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Bei Nutzung des Internets wird die Möglichkeit zur Spielteilnahme nicht am Sitz des Veranstalters, sondern am Wohnsitz des Spielers oder einem anderen Standort seines Computers eröffnet Für die Voraussetzungen des § 817 S. 2 BGB ist die bereicherte Partei darlegungs- und beweisbelastet
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110 % der jeweils zu vollstreckenden Summe abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger macht eine Rückforderung aus Glücksspiel geltend.
3Der Kläger nahm über die deutschsprachige Internetdomains:
4N01
5von seiner im Rubrum bezeichneten Wohnung aus an Online-Glücksspielen (Casinospiele) teil. Diese Internetdomain wurde im streitgegenständlichen Zeitraum von der Beklagten betrieben. Die Bedingungen für die Spielteilnahme waren in den Geschäftsbedingungen der Beklagten niedergelegt. Diese waren im Zeitraum der Teilnahme an dem Online-Glücksspiel der Beklagten auf der Website jederzeit abrufbar. Die Webseite war in deutscher Sprache gehalten. Hierin heißt es u.a.: "4.1 Der Spieler trägt die alleinige Verantwortung für die konkrete Nutzung der Leistungen des Unternehmens. Dies schließt die Rechtmäßigkeit der Nutzung der Website und des Angebots in seinem Land/Rechtsprechung des Wohn- oder Standorts mit ein. Der Zugriff auf die Website erfolgt auf eigene Initiative des Spielers und der Spieler ist für die Einhaltung der örtlichen Gesetze verantwortlich. In diesem Zusammenhang übernimmt das Unternehmen keine Haftung für die rechtmäßige Nutzung der Inhalte und Service-Angebote durch den Kunden." Die AGB wurden von der Beklagten zum Juli 2021 aktualisiert. Die aktualisierte Fassung benennt: "(...) Diese Vereinbarung ersetzt alle früheren Verpflichtungen und Abmachungen zwischen den Parteien (weder ausdrücklich noch stillschweigend) und stellt das vollständige Abkommen zwischen ihnen in Bezug auf den betreffenden Inhalt dar. (...) Jegliche Änderungen der Vereinbarung werden dem Spieler im Voraus angekündigt. Wenn der Spieler den Änderungen zustimmt, wird dies durch das Klicken von „Akzeptieren“ bestätigt. Der Spieler hat das Recht, diese Änderungen nicht anzunehmen und muss dem Unternehmen darüber in diesem Fall per E-Mail an folgende Adresse E-Mail01 in Kenntnis setzen. In Übereinstimmung mit den Bedingungen dieser Vereinbarung hat dies die Kontoschließung zur Folge. Die Versäumnis einer solchen E-Mail wird als stillschweigende Genehmigung der Änderungen angesehen. (...)" Fern heißt es darin: " (...) Diese Vereinbarung unterliegt den Q. Gesetzen.
6Das Unternehmen ist auf Q lizenziert und wird reguliert durch die Lotterie- und Glücksspielbehörde von Q ("S.") Die S. ist die Aufsichtsbehörde für alle Arten des Glücksspiels auf Q.
7Jegliche Rechtsstreitigkeiten werden nach dem geltenden Q. Recht und unter Q Gerichtsbarkeit entschieden. (...)" und "(...) Der Spieler trägt die alleinige Verantwortung für die Nutzung von X. Dies schließt die Rechtmäßigkeit der Nutzung der Website und des Angebots in seinem Land/Rechtsprechung des Wohn- oder Standorts mit ein. Der Zugriff auf die Website erfolgt auf eigene Initiative des Spielers und der Spieler ist für die Einhaltung der örtlichen Gesetze verantwortlich. In diesem Zusammenhang übernimmt X. keine Haftung, für die rechtmäßige Nutzung der Inhalte und Service-Angebote durch den Kunden. Im Falle eines Rechtsverstoßes seitens des Kunden, bietet X. keinerlei Rechtsberatung an und übernimmt in diesem Zusammenhang keinerlei Verantwortung.(...)". In Ziffer 13 heißt es : "13. X.de übernimmt keine Haftung und leistet keinen Ersatz für etwaige Kosten, Verluste oder Schäden, die durch die Nutzung der Webseite oder deren Inhalt entstanden sind, ohne Einschränkungen, Verzögerungen oder Unterbrechungen in der übermittlung, Verlust bzw. Verfälschung von Daten, Kommunikations- oder Leitungsfehler, Missbrauch der Webseite oder des Inhalts von Personen oder Fehler oder Unterlassungen im Inhalt."
8Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die auszugsweise Übermittlung Anlage B 1 verwiesen.
9Die Beklagte verfügt über eine EU-Lizenz der S.. Sie verfügte im Zeitraum der Spielteilnahme der Klagepartei weder über eine deutsche Online-Glücksspiellizenz noch über eine Lizenz im Bundesland der Klagepartei.
10Bei den Teilnahmen am Online-Glücksspiel verwendete die Klagepartei die folgenden Anmeldeinformationen: U.:
11E-Mail02
12K.:
13E-Mail03
14Die von der Klagepartei an die Beklagte vorgenommenen Zahlungen erfolgten jeweils mittels des Computers oder des Smartphones der Klagepartei. Dabei hielt sich die Klagepartei stets in deren im Rubrum genannter Wohnung auf.
15Die Abbuchungen erfolgten sodann über das in Deutschland geführte Girokonto und Kreditkartenkonto der Klagepartei.
16Insgesamt wurden Umsätze getätigt von EUR 5.163,61 an Spieleinsätzen, es verspielte der Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 3.733,61 bei der Beklagten.
17Der Kläger hat zunächst behauptet, die Teilnahme sei erfolgt In den Jahren 2020 bis zum Oktober 2022. In der mündlichen Verhandlung hat er sodann den Klagevortrag dahingehend geändert, es gehe um Einsätze im Zeitraum 05.02.2018 bis 26.04.2021.
18Er meint, die bei der Teilnahme an Online-Glücksspielen zwischen den Parteien geschlossenen Spielverträge seien sämtlich gem. § 134 BGB nichtig, da die Spielverträge gegen mehrere gesetzliche Verbote im Sinne des § 134 BGB verstießen. Er macht geltend, die Beklagte habe im streitgegenständlichen Zeitraum nicht über eine staatliche Lizenz zum Betrieb von Online-Glücksspielen verfügt. Er beruft sich auf § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV. Er meint, die Normen würden für sämtliche Online-Glücksspiele, die vom Ausland aus veranstaltet werden, gelten, sofern eine Teilnahmemöglichkeit für Spieler von deutschem Boden aus gegeben sei. Die Beklagte habe die Glücksspiele verbotenerweise veranstaltet. Er meint, erfüllt sei auch der Straftatbestand § 284 Abs. 1 StGB. Hieraus zieht er die rechtliche Bewertung einer Nichtigkeit gem. § 134 BGB. Er meint, es bestünde ein Rückforderungsanspruch aus Bereicherungsrecht und ein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt unerlaubter Handlung. Im Einzelnen macht er geltend, es seien In 113 Vorgängen erfolgt Einzahlungen auf der Webseite N01 in Höhe von EUR 2.750,71. Demgegenüber stünden 9 Auszahlungen in Höhe von EUR 1.070,00. Nach Abzug der Auszahlungen errechnet er einen Verlust von insgesamt EUR 1.680,71.In 80 Vorgängen seien erfolgt Einzahlungen auf der Webseite X.de/ in Höhe von EUR 2.412,90. Demgegenüber stünde 1 Auszahlung in Höhe von EUR 360,00. Nach Abzug der Auszahlung errechnet er einen Verlust von insgesamt EUR 2.052,90.
19Er erklärt den Widerruf der Spielverträge.
20Er meint, die potenzielle künftige Erteilung einer Lizenz entbinde die Beklagte nicht davon nachzuweisen, dass sie die Anforderung auch zu einem Zeitpunkt erfüllt habe in dem sie keine Lizenz gehabt habe. Es sei nicht Aufgabe der Zivilgerichte, eine regulatorische Bewertung des Angebots der Casinoanbieter vorzunehmen, sondern die klaren normativen Regelungen des GlüStV anzuwenden. Er behauptet, er habe von der Illegalität beim Spielen keine Kenntnis gehabt. Es habe umfangreiche Werbung gegeben. Hieraus leitet er her, man könne dann davon ausgehen, dass das angebotene Produkt legal sei. Er behauptet, über die Illegalität sei er erstmalig im Januar 2023 über die Prozessbevollmächtigten Informiert worden. Er habe auch zuvor keine Medienberichte o. ä. gelesen, in denen eine mögliche Illegalität der Online-Glückspiele thematisiert worden wäre. Gleiches gelte für Foren. Er behauptet, er sei beim Spielen davon ausgegangen, dass die Beklagte legale Spiele anbiete. Er meint, es sei die Pflicht der Beklagten gewesen, vor einem Angebot in deutscher Sprache auf dem deutschen Markt zunächst mit Hilfe von rechtlichen Beratern und Experten zu klären, ob Online-Glückspiele in Deutschland überhaupt legal angeboten werden dürfen. Diese Pflicht könne, so meint er, nicht auf Kunden, insbesondere nicht durch AGBs, abgewälzt werden, denn es handele sich um eine Kardinalspflicht des Veranstalters von Online-Glücksspielen. Er behauptet, er habe die die von der Beklagten angeführte Klausel in den AGB auch nicht zur Kenntnis genommen. Aufsichtsbehörde S. billige das rechtswidrige Verhalten von Online-Glücksspielveranstaltern wie der Beklagten nicht. Das gehe auch aus einer von dem Prozessbevollmächtigten getätigten E-Mail-Anfrage. Er bestreitet, selber verbotswidrig vorsätzlich gehandelt zu haben und rügt das Beklagtenvorbringen als unsubstantiiert. Er meint, die Kondiktionssperre des § 817 BGB stehe nicht entgegen, hilfsweise sei die Norm teleologisch zu reduzieren. Er meint, ein Mitverschulden sei ihm nicht anzulasten und der Rückzahlungsanspruch sei auch nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen.
21Der Kläger beantragt,
22die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von EUR 3.733,61 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie beruft sich auf eine von ihr behauptete gewerbliche Tätigkeit des Beklagten und macht geltend, dafür sprächen die erheblichen getätigten Umsätze, nach klägerischem Vortrag noch bis in den Oktober 2022. Es handele sich um eine Klägerindustrie. Ab Mitte März 2021 sei auch in der Presse umfassend berichtet worden. Es dränge sich der Verdacht auf, dass auch die Klagepartei auf diese Berichterstattung aufmerksam geworden sei und das Geschäftsmodell des „risikolosen Glücksspiels“ für sich entdeckt habe. Es bestehe - insoweit unwidersprochen - seit 1. Juli 2021 für jeden Spieler gemäß § 9 Absatz 8 GlüStV 2021 die Möglichkeit, sich durch Einsichtnahme in die online verfügbare sog. Whitelist über die zugelassenen Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen zu informieren. Etwaigen Rückforderungsansprüchen stehe, so meint sie, deshalb § 817 S. 2 BGB, jedenfalls § 242 BGB entgegen. Sie behauptet, die Aufsichtsbehörden hätten das illegale Anbieten von Online-Casinospielen, entgegen der klaren normativen Regelungen des GlüStV 2012, geduldet. Sie behauptet, dem Kläger seien staatliche Genehmigungen gleichgültig gewesen. Sie behauptet, dass man bei der Suche nach Online-Casino-Seiten zwangsweise auf die von der Beklagten angeführten Anwalts- oder Prozessfinanzierung-Seiten stoßen würde, die auf eine Illegalität des Online-Glückspiels hinweisen. Zwar sei es richtig, dass § 4 Abs. 4 GlüStV bis zu seiner Neufassung 2021 Online-Glücksspiele verboten habe. Es sei jedoch höchst umstritten, ob das Verbot aufgrund eines möglichen Verstoßes gegen das EU- und Verfassungsrecht für Anbieter aus dem EU-Ausland wie die Beklagte überhaupt anzuwenden gewesen sei. Sie beruft sich auf Bedenken, die Regelung versuche, das deutsche Wettmonopol zulasten eines freien Wettbewerbs in Europa einzuschränken. Hierzu verweist sie auf diverse Stellungnahmen der Europäischen Kommission. Sie meint, diese Bedenken seien dann Grund für die unionsrechtliche Neuregelung gewesen. Die Bundesländer hätten bereits zum 15. Oktober 2020 eine Übergangsregelung eingeführt. Sie behauptet, in diesem Zusammenhang sei auf jedwede Maßnahmen gegen Anbieter, welche die in den Leitlinien konkretisierten glücksspielrechtlichen Anforderungen erfüllten, verzichtet worden. Es habe ein Graubereich vorgelegen. Sie behauptet Vorsatz beim Kläger und macht geltend, er habe sich zumindest der Illegalität von Online-Glücksspielen leichtfertig verschlossen. Sie behauptet, die Verbote in Deutschland für Online-Glückspielanbieter außerhalb des staatlichen Wettmonopols seien auch der breiten Öffentlichkeit seit September 2010 bekannt. Hierzu benennt sie den Zugang zu diversen Presseberichten. Sie sieht eine Darlegungslast zu fehlender Kenntnis beim Kläger und rügt, aus seinem Vortrag sei nicht ansatzweise das Fehlen einer solchen Kenntnis erkennbar. Zum erklärten Widerruf meint sie, ein Widerrufsrecht sei. nach § 312g Abs. 2 Nr. 12 BGB ausgeschlossen. Sie meint, der Kläger habe mit Rechtsgrund geleistet. Es sei mit der Veröffentlichung der Leitlinien im Vorfeld der Neuregelung mit einem Einschreiten aufgrund der gesetzgeberischen Neubewertung nicht zu rechnen gewesen. Sie meint, § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 sei nur ein einseitiges Verbotsgesetz und sei nicht geeignet, die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB auszulösen. Sie meint, dass es sich bei dem Vermögensschaden um die Realisierung eines Risikos handelt, welches jedem Glücksspiel immanent sei. Sie beruft sich auf einen eigenen Verstoß des Klägers. Zum Umfang des Schadens macht sie geltend, es fehle an einem kausalen Schaden. Der Kläger habe, so behaupte sie, freiwillig und bewusst sich dem Risiko ausgesetzt, auch Verluste einzufahren. Zu der von ihr erhobenen Rüge eines Verstoßes gegen Treu und Glauben macht sie geltend, es würde der Intention der Verhinderung der Spielsucht auch entgegenwirken, wenn für Spieler nun die Möglichkeit eines Spiels ohne Risiko geschaffen werde. Es sei wahrscheinlich, dass Spieler verstärkt nicht lizensierte Anbieter nutzen würden, wenn die Rechtsprechung ihnen ein risikoloses Spiel ermögliche.
26Die Beklagte beruft sich auf eine Unionsrechtswidrigkeit des § 4 GlüStV und beantragt im Hinblick auf einen Vorlagebeschluss des BGH vom 10.01.2024 Az. I ZR 53/23 eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH in dem Verfahren C-440/23.
27Die Klageschrift ist der Beklagten zugestellt worden am 30.06.2023. Das Gericht hat den Kläger zur Güteverhandlung persönlich zum Zwecke der Sachverhaltsaufklärung geladen, um ihn anzuhören. Der Kläger ist ohne weitere Erklärung und trotz Bemühungen des Prozessbevollmächtigten zum Termin nicht erschienen. Wegen der Einzelheiten des wechselseitigen Vorbringens und des übrigen Sach- und Streitstands wird auf die übermittelten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
28Entscheidungsgründe:
29Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
30I. Zur Zulässigkeit der Klage
31Die internationale und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergeben sich aus Art. 18 Abs. 1 VO (EU) 1215/2012 (Brüssel Ia-VO/EuGVVO). Der Kläger ist Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 EuGVVO ist. Die Beklagte behauptet zwar, der Kläger sei Teil einer Klageindustrie und aus dem Umfang der getätigten Glücksspiele sowie weiteren Aktivitäten auf anderen Plattformen ergäbe sich ein gewerbliches Handeln. Der Kläger bestreitet aber ein gewerbliches Handeln. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ist dieses Vorbringen zu unterstellen und der Kläger ist als Privatperson einzuordnen.
32Der Kläger trägt vor, er habe seinen Wohnsitz im Bezirk des angerufenen Gerichts und habe ausschließlich von dort aus an den Spielen teilgenommen. Diesem Vortrag ist die Beklagte nicht entgegen getreten, er gilt damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.
33II. Zur Begründetheit der Klage
34Der Rückzahlungsanspruch des Klägers ist unbegründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger einen Zahlungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB hat. Die inländische Norm ist zwar anwendbar.
35Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 der Rom I-VO. Danach ist bei Verträgen mit Verbrauchern - wie hier - das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies betrifft auch die Beurteilung der Wirksamkeit des Vertrags sowie etwaige Folgen der Nichtigkeit des Vertrags, vgl. Art. 12 Abs. 1 Buchst. a, e Rom I-VO, einschließlich der bereicherungsrechtlichen Folgen, vgl. Art. 10 Abs. 1I Rom II-VO (LG Bielefeld, Urteil vom 21.11.2022, Az. 8 O 386/21 - juris).
36Die von der Beklagten in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Rechtswahlklausel steht der Anwendung deutschen Rechts nicht entgegen. Es kann dahinstehen, ob die Rechtswahlklausel, mit dem Q Recht gewählt wurde, wirksam in den Spielvertrag einbezogen wurde, denn die Vereinbarung der Anwendung von Q Recht in den AGB der Beklagten ist wegen Verstoßes gegen die Richtlinie EG 93/13 (Klausel-RL) und wegen Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. a) Rom-II-VO unwirksam. Von einer Unwirksamkeit einer entsprechenden Rechtswahlbestimmung war u.a. auch das LG Köln in einem Urteil vom 19.10.221 (Az. 16 O 614/20 - juris) ausgegangen. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
37Die Beklagte hat eine Leistung erlangt. Unstreitig hat sie aufgrund von Einzahlungen des Klägers - unter Berücksichtigung von entsprechenden Auszahlungen - einen Betrag von 3.733,61 EUR als Vermögensvorteil erlangt. Diesen Betrag hat der Kläger schlüssig unter Darlegung der Aufwendungen und unter Verrechnung mit ausbezahlten Gewinnen berechnet. Der Kläger hat zwar seinen Klagevortrag noch in der mündlichen Verhandlung zum Zeitpunkt der Einsätze geändert. Die Einsätze und Zahlen hat er aber unverändert gelassen. Diesem Vorbringen des Klägers ist die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten. Er gilt damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.
38Es kann dahinstehen, ob die Leistung ohne Rechtsgrund wegen Nichtigkeit der Spielverträge gemäß § 134 BGB erfolgt ist. Der Kläger beruft sich auf eine Nichtigkeit und argumentiert mit einem Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV. Nach dieser Norm in der bis zum 30.06.2021 gültigen Fassung war das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe gegen dieses Verbot hat die Beklagte verstoßen, indem sie ihre Online-Glücksspiele auch Spielteilnehmern in Nordrhein-Westfalen zugänglich gemacht habe. Ob sich hieraus ein Gesetzesverstoß herleiten ließ, der zur Nichtigkeit des Vertrages führte, hängt davon ab, ob der Anwendungsbereich des Glücksspielvertrages eröffnet war. Das mag zugunsten des Klägers noch angenommen werden.
39Die Beklagte wird mit dem Internetangebot der Casinospiele in Deutschland und damit auch in Nordrhein-Westfalen tätig. Nach unwidersprochenem Vortrag des Klägers richtet die Beklagte ihr Angebot in deutscher Sprache auf den deutschen Markt aus und lässt, insoweit unstreitig, deutsche Spieler zu. Damit wendet sich die Beklagten mit ihren Spielangeboten gerade auch an Verbraucher in Deutschland. Damit veranstaltet und vermittelt sie ihre Glücksspiele in Deutschland, so dass der Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags eröffnet ist (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV). Dabei ist unerheblich, ob sich der Server und sämtliche Einrichtungen der Beklagten außerhalb Deutschlands befinden. Bei Nutzung des Internets wird die Möglichkeit zur Spielteilnahme nicht am Sitz des Veranstalters, sondern am Wohnsitz des Spielers oder einem anderen Standort seines Computers eröffnet (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, Rn. 26, juris).
40Allerdings ist vorliegend nicht abschließend rechtlich geklärt, ob das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. in Einklang mit Unionsrecht (BGH Urt. v. 28.09.2011, I ZR 92/09 - juris; BVerwG Urt. v. 26.10.2017, BVerwGE 160, 193). Hierzu hat Q den EuGH angerufen (Az. C-440/23). Der BGH hat deshalb ein bei ihm anhängiges Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt (Beschluss BGH I ZR 53/23 vom 10.01.2024).
41Die Beklagte hat deswegen auch für das hiesige Verfahren die Aussetzung beantragt.
42Das Gericht sieht jedoch keine Notwendigkeit einer Aussetzung. Maßgeblich ist bei analoger Anwendung des § 148 ZPO eine Vorgreiflichkeit. Eine solche ist nur dann zu bejahen, wenn es auf die Anwendung der zur Vorlage gebrachten Rechtsnorm ankommt. Das ist nicht der Fall, wenn – unterstellt, die Norm führe zur Nichtigkeit des Glücksspielvertrages – nicht sonstige Gründe des allgemeinen Zivilrechts dem klägerischen Begehren entgegenstehen. Das ist vorliegend jedoch der Fall.
43Der Rückzahlungsanspruch ist jedenfalls nach § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen. Gem. § 817 S. 2 BGB ist eine Rückforderung ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Gesetzes- oder Sittenverstoß zur Last fällt. Das ist in objektiver Hinsicht der Fall, wenn ein Geschäft getätigt worden ist, das der Verbotsnorm des § 134 BGB zuwiderläuft (Sprau in Grüneberg, BGB,81. Aufl., § 817 Rn. 16). Neben den objektiven Voraussetzungen müssen dabei die subjektiven Voraussetzungen erfüllt sein. Der Leistende muss sich zumindest leichtfertig dem Gesetzes- oder Sittenverstoß verschlossen haben (vgl. BGH Urt. v. 22.04.1997, XI ZR 191/96 - juris). Maßgebender Zeitpunkt ist derjenige der Leistung (Sprau in Grüneberg, BGB,81. Aufl., § 817 Rn. 16). Dabei sind alle dem Leistenden benannten Umstände zu berücksichtigen (Sprau in Grüneberg, BGB,81. Aufl., § 817 Rn. 17).
44Für die Voraussetzungen des § 817 S. 2 BGB ist die bereicherte Partei darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Sprau in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, 817 Rn. 8). Das ist hier die Beklagte.
45Die Beklagte beruft sich auf ein gewerbsmäßiges Handeln und einen Vorsatz auf Seiten des Klägers. Der Kläger hat schriftsätzlich bestreiten lassen, dass ihm zum Zeitpunkt des Spielens die Illegalität bewusst gewesen sei. Die weiteren Möglichkeiten einer Sachverhaltsaufklärung im Rahmen einer Anordnung des persönlichen Erscheinens zur Güteverhandlung hat er verstreichen lassen. Die Beklagte hatte ausdrücklich die Anhörung beantragt. Auch die weiteren Umstände konnten die Möglichkeit eines gewerbsmäßigen Handelns und eines Vorsatzes bzw. eines leichtfertigen Verschließens vor der Illegalität des Handelns nicht ausschließen. Sie belegten vielmehr den Vortrag der Beklagten. Das zeigt sich daran, dass noch in der mündlichen Verhandlung völlig neuer Vortrag für den Kläger geleistet wurde zum Zeitraum, in dem die Geschäfte getätigt wurden. Gleichzeitig blieb ein weiteres vorgetragenes Spielen noch bis in den Oktober 2022 nicht geändert. Die Beklagte wiederum hat ein Spielen noch bis in den Oktober 2022 zugestanden. Die weitere Nichtaufklärbarkeit geht zu Lasten des Klägers, der die Aufklärungsmöglichkeiten im Rahmen der Güteverhandlung nicht wahrgenommen hat. In der Gesamtschau ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger sich – die Nichtigkeit des Vertrages unterstellt - sich zumindest leichtfertig dem Gesetzes- oder Sittenverstoß verschlossen hat.
46Das Gericht war auch nicht gehalten, dem Antrag der Beklagten, die Klagepartei zu ihrer Kenntnis rund um die Legalität von Online-Glücksspielen gem. § 445 ZPO anzuhören und ggf. gem. § 452 ZPO zu vereidigen, nachzukommen. Es war nicht gehalten, den Rechtsstreit zu vertragen und einen neuen Termin unter erneuter Ladung des Klägers anzuberaumen, da der Kläger bereits die Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung in der Güteverhandlung nicht wahrgenommen hatte und darüber hinaus seinen Vortrag zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Spieleinsätze geändert hatte.
47Nach alledem kam es auf eine Entscheidung über die Vorlage durch den EuGH nicht an, so dass dem Aussetzungsantrag nicht zu entsprechen war.
48Rechtshängigkeitszinsen konnten mangels Berechtigung in der Hauptsache nicht zugesprochen werden.
49Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
50Der Streitwert wird auf 3.733,61 EUR festgesetzt.