Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
I.
1. (Antrag zu 1.)
Es wird festgestellt, dass die zwischen der Beklagten und Tarifkunden im Stadtgebiet I nach der AVBEltV am 30.04.2002, 24.00 Uhr, bestehenden Verträge über Stromversorgung am 01.05.2002, 0.00 Uhr, auf die Klägerin übergegangen sind.
2. (Antrag zu 5.)
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an der Übertragung aller am 30.04.2002, 24.00 Uhr im Stadtgebiet I bestehenden Sonderkundenverträge über Stromversorgung zum 01.05.2003, 0.00 Uhr auf die Klägerin mitzuwirken, soweit diese Verträge am 01.05.2003, 0:00 Uhr noch fortbestehen.
3. (Antrag zu 7.)
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, zum 01.05.2003, 0.00 Uhr,
a) das Eigentum der im Stadtgebiet I befindlichen zur Durchführung der allgemeinen Stromversorgung notwendigen Stromversorgungseinrichtungen und Straßenbeleuchtungsanlagen, bestehend aus:
- 10-kV-Schaltanlage im Umspannwerk I nebst zugehörigem Grundstück, Gebäude, Eigenbedarfsversorgung, Erdschlusskompensationseinrichtung und sonstigen betriebsnotwendigen Nebenanlagen, jedoch ohne Tonfrequenzrundsteueranlage,
- 10-kV-Schaltanlage im Umspannwerk P nebst zugehörigem Grundstück, Gebäude, Eigenbedarfsversorgung und sonstigen betriebsnotwendigen Nebenanlagen, jedoch ohne Tonfrequenzrundsteueranlage,
- alle 10-kV-Kabel (165.847 m) und 10-kV-Freileitungen (47.262 m) im Stadtgebiet I gemäß Auflistung in Anlage K2,
- alle im Eigentum der Beklagten stehenden Steuerkabel (41.796 m) im Stadtgebiet I,
- alle Ortsnetzstationen 10/0,4 kV (267 Stück gemäß Auflistung in Anlage K3) inklusive Transformatoren (298 Stück) im Stadtgebiet I nebst zugehöriger Grundstücke bzw. Grunddienstbarkeiten sowie beschränkt persönliche Dienstbarkeiten,
- alle Niederspannungskabel (217.781 m) und freileitungen (93.935 m) nebst Kabelverteilerschränken (395 Stück), Kabelhausanschlüssen (11.556 Stück) sowie Freileitungshausanschlüssen (1.408 Stück) im Stadtgebiet I,
- alle Zähler und Messeinrichtungen (21.485 Stück) sowie sonstige Messeinrichtungen (141 Stück) und Wandler (761 Stück) in den o.g. Schaltanlagen, Ortsnetzstationen und Kundenanlagen im Stadtgebiet I, jedoch ohne Tonfrequenzrundsteuerempfänger,
- alle Straßenbeleuchtungsanlagen inkl. Straßenleuchten (6.556 Stück) gemäß Anlage K4 und Straßenbeleuchtungskabel (230.375 m) im Stadtgebiet I,
- alle sonstigen Grundstücke im Eigentum der Beklagten im Stadtgebiet I, soweit sie für den Betrieb der Stromversorgungsanlagen und Straßenbeleuchtungsanlagen erforderlich sind, gemäß Anlage K5,
- vorbehaltlich von den Vertragsparteien festgestellter Änderungen nach erfolgter Netzneuaufnahme,
und alle dazugehörigen Unterlagen zu übertragen,
b) die vorgenannten Grundstücke und noch zu vermessenden Grundstücksteilflächen einschließlich der zugehörigen Gebäude samt ihrer wesentlichen Bestandteile aufzulassen und die Eintragung der Klägerin im Grundbuch zu bewilligen,
c) bestehende dingliche Rechte an den vorgenannten Grundstücken und zu Gunsten der Beklagten im Grundbuch eingetragene bzw. kraft Gesetzes außerhalb des Grundbuchs entstandene beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, soweit sie der örtlichen Stromversorgung in der Stadt I dienen, zu übertragen und, soweit erforderlich, ihre Zustimmung zur Eintragung der Klägerin in das Grundbuch zu erteilen, bzw., soweit eine Übertragung nicht möglich ist, zu deren Ausübung zu überlassen, und
d) alle ihr gegenüber der S Aktiengesellschaft zur Leistungsvorhaltung in den Umspannwerken I und P zustehenden und damit verbundenen Rechte (Baukostenzuschüsse) zu übertragen,
und zwar Zug um Zug
gegen Zahlung eines angemessenen Entgeltes.
Hinsichtlich der Höhe dieses Entgeltes ist der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif.
4. Hinsichtlich der Anträge zu 4. und 6. und hinsichtlich des weitergehenden Antrages zu 5. wird die Klage abgewiesen
II. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien sind Energieversorgungsunternehmen aus I. Die Klägerin ist nach ihrer Darstellung Konzessionsnehmerin im Sinne von § 13 EnWG im Stadtgebiet I. Sie macht Ansprüche gegen die Beklagte, die frühere Konzessionsnehmerin, geltend, die auf dem Wechsel der Konzessionsinhaberschaft beruhen.
3Die Beklagte versorgt die Bevölkerung der Region I seit ungefähr hundert Jahren mit Strom, zuletzt auf Basis eines Konzessionsvertrages vom 02.05.1955. In I beliefert sie zur Zeit ungefähr 18.000 Kunden. Darunter sind sowohl Tarifkunden, d.h. solche, die zu den sog. allgemeinen Tarifen nach der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung für Tarifkunden (AVBEltV) versorgt werden, als auch sog. Sonderkunden, mit denen unabhängig davon individuelle Konditionen ausgehandelt wurden. Ferner hatte sie mit der Stadt I einen zum 31.12.2000 ausgelaufenen Straßenbeleuchtungsvertrag abgeschlossen, der sie verpflichtete, die Beleuchtung im Stadtgebiet zu gewährleisten sowie die dazu erforderlichen Anlagen in Stand zu halten. Sie ist Eigentümerin einer Reihe von Grundstücken und den darauf befindlichen Stromverteilungseinrichtungen und -anlagen sowie Straßenbeleuchtungsanlagen im Stadtgebiet I.
4Der Stromkonzessionsvertrag zwischen der Beklagten und der Stadt I lief aufgrund der Vorschrift des § 103 a Abs. 4 GWB a.F. am 31.12.1994 aus. Seitdem nahm die Beklagte ohne gültigen Konzessionsvertrag die Aufgabe als allgemeiner Versorger und Netzbetreiber in I weiterhin wahr.
5Am 20.09.1995 beschloss der Rat der Stadt I, den Konzessionsvertrag mit der Beklagten nicht zu verlängern.
6Für den Fall seiner Beendigung sah der Konzessionsvertrag vom 02.05.1955 in § 8 folgende Endschaftsbestimmung vor:
7"...........
8(2) Mit der Kündigung erwirbt die Gemeinde das Recht, das in ihrem Gebiet befindliche Leitungsnetz, einschließlich aller Anschlüsse und Transformatorenstationen nebst den dazugehörigen Grundstücken, ausschließlich der von der Gemeinde genehmigten Durchgangsleitungen, zum Sachzeitwert zu übernehmen. ........
9 10(3) Die Gemeinde ist zur Übernahme verpflichtet, sofern sie bei Ablauf des Vertrages entweder ein eigenes Elektrizitätswerk in Betrieb setzt odert mit einem anderen Unternehmen einen Vertrag wegen Benutzung der Gemeindewege zu Leitungsanlagen zwecks Stromversorgung abschließt.
11........
12(5) Macht die Gemeinde von ihrem Übernahmerecht Gebrauch, müssen die Kreiswerke alle Stromlieferungsverträge mit Abnehmern im Gemeindegebiet auf die Gemeinde überleiten. Die Kreiswerke werden in ihre Stromlieferungsverträge entsprechende Vorbehalte aufnehmen.
13..........."
14Wegen des weiteren Inhalts des Konzessionsvertrages nimmt die Kammer Bezug auf die Anlage K 9.
15Im weiteren Verlauf fanden diverse Treffen zwischen Vertretern der Beklagten sowie der Stadt I statt, deren Anlass die Festlegung des Übernahmewertes für das Verteilungsnetz, sowie die zu übertragenden Grundstücke und Anlagen war. Dabei gelang es den Beteiligten nicht, die Berechnungsmethoden zur Ermittlung des Sachzeitwertes einvernehmlich festzulegen. Auch über etwaige abzuziehende Posten wie Baukostenzuschüsse o.ä. konnte keine Einigkeit erzielt werden.
16Deswegen beriefen die Beteiligten zur Klärung dieser Fragen einen Gutachterausschuss ein, wie es § 14 des Konzessionsvertrages vom 02.05.1955 vorsah:
17"Bei sämtlichen Streitigkeiten aus diesem Vertrage ist zunächst ein Gutachterausschuss zu bilden, der den Streitfall zu begutachten und zwischen den Parteien zu vermitteln hat.
18(...)
19Die ordentlichen Gerichte können von den Vertragschließenden in Streitfällen erst angerufen werden, wenn die Vermittlung des Ausschusses keinen Erfolg gehabt hat."
20Angesichts einer Vielzahl anhängiger Musterprozesse gab der Ausschuss keine abschließende Empfehlung, sondern regte vielmehr die Vereinbarung eines Rückforderungsvorbehaltes, der das Ergebnis der ausstehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung berücksichtigen sollte, an.
21Unabhängig davon hatte die Beklagte ihrerseits die X AG mit der Erstellung eines Gutachtens hinsichtlich des Sachzeitwertes zum Übernahmestichtag 30.06.1996 beauftragt. Im Juli 1997 richtete sie ein Schreiben an die Stadt I, in dem sie den Ergebnissen dieses Gutachtens folgend einen Sachzeitwert von 80.457.188,-- DM angab. Nach Korrekturen bei der Berechnung wurde nach Abzug einer Summe von 10.061.183,-- DM an nicht aufgelösten Baukostenzuschüssen ein Preis von 70.396.005,-- DM gefordert.
22Die Stadt I erklärte sich mit den Berechnungsmethoden der Beklagten nicht einverstanden und erkannte den geforderten Übernahmewert dem Grund und der Höhe nach nicht an.
23Die Beteiligten stiegen erneut in Verhandlungen ein, wobei es nun vornehmlich um die Frage ging, ob bei der Ermittlung des Tagesneuwertes der zu übernehmenden Anlagen, welcher Ausgangspunkt für die Ermittlung des Sachzeitwertes ist, ortsübliche Preise oder Preise der Beklagten maßgeblich seien. Da es auch hier zu keiner Einigung kam, wurde erneut ein Gutachterausschuss einberufen, um sich mit der genannten Frage auseinanderzusetzen.
24Der Ausschuss kam zu dem Ergebnis, dass derjenige Wert zugrunde zu legen sei, zu dem der Übernehmer die Anlagen neu errichten könnte, wobei dieser Preis sich danach zu richten habe, was konkret in I an Kosten anfallen würde.
25Nachdem die Beklagte dennoch an dem von ihr genannten Übernahmewert festhielt, verwies die Stadt I auf eine Ende 1999 ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, NJW 2000, 577 - "Kaufering"), der ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde lag. In dieser Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof klar, dass es grundsätzlich zulässig sei, in einer Endschaftsbestimmung eines Stromkonzessionsvertrages den Sachzeitwert als Übernahmepreis festzusetzen. Dies gelte jedoch ausnahmsweise nicht, wenn der Sachzeitwert den Ertragswert nicht unerheblich übersteige.
26Die Stadt I forderte die Beklagte auf, unter Berücksichtigung dieses Urteils einen angemessenen Kaufpreis zu nennen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte unter Hinweis des bereits mitgeteilten Preises nicht nach.
27Daraufhin berief die Stadt I einen dritten Gutachterausschuss ein, um die Frage klären zu lassen, ob die Beklagte verpflichtet ist, einen Kaufpreis auf Ertragswertbasis zu nennen. Der Ausschuss kam zu dem Ergebnis, dass der Ertragswert des Netzes und der Anlagen jedenfalls bekannt sein müsse, da nur dann zu überprüfen sei, ob der geforderte Übernahmepreis unzulässig sei. Seitens des Gutachterausschusses wurde angeregt, eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Ermittlung des Sachzeitwertes und des Ertragswertes zu beauftragen, was von der Beklagten jedoch abgelehnt wurde.
28Am 28.06.2001 wurden zwischen der Stadt I und der O GmbH, einer Muttergesellschaft der Klägerin, ein neuer Stromkonzessions- sowie ein Straßenbeleuchtungsvertrag für das Stadtgebiet I abgeschlossen. Dabei wurde vereinbart, dass von diesem Zeitpunkt an die O GmbH die weiteren Verhandlungen mit der Beklagten hinsichtlich des Übernahmewertes führen sollte. Zu diesem Zweck trat die Stadt I der O GmbH die ihr aus dem alten Konzessionsvertrag vom 02.05.1955 gegen die Beklagte zustehenden Rechte an diese ab. Hierüber verhält sich die Abtretungsurkunde vom 13./16. Juli 2001 (Anlage K 31).
29Die O GmbH nahm im Folgenden Kontakt mit der Beklagten auf und bat um eine Gesprächsrunde sowie diverse Informationen über das Netz, bestehende Stromlieferungsverträge etc., damit die geplante Netzübernahme zum 01.01.2002 nicht verzögert würde.
30In Kenntnis des Neuabschlusses des Konzessionsvertrages zwischen der Stadt I und der O GmbH erklärte die Beklagte das Gutachterverfahren im August 2001 mit Schreiben vom 13.08.2002 (Anlage K 21) gegenüber dem Vorsitzenden des Gutachterausschusses, Herrn Prof. Dr. Jürgen Baur, Köln, für beendet:
31"(...)
32Vor diesem Hintergrund sehen wir keinen Raum für eine weitere Durchführung des Verfahrens nach § 14 des Konzessionsvertrages. Eine Fortsetzung des Verfahrens lehnen wir ab, dies wäre reiner Formalismus. Gleichzeitig erklären wir, das Prozesshindernis des § 14 im gerichtlichen Verfahren nicht geltend zu machen.
33(...)"
34Ende August 2001 fanden erstmals Verhandlungen zwischen der O GmbH und der Beklagten bezüglich der Übernahme des Stromnetzes statt. Hier äußerte die Beklagte erstmals ihre Auffassung, dass seitens des neuen Netzbetreibers kein Anspruch auf Eigentumsübertragung an den in Rede stehenden Grundstücken und Anlagen bestehe. Vielmehr habe die O GmbH lediglich einen Anspruch auf Gebrauchsüberlassung in Form einer Pacht. Ferner wurde seitens der Beklagten mitgeteilt, man sei der Ansicht, dass die bestehenden Kundenverträge von dem Netzbetreiberwechsel nicht berührt würden. Diesen Forderungen wurde seitens der O GmbH widersprochen.
35In der Folgezeit wurde die Klägerin gegründet. Sie übernahm von der O GmbH den Stromkonzessions- und Straßenbeleuchtungsvertrag. Dem stimmte die Stadt I als Vertragspartnerin zu (Anlagen K 29 und 30). Des weiteren trat die O GmbH der Klägerin die Rechte aus dem ausgelaufenen Konzessionsvertrag vom 02.05.1955 mit Abtretungsurkunde vom 04.09./31.8.2001 ab, welche sie selbst zuvor von der Stadt I übertragen bekommen hatte (Anlage K 32).
36Um die geplante Netzübernahme zum 01.01.2002 nicht zu gefährden, erklärte die Klägerin sich gegenüber der Beklagten bereit, das Versorgungsnetz sowie die Grundstücke und Anlagen zunächst nur zu pachten. Dabei stellte sie klar, dass ihrerseits weiterhin die Auffassung bestehe, dass die Beklagte zu einer Eigentumsübertragung verpflichtet sei. Eine gerichtliche Geltendmachung dieser Ansprüche sollte durch den Pachtvertrag nicht beeinträchtigt werden.
37Die Parteien schlossen im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Landgericht Köln (28 O (Kart) 601/01) am 14. Dezember 2001 einen Vergleich, der die Beklagte verpflichtete, der Klägerin ab dem 01.05.2002 wenigstens den Besitz an den fraglichen Gegenständen zu überlassen. Diese Überlassung regelten die Parteien im Rahmen eines Pachtvertrages Anlage K 37), den sie am 14.12.2001/27.03.2002 neu formulierten Anlage B 7). § 11 Abs. 2 dieses Vertrages enthält eine Klausel, wonach die in Absatz 1 der Klausel getroffene Regelung der Grundlaufzeit des Pachtvertrages bis 30. April 2003 auch dann unberührt bleiben sollte, wenn das Bestehen einer Verpflichtung der Beklagen zur Übereignung des Pachtgegenstandes sowie der Übertragung der Tarif- und Sonderkundenlieferverhältnisse gerichtlich festgestellt werden sollte. Ferner heißt es:
38"Insbesondere kann O von L für die Dauer der Grundlaufzeit des Pachtvertrages weder die Eigentumsübertragung noch die Übertragung der Lieferverträge mit Kunden im Stadtgebiet I, die im Zeitpunkt des Pachtbeginns bestanden haben, noch eine Reduzierung des Festpachtzinses verlangen noch diesen Festpachtzins anteilig oder ganz zurückfordern. O bleibt die Durchführung eines entsprechenden gerichtlichen Verfahrens vorbehalten."
39Im Juni 2002 hat die Klägerin ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten der C GmbH, Aachen, sowie des Herrn WP C1, Aachen, vom 24.05.2002 vorgelegt (Anlage K 71). Untersuchungsgegenstand war der Sachzeitwert des Stromversorgungsnetzes im Stadtgebiet I zum Stichtag 01.05.2002. Dabei wurde ein Sachzeitwert von 39,3 Mio. DM ermittelt.
40Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Anspruch auf Eigentumsübertragung am Versorgungsnetz, den Grundstücken mit den darauf befindlichen Anlagen sowie an den Straßenbeleuchtungsanlagen zu. Ferner seien die Tarifkundenverträge, die die Beklagte im Stadtgebiet I abgeschlossen hatte, per Gesetz mit Übernahme der Stromverteilungsanlagen zum 01.05.2002 auf die Klägerin übergegangen. Daneben sei die Beklagte aus dem abgelaufenen Konzessionsvertrag vom 02.05.1955 verpflichtet, die Sonderkundenverträge an sie zu übertragen.
41Ursprünglich hat die Klägerin die Anträge aus ihrem Schriftsatz vom 27.05.2002 (Blatt 218 d. GA) gestellt.
42In Ergänzung dieser Anträge beantragt sie nunmehr,
43die Beklagte zu verurteilen, alle zwischen der Beklagten und Tarifkunden im Stadtgebiet I nach der AVBEltV am 30.04.2002, 24.00 Uhr, bestehenden Verträge über Stromversorgung auf die Klägerin zum 01.05.2003, 0.00 Uhr, zu übertragen,
453. hilfsweise zu 2.,
46festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle zwischen der Beklagten und Tarifkunden im Stadtgebiet I nach der AVBEltV am 30.04.2002, 24.00 Uhr, bestehenden Verträge über Stromversorgung zum 01.05.2003, 0.00 Uhr auf die Klägerin zu übertragen,
47und alle dazugehörigen Unterlagen zu übertragen,
62Zug um Zug
66gegen Zahlung eines Entgeltes in Höhe des Sachzeitwertes von 39,3 Mio. DM (Stichtag 01.05.2002) abzüglich des noch nicht aufgelösten Restanteils der von Abnehmern und der öffentlichen Hand und sonstigen Dritten bereits gezahlten Baukosten und Ertragszuschüssen.
67festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die in Ziffer 4. aufgeführten Gegenstände zum 1.5.2003 zu übertragen, und zwar Zug um Zug gegen Zahlung eines Entgeltes wie in Ziffer 6. formuliert.
69Die Beklagte beantragt,
70die Klage abzuweisen.
71Sie ist der Ansicht, dass eine Verpflichtung ihrerseits zur Eigentumsübertragung an den aufgeführten Grundstücken, Anlagen und Gegenständen nicht bestehe. Zudem fehle es an einer Anspruchsgrundlage der Klägerin für den Übergang der Kundenverhältnisse auf die Klägerin.
72Wegen der umfangreichen Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
73Mit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16.09.2002 hat die Beklagte für den Fall, dass das Gericht dem Antrag zu 1. stattgeben sollte, Hilfswiderklage erhoben mit den Anträgen,
74festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, die auf sie am 1. Mai 2002, 0:00 Uhr übergegangenen Tarifkundenverträge nach der AVBEltV über Stromversorgung im Stadtgebiet I zum 1. Mai 2002, 0:01 Uhr, auf die Beklagte zu übertragen,
75hielfsweise die Klägerin zu verpflichten, die am 1. Mai 2002, 0:00 Uhr auf die Klägerin übergegangenen Tarifkundenverträge nach der AVBEltV über Stromversorgung im Stadtgebiet I auf die Beklagte zu übertragen.
76Zur Begründung dieser Anträge verweist die Beklagte auf § 11 Abs.2 des Pachtvertrages.
77E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
78Die Klage ist zum Teil unzulässig, zum Teil nicht begründet. Im tenorierten Umfang ist sie zulässig und begründet. A. Zulässigkeit
79I. Kartellrechtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Köln
8081
Das Landgericht Köln ist örtlich zuständig. Die Zuständigkeit ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Satz 2 GWB in Verbindung mit der Regelung in der NW-Verordnung vom 2.11.1994 (GVBl für das Land Nordrhein-Westfalen 1994, Seite 1067) . Nach § 87 Abs. 1 Satz 2 GWB besteht die kartellrechtliche Zuständigkeit auch dann, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer kartellrechtlichen Vorfrage abhängig ist. Dies ist hier der Fall.
82Bei der Beurteilung, ob der Rechtsstreit von einer kartellrechtlichen Vorfrage abhängig ist, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen (vgl. Bornkamm in Langen/Bunte, GWB-Kommentar, 9. Auflage, § 87 Rn. 14). Danach kommt die Verneinung der eigenen Zuständigkeit durch das als Kartellgericht angerufene Gericht nur dann in Betracht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von der kartellrechtlichen Frage abhängt.
83Vorliegend ergibt sich die Maßgeblichkeit einer kartellrechtlichen Vorfrage jedenfalls für die Entscheidung zu dem in den Anträgen zu 6. und 7. formulierten Zug um Zug- Leistungen. Hierzu nämlich ist gegebenenfalls die Auslegung der Regelung in § 8 Abs. 2 des Konzessionsvertrages zwischen der Bekl. und der Stadt I aus dem Jahre 1955 von entscheidender Bedeutung. Die Festlegung der Wertermittlung auf den Sachzeitwert ist nach § 1 GWB zu beurteilen (vgl. BGHZ 143, 128 ff. - Kaufering). Damit ist eine Vorfrage nach Kartellrecht zu beurteilen und die Zuständigkeit des Landgerichts Köln als Kartellgericht begründet.
84Ob es im Ergebnis letztlich tatsächlich auf die vorgenannte Vorfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt oder nicht, ist für die Beurteilung der Zuständigkeit nicht maßgeblich. Zwar verlangt § 87 Abs. 1 Satz 2 GWB die Vorgreiflichkeit der kartellrechtlichen Vorfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits. Bei Beurteilung der Vorgreiflichkeit ist aber zu beachten, dass diese von einer Vielzahl von weiteren Gesichtspunkten abhängen kann, die sich unter Umständen erst im Verlaufe des Rechtsstreits ergeben. Bei Anlegung des bei Beurteilung der Zuständigkeitsfrage anzulegenden großzügigen Maßstabs kann es nicht darauf ankommen, ob die kartellrechtliche Vorfrage letztlich vorgreiflich ist oder nicht. Sähe man dies anders, hinge die Zuständigkeit des als Kartellgericht angerufenen Gerichts unter Umständen von erst im Verlaufe des Rechtsstreits - ggf. im Rahmen einer Beweisaufnahme - zu klärenden Gesichtspunkten ab. Sollte sich beispielsweise herausstellen, dass der Sachzeitwert den Ertragswert der Stromverteilungsanlagen nicht erheblich übersteigt, käme es auf die Frage der kartellrechtlichen Wirksamkeit der Endschaftsklausel in § 8 Abs. 2 des Konzessionsvertrages aus dem Jahre 1955 nicht an. Dieser tatsächliche Umstand kann aber für die Frage der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts keine entscheidende Bedeutung haben, so dass bereits dann die von § 87 GWB verlangte Vorgreiflichkeit besteht, wenn die kartellrechtliche Vorfrage vorgreiflich werden kann. Eine Verneinung der eigenen Zuständigkeit kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von der kartellrechtlichen Frage abhängt (Bornkamm a.a.O., Rn.14). Das ist hier indessen nicht der Fall.
85II. Keine Unzulässigkeit der Klage im Hinblick auf § 14 des Konzessionsvertrages von 1955
86Die Klage ist auch nicht deshalb unzulässig, weil die Kl. nicht zunächst das in § 14 des Konzessionsvertrages von 1955 vorgesehene Gutachterverfahren durchgeführt hat.
87Zwar ist das in § 14 des Konzessionsvertrages vorgesehenen Schlichtungsverfahren dem ordentlichen Klageverfahren zwingend vorgelagert, sodass eine ohne Beachtung dieses Verfahrens erhobene Klage als derzeit unzulässig abzuweisen wäre (vgl. hierzu BGH NJW 1999,12 f.; BGH ZZP 99 -1986 -, 90 ff.). Vorliegend ist es der Bekl. jedoch verwehrt, sich auf § 14 des Konzessionsvertrages zu berufen. Die entsprechende Einrede stellt nämlich eine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Kl. durfte und mussten nämlich auf Grund des Schreibens der Bekl. vom 15.8.2001 davon ausgehen, die Bekl. werde sich im gütlich nicht einigen, einer Vermittlung habe also von vornherein keine Aussicht auf Erfolg. Auch wenn das damalige Schlichtungsverfahren nicht zwischen denselben Parteien lief, wird aus dem vorgenannten Schreiben (Anlage K 21) doch deutlich, dass die Bekl. sich nichtmehr auf eine außergerichtliche Streitschlichtung einlassen wollte, und zwar auch und gerade nicht im Verhältnis zu Kl., die mit Schreiben vom 19.7.2001 unter Hinweis auf die Abtretung aller Rechte aus dem Konzessionsvertrag das in Gutachterverfahren an Stelle der Stadt I aufnehmen wollte. Die Erklärung der Bekl., wird das aus § 14 folgende Prozesshindernis nicht geltend machen zu wollen, ist dem Schreiben vom 15.8.2001 (Anlage dar 21) über dies allgemein und umfassend formuliert. Wer sich so verhält, handelt widersprüchlich und damit rechtsmissbräuchlich, wenn er im nachfolgenden Prozess die Einrede des Schlichtungsverfahrens erhebt.
88Dies gilt umso mehr, als die Bekl. bestreitet, dass die Kl. überhaupt Rechte aus den Konzessionsvertrages herleiten kann (vgl. etwa Blatt 40 der Klageerwiderung, Blatt 128 ff. der Gerichtsakte). Dann aber kann die Bekl. sich gegenüber der Kl. auch nicht auf § 14 dieses Vertrages berufen.
89Schließlich ist die Berufung der Bekl. auf § 14 des Konzessionsvertrages aus dem Jahre 1955 auch deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sich aus dem zwischen den Parteien am 15. Dezember 2001 geschlossenen Pachtvertrag ergibt, dass die Kl. eine Erklärung der zwischen den Parteien streitigen Fragen durch ein gerichtliches Verfahren sollte herbeiführen können. So heißt es in § 11 Abs. 2 des Pachtvertrages:
90"Sollte im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens durch rechtskräftige Entscheidung festgestellt werden,.... "
91Am Ende des §§ 11 Abs. 2 des vorgenannten Pachtvertrages heißt es:
92"O bleibt die Durchführung eines entsprechenden gerichtlichen Verfahrens vorbehalten. "
93Die Schlichtungsklausel steht der Zulässigkeit der vorliegenden Klage mithin nicht entgegen.
94III. Zulässigkeit der einzelnen Anträge
95Die Stellung weiterer Anträge in der mündlichen Verhandlung vom 7.6.2002 ist zulässig. Mit diesen Anträgen hat die in Kl. lediglich den Hinweisen der Kammer hinsichtlich einer eventuellen Unzulässigkeit der bislang gestellten Leistungsanträge Rechnung getragen. Ob es sich hierbei um eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO handelt oder um einen Fall des § 264 ZPO, kann offen bleiben, denn auch eine Klageänderung wäre als sachdienlich zuzulassen.
961. Antrag zu 1.
97Gegen den Antrag auf Feststellung, dass alle paar 30.4.2002 bestehenden Tarifen und Verträge auf die Kl. übergegangen sind, bestehen keine Zulässigkeit bedenken. Insbesondere ist der Antrag hinreichend bestimmt, weil sowohl in zeitlicher als auch in gegenständliche Hinsicht der Antrag hinreichend präzisiert ist. Insbesondere ist der Begriff der Tarifkunden hinreichend bestimmbar. Tarifkunden sind die Kunden, die auf Grund allgemeiner Tarife nach der BTOElt und allgemeiner Bedingungen der AVBEltV in Niederspannung beliefert werden. Bei Anlegung dieser zwischen den Parteien nicht streitigen Definition lässt sich der Kreis der betroffenen Verträge hinreichend klar bestimmen.
98Ob auch die (Hilfs-) Anträge zu 2. und 3. zulässig sind kann dahinstehen, weil die Bedingung, unter der sie gestellt worden sind, nicht eingetreten ist: Der Antrag zu 1. ist nämlich zulässig und begründet (dazu unten).
992. Antrag zu 4.
100Der mit dem Antrag zu 4. gestellte Leistungsantrag ist unzulässig.
101An die Bestimmtheit von Leistungsanträgen sind wegen der zwangsvollstreckungsrechtlichen Folgen strenge Anforderungen zustellen. Insoweit bestehen zwar keine Bedenken, weil sowohl Tarifkunden als auch Sonderkunden hinreichend bestimmbare Personenkreise sind. Nicht ausreichend bestimmt ist allerdings der Antrag, so weit die Kl. "Übertragung" der jeweiligen Verträge verlangt. Insoweit ist nämlich nicht klar, wie ein so formulierter Tenor vollstreckt werden soll (§ 888 ZPO ? § 894 ZPO ?). Ferner ist unklar, was genau von der Bekl. verlangt wird. Deutlich wird dies insbesondere bei den "regio-Energie"-Kunden. Diese Verträge können nicht von der Bekl. auf die Kl. übertragen werden. Allenfalls schuldet die Bekl. insoweit Mitwirkung an Vertragsübernahmen.
103b) Vertraglicher Ausschluss der Leistungsklage
104Abgesehen hiervon stehen die Vereinbarungen der Parteien im Pachtvertrag vom 14. Dezember 2001 der Zulässigkeit einer Leistungsklage entgegen. In dem bereits zitierten § 11 Abs. 2 in dieses Pachtvertrages ist wiederholt die Rede von gerichtlicher Feststellung. Der Wortlaut des Pachtvertrages spricht dafür, dass tatsächlich gerichtliche Entscheidung im Sinne einer Feststellungsklage gemeint ist. Anderenfalls hätte nämlich die Wahl einer anderen Formulierung näher gelegen ("Sollte ... verurteilt werden, zu übertragen..."). Dem Wortlaut der Vereinbarung in § 11 Abs. 2 des Pachtvertrages kommt hier besondere Bedeutung zu, weil die Parteien bei seinem Abschluss anwaltlich vertreten und der Vertrag ersichtlich von beiden Parteien sorgfältig vorbereitet worden ist. Es kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Parteivertreter auch die Formulierungen mit Bedacht gewählt haben.
105Dass tatsächlich eine Beschränkung auf die Feststellungsklage und der Ausschluss einer Leistungsklage gewollt war, ergibt sich aus § 11 Abs. 2 Sätze 2 und 3 des Pachtvertrages. Hier heißt es:
106"Insbesondere kann O von L für die Dauer der Grundlaufzeit des Pachtvertrages weder die Eigentumsübertragung noch die Übertragung der Lieferverträge mit Kunden im Stadtgebiet I, die im Zeitpunkt des Pacht beginnend bestanden haben..... verlangen.... O bleibt die Durchführung eines entsprechenden gerichtlichen Verfahrens vorbehalten. "
107Hieraus wird deutlich, dass die Kl. jedenfalls während der bis zum 30. April 2003 andauernden Grundlaufzeit des Pachtvertrages nicht berechtigt sein sollte, im Wege der Leistungsklage mit dem Ziel einer Eigentumsübertragung und/oder einer Übertragung der Lieferverträge mit den Kunden gegen die Bekl. vorzugehen. Andererseits sollte die Kl. berechtigt sein, die zwischen den Parteien streitigen Fragen gerichtlich klären zulassen. Dies kann bei Ausschluss einer Leistungsklage nur durch eine Feststellungsklage geschehen. Das dies auch tatsächlich gewollt war, ergibt sich aus der oben zitierten Formulierung in § 11 Abs. 2 Satz 1 des Pachtvertrages ("Sollte.... festgestellt werden...").
108Wegen der Formulierung in Satz 2 ("O kann nicht verlangen") spricht auch nichts dafür, dass mit der zitierten Regelung lediglich eine Vollstreckungsvereinbarung für den Fall einer entsprechenden Titulierung getroffen werden sollte. Es ist davon auszugehen, dass die anwaltlich vetretenen Parteien Entsprechendes formuliert hätten, wäre solches gewollt gewesen.
109Ergibt sich damit die Beschränkung auf eine Feststellungsklage bereits aus den vorgelegten Vertragsunterlagen, bedarf es einer Vernehmung der als Zeugin für die von der Bekl. behauptete entsprechende Vereinbarung benannten Rechtsanwältin L1 nicht.
1103. Antrag zu 5.
111Der hier formulierte Feststellungsantrag ist hingegen aus den vorgenannten Gründen zulässig. Bedenken im Hinblick auf die grundsätzliche Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der an sich möglichen Leistungsklage bestehen im Hinblick auf die vorbeschriebene Vereinbarung nämlich nicht: diese Vereinbarung macht die Feststellungsanträge trotz deren grundsätzlicher Subsidiarität zulässig (vgl. BGH NJW 1995, 2221; OLG Hamm NZV 1999, 418; a. A. Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., § 256 Rdnr. 8.).
1124. Antrag zu 6.
113Gegen den Leistungsantrag zu 6. bestehen wiederum durchgreifende Zulässigkeitsbedenken.
114a) Zum einen ergibt sich die Unzulässigkeit dieses Antrags als Leistungsantrag aus dem oben unter 2. zur vereinbarten Beschränkung auf die Feststellungsklage Ausgeführten.
115b) Des weiteren ist der Antrag hinsichtlich der zu übertragenden Gegenstände zu unbestimmt. Zwar ist die Bezugnahme auf die Anlagen K 2 bis K 5 grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH NJW 2001,445, 447). Allerdings reicht die Bezugnahme auf Anlagen dort nicht aus, wo die Anlagen selbst für ein Vollstreckungsorgan wenig aussagekräftig sind. Dies ist hier bei den Anlagen K 2 bis k 4 der Fall. Zum Teil fehlt es an einer hinreichenden Spezifizierung der zu übertragenden Gegenstände. So ist bei Spiegelstrich 2 nicht erkennbar, welches die dort erwähnten " sonstigen betriebsnotwendigen Nebenanlagen " sind. Bei der Auslegung des Spiegelstrichs 4 ist die Klärung erforderlich, welche Steuerkabel im Eigentum der Bekl. stehen. Auch der Antrag zu Spiegelstrich 9 ist nicht hinreichend bestimmt. Hier wird die Übertragung aller sonstigen Grundstücke im Eigentum der Bekl. im Stadtgebiet I verlangt, " soweit " Sie für den Betrieben der Stromanlagen etc. erforderlich sind. Deutlich wird die insgesamt fehlende Bestimmtheit schließlich durch die Formulierung bei Spiegelstrich 10, die den gesamten Antrag unter den Vorbehalt im Rahmen einer noch zu erfolgenden Netzaufnahme festgestellten Änderungen stellt.
116Auch die Formulierung des Antrages zu 6. unter c) ist unbestimmt, wenn hier formuliert ist, bestehende dingliche Rechte etc. sollen übertragen werden, " soweit " sie der örtlichen Stromversorgung dienen. Auch die Formulierung unter 6. d) lässt nicht erkennen, was genau übertragen werden soll.
1175. Antrag zu 7.
118Zulässig ist hingegen der Feststellungsantrag zu 7. Die Bestimmtheitsanforderungen an einem Feststellung Antrag sind gegenüber einem Leistungsantrag erheblich geringer. Aus diesem Grunde bestehen die oben unter 4. dargestellten Bedenken nicht. Die Zulässigkeit der an sich subsidiären Feststellungsklage ergibt sich aus dem vereinbarten Teilausschluss der Klagbarkeit.
1196. Hilfswiderklageanträge (Schriftsatz vom 16.09.2002)
120Die erstmals mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz von 16.09.2002 angekündigten Hilfswiderklageanträge sind unzulässig, weil verspätet. Neue Sachanträge nach Schluss der mündlichen Verhandlung fallen zwar nicht unter § 296 a ZPO, weil es sich nicht um Angriffs- und Verteidigungsmittel handelt. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sind sie gleichwohl unzulässig, wie sich aus §§ 261 Abs.2, 297 ZPO ergibt (BGH NJW-RR 1992, 1085). Der Umstand, dass der Rechtsstreit noch nicht insgesamt zur Entscheidung reif ist, veranlasst nicht zu einer anderen Beurteilung. Der Teil, auf den sich die Hilfswiderklageanträge beziehen (Klageantrag zu 1.) ist nämlich entscheidungsreif.
121Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO wegen der Hilfswiderklageanträge ist nicht veranlasst. Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Anträge längst hätte unterbreiten können, die erstmalige Stellung der Anträge im Schriftsatz vom 16.9.2002 sich deshalb als prozessförderungswidrig darstellt. Zum anderen sind die Anträge auch ohne Aussicht auf Erfolg. Aus der von der Beklagten herangezogenen Anspruchsgrundlage ergibt sich nämlich nicht, dass die Klägerin verpflichtet wäre, die auf sie mit Übernahme der Stromverteilungsanlagen übergegangenen Tarifkundenverhältnisse auf die Beklagte zurück zu übertragen. Abgesehen davon, dass hierfür eine Mitwirkung der Tarifkunden erforderlich wäre, weil die Beklagte nicht allgemeiner Versorger ist und eine die Zustimmung der Kunden entbehrlich machende Regelung, wie sie in § 32 Abs.6 AVBEltV existiert (dazu unten), nicht eingreift, ergibt sich aus § 11 Abs.2 des Pachtvertrages kein Anspruch der Beklagten, den qua Gesetz eingetretenen Übergang der Tarifkundenverhältnisse rückgängig zu machen. § 11 Abs. 2 des Pachtvertrages hindert die Klägerin lediglich daran, während der Grundlaufzeit des Pachtvertrages Ansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen. Der Fall des gesetzlichen Übergangs der Tarifkundenverhältnisse ist ebensowenig geregelt wie überhaupt Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin. Für eine ergänzende Vertragsauslegung insoweit gibt der Vortrag der Beklagten nichts her.
1226. Zulässigkeit einer Teilentscheidung
123Nicht entscheidungsreif ist die Klage lediglich hinsichtlich der Frage, welche Gegenleistung die Klägerin für die Übertragung der Stromverteilungs- und Straßenbeleuchtungsanlagen zu erbringen hat. Aus Gründen der Prozessökonomie war der Erlass eines Teilurteils hinsichtlich der entscheidungsreifen, von dem verbleibenden Teil (Höhe der Gegenleistung im Rahmen des Antrages zu 7.) jeweils unabhängigen Anträge veranlasst.
124Auch hinsichtlich des Antrags zu 7. Liegt hinsichtlich eines Teils, nämlich hinsichtlich des Übertragungsanspruchs der Klägerin Entscheidungsreife vor. Da es sich hierbei um einen Feststellungsantrag handelt und die Entscheidung über die Höhe der von der Klägerin zu erbringenden Gegenleistung den Bestand des Klageanspruchs nicht berührt, ist auch hier eine Entscheidung über den Hauptanspruch entweder als Teilurteil oder als Grundurteil ohne abschließende Entscheidung über die Höhe des Gegenanspruchs zulässig. Die Geltendmachung von Einreden aus den §§ 273, 320 BGB - um solche handelt es sich bei dem Gegenanspruch der Beklagten - lassen den Bestand des Anspruchs unberührt und sind deshalb dem Betragsverfahren zuzurechnen (BGHZ 111, 394, 400; Zöller- Vollkommer, ZPO, 23. Auflage, § 304 Rn 9).
125B. Begründetheit
126I. Antrag zu 1.
127Der Antrag zu 1 ist begründet.
1281. Die Tarifkundenverhältnisse sind mit Übernahme der Stromverteilungsanlagen zur allgemeinen Versorgung durch die Klägerin per 30.04.2002, 24.00 Uhr auf die Klägerin übergegangen. Dies folgt aus einer erweiternden Auslegung des § 13 Abs.2 Satz 2 EnWG in Verbindung mit §§ 2 Abs.2, 32 Abs.6 AVBEltV. Insoweit folgt die Kammer der Auffassung von Hellermann (ZNER 2002, 70 ff.), dass der Klägerin als Verteilungsnetzbetreiber und allgemeinem Versorger im Gemeindegebiet I im Sinne von § 10 EnWG nicht nur besondere Pflichten auferlegt sind, sondern auf sie zugleich mit Übernahme der Stromverteilungsanlagen zur allgemeinen Versorgung auch die Tarifkundenverhältnisse übergegangen sind.
129a) Die Klägerin als "allgemeiner Versorger" im Sinne von § 10 EnWG
130Auszugehen ist davon, dass nach altem Energiewirtschaftsrecht mit dem Wechsel des Gebietsversorgers das bisherige Energieversorgungsunternehmen nicht mehr zur Endkundenversorgung in der Lage war und deshalb auch kein Interesse an einem Fortbestand der Lieferverträge haben konnte. Deshalb bestand Einigkeit darüber, dass mit den Versorgungsanlagen auch die Vertragsverhältnisse von dem alten auf den neuen Versorger übergingen (Hellermann, ZNER 2002, 70 m.w.N.). Diese rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich mit der Eröffnung eines Wettbewerbs um das Netz durch das neue Energiewirtschaftsrecht geändert. Der bisherige Energieversorger ist trotz des Verlustes der Stromverteilungsanlagen, die er dem neuen allgemeinen Versorger nach § 13 Abs.2 Satz 2 EnWG zu überlassen hat, nach wie vor zur Versorgung von Endkunden (im Wege der Durchleitung) in der Lage. Allerdings stellt das neue Energiewirtschaftsrecht keine völlige Abkehr von dem alten Regelungssystem dar, wenn es den Begriff der "allgemeinen Versorgung" institutionalisiert. Ersichtlich kommt Energieversorgungsunternehmen eine besondere rechtliche Stellung zu, wenn sie die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführen. Solche Unternehmen treffen besondere Pflichten: § 9 EnWG unterwirft sie besonderen Regeln in Bezug auf Jahresabschluss und Kontentrennung, vor allem aber unterliegen sie wie der frühere allgemeine Gebietsversorger gemäß § 10 Abs.1 EnWG einer Anschluss- und Benutzungspflicht. Grund für die Beibehaltung dieser Anschluss- und Benutzungspflicht ist die nach der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucksache 13/7274, S. 16 f.) auch unter dem neuen Energiewirtschaftsrecht fortbestehende faktische Monopolstellung des die Stromverteilungsanlagen betreibenden allgemeinen Versorgers.
131Diese faktische Monopolstellung resultiert aus dem Umstand, dass gemäß § 2 Abs. 2 AVBEltV nach wie vor der Stromvertrag schon durch bloße Entnahme von Elektrizität aus dem Verteilungsnetz zustandekommt, und zwar mit dem Netzbetreiber. Aus diesem Zusammenhang von Netzbetrieb und daraus folgender faktischer Monopolstellung ergibt sich, dass der Netzbetreiber dem Anschluss- und Benutzungszwang unterliegen und damit auch allgemeiner Versorger sein muss. Da die Innehabung des Verteilungsnetzes auf einem entsprechenden Vertrag mit der Gemeinde gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 EnWG gründet, entscheidet letztlich der Abschluss dieses Vertrages über die Frage, wer allgemeiner Versorger ist, wenn nicht wie etwa nach Auslaufen eines solchen Vertrages ein vertragsloser Zustand besteht (vgl. zur Bedeutung des Konzessionsvertrages Arbeitskreis Energiepolitik der Wirtschaftsministerkonferenz, Fragen des Vollzugs des neuen Energiewirtschaftsrechts, Seite 10; Hempel in Ludwig/ Odenthal/ Hempel/ Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Loseblattkommentar, EnWG § 10 Rn 111; wohl auch Scholtka, NJW 2000, 548, 549).
132Der Zusammenhang zwischen Netzinhaberschaft und Allgemeinversorgung hat zur Folge, dass Energieversorgungsunternehmen, die Endkunden im Wege der Durchleitung versorgen, keine allgemeinen Versorger im Sinne von §§ 10, 13 EnWG sind (vgl. außer Hellermann a.a.O. auch Eiser/Riederer/Obernolte/Danner, Energiewirtschaftsrecht, Loseblattkommentar, § 10 Rn.7). Hieraus folgt weiter, dass nicht die Beklagte, wohl aber die Klägerin aufgrund ihres am 28. Juni 2001 mit der Stadt I geschlossenen Vertrages im Sinne von § 13 EnWG, an dessen Existenz ernsthafte Zweifel nicht bestehen können (vgl. zum Beispiel die Bekanntmachungen der Stadt I, Anlage K 27 und die Präambel im Pachtvertrag vom 14.12.2001, Anlage K 37) und nach Übernahme der Stromverteilungsanlagen durch den erwähnten Pachtvertrag mit der Beklagten zum 01.05.2002 als dem Anschluss- und Versorgungszwang unterliegender allgemeiner Versorger im Stadtgebiet I anzusehen ist. Gründe für eine eventuelle Unwirksamkeit des Konzessionsvertrages sind substantiiert nicht dargetan.
133Dies hat auch Folgen für das Schicksal der am 30.04.2002 bestehenden Tarifkundenverhältnisse im Stadtgebiet I.
135aa) Die Belastung des allgemeinen Versorgers mit dem Anschluss- und Versorgungszwang macht es notwendig, jedenfalls die bereits bestehenden Tarifkundenverhältnisse auf ihn übergehen zu lassen. Anderenfalls wäre ihm die Erfüllung der aus dem Anschluss- und Versorgungszwang resultierenden Pflichten wirtschaftlich nicht oder nur sehr schwer möglich. Es entstünde ein erhebliches Ungleichgewicht im Verhältnis zu anderen Energiewirtschaftsunternehmen, die diesen Pflichten nicht unterliegen, namentlich zu dem bisherigen allgemeinen Versorger. Dieser hätte nicht nur gegenüber dem neuen allgemeinen Versorger, sondern auch gegenüber allen anderen Wettbewerbern einen zumindest anfänglichen Wettbewerbsvorteil, für den ein rechtfertigender Grund nicht ersichtlich ist. Die gesetzgeberische Konzeption, einen Wettbewerb um Netze zu ermöglichen, würde hierdurch in Frage gestellt.
136bb) Methodisch leitet sich der Übergang der Tarifkundenverhältnisse aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 2 Abs. 2, 32 Abs.6 AVBEltV her, und zwar nicht nur im Sinne einer Überleitungspflicht, sondern im Sinne eines "automatischen" Vertragsübergangs bei Wechsel des allgemeinen Versorgers.
137Den genannten Regelungen läßt sich entnehmen, dass dem sozialtypischen Verhalten der Stromkunden bei der Entstehung und dem Übergang von Energielieferungsverträgen die entscheidende Rolle zukommt: Das Verhalten des Stromkunden wird nach § 2 Abs. 2 AVBEltV dahin ausgelegt, dass er bei bloßer Entnahme von Strom einen Vertrag mit dem Energieversorgungsunternehmen abschließen will. Seine Zustimmung ist gemäß § 32 Abs. 6 AVBEltV bei einem Wechsel des Energieversorgungsunternehmens für die Annahme eines Vertragsübergangs auf das neue Unternehmen nicht erforderlich. Diesen Regelungen liegt die Annahme zugrunde, dass es einem Stromkunden in der Regel, d.h. bis zur Äußerung eines anderen Willens etwa durch Abschluss eines Sonderkundenvertrages, gleichgültig ist, von wem er seinen Strom geliefert bekommt, solange die Lieferung nur aufgrund der bekannt gemachten allgemeinen Tarife erfolgt. Deshalb interessiert ihn auch ein Wechsel des Stromlieferanten nicht, weshalb auch hier sein Schweigen den Vertragsübergang nicht hindert. Nach dem alten Recht hatte dies zur Folge, dass bei einem Wechsel des Gebietsversorgers der Stromkunde von demjenigen versorgt werden wollte, der hierzu in der Lage war, also von dem neuen Unternehmen. Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne der genannten Vorschriften war der Gebietsversorger.
138Bei lebensnaher Betrachtung ist die Annahme, den Kunden interessiere nicht, wer ihm den Strom liefert, auch unter Geltung des neuen Energiewirtschaftsrechts, welches die AVBEltV unverändert gelassen hat, berechtigt. Aus diesem Grund wird durch § 32 Abs.6 AVBEltV auch nicht die Vertragsfreiheit der Kunden unverhältnismäßig eingeschränkt (so aber Säcker/Dörner RdE 2002, 161, 171). Dem Tarifkunden ist es auch nach der Liberalisierung des Energiemarktes grundsätzlich gleichgültig, wer ihm seinen Strom liefert, solange dies nur nach den allgemeinen Tarifen erfolgt. Wäre es anders, hätte er einen Sonderkundenvertrag mit dem bisherigen Versorger geschlossen oder bereits den Lieferanten gewechselt. Überdies hat er die Kündigungsmöglichkeit nach § 32 Abs.6 Satz 3 AVBEltV. Es kann deshalb nichts anderes gelten als nach altem Recht, wobei an die Stelle des bisherigen Gebietsversorgers der allgemeine Versorger getreten ist (vgl. Hellermann, ZNER 2002, 74 f.). Die Fortsetzung der Energieentnahme aus dem nunmehr von dem neuen allgemeinen Versorger betriebenen Verteilungsnetz begründet deshalb ein neues Vertragsverhältnis zwischen dem Tarifkunden und dem neuen allgemeinen Versorger. Einer ausdrücklichen Erklärung insoweit bedarf es nicht, wie sich aus § 32 Abs.6 AVBEltV ergibt. Zugleich endet das Vertragsverhältnis mit dem bisherigen allgemeinen Versorger. Die Annahme der "automatischen" Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem alten Versorger ist nicht nur lebensnah, sondern im Interesse des Tarifkunden auch geboten, weil er anderenfalls einer doppelten Vertragsbindung ausgesetzt wäre (vgl. Hellermann a.a.O.; a. A. wohl Hempel a.a.O., AVBEltV § 1 Rn 48, § 32 Rn 211).
139Dem lässt sich nach Auffassung der Kammer nicht entgegenhalten, § 32 Abs. 6 AVBEltV setze zumindest übernahmevertragliche Willenserklärungen der beteiligten Energieversorgungsunternehmen voraus, weil die genannte Regelung ein Eintreten in die sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten, also zumindest eine entsprechende vertragliche Vereinbarung betreffend die Überleitung der Tarifkundenvertragsverhältnisse voraussetze. Diese Auslegung des § 32 Abs.6 AVBEltV ist indes nicht zwingend. Wie bereits ausgeführt tritt an Stelle des bisherigen Gebietsversorgers der allgemeine Versorger im Sinne des § 10 EnWG. Diesem obliegen nach dem Wechsel gegenüber den Tarifkunden die Pflichten aus dem Anschluss- und Versorgungszwang. Auch hierbei handelt es sich um vertragliche Pflichten, vgl. § 5 Abs. 1 AVBEltV, in die das neue Energieversorgungsunternehmen eingetreten ist.
140Die Kammer teilt auch nicht die Auffassung, § 32 Abs.6 AVBEltV sei unwirksam, weil die Regelung mit dem neuen Energiewirtschaftsrecht nicht vereinbar sei (so Säcker/Dörner RdE 2002, 161, 173). Die Prämisse, wegen der Kürze der zweiwöchigen Frist sei vielen Kunden die Möglichkeit der freien Lieferantenwahl genommen, weil sie nicht rechtzeitig von dem Eintritt eines neuen Versorgers Kenntnis erlangten und deshalb nicht rechtzeitig innerhalb der Zwei-Wochen-Frist kündigen könnten, ist zum einen in ihrem tatsächlichen Gehalt durch nichts belegt, zum anderen aber deshalb nicht überzeugend, weil auch zu einem späteren Zeitpunkt - wenn auch im Rahmen der Regelung des § 32 Abs.1 AVBEltV - ein Lieferantenwechsel möglich ist und dem Regelungszweck des neuen Energiewirtschaftsrecht damit Geltung verschafft wird.
1412.
142Ein "automatischer" Übergang der Tarifkundenverhältnisse ist auch nicht im Hinblick auf die in § 8 Abs.5 des Konzessionsvertrages von 1955, der eine Verpflichtung der Beklagten zur Überleitung aller Stromlieferungsverträge konstituiert, ausgeschlossen. Die Annahme. dass durch diese Regelung ein gesetzlicher Übergang der Tarifkundenverhältnisse bei Wechsel des Gebiets- bzw. allgemeinen Versorgers ausgeschlossen werden sollte zugunsten einer bloß schuldrechtlichen Übertragungsverpflichtung erscheint konstruiert. Die Regelung in § 8 Abs.5 besagt lediglich, dass bei Ausübung des Übernahmerechts durch die Gemeinde die Stromlieferverhältnisse nicht bei der -Beklagten verbleiben sollten. Dass hierdurch auch die rechtliche Konstruktion der Überleitung im Sinne einer Beschränkung auf eine Übertragungsverpflichtung geregelt werden sollte, ist nicht anzunehmen.
1433.
144Schließlich folgt auch aus § 11 Abs. 2 des Pachtvertrages kein Hindernis für den gesetzlichen Übergang der Tarifkundenverhältnisse auf die Klägerin. § 11 Abs. 2 des Pachtvertrages hindert die Klägerin lediglich daran, während der Grundlaufzeit des Pachtvertrages bestimmte Ansprüche, nämlich solche auf Eigentumsübertragung und Übertragung der Lieferverhältnisse mit Kunden, gegen die Beklagte geltend zu machen. Der Fall des gesetzlichen Übergangs der Tarifkundenverhältnisse, der sich mit der Übernahme der Stromverteilungsanlage zur Durchführung der allgemeinen Versorgung ohne Mitwirkung der Beklagten vollzieht, ist nicht geregelt.
145Im Ergebnis sind deshalb mit der Übernahme der Stromverteilungsanlagen zur Durchführung der allgemeinen Versorgung im Stadtgebiet I auch sämtliche Tarifkundenverhältnisse, die bis zum 30.04.2002 mit der Beklagten bestanden, zum 01.05.2002, 0.00 Uhr auf die Klägerin übergegangen.
146II. Antrag zu 5.
147Die Klage hat auch mit dem Antrag zu 5. Erfolg. Die Klägerin hat aus § 8 Abs. 5 des Konzessionsvertrages aus dem Jahr 1955 Anspruch auf Mitwirkung der Beklagten an einer zur Überleitung der Sonderkundenverhältnisse erforderlichen Vetragsübernahme, und zwar gemäß § 11 Abs. 2 des Pachtvertrages wie beantragt zum 01.05.2003, 0.00 Uhr.
148Anders als bei den Tarifkundenverhältnissen bedarf es für die Überleitung der Vertragsverhältnisse der Sonderkunden eines dreiseitigen Vertrages, also der Zustimmung der Sonderkunden. Eine den §§ 2 Abs.2, 32 Abs.6 AVBEltV entsprechende Regelung gibt es für die Sonderkundenvertragsverhältnisse nicht. Aus diesem Grund hat die Klägerin keinen Anspruch auf "Übertragung", sondern nur auf Mitwirkung der Beklagten an der Vertragsübernahme. Dies ist allerdings in der von der Klägerin begehrten "Übertragung" als Minus enthalten.
1491. Aktivlegitimation
150Die Klägerin kann den Anspruch aus abgetretenem Recht der Stadt I geltend machen.
151a) Abtretung
152Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt keine Vertragsübernahme vor, sondern lediglich ein Gläubigerwechsel, so dass es der Mitwirkung der Beklagten nicht bedurfte. Mit den als "Abtretungsurkunde" überschriebenen Erklärungen der Stadt I und der O GmbH (Anlagen K 31 und 32) wurden lediglich Ansprüche übertragen. Gemeint waren ersichtlich die sich nach Beendigung des Konzessionsvertrages ergebenden Ansprüche der Stadt I gegen die Beklagte, insbesondere die Ansprüche aus der Endschaftsklausel in § 8 des Vertrages. Dass dies auch zu einer Belastung der Klägerin mit Pflichten - insbesondere zur Zahlung einer Gegenleistung für die Übernahme der Stromleitungsanlagen - führt, ergibt sich aus §§ 274, 404 BGB. Dass in den Erklärungen der O GmbH, der Stadt I und der Klägerin, die mit "Vertragsübernahmen" überschrieben sind (Anlagen K 29 und 30), von der Übernahme von "Rechten und Pflichten" die Rede ist, ist unerheblich. Hier geht es nur um die Übertragung der Rechte und Pflichten aus dem Konzessions- und aus dem Straßenbeleuchtungsvertrag zwischen der O GmbH und der Stadt I auf die Klägerin.
153b) kein Fall des § 399 BGB
154Ein Fall des § 399 BGB liegt jedenfalls für den Anspruch auf Übernahme der Stromverteilungsanlagen und den Anspruch auf Übertragung der Kundenverhältnisse nicht vor. Eine Inhaltsänderung ist mit der Abtretung nicht verbunden. Ob für dies für andere Ansprüche (Auskunftsansprüche etc.) der Fall wäre, ist zum einen nicht nachvollziehbar dargetan, zum anderen für die Frage des Bestandes der Abtretung der Hauptansprüche auch ohne Belang. Selbst im Falle einer Teilunwirksamkeit der Abtretung in Bezug auf Auskunfts- , Zutritts und ähnliche Rechte, die das Wettbewerbsverhältnis der Parteien tangieren, hätte dies nicht gemäß § 139 BGB die Unwirksamkeit der gesamten Abtretung zur Folge, denn es kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Abtretung der Hauptansprüche auch ohne die der Nebenansprüche erfolgt wäre.
155Damit ist die Klägerin Gläubigerin des Anspruchs aus § 8 Abs.5 des Konzessionsvertrages, wonach die Beklagte alle Stromlieferungsverträge überzuleiten hat.
1562. Anwendbarkeit der Endschaftsbestimmungen trotz Fehlens einer Kündigung
157Dass der Konzessionsvertrag nicht durch Kündigung, sondern infolge der Einführung der Laufzeitbegrenzung in § 13 Abs. 2 Satz 1 EnWG beendet wurde, steht der Anwendung des § 8 des Konzessionsvertrages nicht entgegen. Bei Abschluss des Vertrages existierte die Laufzeitbegrenzung des § 13 Abs 2 Satz 1 EnWG noch nicht. Ersichtlich wollten die Parteien eine Regelung für jede Form der Beendigung ihrer konzessionsvertraglichen Beziehungen treffen.
1583. keine förmliche Geltendmachung des Übernahme- und Überleitungsanspruchs erforderlich
159Die Geltendmachung des Anspruchs scheitert auch nicht daran, dass die Stadt I das ihr zustehende Übernahmerecht nicht ausgeübt habe.
160Die Ausübung des Übernahmerechts durch die Stadt I ist nach Auffassung der Kammer kein selbständiges Anspruchsmerkmal im Sinne einer formellen Voraussetzung für die Geltendmachung der Rechte aus § 8 Abs. 2 und 5 des Konzessionsvertrages. Die Formulierung des Konzessionsvertrages gibt für eine derartige Annahme nichts her. Im Gegenteil erwirbt die Gemeinde das Recht zur Übernahme der Stromverteilungsanlagen bereits "mit der Kündigung" und nicht erst mit der Ausübung der Option. Soweit in § 8 Abs.2 Satz 2 und in Abs. 5 von der "Ausübung des Übernahmerechts" oder von einem Gebrauchmachen von dem Übernahmerecht die Rede ist, stellt dies lediglich eine Umschreibung der gemeindlichen Entscheidung dar, den Anspruch aus § 8 Abs. 2 geltend zu machen und von der Beklagten die Übertragung der Stromverteilungsanlagen zu verlangen. Der Anspruch auf Übertragung besteht also unabhängig von seiner förmlichen Geltendmachung, so dass es auch nicht darauf ankommt, ob die Stadt I bei der Geltendmachung des Anspruchs ordnungsgemäß vertreten war oder nicht.
1614. Bedeutung des § 8 Abs. 3 des Konzessionsvertrages von 1955
162Der Übernahmeanspruch und ihm folgend der Anspruch auf Überleitung der Stromlieferungsverträge ist auch nicht wegen der Existenz des § 8 Abs.3 des Konzessionsvertrages ausgeschlossen.
163Die Auffassung der Beklagten, der Vertrag enthalte mit dem Übernahmerecht nach § 8 Abs.2 und der Übernahmepflicht des § 8 Abs.3 des Konzessionsvertrages zwei konkurrierende Regelungsmodelle, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 entfalle das Übernahmerecht des § 8 Abs. 2, überzeugt nicht. Die Regelung in § 8 Abs.3 gibt der Beklagten lediglich das Recht, in bestimmten Fällen ihrerseits von der Gemeinde die Übernahme der Stromverteilungsanlagen (gegen Entgelt) verlangen zu können. Grund hierfür ist, dass in den hier genannten Fällen (Betrieb eines eigenen Elektrizitätswerkes durch die Gemeinde, Konzessionsvertrag mit anderem Unternehmen) das Stromverteilungsnetz für die Beklagte ohne wirtschaftliche Bedeutung wird und sie eine Möglichkeit haben soll, sich dieser Anlagen gegen Entgelt zu entäußern. Dass in den in § 8 Abs.3 genannten Fällen ein Übernahmeanspruch der Gemeinde nicht mehr bestehen soll, ist dem Wortlaut der Regelungen in § 8 nicht zu entnehmen. Eine solche Auslegung macht auch wirtschaftlich keinen Sinn und wäre interessewidrig. Gerade bei Betrieb eines eigenen Elektrizitätswerkes oder bei Konzessionierung eines anderen Energieversorgungsunternehmens wird nämlich die Gemeinde ein besonderes Interesse an der Übernahme der vorhandenen Stromverteilungsanlagen haben. Nach dem von der Beklagten vertretenen Verständnis des § 8 Abs.3 könnte sie diesem Interesse zuwider von einer Geltendmachung ihres Anspruchs auf Übernahme der Anlagen durch die Gemeinde Abstand nehmen und die Gemeinde dazu zwingen, entweder eigene Stromverteilungsanlagen neu zu errichten oder das vorhandene Netz von ihr zu pachten. Solches ist indessen ersichtlich nicht gewollt.
1645. Verwirkung
165Auch eine Verwirkung des Anspruchs auf Übernahme der Stromverteilungsanlagen und des Anspruchs auf Übertragung der Stromlieferungsverträge ist nicht eingetreten. Hierfür fehlt es bereits an dem Umstandsmoment. Von Anbeginn an haben die Stadt I und die Beklagte über die Modalitäten einer Übertragung des Stromnetzes verhandelt, wobei die Netzaufnahme und vor allem die Höhe der von der Stadt zu erbringenden Gegenleistung im Vordergrund standen (vgl. insbes. die tabellarische Darstellung der Beklagten, Bl. 347 ff GA). Bei dieser Sachlage konnte die Beklagte zu keiner Zeit darauf vertrauen, der Übernahme- und Überleitungsanspruch werde nicht mehr geltend gemacht.
1666. Keine Vertragsanpassung im Hinblick auf die "Wirtschaftsklausel" oder wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage
167Auch insoweit folgt die Kammer nicht der Auffassung der Beklagten. Für eine Anpassung des Vertrages, namentlich der Übernahme- und Übertragungsansprüche aus § 8 Abs. 2 und 5 des Konzessionsvertrages, sowohl nach Maßgabe der "Wirtschaftsklausel" des § 12 des Vertrages als auch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage fehlt es an einer in beiden Fällen erforderlichen Äquivalenzstörung. Die Beklagte beruft sich zur Begründung einer solchen Äquivalenzstörung auf die infolge der Liberalisierung des Energiewirtschaftsrechts, insbesondere durch die Begründung eines Wirtschaftszweiges "Netzbetrieb" geänderten Wertverhältnisse. Dies könnte die Annahme einer Äquivalenzstörung jedoch nur dann rechtfertigen, wenn die Zuerkennung der für die Netzübertragung zu zahlenden Gegenleistung im Verhältnis zur Situation im Jahre 1955 unzureichend wäre und heute keinen angemessenen Ausgleich mehr darstellte. Das läßt sich dem wenig spezifizierten Vorbringen der Beklagten indessen nicht entnehmen. Die nach § 8 Abs. 2 zu erbringende Gegenleistung richtet sich nämlich nach dem Sachzeitwert. Dieser stellt auch nach heutigem Wertverständnis jedenfalls eine angemessene Gegenleistung für die Übertragung der Stromverteilungsanlagen dar, wie sich bereits daran zeigt, dass auch im Rahmen der angemessenen Vergütung nach § 13 Abs. 2 Satz 2 EnWG der Sachzeitwert maßgeblich sein kann (Eiser/Riederer/Obernolte, § 13 EnWG Rn. 11; zum Sachzeitwert als äquivalente Gegenleistung für die mit der Netzübergabe verbundene Substanzübertragung BGHZ 143, 128 ff. - Kaufering).
168Auch der Umstand, dass für die Übertragung der Stromlieferungsverhältnisse ausweislich des Konzessionsbetrages keine besondere Gegenleistung zu erbringen ist, führt nicht zu einer Äquivalenzstörung mit der Folge einer Vertragsanpassung des Inhalts, dass der Anspruch insgesamt entfiele. Allenfalls käme hier eine Vertragsanpassung dergestalt in Betracht, dass in Ergänzung der Regelung in § 8 des Konzessionsvertrages eine Gegenleistung nicht nur für die Übertagung des Stromnetzes, sondern auch für die (Sonder-) Kundenverhältnisse zu zahlen ist. Hierzu fehlt es aber an jeglichem Vortrag der insoweit darlegungsbelasteten Beklagten sowohl zu der als Anpassungsgrundlage erforderlichen Äquivalenzstörung als auch zur Höhe einer gegebenenfalls im Wege der Vertragsanpassung zu begründenden Gegenleistung (, die in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des C GmbH bezüglich der gesamten Lieferverhältnisse mit einem Ertragswert von 1,359 Mio EUR ermittelt worden ist).
169III. Antrag zu 7.
1701.
171Die Klägerin hat schließlich aus § 8 Abs. 2 des Konzessionsvertrages von 1955 auch einen Anspruch auf Übereignung der Stromverteilungsanlagen Zug-um-Zug gegen Zahlung eines angemessenen Entgeltes. Es kann deshalb offen bleiben, ob dieser Anspruch (auch) aus § 13 Abs. 2 Satz 2 EnWG folgt.
172Zur Begründung nimmt die Kammer Bezug auf die Ausführungen zum Anspruch auf Mitwirkung der Beklagten an der Übertragung der Sonderkundenverhältnisse (oben II.), die in vollem Umfang auch hier Geltung erlangen.
1732. Einbeziehung der Straßenbeleuchtungsanlagen
174Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Übertragung der Straßenbeleuchtungsanlagen zu Eigentum. Dies folgt aus § 1 Nr. 3 Satz 2 des Straßenbeleuchtungsvertrages vom 10./11.1971 in Verbindung mit § 8 Abs.2 des Konzessionsvertrages. Nach § 1 Nr.3 Satz 2 des Straßenbeleuchtungsvertrages finden die Bestimmungen des Konzessionsvertrages sinngemäß Anwendung, soweit nichts anderes vereinbart ist. Da besondere Regelungen für die Vertragsbeendigung nicht getroffen wurden, finden die Regelungen in § 8 des Konzessionsvertrages von 1955 auf die Straßenbeleuchtungsanlagen entsprechende Anwendung mit der Folge, dass die Klägerin gemäß § 8 Abs.2 des Konzessionsvertrages auch die Übertragung der Straßenbeleuchtungsanlagen zum Sachzeitwert von der Beklagten verlangen kann. Da der Straßenbeleuchtungsvertrag gemäß § 1 Nr. 3 wesentlicher Bestandteil des Konzessionsvertrages ist und Übertragungsansprüche zin Beug auf die Straßenbeleuchtungsanlagen damit solche aus dem Konzessionsvertrag sind, sind mit den Abtretungen "sämtlicher Ansprüche aus dem Konzessionsvertrag bezüglich der Übernahme des Leitungsnetzes" durch die Abtretungsverträge vom 13./16. Juli 2001 (Anlage K 31) und vom 31.8./4.9.2001 (Anlage K 32) auch die Ansprüche betreffend die Straßenbeleuchtungsanlagen auf die Klägerin übergegangen.
1753. Gegenleistung
176Bezüglich der Zug um Zug von der Klägerin zu erbringenden Gegenleistung ist der Rechtsstreit allerdings noch nicht entscheidungsreif. Hierzu bedarf es einer umfassenden Beweisaufnahme jedenfalls zur Höhe des Sachzeitwertes der Stromverteilungs- und Straßenbeleuchtungsanlagen.