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1.
Der Umgang des Kindesvaters mit den Kindern A und B wird wie folgt geregelt:
2.
Der Umgang findet statt beginnend ab 14.02.2022 in allen geraden Kalenderwochen zu folgenden Zeiten:
von Freitag, 18 Uhr bis Sonntag 13 Uhr
Sollte ein Umgang im Einzelfall in der beschlossenen Form unmöglich sein, wird ein ausgefallener Wochendumgangskontakt unverzüglich am nächsten Wochenende nachgeholt. Der oben festgelegte Rhythmus der Umgangskontakte wird hierdurch nicht geändert. Die weiteren Umgangskontakte finden zu den oben angeordneten Terminen statt.
Der Umgang in den nordrhein-westfälischen Schulferien wird wie folgt geregelt:
- in der ersten Woche der Osterferien vom letzten Schultag, 18:00 Uhr, bis zum Ostersamstag, 18:00 Uhr;
- in der ersten Woche der Herbstferien vom letzten Schultag, 18:00 Uhr, bis zum gleichen Wochentag eine Woche später, 18:00 Uhr;
- in der ersten beiden Wochen der Sommerferien vom letzten Schultag, 18:00 Uhr bis zum gleichen Wochentag zwei Wochen später, 18:00 Uhr;
- in den Weihnachtsferien in geraden Jahren vom 23.12. um 10:00 Uhr bis zum 30.12. um 18:00 Uhr, in ungeraden Jahren vom 30.12. um 10:00 Uhr bis zum 06.01. um 18:00 Uhr.
Umgang findet an folgenden islamischen Feiertagen statt:
- Sonntag des Zuckerfestes (z.B. für 2022: 03.04.2022)
- Samstag des Opferfestes (z.B. für 2022: 09.07.2022)
jeweils von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr.
Der Kindesvater wird verpflichtet, die Kinder jeweils an den genannten Tagen pünktlich zu Hause abzuholen und dorthin bei Umgangsende pünktlich zurückzubringen. Er hat der Kindesmutter bei Ankunft an der Wohnadresse der Kindesmutter eine SMS Nachricht mit der Mitteilung über seine Ankunft zu senden und die Kindesmutter hat die Kinder daraufhin aus der Haustür zu lassen und zum wartenden Kindesvater gehen zu lassen.
Die Kindesmutter wird verpflichtet, die Kinder entsprechend jeweils pünktlich bereitzuhalten bzw. wieder in Empfang zu nehmen. Sie hat den Kindern Wechselanziehsachen mitzugeben.
Der Kindesvater ist verpflichtet, die Kinder in der Zeit des Umgangs persönlich zu betreuen und die Betreuung nicht Familienangehörigen oder sonstigen Dritten zu überlassen.
Insbesondere hat er dafür Sorge zu tragen, dass sich die Tochter Yursa nicht ohne seine Aufsicht in einem Raum mit dem Neffen C Ahmad, geb. 10.05.2010 aufhält und keinerlei sexuelle Handlungen des Neffen unter Einbeziehung der Tochter stattfinden.
Ferner wird dem Kindesvater aufgegeben, die Kinder nicht allein im Auto zu lassen.
Beide Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis der Kinder zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Sie haben sich insbesondere jeglicher Beeinflussung der Kinder gegen den anderen Elternteil zu enthalten. Die Eltern haben sich insbesondere abfälliger Bemerkungen und jeder wertenden Äußerung über den anderen Elternteil oder dessen Bezugspersonen in Gegenwart der Kinder zu enthalten, die Kinder nicht über das Verhalten des anderen Elternteils auszufragen und etwaige Streitigkeiten von den Kindern fernzuhalten.
Der Kindesmutter obliegt es, die Kinder zum Umgang mit dem Kindesvater zu ermuntern und ihnen zu zeigen, dass sie den Umgang der Kinder mit dem Vater zum Wohle der Kinder unterstützt.
Die Beteiligten werden gemäß § 89 Abs. 2 FamFG darauf hingewiesen, dass das Gericht bei schuldhaftem Verstoß gegen diese Umgangsregelung Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000,00 Euro oder für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann oder keinen Erfolg verspricht, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anordnen kann.
3.
Die Gerichtskosten tragen die Kindeseltern je zur Hälfte; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Verfahrenswert wird gemäß § 45 FamGKG auf 4.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten sind die rechtskräftig geschiedenen Eltern der im Rubrum näher bezeichneten Kinder. Sie streiten um die Modalitäten des Umgangs des Kindesvaters mit den Kindern, die im Haushalt der Kindesmutter leben. Die Familie ist dem Gericht aus zahlreichen Vorverfahren bekannt. In einem der Verfahren (AZ 31 F 105/19) haben die Kindeseltern am 29.07.2020 ein gerichtlich gebilligten Umgangsvergleich geschlossen, wonach zunächst zwei begleitete Umgänge des Kindesvaters, dann zwei unbegleitete Umgänge ohne Übernachtung beim Kindesvaters und ab dann unbegleitete Umgänge in 2 Wochen Rhythmus von Freitag bis Sonntag mit Übernachtungen stattfinden. Vorausgegangen war ein Vorwurf der Kindesmutter, der Kindesvater habe den Sohn A sexuell misshandelt. Die in dem Vorverfahren eingeholte Diagnostik bei der ärztlichen Kinderschutzambulanz Bergisch Land e.V. hat in dem Bericht vom 27.07.2020 ausgeführt, dass die Exploration keinerlei Hinweise auf stattgefundene sexuelle Übergriffe des Kindesvaters an A ergeben hat.
4Der Kindesvater hatte mit den Kindern an dem Wochenende 27.08.-29.08.2021 zum letzten Mal Umgang. Danach hat die Kindesmutter den Umgang unterbunden.
5Mit dem vorliegenden Verfahren beantragt der Kindesvater
6Umgang mit beiden Kindern.
7Die Kindesmutter will Umgang nicht gewähren.
8Sie wirft dem 11-jährigen Neffen des Kindesvaters C vor, die Tochter B sexuell missbraucht zu haben. Dies sei bei einem Umgangswochenende Ende August 2021 geschehen, bei dem der Kindesvater mit den Kindern seinen Bruder und dessen Familie besucht habe. Sie habe Strafanzeige gegen das Kind gestellt.
9Die Kinder wurden persönlich von der Richterin im Beisein der Verfahrensbeiständin angehört.
10Im Übrigen wird auf den Akteninhalt und die tatbestandlichen Teile der Gründe Bezug genommen.
11II.
12Dem Antrag des Kindesvaters auf Regelung des Umgangs war wie aus der Beschlussformel ersichtlich stattzugeben.
13Die Notwendigkeit einer gerichtlichen Umgangsregelung folgt aus § 1684 Abs. 1 BGB.
14Danach ist jeder Elternteil zum Umgang berechtigt. Dieses Recht besteht unabhängig von Alter der Kinder grundsätzlich uneingeschränkt und korrespondiert mit der ebenfalls gesetzlich normierten Verpflichtung der Eltern zum Umgang mit ihren Kindern. Nach § 1697 a BGB ist diejenige Entscheidung zu treffen, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl der Kinder am besten entspricht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Umgangsrecht eines Elternteils unter dem besonderen Schutz des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG steht. Es ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden der Kinder und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Absprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihnen aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen. Können sich Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, haben die Richter eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl der Kinder und deren Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt, wobei eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts nur veranlasst ist, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz der Kinder dies erfordert, um eine Gefährdung ihrer seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren (BVerfG v. 26. 9. 2006 - 1 BvR 1827/06, NJW 2007, 1266; v. 05.12.2008 - 1 BvR 746/08, FamRZ 2009, 399, jew. m.w.N.).
15Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war der Umgang wie geschehen anzuordnen.
16Der Umgang der Kinder mit dem Vater ist kindeswohlförderlich. Die Anhörung der Kinder hat ergeben, wie schwer die Kinder durch den hartnäckichen Elternkonflikt belastet sind. Vor allem A hat die Sicht der Kindesmutter nahezu eins zu eins übernommen. Dies zeigt sich deutlich an seinen vorbereitete Vorwürfen gegen den Kindesvater, die er in einem Erwachsenenwortschatz vortrug. Er beschwert sich u.a. darüber, dass der Cola bekomme, viel Handy und Laptop spielen dürfe, Pommes essen und lang aufbleiben dürfe. Das ist ein unkindliches Verhalten und entspringt seinem Wunsch, die Meinung der Kindesmutter zu wiederholen, ihrer Erwartungshaltung zu entsprechen und sich diese gewogen zu halten. Er zeigt Anzeichen eines innerpsychisch stark verunsicherten Kindes, das keine Möglichkeiten hat, positive Erinnerungen an den Vater zuzulassen bzw. zu verbalisieren ohne den Verlust der mütterlichen Liebe befürchten zu müssen. Die Kindesmutter sollte sich vergegenwärtigen, dass sie A mit ihrem Verhalten und ihrer Erwartungshaltung in einen extremen Loyalitätskonflikt gebracht hat und zum seelischen Ungleichgewicht des Kindes erheblich beigetragen hat. Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, ihn in Zukunft eigene positive Erfahrungen mit dem Vater machen zu lassen. Damit die Kinder den Umgang mit dem Vater genießen können, obliegt es der Kindesmutter, die Kinder positiv auf die Umgänge vorzubereiten und den Kindern zu signalisieren, sie weiterhin zu lieben, auch wenn es ihnen bei den Umgängen beim Vater gefällt. Demgegenüber ist der Vater in den Umgangsterminen gehalten, kindgerechte Unternehmungen mit den Kindern zu machen, wie z.B. Fußball spielen, Brettspiele zu spielen oder den Zoo zu besuchen. Entsprechendes gilt für B, die ihr Verhalten auffällig an das des Bruders A ausrichtet.
17Weitere als die aus dem Tenor ersichtlichen Einschränkungen waren nicht vorzunehmen. Das gesetzlich normierte Umgangsrecht zwischen den Kindern und dem betroffenen Elternteil soll beiden die Möglichkeit geben, sich zu sehen und zu sprechen. Dabei soll eine möglichst ungezwungene Begegnung zwischen dem Elternteil und seinen Kindern ermöglicht werden. Im Grundsatz hat daher der Umgang weder begleitet, noch an vorgegebenen Orten stattzufinden. Vor allem kann der Umgang unbegleitet stattfinden. Die von der Kindesmutter erhobenen Vorwürfe des sexuellen Übergriffs des Neffen des Kindesvaters sind nicht belastbar und rechtfertigen keine Anordnung begleiteter Umgänge. Die Kindesmutter hatte in der Vergangenheit diverse Male sexuelle Missbrauchsvorwürfe gegen verschiedene Personen erhoben, z.B. gegen den Kindesvater, den Neffen C und dessen älteren Bruder. Sie hatte ebenfalls behauptet, der Kindesvater habe B unangemessene Kussspuren zugefügt. Diese Vorwürfe ließen sich nicht verifizieren. Auch der in diesem Verfahren erhobene Vorwurf, der 11-jährige Neffe C habe sein Glied in den Genitalbereich der 4-jährigen B eingeführt, ist nicht mit den Untersuchungen des Klinikums Leverkusen vom 02.09.2021 in Einklang zu bringen. Danach gibt es keinen Hinweis auf Verletzungen des Scheideneingangs. Die vorhandene leichte Rötung des Scheideneingangs wird als unspezifisch gewertet und ist vermutlich anderer Genese. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Ermittlungen des Jugendamtes Solingen, das die Wohnung der Eltern des Neffen C aufgesucht hat und festgestellt hat, dass die Wohnung, in der der Missbrauch stattgefunden haben soll aus zwei Zimmern besteht, die nicht durch Türen getrennt sind. Zum fraglichen Zeitpunkt hielten sich mehrere Erwachsene und Kinder in den beiden Räumen auf. Die Kinder A und B spielten freundschaftlich mit ihren Cousins. Auch seitens des Jugendamtes Leverkusen wird empfohlen, die Umgänge unbegleitet stattfinden zu lassen, sofern der Kindesvater versichert, dass zwischen B und C kein unbeaufsichtigter Kontakt stattfindet.
18Dementsprechend hat Umgang unter der Auflage stattzufinden, dass es keinen unbeaufsichtigten Kontakt zwischen B und C gibt. Unabhängig davon, dass das Gericht davon ausgeht, dass der vorgeworfene Missbrauch nicht stattgefunden hat, ist dies zum Schutz der Tochter erforderlich. Eine Verunsicherung C durch die staatsanwaltlichen Ermittlungen und die Konfrontation mit dem Thema Missbrauch kann vermieden werden, wenn es nur beaufsichtigten Kontakt gibt. Dies schränkt den Vater auch nicht unverhältnismäßig ein, da er gehalten ist, die Umgänge persönlich wahrzunehmen und nicht zu delegieren.
19III.
20Der Hinweis auf die Verhängung von Ordnungsmitteln im Falle der Nichtbeachtung der getroffenen Regelung beruht auf § 89 Abs. 2 FamFG.
21Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG.