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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 82.314,77 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf
22.323,50 € seit dem 23.8.2013,
16.821 € seit dem 7.11.2013 (Rechtshängigkeit) und
43.137,50 € seit 20.4.2014 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand:
2Die Klägerin nimmt die Beklagte als zentrale Schlichtungsstelle zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Energieversorgungsunternehmen und Verbrauchern in Anspruch.
3Die Klägerin, deren Mitglieder neben verschiedenen Bundesverbänden eine große Zahl an Energieversorgungsunternehmen sind, nimmt für sich in Anspruch, eine anerkannte Schlichtungsstelle gemäß § 111b EnWG zu sein. Gemäß § 111b Abs. 1 EnWG kann zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Verbrauchern über den Anschluss an das Versorgungsnetz, die Belieferung mit Energie sowie die Messung der Energie die anerkannte oder beauftragte Schlichtungsstelle angerufen werden. Gemäß § 111b Abs. 3 EnWG kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz eine privatrechtlich organisierte Einrichtung als zentrale Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten anerkennen. Die Anerkennung ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Gemäß § 111b Abs. 6 EnWG kann die anerkannte Schlichtungsstelle für ein Schlichtungsverfahren von den beteiligten Unternehmen ein Entgelt erheben, bei offensichtlich missbräuchlichen Anträgen kann auch von dem Verbraucher ein Entgelt verlangt werden. Die Höhe des Entgelts muss im Verhältnis zum Aufwand der anerkannten Schlichtungsstelle angemessen sein.
4Die Klägerin beruft sich wegen der Anerkennung auf den Anerkennungsbescheid durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium datiert vom 24.10.2011 (Anlage K 1). Die Anerkennung wurde am 11.11.2011 im Bundesanzeiger veröffentlicht (Anlage K 17).
5Nach Aufnahme der Tätigkeit der Klägerin im November 2011 gingen bis Jahresende 2011 2.000 Anträge ein, im Jahre 2012 ca. 13.700 Anträge und bis zum 31.7.2013 ca. 7.000 Anträge.
6Die Klägerin finanziert sich aus Gebühren und Mitgliedsbeiträgen.
7Grundlage für die Gebühren sind eine Kostenordnung 2012 des Klägers und eine zum 1.7.2013 geänderte Kostenordnung 2013. Nach der Kostenordnung 2012 fielen für eine Schlichtung mit Empfehlung der Schlichtungsstelle eine Gebühr von 350 € und für eine Schlichtung ohne Empfehlung eine Gebühr von 200 € (jeweils netto) an. Die Gebührensätze wurden in einer anfänglichen Kostenkalkulation im Juli 2011 ermittelt, wobei die Klägerin von jährlich 1.000 zulässigen Schlichtungsfällen ausging. Wegen der Einzelheiten der Kalkulation wird auf den Schriftsatz vom 12.2.2014 verwiesen. Die Klägerin nahm wegen eines erwarteten Defizits ein Darlehen bei ihren Mitgliedern auf.
8Wegen nachhaltig hoher Eingänge erstellte die Klägerin eine weitere Kalkulation Anfang 2013. Die hierauf geänderte Kostenordnung (Kostenordnung 2013) sieht eine Staffelung der Gebühren vor, und zwar 100 € bei sofortiger Abhilfe durch das Energieversorgungsunternehmen, 300 € bei Einigung und Schlichtungsempfehlung sowie 450 € bei einer Schlichtungsempfehlung.
9Derzeit arbeiten neben dem Geschäftsführer und neben dem Ombudsmann, Herrn RiBGH a.D. Dr. X, sieben Volljuristen und zehn Assistenten für die Klägerin.
10Die Klägerin verlangt von der Beklagten, einem Energieversorgungsunternehmen, die Erstattung von Kosten für Verbraucherbeschwerdeverfahren, die die Beklagte betreffen. Die Beklagte bietet preisgünstig Strom an unter den Marken „B“ und „F“.
11Die Klägerin macht Rechnungen für die Schlichtungsverfahren betreffend die Beklagte geltend sowohl nach der Kostenordnung 2012 als auch nach der Kostenordnung 2013 gemäß Anlage K 6, im Wege der Klageerweiterung aktualisiert durch Anlage K 13 sowie ergänzt durch Anlage K 23. Die Beklagte leistete keine Zahlung. Mit Schreiben vom 12.8.2013 mahnte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung zum 23.8.2013.
12Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie auf der Grundlage ihrer Kostenordnung von der Beklagten die Verfahrensgebühren verlangen kann. Die Gebühren nach den Kostenordnungen seien jeweils angemessen. 2011 und 2012 habe die Klägerin auch unter Berücksichtigung von Mitgliedsbeiträgen Defizite erwirtschaftet. Sie könne indes Kosten in angemessener Höhe zumindest bis zum Kostendeckungsprinzip verlangen. Dementsprechend sei die Kostenordnung 2013 angepasst worden, um weitere Defizite vermeiden zu helfen. Die persönliche und sächliche Ausstattung der Klägerin sei angemessen. Die persönliche Ausstattung mit einem Geschäftsführer sowie einem Ombudsmann und anfangs zwei Schlichtern sowie zwei Angestellten sei angemessen. Im Hinblick auf die Anzahl der Beschwerden hätten zusätzliche Schlichter eingesetzt werden müssen. An Sachkosten seien neben Mietaufwand, IT-Kosten, Telekommunikationskosten, Kosten für die Öffentlichkeitsarbeit, Kosten für die Büroausstattung sowie Reisekosten zu kalkulieren. Die Gesamtkosten für 2012 hätten sich auf 682.491,12 € belaufen. Dem hätten Einnahmen i.H.v. 400.687 € gegenübergestanden. Das Defizit habe dementsprechend 281.804,12 € betragen. 2013 seien Kosten i.H.v. 1.151.887,45 € entstanden, denen Einnahmen i.H.v. 1.464.093,69 € gegenübergestanden hätten, davon 336.000 € Mitgliedsbeiträge sowie 219.228,96 € projektgebundene Zuschüsse der Ministerien.
13Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 32.368 € nebst Zinsen zu verurteilen. Sie hat die Klage auf die Zahlung von 39.144,50 € nebst zum Teil ausgerechneter Zinsen erweitert und beantragt nunmehr, im Wege der weiteren Klageerweiterung,
14die Beklagte zu verurteilen, an sie 82.314,77 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf
1522.323,50 € seit dem 23.8.2013,
1616.821 € seit dem 7.11.2013 (Rechtshängigkeit) und
1743.137,50 € seit 20.4.2014 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.
18Die Beklagte hat auf die Klageforderung am 7.10.2013 eine Teilzahlung i.H.v. 6.135 € erbracht, die die Klägerin im Wege der Teilklagerücknahme unter Berufung auf § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO berücksichtigt hat.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte hat zunächst die ordnungsgemäße Einrichtung der Klägerin als Schlichtungsstelle bezweifelt. Sie hält die Kostenordnungen der Klägerin der Höhe der Gebühren nach für unangemessen und stellt die Kostenordnungen zudem aus Rechtsgründen infrage. Die Gebühren seien für eine Vielzahl von Fällen übersetzt. Zudem hält die Beklagte die persönliche und sächliche Ausstattung der Klägerin und die hierdurch entstandenen Kosten für unangemessen. Die Beklagte bezweifelt die Ausführungen der Klägerin zu ihrer defizitären Einnahmesituation. Sie ist der Auffassung, unter Berücksichtigung der dargelegten Verfahrenszahlen – auch der mitgeteilten Erledigungszahlen - sei davon auszugehen, dass die Klägerin 2012 Einnahmen in Höhe von etwa 2,5 Millionen € habe erzielen müssen. Eine Änderung der Kostenordnung im Sinne einer Anhebung der Gebührenerzielung sei daher unangemessen gewesen, die hierdurch entstandenen Kosten könnten nicht erstattet verlangt werden. Die Beklagte werde durch die Höhe der insgesamt entstehenden Verfahrenskosten in ihrer Berufsausübungsfreiheit beeinträchtigt. Die Darlegungen der Klägerin zu ihrer Einnahmen- und Ausgabensituation seien widersprüchlich. Die Angaben in den Jahresabschlüssen würden nicht mit den Jahresberichten in vollständigem Einklang stehen. Die Klägerin könne nicht verlangen, dass die Unternehmen eine vollständige Kostendeckung ermöglichten. Die Klägerin rechne auch dann Verbraucherbeschwerden ab, wenn sich herausstelle, dass es sich tatsächlich um Beschwerden von gewerblichen Abnehmern handele. Ferner würden Ausfälle, etwa der G AG, über die Gebühren umgelegt.
22Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die Klage ist begründet.
251.
26Die von der Klägerin gegen die Beklagte auf der Grundlage der Kostenordnung 2012 erhobenen Fallpauschalen sind berechtigt. Die Kammer schließt sich wegen der grundsätzlichen Berechtigung dieser Fallpauschalen den Ausführungen der Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 13.1.2014 – 93 O 114/12 – an.
27a.
28Die Klägerin ist eine anerkannte Schlichtungsstelle gemäß § 111b EnWG. Sie hatte dies durch Vorlage der amtlichen Bekanntmachung im Bundesanzeiger vom 1.11.2011 (Anlage K 17) belegt. Plausible Einwände gegen die Anerkennung der Klägerin als Schlichtungsstelle hat die Beklagte hiergegen nicht mehr vorgebracht.
29b.
30Die Kostenordnung 2012 der Klägerin steht im Einklang mit der gesetzlichen Ermächtigung in § 111b Abs. 6 EnWG. Danach ist die Schlichtungsstelle ermächtigt, von den Energieversorgungsunternehmen ein Entgelt zu verlangen. Die Ermächtigungsgrundlage ist hinreichend bestimmt. Hierfür genügt die Regelung, dass die Höhe des Entgelts im Verhältnis zum Aufwand der Schlichtungsstelle angemessen sein muss. Eine weitergehende gesetzliche Regelung der Höhe des Entgelts ist nicht geboten. Auch muss der Gesetzgeber nicht die wesentlichen Strukturen der Entgeltfestsetzung bestimmen. Es genügte vielmehr die Generalklausel, die eine gerichtliche Nachprüfung der Entgelte unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit eröffnet.
31Wenn die Beklagte die Europarechtskonformität der Kostenordnungen unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 2 RiLi 2009/72/EG bezweifelt, da die Klägerin die Umlagemöglichkeit (können) zu einer Umlagepflicht (müssen) umgedeutet habe, ist dieser Einwand nicht überzeugend. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin eine Kostendeckung aus den Gebühren anstrebt und sie wird hiervon auch durch die von der Beklagten zitierte Regelung nicht ausgeschlossen.
32c.
33Die Kostenordnung 2012 genügt den Anforderungen der Generalklausel. Die dort bestimmten Entgelte sind angemessen. Wie bereits das Landgericht Berlin dargelegt hat, ist zum einen zu prüfen, ob die Schlichtungsgebühren im Verhältnis zum Aufwand der Schlichtungsstelle angemessen sind und ferner, ob sie vor dem Hintergrund der jeweiligen Verfahren angemessen sind.
34aa.
35Die Schlichtungsgebühren sind zunächst im Verhältnis zum Gesamtaufwand der Schlichtungsstelle angemessen. Auch hier folgt die Kammer den Ausführungen des Landgerichts Berlin. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin hinsichtlich der Verfahrensgebühren eine Kostendeckung anstrebt. Die Auffassung der Beklagten, § 111b Abs. 6 EnWG lasse nicht eine vollständige Kostendeckung zu, sondern der Maßstab der Angemessenheit bedeute, dass die Schlichtungsstelle anderweitige Mittel zur Finanzierung ihres Aufwands einsetzen müsse, vermag die Kammer nicht zu teilen. Der in § 111b EnWG formulierte Gedanke des Gesetzgebers, dass die Tätigkeit der Schlichtungsstelle letztlich im Interesse der Energieversorgungsunternehmen ist und daher von diesen zu finanzieren sein soll, spricht vielmehr dafür, dass grundsätzlich die hierdurch entstehenden Kosten vollständig von den Energieversorgungsunternehmen zu tragen sind. Ob die Schlichtungsstelle darüber hinaus eigene Mittel, etwa aus Mitgliedsbeiträgen, einsetzt, liegt in ihrer Entscheidung. Die von der Beklagten angenommene Notwendigkeit, eigene Mitgliedsbeiträge für die Schlichtungskosten einzusetzen, kann § 111b EnWG nicht entnommen werden. Im Übrigen hat die Klägerin für den Zeitraum seit Beginn ihrer Tätigkeit bis Mitte 2013 dargelegt, dass sie Defizite erzielt hat, die von ihren Mitgliedern getragen worden ist. Im Ergebnis ist damit für den Zeitraum der Geltung der Kostenordnung 2012 die von der Beklagten geforderte Mitgliedermitfinanzierung anzunehmen.
36bb.
37Soweit die Beklagte in Zweifel gezogen hat, dass die Einnahmesituation der Klägerin prekär war, mit der Folge, dass der Schlichtungsaufwand vollständig aus den Gebühren zu erzielen gewesen sei, kann der abstrakten Berechnung der Beklagten, wonach 2012 ein Betrag i.H.v. 2,5 Millionen € hätte eingenommen werden müssen, nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat vielmehr konkret dargelegt, in welcher Höhe sie Einnahmen erzielt hat. Hierbei hat sie darauf hingewiesen, dass nicht alle Verfahren, die in dem von der Beklagten angenommenen Zeitraum anhängig geworden sind, auch in diesem Zeitraum zu Ende geführt wurden, mit der Folge, dass Schlichtungsgebühren erhoben werden konnten.
38Der von der Klägerin getätigte Aufwand und die hierdurch entstandenen Kosten sind nach ihrer Darlegung durch die Einnahmenseite nicht abgedeckt worden. Vielmehr hatte es Nachschüsse bedurft.
39d.
40Soweit die Beklagte die Auffassung vertreten hat, die von der Klägerin ausgelösten Kosten seien überhöht, vermag die Kammer dem nicht beizutreten. Zwar hat die Beklagte nahezu jede Kostenposition der Klägerin in Zweifel gezogen, dies aber ohne Erfolg. Vom Ansatzpunkt ist davon auszugehen, dass die Schlichtungsstelle zur möglichst effektiven Befriedung von Verbraucherbeschwerden dienen soll, was eine hinreichend effiziente Organisation in personeller und sächlicher Hinsicht erfordert.
41Nachvollziehbar verweist die Klägerin zudem auf das Erfordernis der Billigung der Kostenkalkulation durch ihre Mitglieder, die in der Vergangenheit hierfür Zuschüsse leisten mussten. Es ist kaum anzunehmen, dass die zum Teil gemeinnützigen Mitglieder der Klägerin unnötige Ausgaben unwidersprochen hinnehmen würden.
42aa.
43Soweit die Beklagte den Kostenaufwand für das Personal, insbesondere für Geschäftsführer, Ombudsperson sowie Schlichter (Juristen) und Angestellte in Zweifel zieht, ist zu berücksichtigen, dass eine effiziente Arbeit nur durch Heranziehung qualifizierten Personals möglich ist. Die Einstellung von Volljuristen ist angesichts der rechtlichen Relevanz der auftretenden Fragestellungen zumindest nachvollziehbar, wenn nicht geboten. Die von der Klägerin insoweit angesetzten Gehälter erscheinen vor diesem Hintergrund angemessen. Auch der Aufwand für den Ombudsmann ist nicht zu beanstanden. Die Auffassung der Klägerin, für das Amt des Ombudsmann eine hervorgehobene Richterpersönlichkeit zu gewinnen, steht im Einklang mit dem Vorgehen anderer Ombudsstellen und fördert für die Beteiligten die Akzeptanz der Entscheidungen.
44Die Personalkostenkalkulation, nämlich für Geschäftsführer und Ombudsmann 200.000 €, für zwei Schlichter 110.000 €, für zwei Assistenten 70.000 € und für Hilfskräfte 20.000 €, kann wegen der jeweils angesprochenen Qualifikationen nicht als übersetzt angesehen werden. Die Klägerin hat auch dargelegt, dass im Hinblick auf die kalkulierten und tatsächlich auch angefallenen Fallzahlen das Personal in dem kalkuliertem Umfang erforderlich war, wobei sich herausgestellt hat, dass die Fallzahlen deutlich höher als anfangs erwartet waren. Bei den Gehältern ist zu der Kritik der Beklagten darauf hinzuweisen, dass es sich um den Bruttoaufwand für die Mitarbeiter handelt, so dass der Vergleich zu den Einstiegsgehältern von Juristen ungeachtet der sich anschließenden Frage, warum die Klägerin sich auf Berufsanfänger ausrichten muss, nicht passt.
45Soweit die Klägerin für die Planung 2012 eine erhöhte Kostenprognose abgegeben hat, beruht dies insbesondere darauf, dass weitere Schlichter und Assistenzkräfte im Hinblick auf die eingetretenen Fallzahlen eingestellt werden mussten. Die hierdurch angestiegenen Personalkosten, die die Klägerin mit 657.159 € kalkulierte, sind unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit ebenfalls nicht zu beanstanden. Während die Klägerin nämlich ursprünglich von zunächst 1.000 Fällen, sodann von 2.500 Fällen ausgeht, aktualisierte sie ihre Hochrechnung nach den Eingängen der ersten Monate 2012 auf ca. 20.000 Fälle. Diese deutliche Steigerung rechtfertigte eine ebenso deutliche Anhebung der Prognose für die Personalkosten.
46bb.
47Die Kalkulation der Mietkosten i.H.v. 30.000 € in Anbetracht von Mieträumlichkeiten von einer Größe von 150 m² ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies entspricht einem monatlichen Quadratmetermietpreis von 16,66 €, den die Klägerin für Berlin als ortsüblich bezeichnet hat. Dem ist die Beklagte nicht konkret entgegengetreten. Insbesondere war die Klägerin nicht gehalten, die Mieträumlichkeiten allein nach dem Preis und nicht nach anderen Kriterien wie Funktionalitäten und Lage auszusuchen.
48cc.
49Auch die weiteren Aufwendungen für die IT-Infrastruktur i.H.v. 30.000 €, die Kommunikationskosten i.H.v. 30.000 €, die Kosten für den Öffentlichkeitsauftritt i.H.v. 20.000 €, Sachmittel i.H.v. 20.000 € und eine Reserve i.H.v. 50.000 € können nicht beanstandet werden. Die kalkuliertem Reisekosten von 20.000 € berücksichtigen, dass die Aufgabenwahrnehmung insbesondere des Geschäftsführers und des Ombudsmann auch gelegentliche Reisen – nach Darlegung der Klägerin insbesondere zu Energieversorgungsunternehmen - mitumfassen.
50e.
51Die dagegen stehende Kalkulation der Gebühreneinnahmen rechtfertigt nicht die Annahme, dass es der Klägerin um mehr als um Kostendeckung gegangen sei. Die Kalkulation der Klägerin insbesondere im Hinblick auf die erwarteten 20.000 Verfahren ist nicht zu beanstanden. Diese Berechnung trägt insbesondere dem Umstand Rechnung, dass die Schlichtungsstelle noch nicht voll angelaufen war. Bei den 20.000 Einträgen kalkulierte die Klägerin damit, 6.000 Verfahren als Schlichtungsverfahren zu eröffnen, von denen ca. 1.800 Verfahren mit einer Schlichtungsempfehlung enden würden. Hieraus resultierten die prognostizierten Einnahmen in Höhe von 616.229 € sowie 5.100 € Mitgliedsbeiträge.
52Die Kalkulation für 2012 wurde von den nach Darlegung der Klägerin tatsächlich erzielten Einnahmen im Verhältnis zu den Ausgaben jedenfalls insoweit bestätigt, als keine Einnahmenüberhöhung anzunehmen ist. Den Kosten in Höhe von 682.491,12 € standen Einnahmen i.H.v. 400.687 € gegenüber. Schon dies belegt, dass die von der Klägerin kalkulierten und verlangten Gebühren jedenfalls in ihrer Gesamtheit nicht übersetzt sind.
53Die Annahme der Beklagten, die Klägerin hätte 2012 ca. 2,5 Mio. € an Gebühren einnehmen müssen, lässt außer Acht, dass dies vorausgesetzt hätte, die Klägerin hätte alle eingegangenen Verfahren in dem Zeitraum erledigt, was gerade nach Darlegung der Klägerin nachvollziehbar nicht der Fall war. Zudem hat die Klägerin zu den nach ihrer Angabe 7.762 in 2012 erledigten Verfahren dargelegt, diese seien zu 81 % vor Eröffnung des Verfahrens erledigt und daher nicht abrechnungsfähig gewesen.
54Soweit die Beklagte darauf hinweist, das Landgericht Berlin sei von der Möglichkeit einer Gebührensenkung schon 2012 ausgegangen, so dass keineswegs eine Gebührenanhebung für 2013 plausibel sei, hat sich das Landgericht Berlin lediglich mit einseitigem Parteivortrag befasst und dessen Bewertung gerade offen gelassen. Die von dem Landgericht Berlin an einer Gebührenerhöhung angemeldeten Zweifel beruhen daher lediglich auf einem unvollständigen Parteivortrag.
55f.
56Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass nicht umlagefähige Beträge in die Gebühren eingerechnet würden. Bezogen auf die Verfahren der G AG, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Selbst wenn die Forderungsausfälle umgelegt würden, ist dies im Rahmen des Kostendeckungsprinzip jedenfalls im üblichen Umfang des Ausfalls hinzunehmen.
57Der Vorhalt der Beklagten, die Klägerin berechne auch Verfahren, die von gewerblichen statt privaten Abnehmern eingeleitet würden, hat die Klägerin in Abrede gestellt. Soweit es in Einzelfällen zu fehlerhafter Sachbehandlung gekommen sein mag, ist das kein Einwand, der die Gebührenforderungen insgesamt in Frage stellt.
58g.
59Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass die Fallpauschalen im Verhältnis zu dem jeweiligen Aufwand zu stehen haben, um angemessen zu sein. Dies erfordert eine Differenzierung der Gebührenhöhe im Verhältnis zu den jeweiligen Fällen. Dem wird die Kostenordnung 2012 gerecht. Die vorgenommene Differenzierung zwischen Gebühren für ein Verfahren, das mit einer Schlichtungsempfehlung des Ombudsmann endet (350 €) und ein Verfahren, das ohne Schlichtungsempfehlung endet (200 €), ist jedenfalls bezogen auf den erhöhten Aufwand bei Verfahren mit Schlichtungsempfehlung plausibel. Angesichts der nach Art der Verfahren im Wesentlichen gleich gelagerten Beschwerden, insbesondere auch hinsichtlich der Höhe der jeweils streitigen Beträge bedurfte es keiner weitergehenden Differenzierung nach der Art des Gegenstandes. Die Klägerin konnte sich darauf beschränken, die Differenzierung nach ihrem eigenen Aufwand vorzunehmen, was sie auch gemacht hat. Dass weitergehende Differenzierungen möglich sind, bedeutet nicht, dass die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit hierzu verpflichtet war. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Gebührenordnung in einer erheblichen Anzahl von Verfahren unangemessene Gebühren erhoben würden, insbesondere unangemessen überhöhte Gebühren.
60Hier liegt auch kein Widerspruch zu der geänderten Kostenordnung 2013, die eine weitergehende Differenzierung der Verfahren hinsichtlich der Gebührenbehandlung vorsah. Vielmehr lag die Differenzierung der Kostenordnung 2012 noch im der Klägerin eingeräumten Ermessen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung.
61Der Vortrag der Beklagten, in einer Vielzahl von Fällen sei der Aufwand niedriger als die berechnete Gebührenhöhe, lässt außer Betracht, dass eine Gebühren- oder Kostenordnung notwendig auf Pauschalierungen angewiesen ist. Dies kann je nach Fall zu unterdurchschnittlichem oder zu überdurchschnittlichem Aufwand führen.
62h.
63Eine Verletzung der Berufsausübungsfreiheit der Beklagten ist nicht dargetan. Die Tätigkeit der Klägerin beruht auf gesetzlichen Vorgaben zu einem Schlichtungsverfahren. Damit ist die Maßnahme schon nicht auf eine Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit der Beklagten gerichtet. Der Beklagten werden keine Geschäftsabschlüsse verwehrt, sie muss nur für nachträgliche Reklamationen einstehen. Allenfalls mittelbar mag die berufliche Entfaltung der Beklagten betroffen sein, wenn durch die Höhe der Gesamtgebühren ihre berufliche Entfaltungsmöglichkeit eingeschränkt ist. Das erscheint hier indes zweifelhaft und ist prüfbar von der Beklagten nicht dargetan.
642.
65Die von der Klägerin für die Geltung der neuen Kostenordnung 2013 geltend gemachten Gebühren sind ebenfalls nicht zu beanstanden.
66a.
67Zunächst begegnet die Neugestaltung des Gebührensystems keinen durchgreifenden Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit. Vielmehr stellt die geänderte Gebührenregelung in höherem Umfang auf den jeweiligen Aufwand für die Klägerin ab. Dementsprechend entfallen Kosten bei einer Einigung vor Beginn des Schlichtungsverfahrens, grundsätzlich bei unzulässigen Anträgen unter Rücknahme des Antrages. Bei sofortiger Abhilfe fällt eine lediglich geringere Fallpauschale von 100 € an, bei einvernehmlicher Einigung durch Moderation ein Betrag von 300 €, bei Schlichtungsempfehlung Betrag von 450 €, wobei Zuschläge und Abschläge je nach Aufwand möglich sind. Zudem besteht die Möglichkeit, bei missbräuchlicher Anrufung der Klägerin auch ein Verbraucherentgelt zu erheben. Dieses gegenüber der Kostenordnung 2012 deutlich ausdifferenziertere System der Gebührenregelung ist vom Ansatz her nicht zu beanstanden.
68b.
69Auch die Änderung der Gebührenwerte, insbesondere die Anhebung für Verfahren mit Schlichtungsempfehlung, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Verfahren mit Schlichtungsempfehlung bedeuten für die Klägerin den im Durchschnitt höchsten Aufwand der Befassung. Vor diesem Hintergrund ist eine Gebührenanhebung jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn sich diese im Gesamtgebührenaufkommen unter Berücksichtigung des entstandenen Aufwands ausgleicht. Das ist hier der Fall. Durch die Absenkung von Gebühren etwa bei sofortiger Abhilfe, teilweise auch bei Gebührenfreiheit werden die Anhebungen aus Sachgründen ausgeglichen. Zudem hat die Klägerin anhand der Einnahmen- und Ausgabensituation für 2013 dargelegt, dass das Gesamtgebührenaufkommen gerade nicht überhöht ist. Die um Mitgliedsbeiträge und gebundene Zuschüsse bereinigten Einnahmen sind geringer als der durch die Tätigkeit der Klägerin verursachte Kostenaufwand.
70Die Klägerin hat zudem dargelegt, dass sie bei der Kalkulation der Gebühren nach der Kostenordnung 2013 die Erfahrungen mit Fallzahlen und Erledigungsart berücksichtigt hat.
71c.
72Maßgeblich ist schließlich auch bei der Änderung der Kostenordnung, dass diese auf einer Prognose beruht, die – sollte sie fehlerhaft sein – erforderlichenfalls in Zukunft korrigiert werden muss. Dies kann der Fall sein, wenn sich die Falleingänge und gebührenpflichtigen Erledigungen auf dem bisherigen hohen Niveau einpendeln. Für den Entscheidungszeitraum sind die zugrunde gelegten Gebühren aufgrund der angestellten Prognose aber zu beachten.
733.
74Wegen der Höhe der Forderung hat die Klägerin die Verfahrensrechnungen tabellarisch aufgeführt. Einer Beteiligung in diesen Verfahren hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt.
754.
76Die Nebenforderung folgt aus §§ 286, 288 BGB.
775.
78Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 3, 709 ZPO.
79Streitwert: bis 24.10.2013 32.368 €,
80bis 15.2.2014 39.144,50 €,
81danach 82.314,77 €