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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft zu unterlassen,
in Bezug auf den Beklagten und Widerkläger folgende Behauptungen aufzustellen und/oder aufstellen zu lassen, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
a) Staatsanwalt G habe dem Kläger und Widerbeklagten auf telefonische Nachfrage bestätigt, dass der Staatsanwaltschaft nicht gesendetes Material aus dem Studio X des Y vorliege und den Namen des Beklagten und Widerklägers als Quelle genannt;
b) der Beklagte und Widerkläger habe bei seinem Gespräch mit der Redakteurvertretung laut Niederschrift selbst ausdrücklich erklärt, er habe der Kripo von ihr angeforderte eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten übergeben;
3. Der Kläger wird weiterhin verurteilt, an den Beklagten EUR 651,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.02.2011 zu zahlen.
4. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 4/5 und der Beklagte 1/5.
6. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung. Diese beträgt hinsichtlich des Unterlassungstenors zu Ziffer 2) EUR 5.000,00 und im Übrigen 110% des zu vollstreckenden Betrages. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Der Kläger ist Hörfunk-Redakteur beim Y- Rundfunk. Der Beklagte ist als freier Journalist u.a. für den Y tätig. Er recherchierte im Jahr 2009/2010 zu einer möglichen Veruntreuung von Spendengeldern durch Verantwortliche des vermeintlich caritativen Projektes B-Hilfe. Hierauf erhielt der Beklagte einen Hinweis und eine Liste mit Zeugen und Informanten, die er interviewte und deren Aussagen er sich durch eidesstattliche Versicherung bestätigen ließ. Auf dieser Grundlage erstellte er diesbezügliche Beiträge für die Sendung X des Y-Fernsehens und auch für den Y Hörfunk.
3In diesem Zusammenhang übersandte der Kläger dem Beklagten am 22.12.2009 eine E-Mail, mit welcher er von dem Beklagten unter Bezug auf eine angebliche Behauptung der Staatsanwaltschaft Köln, dieser läge im Zusammenhang mit der Spendenaffäre (B-Hilfe) nicht gesendetes Material aus dem Studie Köln vor, wissen wollte, ob es richtig sei, dass der Beklagte eidesstattliche Versicherungen seiner Interviewpartner den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt habe. Weiterhin behauptete der Kläger in der E-Mail, dass Staatsanwalt G ihm gesagt habe, dass die Ermittlungen nur durch die Vorabinformationen des Beklagten ins Laufen gekommen seien und wollte wissen, ob der Beklagte formell Anzeige bei der Polizei erstattet habe. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K3 zur Klageschrift, Bl. 27 d.A., verwiesen. Nachdem der Beklagte hierauf nicht reagierte, weigerte sich der Kläger in seiner Eigenschaft als an diesem Tag verantwortlicher Hörfunk-Redakteur am 12.01.2010 einen Kurzbeitrag des Beklagten zu dem Thema B-Hilfe im Rahmen der Hörfunk-Nachrichten auf Y 2 auszustrahlen mit der Begründung, aufgrund der ausgebliebenen Stellungnahme die Verantwortung für den Bericht nicht übernehmen zu wollen.
4Der Beklagte wollte dies nicht hinnehmen und rief nach den Regeln des „Redakteurstatuts des Y“ mit Schreiben vom 21.01.2010 die Redakteurvertretung an, wobei den Gegenstand seiner Beschwerde über den Kläger auch weitere Differenzen zwischen den Parteien bildeten. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 8 verwiesen. Nachdem auch die Redakteurvertretung in dem Programmkonflikt einen Ausgleich nicht erzielen konnte, entschied schließlich am 27.10.2010 der Schlichtungsausschuss zugunsten des Klägers. Den Schlichterspruch übersandte der Kläger verschiedenen Kollegen bei Y 2, um damit seine Rehabilitierung in diesem Konflikt zu dokumentieren.
5Neben diesem Y-internen Verfahren streiten sich die Parteien auch zivilrechtlich. So mahnte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 29.10.2010 ab und forderte ihn auf, die Behauptung zu unterlassen, er – der Beklagte – habe der StA Köln eidesstattliche Versicherungen zur Verfügung gestellt und die Ermittlungen seien erst durch seine Vorabinformationen ins Rollen gekommen. Weiterhin forderte er die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die er aus einem Streitwert von EUR 30.000,00 unter Ansatz einer 1,8 Geschäftsgebühr nebst USt und Kostenpauschale mit EUR 1.647,44 bezifferte.
6Nachdem der Kläger dann den Schlichterspruch an seine Kollegen übersandte, forderte der Beklagte auch insoweit mit anwaltlicher Abmahnung vom 07.02.2011 Unterlassung sowie Erstattung vorgerichtlicher RA-Kosten in Höhe von EUR 1.236,17 (1,8 Geschäftsgebühr aus EUR 15.000,00 zzgl. Auslagenpauschale und USt).
7Der Kläger wies beide Abmahnungen durch seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten zurück und begehrt mit der vorliegenden Klage nunmehr, die Erstattung der ihm für diese Zurückweisung entstandenen Rechtsanwaltskosten, die er entsprechend der Kostenanforderung des Beklagten beziffert. Dieser Anspruch folge daraus, dass die Abmahnungen unberechtigt gewesen seien. Ihm, dem Kläger sei von Staatsanwalt G bestätigt worden, dass von dem Beklagten eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten übergeben worden seien. Dies habe der Beklagte ausweislich des Protokolls von seiner Anhörung vor der Redakteursvertretung auch selbst eingeräumt. Ohnehin habe er, der Kläger, dies auch nicht behauptet, sondern dem Beklagten lediglich in Ausübung seiner Verantwortung als Redakteur entsprechende Fragen gestellt. Auch sei er berechtigt gewesen, die ihn rehabilitierende Stellungnahme des Schlichtungsausschusses im Kollegenkreis zu versenden; für den Inhalt dieser Stellungnahme sei er nicht verantwortlich.
8Weiterhin begehrt der Kläger im Rahmen einer während des laufenden Rechtsstreits vorgenommenen Klageerweiterung die Unterlassung von Äußerungen, die der Beklagte in seinem Schreiben an die Redakteurvertretung vom 21.01.2010 getätigt hat. Dieses Schreiben habe der Kläger auch an eine unbekannte Zahl von freien Mitarbeitern versandt. Die darin gegen ihn, den Kläger, erhobenen Vorwürfe seien unzutreffend und dienten allein dazu, ihn zu diffamieren.
9Der Kläger beantragt,
10den Beklagten zu verurteilen,
111. an ihn EUR 2.883,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und zwar aus EUR 1.647,43 seit dem 16.01.2011 und aus weiteren EUR 1.236,17 seit dem 01.03.2011 zu zahlen.
122. es zu unterlassen, folgende Behauptungen in Bezug auf den Kläger und Widerbeklagten aufzustellen und/oder aufstellen zu lassen, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
13a) er habe als verantwortlicher Senderedakteur im Hörfunkstudio Köln fortgesetzt Informationen und Nachrichten unterdrückt;
14b) der Beklagte habe sich 2 ½ Jahre einer fortgesetzten Kampagne durch den Kläger ausgesetzt gesehen;
15c) der Kläger habe versucht, den Beklagten mit diffamierenden Schreiben an einen großen Verteiler im Y als Fälscher darzustellen;
16d) die kampagnenhaften Attacken des Klägers hätten offenbar aus persönlichen Motiven darauf abgezielt, die Glaubwürdigkeit des Beklagten in Frage zu stellen und so seine wirtschaftliche Existenz zu zerstören;
17e) statt sich mit Argumenten auseinanderzusetzen oder die Pressemitteilung des Ministeriums zu lesen, habe der Kläger so wie in anderen Fällen auch eine verleumderische Kampagne gegen den Beklagten eingeleitet;
18f) der Kläger habe für keine Beiträge über den Spendenverein B-hilfe die redaktionelle Verantwortung besessen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Widerklagend hat der Beklagte zunächst beantragt,
22den Kläger zu verurteilen,
231. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft zu unterlassen,
24in Bezug auf den Beklagten und Widerkläger folgende Behauptungen aufzustellen und/oder aufstellen zu lassen, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
25a) er habe im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen der B-hilfe der Staatsanwaltschaft Köln eidesstattliche Versicherungen zur Verfügung gestellt;
26b) die Ermittlungen seien erst durch seine Vorabinformationen ins Laufen gekommen;
27c) Oberstaatsanwalt G, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln, habe dem Kläger und Widerbeklagten bestätigt, dass die Ermittlungen in dem genannten Verfahren aufgrund der Vorabinformationen des Beklagten und Widerklägers ins Laufen gekommen seien;
28d) der Beklagte und Widerkläger habe bei seinem Gespräch mit der Redakteurvertretung laut Niederschrift selbst ausdrücklich erklärt, er habe der Kripo von ihr angeforderte eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten übergeben, ohne hinzuzufügen, dass es ein Protokoll dieses Gesprächs nicht gibt und der Beklagte und Widerkläger bei diesem Gespräch ausdrücklich erklärt hat, er habe keine eidesstattlichen Versicherungen an die Kriminalpolizei übergeben;
292. an den Beklagten und Widerkläger EUR 2.883,61 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 1.647,44 seit dem 06.11.2010 und aus weiteren EUR 1.236,17 seit dem 11.02.2011 zu zahlen.
30Diese Anträge hat der Beklagt teilweise zurückgenommen bzw. modifiziert und beantragt widerklagend zuletzt,
31den Kläger zu verurteilen,
321. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft zu unterlassen,
33in Bezug auf den Beklagten und Widerkläger folgende Behauptungen aufzustellen und/oder aufstellen zu lassen, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
34a) Staatsanwalt G habe dem Kläger und Widerbeklagten auf telefonische Nachfrage bestätigt, dass der Staatsanwaltschaft nicht gesendetes Material aus dem Studio Köln des Y vorliege und den Namen des Beklagten und Widerklägers als Quelle genannt;
35b) der Beklagte und Widerkläger habe bei seinem Gespräch mit der Redakteurvertretung laut Niederschrift selbst ausdrücklich erklärt, er habe der Kripo von ihr angeforderte eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten übergeben;
362. an den Beklagten und Widerkläger EUR 1.303,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 651,80 seit dem 06.11.2010 und aus weiteren EUR 651,80 seit dem 11.02.2011 zu zahlen
37Der Kläger beantragt,
38die Widerklage abzuweisen.
39Der Beklagte behauptet, er habe die Ermittlungsbehörden nicht vorab informiert und diesen nicht die ihm vorliegenden eidesstattlichen Versicherungen seiner Informanten zur Verfügung gestellt. Die Ermittlungsbehörden seien vielmehr bereits vorher durch seinen Tippgeber und durch die „Kölner Tafel“ informiert worden. Er habe dann lediglich die Pressestelle des Polizeipräsidenten in Köln angerufen, um zu klären, wie der Stand der Ermittlungen sei; dabei habe er die Vorwürfe der von ihm gehörten Informanten zusammengefasst und erklärt, dass er über entsprechende eidesstattliche Versicherungen verfüge. Namen und Adressen habe er nicht genannt. Zu diesem Zeitpunkt habe es bereits zwei Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der B-hilfe gegeben. Als es am 18.12.2009 zu einer Durchsuchung bei der B-hilfe gekommen sei, hätten bereits 62 Anzeigen vorgelegen, wobei die ersten Strafanzeigen bereits im Februar 2009 erstattet worden seien. Insoweit sei es unwahr, dass er den Ermittlungsbehörden eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten übergeben und die Ermittlungen ins Rollen gebracht habe. Ebenso wenig sei dies durch die Staatsanwaltschaft Köln behauptet worden, so dass auch die diesbezügliche Behauptung unzutreffend sei. Diese unwahren Behauptungen habe der Kläger nicht lediglich in der E-Mail vom 22.12.2009 aufgestellt sondern auch umfangreich im Kollegenkreis geäußert. Auch die Abmahnung vom 07.02.2011 wegen der Verbreitung der Stellungnahme des Schlichtungsausschusses vom 18.11.2010 per Rundmail im Kollegenkreis sei begründet. Diese Stellungnahme enthalte nämlich neben der Behauptung, die Staatsanwaltschaft Köln habe dem Kläger bestätigt, eidesstattliche Versicherungen von dem Beklagten erhalten zu haben und über ungesendetes Material zu verfügen, die unzutreffende Aussage, dass er, der Beklagte, „bei seinem Gespräch mit der Redakteurvertretung laut Niederschrift selbst ausdrücklich erklärt hat, er habe der Kripo von ihr angeforderte eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten übergeben.“ Dies aber sei unzutreffend: weder habe er eidesstattliche Versicherungen übergeben, noch habe er dies gegenüber der Redakteurvertretung erklärt. Vielmehr habe er in dem Gespräch in der Redakteurvertretung ausdrücklich erklärt, dass er keine eidesstattlichen Versicherungen weitergegeben habe. Die anderslautende Äußerung in der Stellungnahme des Schlichtungsausschusses, der ihn nicht angehört habe, beruhe allein darauf, dass der Schlichtungsausschuß die diesbezügliche Behauptung des Klägers ungeprüft übernommen habe.
40Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen Inhalt und Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluss vom 19.04.2012 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2012 verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage ist unbegründet; demgegenüber ist die Widerklage weitestgehend begründet.
431. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann weder die Erstattung von Rechtsanwaltskosten verlangen, die ihm aus der Rechtsverteidigung gegen die Abmahnungen des Beklagten vom 29.10.2010 und 11.02.2011 entstanden sind, noch besteht der verfolgte Unterlassungsanspruch.
44a) Ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit der Rechtsverteidigung gegen die von dem Beklagten ausgesprochenen Abmahnungen vom 29.10.2010 und 11.02.2011 besteht nicht.
45Die Kosten einer Rechtsverteidigung gegen eine (unberechtigte) Abmahnung sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme gehört zum allgemeinen Lebensrisiko und die durch sie verursachten Kosten sind regelmäßig nur dann erstattungsfähig, wenn zwischen den Parteien eine rechtliche Sonderverbindung besteht, innerhalb derer der Beklagte Pflichten verletzt hätte. Dies ist indes nicht ersichtlich.
46Eine vertragliche Verbindung besteht zwischen den Parteien unstreitig nicht, so dass ein Anspruch aus § 280 BGB ausscheidet. Ein Anspruch aus § 678 BGB wegen unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag besteht ebenfalls nicht. Dieser setzt voraus, dass die Übernahme der Geschäftsführung – hier in Form der Abmahnung, die grundsätzlich nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag zu bemessen ist - gegen den Willen des Geschäftsherrn erfolgt und dies von dem Geschäftsführer erkannt wird. Eine unberechtigte Abmahnung widerspricht zwar grundsätzlich den Interessen des Geschäftsherrn; allerdings ist für den Umstand, dass die Abmahnung unberechtigt erfolgte und dies dem Abmahnenden bekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt war, der Abgemahnte darlegungs- und beweispflichtig. Diesen Beweis konnte der Kläger indes nicht führen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht gerade nicht fest, dass der Beklagte den Ermittlungsbehörden eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten überlassen und dies auch gegenüber der Redakteurvertretung bestätigt hat. Wegen der Einzelheiten der Beweiswürdigung wird auf die nachstehenden Ausführungen Bezug genommen. Damit steht weder fest, dass die Abmahnung unberechtigt war, noch dass der Beklagte dies unschwer hätte erkennen können.
47Auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung bestehen nicht. § 823 BGB schützt nur absolute Rechte und nicht das Vermögen, das hier alleine betroffen ist. Auch ein Anspruch aus 826 BGB wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung besteht nicht. Dieser setzte nicht nur voraus, dass die Abmahnung unberechtigt, wäre - was bereits nicht feststeht -, sondern erfordert weiterhin, dass diese auch absolut unvertretbar gewesen wäre und ihr einziges Ziel damit in der Schädigung des Klägers gesehen werden könnte. Da der Beklagte aber vorrangig eigene Interessen wahren wollte, kann dies nicht angenommen werden.
48b) Auch der mit dem Klageantrag zu 2) verfolgte Unterlassungsanspruch besteht nicht. Insoweit fehlt es bereits an einem substantiierten und unter Beweis gestellten Sachvortrag des Klägers, auf dessen Grundlage geprüft werden könnte, ob die angegriffenen Aussagen unzutreffend sind und einen Anspruch aus §§ 823, 1004 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründen. Der Kläger beruft sich insoweit lediglich darauf, dass die Vorwürfe des Beklagten gegen den Kläger innerhalb des Y in einem aufwändigen Verfahren, das zugunsten des Klägers ausgegangen sei, geprüft worden seien. Dieses Verfahren aber ist für den hiesigen zivilrechtlichen Rechtsstreit ohne präjudizielle Wirkung, weswegen die Kammer in eine eigene Prüfung der äußerungsrechtlichen Zulässigkeit der Aussagen eintreten müsste, was ihr aber auf der Grundlage des rudimentären Sachvortrages des Klägers nicht möglich ist.
49Hinzu kommt, dass die Vorwürfe des Beklagten, gegen die sich der Kläger wendet, soweit ersichtlich allein in dem Schreiben des Beklagten an die Redakteurvertretung vom 21.01.2010 erfolgt sind. Mit diesem Schreiben aber hat der Beklagte sich an die für Streitigkeiten innerhalb der Redaktionen des Y zuständige Institution gewandt. Streitbegründende Äußerungen gegenüber zuständigen Stellen, die im Rahmen eines Verfahrens erfolgen, das der Klärung von internen Streitigkeiten und damit der Grundlage der Äußerungen dient, sind grundsätzlich privilegiert. Sie erfolgen in Wahrnehmung berechtigter Interessen und können daher grundsätzlich nicht zum Gegenstand einer Unterlassungsforderung gemacht werden, denn niemand darf daran gehindert werden, angebliche Missstände den Stellen aufzuzeigen, die zur Beseitigung solcher Missstände berufen sind. Dies ist bezogen auf die Redakteurvertretung vorliegend der Fall.
50Zwar wäre von dieser Privilegierung nicht die Äußerung der streitgegenständlichen Vorwürfe gegenüber Dritten erfasst. Insoweit fehlt es aber an einer substantiierten Darlegung sowie einem entsprechenden Beweisantritt, dass und in welchem Zusammenhang welche Äußerungen durch den Beklagten gegenüber Dritten erfolgt sind. Soweit das Schreiben vom 21.01.2010 auch den Freien-Vertretern und der Studio-Leitung des Studios Köln zugegangen ist, sieht die Kammer dies im konkreten Fall als von der Privilegierung gedeckt an, da die Studio-Leitung ebenfalls in den Programmkonflikt involviert ist und die „Freien-Vertreter“ als Interessenvertretung Kontrollfunktion wahrnehmen können, die ihre Information rechtfertigt.
512. Die Widerklage ist überwiegend begründet.
52a) Dem Beklagten steht der verfolgte Anspruch auf Unterlassung der Äußerungen,
53Staatsanwalt G habe dem Kläger und Widerbeklagten auf telefonische Nachfrage bestätigt, dass der Staatsanwaltschaft nicht gesendetes Material aus dem Studio Köln des Y vorliege und den Namen des Beklagten und Widerklägers als Quelle genannt
54und
55der Beklagte und Widerkläger habe bei seinem Gespräch mit der Redakteurvertretung laut Niederschrift selbst ausdrücklich erklärt, er habe der Kripo von ihr angeforderte eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten übergeben
56zu, §§ 823, 1004 BGB.
57aa) Diese Äußerungen sind in der Stellungnahme des Schlichtungsausschusses vom 18.11.2010, Anlage K 10, enthalten. Dort wird der Kläger in indirekter Rede mit der Aussage zitiert, zufällig Zeuge eines Telefongespräches geworden zu sein, dem er entnommen habe, dass der Staatsanwaltschaft eidesstattliche Erklärungen von Informanten eines Y-Autors vorlagen und dass ihm auf Nachfrage bei Staatsanwalt G unter Nennung des Beklagten als Quelle mitgeteilt worden sei, dass der Staatsanwaltschaft nicht gesendetes Material aus dem Studio Köln des Y vorliege.
58Indem der Kläger diese Stellungnahme des Schlichtungsausschusses als Anhang zu einer Rundmail im Kollegenkreis verbreitete, wiederholte und verbreitete er auch die in dieser enthaltenen Behauptungen. Dies gilt auch für die in der Stellungnahme des Schlichtungsausschusses enthaltene Behauptung, der Beklagte habe bei seinem Gespräch mit der Redakteurvertretung am 10.02.2010 laut Niederschrift selbst ausdrücklich erklärt, er habe der Kripo von ihr angeforderte eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten übergeben.
59bb) Beide Behauptungen sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unwahr.
60(1) Die Kammer geht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass Oberstaatsanwalt aD G nicht geäußert hat, dass die Staatsanwaltschaft nicht gesendetes Material und eidesstattliche Versicherungen von Informanten von dem Beklagten erhalten habe. Oberstaatsanwalt aD G konnte in seiner Vernehmung als Zeuge zwar nicht ausdrücklich bestätigen, dass er eine solche Aussage nicht getroffen habe, da es ihm insoweit an konkreter Erinnerung fehlte. Er hat dies aber nachvollziehbar ausgeschlossen. Der Zeuge hat insoweit zu den Gesamtumständen in einer Art und Weise bekundet, die es als nicht nachvollziehbar erscheinen lassen, wenn er sich so geäußert hätte, wie von dem Kläger behauptet. Der Zeuge hat glaubhaft versichert, dass sich in den Ermittlungsakten keine eidesstattlichen Versicherungen befinden. Er hat weiterhin nachvollziehbar bekundet, dass er von der zuständigen Staatsanwältin lediglich darüber unterrichtet worden sei, dass in dem Verfahren „B-Hilfe“ auch eidesstattliche Versicherungen eine Rolle spielen sollten. Einen weitergehenden Kenntnisstand hatte der Zeuge nach seinen überzeugenden Ausführungen zum damaligen Zeitpunkt nicht. Es wäre – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Erfahrung des Zeugen als Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Köln - nicht erklärlich, wenn sich der Zeuge auf dieser vagen Grundlage derart eindeutig geäußert hätte, wie von dem Kläger behauptet. Nach der Überzeugung der Kammer ist vielmehr davon auszugehen, dass hier ein Missverständnis entstanden ist. Die Kammer geht insoweit davon aus, dass der Zeuge G sich mit Bezug auf den Beklagten dahingehend geäußert hat, dass in dem Verfahren auch eidesstattliche Versicherungen eine Rolle spielen sollten, ohne jedoch zu äußern, dass diese der Staatsanwaltschaft vorlägen oder gar von dem Beklagten übergeben worden wären.
61Die Kammer sieht in diesem Zusammenhang auch keine Veranlassung, den von dem Kläger benannten Zeugen Überall zu vernehmen. Denn der Kläger hat diesbezüglich bereits eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen Überall beigebracht, die zwar im hiesigen Strengbeweisverfahren kein taugliches Beweismittel ist, aus der sich aber ebenfalls Anhaltspunkte für ein Missverständnis ergeben. Denn auch der Zeuge Überall bekundet in dieser eidesstattlichen Versicherung nicht ausdrücklich, dass der Zeuge G bestätigt habe, dass der Beklagte eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten an die Ermittlungsbehörden übergeben habe. Nach der – mit der Einschränkung „so meine Erinnerung“ versehenen – Erklärung des Herrn Überall soll sich der Zeuge G lediglich so geäußert haben, dass M eidesstattliche Versicherungen abgegeben habe; auf Nachfrage, ob es sich um eigene eidesstattliche Versicherungen des Herrn M oder solche von Informanten gehandelt habe, habe G zwar ersteres verneint, sei aber nicht weiter auf die Sache eingegangen. Diese Aussage, die der Kläger zur Stützung seiner Behauptung heranzieht und von der nicht anzunehmen ist, dass sie in einer Zeugenvernehmung anders erfolgen würde, steht der Annahme eines Missverständnisses im Zusammenhang mit einer Äußerung des Zeugen G, nach der es um eidesstattliche Versicherungen gehe, nicht entgegen. Dies ergibt sich zudem auch daraus, dass Herr Überall in der zeitlich näher an dem Telefonat liegenden Stellungnahme des Schlichtungsausschusses noch damit zitiert worden ist, aus den Äußerungen von Staatsanwalt G den Eindruck gewonnen zu haben, dass eidesstattliche Versicherungen eine Rolle spielten und der Beklagte „irgendwie damit zu tun habe“. In dem Telefonat mit Staatsanwalt G sei jedoch keine Rede von Y Material gewesen, das K den Ermittlungsbehörden übergeben habe.
62(2) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Beklagte nicht selbst gegenüber der Redakteurvertretung erklärt hat, er habe der Kripo von ihr angeforderte eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten übergeben.
63Dass eine solche Erklärung des Beklagten nicht erfolgt ist, haben die Zeuge I und Z bezeugt. Die Zeugin T hatte keine Erinnerung mehr an den Vorgang. Der Zeuge C hat zwar bekundet, dass sich der Beklagte in dieser Art und Weise geäußert haben soll, musste jedoch einräumen, dass er dies aus der Erinnerung nicht mehr wisse und sich auf die seinerzeit gefertigte Gesprächsnotiz verlassen müsse. Diese enthält in der Tat in Absatz 4 die Aussage
64„ Wegen Widersprüchlichkeiten – insbesondere die Einstellung des Verfahrens von der Kölner Tafel – recherchierte OK bei Kripo nach und übergab dann die von der Kripo eingeforderten eidesstattlichen Versicherungen von OKs Informanten zu den „Unregelmäßigkeiten im Verien“.“
65Allerdings steht diese Aussage im Protokoll in Widerspruch zu der Aussage in dem vorangehenden Absatz 3:
66„Zum aktuellen Fall „Johannishilfe“ versichert OK, dass er kein Material weitergegeben habe.“
67Diese protokollierten Aussagen schließen sich gegenseitig aus. Die Kammer geht insoweit davon aus, dass es sich bei der in Absatz 4 protokollierten Aussage um ein Missverständnis handelt. Denn der Beklagte hat stets beteuert, keine Rechercheunterlagen an die Ermittlungsbehörden weitergegeben zu haben, was aber der Vorwurf war, der ihm vom Kläger gemacht worden ist und den der Beklagte unter anderem zum Anlass genommen hat, die Redakteursvertretung anzurufen. Es ist vor diesem Hintergrund nicht erklärlich, warum der Beklagte in der Anhörung der Redakteursvertretung die Vorwürfe einräumen sollte, zumal, wenn er sie in der unmittelbar zuvor protokollierten Aussage noch ausdrücklich in Abrede gestellt hat. Ein solches Verhalten wäre überdies nach der Lebenserfahrung auch nicht ohne jede Reaktion der beteiligten Redakteure geblieben. Vielmehr wäre eine gewisse Empörung zu erwarten gewesen. Diese ergibt sich indes weder aus der Gesprächsnotiz noch aus der darauffolgenden Entscheidung der Redakteursvertretung. Die Zeugin L, die das Protokoll gefertigt hat, möchte zwar ein Missverständnis für ihre Person ausschließen, kann dies aber aufgrund des Zeitablaufs nach eigenem Bekunden nicht mehr mit absoluter Sicherheit und kann sich auch nicht mehr konkret an die Äußerungen erinnern.
68b) Dem Beklagten steht danach auch ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach zu. Der Höhe nach besteht dieser Anspruch indes nur in Höhe von EUR 651,80. Denn nur die Äußerung
69der Beklagte und Widerkläger habe bei seinem Gespräch mit der Redakteurvertretung laut Niederschrift selbst ausdrücklich erklärt, er habe der Kripo von ihr angeforderte eidesstattliche Versicherungen seiner Informanten übergeben;
70war Gegenstand der Abmahnung vom 07.02.2011. Die Äußerung
71Staatsanwalt G habe dem Kläger und Widerbeklagten auf telefonische Nachfrage bestätigt, dass der Staatsanwaltschaft nicht gesendetes Material aus dem Studio Köln des Y vorliege und den Namen des Beklagten und Widerklägers als Quelle genannt;
72ist demgegenüber vorgerichtlich nicht abgemahnt worden. Insofern kann der Beklagte für dieses Unterlassungsbegehren keine vorgerichtlichen Kosten geltend machen.
73Die Abmahnkosten sind zutreffend zu berechnen auf der Basis eines Gegenstandswertes von EUR 10.000,00 unter Ansatz einer geschäftsgebühr nach einem Faktor von 1,3 und zuzüglich EUR 20,00 Auslagenpauschale. Sie betragen danach EUR 651,80.
743. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 ZPO auf der Basis der Streitwertfestsetzung vom 14.05.2012. Die Kammer wertet die modifizierte Widerklage dabei als Teilklagerücknahme mit entsprechenden Kostenfolgen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.