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Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einSchmerzensgeld von 8.000,-- DM sowie weitere
540,-- DM, jeweils nebst 4 % Zinsen seit dem30.03.2000, zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle zukünftigen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Laserbehandlung vom 23.04.1999 entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergehen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.
Sicherheit kann auch geleistet werden durch die selbstschuldnerische, unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlich-rechtlichen Sparkasse oder eines sonstigen, dem Einlagensicherungsfonds angeschlossenen Kreditinstituts.
TATBESTAN D:
2Die 1967 geborene Klägerin stellte sich erstmals am 16.03.1999 beim Beklagten, einem niedergelassenen Hautarzt, vor. Zwischen den Parteien wurde vereinbart, dass der Beklagte mittels eines. Laserepilierers Haare an den Armen und Beinen der Klägerin, die sie als kosmetisch störend empfand, entfernen sollte. Als er‑ster Behandlungstermin wurde der 23.04.1999 vereinbart. An diesem Tag stellte sich die Klägerin erneut beim Beklagten vor. Der Beklagte behandelte den rechten Arm der Klägerin mit einem Laserepilierer. Die Klägerin zahlte dem Beklagten für diese Behandlung 500,-- DM.
3Die Klägerin behauptet, als Folge der vorgenannten Behandlung hätten sich an ihrem rechten Arm mehr als 100 kleine Narbe und abgedunkelt eingefärbte Flecken gebildet. Dieser Zustand bestehe bis heute fort, und er werde auch in Zukunft fortbestehen.
4Die Klägerin behauptet, schon zu Beginn der Laserbehandlung am 23.04.1999 hätten sich Hautverfärbungen ausgebildet. Die Klägerin meint, der Beklagte hätte die Laserbehandlung daraufhin richtigerweise sofort abbrechen müssen.
5Die Klägerin rügt desweiteren - unter Aufführung von Einzelheiten -, der Beklagte habe sie zeitlich zu spät und inhaltlich unzureichend über die Risiken der beabsichtigten Laserbehandlung aufgeklärt. Die Klägerin behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sie in die Behandlung nicht eingewilligt.
6Mit ihrem Zahlungsantrag macht die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 8.000,-- DM, Rückzahlung des an den Beklagten gezahlten Honorars sowie weitere 40,-- DM als sogenannte Schadenspauschale geltend.
7Die Klägerin beantragt sinngemäß,wie erkannt.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Er verteidigt sein ärztliches Vorgehen bei der Laserbehandlung vom 23.04.1999 als den hierfür anerkannten Grundsätzen entsprechend.
11Der Beklagte behauptet, er habe der Klägerin am 16.03.1999 erläutert, bei einer Laserbehandlung könne eine Hautrötung auftreten und mindestens für 6 Wochen nach der Behandlung sei Sonneneinstrahlung auf den behandelten Hautbezirk zu vermeiden. Am 23.04.1999, vor Beginn der Behandlung, sei erneut eine ausführliche Beratung über die Nebenwirkungen erfolgt, insbesondere über die Nebenwirkungen, die entstehen, wenn der behandelte Bereich zu früh dem Sonnenlicht ausgesetzt werde. Während die anästhesierende Creme zur Vorbereitung der Laserbehandlung auf den Arm der Klägerin aufgetragen worden sei und eingewirkt habe, was gut eine Stunde gedauert habe, habe die Klägerin zwei ihr übergebene Merkblätter zur Laserbehandlung gelesen. Außerdem habe er, der Beklagte, am 23.04.1999 darüber aufgeklärt, dass die Reaktion auf die Behandlung häufig nur eine Rötung am nächsten Tag sei, manchmal aber auch Blasenbildung wie bei ei‑
12nem starken Sonnenbrand auftrete. Er, der Beklagte, habe der Klägerin - auf deren Frage hin - ausdrücklich davon abgeraten, im Mai 1999 "in die Sonne zu fahren".
13Der Beklagte behauptet schließlich, die auf dem rechten Arm der Klägerin nach der Behandlung vom 23.04.1999 aufgetretenen bräunlichen Verfärbungen seien darauf zurückzuführen, dass die Klägerin die behandelte Haut zu früh und zu intensiv einer UV-Bestrahlung ausgesetzt habe.
14ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
15Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg.
16Die Klägerin kann vom Beklagten, gestützt auf die §§ 823 I, 847 I BGB, Zahlung von 8.000,-- DM als angemessenen Ausgleich für den durch die Laserbehandlung vom 23.04.1999 erlittenen Nichtvermögensschaden (sogenanntes Schmerzensgeld) verlangen. Denn die Behandlung stellt sich mangels wirksamer Einwilligung der Klägerin als rechtswidrige Körperverletzung dar. Die der Einwilligung zugrunde liegende Risikoaufklärung durch den Beklagten war nämlich unzureichend.
17Die der Klägerin am 16.03.1999 - angeblich - erteilte Risikoaufklärung, bei der eine Hautrötung erörtert worden sei sowie zusätzlich eine sogenannte Sicherungsaufklärung bezüglich der Gefahren von Sonneneinstrahlung erfolgte, war inhaltlich unzureichend. Denn sie ließ die Risiken von Narbenbildungen und Hautverfärbungen unerwähnt.
18Die am 23.04.1999 angeblich erfolgten mündlichen und schriftlichen Hinweise des Beklagten auf die Behandlungsrisiken sind unbeachtlich, weil verspätet erfolgt. Im vorliegenden Fall hätte die umfassende Risikoaufklärung spätestens am Tage vor der Behandlung erfolgen müssen, um der Klägerin ausreichend Gelegenheit zu geben, ihre Entscheidung zu überdenken. Dabei hat die Kammer nicht verkannt, dass es sich um einen ambulant ausgeführten Eingriff von nur eingeschränkter Intensität handelte. Dem steht indes entgegen, dass die Behandlung nicht medizinisch, sondern allenfalls kosmetisch indiziert war; es entspricht anerkannter Rechtsprechung, bei kosmetischen Eingriffen besonders scharfe Anforderungen an die Aufklärung zu stellen. Die zweite Besonderheit liegt darin, dass Laserbehandlungen, die häufig als "modern" apostrophiert werden, im Bewusstsein der Bevölkerung vielfach mit Vorstellungen von risikofreier und schmerzfreier Behandlung verbunden sind. Dass diese Vorstellungen indes jedenfalls in Bezug auf die hier streitige Behandlungsmethode unzutreffend sind, ergibt sich aus dem eigenen Vortrag des Beklagten, insbesondere den von ihm verwendeten,
19Merkblättern mit Deutlichkeit. Die am 23.04.1999 verspätet erfolgte Aufklärung wird auch nicht dadurch beachtlich, dass die Klägerin am 16.03.1999 inhaltlich insuffizient aufgeklärt worden war. Unerheblich ist auch, dass die Klägerin am 23.04.1999, nachdem ihr - angeblich - die Risikoaufklärung zuteil geworden war, noch hätte ihre Einwilligung verweigern können. Solches ist bei verspäteter Risikoaufklärung nahezu immer der Fall.
20Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob der Vorwurf der Klägerin durchgreift, der Beklagte habe die Laserbehandlung entgegen den hierfür anerkannten Grundsätzen durchgeführt.
21Für die Bemessung des eingangs genannten, nicht unbeträchtlichen Schmerzensgeldes ist in erster Linie maßgeblich, dass die Haut am rechten Arm der Klägerin aufgrund der streitgegenständlichen Behandlung durch eine bis heute fortbestehende, als Flecken gut sichtbare Bildung einer Vielzahl kleiner Narben geradezu entstellt ist. Dieser Zustand ist durch die von der Klägerin vorgelegten, Mitte des Jahres 2000 gefertigten, scharf zeichnenden Farbfotographien eindrucksvoll belegt. Der Beklagte ist dem nicht entgegengetreten, zieht insbesondere die Authentizität der Fotographien nicht etwa in Zweifel. Dass die vorgenannte Entstellung einer größeren Körperpartie, die zudem üblicherweise häufig unbekleidet bleibt, die Klägerin als noch junge Frau erheblich belastet, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung. Die Kammer hat in diesem Zusammenhangweiter zugrundezulegen, dass die Beeinträchtigung der Klägerin voraussichtlich lebenslänglich verbleiben wird. Eine - für die Klägerin zumutbare - Möglichkeit, die Narben zu entfernen, zeigt auch der Beklagte nicht auf. Sein Hinweis, durch eine - weitere - Laserbehandlung könnten oberflächliche Hautpigmentierungen leicht beseitigt werden, geht fehl. Die sorgfältige Betrachtung der vorgenannten Fotographien ergibt nämlich zwanglos, dass die heute noch bestehenden Hautveränderungen in kleinen Narben, aber nicht in übermäßig pigmentierten Flecken b - stehen; nur ein Teil der Narben ist - geringfügig - dunkler als die Umgebung eingefärbt.
22Bei alledem steht auch fest, dass die vorgenannte Narbenbildung auf der Laserbehandlung des Beklagten vom 23.04.1999 beruht.
23Für die Schmerzensgeldbemessung kommt es schließlich auch nicht darauf an, ob die - wohl unstreitig - in den ersten Monaten nach der Behandlung aufgetretenen dunklen Flecken - Hyperpigmentierungen - deshalb entstanden, weil die Klägerin den Arm der Sonne aussetzte. Denn diese Flecken sind im weiteren Verlauf nahezu vollständig verblasst, die durch sie veranlasste Beeinträchtigung tritt gegenüber der vorerörterten dauerhaften Entstellung durch die Vielzahl kleiner Narben zurück. Dass die Narbenbildung auf zu frühzeitiger oder zu intensiver Sonnenbestrahlung beruht haben könnte, macht auch der Beklagte nicht ernstlich geltend.
24Die Klägerin kann vom Beklagten auch Rückzahlung der für die streitige Behandlung gezahlten 500,-- DM verlangen. Denn der Beklagte hatte keinen Rechtsanspruch auf diesen Betrag. Mangels wirksamer Gebührenvereinbarung konnte der Beklagte als Honorar nur dasjenige, verlangen, was die GOÄ vorsieht. Die Kammer kann sicher ausschließen, dass sich danach der vorgenannte "runde" Betrag von 500,-- DM ergeben hätte. Welcher andere - mutmaßlich niedrigere - Betrag das gesetzliche Honorar darstellt, kann die Kammer anhand des. vorgetragenen Sachverhalts nicht feststellen.
25Die eingeklagte Schadenspauschale ist für durch den Schadensfall typischerweise bedingte Mehraufwendungen, insbesondere Fahrt- und Telefonkosten, ersatzfähig und in ihrer Höhe angemessen (§ 287 I ZPO).
26Der Ausspruch zur Verzinsung ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit.
27Der Feststellungsantrag zu 2. ist nach dem Vorgesagten ebenfalls zulässig und begründet, weil der Beklagte der Klägerin eine in die Zukunft fortwirkende körperliche Beeinträchtigung zugefügt hat.
28Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 I 709 S. 1, 108 I 1 ZPO.
29Streitwert: 13.540,-- DM.