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1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin ein Schmerzensgeld von 250.000,-- DM nebst 2,5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 6 % Zinsen seit dem 1.11.1992 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin weitere 1.688,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.6.1993 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen sonstigen - über den Ausspruch zu 2. hinausgehenden materiellen Schaden sowie den zukünftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, den die Klägerin wegen der Nichterkennung und Nichtbehandlung ihrer Lungentuberkulose durch die Beklagten erlitten hat, soweit die Ansprüche nicht auf öffentlich-rechtliche Versicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 360.000,-- DM vorläufig vollstreckbar. Sicherheit kann auch geleistet werden durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse.
T A T B E S T A N D
2Die 1969 geborene Klägerin, Studentin der Betriebswirtschaftslehre, war seit Mai 1988 beim Beklagten einem niedergelassenen Arzt, in Behandlung. Erstmals stellte sich die Klägerin am 6.5.1988 wegen Husten und Sinusitis seit einem 3/4 Jahr, zuletzt verschlimmert, beim Beklagten zu 1. vor. In der Folgezeit suchte die Klägerin den Beklagten zu 1. immer wieder - mehrmals jährlich - auf und klagte hierbei über Luftnot, Husten und fiebrige Infekte. Eine Blutuntersuchung am 5.7.1988 ergab im wesentlichen Normalwerte. Sputum-Untersuchungen am 8.7.1988 und 9.2.1989 ergaben jeweils den Erreger Staphylococcus aureus, aber keine säurefesten. Stäbchen (gemeint: Tuberkulose-Bakterien). Am 12.8.1988 und am 16.3:1989 erfolgten Röntgenthoraxaufnahmen durch auswärtige Radiologen, die laut deren Befundungen keine pathologischen - Anzeichen ergaben. Wiederholt - mehrmals pro Jahr - stellte der Beklagte zu 1. in den Jahren 1988 bis 1990 Rasselgeräusche über beiden Lungen sowie "Giemen und Brummen" fest. An Diagnosen notierte der Beklagte zu 1. wiederholt - unter anderem "chronisch rezidivierende Sinusitis, Sinusitis maxillaris und frontaliS, Sinubronchitis, spastische Bronchitis, asthmoide Beschwerden; Anämie und generalisierte Aller- gie". Der Beklagte zu 1. therapierte die Klägerin mehrmals jährlich mit Antibiotika. - zur Bekämpfung der von ihm diagnostizierten Infekte - sowie mit Depot Corticosteroiden - zur Bekämpfung des von ihm angenommenen Asthma bronchiale -.
3Unter dem 9.8.1991 notierte der Beklagte zu 1. in seinen Behandlungsunterlagen: "4 Tage Husten, leichte Luftnot, sonorer Klopfschall, Rasselgeräusche linke Lunge; Cor auskultatorisch und perkutorischregelrecht, Atmung ziehend". Der Beklagte zu 1. therapierte mit Antibiotika und verabreichte am 13., 14., 15. und 16.8.1991 Inhalationen.
4Am 11.10.1991 stellte sich die Klägerin erneut beim Beklagten zu 1. wegen eines akuten Infekts mit erheblicher plötzlicher Luftnot vor. Der Beklagte zu 1. stellte "ausgeprägte Rasselgeräusche beider Lungen" fest und verordnete orale Penicillingaben. Weil am 15.10.1991 noch keine deutliche Besserung vorlag, verordnete der Beklagte zu 1. andere Medikamente - Antibiotika -. Unter dem 22.10.1991 notierte der Beklagte zu 1. "erheblich besserer Allgemeinzustand, noch Luftnot und deutliche Zeichen einer Bronchialspastik, ausgeprägter Herpes labialis Oberlippe". Nach weiteren Medikamentengaben und einem nochmaligen Besuch der Klägerin am 24.10.1991 notierte der Beklagte zu 1. alsdann unter dem 29.10.1991: "deutliche Besserung des Allgemeinbefindens, lediglich Herpes der Oberlippe ohne wesentliche Besserung". Am 7.11.1991 stellte der Beklagte zu 1. eine "deutliche Besserung des Befundes an der Oberlippe" fest. Unter dem 15.11.1991 notierte der Beklagte zu 1. anläßlich eines weiteren Besuches der Klägerin "nächtliche Luftnotanfälle".
5Unter dem 6.1.1992 notierte der Beklagte zu 1. alsdann "Hustenanfall, ... sonst idem, noch Giemen…“. , unter dem
67.1.1992" Luft besser, noch Hustenreiz", unter dem 16.1,1992:
7"4 Tage Schmerzen bei Atmung, Husten und beim Niesen ... Druckschmerz im Bereich der Brustwirbelsäule links und Rippen". Der Beklagte zu 1., der die letztgenannten Beschwerden als Muskelhartspann deutete, verabreichte Voltaren intramuskulär. Am 6.2.1992 verabreichte der Beklagte zu 1. erneut - wie schon häufig zuvor - Corttison-Spray, Penicillin und Acetylstein.
8Seit dem 4.3.1992 war die Klägerin alsdann beim Beklagten zu 2., einem Facharzt für Innere Krankheiten, in Behandlung. Der Beklagte notierte in der am 4.3.1992 aufgenommenen Anamnese: "Seit mehr als fünf Jahren wiederholt Husten mit Belastungedyspnoe. Im letzten Halbjahr zunehmend reduzierter Allgemein- und Ernährungszustand, deutliche Leistungsminderung. In den letzten Jahren wiederholt Antibiotika und Volon A 40-80! Allergie? Frühere Testung (1992) fraglich positiv auf Roggen, Gräseri“. Unter jetzigen Beschwerden der Klägerin notierte der Beklagte zu 2.: "Regelrechte Hustenattacken, stärker Werdende Atemnotanfälle Bei Husten und bei tiefer Inspiration linksthorakale Schmerzen". Der Beklagte zu 2. beschrieb das Ergebnis seiner Untersuchung der Klägerin wie folgt: Der allgemeine körperliche Zustand der Klägerin sei reduziert, ihre Konstitution asthenisch, die Psyche empfindlich. Des weiteren beschrieb der Beklagte zu 2. ein verschärftes Atemgeräusch über der linken Lunge, mittelblasige Rasselgeräusche und Giemen und Brummen in der linken Lunge.
9Ebenfalls am 4.3.1992 veranlaßte der Beklagte zu 2. eineRöntgenthoraxübersichtsaufnahme. In der Befundung dieser Röntgenaufnahme durch den Beklagten zu 2. heißt es: "Ausgedehnte Verschattung im Bereich des linken Oberlappens sowie der dorsoaycalen Anteile des gleichseitigen Unterlappens." Die ebenfalls am 4.3.1992 vom Beklagten zu 2. durchgeführte Blutentnahme, ergab eine pathologisch erhöhte Zahl an Leukozyten (13,4/n1, bei Normwerten zwischen 4 und 10). Am 4.3.1992 führte der Beklagte zu 2. des weiteren eine Aller gieuntersuchung, einen sogenannten Prick-Test, durch, wobei die Klägerin bei zweifach positiver Reaktion auf Histamin, zweifach positiv auf Gräser 0, einfach positiv auf Gräser 4, zweifach positiv auf Roggen sowie fraglich positiv auf Getreide, Gerste, Hafer und Weizen reagierte. Die weiterhin, ebenfalls am 4.3.1992 vorgenommene sogenannte kleine Lungenfunktionsprüfung ergab eine deutliche Erniedrigung sämtlicher Funktionen, auf 39,5 % bis 76,3 % der jeweiligen Sollwerte, wobei die sogenannte Vitalkapazität auf etwa die Hälfte vermindert war.
10Am 6.3.1992 besprach der Beklagte zu 2. mit der Klägerin die von ihm geplante Hyposensibilisierungsbehandlung im Hinblick auf die von ihm wie vorgenannt festgestellten Allergien. Unter dem 3.4.1992 stellte der Beklagte zu 2. "allergisches asthma bronchiale" fest und verabreichte -.wie schon am 26.3.1992 - Ribomonyl subkutan. Unter dem 13.4.1992 notierte der Beklagte zu 2. eine "fieberhafte Infektion mit Emesisneigung und thorako-dorsalen Schmerzen". Über der linken Lunge stellte er ein deutlich verschärftes Atemgeräusch sowie Rasselgeräusche über dem Mittel- und Untergeschoß fest. Der Beklagte zu 2. verabreichte erstmals ein Antibiotikum. Am 16.4.1992 stellte der Beklagte zu 2. Orthopnoe und weiterhin Fieber fest. Der Beklagte zu 2. setzte das Antibiotikum um. Unter dem 27.4.1992 notierte der Beklagte zu 2.: "AspisolInfusion. Tine-Test. Hohes Fieber. Gewichtsabnahme, Heftiger Husten mit Erbrechen"; unter Befund notierte der Beklagte zu 2.: "Cor tachycard, über Pulmo links deutlich verschärftes Atemgeräusch, rechts und links Mittel-, Untergeschoß-Rasselgeräusche". Wegen des vorgenannten Befundes veranlaßte der Beklagte zu 2., daß bei der Klägerin noch am 27.4.1.992 eine Thoraxübersichtsaufnehme durch auswärtige Röntgenfachärzte angefertigt wurde. Aufgrund des Befundes dieser Röntgenaufnahmen durch die Röntgenfachärzte - Verschattung der gesamten linken Lunge mit positivem Aerogramm, bulöse Veränderungen bis Aprikosengröße im Oberlappenspitzengebiet, Erguß - rieten die Röntgenfachärzte. der Klägerin zu einer Sofortigen stationären Krankenhausbehandlung. Die Klägerin folgt dem und, wurde noch am 27.4.1992 stationär im F-Krankenhaus in Köln aufgenommen.
11Bei der Aufnahme wurde ein schlechter Allgemeinzustand der Klägerin, eine leichte Luftnot in Ruhe, ein hochstehendes' Zwerchfell links sowie hier eine eingeschränkte Atemverschieblichkeit und grobblasige ohrnahe Rasselgeräusche festgestellt, wobei die Pulsfrequenz der Klägerin auf 120 pro Minute beschleunigt war. Am 29.4.1992 wurde erneut eine Röntgenthoraxaufnahme gefertigt, und diese Aufnahme wurde mit der vorgenannten Röntgenaufnahme vom 27.4.1992 verglichen. Es wurde hierbei eine Verschattung des linken Lungenoberlappens sowie apicaler Unterlappensegmente mit Volumenminderung festgestellt. Die am 28.4.1992 durchgeführte Bronchoskopie zeigte intakte Stimmbänder und als wesentlichen pathologischen Befund eine hochgradige Enge des linken Hauptbronchus. Es wurden erhebliche Mengen Eiters abgesaugt. Die daran durchgeführte bakteriologische Untersuchung erbrachte den Nachweis des Tuberkulosebakteriums. Wegen zunehmender Verschlechterung der pulmonalen Funktionen wurde die Klägerin am 30.4.1992 auf die Intensivstation verlegt. Trotz. Therapie mit mehreren Antiobiotika blieb bei der Klägerin ein remittierendes Fieber bis 40 Grad Celsius bestehen.
12Am 1.5.1992 wurde die Klägerin alsdann ins Krankenhaus KölnO, Lungenklinik, verlegt. Am 1. und 4.5.1992 wurden dort erneut Bronchoskopien durchgeführt, wobei jeweils wiederum Eiter abgesaugt Wurde. Bei der zweitgenannten Bronchoskopie zeigte sich nunmehr auch der rechte Hauptbronchus reichlich mit eitrigem Sekret belegt. Eine Röntgen-Thoraxübersichtsaufnahme vom 11.5.1992 ergab das Bild einer massiv exsudativ kavernösen Tuberkulose der linken Lunge, und in der rechten Lunge zeigten sich multiple Verschattungen im Sinne einer bronchogenen Streuung. Eine Perfusionsmessung am 13.5.1992 ergab einen nahezu völligen. Ausfall der linken Lunge. gegen der Schwere der Schädigung der linken Lunge - im Sinne einer sogenannten "destroed lung" - wurde der Klägerin am 14.7.1992 die linke Lunge operativ entfernt. Postoperativ wurde bei der Klägerin eine Recurrensparese linksseitig festgestellt.
13Am 24.8.1992 wurde die Klägerin zunächst aus der stationären Behandlung im Krankenhaus Köln-O, Lungenklinik, entlassen, vom 31.8. bis 7.9.1992 wurde sie dort erneut stationär behandelt. Bei einer abschließenden Tomographie der rechten Lunge am 3.9.1992 konnten dort keine spezifischen Infiltrate mehr nachgewiesen werden.
14Vom 9.9. bis 4.11.1992 erfolgte alsdann eine stationäre Anschlußheilbehandlung im B-Stift in Bad M. Dort wurde radiologisch rechtsseitig eine gute Rückbildung der tuberkulösen Herde und nur noch eine geringfügige Vernarbung festgestellt. Außerdem erfolgte eine logopädische Behandlung der linksseitigen Recurrensparese.
15Die Klägerin rügt, die Beklagten hätten pflichtwidrig, d.h. unter Verstoß gegen anerkannte Grundsätze ärztlicher Behandlung, verkannt, daß sich bei ihr eine Tuberkulose ausbildete, bzw. bereits ausgebildet hatte. Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang, sie habe seit September 1991 an starkem Nachtschweiß gelitten, im Laufe der Zeit hätten ihre Atembeschwerden zugenommen, ihre allgemeine Leistungsfähigkeit abgenommen. Zuletzt, im Frühjahr 1992, habe starker Husten mit. eitrigem Auswurf und zunehmendem Brechreiz bestanden, des weiteren Appetitlosigkeit mit einer Gewichtsabnahme von 5 kg.
16Die Klägerin macht geltend, der Beklagte zu 1. habe spätestens im Jahre 1991 Verdacht in Richtung einer Lungentuberkulose schöpfen und eine entsprechende lungenfachärztliche Abklärung veranlassen müssen. Der Beklagte zu 2. habe bereits anhand der von ihm am 4.3.1992 gefertigten Pöntgenaufnahme eine Tuberkulose feststellen können und müssen. Falsch, nämlich kontraindiziert, sei des weiteren die vom Beklagten zu 2. geplante und durchgeführte Desensibilisierungstherapie bei angenommenen Allergien gewesen.
17Die Klägerin ist der Auffassung, ihre Behandlung durch beide Beklagte sei als grob fehlerhaft einzuordnen.
18Die Klägerin behauptet, bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten wäre ihre Lungentuberkulose durch Medikamentengaben vollständig ausgeheilt, und ihr wäre demgemäß insbesondere die Entfernung der linken Lunge erspart geblieben.
19Die Klägerin macht - unter Aufführung einer Vielzahl von Einzelheiten zu ihrem heutigen Gesundheitszustand - geltend, die Beklagten hätten durch ihr ärztliches Fehlverhalten ihr, der Klägerin, Leben in der Blüte der Jahre weitgehend zerstört. Die Klägerin begehrt von den Beklagten zum Ausgleich ihrer immateriellen Schädigung ein Schmerzensgeld, wobei sie einen Betrag von mindestens 150.000,-- DM für angemessen hält, des weiteren mit ihrem Zahlungsantrag zu 2. Erstattung von 1.688,20 DM, die sie vorprozessual für ein Privatgutachten von Prof. Dr. W aufgewendet habe.
20Die Klägerin beantragt,
211. die Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, als Gesamtschuldner wegen nicht erkannter und nicht behandelter Lungentuberkulose ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, und welches ab dem 1.11.1992 mit 2,5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch mit 6 %, zu verzinsen ist;
222. die Beklagten zu verurteilen, an sie, die Klägerin, als Gesamtschuldner. 1.688,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.6.1993 zu zahlen;
233. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr, der Klägerin, allen sonstigen darüber hinausgehenden ideellen und materiellen Schaden zu erstatten, den diese wegen der Nichterkennung und Nichtbehandlung der Lungentuberkulose durch die Beklagten erlitten hat, soweit Ansprüche dieser Art nicht auf öffentlich-rechtliche Versicherungsträger übergehen.
24Die Beklagtenn beantragen,
25die Klage abzuweisen.
26Die Beklagten verteidigen - unter Aufführung einer Vielzahl von Einzelheiten zum Behandlungsverlauf - die von ihnen seinerzeit bei der Klägerin vorgenommene Behandlung als anerkannten ärztlichen Standards entsprechend.
27Der Beklagte zu 1. beruft sich insbesondere darauf, die von ihm - unstreitig - am 12.8.1988 und 16.3.1989 veranlaßten Röntgenaufnahmen der Lunge der Klägerin hätten jeweils Normalbefunde ergeben. Im weiteren Verlauf der Behandlung - ab Mitte 1989 - habe sich die Klägerin nur noch anläßlich akuter Beschwerden vorgestellt, und die Klägerin habe die notwendige Mitarbeit wiederholt vermissen lassen. Im Zeitraum ab Herbst 1991 hätten sich keine Besonderheiten ergeben, die ihn, den Beklagten zu 1., hätten an eine Lungentuberkulose denken lassen müssen. Die Klägerin habe sich in diesem Zeitraum wiederholt bei ihm, dem Beklagten zu 1., vorgestellt, jeweils mit akuten Beschwerden im Sinne von akuten Infekten der Luftwege. Die von ihm, dem Beklagten zu 1., jeweils veranlaßten Behand1ungsmaßnahmen, insbesondere die Gabe- von Antibiotika, hätten jeweils rasch zu einer deutlichen Beschwerdebesserung bei der Klägerin geführt. Dies gelte insbesondere auch für die Behandlung der Klägerin im August 1991, im Oktober 1991, im November 1991 sowie im Januar und Februar 1992.
28Der Beklagte zu 2. beruft sich im wesentlichen darauf, er habe der Klägerin aufgrund des Befundes der von ihm veranlaßten Röntgenaufnahme vom 4.3.1992 bereits am 6.3.1992 zu einer Bronchoskopie zwecks weiterer diagnostischer Abklärung geraten. Die Klägerin habe eine solche Bronchoskopie indes ausdrücklich und endgültig verweigert. Im übrigen habe die Röntgenaufnahme vom 4.3.1992 keinen konkreten Hinweis gerade auf eine Lungentuberkulose gegeben.
29Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beschluß vom 17.5.1995 sowie gemäß Verfügungen vom 5.2. und 7.6.1996. Wegen des
30Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. P vom 23.10.1995, 21.2.1996 und 25.6.1996 Bezug genommen.
31ENTSCHEEDUNGSGRONDE:
32Die Klage ist, mit der Maßgabe einiger klarstellender "Änderungen hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 3., in vollem Umfang begründet.
33Die Beklagten sind gemäß den §,§ 823, 847 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Klägerin eine billige Entschädigung in Geld für den der Klägerin entstandenen immateriellen Schaden zu zahlen. Denn die Beklagten haben die Klägerin rechtswidrig und schuldhaft an ihrer Gesundheit geschädigt, indem sie unter Verstoß gegen anerkannte Grundsätze ärztlicher Behandlung - nicht erkannten, daß bei der Klägerin spätestens ab Herbst 1991 eine Lungentuberkulose bestand.
34Hätte sich der Beklagte zu 1. richtig verha3ten, so wäre; bereits Ende Oktober/Anfang November 1991 die Tuberkulose festgestellt worden. Hätte sich der Beklagte zu 2. richtig verhalten, so wäre die Tuberkulose bereits im März 1992 festgestellt worden. In beiden Fällen wäre der Klägerin die Entfernung der durch die Tuberkulose zerstörten linken Lunge nebst den damit in Zusammenhang stehenden Beschwerden. erspart geblieben. Vielmehr wäre die Tuberkulose der Klägerin linksseitig unter medikamentöser Therapie ausgeheilt, rechtsseitig wäre ein tuberkulöser Befall gar nicht erst. eingetreten.
35Die Beklagten schulden das Schmerzensgeld als Gesamtschuldner. Denn beide Beklagte haften deliktisch letztlich für dieselbe gesundheitliche Schädigung der Klägerin - wie nachstehend noch im einzelnen auszuführen sein wird -, aber die Klägerin kann Ersatz für diese Schädigung nur einmal verlangen (vgl. § 421 BGB). In diesem Zusammenhang hat die Kammer nicht verkannt, daß dem Beklagten zu 1. als Folge seiner Fehlbehandlung - auch - eine Verzögerung der richtigen Behandlung - nämlich von Ende Oktober/Anfang November 1991 bis zum 6.2.1992 - anzulasten ist, für die der Beklagte zu 2. nicht einzustehen hat. Ebensowenig hat die Kammer verkannt, daß um- gekehrt dem Beklagten zu 2. eine vergleichbare Verzögerung der richtigen Behandlung zur Last fällt, nämlich von März 1992 bis zur Entdeckung der Tuberkulose Ende April 1992, für die wiederum der Beklagte zu 1. nicht einzustehen hat, weil nämlich der Beklagte zu 1. die Fehlbehandlung durch den Beklagten zu 2. nicht veranlaßt hat, und zwar auch nicht im Sinne einer Mitveranlassung. Für die Bemessung des Schmerzensgeldes kommt den vorgenannten Umständen indes keine entscheidende Bedeutung zu. Denn zum einen wiegen die beiden vorgenannten Verzögerungen ihrem Gewicht nach in etwa gleich stark, weil nämlich die gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin im späteren, kürzeren Zeitraum (März und April 1992) deutlich stärker waren als im ersteren, längeren Zeitraum (Ende Oktober/Anfang November 1991 bis 6.2.1992). Im übrigen tritt die vermeidbare Beeinträchtigung der Klägerin in den vorgenannten Verzögerungszeiträumen gegenüber den sonstigen Folgen, insbesondere den von den Beklagten zu verantwortenden Dauerfolgen bei wertender Betrachtung ganz weitgehend zurück. Weil im übrigen nämlich beide Beklagte für alle der Klägerin vermeidbaren zugefügten gesundheitlichen Schäden haften, war bei der Schmerzensgeldhöhe letztlich hinsichtlich der beiden Beklagten nicht zu differenzieren, vielmehr - wie vorgenannt - eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten auszusprechen.
36Beide Beklagte haben aufgrund Verstoßes gegen anerkannte Grundsätze ärztlicher Behandlung nicht erkannt, daß bei der Klägerin eine Lungentuberkulose vorlag. Mit dieser Feststellung schließt sich die Kammer der Begutachtung durch den als unabhängige Kapazität auf dem Gebiet der Lungenheilkunde anerkannten Sachverständigen Prof. Dr. P an. Der Sachverständige hat nach eingängiger Darstellung der Besonderheiten der Lungentuberkulose einerseits und des von beiden Beklagten diagnostizierten Asthma bronchiale andererseits - unter Aufführung der jeweiligen Leitsymptome beider Erkrankungen -, die beigezogenen Behandlungsunterlagen - insbesondere die der beiden Beklagten - minutiös ausgewertet und hiervon ausgehend. die Behandlung durch die Beklagten plausibel, widerspruchsfrei und überzeugend bewertet. Die Ausführungen des Gerichtssachverständigen stehen zudem hinsichtlich der hier maßgeblichen Gesichtspunkte in Übereinstimmung mit dem von der Klägerin vorprozessual eingeholten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W vom 26.4.1993.
37Im einzelnen gilt folgendes:
38Dem Beklagten zu 1. ist als Verstoß gegen anerkannte Behandlungsgrundsätze anzulasten, daß er nicht spätestens im Oktober 1991 eine weiterführende Diagnostik, und hierbei insbesondere eine Röntgenthoraxaufnahme veranlaßte.
39Denn die Klägerin hatte den Beklagten zu 1. bereits im August 1991 und dann wiederum - anläßlich zahlreicher Termine - im Oktober 1991 wegen rezidivierender Infekte mit Luftnot aufgesucht, so wie sich dies mit den oben genannten Einzelheiten. aus der vorn Beklagten zu 1. geführten Dokumentation ergibt. Dem Beklagten zu 1. hätte auffallen müssen, daß sich das Allgemeinbefinden der Klägerin ab etwa September 1991 deutlich verschlechterte. Diese Verschlechterung des Allgemeinbefindens mit zunehmender Minderung der Leistungsfähigkeit steht fest aufgrund der insoweit übereinstimmenden Anamnesen in den Behandlungsunterlagen-des Beklagten zu 2., des F-Krankenhauses und des Krankenhauses Köln-O - Lungenklinik -. Auf eine massive Störung des Allgemeinbefindens wies in diesem Zusammenhang auch der vom Beklagten zu 1. erstmals unter dem 22.10.1991 dokumentierte Lippenherpes hin, der trotz medikamentöser Behandlung erst unter dem 7.11.1991 als "deutlich gebessert" beschrieben wurde. In Richtung auf eine Tuberkulose wiesen schließlich auch hin - ebenfalls wie vorgenannt übereinstimmend dokumentiert - der Husten der Klägerin mit Auswurf sowie ihr Nachtschweiß. Den Beklagten zu 1. entlastet in diesem Zusammenhang nicht, daß - wie er behauptet - die Klägerin nicht von sich aus, auf die Verschlechterung ihres Allgemeinbefindens, die Minderung ihrer Leistungsfähigkeit, den Husten mit Auswurf und den Nachtschweiß hinwies. Wie der Sachverständige - unmittelbar einleuchtend - dargelegt hat, hätte der Beklagte zu 1. seinerseits die Klägerin in, Richtung der vorgenannten Symptome befragen müssen. Nimmt man schließlich hinzu, daß die vom Beklagten zu 1. am 11.10.1991 verordneten oralen Penicillingaben die Beschwerden der Klägerin nicht besserten, so hätte der Beklagte zu 1. spätestens im Oktober 1991 eine weiterführende Diagnostik betrieben und hierbei insbesondere eine Röntgenthoraxaufnahme fertigen müssen. Ferner waren Sputumuntersuchungen, Bestimmung der Entzündungsparameter im Blut, eine sogenannte kleine Lungenfunktionsprüfung und ein Tine-Test indiziert.
40Hätte der Beklagte zu 1. die vorgenannte Diagnostik betrieben, insbesondere das Röntgenbild gefertigt, so wäre die Tuberkulose der Klägerin mit Sicherheit spätestens Ende Oktober/Anfang November 1991 erkannt und alsdann gezielt behandelt worden. Unter einer adäquaten antituberkulösen Therapie ab diesem Zeitpunkt wäre die Tuberkulose der Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vollständig ausgeheilt. Die vorgenannte Feststellung stützt sich insbesondere darauf, daß die bei der Klägerin nachgewiesenen Tuberkulosebakterien gegen die gängigen Antituberkulosemittel empfindlich waren, und daß die Klägerin diese Mittel gut vertragen hat. Der Klägerin wäre demgemäß insbesondere die Entfernung ihrer linken Lunge und die damit im Zusammenhang stehenden gesundheitlichen Schädigungen erspart geblieben. Ebenso wäre der Klägerin der infolge bronchogener Streuung entstandene tuberkulöse Befall der rechten Lunge erspart geblieben.
41Gegenüber dem Vorgesagten kommt den weiteren Behandlungsfeh- lern des Beklagten zu 1. - der im Hinblick auf das von ihm angenommene Asthma bronchiale ungenügenden diagnostischen Abklärung sowie der insuffizienten Behandlung dieser angenommenen Erkrankung mit unnötig nebenwirkungsreichen Depot-Corticoiden - keine selbständige Bedeutung zu. Eine greifbare gesundheitliche Schädigung der Klägerin durch diese Fehler ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nämlich nicht festzustellen.
42Dem Beklagten zu 2. ist als Verstoß gegen anerkannte Grundsätze ärztlicher Behandlung anzulasten, daß er nicht aufgrund des Befundes der von ihm selbst am 4.3.1992 veranlaßten Röntgenthoraxaufnahme als wichtigste und sich aufdrängende Differentialdiagnose der Verschattung des Obergeschosses der linken Lunge eine Lungentuberkulose in Erwägung gezogen hat. In diese Richtung wies vor allem die Lage der Verschattung, nämlich im Oberfeld der Lunge, so wie sie für eine Tuberkulose ganz typisch ist. In die Richtung einer Tuberkulose wies des weiteren der ausweislich der vom Beklagten zu 2. erhobenen Anamnese erkennbar gewordene schwere Krankheitszustand der Klägerin mit "regelrechten Hustenattacken, stärker werdenden Atemnotanfällen, bei Husten und bei tiefer Inspiration links-thorakalen Schmerzen", verbunden mit einem im vorangegangenen Halbjahr zunehmend reduzierten Allgemeinzustand. Zu alledem passend - nämlich im Sinne einer massiven pathologischen Beeinträchtigung der Lungenfunktion - war auch das Ergebnis der vom Beklagten zu 2. veranlaßten sogenannten kleinen Lungenfunktion, die eine auf etwa die Hälfte des Sollwertes erniedrigte Vitalkapazität erbracht hatte.
43Der vorerörterte Befund per Anfang März 1992 hätte dem Beklagten zu 2. bei richtigem Vorgehen Veranlassung geben müssen, dem sich aufdrängenden Verdacht einer Lungentuberkulose durch Sputumuntersuchungen und eine Bronchoskopie nachzugehen. Ohne Erfolg behauptet der Beklagte zu 2. in diesem ZUsammenhang, die Klägerin habe eine von ihm am 6.3.1992 vorgeschlagene Bronchoskopie abgelehnt. Dies ist in seinen Behandlungsunterlagen nicht dokumentiert, obwohl, eine - unterstellte - Weigerung der Klägerin dokumentationspflichtig gewesen wäre. Die Kammer hatte demgemäß davon auszugehen, daß der Beklagte zu 2. der Klägerin eine Bronchoskopie nicht vorschlug. Dem entgegenstehenden Beweisantritt - durch Zeugnis der Dr. Manuela Rubinger - war nicht nachzugehen, weil dem Vortrag des Beklagten zu 2. nicht einmal ansatzweise zu entnehmen ist, daß und aufgrund welcher Umstände die Zeugin etwas zu der angeblichen Weigerung der Klägerin bekunden können soll. Schließlich ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß der Beklagte zu 2. auch keine Sputumuntersuchung (Untersuchung des Auswurfs) vorgenommen hat, was auch und gerade bei - unterstellter - Verweigerung der Bronchoskopie geboten gewesen wäre.
44Hätte der Beklagte zu 2. an die Möglichkeit einer Tuberkulose gedacht und die vorerörterte weiterführende Diagnostik betrieben, so wäre die Tuberkulose der Klägerin mit Sicherheit spätestens Mitte März 1992 erkannt und alsdann gezielt behandelt worden. Unter einer adäquaten antituberkulösen medikamentösen Therapie ab diesem Zeitpunkt wäre die Tuberkulose der Klägerin vollständig ausgeheilt.
45Die Kammer hat bei dieser letztgenannten Feststellung nicht verkannt, daß die Beurteilung des hypothetischen Verlaufs bei Erkennen der Tuberkulose Mitte März 1992 durch den Umstand erschwert ist, daß das vom Beklagten zu 2. gefertigte Röntgenbild vom 4.3.1992 als solches nicht vorliegt, sondern le-diglich die Befundung dieses Bildes durch den Beklagten zu 2. Nach dieser Befundung liegt nahe - wenngleich es auch nicht als völlig gesichert erscheint -, daß sich am 4.3.1992 noch keine tuberkulösen Kavernen in der linken Lunge gebildet hatten - entsprechende Aufhellungen im Röntgenbild sind in der Befundung nämlich nicht erwähnt. Hatten sich noch keine Kavernen gebildet, so wäre - entsprechend dem oben Gesagten - eine vollständige Ausheilung unter medikamentöser Therapie zu erwarten gewesen. Hätten sich aber doch schon Kavernen gebildet, so wäre - wahrscheinlicher - dennoch eine vollständige Ausheilung der Lunge bei vermutlich nur geringer Narbenbildung möglich gewesen; bei ungünstigem Verlauf wäre eine Teilresektion der linken Lunge erforderlich geworden. Der vollständige Verlust der linken Lunge wäre der Klägerin in jedem Fall erspart geblieben.
46Die wie vorgenannt verbleibenden Unsicherheiten in der Beurteilung des mutmaßlichen Verlaufs bei Erkennen der Tuberkulose Mitte März 1992 gehen zu Lasten des Beklagten zu 2. Deshalb hatte die Kammer - wie vorgenannt - den - ohnehin wahrscheinlicheren - Verlauf einer vollständigen Ausheilung der Tuberkulose zugrunde zu legen.
47Denn die Behandlung durch den Beklagten zu 2. ist als grob fehlerhaft einzuordnen, in dem Sinne, daß gegen elementare Erkenntnisse der Medizin verstoßen wurde. Die schweren krankhaften Veränderungen auf dem Röntgenbild vom 4.3.1992, die hierzu passende, ein schweres Krankheitsbild nahelegende Anamnese und. das Ergebnis des Lungenfunktionstests wiesen derart deutlich auf die. Möglichkeit einer Lungentuberkulose hin, daß die Verkennung dieser Krankheit durch den Beklagten zu 2. aus objektiv medizinischer Sicht nur als unverständlich erscheinen kann. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige denn auch die vom Beklagten zu 2. betriebene Allergiediagnostik und die ins Auge gefaßte Hyposensibilisierungsbehandlung als "angesichts des schweren Krankheitsbildes" abwegig beurteilt, wie unmittelbar einleuchtet. Aufgrund des groben Fehlers des Beklagten zu 2., aufgrund des Nichterkennens der-Tuberkulose per Mitte März 1992, ist die Beurteilung des hypothetischen Verlaufs - wie vorgenannt - erschwert worden.
48Nach alledem kommt es nicht darauf an, ob das Röntgenbild vom 4.3.1992 aufgrund eines Verschuldens des Beklagten zu 2. verlorengegangen ist, so wie dies die Klägerin geltend macht.
49Gegenüber dem Vorgesagten kommt dem weiteren Behandlungsfehler des Beklagten zu 2., insbesondere im Hinblick auf die von ihm - zumindest - beabsichtigte, wenn nicht gar eingeleitete Allergiebehandlung keine maßgebliche Bedeutung zu. Eine greifbare gesundheitliche Schädigung der Klägerin insoweit kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden.
50Die Kritik der Beklagten an der den vorgenannten Feststellungen zugrunde liegenden Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. P geht fehl: Die Einwände der Beklagten sind insbesondere durch das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 21.2.1996 im einzelnen widerlegt worden.
51Weder hat der Sachverständige eine - unzulässige - Ex-postBetrachtung angestellt, noch hat er medizinische Erkenntnisse zugrunde gelegt, die seinerzeit - 1991 und 1992 - noch nicht anerkannt gewesen wären. Fehl geht - wie oben bereits erörtert - der Einwand des Beklagten zu 1., die Klägerin habe ihm gegenüber nur einen Teil der vom Sachverständigen zugrunde gelegten Beschwerdesymptome angegeben. Unzutreffend ist der Einwand des Beklagten zu 1., die Klägerin habe ihm keine Gelegenheit zu weiterführender Diagnostik gegeben, indem sie nicht mehr zur Behandlung erschienen sei; in dem entscheidenden Zeitraum im Oktober 1991 war die. Klägerin mit den obengenannten Einzelheiten im Gegenteil sehr häufig beim Beklagten zu 1. in der Praxis. Anläßlich dieser zahlreichen Besuche hätte der Beklagte zu 1. insbesondere die Möglichkeit einer Röntgenthoraxaufnahme gehabt. Im Ansatz unrichtig ist des weiteren die Argumentation des Beklagten zu 1., soweit er die einzelnen Behandlungsabschnitte jeweils isoliert betrachtet und auf eine Beschwerdebesserung zum jeweiligen Ende der Behandlungsabschnitte abhebt. Damit wird nämlich die Notwendigkeit einer ständigen Gesamtschau verkannt, die die bisherigen Behandlungen und die daraus ersichtliche Gesamtentwicklung des gesundheitlichen Zustandes der Klägerin miteinzubeziehen hatte.
52Unzutreffend ist euch die Kritik des Beklagten zu 2.. an der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. Dr. P: Dies gilt zunächst - aus den oben erörterten Gründen - für die Behauptung des Beklagten zu 2., er habe der Klägerin am 6.3.1992 zu einer Bronchoskopie geraten, die die Klägerin verweigert habe. Aufgrund der oben bereits erörterten Lage der Verschattungen im Röntgenbild vom 4.3.1992 gab das Röntgenbild auch -entgegen der Auffassung des Beklagten zu 2. - einen eindeutigen Hinweis auf die Möglichkeit einer Lungentuberkulose.
53Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf das oben genannte Ergänzunsgutachten des Sachverständigen vom 21.2.1996 Bezug genommen, in dem insbesondere die Kritik des Beklagten zu 1. Punkt für Punkt in durchweg überzeugender Weise abgehandelt und widerlegt wird. Die weitere Kritik der Beklagten gemäß ihrem Schriftsatz vom 15.5.1996 enthält gegenüber dem Vorgesagten keine neuen Gesichtspunkte; wie der Sachverständige in seinem zweiten Ergänzungsgutachten vom 25.6.1996 denn auch zutreffend herausgestellt hat. Der von den Beklagten beantragten Einholung eines weiteren Gutachtens durch einen anderen Sachverständigen bedurfte es nach alledem nicht.
54Die Kammer bemißt das durch die Beklagten. als Gesamtschuldner an die Klägerin zu zahlende Schmerzensgeld auf 250.000,-- DM.
55Der vorgenannte Betrag ist zum Ausgleich der gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die die Klägerin aufgrund des Fehlverhaltens der Beklagten vermeidbar hinnehmen mußte und muß, angemessen, aber auch ausreichend. Jeder der Beklagten hat durch seine Fehlbehandlung an negativen gesundheitlichen Folgen zunächst eine vermeidbare "Vorlaufzeit" - vor der Entdeckung der Tuberkulose - verursacht. In diesen Zeiträumen war die Klägerin vermeidbar gravierenden Störungen ihres Befindens ausgesetzt. Hinzu kommt, daß als Folge des Fehlverhaltens der Beklagten der Zeitraum der erforderlichen stationären Kran kenhausbehandlung erheblich verlängert wurde, und zwar auf mehrere Monat – wie im Tatbestand dieses Urteils mit denEinzelheiten, aufgeführt - anstatt ansonsten nur einiger Wochen. Bei richtigem Verhalten der Beklagten vermieden worden wäre vor allem die große Operation vom 14.7.1992, bei. der die linke Lunge der Klägerin entfernt wurde. Bei richtigem Verhalten der Beklagten vermieden worden wären demgemäß die Schmerzen und Belastungen, die die Klägerin aufgrund dieser Operation zu durchleiden hatte und vor allem die gravierenden Dauerfolgen, die sich aus der Entfernung der linken Lunge für die Klägerin ergeben. Durch den Verlust der einen Lunge ist nämlich die Vitalkapazität der Klägerin auf die Hälfte des Normalen herabgesetzt, dementsprechend kann die Klägerin zeitlebens weder dauerhaft körperlich belastende Tätigkeiten verrichten, noch kann sie Sport treiben; schon Belastungen, die zügigem Treppensteigen entsprechen, können nur kurzfristig ohne Sauerstoffmangelerscheinungen erbracht werden. Als weitere Dauerfolge - mit hoher Wahrscheinlichkeit verbunden mit einer Verringerung der Lebenserwartung - steht die Ausbildung eines sogenannten Cor pulmonale (chronisches Rechtsherzversagen infolge Erhöhung des Blutdrucks im Lungenkreislauf) zu erwarten. Bereits während der stationären Behandlung der Klägerin im Krankenhaus Köln-O - Lungenklinik - wurde als Frühstufe dieser Herzerkrankung eine Vergrößerung der rechten Herzkammer anläßlich zweier Untersuchungen nachgewiesen. Als weiterer, den Beklagten zuzurechnenden Dauerschaden der Klägerin kommt die linksseitige Recurrensparese hinzu, mit der Folge einer Lähmung des linken Stimmbandes und einem entsprechenden dauerhaften Einbuße an Stimmkraft. Daß die Recurrensparese bei der Klägerin erstmals nach der Operation vom 14.7.1992 auftrat -wobei die Funktion ihrer Stimmbänder im Zeitraum vor der Operation intakt war -, und daß die Recurrensparese seitdem fortbestand und fortbesteht, ist hinreichend belegt durch die beigezogenen Behandiungsunteriagen, nämlich durch das Ergebnis des hals-nasen-ohrenärztlichen Konsils vom 10.8.1992, durch den Befund der Hals-NasenOhrenklinik des B-Stifts in Bad M sowie schließlich durch. das Arztschreiben Dr. M vom 17.3.1995. Wie der Sachverständige Prof. Dr. P mit den Einzelheiten überzeugend dargelegt hat, wäre es bei rechtzeitigem Erkennen der Tuberkulose nicht zur Recurrensparese gekommen, weil dann nämlich die Operation zur Entfernung der linken Lunge nicht hätte erfolgen müssen, bzw., weil es dann nicht zu einer Schädigung des linken Nervus recurrens durch die fortgeschrittene Tuberkulose gekommen wäre. Den Beklagten ist schließlich anzulasten, daß auch die rechte Lunge der Klägerin infolge bronchogener. Streuung tuberkulös befallen wurde, wenngleich dem nur untergeordnete Bedeutung zukommt, weil die rechtseitrige Tuberkulose mit nur geringer Narbenbildung vollständig ausgeheilt ist.
56Bei der zusammenfassenden Wertung zur Schmerzensgeldbemessung hatte die Kammer die vorgenannten schweren, teils lebenslänglichen gesundheitlichen Schäden auf dem Hintergrund des noch jungen Alters der Klägerin, die 1992 erst 23 Jahre alt war, zu würdigen. Im Rahmen der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes war auch das erhebliche ärztliche Verschulden beider Beklagter - auch des Beklagten zu 1. - mitzuberücksichtigen.
57An der Zuerkennung des vorgenannten Schmerzensgeldbetrages von 250.000,--.DM ist die Kammer - auf dem Hintergrund der neueren diesbezüglichen höchstrichterlichen Rechtsprechung - nicht dadurch gehindert, daß die Klägerin als Mindestbetrag des ihr zustehenden Schmerzensgeldes - lediglich - einen Betrag von 150.000,-- DM genannt hat. Denn hierdurch ist keine Bindung der Kammer im Sinne von § 308 Abs. 1 ZPO erfolgt.
58Der Ausspruch zur Verzinsung des Schmerzensgeldes ergibt sichunter dem Gesichtspunkt des Verzuges. Angesichts der erheblichen Größe des zuerkannten Schmerzensgeldbetrages ist davon auszugehen, daß die Klägerin diesen Betrag zinsbringend angelegt und hierbei jedenfalls die tenorierten Zinsen erwirtschaftet hätte.
59Entsprechend dem Vorgesagten waren die Beklagten auf den Klageantrag zu 2. als Gesamtschuldner zu verurteilen, der Klägerin die für das vorprozessual eingeholte Gutachten von Prof. Dr. W aufgewendeten 1.688,20 DM zu erstatten. Die Einholung dieses Gutachtens war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich. Der Ausspruch zur Verzinsung insoweit beruht auf dem Gesichtspunkt des Verzuges.
60Auf den Feststellungsantrag zu 3. war - wiederum entsprechend dem Vorgesagten - die von der Klägerin begehrte Feststellung - mit der Maßgabe einiger Richtigstellungen - auszusprechen. Denn dem Ergebnis der Begutachtung ist zwanglos zu entnehmen, daß in Zukunft weitere Schäden infolge der von den Beklagten nicht erkannten und nicht behandelten Tuberkuloseerkrankung der Klägerin zumindest möglich sind. Dies gilt insbesondere für die Möglichkeit, daß es in Zukunft zu einer Deformierung Von Brustkorb bzw. Wirbelsäule kommt. Richtigzustellen bzw. klarzustellen war der Ausspruch zum Feststellungsantrag lediglich insoweit, als die materiellen Schäden alle Schäden mit Ausnahme des durch den Ausspruch zu 2. gedeckten Schadens umfassen, und daß der immaterielle Schaden auf den zukünftigen Schaden begrenzt wird. Hinsichtlich des Anspruchsübergangs war der Ausspruch dahin zu ergänzen, daß auch ein Anspruchsübergang auf sonstige Dritte erfaßt wird.
61Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4, 709 Satz 1, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
62Streitwert:
63Für den Klageantrag zu 1.: 250.000,-- DM
64Für den Klageantrag zu 2.: 1.688,20 DM
65Für den Feststellungsantrag zu 3.: 50,000 -- DM
66insgesamt:. 301.688,20 DM.