gruppe nachteilige Geschäfte einzugehen, wie sich der Behandlung einzelner Künstler ersehen lasse. Auch die Veröffentlichung einer Einladung zur Gesellschafterversammlung samt Tagesordnung und Beschlussvorschlägen gegenüber der Belegschaft sei ein gewichtiger Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht.
45Die Antragsteller könnten sich nicht auf die Anstellungsverträge und den dort in Ziffer 2.5 erforderlichen wichtigen Grund für den Widerruf der Bestellung berufen. Eine Anfechtbarkeit wegen Verstoßes gegen dienstvertragliche Vorschriften bestehe nicht. Dies betreffe auch allenfalls den Anstellungsvertragsvertrag der C3 GmbH, im Übrigen sei eine Bindung nicht gegeben. Ein Verstoß gegen schuldrechtliche Abreden würde auch nicht zur Rechtswidrigkeit des Abberufungsbeschlusses führen. Die Geschäftsführeranstellungsverträge seien ohnehin nur bis zum 31.12.2016 befristet gewesen. Soweit sich die Antragsteller wegen der Fortgeltung nach der einmaligen Verlängerung auf § 625 BGB beriefen, sei dies zweifelhaft. Die Antragsgegnerin weist ferner darauf hin, gemäß Ziffer 1.5 der Geschäftsführer-Anstellungsverträge seien die Antragsteller verpflichtet gewesen, auf Verlangen der C3 GmbH jederzeit als Geschäftsführer der S2 GmbH zurückzutreten.
46Die Änderung der Geschäftsordnung für den Gesellschafterausschuss benachteilige die Antragsgegnerin nicht. Diese trage lediglich den neuen Mehrheitsverhältnissen Rechnung. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz bestehe nicht. Die Stimmabgabe von Herrn S sei nicht erkauft und daher auch nicht fehlerhaft.
47Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Antragsgegnerin beigetreten. Sie trägt in Übereinstimmung mit der Antragsgegnerin vor.
48Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe:
50Der statthafte Widerspruch ist bis auf Ziffer 4 der einstweiligen Verfügung begründet.
511.
52Soweit die Stellung der Antragsteller als Geschäftsführer infrage steht, können sie sich nicht mit Erfolg auf einen Verfügungsanspruch berufen. Dies betrifft Ziffern 1 bis 3 der einstweiligen Verfügung. Bei der im einstweiligen Verfügungsverfahren anzustellenden summarischen Betrachtung dürften die Beschlussfassungen zu den Abberufungen und zu den Anweisungen auf Abberufung rechtlich nicht zu beanstanden sein. Daher können die Antragsteller auch nicht beanspruchen, bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren als Geschäftsführer behandelt zu werden. Folgerichtig hat auch der Antrag der Antragsteller auf Erweiterung der einstweiligen Verfügung keinen Erfolg.
53a.
54Die Abberufung der Antragsteller als Geschäftsführer der Gesellschaften der C4-Gruppe verstößt nicht gegen konzernrechtlichen Minderheitenschutz.
55aa.
56Soweit sich die Antragsteller gegen ihre Abberufung mit dem Argument wehren, es handele sich um eine konzernrechtliche Maßnahme zu ihren Ungunsten, ist ihnen zwar darin zuzustimmen, dass ihre Abberufung als Geschäftsführer offenbar Teil einer umfangreichen Vereinbarung zwischen der Streithelferin und dem Gesellschafter S ist, die dazu dient, dass die C5-Gruppe die Kontrolle über die C4-Gruppe übernehmen kann.
57Die Umsetzung dieser zwischen der Streithelferin und S vereinbarten Maßnahmen – Übertragung der Geschäftsanteile durch die Streithelferin und S auf die C5 Germany GmbH, die Verschmelzung der F auf die S2 GmbH, die Übertragung von Stimmrechten von der S-TV-Produktion auf S, die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zwischen der C3 GmbH und der S2 GmbH sowie das neue Master Agreement - unterliegt nach Auffassung der Kammer durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wie in dem Urteil vom heutigen Tag in der Sache 88 O 30/18 ausgeführt.
58bb.
59Die Abberufung der Antragsteller als Geschäftsführer verbunden mit der Bestellung eines Geschäftsführers aus dem Bereich der C5-Gruppe verstärkt, wie die Antragsteller ausführen, die Abhängigkeit der Minderheitsgesellschafter nach Kontrollübernahme. In Verbund mit den vorgenannten Maßnahmen, die Gegenstand des Parallelverfahrens sind, könnte die Abberufung als Geschäftsführer konzernrechtlich Bedenken unterliegen, da nach Maßgabe der Konzerneingangskontrolle (BGH, Urteil vom 16.2.1981 – II ZR 168/79 – Süßen) die Abberufung durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt sein müsste.
60cc.
61Da die Umsetzung der die Abhängigkeit begründenden Maßnahmen im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens einstweilen untersagt ist, wie die Kammer mit Urteil vom heutigen Tag bestätigt hat (88 O 30/18), die Beschlussfassung zu den Abberufungen aber auch isoliert wirksam ist, kann die Abberufung der Antragsteller anders als von diesen so gesehen nicht lediglich als Teil einer Gesamtmaßnahme zur Konzernbildung gewertet werden. Vielmehr ist sie wegen der von den weiteren Beschlussfassungen eigenständigen Beschlussfassung gesondert auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
62dd.
63Zwar machen die Antragsteller ergänzend geltend, es handele sich um eine „kombinierte Beherrschung“ in Verbindung mit der 50%-Beteiligung der Streithelferin. Mit Recht weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass nach der Argumentation der Antragsteller zur Übernahme der Kontrolle diese durch ihre bisherige Geschäftsführerposition ebenfalls einen bestimmenden Einfluss hatten. Wenn dies nunmehr zu Gunsten der Antragsgegnerin und dem Gesellschafter S geändert würde, ist das Ausfluss einer Mehrheitsentscheidung und für sich konzernrechtlich nicht zu beanstanden.
64Nichts anderes gilt für die Beschlüsse gemäß TOP 10-13, die die Abberufung als Geschäftsführer der Tochter- und Enkelgesellschaft betreffen. Wenn die Antragsteller hier einen Verstoß gegen das konzernrechtliche Schädigungsverbot annehmen, wird nicht deutlich, warum auf der nachgelagerten Ebene ein anderer Maßstab gelten soll als auf der Beteiligungsebene der Antragsgegnerin.
65Aus den vorgenannten Gründen kann dem Einwand, es liege ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vor, nicht gefolgt werden.
66b.
67Scheidet die Beschlussfassung als Teil einer umfassenderen Maßnahme zur Konzernbildung aus, ist zunächst davon auszugehen, dass eine entsprechende Beschlussfassung auch statthaft war und ist.
68aa.
69Im Ausgangspunkt sieht § 38 GmbHG die freie Widerruflichkeit der Bestellung der Geschäftsführer vor.
70Eine in § 38 Abs. 2 GmbH-Gesetz angesprochene Einschränkung der freien Widerruflichkeit aus wichtigem Grund durch gesellschaftsvertragliche Regelung liegt hier nicht vor.
71Allgemein ist auch nicht davon auszugehen, dass die Abberufung deshalb zu beanstanden ist, weil die Antragsteller Gesellschafter-Geschäftsführer sind. Dies ist nur der Fall, wenn die Geschäftsführerstellung als Sonderrecht, insbesondere in der Satzung, ausgestaltet ist (Baumbach/Zöllner/Noack, GmbH-Gesetz, § 38, Rn. 8, 51). Ansonsten gelten lediglich die allgemeinen Beschlussfassungsregeln. Die Abberufung der Antragsteller ist damit mit einfacher Mehrheit möglich.
72bb.
73Bedenken gegen die Abberufung der Antragsteller bestehen auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Treupflichtverletzung. Eine Einschränkung aus diesem Grund wird nur ausnahmsweise zugelassen, wenn der Geschäftsführer eine namhafte Beteiligung hat und die Mitgliedschaft den Charakter einer Unternehmer- Gesellschafterstellung einnimmt (BGH DStR 1994, 214; Baumbach/Zöllner/Noack, GmbH-Gesetz, § 38, Rn. 20; ablehnend: Münchener Komm.-GmbHG/Stephan/Tieves, § 38, Rdnr. 17). Soweit eine Einschränkung der Abrufbarkeit angenommen wird, wird dies allerdings auf Sonderfälle beschränkt, insbesondere wird die paritätische oder nahezu paritätische Zwei-Mann-Gesellschaft als Beispiel angeführt. In der von den Antragstellern angeführten Entscheidung OLG Zweibrücken (NJW-RR 2003, 1398) ging es um drei zu gleichen Teilen beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern. Dies widerspricht einer deutlichen Ausweitung auf jeden Gesellschaftergeschäftsführer. Im vorliegenden Fall sind die Antragsteller lediglich Minderheitsgesellschafter und auch bei Zusammenrechnung bei der Geschäftsanteile nur zu 25 % an der Antragsgegnerin beteiligt. Zwar ist nicht zu verkennen, dass u.a. die Antragsteller die Antragsgegnerin gegründet haben und sich als Gesellschafter und Geschäftsführer in die Antragsgegnerin eingebracht haben. Andererseits weist die Antragsgegnerin mit Recht darauf hin, dass die Antragsteller von vorneherein auf Grundlage bis Ende 2016 befristeter Anstellungsverträge als Geschäftsführer tätig geworden sind, daher eine zeitliche Beschränkung absehbar war. Hieran ändert die einmalige Verlängerung bis 31.3.2017 nichts. In einem solchen Fall kommt eine Einschränkung der Abrufbarkeit aus sachlichem oder wichtigem Grund nicht in Betracht. Soweit die Antragsteller auf eine Erläuterung von Noack verweisen (Anlage Ast 13), wonach in Anlehnung an § 50 GmbHG eine Gesellschafterbeteiligung von 10 % ausreichen soll, was hier gegeben wäre, überzeugt das nicht, da der Verweis auf – eher niedrig anzusetzende – Minderheitsrechte dem Ausnahmecharakter der Einschränkung der freien Abberufung des Geschäftsführers nicht gerecht wird. Soweit die Antragsteller auf den personalistischen Charakter verweisen, mag dies für die Ausgangsbeteiligung von je 25 % der Altgesellschafter gegolten haben, ist aber durch die Beteiligung der Streithelferin und die damit verbundene Halbierung der Anteile der Altgesellschafter in den Hintergrund getreten.
74cc.
75Ohne Erfolg berufen sich die die Antragsteller auf einschränkende Regelungen in ihren Anstellungsverträgen. Wie aus § 38 GmbHG ersichtlich, kann die Abberufung durch den Dienstvertrag nicht verhindert werden (Baumbach/Zöllner/Noack, § 38, Rn. 21; Scholz/Schneider/Schneider GmbHG, § 38, Rdnr. 55). Eine Einbeziehung dieser Regelungen in die Satzung ist nicht ersichtlich. Die Einschränkungen wirken sich daher nur auf der Ebene des Anstellungsvertrages aus.
76c.
77Die weitere Annahme, die Zustimmung von Herrn S sei unwirksam, weil sie in seinem Interesse erfolgt bzw. erkauft sei, überzeugt ebenfalls nicht. Allein die Tatsache, dass die Beteiligten weitergehende Pläne verfolgen, die durch die Auswechslung der Geschäftsführung begünstigt werden, begründet für sich noch keine fehlerhafte Stimmabgabe, die auch allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Treupflichtverletzung zu beanstanden wäre. Dies ist nicht anzunehmen. Die Stimmabgabe von S hat hier auch Bestand, wenn sich die in Aussicht gestellten Vorteile nicht realisieren.
78d.
79Nach den Ausführungen zu lit. a kommt erst recht die von den Antragstellern verfolgte Erweiterung der einstweiligen Verfügung nicht in Betracht.
802.
81Hingegen ist der Widerspruch unbegründet, soweit gemäß Ziffer 4 der Antragsgegnerin aufgegeben worden ist, die „Rules of Procedure for the Supervisory Board of C mbH“ in ihrer derzeit gültigen Fassung vom 25.08.2009 solange als weiter verbindlich zu erachten.
82Die Beschlussfassung zur Änderung der Geschäftsordnung für den Gesellschafterausschuss ist entsprechend § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG anfechtbar. § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG findet entsprechend auf die GmbH Anwendung (Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, Anh. nach § 47, Rdnr. 89 f.).
83Entsprechend § 243 AktG kann die Anfechtung darauf gestützt werden, dass ein Gesellschafter mit der Ausübung eines Stimmrechts für sich Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder anderer Gesellschafter verfolgt und der Beschluss geeignet ist, diesem Zweck zu dienen.
84Ungeachtet der auch hier angesprochenen Frage, ob die Änderung der Geschäftsordnung für den Gesellschafterausschuss als Teil der Konzernbildungsmaßnahme anfechtbar ist, ist auch die isolierte Beschlussfassung nach den vorstehenden Grundsätzen zu beanstanden.
85Durch die Einführung des Stichentscheidsrechts erhält die Streithelferin ein Übergewicht auf der Kontrolleben des Gesellschafterausschusses. Während die Streithelferin nach der bisherigen Regelung Entscheidungen des Gesellschafterausschusses nicht gegen die Stimmen der anderen Gesellschafter durchsetzen konnte, hat sie diese Möglichkeit nunmehr durch das Stichentscheidsrecht. Diese Änderung stellt eine erhebliche Verstärkung des Einflusses der Streithelferin auf die Antragsgegnerin dar.
86Diese Verstärkung geht notwendig zu Lasten der übrigen Gesellschafter, auch der Antragsteller, die eine von der Streithelferin bezweckte Entscheidungen nicht verhindern können. Zwar mussten die Antragsteller auch bislang damit rechnen, dass Entscheidungen gegen ihren Willen getroffen werden. Dafür bedurfte die Streithelferin aber stets der Mitwirkung eines anderen Gesellschafters. Diese Parität ist durch die Stichentscheidsregelung aufgehoben.
87Ob, wie die Antragsgegnerin meint, die Änderung deshalb berechtigt ist, weil sie den geänderten Beteiligungsverhältnissen durch die Anteilsübertragung auf die C5 Germany GmbH Rechnung trägt, kann dahinstehen. Wie in der heutigen Entscheidung in dem Verfahren 88 O 30/18 ausgeführt, unterliegt die Übertragung der Stimmrechtsmehrheit auf die C5 Germany GmbH durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Auf die dortigen, den Beteiligten bekannten, Ausführungen wird Bezug genommen.
88Daher kann auch hier dieser Gesichtspunkt die Änderung nicht tragen.
893.
90Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 101, 708 Nr. 6, 711 ZPO.
91Streitwert: 130.000 €
924.
93Neuer Sachvortrag der Beteiligten nach Schluss der mündlichen Verhandlung bleibt gemäß § 296a ZPO unberücksichtigt.