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Unter Abweisung der weitergehenden Klage werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.706 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Januar 1992 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/4 und die Beklagten als Gesamtschuldner 3/4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die
Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 4.800 DM. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 300 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Beklagten können die Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Steuer- oder Zollbürgen zugelassenen Kreditinstituts leisten.
Tatbestand
2Am 27. September 1991 ereignete sich unter Beteiligung der Fahrzeuge der Klägerin und des Beklagten zu 1. ein Verkehrsunfall auf dem Gotenring in Köln-Deutz. Der Beklagte zu 1., der zur Zeit des Unfalls bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert war, befuhr mit seinem PKW, amtliches Kennzeichen #####1, den Gotenring in Richtung Severinsbrücke. Am Unfallort münden - aus der Fahrtrichtung des Beklagten zu 1. gesehen von links die Thusneldastraße und von rechts die Adolphstraße in den Gotenring ein. Ein Abbiegen vom Gotenring in die
3Thusneldastraße ist durch das Zeichen 213 (vorgeschriebene Fahrtrichtung geradeaus) untersagt. Auf der Kreuzung stieß der Beklagte zu 1. mit dem PKW der Klägerin, einem Ford Fiesta mit dem amtlichen Kennzeichen #####2, zusammen. Das Fahrzeug der Klägerin wurde hierbei total zerstört; die Klägerin erlitt ein HWS-Schleudertrauma, hatte Kopf- sowie Schulterschmerzen und war 7 Tage arbeitsunfähig.
4Die Klägerin behauptet, sie habe die linke Fahrspur des Gotenrings in Richtung Severinsbrücke befahren, die Fahrt ungefähr 50 m vor der Einmündung der Thusneldastraße verlangsamt, den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt und dann damit begonnen, nach links in die Thusneldastraße abzubiegen. In diesem Moment sei es infolge Unachtsamkeit und überhöhter Geschwindigkeit des hinter ihr fahrenden Be0.agten zu 1. zu einem Auffahrunfall gekommen. Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten ein Schmerzensgeld in Höhe von 400 DM und 2/3 des ihr entstandenen materiellen Schadens .227 geltend, den sie wie folgt beziffert:
5a) Fahrzeugschaden 5.000,00 DM
6b) Nutzungsentcfhädigung (12 Tage a 40,00 DM) 480,00 DM
7c) Auslagenpauschale 30,00 DM
85.510,00 DM
9Die Klägerin hat ihre ursprünglich auf Zahlung von 7.059,40 DM gerichtete Klage mit Rücksicht auf die nur eingeschränkte Bewilligung von Prozeßkostenhilfe teilweise zurückgenommen.
10Sie beantragt nunmehr,
11die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen,
12an sie 4.073,32 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
13Die Beklagten beantragen,
14die Klage abzuweisen;
15hilfsweise für den Fall des Unterliegens ihnen nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung, die auch durch Bankbürgschaft erbracht werden kann, einstweilen abzuwenden.
16Sie behaupten, es sei deshalb zu dem Unfall gekommen, weil die Klägerin, aus der Adolphstraße kommend, ohne die Vorfahrt des Beklagten zu 1. zu beachten nach links auf den Gotenring habe abbiegen wollen. Sie sei dann noch während des Abbiegens grundlos auf der vom Beklagten zu 1. befahrenen Fahrspur stehen geblieben und habe diese blockiert.
17Das Gericht hat auf Grund des Beweisbeschlusses vom 24. Juni 1992 Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und durch Zeugenvernehmung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen K vom 21.10.1992 und auf die Sitzungsniederschrift vom 11.12.1992 verwiesen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist nur teilweise begründet.
20Die Klägerin kann von den Beklagten nur Zahlung in Höhe von insgesamt 3.706,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 03.03.1992 verlangen.
21In Höhe von 3.306,-- DM ergibt sich ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten aus §§ 823 I, 249 S.2, 251 1 BGB, 7, 17 StVG, 3 Pf7tVersG.
22Durch den Verkehrsunfall wurde der Pkw vom Typ Ford Fiesta der Klägerin beschädigt.
23Dieser Unfall beruhte darauf, daß der Beklagte zu 1. mit seinem Pkw auf den Wagen der Klägerin auffuhr.
24Der Beklagte zu 1. handelte hierbei fahrlässig, d. h. schuldhaft. Er ließ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht, weil er trotz einer vorhersehbaren Gefahr den Eintritt eines schädigenden Erfolges nicht vermieden hat. Es liegt ein Verstoß gegen die allgemeinen Grundverhaltensregeln der §§ 1 I, 3 12 StVO vor. Der
25Beklagte zu 1. steuerte sein Fahrzeug nicht mitder nötigen Vorsicht und Anpassung an die Verkehrsverhältnisse.
26Die Gefahr eines Auffahrunfalls war vorhersehbar. Denn es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, daß die Klägerin - wie von ihr behauptet - unmittelbar vor dem Unfall nicht aus der Adolphstraße nach links auf den Gotenring abbog, sondern vielmehr wie der Beklagte zu 1. den Gotenring in Richtung Severinsbrücke befuhr.
27Das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. K, der nach der Zeugenvernehmung seine gewonnenen Ergebnisse bekräftigt hat, belegt in glaubhafter Weise, daß der Anstoß primär von hinten erfolgte und nur von einem leichten seitlichen Stoß überlagert wurde. Daraus folgt, daß die Klägerin den Gotenring vor dem Beklagten zu 1. befahren haben muß und dessen Fahrtrichtung nicht gekreuzt hat. Insbesondere die Kontaktspuren am Heck des Fahrzeugs und die Verformung des hinteren Stoßfängers nach vorn und nicht nach hinten oder rechts deuten auf einen Aufprall von hinten. Außerdem leuchtet es ein, daß die stauchungsbedingten, markanten Knickkanten in der linken Zone des Heckabschlußblechs das typische Ergebnis eines heckseitigen Anstoßes sind. Denn es erscheint plausibel, daß bei einem Anstoß von hinten regelrechte
28"Quetschfalten" entstehen, die teilweise nach außen, teilweise aber auch nach innen zeigen. Aus dem Gutachten geht in diesem Sinne nachvollziehbar hervor, daß der Hauptanstoß nicht von der Seite erfolgte.
29Die Aussage der Zeugin Memis-Haack vermag die Überzeugungskraft des Sachverständigengutachtens nicht zu erschüttern. Sie ist im Ergebnis unergiebig, da sie sich auch mit dem Vortrag der Klägerin in Einklang bringen läßt. Zwar hat die Zeugin zunächst bekundet, sie habe die Klägerin mit ihrem Fahrzeug aus der Adolphstraße kommen sehen. Diese Aussage hat sie dann auf Befragen im Laufe der Vernehmung selbst relativiert. Sie hat zugegeben, sich nichtmehr genau erinnern zu können. Schließlich hat sie ihre Bekundung sogar so weit eingeschränkt, lediglich ihr Gefühl sage ihr, daß die Klägerin aus der Adolphstraße gekommen sei, wenngleich sie deren Fahrzeug vor dem Zusammenstoß nicht gesehen habe. Dafür, daß die Zeugin das Geschehen vor dem Unfall nicht wahrnahm, spricht, daß man als auf dem gegenüberliegenden
30Fußweg gehender Passant ohne besonderen Anlaß üblicherweise nicht auf den Verkehr achtet. Naheliegend ist deshalb, daß Frau Memis-Haack erst durch den Zusammenprall aufmerksam
31wurde. Dafür spricht auch, daß sie sich an das Geschehen nach dem Unfall gut erinnern konnte, insbesondere sogar noch wußte, wo die Klägerin ihr Fahrzeug abstellte.
32Die Gefahr eines Auffahrunfalls war nicht nur vorhersehbar, sondernder Beklagte zu 1. hätte den Eintritt des schädigenden Erfolges auch vermeiden können und müssen.
33Zwar liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Beklagte zu 1. die am Unfallort zulässige Höchstgeschwindigkeit
34nicht beachtet hat, da darüber hinaus aber auch nichts dafür vorgetragen ist, daß die Klägerin etwas mit unverminderter Geschwindigkeit und urplötzlich in die Thusneldastraße
35abzubiegen begann, ist davon auszugehen, daß sie ihre Fahrtgeschwindigkeit verringert hat. Der Beklagte zu 1. hätte sich darauf einstellen können und als umsichtiger Fahrer seine eigene Geschwindigkeit der Verkehrssituation anpassen müssen.
36Obr,.er dies aus Unachtsamkeit oder aus anderen Gründen nicht getan hat, ist unerheblich.
37Der Klägerin entstand infolge der Totalbeschädigung ihres Pkw ein Schaden an ihrem Eigentum. Nach den Grundsätzen der §§ 249 ff. BGB ist von einem Schaden in Höhe von insgesamt 5.510,-- DM auszugehen. Angesichts des Totalschadens konnte die Klägerin den Schaden auch durch die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges ausgleichen. Der geltend gemachte, um den Restwert des klägerischen Fahrzeuges bereinigte Wiederbeschaffungswert von 5.000,-- DM bildet insofern als Wert des Substanzschadens den Hauptposten und ist über § 251 BGB ersatzfähig.
38Die geltend gemachte Nutzungsentschädigung von insgesamt 480,-- DM ist über § 249 S. 1 BGB ersatzfähig. Sie entspricht der gutachtlich festgestellten Wiederbeschaffungsdauer von 12 Tagen und ist mit 40,-- DM pro Tag der Höhe nach richtig bemessen.
39Weiterhin ist der Klägerin für die ihr durch den Unfall entstandenen kleineren Ausgaben eine Pauschale zuzubilligen, die gemäß § 287 ZPO mit 30,-- DM zu veranschlagen ist.
40Die Klägerin kann jedoch nicht ihren gesamten Schaden ersetzt verlangen. Sie muß sich gemäß §§ 254 I BGB, 17 StVG einen Mitverschuldensanteil von 40 % anspruchsmindernd entgegegehalten lassen. Dies führt zu einer Kürzung des Schadensersatzanspruchs auf 3.306,-- DM. Die Klägerin begann, vom Gotenring nach links in die Thusneldastraße einzubiegen, obwohl dies durch das Zeichen 213 (vorgeschriebene Fahrtrichtung geradeaus) untersagt war. Darin lag ein zumindest fahrlässiger Verstoß gegen § 41 Nr. 2 StVO. Gemäß § 24 StVG i. V. m. § 49 III Nr. 4 StVO bedeutet dieser Verstoß eine Ordnungswidrigkeit. Wäre die Klägerin nicht verbotswidrig abgebogen, hätte der Auffahrunfall vermieden werden können. Insofern setzte die Klägerin also eine
41wesentliche Ursache für die Entstehung des Schadens. Ihr Verhalten war der Auslöser der gefährlichen Situation. Der Mitverschuldensanteil der Klägerin ist dennoch geringfügig niedriger als der des Beklagten zu 1., weil dieser es bei umsichtiger Fahrweise immerhin noch in der Hand gehabt hätte, den Eintritt des schädigenden Erfolges trotz der Ordnungswidrigkeit der Klägerin zu verhindern.
42Zusätzlich zu dem Schadensersatzanspruch wegen der Eigentumsverletzung hat die Klägerin gemäß §§ 847 I, 823 I BGB einen Schmerzensgeldanspruch auf Zahlung von 400,-- DM gegen die Beklagten. Die Klägerin erlitt durch den Verkehrsunfall eine Körper- und Gesundheitsverletzung. Das ärztlich attestierte HWS-Schleudertrauma und die in diesem Zusammenhang aufgetretenen Schmerzen führten zu einer medikamentösen Behandlung und zu siebentägiger Arbeitsunfähigkeit. Die übrigen Tatbestandsmerkmale des Schmerzensgeldanspruchs sind entsprechend der Ausführungen zum Ersatz des Eigentumsschadens ebenfalls erfüllt.
43Angesichts der vorgetragenen Verletzungen und Beschwerden der Klägerin und unter Berücksichtigung von deren Mitverschulden hält das Gericht das verlangte Schmerzensgeld in Höhe von 400,-- DM für angemessen.
44Der der Klägerin insgesamt zuzusprechende Betrag von
453.706,-- DM ist von den Beklagten gemäß den §§ 288 Abs. 1, 284 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 10 AKB ab Zustellung der Klageschrift an die Beklagte zu 2. am 21.Januar 1992 mit 4 % zu verzinsen.
46Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. Ein Vollstreckungsnachlaß für die Beklagten gemäß § 712 ZPO
47kommt nicht in Betracht, da die Beklagten nicht dargetan haben, wieso ihnen eine Vollstreckung der Klägerin einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen soll.
48Streitwert:
49a) für die Prozeßgebühr und die
50Gebühr gemäß Nr. 1010 KV 7.059,40 DM
51b) für die übrigen Gebühren 4.073,32 DM