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Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Forderung der Rechtsanwälte Dr. K und Partner gemäß der als Anl. 1 zur Klageschrift beigefügten Rechnung in Höhe von 958,19 € freizustellen.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger bedingungsgemäß Deckungsschutz zur Verfügung zu stellen für seine Klage gegenüber der X1 AG gemäß dem als Anl. 2 zur Klageschrift beigefügten Klageentwurf mit der Maßgabe, die dort benannte Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.900 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen, Zug um Zug gegen Rücknahme des Fahrzeugs X Fahrgestellnummer ###.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 86% und der Kläger zu 14%.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Beide Seiten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Seite Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger ist über seine Ehefrau bei der Beklagten rechtsschutzversichert. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2008 M) der Beklagten zu Grunde.
3Der Kläger begehrt Deckungsschutz für vorgerichtliche Anwaltskosten und eine beabsichtigte Klage gegen die X AG wegen des so genannten „X-Skandals“.
4Der Kläger kaufte bei der Firma G im Jahre 2011 einen gebrauchten X mit Dieselmotor des Typs EA 189 zum Preis von 17.500 €. Das Fahrzeug ist vom sog. „X-Skandal“ betroffen: Der im Fahrzeug des Klägers eingebaute Dieselmotor verfügt über eine Software, die Stickoxidwerte im Prüfstand optimiert. Der Stickstoffausstoß im Normalbetrieb ist daher höher, als es bei der Prüfung angezeigt wird. Der Verkäufer des Fahrzeuges verwies den Kläger darauf, dass etwaige Gewährleistungsansprüche verjährt seien. Der Kläger beauftragte daraufhin seine Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber der X1 AG. Mit Schreiben vom 07.10.2015 forderten die Prozessbevollmächtigten die X1 AG auf, einen Termin zu benennen, zu dem der Kläger das Fahrzeug zurückgeben könne, Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises. Die Beklagte lehnte unter dem 16.10.2015 Deckungsschutz für die Angelegenheit ab. Sie stellte darauf ab, dass der Hersteller voraussichtlich Abhilfe anbieten werde und eine Inanspruchnahme daher derzeit nicht notwendig sei, sowie darauf, dass keine hinreichenden Erfolgsaussichten für eine Anfechtung des Vertrages bestünden. Sie wies den Kläger in diesem Schreiben darauf hin, dass er die Einleitung eines Schiedsgutachterverfahrens verlangen oder den für ihn tätigen Rechtsanwalt veranlassen könne, gegenüber der Beklagten eine begründete Stellungnahme abzugeben, warum die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers antwortete unter dem 20.11.2015 und führte aus, warum er das Vorgehen für aussichtsreich halte. Die Beklagte behielt ihren Standpunkt mit Schreiben vom 10.12.2015 bei, in dem sie auch für einen etwaigen Anspruch aus § 826 BGB die hinreichenden Erfolgsaussichten verneinte und nochmals auf die Möglichkeit eines Schiedsgutachterverfahrens verwies.
5Der Kläger ist der Ansicht, für den von ihm verfolgten Anspruch gegenüber der X1 AG bestehe hinreichende Erfolgsaussicht. Die Voraussetzungen des § 826 BGB seien erfüllt. Hierzu behauptet er, dass Mitarbeiter der X AG mit Wissen und Wollen darüber getäuscht hätten, wie hoch der Schadstoffausstoß der betroffenen Fahrzeuge sei. Dadurch sei der Wert seines Fahrzeugs erheblich gemindert. Die Höhe des etwaigen Wertverlustes müsse gegebenenfalls durch Sachverständigengutachten ermittelt werden, dürfe aber von der Beklagten bei der Frage des Deckungsschutzes nicht von vornherein bestritten werden. Ferner sei nicht auszuschließen, dass den Besitzern derartiger Fahrzeuge die Betriebserlaubnis entzogen werde.
6Ursprünglich forderte der Kläger mit dem Antrag zu 2) Deckungsschutz für eine Klage gegen die X AG, mit der er diese auf Zahlung von 17.500 € in Anspruch nehmen wollte. Mit Schriftsatz vom 29.03.2016 hat er erklärt, die X AG solle in der beabsichtigten Klage nur in Höhe von 12.900,00 € in Anspruch genommen werden.
7Er beantragt nunmehr,
8die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Forderung der Rechtsanwälte Dr. K und Partner gemäß der als Anl. 1 beigefügten Rechnung durch Zahlung i.H.v. 1100,51 € freizustellen,
9die Beklagte zu verurteilen, Deckungsschutz für seine Klage gegenüber der X1 AG gemäß dem als Anl. 2 beigefügten Klageentwurf mit der Maßgabe zur Verfügung zu stellen, die dort benannte Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.900 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen, Zug um Zug gegen Rücknahme des Fahrzeugs X Fahrgestellnummer ###.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte beruft sich – wie bereits vorgerichtlich – darauf, dass die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Der Kläger habe die Voraussetzungen des § 826 BGB weder schlüssig dargelegt, noch habe er für seine Behauptungen Beweis angetreten. Es liege weder ein Vermögensschaden vor, noch könne bewiesen werden, dass Mitarbeiter der X1 AG auch mit der nach § 826 erforderlichen Schädigungsabsicht gehandelt hätten.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.5.2016 sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage ist zulässig und begründet.
16Im Schriftsatz des Klägers vom 29.03.2016 ist eine teilweise Klagerücknahme zu sehen.
17Es spricht bereits einiges dafür, dass die Beklagte durch die Stellungnahme des Rechtsanwalts vom 20.11.2015 bereits im Sinne eines Stichentscheids gebunden sein könnte. § 18 Abs. 2 ARB 2008 sieht vor, dass der Versicherungsnehmer (auch) den für ihn bereits tätigen Anwalt beauftragen kann, eine begründete Stellungnahme abzugeben, warum die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Diese Stellungnahme, der sog. Stichentscheid, ist für den Versicherer und den Versicherungsnehmer bindend, es sei denn, die Entscheidung weicht offenbar von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage erheblich ab, § 18 Abs. 4 ARB 2008. Auf diese Möglichkeit hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 16.10.2015 auch hingewiesen. Das darauf folgende anwaltliche Schreiben vom 20.11.2015 könnte als solcher Stichentscheid einzuordnen sein. Voraussetzung hierfür ist, dass der Anwalt darlegt, dass die Rechtsverfolgung des Versicherungsnehmers – entgegen der Auffassung der Versicherung - aussichtsreich ist und aus dem Schreiben deutlich erkennbar wird, dass er dies mit bindender Wirkung tun möchte (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 1997, 26). Das Schreiben vom 20.11.2015 ist zwar nicht als „Stellungnahme“/ „Stichentscheid“ o.ä. bezeichnet, enthält in der Sache aber genau dies: Der Anwalt begründet, warum er anderer Auffassung ist als die Versicherung und warum das Vorgehen gegen die X AG hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Dazu bezieht er sich unter anderem auf ein Gutachten des Deutschen Bundestages. Dass er keinen Entwurf der Klageschrift vorlegt, ist unschädlich, denn das Gutachten verhält sich ausführlich zu § 826 BGB (s.u.). Der Klägervertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom 25.5.2016 zudem klargestellt, dass er in seinem Schreiben vom 20.11.2015 habe Bezug nehmen wollen auf das Schreiben der Beklagten vom 16.10.2015 und der „16.11.2015“ ein Tippfehler sei. Aus dem anwaltlichen Schreiben geht allerdings nicht ausdrücklich hervor, dass der Anwalt diesem eine bindende Wirkung im Sinne eines Stichentscheids beimisst. Ob dies zu einer abweichenden Wertung führt, kann hier letztlich dahinstehen.
18Denn die beabsichtigte Klage des Klägers gegen die X1 AG hat jedenfalls hinreichende Aussicht auf Erfolg. Gem. § 1 ARB 2008 erbringt der Versicherer „die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang (Rechtsschutz)“ (Hervorhebung hinzugefügt). Erforderlich sind die Leistungen nur, wenn sie sich auf eine objektiv notwendige Interessenwahrnehmung beziehen (BGH VersR 2005, 936, Rn. 9, zitiert nach juris). Darunter fällt auch, dass die Interessenwahrnehmung hinreichende Aussicht auf Erfolg haben muss.
19Nach inzwischen st. Rspr. des BGH (VersR 1987, 1186; 2003, 454, 455) bemisst sich die Aussicht auf Erfolg nach den zu § 114 ZPO entwickelten Grundsätzen, d.h. analog zur Prüfung, ob Prozesskostenhilfe zu gewähren ist (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster ARB 2010 § 1 Rn. 8, beck-online). Der Standpunkt des Versicherungsnehmers muss nach den von ihm aufgestellten Behauptungen und den ihm bekannten Einwendungen des Gegners zumindest vertretbar sein (Armbrüster a.a.O., Rn. 9). Es muss nicht nur eine entfernte Erfolgsmöglichkeit bestehen, sondern eine - wenn nicht überwiegende so doch zumindest gleich große - Wahrscheinlichkeit für einen positiven Ausgang des Rechtsstreits zugunsten des Versicherungsnehmers (OLG Köln, VersR 1989, 359, zitiert nach juris). Es muss zudem als möglich erscheinen, dass der Versicherungsnehmer den Beweis der von ihm zu beweisenden Tatsachen mit Hilfe zulässiger und geeigneter Beweismittel zu führen vermag (Armbrüster a.a.O. Rn. 10).
20Es besteht hier eine zumindest gleich große Wahrscheinlichkeit für einen positiven Ausgang des Vorgehens des Klägers gegen die X AG aus § 826 BGB wie für einen negativen Ausgang.
21Der Anspruch aus § 826 BGB setzt voraus, dass die X AG dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt hat, indem sie wissentlich manipulierte Software in ihre Fahrzeuge einbaute und diese in den Verkehr brachte.
22Ein Schaden im Sinne von § 826 BGB bedeutet jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses oder Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung, gleichgültig ob vermögensrechtlicher oder nicht vermögensrechtlicher Art (Palandt/Sprau, 75. Aufl. 2016, § 826 Rn. 3). Es besteht jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass X-Fahrzeuge mit der manipulierten Software an Marktwert einbüßen und nur zu (ggf. wesentlich) geringeren Preisen verkäuflich sind als vergleichbare X-Fahrzeuge, die nicht betroffen sind. Der Kläger hat dies auf Seite 5 der beabsichtigen Klageschrift schlüssig vorgetragen und unter Beweis gestellt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Ferner hat er dort vorgetragen, dass der Verkäufer den Wagen nicht in Zahlung nehmen wollte, mit der Begründung, solche Fahrzeuge seien auf dem Gebrauchtwagenmarkt zurzeit nicht weiterzuveräußern. Die ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit eines Schadens ist daher zu bejahen.
23Die X AG müsste dem Kläger den Schaden in einer „gegen die guten Sitten verstoßenden Weise“ zugefügt haben. Darunter versteht man eine Handlung, die nach Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (Palandt/Sprau, a.a.O. Rn. 4). Das setzt eine besondere „Verwerflichkeit des Verhaltens“ voraus, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann (ebda.). Nach dem Vortrag des Klägers im Klageentwurf hat die X AG „mit Wissen, Wollen und Kenntnis der Geschäftsleitung manipulierende Software eingesetzt“. Sie habe über den Schadstoffausstoß der Fahrzeuge getäuscht und damit ihr Gewinnstreben über den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gestellt. Dass ein Gericht im Hauptsacheverfahren diese Täuschung – wenn sie denn vorlag – als „gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßend“ einordnet, ist jedenfalls nicht weniger wahrscheinlich, als dass es sie nicht so einordnet.
24Zur Darlegungs- und Beweislast gilt Folgendes: Es ist der Beklagten zuzugestehen, dass der Kläger nicht konkret vorträgt, wer im Konzern wann welche Kenntnis hatte. Das ergibt sich auch nicht aus der von ihm zitierten Presseerklärung von V vom 20.9.2015, die auf der Homepage der X AG abrufbar ist. Dort wird nur eingeräumt, dass Manipulationen „festgestellt“ wurden. Allerdings dürfte dem Käufer eines derartigen Fahrzeugs auch nicht abverlangt werden, dass er Tatsachen vorträgt, die alleine im Organisations- und Kenntnisbereich der X AG liegen. Nicht umsonst – so trägt selbst die Beklagte vor - laufen derzeit Ermittlungsverfahren der StA Braunschweig gegen einzelne Mitarbeiter der X AG. In einem etwaigen Hauptsacheverfahren würde wohl die X AG eine sekundäre Darlegungslast dazu treffen, wer wann von welchem Vorgang Kenntnis hatte. Daher kann man es dem Kläger nicht anlasten, dass er seine Behauptung nicht konkreter fassen und unter Beweis stellen kann. Sollten tatsächlich Mitglieder des Vorstands gewusst haben, dass die Software die Schadstoffwerte manipuliert, könnte eine ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit für ein sittenwidriges Verhalten sprechen. Diese Möglichkeit wird sowohl im Gutachten des Wissenschaftliches Dienstes des Bundestages vom 15.10.2015 angesprochen („Manipulation von Emissionskontrollsystemen durch Autohersteller – Mögliche zivil- und strafrechtliche Implikationen“, abrufbar online) als auch in aktuellen Aufsätzen (Steenbuck, Die Rechte der Käufer von Fahrzeugen mit überhöhten Abgaswerten MDR 2016, 185; Revilla, Der X-Abgasskandal und seine rechtlichen Folgen für den Käufer, ZfS 2016,10; Altmeppen, Haftung für Delikte „aus dem Unternehmen“, dargestellt am Fall ‚Dieselgate‘“, ZIP 2016, 97).
25Die X AG wäre dann auch mit ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit passivlegitimiert. Der BGH hat im Zusammenhang mit falschen Ad-hoc-Mitteilungen eines Vorstandsmitglieds festgestellt, dass eine Haftung auch die AG trifft, die als juristische Person für die von ihrem Vorstand als verfassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen (§ 826 BGB) und vorsätzlichen Verstöße gegen ein Schutzgesetz (§ 823 II BGB, § 400 AktG) analog § 31 BGB einzustehen hat (BGH NJW 2005, 2450).
26Sollte sich der Vortrag des Klägers bewahrheiten, dürfte auch eine ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass die Täuschung der X AG ursächlich dafür geworden ist, dass der Kläger sein Auto nur noch mit erheblichen Werteinbußen verkaufen kann.
27Es dürfte auch eine ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass das Gericht in der Hauptsache feststellt, dass Mitarbeiter der X AG mit Schädigungsvorsatz handelten. Im Rahmen des § 826 BGB muss sich der Vorsatz auch darauf beziehen, dass durch die Handlung einem anderen Schaden zugefügt wird (Palandt/Sprau, a.a.O. Rn. 10). Schädigungsabsicht muss nicht bestehen; bedingter Vorsatz reicht aus. Dabei braucht der Täter nicht im einzelnen zu wissen, welche oder wie viele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden; vielmehr reicht aus, dass er die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 402/02 –, BGHZ 160, 149-159, Rn. 47 – zur Haftung nach § 826 BGB wegen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen). Der BGH führt zum Vorsatz weiter aus: „Der Vorsatz, den der Anspruchsteller vorzutragen und zu beweisen hat, enthält ein ‚Wissens-‘ und ein ‚Wollenselement‘. Der Handelnde muss die Umstände, auf die sich der Vorsatz beziehen muss, im Fall des § 826 BGB also die Schädigung des Anspruchstellers, gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Die Annahme […] des bedingten Vorsatzes setzt voraus, dass der Handelnde die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat“ (Urteil vom 20. 11. 2012 – VI ZR 268/11, NJW-RR 2013, 550, Rn. 32). Hier kommt auch nach dem Vortrag des Klägers nur ein bedingter Vorsatz von Mitarbeitern der X AG in Betracht. Teilweise wird ausdrücklich vertreten, die X AG habe mindestens billigend in Kauf genommen, dass der Kunde eine nachteilige Vermögensdisposition trifft: „Die Manipulation der Abgaswerte zielte nicht nur auf eine Umgehung von Umweltvorschriften ab, deren Einhaltung der Allgemeinheit dienen, sondern auch auf die individuelle Vermögensdisposition des Kunden (Schutzzweckzusammenhang). Er sollte zum Kauf eines Fahrzeugs bewegt werden, obwohl es zwingende umweltrechtliche EU-Normen nicht einhält und deshalb mit einem Makel behaftet ist“ (Steenbuck, MDR 2016, 185, 190; unter Verweis auf das o.g. Gutachten des Bundestages). Mit der Beklagten kann man zwar einwenden, dass – wenn der Schaden in der schlechteren Weiterveräußerungsmöglichkeit liegt – dies von der X AG sicher nicht gebilligt war, da die Manipulation unentdeckt bleiben sollte. Auch ist möglich, dass das Ziel der X AG in erster Linie war, bestimmten behördlichen Anforderungen zu genügen, etwaige Vermögensnachteile der Käufer aber nicht bedacht wurden. Letztlich kann man zur Frage der (bedingten) Schädigungsabsicht aber jedenfalls beide Ansichten vertreten. Der BGH hat im Rahmen der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen eine relativ weite Auslegung vertreten (vgl. oben zitiertes Urteil aus 2004). Das führt dazu, dass die Wahrscheinlichkeit für einen positiven Ausgang des Rechtsstreits zugunsten des Klägers zumindest gleich groß ist wie für einen negativen Ausgang.
28Der Antrag zu 1) auf Freistellung von außergerichtlichen Anwaltsgebühren ist nur in Höhe von 958,19 € begründet. Die Rechnung des Anwalts beruht auf einem Gegenstandswert von 17.500,00 € (Anl. 1). Aufgrund der selbst eingeräumten Nutzungsvorteile und angekündigten Reduzierung des geforderten Betrags auf 12.500,00 € ist die Gebühr aus diesem Streitwert zu berechnen. Darüber hinaus hat die Beklagte hat ein Wahlrecht, wie sie ihre Pflichten aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag erfüllen möchte.
29Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 269 ZPO. Hinsichtlich der teilweisen Klagerücknahme hat der Kläger die Kosten zu tragen; gleiches gilt für sein teilweises Unterliegen in Bezug auf den Klageantrag zu 1).
30Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO, da nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Terminsgebühr der Anwälte wegen der vorherigen Teilklagerücknahme nur aus einem Streitwert in Höhe von 5.542,91 € zu berechnen ist.
31Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
32bis zum 29.3.2016: 6.245,51 EUR
33danach: 5.542,91 €
34Rechtsbehelfsbelehrung:
35Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.