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Eine teleologische Reduktion des § 817 BGB zugunsten des Spielers kommt bei Nichtigkeit des Spielvertrages mit dem Betreiber ein Website, auf der nicht konzessionierte Online-Casino-Angebote zugänglich sind, nicht in Betracht.
Eine Schadensersatzverpflichtung des Betreibers für die verloren gegangenen Spieleinsätze folgt nicht aus § 823 Abs. 2 BGB, da weder § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. noch § 284 StGB Schutzgesetze im Sinne der Regelung sind, die das Vermögen des Spielers mit Blick auf verloren gegangene Einsätze schützen sollen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.150,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2023 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Der Kläger verlangt von der Beklagten verloren gegangene Einsätze ersetzt, die er an die Beklagte zur Frequentierung von ihr angebotener Online-Casino-Spiele gezahlt hat.
3Die Beklagte ist ein führender Online-Glücksspiel-Anbieter aus B., die u.a. die Online-Casino-Seite „K.“ betrieb, die bis zum 14.10.2020 abrufbar war. Sie ist Inhaberin einer Glücksspiellizenz der Glücksspielbehörde von B., Nr. Nr. XXX. Über eine Glücksspiellizenz in J. oder für das Bundesland F. verfügte sie in der Vergangenheit nicht. Erst im Jahr 2022 erhielt sie deutsche Lizenzen für Automatenspiele und Online-Poker. Zuvor hielt sie nur die erforderlichen Konzessionen für Sportwetten-Angebote.
4In der Zeit vom 01.01.2014 bis zum 03.10.2020 verlor der Kläger auf der o.g. Webseite, auf der er ausschließlich virtuelles Automatenglücksspiel betrieb („slot-machines“), unter Berücksichtigung von Gewinnen Spielbeträge von insgesamt 26.912,92 €. Die Einsätze waren dabei dergestalt zu tätigten, dass die Nutzer über einen Zahlungsdienstleister Guthaben auf ihr Spielerkonto bei der Beklagten einzahlen, um von diesem Guthaben Einsätze für die jeweiligen Spiel-Angebote tätigen zu können.
5Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Glücksspielangebote der Beklagten in J. zum Zeitpunkt der Spieleinsätze nicht erlaubt waren und ihm dies nicht – so behautet er – bekannt gewesen sei. Aufgrund von TV-Werbung zur besten Sendezeit würde bei Konsumenten der irrige Eindruck der Legalität geweckt, der zudem dadurch entstanden sei, dass die Angebote auf Deutsch und aus J. abrufbar sind. Weitergehende Prüfungspflichten des Verbrauchers bestünden bei der Frequentierung der Angebote nicht. Gegenteilige Berichte in den Medien seien ihm – dem Kläger – während des in Rede stehenden Spielzeitraums nicht bekannt gewesen, sondern erstmals gegen Ende des Jahres 2021 aus den Nachrichten bei n-tv bekannt geworden.
6Die nichtigen Online-Glücksspielverträge unterlägen dem deutschen Recht, so dass sich Rückzahlungsansprüche aus den § 812 BGB sowie auf Schadensersatz in gleicher Höhe aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1, 4 GlüStV, § 284 StGB und §§ 826, 31 BGB ergäben.
7Insoweit verstießen die Angebote der Beklagten gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 mit der Folge der Nichtigkeit. Die Regelung des § 817 S. 2 BGB finde auf die getätigten Einsätze schon dem Grunde nach keine Anwendung, da sie nicht zu der von dem Verbotsgesetz missbilligten Leistung gehörten. Jedenfalls sei dem Kläger die Illegalität des Angebotes nicht bekannt gewesen. Darauf könne auch nicht ohne weiteres geschlossen werden, da das Verbot von Online-Glücksspielen nicht allgemein bekannt gewesen sei. Ein Kennenmüssen und selbst grob fahrlässige Unkenntnis betreffend das gesetzliche Verbot genügten nicht. In jedem Falle sei § 817 S. 2 BGB teleologisch zu reduzieren, da ansonsten der Zweck des GlüStV, die Sucht der Verbraucher zu bekämpfen, konterkariert würde und Glücksspielanbieter dazu ermutigt würden, ihre Angebote aufrechtzuerhalten. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehe keine den Gesetzesverstoß ausschließende irgendwie relevante „Duldung“. Zudem gebiete auch die durch Art. 56 f. AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit keine abweichende Beurteilung. Letztlich behauptet der Kläger, an einer Spielsucht zu leiden, so dass es schon allein deshalb an einem Rechtsgrund für die Leistung fehle.
8Über § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den §§ 4 Abs. 1, 4 GlüStV, 284 StGB als Schutzgesetzen, die auch die Vermögenssphäre der Spieler erfassten, könne der Kläger gegenüber der Beklagten zudem Schadensersatzansprüche i.H. der Spieleinsätze liquidieren. Eine entsprechende Einordung der Normen sei schon geboten, um eine Aushöhlung des Rechtsgedankens des § 817 S. 2 BGB zu vermeiden. Die Schutzwirkung zugunsten des Vermögens der Spieler folge u.a. aus den §§ 1 S. 1, 4 Abs. 1 S. 1, 2 GlüStV. Demgegenüber seien die Einzahlungen der Spieler zur Schaffung eines Guthabens noch nicht nach § 285 StGB inkriminiert. Die Verstöße der Beklagten gegen die Schutzgesetze seien vorsätzlich wie schuldhaft erfolgt.
9Im Lichte des § 826 BGB seien die Angebote der Beklagten ferner als objektiv sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie im Rahmen einer für ihr Unternehmen getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung im eigenen Gewinninteresse bewusst illegale Online-Glücksspiele mit Ausrichtung (auch) auf die Bundesrepublik J. angeboten und die Verbraucher zudem über die Illegalität der Angebote getäuscht bzw. gezielt die Arglosigkeit und das Vertrauen der Spieler ausgenutzt habe. Ein Schaden sei jedenfalls eingetreten, weil die Vertragsschlüsse als unvernünftig anzusehen seien und eine ungewollte Verpflichtung eingegangen sei.
10Entgegen der Auffassung der Beklagten seien etwaige Ansprüche der Klagepartei auch nicht verjährt, da betreffend die Illegalität des Angebots zunächst keine Kenntnis bestanden habe. Im Übrigen gelte für den deliktischen Anspruch die Regelung des § 852 BGB.
11Zudem könne der Kläger die Leistung nach Widerruf zurückverlangen.
12Der Kläger beantragt,
13die Beklagte zu verurteilen, an ihn 26.912,92 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte, die die Einrede der Verjährung erhebt, vertritt die Auffassung, dass es für einen kondiktionsrechtlichen Anspruch an der erforderlichen Nichtigkeit des Vertrags zwischen den Parteien gem. § 134 BGB und damit an der erforderlichen Rechtsgrundlosigkeit fehle. Vielmehre gelte § 762 BGB. Ohnehin seien ihre Angebote rechtmäßig. Jedenfalls sei ein beidseitiger Verstoß gegen ein Verbotsgesetz zur Auslösung der Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB erforderlich, während vorliegend allenfalls ein Verstoß der Beklagten als Anbieterin in Rede stehe. Ein Anspruch des Klägers bestünde aber auch bei einem unterstellten beiderseitigen Verstoß nicht, denn in diesem Falle sei der Anspruch des Klägers nach § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen, wobei es ausreichend sei, dass der Kläger sich leichtfertig dem Bestehen des gesetzlichen Verbots verschlossen habe, wovon hier auszugehen sei. Ein Sich-Verschließen liege bereits vor, wenn der Spieler von sich aus nicht der Frage nach der Zulässigkeit des Online-Glücksspiels nachgegangen ist. Die bemühte Unkenntnis des Klägers sei unglaubwürdig. Vielmehr sei davon auszugehen, dass Spieler, die Investitionen in erheblichem Umfang tätigen, sich im Internet informierten. In den Medien gebe es zudem seit mindestens 2004 zahlreiche Berichte zur Zulässigkeit des Glücksspiels. Entsprechende Informationen ergäben sich aus weitverbreiteten Spieler-Foren, welche von regelmäßigen Spielern für gewöhnlich frequentiert würden. Eine teleologische Reduktion von § 817 S. 2 BGB sei nicht nur unzulässig, sondern komme auch nicht in Betracht. Durch eine solche Reduktion würde die Teilnahme am unregulierten Glücksspiel belohnt und das dem Glücksspiel immanente Verlustrisiko aufgehoben. Letztlich gebe es aber ohnehin eine aktive Duldungsentscheidung in Gestalt des als Allgemeinverfügung einzuordnenden Umlaufbeschlusses der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 8. September 2020, der einen Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV (2012) ausschließe und auf den die Beklagte habe vertrauen dürfen. Hierdurch hätten die Behörden nämlich für regulierungswillige Anbieter bereits zuvor bewusst gewährten Vertrauensschutz bestätigt. Für eine diagnostizierte pathologische Spielsucht trage der Kläger keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.
17Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV fehle es schon an der Schutzgesetz-Eigenschaft, weil § 4 Abs. 4 GlüStV nicht dem Individualschutz des Klägers diene. Gleiches gelte für § 284 StGB. Ohnehin machten sich die Spieler ihrerseits durch ihre Teilnahme am Online-Glücksspiel eines Verstoßes gegen § 285 StGB schuldig. Im Lichte der Duldung des Angebotes durch die Behörden treffen sie ferner keine Haftung für Spielverluste des Klägers, dem letztlich auch kein Schaden entstanden sei, weil er unabhängig von dem Vorliegen einer behördlichen Erlaubnis zur Befriedigung seines Spieltriebs ihr Angebot genutzt und die Leistung erhalten habe, die versprochen gewesen sei. In jedem Fall sei sein Anspruch gem. § 254 Abs. 1 BGB auf null zu kürzen.
18Die Klage ist der Beklagten unter dem 04.04.2023 zugestellt worden.
19Entscheidungsgründe
20Die Klage ist zulässig, hat aber nur teilweise Erfolg.
21A)
22I)
23Die deutsche Gerichtsbarkeit ist international und die erkennende Kammer sachlich wie örtlich zuständig.
241)
25a)
26Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ergibt sich aus der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO).
27Ihr sachlicher, persönlicher und zeitlicher Anwendungsbereich sind jeweils eröffnet.
28aa)
29Die Verordnung ist nach Art. 1 Abs. 1 S. 1 in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Da vorliegend Ansprüche zwischen zwei Privatrechtssubjekten ohne hoheitlichen Bezug streitgegenständlich sind, liegt eine Zivilsache im Sinne der Regelung vor.
30bb)
31Die Verordnung ist auf alle EU-Mitglieder anwendbar (BeckOK ZPO/Antomo, 48. Ed. 1.3.2023, Brüssel Ia-VO Art. 1 Rn. 11). Der Austritt des Vereinigten Königreichs und damit verbunden von B. aus der EU steht dem nicht entgegen, da die Forderungen des Klägers als sog. „Altfall“ aus der Zeit vor dem Austritt weiterhin in den Anwendungsbereich der Regelung fallen (BeckOK ZPO/Antomo, 49. Ed. 1.3.2023, Brüssel Ia-VO Art. 1 Rn. 11).
32cc)
33Die VO findet ferner nur bei einem Auslandsbezug und nicht auf reine Inlandsprozesse Anwendung. Dafür ausreichend ist, dass mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des befassten Gerichts hat (BeckOK ZPO/Antomo, 48. Ed. 1.3.2023, Brüssel Ia-VO Art. 1 Rn. 15), was mit Blick auf den Sitz der Beklagten in B. der Fall ist.
34dd)
35Die Verordnung findet letztlich gem. Art. 66 zeitliche Anwendung nur auf Verfahren, die am oder nach dem 10.1.2015 eingeleitet, förmlich errichtet oder eingetragen bzw. gebilligt oder geschlossen worden sind. Die hiesige Klageschrift ist am 10.10.2022 bei dem erkennenden Gericht und damit im Anwendungsbereich der Norm eingegangen.
36b)
37Da einer der ausschließlichen Gerichtsstände des Art. 24 EuGVVO vorliegend nicht einschlägig ist und Sonderregelungen für Versicherungs- (Art. 10 ff.), Verbraucher- (Art. 17 ff.) oder Arbeitssachen (Art. 20 ff.) nicht zur Anwendung in Betracht kommen, ergibt sich die Zuständigkeit aus dem Verbrauchergerichtsstand gem. den Art. 17, Art. 18 Abs. 1 EuGVVO.
38Nach Art. 18 Abs. 1 EuGVVO kann die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des anderen Vertragspartners vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.
39Die Zuständigkeit ergibt sich vorliegend aus dem Wohnsitz des Klägers in G.. Der Kläger ist Verbraucher im Sinne der Regelung. Das ist nach Art. 17 Abs. 1 EuGVVO in persönlicher Sicht der Fall, wenn den Gegenstand des Verfahrens ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag bilden, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann. In sachlicher Hinsicht muss es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handeln, um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder ein anderes Kreditgeschäft, das zur Finanzierung eines Kaufs derartiger Sachen bestimmt ist, oder in allen anderen Fällen, wenn der andere Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.
40Der Kläger ist eine natürliche Person, der den Spielvertrag mit der Beklagten ohne erkennbaren Bezug zu einer beruflichen bzw. gewerblichen Tätigkeit geschlossen hat. Die Wahrnehmung der Online-Angebote der Beklagten in Gestalt des „Online-Casinos“ stellt grundsätzlich eine Betätigung dar, die der persönlichen Unterhaltung einer natürlichen Person dient. Wenngleich gewerbliche Zwecke – etwa professionelles Spielen – in Betracht kommen, drängt sich dies vorliegend weder auf noch sind entsprechende Bezüge vorgetragen. Soweit sich in der Sache die Frage der Nichtigkeit eines zwischen den Parteien bestehenden Spiel- und Wettvertrages (vgl. § 762 BGB) stellt, ist der Kläger nicht gehindert, sich auf den Verbraucher-Gerichtsstand zu berufen, auch wenn keine vertraglichen Ansprüche aus dem Verbrauchervertrag in Rede stehen, sondern solche bereicherungsrechtlicher und deliktischer Natur.
41Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Regelung nicht so auszulegen, dass nur bestimmte Ansprüche aus einem Verbrauchervertrag erfasst werden, sondern alle Streitigkeiten, die zu diesem Vertrag eine so enge Bindung aufweisen, dass sie von ihm nicht getrennt werden können (Geimer/Schütze Int. Rechtsverkehr/Paulus, 63. EL Oktober 2021, VO (EG) 1215/2012 Art. 17 Rn. 75). Dazu gehören grundsätzlich bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche (Geimer/Schütze, a.a.O. Rn. 35) sowie solche deliktischer Natur (Musielak/Voit/Stadler, 19. Aufl. 2022, EuGVVO Art. 17 Rn. 1e). Dies für den konkreten Fall anders zu beurteilen, ist nicht angezeigt, führt doch die Veranstaltung des Glücksspiels als solches ggf. zur Nichtigkeit des Vertrages mit entsprechendem Rückabwicklungsbedürfnis und zu dem Vorwurf deliktischen Handelns.
42Das Angebot der Beklagten ist im Sinne des Art. 18 Abs. 1 lit. c) EuGVVO im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit eingerichtet und dieses (u.a.) auf den Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, ausgerichtet.
43Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass die Beklagte gewerblich „Online-Casino“-Glücksspiel über das Internet feilbietet. Dieses Betätigungsfeld ist auch Gegenstand des hier in Rede stehenden Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien. Das Angebot der Klägerin ist zumindest auch auf die BRD ausgerichtet. Die entsprechende Webseite der Beklagten war unstreitig in deutscher Sprache zugänglich und dem Kläger auch die Anmeldung von seinem Wohnort aus möglich (vgl. i.E. OLG Hamm Urt. v. 21.3.2023 – 21 U 116/21, BeckRS 2023, 8297 Rn. 20; OLG Frankfurt, NJW-RR 2022, 1280 Rn. 42; OLG Hamm Beschl. v. 12.11.2021 – 12 W 13/21, BeckRS 2021, 37639 Rn. 12).
44Der Ausschlussgrund in Art. 17 Abs. 3 EuGVVO ist ersichtlich nicht einschlägig.
452)
46Die sachliche Zuständigkeit der Kammer folgt mit Blick auf den sich auf 26.912,92 € summierenden Streitwert aus den §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG.
473)
48Die örtliche Zuständigkeit folgt nicht aus einer Anwendung der §§ 12, 13 ZPO, sondern mit Blick auf den Zweck, dem Verbraucher die Klage am oder zumindest in der Nähe des Wohnsitzes zu ermöglichen, bereits aus der Regelung des Art. 18 Abs. 1 EuGVVO (Musielak/Voit/Stadler, 19. Aufl. 2022, EuGVVO Art. 18 Rn. 4).
49II)
50Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 2.150,00 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
511)
52Auf den Vertrag zwischen den Parteien findet nach der ROM-I-VO deutsches Recht Anwendung.
53a)
54Der Anwendungsbereich der Verordnung ist eröffnet. Die Rom-I-VO gilt gem. Art. 1 Abs. 1 für vertragliche Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen.
55Da keine Durchsetzung und Ausübung hoheitlicher Befugnisse in Rede steht (vgl. BeckOGK/Paulus, 1.6.2022, Rom I-VO Art. 1 Rn. 20), sondern Forderungen unter Privaten (s.o.), liegt eine Zivilsache im Sinne der VO vor.
56Auch sind Ansprüche aus einem vertraglichen Schuldverhältnis Gegenstand des Verfahrens, was nach unionsrechtlichem Verständnis bei der freiwilligen Verpflichtung einer Partei gegenüber einer anderen, die eine rechtsgeschäftliche Sonderverbindung zwischen diesen Parteien entstehen lässt, der Fall ist (MüKoBGB/Martiny, 8. Aufl. 2021, Rom I-VO Art. 1 Rn. 7). Eine rechtsgeschäftliche Verbindung zwischen den Parteien ist durch Anmeldung des Klägers auf der Website der Beklagten zustande gekommen. Dass keine vertraglichen Ansprüche in Rede stehen, sondern bereicherungsrechtliche und deliktische Sekundäransprüche, steht der Anwendung nicht durchweg im Wege. Aus Art. 12 Abs. 1 lit. e) Rom I ergibt sich, dass das nach der VO anwendbare Recht auch die Folgen der Nichtigkeit des Vertrages erfasst, so dass jedenfalls bereicherungsrechtliche Ansprüche erfasst sind (BeckOGK/Weller, 1.10.2020, Rom I-VO Art. 12 Rn. 43).
57Letztlich hat das Rechtsverhältnis eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten. Dies ist bei reinen Inlandssachverhalten nicht der Fall. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass es aufgrund des Sachverhalts überhaupt in Frage steht, welche Rechtsordnung anzuwenden ist, was schon aufgrund der Eigenschaften der Parteien und der Durchführung des Vertrages der Fall sein kann (MüKoBGB/Martiny, 8. Aufl. 2021, Rom I-VO Art. 1 Rn. 24). Vorliegend steht durch den Sitz der Beklagten die Anwendbarkeit des in B. geltenden Rechts in Rede. Ein hinreichender Auslandsbezug ist damit gegeben.
58Die Rom-I-Verordnung fand nach einem „Opt-In“ auch auf das Vereinigte Königreich Anwendung (BeckOK BGB/Spickhoff, 67. Ed. 1.8.2023, VO (EG) 593/2008 Art. 1 Rn. 52). Nach Art. 66 lit. a BrexitAbk zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich bleibt die ROM I weiter auf Vertragsverhältnisse anwendbar, die vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU – was hier der Fall ist – abgeschlossen worden sind (BeckOGK/Paulus, 1.3.2023, Rom I-VO Art. 1 Rn. 55).
59Eine der in Art. 1 Abs. 2 der VO genannten Bereichsausnahmen ist nicht der Fall.
60b)
61Aus dem für den bereicherungsrechtlichen Anspruch relevanten Verbraucherstatut (Art. 6 Abs. 1 Rom I) folgt die Anwendbarkeit des deutschen Rechts.
62Vorliegend ist ein Verbrauchervertrag im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Rom I gegeben. Das ist dann der Fall, wenn eine natürliche Person zu einem Zweck, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann („Verbraucher“), mit einer anderen Person einen Vertrag geschlossen hat, die in Ausübung ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt. Diese Voraussetzungen liegen unter Bezugnahme auf die Ausführungen zur Anwendbarkeit der EuGVVO vor.
63Nach der genannten Regelung unterliegen die Ansprüche dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, dann, wenn der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Staat ausübt, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder eine solche Tätigkeit auf irgendeiner Weise auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Auch insoweit besteht ein Gleichlauf zu den bereits bejahten Voraussetzungen der Art. 17 und 18 EuGVVO. Auf die Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Eine der in Art. 6 Abs. 4 Rom I vorgesehenen Bereichsausnahmen ist nicht einschlägig.
64c)
65Soweit vorliegend auch deliktische Ansprüche in Betracht kommen, handelt es sich um außervertragliche Schuldverhältnisse nach Art. 1 Abs. 1, Art. 2 der Rom II Verordnung.
66Da die Parteien keine vorrangige Rechtswahl im Sinne von Art. 14 Rom II vortragen haben und keine der besonderen Anknüpfungsfälle der Art. 5-9 Rom II gegeben sind, die vorrangig zu prüfen sind, ist auf die allgemeine Kollisionsnorm des Art. 4 Rom II abzustellen. Nach Abs. 1 dieser Regelung ist in Ermangelung anderweitig einschlägiger Statute auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Da der Kläger in J. lebt und auch sein Vermögen hier verwalten ist danach deutsches Recht anzuwenden.
67Ferner folgt die Anwendbarkeit deutschen Rechts im Lichte der vorangehenden Ausführungen zur Anwendbarkeit der Rom-I-Verordnung zudem aus Art. 4 Abs. 3 Rom II. Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Staat aufweist, so ist nach der genannten Regelung das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat kann sich nach S. 2 der Norm insbesondere aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis zwischen den Parteien – wie einem Vertrag – ergeben, das mit der betreffenden unerlaubten Handlung in enger Verbindung steht. So liegen die Dinge hier. Die maßgeblichen Fragen wie die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts und damit im Zusammenhang stehend die Frage nach der Zulässigkeit der Angebote der Beklagten bestimmen sich nach dem deutschen Recht, welches folglich auch eine enge Verbindung im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Rom II begründet.
682)
69Die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB liegen vor. Der Anspruch bedingt, dass die Beklagte durch Leistung des Klägers ohne Rechtsgrund etwas erlangt hat.
70a)
71Durch die Einzahlungen des Klägers zum Erwerb von Spielguthaben hat die Klägerin „etwas“ im Sinne der Regelung erlangt.
72Das Erlangte im Sinne der Regelung ist jeder vermögenswerte Vorteil (vgl. Grüneberg/Sprau, BGB, 82. Aufl. 2023, § 812 Rn. 4). Vermögenswerte Positionen können dabei auch Ansprüche gegen einen Dritten sein. Es ist unstreitig, dass der Nutzer nicht etwa erst im Rahmen eines konkreten Spiels Zahlungen in einen Topf erbringt, sondern Geld bei der Beklagten einzahlt, um mit dem so erworbenen Guthaben auf ihrer Seite spielen zu können. Die Beklagte als originäre Zahlungsempfängerin hat danach entweder einen Anspruch auf Auszahlung entsprechender Buchbeträge gegenüber ihrer kontoführenden Bank erhalten oder einen Anspruch auf Gutschrift aus dem entsprechenden Zahlungsdienstevertrag auf ihr Konto (str. vgl. MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl. 2020, BGB § 812 Rn. 11).
73b)
74Diese Bereicherung trat durch eine Leistung des Klägers an die Beklagte ein. Eine Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens, wobei die Beurteilung der Leistungsbeziehung im Falle der Streitigkeit des Leistungsverhältnisses aus Sicht des Empfängers bestimmt wird
75Soweit die durch den Kläger bei der Beklagten eingezahlten Beträge zur Begründung eines Guthabens erfolgten, welches in der Folge für die Spielangebote der Beklagten genutzt werden konnte, ist das Vermögen der Beklagten bewusst und zweckgerichtet, nämlich zur Eröffnung der Spielmöglichkeiten im Rahmen der Nutzungsbedingungen der Beklagten, gemehrt worden. Es ist in diesem Zusammenhang unschädlich, dass das Guthaben womöglich für Glücksspiele eingesetzt werden konnte, das nicht nur Automatenglücksspiel virtuell darstellt und sich zwischen Kläger und Beklagter abspielte, sondern auch in Angebote investiert werden konnte, bei denen andere Spieler beteiligt sein konnten. Unabhängig davon, für welche der möglichen Betätigungen auf der Website der Beklagten das Guthaben letztlich eingesetzt wird, verblieb das Geld zunächst einmal für einen unbestimmten Zeitraum im Zugriff der Beklagten, ohne dass zu diesem Zeitpunkt – wollte man davon überhaupt ausgehen – schon irgendwelche Glücksspielverträge mit noch gänzlich unbekannten etwaigen „Mitspielern“ in Rede standen oder bestimmbar gewesen wären. Folglich gab es auch keinen Dritten, dem sich die Einzahlung des Klägers als eigentliche Leistung hätte darstellen können und – aus der hier maßgeblichen Sicht der Beklagten – für den die Einzahlung ersichtlich bestimmt und nur von ihr weiterzuleiten war. Davon ausgehend liegt gerade keine Konstellation in einem Dreiecksverhältnis vor, in dem die Beklagte gleich einer Bank als bloßer Zahlungsvermittler auftritt, der einen Überweisungsauftrag ausführt, bei dem sich die Gutschrift auf dem Konto für den Empfänger dann freilich nicht als Leistung der Bank, sondern desjenigen darstellt, der die Ausführung des Überweisungsauftrags veranlasst hat. Die Situation gleicht vielmehr derjenigen aus dem Zahlungsdienstevertrag zwischen der Bank und ihrem Kunden, wenn dieser lediglich einen bestimmten Geldbetrag auf seinem Konto zur Einzahlung bringt, auf dass dieser Betrag dann seinem Konto gutgeschrieben werde.
76c)
77Diese Bereicherung trat bei der Beklagte ohne Rechtsgrund ein, wobei die Rechtsgrundlosigkeit der Leistung des Klägers nicht bereits aus der von ihm behaupteten Spielsucht folgt, die – läge sie in pathologischer Form vor – gem. § 105 BGB zur Nichtigkeit der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung des Klägers führte.
78aa)
79Nach § 105 Abs. 1, Abs. 2 BGB ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ebenso nichtig wie eine solche, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird. Soweit der Kläger eine Spielsucht behauptet, kommt dem Grunde nach eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit im Sinne von § 104 Nr. 2 BGB in Betracht, die zumindest zu einer partiellen Geschäftsunfähigkeit führen kann (vgl. Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil / EGBGB, BGB § 104 Rn. 70).
80Voraussetzung ist grundsätzlich das Vorhandensein einer geistigen Anomalie, die zu einer Beeinflussung der Geistestätigkeit dahingehend führt, dass der Betroffene seinen Willen nicht mehr frei und unbeeinflusst von der vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach den gewonnenen Erkenntnissen zu handeln vermag (MüKoBGB/Spickhoff, 9. Aufl. 2021, BGB § 104 Rn. 47).
81Das hier in Rede stehende pathologische Spielen gehört zu den disruptiven Impulskontroll- und Sozialverhaltensstörungen und wird von der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme unter der Kennziffer ICD-10 F63.0 erfasst, die grundsätzlich – sei es nun aufgrund vermehrten Impulsantriebs oder einer verminderten Impulskontrolle von Einfluss auf die freie Willensbildung sein können (Müller/Nedopil, Forensische Psychiatrie 5. Aufl. 2017, S. 236 Ziff. 12.9). Dabei führt indes nicht jede einschlägige Diagnose zu einer relevanten Beeinflussung der Impulskontrolle. Vielmehr kommt es auf Grad und Ausmaß als psychopathologisch einzuordnender Symptome an, die beim pathologischen Spielen jenen einer stoffgebundenen Suchterkrankung sehr nahe kommen (Venzlaff/Foerster/u.a., Psychiatrische Begutachtung, 7. Aufl. 2021, S. 377, Ziff. 24.2. vornehmlich mit Blick auf die strafrechtliche Schuldfähigkeit). Gewichtige Indikatoren sind eine Persönlichkeits- und soziale Depravation dahingehend, dass das Spielen ein exzessives Ausmaß annimmt, welches die Lebensführung des Spielers vollkommen beherrscht und dazu führt, dass berufliche, soziale und familiäre Verpflichtungen mehr und mehr vernachlässigt werden. Prägend ist, dass das Denken und die Planung sämtlicher Alltagsabläufe auf das Spielen ausgerichtet wird, wobei sich der Drang gerade in Konfliktsituationen verschärft (Müller/Nedopil, a.a.O. S. 236 f.).
82Hierzu hat sich der Kläger, der sich auf die Nichtigkeit nach § 105 Abs. 1, Abs. 2 BGB beruft und dementsprechend darlegungs- und beweisbelastet ist (MüKoBGB/Spickhoff, 9. Aufl. 2021, BGB § 105 Rn. 65), mit keinem Detail verhalten. Es bleibt bei dem pauschalen Vorbringen einer Spielsucht. Einzelfallbezug, der Subsumtionen ermöglichte, fehlt und ist mangels Schlüssigkeit auch nicht weiter zu berücksichtigen. Nach den auf Befragen der Beklagtenvertreterin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.09.2023 hierzu getätigten Angaben des Klägers liegt ein psychopathologischer Zustand im vorangehend dargestellten Sinne zudem durchaus fern, ergibt sich aus den Ausführungen des Klägers zu seinem Spielverhalten doch, dass er in der Lage war, sein Spielen nach der Verfügbarkeit seiner Mittel auszurichten und das Spielen auch aus eigenen Antrieb letztlich mit Blick auf aufgekommene Bedenken an der Legalität des Angebotes irgendwann im Nachgang des Jahres 2020 eingestellt zu haben.
83bb)
84Der mit der Beklagten bei Anmeldung auf ihrer Website abgeschlossene Nutzungsvertrag stellt keinen Rechtsgrund dar, weil dieser wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gem. §§ 134 BGB, § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. nichtig ist. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Das hier in Betracht kommende Verbotsgesetz in Gestalt von § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. bestimmte in der Fassung vom 01.07.2012 – 30.06.2021, dass das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten ist.
85(1)
86In § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. ist ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB zu sehen.
87(a)
88Die Regelung ist zunächst geeignete Verbotsnorm.
89Verbotsgesetz kann jede Rechtsnorm im Sinne von Art. 2 EGBGB sein (Grüneberg, a.a.O., § 134 Rn. 2). Der GlüStv ist als Staatsvertrag unter den Bundesländern exklusive Schleswig-Holstein durch die jeweiligen Länderparlamente ratifiziert und damit Landesrecht mit Normcharakter. Die Regelung ist damit eine geeignete Verbotsnorm.
90Die Regelung scheidet auch nicht wegen einer Verfassungs- oder Europarechtswidrigkeit als Verbotsgesetz aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die im Einklang mit jener des EuGH steht, bestanden schon hinsichtlich der Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStv von 2008 betreffend ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel keine Bedenken zur Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 GG) sowie mit dem Unionsrecht (Art. 56 f. AEUV) und solche Bedenken wurden auch nicht gegenüber dem Staatsvertrag in der Fassung ab 2012 erhoben (BVerwG NVwZ 2018, 895 Rn. 30 m.div.w.N.; vgl. auch BGH MMR 2022, 45 Rn. 45; OLG Frankfurt NJW-RR 2022, 1280 Rn. 46). Insbesondere die in dem Verbot liegende Beschränkung der durch Art. 56 f. AEUV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit ist gerechtfertigt, da sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen (BVerwG, a.a.O., Rn. 38 ff.).
91(b)
92Sie ist auch konkret als Verbotsgesetz zu qualifizieren.
93Ob eine Regelung bestimmte Rechtsgeschäfte verbietet und damit als Verbotsgesetz qualifiziert werden kann, ist in der Regel im Rahmen einer Auslegung zu ermitteln (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 134 Rn. 58), soweit sich die Nichtigkeitsfolge nicht schon aus einer entsprechenden ausdrücklichen Anordnung in der Norm ergibt (Grüneberg, a.a.O. Rn. 2). Maßgeblich ist dabei insbesondere der Zweck des Verbotsgesetzes. Dabei hat der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz in der Regel die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nur dann zur Folge, wenn sich das Verbot gegen beide Seiten richtet (BGH BKR 2022, 811 Rn. 11).
94Die hierbei gebotene Auslegung hat – wie grundsätzlich auch – vom Wortlaut der Regelung auszugehen, ohne an diesem haften zu bleiben (BeckOGK/Vossler, 1.9.2022, BGB § 134 Rn. 53). Die Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV spricht ausdrücklich und im Einklang mit der Terminologie des § 134 BGB von dem Verbot der Veranstaltung und der Vermittlung des Glückspiels. Die Auslegung nach dem Wortsinn der Regelung bietet daher bereits hinreichend erheblichen Anlass, von der Einordnung als Verbotsnorm auszugehen. Auch Sinn und Zweck (BeckOGK/Vossler, 1.9.2022, BGB § 134 Rn. 62) der Regelungen des GlüStV sprechen dafür, dass die Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV gegen sie verstoßenden Verträgen die Wirksamkeit versagen will. Der Telos der Regelungen des Staatsvertrags ergibt sich aus den in § 1 der a.F. formulierten Zielen u.a. dahingehend, dass die Entstehung von Glücksspiel- und Wettsucht verhindert, durch ein begrenztes Glücksspielangebot der Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zur Vermeidung der Bildung von Schwarzmärkten gelenkt und sichergestellt werden soll, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt und Spieler von der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität freigehalten werden. In diesem Lichte geht die Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV ersichtlich davon aus, dass die Ziele im Rahmen von Online-Angeboten schwerlich oder zumindest schwerer zu erreichen sind. Bei der Veranstaltung von Glücksspiel, zu dem für jeden in der Vertrautheit der eigenen vier Wände und damit frei von jeder sozialen Kontrolle eine Zugangsmöglichkeit besteht, sind geordnete und überwachte Bahnen gerade nicht gegeben und die Möglichkeit der Einflussnahme – gerade bei Anbietern, die außerhalb von J. sitzen – durchaus eingeschränkt. In Ansehung der ausdrücklichen Bezeichnung des Verbots und der Umstand, dass sich die effektive Umsetzung der Zwecke – auch zur Verhinderung eines „Schwarzmarkts“ – nur dann erreichen lässt, wenn sämtliche Geschäfte, die im Zusammenhang mit dem Betrieb und der Vermittlung eines Online-Glücksspiels stehen, keine Wirksamkeit entfalten, um insbesondere eine Anreizsituation zu vermeiden, ist § 4 Abs. 4 GlüStV als Verbotsgesetz einzuordnen.
95Aus dem Einwand, dass sich das gesetzliche Verbot der Regelung allein gegen die Betreiber des Angebots – also die Beklagte – richtet, folgt keine abweichende Wertung. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich die Nichtigkeit in besonderen Fällen auch aus einem einseitigen Verstoß ergeben kann, falls nämlich der Zweck des Verbotsgesetzes anders nicht zu erreichen ist und die rechtsgeschäftlich getroffene Regelung nicht hingenommen werden darf. Eine solche Ausnahme liegt etwa vor, wenn der angestrebte Schutz des Vertragspartners die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts erfordert oder wenn der Erfüllungsanspruch auf eine unerlaubte Tätigkeit gerichtet ist (BGH BKR 2022, 811 Rn. 11).
96(aa)
97Vorliegend ist der Zweck des Verbotsgesetzes nur durch unterschiedslose Nichtigkeitsfolge sinnvoll zu erreichen. Die Ziele des Staatsvertrages, wie sie in § 1 festgehalten sind, sind grundsätzlich dahingehend zu verstehen, dass sie jede Vermögensverschiebung im Zusammenhang mit dem unerlaubten Glücksspiel sanktionieren. Die in § 1 des Staatsvertrages niedergelegten Aspekte sind vornehmlich solche der Prävention. Gerade dem Präventionscharakter und dem Ziel, das Spiel in überwachte Bahnen zu führen, kann nur entsprochen werden, wenn abseits des Anwendungsbereichs des § 762 BGB sichergestellt ist, dass jeder Beteiligte mit der deutliche Abschreckungswirkung entfaltenden Folge konfrontiert ist, aus der Beteiligung an dem Spiel Erlangtes, insbesondere der Nutzer/Spieler die Früchte aus seinem etwaigen Glück in Form der Rückerlangung seines Einsatzes und darüber hinaus der Gewinne, nicht behalten zu dürfen, weil vorbehaltlich der nachfolgend zu behandelnden Einschränkungen jedenfalls grundsätzlich die Möglichkeit der jeweils anderen Seite besteht, das Hingegebene zurückzuverlangen.
98(bb)
99Aus dem Verweis auf die wiederholt von den Parteien thematisierte Entscheidung des BGH v. 13.09.2022 kann die Beklagte nichts für ihr Petitum Günstiges herleiten. Die Entscheidung befasst sich lediglich mit der Frage, ob aus dem dort angesprochenen Regelungsgefüge der §§ 9 und 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV a.F. auf den gesetzgeberischen Willen geschlossen werden kann, auch auf das Schuldverhältnis zwischen dem Spieler und dem Zahlungsdienstleister einzuwirken. Für das hier maßgebliche Verhältnis zwischen dem unmittelbar beteiligten Spieler und dem Anbieter ist keine Aussage getroffen. Selbst wenn dem Verweis der Entscheidung darauf, dass ein drohender Vermögensschaden gerade nicht aus dem Verbot unerlaubten Glücksspiels, sondern aus dem jedem Glücksspiel immanenten Risiko, dass Gewinne oder Verluste ungewiss und rein zufällig seien, tatsächlich eine allgemeinverbindliche Aussage zur Anwendung von § 134 BGB zu entnehmen wäre, so ist die Kammer hieran nicht gebunden und folgt dem auch mit Blick auf die o.g. Aspekte nicht.
100(cc)
101An der Beurteilung ändert auch mit Blick auf die mittlerweile geltende Rechtslage nichts: Auch nach der Neufassung des Staatsvertrages ist Glücksspiel, das ohne eine staatliche Erlaubnis betrieben wird, gem. § 4 Abs. 1 S. 1, S. 2 GlüStV 2021 verboten (OLG Hamm Urt. v. 21.3.2023 – 21 U 116/21, BeckRS 2023, 8297 Rn. 24) was auch für die hier in Rede stehenden Online-Casinospiele gilt. Auf derlei Verbote mit Erlaubnisvorbehalte, wie es etwa auch bei § 3 RDG besteht, ist § 134 BGB außerhalb eines Genehmigungstatbestandes, wie er hier vorliegt, weil die Beklagte erst im September 2022 eine entsprechende Erlaubnis erteilt erhielt, freilich ebenfalls anwendbar (vgl. BeckOGK/Vossler, 1.3.2023, BGB § 134 Rn. 269 f.). Nach alter wie nach neuer Fassung stellt sich folglich die Frage der Wirksamkeit des Vertrages bei Handeln ohne Erlaubnis.
102(2)
103Gegen das Verbotsgesetz ist verstoßen worden.
104Bei den bereitgehaltenen Angeboten der Beklagten, die unzweifelhaft über das Internet von ihr feilgeboten wurden, handelte es sich um öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 4 Abs. 4 GlüStV.
105Glücksspiel im Sinne der Regelung liegt nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 GlüStV vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt nach S. 2 der Regelung in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Öffentlich ist das Glücksspiel nach Abs. 2 der Norm dann, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt.
106Die von dem Kläger nach eigenen Angaben genutzten und von ihm im Termin zur mündlichen Verhandlung weiter erläuterten slot-machine-Angebote, also das virtuelle Automatenglücksspiel, vermittelt gegen Entgelt die Möglichkeit, durch das Auslösen eines ersichtlich dahinterstehenden Zufallsgenerators eine Gewinnchance zu erwerben, die sich aus dem eintreten einer Bestimmten Zahlen- bzw. Symbolfolge ergab. Diese „Wette“ auf den durch den Zufallsgenerator ungewissen Ereigniseintritt in Gestalt gewinnträchtiger Bildfolgen war durch das frei zugängliche und allein die Anmeldung auf der Website bedingende Angebot der Kläger einem unbestimmten und nicht geschlossenen Personenkreis über das Internet zugänglich.
107(3)
108Soweit die Beklagte sich auf eine Legalisierungswirkung entfaltende Duldung der zuständigen Behörden beruft, ist eine solche Wirkung vor dem Hintergrund der seinerzeit geltenden Gesetzeslage nicht existent. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt der Umlaufbeschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 8. September 2020 (Anlagenkonvolut B 21, S. 1-7) schon nicht den Anforderungen an einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung, die irgendwelche Bindungswirkung entfalten könnte. Unabhängig von der Frage einer hinreichenden Bekanntmachung im Sinne von § 41 VwVfG fehlt es diesem Umlaufbeschluss ersichtlich an der nach § 35 VwVfG erforderlichen Außenwirkung. Der Umstand, dass die Behörden gegen die Angebote nicht eingeschritten sind, bindet ohnehin nicht die Zivilgerichte bei der Bewertung der Rechtslage im Zusammenhang mit der Frage nach Rückgewähransprüchen wegen etwaig nichtiger Vertragsverhältnisse (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2022, 1280 Rn. 47).
1093)
110Die Rückforderung der Bereicherung ist nicht gem. § 817 S. 2 BGB, der in Zusammenschau mit § 817 S. 1 BGB dem § 814 BGB in der Anwendung vorgeht (vgl. MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl. 2020, BGB § 817 Rn. 9), ausgeschlossen. Die Rückforderung ist danach ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Verstoß im Sinne von S. 1 der Norm zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand. Ein Verstoß im Sinne von S. 1 der Norm liegt vor, wenn der Empfänger der Leistung durch deren Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat.
111Die Voraussetzungen des Ausschlusses sind indes nicht gegeben. Im Einzelnen:
112a)
113Wie oben bereits ausgeführt, verstößt der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot. Mit Blick auf die Zielrichtung des Verbotsgesetzes führt jede Vermögensverschiebung, die auf Grundlage eines solchen Vertrages erfolgt, gegen ein gesetzliches Verbot, weil die Norm derlei Betätigungen, die nicht ohne Geldmittel ablaufen können, verhindern will, so dass auch in der Annahme der Leistung ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot liegen. Umgekehrt wäre daraus zu schließen, dass auch der Kläger als Einzahler der Guthaben, die für das Spiel später zu verwenden sind, gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wobei jedenfalls objektiv ein Verstoß gegen § 285 StGB vorliegt (OLG Frankfurt NJW-RR 2022, 1280 Rn. 49).
114Etwas Anderes ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des BGH nicht, nach der sich die Rechtsfolge des § 817 S. 2 BGB nur auf das bezieht, was aus den vom Gesetz missbilligten Vorgängen geschuldet wird und nicht dagegen auf Bereicherungsansprüche, die sich aus nicht zu beanstandenden Leistungen ergeben, selbst wenn sie demselben tatsächlichen Verhältnis entstammen (BGH NZG 2017, 476 Rn. 44). Die Einzahlungen des Klägers zur Bildung eines Guthabens bei der Beklagten sind im Lichte des § 4 Abs. 4 GlüStV keine solche nicht zu beanstandenden Leistungen. Nach der Funktion des Angebotes der Beklagten muss zunächst ein Guthaben aufgebaut werden, welches dann die Möglichkeit bietet, dieses als Einsatz zu verwenden. Wird eine Einzahlung mit dem Ziel geleistet, sich den Zugang zu den virtuell veranstalteten Glücksspielen zu sichern, wird bereits die Eröffnung dieser Möglichkeit durch § 4 Abs. 4 GlüStV im Lichte der Zielrichtungen nach § 1 GlüStV missbilligt, denn für andere Zwecke, als zur späteren Verwendung als Einsatz, erfolgt die Einzahlung nicht. Der weitere Einsatz dieses Guthabens bei tatsächlicher Teilnahme perpetuiert vielmehr nur noch die Gesetzeswidrigkeit.
115b)
116Die Beklagte ist auch als endgültige Leistungsempfängerin zu betrachten. Die Regelung findet ferner nur dann Anwendung, wenn sich die Leistung an die Beklagte richtete und nicht diese nicht nur als bloßer Treuhänder oder als durchlaufender Posten erhält (Grüneberg/Sprau, a.a.O., § 817 Rn. 15). Im Anschluss an die Ausführungen zur Leistungsbeziehung ist die Beklagte nicht nur als Durchgangsempfängerin zu begreifen. Kautions- und Treuhandskonstellationen haben in der Regel für sich, dass die Beteiligten – also diejenigen, die die Leistungen erbringen, und diejenigen, die sie unter bestimmten Bedingungen wieder erhalten sollen – feststehen. Bei den hier in Rede stehenden Verhältnissen ist das allerdings nicht der Fall. Die Beklagte erhält einen Geldbetrag, der nach der Einzahlung auf den Account des Klägers als Guthaben gebucht wird, mit dem er spielen kann. Da das Guthaben dann offensichtlich für unterschiedliche Glücksspiele verwendet werden kann, von denen einige – wie die virtuellen slot machines – auch gegen die Bank und damit gegen die Beklagte gespielt werden, stehen weder konkrete Zwecke noch konkrete weitere Vertragspartner fest. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein zeitlicher Rahmen vorgegeben wird, binnen dessen das Guthaben „verwahrt“ wird. Hat der Kläger etwa die Möglichkeit, über mehrere Monate ein Guthaben zu halten und damit auch nach längeren Zeiträumen wieder mit diesen zu spielen, liegt es mehr als fern, die Beklagte also bloße Durchgangsstation zu begreifen.
117c)
118Ob auch die subjektiven Voraussetzungen der Regelung vorliegen, kann nicht dahinstehen, denn eine teleologische Reduktion des Tatbestandes dahingehend, dass der Kondiktionsausschlus selbst bei positiver Kenntnis des Gesetzesverstoßes keine Anwendung findet, kommt nicht in Betracht.
119Es ist anerkannten Rechtes, dass § 817 S. 2 BGB dann einschränkend auszulegen ist, wenn die Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen Zustands mit Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar ist und deshalb von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden kann. Das kann der Fall sein, wenn der verbotswidrig geschaffene Zustand selbst gegen das Verbotsgesetz verstößt (NJW 2014, 1805 Rn. 22). Dies hat der BGH bei sog. Schenkkreisen angenommen und dies mit der Anstößigkeit des Geschäftsmodells dahingehend begründet, dass die große Masse der Teilnehmer im Gegensatz zu den initiierenden „Mitspielern”, die (meist) sichere Gewinne erzielten, zwangsläufig keinen Gewinn machten, sondern lediglich ihren „Einsatz” verloren, so dass das „Spiel” allein darauf abzielte, zu Gunsten einiger weniger „Mitspieler” leichtgläubige und unerfahrene Personen auszunutzen und sie zur Zahlung des „Einsatzes” zu bewegen (BGH NJW 2006, 45 Rn. 12).
120Diese Grundsätze lassen sich auf die hiesige Konstellation nicht übertragen.
121aa)
122Es bestehen schon erhebliche Zweifel daran, den Zustand, dass die verlorenen Spieleinsätze – soweit gegen die Bank gespielt wird und die Beklagte nicht nur „Rakes“ wie beim Kartenspiel unter mehreren Mitspielern zieht – bei der Beklagten verbleiben, als missbilligten Zustand zu begreifen. Es ist bereits im Vorgriff wiederholt herausgestellt worden, dass die Ziele des Staatsvertrages, wie sie in § 1 festgehalten sind, grundsätzlich dahingehend zu verstehen sind, dass sie jede Vermögensverschiebung im Zusammenhang mit dem unerlaubten Glücksspiel sanktionieren.
123Die in § 1 des Staatsvertrages niedergelegten Aspekte sind indes vornehmlich solche der Fürsorge und Prävention, wobei der Aspekt des Spielerschutzes (§ 1 S. 1 Nr. 3) im Licht der Nr. 4 zu betrachten ist, die das Ziel verfolgt, vor betrügerischen Machenschaften und Begleitkriminalität zu schützen. Diesen Zielen lässt sich nicht zwingend ein Sanktionsgedanke dahingehend entnehmen, dass in freier Willensentschließung gleichwohl hingegebene Geldbeträge in keinem Fall beim Veranstalter des Glücksspiels verbleiben können. Das Verdikt der Unzulässigkeit betrifft insoweit bereits die Veranstaltung und die Teilnahme (vgl. § 285 StGB). Dies führt in der Folge zu dem Gedanken, wie der Intention des Gesetzes ggf. am besten Rechnung getragen wird. Auch insoweit ist das Bild indifferent. Belässt man den Veranstaltern die Einnahmen bzw. Gebühren und behelligt man sie weitergehend nicht mit der Rückzahlung der Guthaben, so fehlt es an einer entsprechenden Abschreckungswirkung und es könnten Anreize geschaffen werden, den status quo aufrechtzuerhalten und nicht etwa das eigene Angebot so anzupassen, dass es in Ländern, in denen es nicht erlaubt ist, nicht abgerufen werden kann bzw. den Anforderungen an eine nunmehr gegebene Möglichkeit der Erlaubniserteilung genügt.
124Demgegenüber ist in den Blick zu nehmen, dass die Nichtanwendung des § 817 S. 2 BGB bei den Spielern, die nicht in den Anwendungsbereich des § 105 BGB fallen, eine noch ausgeprägtere Anreizposition geschaffen wird, weil die Vorstellung bedient wird, man könne mit einem geringeren Risiko als beim erlaubten Glücksspiel, welches staatlichen Konzessionen unterliegt und in den Anwendungsbereich von § 762 BGB fällt, handeln. Erzielt der Spieler gewinne, ergeben sich keine Probleme für ihn. Erzielt er zu hohe Verluste, sieht er für sich zumindest die Möglichkeit, eingezahlte Beträge über eine Klage wie die hiesige wieder zurückzuholen. Dabei zeigt der bisherige Spiegel in der Rechtsprechung, dass die Chancen dafür nicht einmal schlecht stehen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass der Spieler sich das Risiko eines Prozesses aufladen muss. Das mag im Ansatz richtig sein, ändert aber nichts an dem Umstand, dass die teleologische Reduktion des § 817 S. 2 BGB die Frequentierung nicht erlaubten Glücksspiels etwa bei der Beklagten, risikotechnisch betrachtet attraktiver macht als staatlich überwachtes Glücksspiel. Bei letzterem ist das eingesetzte Geld sicher verloren. Eine Nichtigkeit von Verträgen steht allenfalls im Anwendungsbereich des § 105 BGB, nicht aber im Sinne des § 4 Abs. 4 GlüStV (a.F) in Rede. Bei der Frequentierung von nichtkonzessionierten Angeboten wie dem der Beklagten ist die Sache nicht dergleichen endgültig. Mögen auch Prozesskosten aufgebracht werden müssen, die die meisten Verbraucher allerdings nicht mehr schrecken, weil sie eine Rechtsschutzversicherung unterhalten, und das Risiko bestehen, dass die Beklagten womöglich nicht ohne weiteres zahlen, besteht doch noch eine Chance, die Einsätze zurück zu erlangen. Gerade dieser Aspekt, der selbst die Reize eines Glücksspiels tangiert, ist dazu geeignet, eine Sogwirkung hin zu nicht konzessionierten Angeboten zu entfalten, die den Sinn des § 1 GlüStV vollkommen konterkariert.
125Gegen diesen Gedanken kann nicht eingewendet werden, dass die Spieler, die nicht konzessionierte Angebote frequentieren, gleichsam keinen durchsetzbaren Anspruch auf Gewinne erlangen. Es ist bereits vorangehend betont worden, dass die Beklagte nur einer von vielen Anbietern auf dem Markt ist bzw. war. Es hätte respektive der raschen Informationsverbreitung im Internet, die sich unter anderem über Bewertungsportale vollzieht, unmittelbare Auswirkungen auf den Marktbestand der Beklagten, wenn sie dazu überginge, erspielte Gewinne oder Guthaben unter Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrages nicht auszuzahlen.
126bb)
127In jedem Falle fehlt es an der Anstößigkeit der Vermögensverschiebung gleich jener Situation bei den Schenkkreisen. Ein Schneeballsystem steht hier nicht in Rede. Was die Übrigen Einsätze anbelangt, geht es hier auch nicht darum, dass nur einige wenige Spieler in den ersten Runden in den Genuss von Zuwendungen kommen, während eine Vielzahl leer ausgeht. Gegenstand der Anmeldung ist die Teilnahme an einem Glückspiel, dessen Risiko und Chance, den Nutzern zweifelsohne bekannt sind, aber zugleich Reiz und Nachteil der Betätigung ausmachen. Für den Spieler ist klar, dass er das Geld, was er selbst setzt, verlieren oder auch die Einsätze der anderen Spieler bzw. der Bank in Abhängigkeit von seinem Glück akquirieren kann.
128d)
129Die subjektiven Voraussetzungen des Kondiktionsausschlusses sind nicht gegeben.
130In subjektiver Hinsicht besteht die weitergehende Voraussetzung, dass der leistende vorsätzlich verbots- oder sittenwidrig gehandelt hat, so dass ein „Kennenmüssen“ bzw. grob Fahrlässige Unkenntnis bei dem hier in Rede stehenden Fall des Gesetzesverstoßes gerade nicht ausreichend ist (Grüneberg/Sprau, a.a.O., § 817 Rn. 17, 8). Für ausreichend befunden wird aber, wenn sich der Leistende der Einsicht in den Gesetzesverstoß leichtfertig verschließt (MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl. 2020, BGB § 817 Rn. 87). Darzulegen und zu beweisen ist dies von der Beklagten als Empfängerin der Leistung (MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl. 2020, BGB § 814 Rn. 23).
131Nach der persönlichen Anhörung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.09.2023 vermag sich die Kammer nicht die Überzeugung zu bilden, dass sich der Kläger der Erkenntnis der Gesetzeswidrigkeit des Angebotes leichtfertig verschlossen hat.
132Dabei ist im Ausgangspunkt zu betonen, dass die Kammer bei lebensnaher Betrachtung grundsätzlich davon ausgeht, dass langjährige Nutzer virtueller Angebote – im hiesigen Fall steht ein Rückforderungszeitrum von Spieleinsätzen für sechs Jahre in Rede – sich nicht nur im gewissen Umfang über das Angebot, das sie nutzen, informieren, sondern im Rahmen der fortgesetzten Frequentierung von derlei Angeboten – sei es aufgrund von Cookies, die Werbeanzeigen etc. beeinflussen, oder auch eine entsprechenden Interessenkonzentration, die zu einer bewussten Suche nach Gleichgesinnten in Foren etc. führt und auch eine gewisse Professionalisierung mit sich bringt, eine beachtlich erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, mit Inhalten/Informationen konfrontiert zu sein, die sich mit der Legalität des Glücksspiels befassen. Die Situation des regelmäßigen Spielers ist für die Frage der Kenntnis des Gesetzesverstoßes eine denkbar andere als bei einem Otto-Normal-Verbraucher, der solche Angebote nicht frequentiert, sondern allein mit gelegentlichen Werbeblöcken, die auch dem Gericht bekannt sind, oder etwa Poker-Sendungen zur Primetime unter Teilnahme von Prominenten konfrontiert sind. Für diesen Verbraucherkreis besteht, anders als für den regelmäßigen Spieler kein Berührungspunkt, der es naheliegend erscheinen ließe, sich mit der Frage zu befassen. Vereinzelte gesponsorte Veranstaltungen im TV sowie Werbung, die zumindest nicht ausdrücklich für sich den Anspruch erhebt, dass es aus J. heraus legal wäre, mit Geldeinsatz an Online-Casinospielen außerhalb von Schleswig-Holstein teilzunehmen, sprechen daher bei regelmäßigen und insbesondere langjährigen Spielern mit durchschnittlicher Auffassungsgabe nicht gegen ein Bewusstsein dafür, dass die Betätigung nach deutschem Recht nicht zulässig ist, wäre sie doch ansonsten schon wesentlich breiter etabliert. Es ist nach Auffassung der Kammer auch nicht valide, aus dem Umstand, dass ein Nutzer ohne Probleme Zugriff auf in Deutsch abgefasste Seiten nehmen und sich von J. aus registrieren kann, zu schließen, dass dieser davon ausgehen kann, das Angebot legal nutzen zu können. Mag die Regelungsdichte der deutschen Gesetzgebung auch hoch sein, folgt doch aus der Abfassung eines Angebots in einer bestimmten Sprache allein noch kein belastbarer Rechtsschein dahingehend, dass das Angebot in dem Rechtskreis, in dem die Sprache gesprochen wird, legal und behördlich akzeptiert sei. Es läge gleichsam durchaus fern, sich bei einer deutschsprachigen Webseite, auf der erlaubnispflichtige Betäubungsmittel, volksverhetzende Inhalte oder unzulässige pornographische Inhalte feilgeboten werden, darauf zu berufen, dass man an deren Legalität keine Zweifel habe, weil sie auf Deutsch abgefasst ist, zudem nicht gesperrt und das Leistungsprogramm daher ohne Hürde abzurufen sei.
133Im konkreten Fall ist jedoch die Besonderheit zu beachten, dass der Kläger lediglich virtuelles Automatenglücksspiel betrieben hat. Anders als Kartenspiele wie Poker und Blackjack oder Spielangebote wie Roulette, die legal nur in Spielbanken angeboten werden und – für jeden Verbraucher ersichtlich – nicht nach Belieben in diversen Etablissements bei mehreren Anbietern frequentiert werden können, besteht beim Automatenglücksspiel eine erhebliche wahrnehmbare Präsenz in der Öffentlichkeit. So sind nicht nur Spielhallen oder Spielbanken mit derlei Automaten ausgestattet, sie finden sich vielmehr auch in Gaststätten oder Imbissen – für Jedermann frei zugänglich – aufgestellt. Der dadurch vermittelte Grad an Akzeptanz und vermeintlicher Zugangsbeschränkungsfreiheit kann auch bei langjährigen Spielern die Behauptung, kein Bewusstsein von der Illegalität der Angebote gehabt zu haben, durchaus nachvollziehbar und glaubhaft erscheinen lassen.
134Das Gericht hat im konkreten Fall und aufgrund des persönlichen Eindrucks von dem Kläger auch keinen Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Aussagen. Seine Erklärung, dass vor einer Nachrichtenmeldung irgendwann nach dem Jahre 2020 bzw. im Jahre 2021 die Problematik bei ihm nicht „aufgeploppt“ sei, ist mit Blick auf sein Einsatzverhalten nachvollziehbar. Der Kläger hat im Rahmen seiner Anhörung durch die Kammer auch keine Umstände im Zusammenhang mit der Frage geschildert, wie er zum Glücksspiel kam und wie er dieses betrieben hat, die darauf hindeuten, dass sich die Illegalität des virtuellen Automatenglücksspiels ohne Konzession für ihn aufdrängen musste.
1354)
136Die Beklagte hat demnach gem. §§ 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB die erlangten Vermögenswerte zurückzuzahlen bzw. entsprechenden Wertersatz zu leisten.
137Die Beklagte kann insoweit nicht einwenden, dass der Kläger gegen Treu und Glauben verstößt, weil er nicht geltend machen kann, dass sich neben dem Risikos des Einsatzverlusts, welches ihn auch im Rahmen staatlich kontrollierten Glücksspiels hätte ereilen können, andere Schäden getroffen haben und er nicht den ebenfalls eingekauften Spielspaß erlebt hätte. Diese Einwendung mag bei der Betrachtung im Lichte des § 826 BGB relevant sein, die Ausübung eines tatsächlich bestehenden Rechts ist aber, da kein Verbot bloß unbilliger Rechtsausübung besteht, jedoch nur dann als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB zu betrachten, wenn zugleich ein schutzwürdiges Interesse der Gegenpartei besteht (Jauernig/Mansel, 18. Aufl. 2021, BGB § 242 Rn. 41). In Ansehung des Umstandes, dass auf Seiten der Beklagten die Rechtsfolgen ihrer Betätigung als positiv bekannt zu unterstellen sind, konnte sie niemals ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend bilden, die ihr zugeflossenen Einsätze nicht ggf. ersetzen zu müssen.
1385)
139Durchsetzbar ist dieser Anspruch jedoch nur i.H. eines Betrages von 2.150,00 €, denn im Übrigen kann die Beklagte dem Zahlungsanspruch des Klägers gem. § 214 Abs. 1 BGB erfolgreich die Einrede der Verjährung entgegenhalten.
140Die Rückzahlungsansprüche des Klägers gerichtet auf die Spieleinsätze vor dem 01.01.2019 sind in Anwendung der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB, die insoweit gilt und die lediglich für Ansprüche ab den 01.01.2019 in Anwendung der §§ 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB bis zur maßgeblichen Hemmung durch die Klageerhebung nach den §§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 167 ZPO nicht abgelaufen war, verjährt.
141a)
142Die Regelverjährung des § 195 BGB beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Ein Gläubiger, der – wie hier – einen Bereicherungsanspruch aus einer Leistungskondiktion verfolgt, hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt, wobei grundsätzlich die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen ausreichend und in der Regel nicht erforderlich ist, dass aus den bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse gezogen werden. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH NJW 2009, 2046 Rn. 47).
143b)
144Eine solche unsichere und zweifelhafte Rechtslage war hinsichtlich der Rückzahlungsansprüche jedoch spätestens ab 2018 nicht mehr gegeben. Das Hinausschieben des Beginns der regelmäßigen Verjährungsfrist wegen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage kann nur in eng begrenzten, besonders begründeten Ausnahmefällen angenommen werden (BGH NJW 2021, 918 Rn. 10). Das schließt aus, eine Rechtslage schon dann im Sinne der genannten Rechtsprechung als unsicher und zweifelhaft einzuordnen, wenn eine Rechtsfrage nur umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden ist (BGH r+s 2018, 189 Rn. 17). Vielmehr ist dafür zumindest ein ernsthafter Meinungsstreit in Literatur und Rechtsprechung erforderlich, wobei die Klage gleichwohl zumutbar ist, wenn die Rechtslage ausgehend von früheren höchstrichterlichen Entscheidungen und den darin aufgestellten Grundsätzen erkennbar ist, weil sich diese Grundsätze auf die nunmehr zu entscheidende Fallkonstellation übertragen lassen (BGH NJW 2021, 918 Rn. 13-14).
145Eine solche Sachlage bestand jedoch im relevanten Zeitraum nicht und wird auch von dem Kläger nicht für sich in Anspruch genommen. Vielmehr hatte das Bundesverwaltungsgericht noch mit Urteil vom 26.10.2017 betont, dass die Veranstaltung von Online-Casino-Spielen nach § 4 Abs. 4 GlüStV ausnahmslos verboten ist und dieses Verbot sowohl unions- als auch verfassungsrechtlich unbedenklich ist (BVerwG Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 14.16, BeckRS 2017, 143458). Diese Entscheidung ließ sich ohne Weiteres auf die Frage übertragen, wie die Wirksamkeit des mit einem Betreiber abgeschlossenen Vertrages im Lichte von § 134 BGB zu beantworten ist.
146c)
147Ohne Erfolg bemüht der Kläger außerhalb der vorangehend abgehandelten Ausnahmefälle das Argument, dass die zutreffende rechtliche Einordnung des Angebotes mit der Kenntnis der Anspruchsbegründeten Tatsachen gleichgesetzt und im Lichte von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Sorgfaltsanforderungen gegenüber der klagenden Partei überspannt würden, der nicht die Verpflichtung aufgebürdet werden könne, nach Vertragsschluss die Legalität des Angebotes der Beklagten begutachten zu lassen.
148Der Kläger übersieht, dass insbesondere die Vorschriften zur regelmäßigen Verjährung den Zweck verfolgen, im Rahmen eines überschaubaren und ermittelbaren Zeitraums Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu schaffen, was eindeutige Regeln und auch eine Auslegung eng am Wortlaut der Regelungen gebietet (BGH NJW 2021, 918 Rn. 10). Insoweit stellt der Wortlaut des § 199 Abs. 1 BGB auf die tatsächlichen Umstände und keine korrekten rechtlichen Wertungen aus diesen ab. Allein auf diese tatsächlichen Umstände bezieht sich auch die Frage der grob fahrlässigen Unkenntnis. Eine vom Wortlaut abweichende Beurteilung ist über die diskutierten Ausnahmefälle hinausgehend wegen vermeintlicher Besonderheiten der hiesigen Fallkonstellation nicht veranlasst. Es ist nicht etwa Eigenheit der Rückforderung von Spieleinsetzen, dass sich für den Anspruchsteller neben tatsächlichen Umständen zusätzlich rechtliche Fragen stellen, die für die Realisierung eines möglichen Anspruchs relevant sind. Vielmehr hängt die Verwirklichung von Ansprüchen allenthalben davon ab, wie sich die Rechtslage darstellt, die sich der rechtliche Laie über die tatsächlichen Umstände hinausgehend in der Regel nicht vergegenwärtigen wird (können). Diese Unsicherheit ist aber für jeden Rechtsunkundigen, der durch Schuldverhältnisse mit anderen Rechtsteilnehmern verbunden ist, immanent. Will er diese Unkenntnis beseitigen und sich Gewissheit darüber verschaffen, ob die ihm bekannten tatsächlichen Umstände aus rechtlicher Wertung eine rechtliche Interessenwahrnehmung erfordern, dann muss er sich im eigenen Interesse entsprechende Gewissheit verschaffen, wobei ihm ein Unterlassen nur in den o.g. Ausnahmefällen nicht zum Nachteil gereicht. Nichts Anderes kommt mit der Ausrichtung des § 199 Abs. 1 BGB auf tatsächliche Umstände zum Ausdruck. Eine abweichende Beurteilung führte dazu, dass die Verjährungsvorschriften ihren Zweck, Rechtsfrieden zu schaffen, nicht mehr erfüllen könnten, da der Lauf der Verjährungsfrist regelmäßig von den konkreten Momenten des Einzelfalles von ebenso regelmäßig subjektiver – schwer ermittelbarer – Prägung abhingen.
149d)
150Die Beklagte ist aus Treu und Glauben auch nicht daran gehindert, sich auf die Verjährung im Lichte des vorgesagten zu berufen. Daran ließe sich lediglich dann denken, wenn die Beklagte aktiv und durch ausdrückliche Erklärungen die Rechtmäßigkeit des Angebotes auch in J. behauptet hätte. Das ist allerdings nicht vorgetragen.
151e)
152Mit Rücksicht auf die Anlage K2, in der der Kläger die Einsätze aufgelistet hat, ergibt sich gem. nachfolgender Aufstellung ein Betrag von 2.150,00 €, wobei Gewinne in diesem Zeitraum nicht mehr verbucht sind:
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6)
155Aus Delikt kann der Kläger keine weitergehenden Ansprüche gegenüber der Beklagten liquidieren. Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 StV bzw. § 284 StGB scheitern daran, dass es sich bei den Regelungen nicht um Schutzgesetzte handelt.
156a)
157Das ist im Grundsatz jede Rechtsnorm im Sinne von Art. 2 EGBGB (BeckOK BGB/Förster, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 823 Rn. 268). Die Rechtsnorm ist dann ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie dasjenige der Allgemeinheit im Auge haben. Nicht ausreichend ist aber, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm nur als ihr Reflex objektiv erreicht wird; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen. Außerdem muss die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen, wobei in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, zu prüfen ist, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Haftungs- und Beweiserleichterungen zu knüpfen. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB setzt schließlich weiter voraus, dass sich im konkreten Schaden die Gefahr verwirklicht hat, vor der die betreffende Norm schützen sollte. Der eingetretene Schaden muss also in den sachlichen Schutzbereich der Norm fallen. Weiter muss der konkret Geschädigte vom persönlichen Schutzbereich der verletzten Norm erfasst sein und zum Kreis derjenigen Personen gehören, deren Schutz die verletzte Norm bezweckt (BGH NJW 2020, 1514 Rn. 34).
158b)
159Nach dieser Maßgabe ist zunächst ein Schutzgesetzcharakter des § 4 Abs. 4 GlüStV zu verneinen (i.E. auch Köhler NJW 2023, 2449 Rn. 35).
160In diesem Lichte sind insbesondere Inhalt und Zweck des GlüStV in den Blick zu nehmen, die – wie schon zuvor behandelt – vornehmlich in § 1 GlüStV niedergelegt sind. Mit den durch § 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Regelung in den Vordergrund gerückten Aspekte der Suchtprävention und der Lenkung des Spieltriebs der Bevölkerung weg von Schwarzmärkten werden – wie schon angesprochen – Allgemeininteressen im Sinne der Volksfürsorge sowie des Gesundheitsschutzes in den Vordergrund gestellt und keine vermögensrechtlichen Individualinteressen. Dabei ist freilich nicht zu negieren, dass eine pathologische Spielsucht die Vermögensinteressen des Einzelnen betrifft. Gerade dies ist aber nur eine nicht ausreichende Reflexwirkung.
161Individualinteressen mögen zwar in den Vordergrund rücken, soweit nach Nr. 3 der Jugend- und Spielerschutz gewährleistet sein und nach Nr. 4 sicherzustellen ist, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden. Soweit diesen Zielen ein individualrechtlicher Bezug ersichtlich nicht abgesprochen werden kann, folgt daraus aber in Verbindung mit dem Verbotscharakter der Norm nicht automatisch eine Schutzgesetzeigenschaft. Ein individueller Schadensersatz muss im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems und umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, der Tendenz des Gesetzgebers entsprechen. In diesem Rahmen kann gerade der mit § 1 S. 1 Nr. 1, 2 und auch Nr. 5 abgesteckte und Allgemeininteressen dienende Rahmen mit der Folge nicht aus dem Blick verloren werden, dass die Regelung in Nr. 3 und 4 der Norm in diesem Lichte auszulegen sind. Der Aspekt des Spielerschutzes zielt unter Berücksichtigung dessen nicht zwingend auf den Schutz der individuellen Vermögensinteressen, insbesondere in Gestalt der verlustig gegangenen Spieleinsätze, sondern spricht vornehmlich Maßnahmen mit Breitenwirkung. Zu nennen ist im Rahmen des Regelungszusammenhangs des GlüStV etwa die Einrichtung von Spielersperren und die hierzu erforderliche Unterhaltung eines übergreifenden Sperrsystems (§§ 8, 23 GlüStV), Vorgaben für die Ausgestaltung der Werbung, die sich an den Zielen des § 1 zu richten hat (§ 5 GlüStV), oder auch Vorschriften zur Information gegenüber den Spielern (§ 7 GlüStV).
162Etwas Anderes folgt auch nicht aus der Regelung des § 1 S. 1 Nr. 4 GlüStV. Der Schutz vor betrügerischen Machenschaft liefert dem Grunde nach zweifelsohne Anlass, im Lichte des Vorgesagten individualrechtliche Ansprüche zu erwägen. Allerdings muss selbst bei Annahme einer solchen Tendenz in einem nächsten Schritt die Frage aufgeworfen werden, ob der sachliche Schutzbereich der Norm auch im konkreten Fall liquidiert verlangte Vermögensschäden absichert. Vermögensschäden aus einer nicht ordnungsgemäßen Durchführung des Glücksspiels oder betrügerischen Machenschaften sowie Folge- und Begleitkriminalität stehen hier aber nicht in Rede, sondern die im Rahmen des Glücksspiels getätigten und verloren gegangenen Einsätze. Wenngleich die Veranstaltung des Glücksspiels und die Beteiligung hierin mit Blick auf die §§ 284, 285 StGB strafrechtliche Relevanz haben, fallen die Einsätze selbst gerade nicht unter das Begriffspaar der Folge- und Begleitkriminalität. Beide Begriffe bringen zum Ausdruck, dass weitere Delikte erfasst werden und nicht eben jene, die auf die Durchführung des Glücksspiels selbst gerichtet sind.
163Aus § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV vermag die Kammer ebenfalls keine andere Wertung herzuleiten. Das Veranstalten und das Vermitteln ohne die erforderliche Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sowie die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel sind nach dieser Regelung verboten. Aus dem Umstand, dass die Beklagte zunächst die Guthaben verwaltet, die dann für die Durchführung der Spiele verwendet werden, kann nicht hergeleitet werden, dass Individualansprüche auch wegen der „Einsätze“ bestehen sollen. Diese Regelung verfolgt im Gefüge der §§ 4 Abs. 1 und § 9 GlüStV eine Zielsetzung dahingehend, eine effektive Glücksspielaufsicht zu gewährleisten (vgl. OLG Frankfurt a. M. Beschl. v. 26.4.2021 – 23 U 94/20, BeckRS 2021, 55958 Rn. 27, beck-online). Dafür spricht auch die gänzlich außerhalb des Regelungszusammenhangs erfolgte „Platzierung“ der Regelung. In Zusammenschau mit den vermeintlich vermögensrechtlichen Individualpositionen in § 1 S. 1 Nr. 4 des StV ist sie gerade nicht angebracht, obwohl es gerade bei illegalen Glücksspiel mehr als nahe gelegen hätte, verlorene Spieleinsätze als weiteres „Schutzgut“ zu benennen.
164Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung darf nicht aus dem Blick verloren werden, dass die Legitimation eines solchen Schadensersatzanspruches letztlich dazu führt, dass das unerlaubte Glücksspiel ein geringeres Risiko birgt als das staatlich Überwachte, weil die Spiele bei ersterem die Hoffnung hegen können, sich im Nachhinein die Verluste im gerichtlichen Verfahren zurückzuholen (s.o.). Diese Sogwirkung steht im Widerspruch zu den Zielen von § 1 Abs. 1 GlüStV und die Kammer schätzt die hiervon ausgehenden Risiken höher ein als umgekehrt den Anreiz für die entsprechenden Anbieter, ihre Angebote aufrecht zu erhalten.
165c)
166Ob die Regelung des § 284 StGB im Lichte des Vorgesagten auch dem Vermögensschutz dient, ist durchaus umstritten (abl. MüKoStGB/Hohmann/Schreiner, 4. Aufl. 2022, StGB § 284 Rn. 1 m.div.w.N.). Der BGH hat das Vermögen in einer älteren Entscheidung offenbar als geschützt angesehen, da Sinn und Zweck des Gesetzes darauf abzielten, die wirtschaftliche Ausbeutung der natürlichen Spielleidenschaft des Publikums unter staatliche Kontrolle und Zügelung zu nehmen (BGH NJW 1958, 758). Dieser Auffassung folgt die Kammer in Ansehung der vorangehenden Erwägungen indes nicht, die sich gleichsam auf § 284 StGB übertragen lassen.
1677)
168Dem Kläger steht auch kein weitergehender und unverjährter Schadensersatzanspruch gem. § 826 BGB gegen die Beklagte zu.
169Ein solcher Anspruch würde voraussetzen, dass die Beklagte den Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt hat. Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden verwerflich machen (OLG München BKR 2020, 601 Rn. 29, 30).
170Vorliegend fehlt es neben dem Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV am Hinzutreten besonderer Umstände. Der Kläger hat über Jahre beanstandungsfrei bei der Beklagten gespielt. Worin die konkrete sittenwidrige Schädigung liegen soll, ist unklar. Solange der Kläger nicht überzeugend darlegen kann, dass er die Spieleinsätze erst gar nicht erbracht hätte, wenn er von der Illegalität gewusst hätte, ist seine Vermögenslage nicht schlechter als ohne das Handeln der Beklagten. Den Vermögensverlust, den er im Spielzeitraum zu beklagten hat, hätte er insoweit ebenso erleiden können, wenn das Glücksspiel mit Lizenz angeboten worden wäre. Auf dieser Grundlage vermag die Kammer nicht zu der Überzeugung zu gelangen, dass über das Interesse hinausgehend, seine erzielten Gewinne von der Beklagten auch ausgezahlt zu erhalten und nicht über den Tisch gezogen zu werden, ein besonderes Interesse an einer Konzessionierung bestand.
1718)
172Der Kläger hat gegenüber der Beklagten letztlich auch keinen Anspruch auf Rückzahlung der Einsätze aus § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. (04.08.2011 – 12.06.2014) i.V.m. § 346 BGB. Ein aus der Einordnung des Vertrages als Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312b Abs. 1 S. 1 BGB a.F. folgendes Widerrufsrecht ist nach § 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB a. F. (22.07.2013 – 12.06.2014) ausgeschlossen. Das Widerrufsrecht besteht nach dieser Regelung, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht bei Fernabsatzverträgen zur Erbringung von Wett- und Lotterie-Dienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat. Da die von der Beklagten feilgebotenen Casino-Spiele ein spekulatives Element aufweisen (vgl. dazu zur vormaligen Rechtslage MüKo/Wendehorst, BGB, 6. Aufl. 2012, § 312d Rn. 38), fallen sie in den Anwendungsbereich des Ausschlusstatbestandes. Die in der Norm vorgesehene Rückausnahme findet keine Anwendung, da der Kläger den Vertrag mit der Beklagten nicht telefonisch eingegangen ist. Die Norm kann über ihren klaren Wortlaut auch nicht so ausgelegt werden, dass der telefonische Abschluss auch solche Abschlüsse über das Internet erfasst. Dem steht schon die Legaldefinition in § 312b Abs. 2 BGB a.F. entgegen, die diverse – auch internetbasierte – Abschlussformen in sich aufnimmt. Hätte der Gesetzgeber seinerzeit auch Internetabschlüsse erfassen wollen, hätte nichts näher gelegen, als die Ausnahme auf „Fernkommunikationsmittel“ und nicht bloße Telefonate zu beschränken. Dies haben jedenfalls im Lichte der vormaligen Rechtslage auch Sinn und Zweck nicht geboten. Mit der Rückausnahme sollten ersichtlich sog. „Cold Calls“ erfasst werden, mit denen Verbraucher in einer Überraschungssituation zum Abschluss von Wett- und Lotterie-Verträgen bequatscht werden. Eine solche Überfallsituation trifft einen Spieler wie den Kläger nicht, der sich durch mehrere Klicks bewusst auf einer Website durch einen Anmeldevorgang bewegt und dort in Ruhe sämtliche Bedingungen lesen kann, bevor er sich anmeldet.
173III)
174Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
175B)
176Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
177Streitwert: 26.912,92 €