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Es wird festgestellt, dass die Kläger der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 13.05.2008, Konto-Nummer #####/####, zum Widerrufszeitpunkt vom 19.03.2015 nicht mehr als 200.000,00 € schulden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 2/3, die Beklagte zu 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
2Die Parteien schlossen am 13.05.2008 einen tilgungsfreien Immobiliardarlehensvertrag.
3Die Tilgung des Darlehensnennbetrages in Höhe von 200.000,00 € sollte am 30.05.2038 erfolgen. Die Verzinsung des Darlehens betrug 5,15 % p.a. nominal. Ausweislich Ziffer 1.4 des Darlehensvertrages i.V.m. einer Anlage hierzu war die Zahlung einmaliger Taxkosten in Höhe von 717,00 € durch die Kläger vereinbart, welche die Beklagte am 28.07.2008 vom Klägerkonto einzog.
4Der Darlehensvertrag enthielt eine Widerrufsbelehrung, in der es unter anderem heißt:
5„Widerrufsrecht
6Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen² ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung (…)“.
7Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf dessen zur Akte gereichte Ablichtung (Anlage K 1) Bezug genommen.
8Ab September 2008 zahlten die Kläger die monatlichen Darlehensraten in Höhe von 858,33 € und sparten bis zum 01.03.2016 Tilgungsanteile in Form zweier Bausparverträge an, namentlich in Höhe von 15.833,65 €.
9Im Juni 2014 setzte sich die Klägerin telefonisch mit dem zuständigen Kundenberater der Beklagten D in Verbindung und wies darauf hin, dass die Widerrufsbelehrung ihrer Ansicht nach fehlerhaft sei und das Darlehen daher noch widerrufen werden könne. Sie fragte in diesem Zusammenhang nach einer kulanzweisen Regelung, welche die Beklagte aber ablehnte.
10Mit Schreiben vom 19.03.2015 (Anlage K 2) widerriefen die Klägerin das streitgegenständliche Darlehen.
11Die Kläger sind der Auffassung, sie seien noch immer zum Widerruf des Darlehensvertrages vom 13.05.2008 berechtigt. Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft, weil die Verwendung des Begriffs „frühestens“ den Darlehensnehmer über den Beginn der Widerrufsfrist im Unklaren lasse. Die Belehrung weiche deutlich von der Musterwiderrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. ab, so dass sich die Beklagte nicht auf deren Vertrauensschutz berufen könne. Auf das Rechtsinstitut der Verwirkung könne sie sich ebenfalls nicht berufen. Die Kläger sind ferner der Auffassung, die Beklagte habe Nutzungsersatz in Höhe von mindestens 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die geleisteten Darlehensraten zu zahlen; sie beschränkten sich insoweit auf einen Zinssatz in Höhe von 5 % p.a. bis zum Widerrufszeitpunkt. Die Vereinbarung des Taxentgelts sei rechtsunwirksam, weil nicht erkennbar werde, für was die Beklagte diese Kosten genau einbehalte, so dass ein Verstoß gegen § 305 c BGB vorliege. Dass die Zahlung der Taxkosten individualvertraglich vereinbart wurde, bestreiten die Kläger.
12Die Kläger erklären die Aufrechnung gegen die zum 19.03.2015 offene Restvaluta des streitgegenständlichen Darlehens mit einer Forderung in Höhe von 72.958,05 €. Dies entspreche dem Zinsbetrag, den die Kläger an die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt gezahlt hätten. Der Nutzungsersatzanspruch der Beklagten entspreche der Höhe nach genau der Zahlung der Kläger, so dass es bei einer Forderung der Beklagten zum Widerrufszeitpunkt in Höhe von 200.000,00 € verbleibe. Da mit dem Widerruf ex nunc der Verzinsungsanspruch der Beklagten entfalle, die Kläger aber ab dem 01.05.2015 bis zum Zeitpunkt der Schriftsatzerstellung weiter die Darlehensraten gezahlt hätten, sei eine Tilgung des Darlehens in Höhe von 9.411,63 € erfolgt. Auch mit diesem Betrag erklären die Kläger die Aufrechnung gegen die Ansprüche der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehenssumme.
13Die Kläger beantragen,
141.
15festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 13.05.2008, Konto-Nummer #####/####, Nennwert des Darlehens 200.000,00 €, durch Widerrufserklärung der Kläger vom 19.03.2015 wirksam widerrufen und sich mit der Erklärung des Widerrufs in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis verwandelt haben;
162.
17festzustellen, dass die Kläger der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 13.05.2008, Konto-Nummer #####/#### zum Widerrufszeitpunkt 19.03.2015 nicht mehr als 200.000,00 € schulden und die Beklagte sich mit der Entgegennahme dieses Betrages in Annahmeverzug befindet;
183.
19die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der für den Darlehensvertrag vom 13.05.2008, Konto-Nummer #####/#### bestellten Sicherheit, Grundschuld 200.000,00 € - ohne Brief - Abteilung III, Nr. 2, Grundbuch von Köln Blatt ######, Bezug: Bewilligung vom 07.04.2008 (UR-Nr. 832/2008, Notar B, Köln), eingetragen am 16.04.2008, zu erteilen und die dafür notwendigen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt abzugeben;
204.
21die Beklagte zu verurteilen, die Abtretung der C-Bausparverträge Nr. ####### über 80.000,00 €, Bausparer T, und Nr. #######1 über 120.000,00 €, Bausparerin M, gegenüber der C- Bausparkasse, I-Allee, ##### N, für erledigt zu erklären;
225.
23die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Nutzungsersatz von 8.227,35 € nebst Zinsen auf diesen Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21.04.2015 zu zahlen;
246.
25die Beklagte zu verurteilen, an sie 717,00 € nebst Zinsen auf diesen Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 28.07.2008 zu zahlen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Sie ist der Auffassung, die Kläger seien am 19.03.2015 nicht mehr zum Widerruf des Darlehens berechtigt gewesen, weil die Widerrufsfrist abgelaufen sei. Zum einen könne sich die Beklagte auf die Schutzwirkung der Musterwiderrufsbelehrung berufen, weil sie deren Mustertext nicht einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen habe. Zum anderen seien die Kläger im Rahmen der Vertragsunterzeichnung am 19.05.2008 vom Kreditberater der Beklagten O mündlich auf ihr Widerrufsrecht und den Beginn der zweiwöchigen Frist hingewiesen worden. Die Beklagte behauptet, die Kläger hätten auch tatsächlich keiner Fehlvorstellung über das Widerrufsrecht unterlegen. Jedenfalls aber sei die Ausübung des Widerrufsrechts verwirkt bzw. seine Ausübung rechtsmissbräuchlich. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin bereits 9 Monate vor Erklärung des Widerrufs telefonisch mit der Beklagten über das Widerrufsrecht korrespondiert habe, habe die Beklagte im März 2015 nicht mehr mit der Ausübung desselben rechnen müssen. Die Beklagte meint ferner, sie sei nicht in Annahmeverzug mit der Entgegennahme eines Betrages in Höhe von 200.000,00 €, weil die Kläger kein tatsächliches Angebot der geschuldeten Leistung unterbreitet hätten. Eine Freigabe der seinerzeit gestellten Sicherheiten sei bereits deshalb nicht geschuldet, weil die Kläger bei der Beklagten ein Girokonto unterhielten, welches einen Negativsaldo aufweise. Im Übrigen sei die Freigabe erst nach Eingang des geschuldeten Darlehensbetrages bzw. der Ansprüche der Beklagten aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis geschuldet. Ein Anspruch der Kläger auf Nutzungsersatz bestehe nicht. Die in Streit stehenden Taxkosten seien wirksam vereinbart worden, ein etwaiger Anspruch auf Rückzahlung sei verjährt.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage ist – soweit zulässig – im tenorierten Umfang begründet.
32I.
33Der Klageantrag zu 1.) ist unzulässig. Dies ergibt sich – unabhängig von der Frage, ob der Darlehensnehmer seine im Rahmen des Rückabwicklungsschuldverhältnisses geltend gemachten Ansprüche stets konkret beziffern kann und dies auch zu tun hat (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12.01.2016, Aktenzeichen XI ZR 366/15) – bereits daraus, dass die Kläger in den Klageanträgen zu 2.) bis 5.) die Folgen des Widerrufs konkret bezeichnen, indem sie zum einen die Feststellung begehren, der Beklagten nicht mehr als 200.000,00 € zu schulden und zum anderen die Zahlung von Nutzungsersatz in Höhe von 8.227,35 € verlangen. Inwieweit für den Klageantrag zu 1.) vor diesem Hintergrund ein Feststellungsinteresse besteht, ist nicht ersichtlich.
34II.
35Die Klage ist zum Teil begründet.
361.
37Die Kläger können die Feststellung verlangen, der Beklagten aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag zum Widerrufszeitpunkt nicht mehr als 200.000,00 € zu schulden.
38a)
39Die Kläger haben den Darlehensvertrag vom 13.05.2008 mit Schreiben vom 19.03.2015 wirksam widerrufen.
40aa)
41Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung war fehlerhaft, ohne dass diese sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses gültigen Fassung berufen kann.
42aaa)
43Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung ist fehlerhaft. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Darlehensnehmer nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginnen kann, der Beginn des Fristlaufs also ggf. noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - weiteren Umstände dies sind (BGH, Urt. v. 9. Dezember 2009, VIII ZR 219/08, Tz. 14 ff.; BGH Urt. v. 28. Juni 2011, XI ZR 349/10, Tz. 34). Die Beklagte kann nicht einwenden, dass die Kläger mündlich unter Anwesenden über sein Widerrufsrecht unterrichtet worden seien, weil der Fristbeginn den Erhalt der Belehrung in Textform voraussetzt. Entsprechendes gilt für die Behauptung, die Kläger hätten spätestens seit Vertragsschluss und Aushändigung der Vertragsunterlagen gewusst, dass sie den Darlehensvertrag binnen zwei Wochen widerrufen konnten und dafür nicht jahrelang Zeit hatten, zumal dieser Vortrag ersichtlich ins Blaue hinein erfolgt.
44bbb)
45Die Belehrung genügt auch nicht gem. § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF den gesetzlichen Anforderungen. Die Beklagte kann sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn die Musterbelehrung von dem Verwender in inhaltlicher und gestalterischer Hinsicht vollständig übernommen wird (BGH, Urt. v. 18. März 2014, II ZR 109/13, Tz. 18). Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Belehrung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht. Die Beklagte hat jedenfalls eine gestalterische Änderung der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung vorgenommen. Die Darstellung des verbundenen Geschäfts im zweiten Satz des Absatzes „Finanzierte Geschäfte“ weicht insoweit von der Musterbelehrung ab, als die Beklagte den dortigen Satz 2 nicht mit dem bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts vorgesehenen Satz ersetzt, sondern diesen Satz ergänzend in die Widerrufsbelehrung aufgenommen hat. Dabei steht der Annahme einer die Schutzwirkung entfallen lassenden Bearbeitung nicht entgegen, dass es sich bei den eingefügten Informationen um ein „unschädliches und zutreffendes Mehr“ handelt. Greift der Unternehmer in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst ein, kann er sich nicht mehr auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung berufen. Dies gilt unabhängig vom konkreten Umfang der vorgenommenen Änderungen. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass zum Nachteil des Verbrauchers von der Musterbelehrung abgewichen wird (vgl. OLG Köln, Urt. v. 23. Januar 2013, 13 U 218/11).
46b)
47Das hiernach bestehende Widerrufsrecht der Kläger ist nicht verwirkt.
48aa)
49Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre (Zeitmoment), der Gegner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Umstandsmoment), und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt. Die erforderliche Zeitdauer, die seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts verstrichen sein muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Auflage 2015, § 242 Rn 93 m. w. N.). Zu berücksichtigen sind vor allem die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des von dem Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestandes und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten. Ein Verhalten des Berechtigten, das einem konkludenten Verzicht nahekommt, mindert die erforderliche Zeitdauer. Die Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten wird wesentlich bestimmt durch den Umfang seiner Vertrauenssituation und seinen Informationsstand (ständige Rspr., so auch OLG Köln, Urteil vom 25.01.2012, Aktenzeichen 13 U 30/11).
50bb)
51Vorliegend fehlt es jedenfalls am erforderlichen Umstandsmoment. Es ist nicht ersichtlich, welches Vertrauen die Kläger auf Seiten der Beklagten geschaffen haben sollen, aufgrund dessen diese hätte davon ausgehen müssen, ein Widerruf des Darlehensvertrages werde nicht mehr erfolgen. Alleine die jahrelange Zahlung der geschuldeten Zinsleistungen vermag einen solchen Vertrauenstatbestand nicht zu schaffen. Die Kläger haben auch nicht etwa vor Erklärung des Widerrufs das Darlehen vorbehaltlos zurückgeführt. Schließlich konnte auch das im Juni 2014 von der Klägerin mit dem Mitarbeiter der Beklagten D geführte Telefonat einen erheblichen Vertrauenstatbestand auf Seiten der Beklagten nicht schaffen, zumal bereits nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin berechtigt war, insoweit Erklärungen für den Kläger abzugeben. Die bloße Wiedergabe der Rechtsauffassung, das Darlehen könne noch widerrufen werden, und ein anschließendes Zuwarten bis zur Widerrufserklärung von 9 Monaten vermag ein solches Vertrauen auf Seiten der darlehensgebenden Bank nicht zu begründen; vielmehr hat die Klägerin zu erkennen gegeben, dass die Beklagte in Zukunft mit einem Widerruf rechnen müsse.
52c)
53Nach wirksamer Erklärung des Widerrufs kann die Beklagte aus dem entstandenen Rückabwicklungsschuldverhältnis nicht mehr als 200.000,00 € von den Klägern verlangen, jedenfalls nicht per 19.03.2015; bezogen auf dieses Datum begehren die Kläger die tenorierte Feststellung.
54aa)
55Zu diesem Zeitpunkt betrug die Darlehensvaluta unstreitig 200.000,00 €, Tilgungsleistungen haben die Kläger bis dahin vereinbarungsgemäß nicht erbracht. Die Kammer geht davon aus, dass die Kläger – wie in der Klageschrift vorgetragen – bis zur Erklärung des Widerrufs 66 Darlehensraten in Höhe von jeweils 858,33 € gezahlt haben. Soweit sie im Schriftsatz vom 07.03.2016 behaupten, sie hätten Darlehensraten seit April 2008 (und damit 72) gezahlt, ist dies bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Darlehensvertrag erst im Mai 2008 geschlossen wurde. Da aber die Beklagtenseite nicht vorgetragen hat, dass die Darlehenssumme vor der Zahlung der ersten Darlehensrate ausgezahlt wurde und die Kläger somit bereits zu einem früheren Zeitpunkt als dem 01.09.2008 die Darlehenssumme nutzen konnten, stehen der Beklagten jedenfalls keine höheren Anspruch auf Nutzungsersatz in Form der vertraglichen Zinsen zu als die Kläger Darlehensraten gezahlt haben. Nach der klägerseits erklärten Aufrechnung verbleibt es somit bei einem Rückzahlungsanspruch der Beklagten in Höhe von 200.000,00 €.
56bb)
57Soweit die Kläger darüber hinaus die Aufrechnung mit im Zeitraum vom 01.05.2015 bis 01.03.2016 geleisteten Ratenzahlungen erklären und meinen, nach Widerruf des Darlehens sei die Restforderung aus diesem in Höhe von 9.441,63 € teilweise getilgt, kommt es hierauf im vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Denn zum einen haben die Kläger die Feststellung der Zahlungspflicht per 19.03.2015 begehrt, so dass hinsichtlich des entsprechenden Urteilsspruchs spätere Zahlungen unbeachtlich sind. Zum anderen haben sie die negative Leistungsklage auf die Feststellung beschränkt, der Beklagten nicht mehr als 200.000,00 € zu schulden. Es ginge – entgegen der in § 308 ZPO statuierten Bindung an die Parteianträge – über das Klagebegehren hinaus, im Urteil festzustellen, die Kläger schuldeten der Beklagten nur noch 190.558,37 €.
58d)
59Im Rahmen des Klageantrages zu 2.) können die Kläger – obschon der erklärte Widerruf wirksam ist – nicht die Feststellung verlangen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme von 200.000,00 € in Annahmeverzug befindet. Die Voraussetzungen der §§ 293 ff. BGB liegen nicht vor.
60aa)
61Unstreitig haben die Kläger den von Ihnen im Rahmen der Rückabwicklung zu leistenden Betrag nicht tatsächlich angeboten (§ 294 BGB). Das tatsächliche Angebot ist der Beginn der vom Schuldner geschuldeten Leistung. Es muss so vorgenommen werden, dass der Gläubiger nichts weiter zu tun braucht, als zuzugreifen und die Leistung anzunehmen. Seiner Rechtsnatur nach ist das tatsächliche Angebot ein in der Leistungshandlung enthaltener Realakt. Bloße Leistungsbereitschaft ohne tatsächliches Leistungsangebot reicht nicht aus. So genügt es nicht, wenn der Schuldner einer Geldschuld das Geld bei der Bank bereithält (vgl. zu alledem Beck´scher Onlinekommentar BGB/Bamberger/Roth/Unberath, 38. Edition, § 294 Rn 2). Dass die Kläger den Betrag in Höhe von 200.000,00 € dem Darlehenskonto gutgebracht haben, ist von ihnen nicht vorgetragen.
62bb)
63Auch die Voraussetzungen des § 295 BGB liegen nicht vor. Dass die Beklagte die Annahme von 200.000,00 € verweigert hat (§ 295 Satz 1 Alt. 1 BGB), ist weder ersichtlich noch vorgetragen, eine Annahmeverweigerung ist nicht in den Klageabweisungsanträgen der Beklagten zu sehen (OLG Köln, Beschluss vom 09.12.2015, Aktenzeichen 13 U 127/15). In der Replik haben die Kläger ausgeführt, die Leistung werde erst erfolgen, wenn die Beklagte ihr Widerrufsrecht bestätigt (Seite 13 der Replik). Einer Mitwirkung dieses Inhalts zur Bewirkung der geschuldeten Leistung bedarf es aber nicht, da es sich bei dem Widerruf um ein Gestaltungsrecht handelt (vgl. OLG Köln a.a.O.), so dass auch § 295 Satz 1 Alt. 2 BGB nicht einschlägig ist. Da die Kläger in der Widerrufserklärung das wörtliche Angebot des Ablösebetrages unter den Vorbehalt der rechnerischen Richtigkeit gestellt haben, ist die geschuldete Leistung im Übrigen auch nicht ausreichend angeboten worden.
642.
65Die Klageanträge zu 3.) und 4.) haben trotz des bestehenden Widerrufsrechts der Kläger keinen Erfolg, weil die Ansprüche der Beklagten aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis von der getroffenen Sicherungsabrede umfasst und daher die Sicherheiten erst nach Erfüllung dieser Ansprüche freizugeben sind (OLG Köln, a.a.O.). Daher könnten die Kläger derzeit die Freigabe nur verlangen, wenn sich die Beklagte im Annahmeverzug befände (OLG Köln, a.a.O.), was – wie dargestellt – nicht der Fall ist.
663.
67Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zahlung von Nutzungsersatz in Höhe von 8.227,35 €.
68a)
69Die Beklagte ist gemäß § 346 Abs. 1 BGB verpflichtet, Nutzungsersatz auf die geleisteten Zinsleistungen zu erbringen. Dabei schuldet sie Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Zwar besteht nach der ständigen Rechtsprechung des BGH bei Zahlungen an eine Bank grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung, dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vgl. BGH Urt. v. 10.03.2009 , XI ZR 33/08, zit. nach juris, Tz. 29; OLG Köln Urt. v. 23.01.2013, 13 U 69/12, zit. nach juris, Tz. 46). Diese Vermutung gilt jedoch jedenfalls dann nicht uneingeschränkt, wenn es sich um einen grundpfandrechtlich abgesicherten Kredit handelt (vgl. BGH Urt. v. 18.02.1992, XI ZR 134/91 zit. nach juris Tz. 14; BGH Urt. v. 19.09.2006, XI ZR 242/05, zit. nach juris, Tz. 14). Grundpfandkredite sind, werden sie zu den üblichen Konditionen abgeschlossen, regelmäßig niedriger zu verzinsen als Verbraucherkredite (vgl. BGH Urt. v. 18. Februar 1992, XI ZR 134, 91, aaO). Zudem sind die Entscheidungen des BGH zur vermuteten Höhe des Nutzungsersatzes in einer Hochzinsphase ergangen und aufgrund des derzeitigen Zinsniveaus nicht mehr einschlägig. Das allgemeine Zinsniveau ist aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2008/09 deutlich gesunken. Dies kommt auch in § 503 Abs. 2 BGB zum Ausdruck, der in Abweichung vom allgemeinen Verzugszinssatz bei Immobiliarkrediten einen Zinssatz von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vorsieht. Dieser Zinssatz ist auch im Rahmen der Rückabwicklung des Darlehensvertrages zu Grunde zu legen. Dass die tatsächlich von ihr gezogenen Nutzungen noch darunter lagen, hat die Beklagte nicht vorgetragen; substantiierten Vortrag, dass die gezogenen Nutzungen darüber lagen, haben aber auch die Kläger nicht geleistet.
70b)
71Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2016 die Kläger darauf hingewiesen, dass sie den Nutzungsersatz auf Basis der unter lit. a) dargestellten Grundsätze berechne. Gleichwohl haben sie eine Neuberechnung der Nutzungsersatzforderung nicht vorgenommen, so dass die Klage insoweit unschlüssig ist.
724.
73Schließlich können die Kläger auch nicht den Ersatz der von der Beklagten vereinnahmten Taxkosten in Höhe von 717,00 € verlangen. Dem substantiierten Beklagtenvortrag, diese seien individuell ausgehandelt worden, sind die Kläger nicht erheblich entgegen getreten. Denn für diese Behauptung sprechen gewichtige Indizien. Insbesondere wurden sie nicht in den allgemeinen Teil des Vertragsvordrucks aufgenommen, sondern in den besonderen Vereinbarungen gemäß Anlage zum Darlehensvertrag. Ferner bezogen sie sich auf das konkret zu begutachtende Objekt und wurden nicht in einem Prozentsatz der Darlehenssumme angegeben, sondern in einem konkreten Wert; dem Beklagtenvortrag, die Höhe der Kosten entsprechende dem tatsächlichen Umfang der Begutachtung, sind die Kläger auch nicht erheblich entgegen getreten.
74III.
75Die Kostenentscheidung folgt den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 709 Satz 1 und 2 ZPO. Die Kammer berücksichtigt dabei, dass die Kläger zwei Hauptbegehren verfolgen, nämlich zum einen die Feststellung des Bestehens eines Rückabwicklungsschuldverhältnisses, aus dem der Beklagten keine höheren Ansprüche zustehen als die Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta, zum anderen die Freigabe der Sicherheiten. Mit erstgenanntem Klagebegehren haben die Kläger Erfolg. Streitwert für dieses Klagebegehren wäre – isoliert betrachtet – bis 95.000,00 €, wobei nicht ersichtlich ist, dass – wie die Kläger meinen – mit den Guthaben aus den Bausparverträgen bislang Tilgungen erbracht wurden. Streitwert für die Klageanträge zu 3.) und 4.) wäre – ebenfalls isoliert betrachtet – 200.000,00 €, da die Kläger die unbedingte Zustimmung zur Löschung bzw. Freigabe von Sicherheiten, die eine Forderung in dieser Höhe sichern, verlangen (vgl. hierzu Zöller/Herget, 31. Auflage 2016, § 3 Rn 16 „Löschung“). Unter Berücksichtigung des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens ist eine Quote von 2/3 (Kläger) zu 1/3 (Beklagte) zu bilden. Die von den Klägern geltend gemachte Nutzungsentschädigung in Höhe von 8.227,35 € findet bei der Streitwertberechnung und damit bei der Bildung der Kostenquote als Nebenforderung keine Berücksichtigung (BGH, Beschluss vom 12.01.2016, Aktenzeichen XI ZR 366/15).
76IV.
77Der Streitwert beträgt 200.717,00 €.