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hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Hagenam 04.02.2025durch den Richter am Landgericht Y. als Einzelrichter
b e s c h l o s s e n :
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Streitwertfestsetzung im Urteil des Amtsgerichts xxx vom 13.12.2024 abgeändert und der Streitwert auf 2.000,00 Euro festgesetzt.
1 T 6/2516 C 116/22Amtsgericht xxx |
Landgericht HagenBeschluss
3G r ü n d e :
4I.
5Die Klägerin und Beschwerdeführerin hat in dem zugrundeliegenden Rechtsstreit vor dem Amtsgericht xxx gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch geltend gemacht. Hintergrund war, dass die Klägerin Nutzerin einer Garage auf einem Garagenhof ist. Gegenüber den nebeneinanderliegenden Garagen befinden sich Stellplätze, von denen der Beklagte den Stellplatz nutzt, der sich unmittelbar gegenüber der Garage der Klägerin befindet. Auf diesem Stellplatz parkt der Beklagte über mehrere Monate im Jahr dauerhaft ein Fahrzeug vom Typ Iveco Daily. Die Klägerin hat behauptet, das Fahrzeug des Beklagten weise eine Überlänge auf und rage über die Parkplatzbegrenzung hinaus, sodass es ihr kaum möglich sei, in ihre Garage hineinzufahren. Sie hat daher die Ansicht vertreten, in der Nutzung ihrer Garage erheblich beeinträchtigt zu sein.
6Das Amtsgericht hat der Klage – mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten – stattgegeben und den Beklagten zur Unterlassung verurteilt. Nachdem es den Streitwert mit Beschluss vom 18.04.2023 zunächst vorläufig auf 5.000,00 Euro festgesetzt hatte, hat es diese Festsetzung im Urteil vom 13.12.2024 abgeändert und den Streitwert nunmehr auf lediglich 180,00 Euro festgesetzt. Zur Begründung der Streitwertfestsetzung hat es im Wesentlichen ausgeführt, maßgeblich sei das Interesse des Besitzers – hier also der Klägerin – an der Beseitigung der Besitzstörung. Dies schlage sich wertmäßig in einem fiktiven Minderungswert der Garage nieder. Entscheidend sei also, um welchen Jahresbetrag eine fiktive Miete zu mindern sei. Ausgehend von einer für Garagen üblichen Monatsmiete in Höhe von 60,00 Euro und einer nur leicht über der Wesentlichkeitsgrenze liegenden Beeinträchtigung, die zu einer (fiktiven) Minderung von ca. 25 % führe, ergebe sich ein Jahres-Minderungsbetrag und damit ein Streitwert in Höhe von 180,00 Euro.
7Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde vom 13.01.2025, mit der sie geltend macht, eine Streitwertfestsetzung auf einen Betrag in Höhe von 180,00 Euro werde ihrem wirtschaftlichen Interesse nicht gerecht. Vielmehr müsse berücksichtigt werden, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch das Ziel verfolgt habe, dass sie zukünftig ihr Eigentum vollumfänglich nutzen könne.
8Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern die Sache mit Beschluss vom 15.01.2025 dem Landgericht Hagen als Beschwerdegericht vorgelegt.
9Die den Beteiligten unter dem 17.01.2025 gewährte Stellungnahmefrist bis zum 31.01.2025 ist ungenutzt verstrichen.
10II.
11Die gemäß § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde hat in der Sache insoweit Erfolg, als die Streitwertfestsetzung des Amtsgerichts abzuändern und der Streitwert auf 2.000,00 Euro festzusetzen ist. Eine Festsetzung des Streitwertes auf – wie von der Klägerin begehrt – 5.000,00 Euro kommt hingegen nicht in Betracht.
121.
13Gemäß den §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO ist der Streitwert nach freiem Ermessen festzusetzen. Dabei ist das mit der Klage verfolgte wirtschaftliche Interesse zu ermitteln (vgl. Wendtland, in: BeckOK-ZPO, 55. Edition, Stand: 01.12.2024, § 3, Rn. 1; Elzer, in: Toussaint-Kostenrecht, 54. Auflage 2024, § 3 ZPO, Rn. 11, m.w.N.). Dieses individuelle wirtschaftliche Interesse ist anhand objektiver Gesichtspunkte zu bestimmen, wobei das Gericht alle Umstände des Einzelfalls abzuwägen hat, aber im Ergebnis schätzen darf (BGH, Beschluss vom 04.11.2021 – Az.: I ZR 153/20, in: GRUR-RS 2021, 41235, Rn. 13; OLG Dresden, Beschluss vom 19.04.2022 – Az.: 14 W 870/21, in: GRUR-RR 2022, 422, Rn. 4). Der Streitwertangabe der klagenden Partei kommt dabei gegebenenfalls eine indizielle Bedeutung zu, darf aber nicht ungeprüft übernommen werden; vielmehr hat das Gericht den Streitwert selbstständig zu prüfen und festzusetzen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 07.03.2023 – Az.: 13 W 3/23, in: GRUR-RR 2023, 393, Rn. 11).
142.
15Vor dem Hintergrund der vorstehend dargestellten Grundsätze schätzt das Gericht das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Klage und somit den Streitwert auf 2.000,00 Euro.
16a)
17Die Klägerin hat mit ihrer Klage eine Beeinträchtigung ihres Eigentums geltend gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich das wirtschaftliche Interesse daran, eine Störung oder Einwirkung auf sein Eigentum abzuwehren oder zu beseitigen, grundsätzlich nach dem Wertverlust, den das Eigentum durch die Störung oder Einwirkung erleidet (vgl. BGH, Beschluss vom 24.08.2021 – Az.: VI ZR 1265/20, in: BeckRS 2021, 27908, Rn. 9, m.w.N.). Ein weiterer Anhaltspunkt für die Wertbemessung können sonstige durch die behauptete Störung unmittelbar entstehende Nachteile sein (vgl. BGH, Beschluss vom 24.09.2020 – Az.: V ZR 259/19, in. BeckRS 2020, 29030, Rn. 5). Dadurch, dass der Beklagte mit seinem Fahrzeug derart gegenüber der Garage der Klägerin parkt, dass die Einfahrt in diese Garage erschwert wird, tritt zwar keine unmittelbare Wertminderung der Garage ein. Allerdings hängt der Wert einer Garage zumindest mittelbar auch davon ab, inwiefern die Garage als solche nutzbar ist. Denn eine Garage hat regelmäßig keinen Selbstzweck, sondern dient dem Unterstellen von Fahrzeugen und anderen Gegenständen. Ist dies nur eingeschränkt möglich, ist auch der Wert der Garage entsprechend gemindert.
18b)
19Eine schematische Berechnung des Streitwertes anhand eines fiktiven Mietzinses anhand von §§ 8, 9 ZPO und § 41 GKG, wie sie das Amtsgericht vorgenommen hat, wird dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin allerdings nicht gerecht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 10.07.2023 – Az.: 101 AR 148/23 e, in: BeckRS 2023, 17722, Rn. 26). Zwar mag nicht ausgeschlossen sein, die vorgenannten Vorschriften, die Miet- und Pachtverhältnisse betreffen, zur Bemessung des wirtschaftlichen Interesses in geeigneter Weise heranziehen zu können, wenn der Kläger die beeinträchtigte Sache lediglich gemietet oder gepachtet hat. Im vorliegenden Fall stützt die Klägerin ihren Anspruch jedoch auf ihr Eigentum an der Garage, auch wenn das Amtsgericht die Frage der Eigentümerstellung im Ergebnis offen gelassen hat. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin als Eigentümerin unterscheidet sich maßgeblich von dem eines bloßen Mieters der Garage. Denn das wirtschaftliche Interesse des Mieters beschränkt sich regelmäßig auf die Nutzung des Gegenstands, während ein Eigentümer regelmäßig ein über die bloße Nutzungsmöglichkeit hinausgehendes Interesse an dem Erhalt des Wertes der Sache hat.
20c)
21Für die Frage, inwiefern der Wert der Garage durch die Beeinträchtigung seitens des Beklagten gemindert ist, ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihre Garage trotz der Beeinträchtigung vollumfänglich nutzen konnte. Die Nutzungsmöglichkeit der Garage war zu keinem Zeitpunkt völlig aufgehoben; die Nutzung war lediglich mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, die sich insbesondere in einem umfangreicheren Ein- und Ausparkvorgang niederschlugen. Demgegenüber muss auch berücksichtigt werden, dass es sich um eine dauerhafte Beeinträchtigung handelte. So war die Nutzung der Garage nicht nur für kleinere Zeiträume, sondern jedenfalls dauerhaft über mehrere Monate hinweg erschwert. Schließlich sind bei der Bemessung des wirtschaftlichen Interesses als sonstige, sich nicht in einer Wertminderung der Garage niederschlagende Anhaltspunkte einerseits das erhöhte Risiko für Schäden am klägerischen Fahrzeug und andererseits ein möglicherweise erhöhter Reifenverschleiß nicht außer Acht zu lassen. Denn das Ein- und Ausparken erfordert wegen der Beeinträchtigung durch das Beklagtenfahrzeug einen umfangreicheren Rangiervorgang der Klägerin.
22d)
23Unter Berücksichtigung des Umstands, dass für Unterlassungsansprüche bei Besitzstörungen wegen unberechtigten Parkens auf Kundenparkplätzen Streitwerte zwischen 1.500,00 Euro und 2.000,00 Euro angesetzt worden sind (vgl. BayObLG, Beschluss vom 10.07.2023 – Az.: 101 AR 148/23 e, in: BeckRS 2023, 17722, Rn. 24, m.w.N.), kommt eine Abwägung des Interesses der Klägerin hier zu dem Ergebnis, dass die Bemessung des Streitwertes mit einem Betrag in Höhe von 2.000,00 Euro angemessen, aber auch ausreichend ist. Im Vergleich zum unberechtigten Parken auf Kundenparkplätzen fällt hier erschwerend ins Gewicht, dass es sich um eine langfristige bzw. dauerhafte Störung handelt. Andererseits bleibt das wirtschaftliche Interesse der Klägerin insofern hinter dem Interesse an der Unterlassung eines unberechtigten Parkens auf Kundenparkplätzen zurück, als die Nutzung der Garage durch die Klägerin nicht vollständig ausgeschlossen ist und die Klägerin auch nicht in ihrem Geschäftsbetrieb gestört wird.
24III.
25Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Außergerichtliche Kosten werden gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 GKG nicht erstattet.
26Y. |
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