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Die sofortige Beschwerde des Schuldners
vom 29.08.2002 gegen den Beschluß des
Amtsgerichts Köln vom 22.08.2002
- 72 IN 473/01 - wird auf Kosten des
Schuldners zurückgewiesen.
G R Ü N D E :
2Mit am 05.12.2001 eingegangenem Antrag vom 03.12.2001 hat der Schuldner die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens über sein Vermögen und die Erteilung der Restschuldbefreiiung beantragt.
3Er hat ferner erklärt, er sei bereits vor dem 01.01.1997
4zahlungsunfähig gewesen, und hat die Verkürzung der Laufzeit
5der Abtretungserklärung auf 5 Jahre geltend gemacht.
6Mit Beschluß vom 20.12.2001 hat das Amtsgericht dem Schuldner gemäß dessen weiterem Antrag die Verfahrenskosten für das
7Hauptverfahren gemäß § 4 a Abs. 1, 3 InsO gestundet und mit
8weiterem Beschluß vom 22.01.2002 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet.
9Im Schlußtermin vom 22.08.2002 hat das Amtsgericht mit dem
10angefochtenen Beschluß dem Schuldner die Restschuldbefreiung
11angekündigt und bestimmt, daß der Schuldner Restschuldbefreiung
12erlange, wenn er in der Laufzeit seiner Abtretungserklärung
13vom 03.12.2001 den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkomme und die Voraussetzungen für eine Versagung nach § 297 oder § 298
14InsO nicht vorlägen; die Laufzeit der Abtretung habe mit der
15Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 22.01.2002 begonnen und
16betrage 6 Jahre.
17In den Gründen hat der Rechtspfleger ausgeführt, daß die Laufzeit der Abtretung entgegen der Ansicht des Schuldners nicht 5 sondern 6 Jahre betrage und die Verkürzung der Laufzeit auf 5 Jahre nur für den Fall vorgesehen sei, wenn ein Schuldner vor
18dem 01.12.2001 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der
19vorgenannten Entscheidung Bezug genommen.
20Mit der am 30.08.2002 eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 29.08.2002 hat der Schuldner den vorgenannten Beschluß insoweit angefochten, als die Laufzeit der Abtretung auf 6 Jahre statt auf 5 Jahre festgestellt worden ist. Der Schuldner vertritt die Auffassung, der Gesetzgeber habe lediglich vergessen, den
21Artikel 107 EG InsO der neuen Regellaufzeit von 6 Jahren
22anzupassen; hierfür spreche schon die Tatsache, daß der Verordnungsgeber bei Einführung der bundeseinheitlichen Antrags-
23formulare für das Verbraucherinsolvenzverfahren zum 01.03.2002 ein Formblatt verordnet habe, welches den Antrag auf Verkürzung der Laufzeit der Abtretungserklärung von 6 auf 5 Jahre ermögliche.
24Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Auf die
25Ausführung des Rechtspflegers in seiner Nichtabhilfeentscheidung wird ebenfalls verwiesen.
26Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist statthaft (entsprechend § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 11 Abs. 1 Satz 2 RPflG); denn der Schuldner ist durch den Ankündigungsbeschluß beschwert, als seinem Begehren der Verkürzung der
27Treuhandphase von 6 auf 5 Jahre darin nicht stattgegeben worden ist (vgl. hierzu Ahrens in Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung 3. Auflage § 291 Rd. Nr. 8).
28Sie ist auch im übrigen zulässig (§§ 4 InsO, 567, 569 ZPO in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung).
29In der Sache führt sie jedoch nicht zum Erfolg.
30Zurecht ist die Laufzeit der sogenannten Wohlverhaltensperiode im angefochtenen Beschluß auf 6 Jahre nach der Eröffnung des
31Insolvenzverfahrens festgelegt worden.
32Diese Laufzeit entspricht der Neufassung des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO, wonach der Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge für die Zeit von 6 Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abzutreten hat.
33Die Neuregelung des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO findet im vorliegenden Verfahren Anwendung; denn nach der Überleitungsvorschrift des Artikel 103 a EG InsO sind nur auf Insolvenzverfahren, die vor dem 01.12.2001 eröffnet worden sind, die bis dahin geltenden gesetzlichen Vorschriften weiter anzuwenden.
34Hier ist der Eröffnungsantrag des Schuldners erst am 05.12.2001 eingegangen und die Eröffnung selbst unter dem 22.01.2002
35erfolgt.
36Eine Verkürzung der Abtretungslaufzeit im Sinne des Artikel 107 EG InsO scheidet aus.
37In Artikel 107 EG InsO ist geregelt, daß sich die Laufzeit
38der Abtretung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO von 7 auf 5 Jahre verkürzt, wenn der Schuldner bereits vor dem 01.01.1997
39zahlungsunfähig war.
40Zwar war der Schuldner im vorliegenden Fall bereits vor dem 01.01.1997 zahlungsunfähig, jedoch bezieht sich Artikel 107
41EG InsO nach seinem Wortlaut nur auf die Altfassung des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO, mit einer Grundlaufzeit von 7 Jahren.
42Bei Artikel 107 EG InsO handelt es sich um eine reine- bei Einführung der Insolvenzordnung normierte - reine Übergangsregelung, die dem Umstand Rechnung tragen sollte, daß der
43Gesetztgeber das Inkrafttreten der Insolvenzordnung entgegen
44den ursprünglichen Planungen um 2 Jahre - nämlich vom 01.01.1997 bis zum 01.01.1999 - hinausgeschoben hatte. Es sollten Nachteile
45vermieden werden, die mit dieser Verzögerung des Inkrafttretens für den redlichen Schuldner verbunden waren, der nach der bei
46Einführung der Insolvenzordung geltenden Fassung des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO seine laufenden Bezüge für die Zeit von 7 Jahren nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens an den Treuhänder
47abtreten mußte. Im Ausschußbericht betreffend Artikel 107 EGInsO
48(Restschuldbefreiung) heißt es wörtlich: "Durch die vom Ausschuß eingefügte Vorschrift soll vermieden werden, daß durch das Hinausschieben des Inkrafttretens der Insolvenzordnung redliche Schuldner unzumutbar lange auf eine Restschuldbefreiung warten müssen. Wer schon 2 Jahre vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung zahlungsunfähig ist, kann zwar den Antrag auf Eröffnung des
49Insolvenzverfahrens erst nach dem Inkrafttreten stellen, braucht aber dann im Verfahren zur Erlangung der Restschuldbefreiung nur 5 Jahre lang, nicht 7 Jahre lang, sein pfändbares Einkommen den Gläubigern zufließen lassen".
50In den Genuß dieser Übergangsregelung sollte mithin nur
51derjenige Schuldner kommen, der ohne den Aufschub des Gesetzes am 01.01.1997 den Restschuldbefreiungsantrag hätte stellen
52können und an sich gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO alte Fassung eine Wohlverhaltensperiode von 7 Jahren nach Aufhebung des
53Insolvenzverfahrens hätte durchstehen müssen (vgl. hierzu Braun/Buck, Kommentar zur Insolvenzordnung, 2002, § 287 Rd.
54Nr. 14).
55Für die nach Inkrafttreten des Insolvenzänderungsgesetzes 2001
56eröffneten Insolvenzverfahren ist die Wohlverhaltensperiode
57ohnehin verkürzt und beträgt lediglich noch 6 Jahre, wobei die Laufzeit der Abtretung schon mit der Verfahrenseröffnung
58beginnt.
59Derjenige Schuldner, der schon vor dem 01.01.1997 zahlungs-
60unfähig war, aber - trotz Inkrafttretens der Insolvenzordnung
61zum 01.01.1999 - mit der Stellung seines Eröffnungsantrages noch weitere Jahre zuwartete, war nicht mehr durch den Aufschub des
62Gesetzes vom 01.01.1997 zum 01.01.1999 an der Antragstellung
63gehindert. Sein Entschluß, einen Insolvenzeröffnungsantrag erst Jahre später zu stellen, beruhte auf anderen Erwägungen, die nicht im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung stehen. Daher liegt es fern, anzunehmen, der Gesetzgeber habe es schlicht vergessen, Artikel 107 EG InsO im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung vom 26.10.2001
64anzupassen.
65Zwar sieht der verbindlich eingeführte Text des Vorducks -
66Anlage 3 A zum Eröffnungsantrag betreffend die Erklärung zur
67Abkürzung der Wohlverhaltensperiode - die Beantragung vor, die Laufzeit der Abtretung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO auf 5 Jahre zu verkürzen. Dieser Text ist aber nur einschlägig für die
68Altfälle. Er beinhaltet keine Gesetzesnorm, vermag eine
69gesetzliche Vorschrift nicht abzuändern und kann auch nicht
70zur Auslegung des eindeutigen Gesetzeswortlauts herangezogen
71werden; a. A. LG Frankfurt/M, ZinsO 2002, 839, Mäusezahl,
72ZVI 2002, 170, AG Düsseldorf ZV I 2002, 170.
73Demnach war die sofortige Beschwerde des Schuldners mit der
74Kostenfolge aus §§ 97 ZPO 4, InsO zurückzuweisen.
75Beschwerdewert: 500,00 EUR (§§ 11 Abs. 2, 35 GKG, 3 ZPO).
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