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Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16.11.2004
verkündete Urteil des Amtsgerichts Köln - 120 C 111/03 -
teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die
Klägerin 67,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.02.2002 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Zwangsvollstreckung jeweils durch Sicherheits-
leistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn
nicht die vollstreckende Partei Sicherheit jeweils in gleicher Höhe leistet.
G r ü n d e:
21. Die Parteien streiten um die Abrechenbarkeit der Gebührenziffern A 1234, 1237, 1256, 1341 (vollständig) sowie 1341 (nur zum einfachen Satz) bei Durchführung einer Fehlsichtigkeitskorrektur im sog. LASIK-Verfahren.
3Die Klägerin unterzog sich im September 2002 einer Augenoperation bei den Beklagten wegen der bei ihr festgestellten Myopie. Die Beklagten rechneten die erbrachten Leistungen mit Rechnung vom 26.9.2002 ab, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 6 GA). Die privat krankenversicherte Klägerin glich den Gesamtbetrag von 3.857,81 € vollständig aus, erhielt von ihrer Krankenversicherung jedoch nur 2.578,93 € erstattet, weil diese die Auffassung vertritt, die GOÄ-Ziffern A 1234, A 1237, 1256 und 1341 hätten nicht abgerechnet werden dürfen und die GOÄ-Ziffer A 5855 hätte nur zum einfachen Satz berechnet werden dürfen.
4Mit der Klage verlangt die Klägerin den ihrer Ansicht nach zuviel gezahlten Betrag von 1.377,62 € von den Beklagten zurück. Sie hat gemeint, das zur Anwendung gelangte LASIK-Verfahren sei nach Ziffer 1345 GOÄ (Hornhautplastik) abzurechnen. Die daneben abgerechneten Ziffern A 1234, A 1237, 1256 und 1241 seien nicht berechenbar, weil dies gegen das Zielleistungsprinzip gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ verstoße. Bei den vorgenannten Gebühren handele es sich um medizinisch notwendige operative Einzelschritte zur Erbringung der operativen Zielleistung "Hornhautplastik" gem. GOÄ Ziffer 1345.
5Die Ziffer A 5855 GOÄ dürfe allenfalls mit dem einfachen Satz der Zuschlagsposition in Ansatz gebracht werden. Damit sei dem gegenüber dem herkömmlichen Verfahren zur Hornhautplastik aufwendigeren Materialeinsatz ausreichend Rechnung getragen.
6Zur Begründung ihrer Auffassung hat die Klägerin sich auf ein Rundschreiben des Verbandes der privaten Krankenversicherung (Bl. 10 f.GA) sowie auf einen Beschluss des Gebührenausschusses der Bundesärztekammer, abgedruckt im Deutschen Ärzteblatt 2002, S. A 144 (Bl. 13 GA), berufen. In dem letztgenannten Beschluss heißt es :
7"2. Refraktionschirurgie mit Excimerlaser
8Laser in situ-Kesatomileusis (LASIK) mit Excimer-Laseranwendung analog Nr. 1345 GOA (1660 Punkte ) + analog Nr. 5855 GOÄ (6900 Punkte).
9...........
10Bei der Excimer-Lasik ....handelt es sich - von wenigen medizinischen Indikationen abgesehen (beispielsweise extreme Kurzsichtigkeit oder rezidivierende Hornhauterosionen) - überwiegend um eine Leistung auf Verlangen des Patienten."
11Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 1.377,62 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 12.12.2002 zu zahlen.
12Die Beklagten haben beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie haben behauptet, die Gebührenziffern A 1234 und A 1237 beträfen nicht medizinisch notwendige operative Einschnitte im Rahmen der Hornhautplastik (GOÄ 1345), sondern mit ihnen seien diagnostische Maßnahmen abgerechnet, die der Operation vorausgingen. "Leistung" im Sinne des Zielleistungsprinzips sei nur die Operation, nicht auch die Vor- und Nachsorge.
15Auch die Ziffern 1256 und 1341 GOÄ seien abrechenbar, weil die hier abgerechneten Leistungen nicht notwendigerweise und immer mit der Hauptleistung zusammenhingen. Intraoperative Applanationstonometrie (1256 GOÄ) und Hornhaut-Markierung (1341 GOÄ) würden nur erbracht, wenn sich dies im Laufe der Operation als erforderlich ergebe.
16Unter Darstelllung des Operationsverfahren haben die Beklagten ferner behauptet, bei der Bestrahlung mittels Excimer-Lasers (A 5855 GOÄ) handele es sich um einen eigenständigen Eingriff, weshalb diese Position auch nicht nur als Zuschlagspostion abgerechnet werden dürfe, sondern als normale Leistungspostion mit dem Steigerungssatz von 2,5.
17Die Beklagten haben zur Berechtigung ihrer Abrechnung schließlich auf ihre mit der Klägerin unter dem 23.9.2002 getroffene Abrechnungsvereinbarung (Bl. 42 GA) verwiesen, aus der sich außer den abgerechneten Positionen auch die Steigerungssätze ergeben.
18Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. U der Universitäts-Augenklinik Köln. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 18.11.2003 (Bl. 73 ff. GA) und das Sitzungsprotokoll vom 31.8.2004 (Bl. 107 ff. GA) verwiesen.
19Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 1.274,49 € verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die Ziffer 1341 GOÄ sei als unselbständige Nebenleistung der mit GOÄ-Ziffer 1345 abrechenbaren Operation nicht gesondert berechenbar. Die Position A 5855 sei nur als Zuschlagsposition mit dem einfachen Satz abrechenbar. Das LASIK-Verfahren stelle nämlich nur eine neue, wenn auch aufwändige Variante derselben Zielleistung dar. Der Einsatz des Lasers stelle lediglich einen Teilschritt im Rahmen der Operation zur Hornhautveränderung dar.
20Gesondert abrechenbar seien jedoch die Positionen A 1234, A 1237 und 1256, weil es sich hierbei um der Operation vorausgehende diagnostische Leistungen handele, die auch neben Zi. 1345 GOÄ gesondert abrechenbar seien.
21Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgen die Beklagten die vollumfängliche Klageabweisung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Die Einordnung der Ziffer A 5855 als Zuschlagsposition sei falsch, weil sie in der GOÄ nicht als solche gekennzeichnet sei. Entsprechend dem Sachverständigengutachten handele es sich um zwei unterschiedliche und damit jeweils gesondert abrechenbare operative Prozeduren. Den Abzug der Position 1341 GOÄ greifen die Beklagten nicht an.
22Sie beantragen,
23das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 16.11.2004, Az.: 120 C 111/03, abzuändern und die Klage insgesamt kostenpflichtig abzuweisen.
24Die Klägerin beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Sie führt aus, die in Ziffer 5855 GOÄ beschriebene Leistung sei mit dem Einsatz des Lasers im LASIK-Verfahren nicht vergleichbar, weshalb eben der (analoge)Ansatz dieser Position allenfalls als Technik-Zuschlag zur Kompensation der hohen Kosten eines Excimer-Lasers berechtigt sei.
272.
28Die Berufung ist begründet, soweit sie die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des den einfachen Satz der GOÄ-Ziffer 5855 übersteigende Betrages (2.010,92 - 804,36 =) 1.206,56 € angreift. Im übrigen ist sie mangels ausreichender Berufungsbegründung unzulässig (67,93 € betr. Ziffer 1341 GOÄ).
29a) Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Rückzahlung des auf die Ziffer 1341 GOÄ entfallenden Betrages von 67,93 € verurteilt. Dies haben die Beklagten in zweiter Instanz nicht angegriffen, gleichwohl umfassend Klageabweisung beantragt.
30Mangels Begründung des sich aus der umfassenden Antragstellung ergebenden Angriffs ist die Berufung insoweit unzulässig.
31b) Die Berufung ist zulässig und begründet, soweit sie das angefochtene Urteil im übrigen angreift. Das Amtsgericht ist nämlich zu Unrecht davon ausgegangen, die Position A 5855 GOÄ könne nur als Zuschlagsposition mit dem einfachen Satz abgerechnet werden. Vielmehr ist die Abrechnung des Einsatzes des Excimerlasers als selbständige ärztliche Leistung neben der Hornhautplastik (Ziffer 1345 GOÄ) gebührenrechtlich nicht zu beanstanden. Entsprechendes ergibt sich zunächst aus dem im Deutschen Ärzteblatt 2002, A 144 veröffentlichen Beschluss des Gebührenordnungsausschuss der Bundesärztekammer. Danach soll das LASIK- Verfahren analog der Ziffern 1345 und 5855 GOÄ abzurechnen sein. Dass dabei die Position 5855 GOÄ nur als Zuschlagsposition in Ansatz kommen soll, ist nicht ersichtlich. Auch die Kommission Refraktive Chrirugie (KRC) vertritt diese Auffassung , wie sich aus den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. U in seinem Sachverständigengutachten ergibt. Diese Auffassung ist auch sachlich gerechtfertigt. Bei der LASIK-Methode kommen nämlich mehrere operative Prozeduren zum Einsatz. Der Darstellung des Sachverständigen ist zu entnehmen, dass zunächst mit dem Keratom, einem computergesteuerten Hobel, eine dünne Scheibe der Hornhaut teilweise abgetrennt wird. Hierbei handelt es sich um die unter die Leistungsbeschreibung der Ziffer 1345 GOÄ fallende Präparation der Hornhaut als selbständigem Operationsteil. In einem weiteren Schritt wird sodann der nun freiliegende Teil der Hornhaut mit dem Excimer-Laser abgeschliffen. Dieser Behandlungsschritt unterfällt der Position A 5855 GOÄ. Alsdann wird das zuvor abgehobelte Hornhautscheibchen wieder zurückgeklappt (vgl. zum Hergang auch die schematische Darstellung auf der Internetseite der KRC: http://www.augeninfo.de/krc). Dass die Laserbehandlung intrapoerativ erfolgte, nämlich als Bestandteil der Gesamtoperation zur Korrektur der Fehlsichtigkeit der Klägerin, ist ohne Belang. Denn die Leistungsbeschreibung der Ziffer 5855 GOÄ lautet gerade "Intraoperative Strahlenbehandlung....."
32Die Berechnung der Position 5855 GOÄ ist auch nicht unter Hinweis auf das Zielleistungsprinzip der GOÄ neben Ziffer 1345 GOÄ unzulässig.
33Die in Ziffer 1345 GOÄ beschriebene Zielleistung ist nämlich nicht die operative Beseitigung der Fehlsichtigkeit, sondern nur die Hornhautplastik. Dass es sich hierbei um Synomyne handelt, ist nicht ersichtlich, sondern nach den Erklärungen des Sachverständigen auszuschließen, der die jeweiligen operativen Prozeduren jeweils als eigenständige Leistungen bezeichnet hat.
34Im Ergebnis haben die Beklagten damit die Ziffer A 5855 GOÄ zu recht nicht nur als Zuschlagposition, sondern als eigenständige Leistung abgerechnet. Die jeweils in Ansatz gebrachten Steigerungssätze sind nach dem Sachverständigengutachten nicht zu beanstanden.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708, 711 ZPO.
36Streitwert für das Berufungsverfahren : 1.274,49 €