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1) Bei einem auch zum privaten Gebrauch überlassenen Firmenfahrzeug handelt es sich nicht um eine Sache, die im Sinne von § 7 Ziff. 6 AHB gemietet, geleast, gepachtet, geliehen oder die Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages ist.
2) Gleitet dem Führer eines PKW beim Aussteigen aus dem Fahrzeug eine Bauschaumflasche aus der Hand und beschädigt der nach dem Auftreffen auf dem Boden explosionsartig freigesetzte Bauschaum das zuvor geführte Fahrzeug, so fällt der entstandene Schaden nicht in den Anwendungsbereich der sog. "Benzinklausel" eines Haftpflichtversicherungsvertrags, da sich sich bei der Schadensentstehung gerade nicht das Gebrauchsrisiko des zuvor geführten Fahrzeugs realisiert.
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus dem Schadensfall vom 24.07.2015 auf dem Q-Platz vor dem Vereinsheim des Tennisclub e.V., MT-Straße, XXX H, für die Schäden an dem PKW VW Touran, Fahrzeug-Ident-Nr.: XXX, amtl. Kennzeichen XXX, Halterin X, verursacht durch das Fallenlassen einer Bauschaumflasche durch den Versicherungsnehmer und Kläger, Versicherungsschutz zu gewähren hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von seinen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € freizustellen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, hinsichtlich der Freistellung i.H.v. 750,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages bzw. hinsichtlich der Freistellung Sicherheit i.H.v. 750,00 € leistet.
Tatbestand:
2Die Parteien sind durch einen Versicherungsvertrag über eine Privathaftpflichtversicherung mit dem Vertragsnummer HPV-0048-#####/#### seit dem Jahre 2004 miteinander verbunden. Inhalt des Vertrages ist eine sog. Standard-Plus-Deckung. Grundlage des Vertrages sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (H-001.01 Form 04/04) in Anlage K2 sowie die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung (“BRR“) (H-901.01 Form 02/00) in Anlage K3 der Akten.
3In § 4 Abs. 1 Nr. 6 lit. a der AHB ist folgendes geregelt:
4„Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden, wenn der Versicherungsnehmer diese Sachen gemietet, geliehen oder durch verbotene Eigenmacht erlangt hat oder sie Gegenstand eines besonderen Verwahrungsverhältnisses sind“
5Unter Ziffer 5.2.1 der BRR ist ferner Folgendes geregelt:
6„Nicht versichert ist die Haftpflicht wegen Schäden, die der Versicherungsnehmer, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeuges oder Fahrzeuganhängers verursachen.“
7Für weitere Einzelheiten wird auf die Bedingungen in Anlage K2 und K3 verwiesen.
8Der Kläger ist bei der Firma X beschäftigt. Seine Arbeitgeberin stellt dem Kläger einen Firmenwagen zur Verfügung, den er auch privat nutzen darf. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen VW Touran mit der Fahrgestellnummer XXX, der unter dem amtlichen Kennzeichen XXX zugelassen ist, wobei zwischen den Parteien im Streit steht, ob für das Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung besteht. Am Abend des 24.07.2015 begab sich der Kläger mit dem Fahrzeug zum Vereinsheim des Tennisclubs Weiß-Blau Hemer, in dem der Kläger Mitglied ist. Beim Aussteigen aus dem Fahrzeug glitt dem Kläger eine Bauschaumflasche, die er am Nachmittag desselben Tages in einem Baumarkt erstanden hatte, aus der Hand. Nach einem Fall von ca. 50cm auf den geteerten Q-Platz explodierte die Bauschaumflasche unmittelbar neben dem Fahrzeug, wodurch Teile des Innenraums wie auch weite Teile der Fahrerseite des Fahrzeugs mit dem freigesetzten Bauschaum verunreinigt wurden. Ferner wurden die Motorhaube und das Dach des Fahrzeugs mit dem Schaum benebelt sowie Teile der Unterbodenverkleidung mit dem Bauschaum überzogen.
9Die Arbeitgeberin verlangte den entstandenen Schaden vom Kläger mit Schreiben vom 01.09.2015 (K12 - Bl. 110) i. H. eines Betrages von 6.183,02 € für die Wiederherstellung des Fahrzeugs ersetzt. Der Kläger meldete den Schaden in der Folge der Beklagten, die unter dem 29.07.2015 ein Formular zur Schadensanzeige übermittelte, das der Kläger ausgefüllt unter dem 02.08.2015 zurücksandte. Mit Schreiben 10.08.2015 wies die Beklagte ihre Einstandspflicht zurück. Für weitere Einzelheiten wird auf das Schreiben in Anlage K9 verwiesen. Unter dem 17.08.2015 ließ der Kläger die Beklagte durch seine Prozessbevollmächtigten fruchtlos auffordern, ihn von der Inanspruchnahme freizustellen. Durch die außergerichtlichen Tätigkeiten fielen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 571,44 € an, von denen der Kläger im Wege des Verzugsschadens von der Beklagten Freistellung
10Der Kläger ist der Auffassung, die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung griffen vorliegend nicht, da das Fahrzeug zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht in Verrichtung betrieblich veranlasster Tätigkeiten geführt worden sei. Das Fahrzeug Falle auch nicht unter den Ausschlussgrund in § 4 Ziff. I 6a AHB. Es sei als zusätzliches Entgelt in Gestalt einer Sachleistung zu betrachten und werde nicht im Rahmen eines Leih- oder Mietverhältnisses überlassen. Es sei auch kein besonderer Verwahrvertrag zustande gekommen. Die Benzinklausel in Ziffer. 5.2.1 der BBR sei ebenfalls nicht einschlägig. Vielmehr sei diese nach den Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers und damit eng auszulegen. Es müsse sich gerade das Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs realisieren, was vorliegend nicht der Fall sei.
11Der Kläger beantragt,
121. festzustellen, dass die Beklagte aus dem Schadenfall vom 24.07.2015 auf dem Q-Platz vor dem Vereinsheim des Tennisclubs e.V., MT-Straße XXX, XX, für die Schäden an dem PKW VW Touran, Fahrzeug-Ident-Nr.: XXX, amtl. Kennzeichen XXX, Halterin XXX, verursacht durch das Fallenlassen einer Bauschaumflasche durch den Versicherungsnehmer und Kläger, Versicherungsschutz zu gewähren;
132. die Beklagte zu verurteilen, ihn von seinen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € freizustellen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte ist der Auffassung, der Grundsatz der Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung stehe ihrer Inanspruchnahme entgegen. Für den Fall, dass keine Vollkaskoversicherung bestehe, sei die Arbeitgeberin des Klägers so zu behandeln, als habe sie eine solche Versicherung abgeschlossen. Im Übrigen griffen zwei Ausschlusstatbestände. Der Firmenwagen sei ein Fahrzeug, das im Wege der Leihe bzw. jedenfalls im Wege der Miete überlassen worden sei, § 4 Ziff. I 6a AHB. Im Übrigen habe sich beim Fallenlassen der Bauschaumflasche im Zuge des Aussteigens aus dem Fahrzeug eine Gefahr im Zusammenhang mit dem Gebrauch eines KFZ realisiert, so dass der Ausschlussgrund in Ziffer. 5.2.1 der BBR-Privat greife.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage ist zulässig und begründet.
19A)Das erkennende Gericht ist sachlich zuständig.
20Erhebt der Versicherungsnehmer – wie vorliegend der Kläger – in einem vorweggenommenen Deckungsprozess gegenüber seiner Haftpflichtversicherung eine positive Feststellungsklage, ist ein Abschlag von 20% von dem drohenden Schadensbetrag zu machen (OLG Hamm r + s 2012, 335). Hieraus folgt ein Streitwert von 4.576,65 €, der grundsätzlich nur die Zuständigkeit der Amtsgerichtsbarkeit begründet.
21Derweil hat sich die Beklagte die fehlende Zuständigkeit im Rahmen ihrer schriftlichen Einlassung nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens nicht gerügt, so dass sich die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts aus § 39 ZPO ergibt.
22B)
23I)
24Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. § 1 Abs. 1 AHB i.V.m. lit. A. I. BBR.
251)
26Ein Versicherungsfall in Gestalt eines Sachschadens ist gegeben.
27Nach § 1 Abs. 1 der AHB des Vertrages gewährt der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz u.a. für den Fall, dass er wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadensereignisses, das die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Sachschaden) zur Folge hatte, für diese Folgen von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, wobei Lit. A. Ziffer I. der BBR auf Versicherungsfälle beschränkt, die dem Versicherungsnehmer als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens erwachsen.
28Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
29Durch die explodierende Bauschaumflasche, die der Kläger neben seinem, von seiner Arbeitgeberin überlassenen Dienstwagen fallen ließ, ist das Fahrzeug durch den freigesetzten Bauschaum durch Beschmutzung und Benebelung mit demselben sowohl an Lack als auch im Innenraum beschädigt worden.
30Der Kläger wird auch von seiner Arbeitgeberin hinsichtlich der Kosten für die Reparatur, die diese mit Schreiben vom 01.09.2015 auf 6.183,02 € ansetzt, in Anspruch genommen.
31Unstreitig fällt der Schadensfall auch in den Versicherungszeitraum.
32Letztlich ist der Schaden dem Kläger im Sinne der BBR auch als Privatperson entstanden. Das Schadensereignis ereignete sich auf dem Q-Platz des Tennisclubs, in dem der Kläger Mitglied ist. Dass er sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit dort befand und sich Gefahren aus deren Ausübung realisiert hätten, ist nicht ersichtlich.
332)
34Der Schadensfall fällt auch nicht in den Anwendungsbereich der versicherungsvertraglichen Ausschlussgründe.
35a)
36Zunächst greift entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der in § 4 Ziff. I. 6. lit. a) geregelte Ausschlussgrund.
37Nach dieser Regelung bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die an fremden Sachen entstehen, und allen sich darauf ergebenden Vermögensschäden, wenn der Versicherungsnehmer diese Sachen gemietet, gepachtet, geliehen oder durch verbotene Eigenmacht erlangt hat oder sie Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages sind.
38Bei der beschädigten Sache handelt es sich um ein Dienstfahrzeug, das dem Kläger seitens seiner Arbeitgeberin zur dienstlichen wie auch privaten Nutzung überlassen worden ist. Aus der Sicht eines rechtsunkundigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne einschlägige versicherungsspezifische Fachkenntnis, auf den bei der Auslegung von AVB abzustellen ist (vgl. nur Hamm, r + s 2012, 185, 187), fällt ein arbeitgeberseitig überlassener Dienstwagen nicht in den Anwendungsbereich der genannten Ausschlussregelung. Vielmehr ist eine einschränkende Auslegung geboten, die sich eng an dem gesetzlichen Regelungsinhalt der genannten Rechtsverhältnisse orientiert.
39Unter Zugrundelegung dessen, scheidet zunächst eine Qualifizierung des Überlassungsverhältnisses als Mietvertrag im Sinne der Regelung aus. Gegenstand des Mietvertrags gem. § 535 BGB ist nach dem gesetzlichen Verständnis die Übereinkunft von Mieter und Vermieter darüber, dass der Gebrauch der Mietsache auf Zeit gegen Entgelt überlassen wird. Derweil erfolgt die Überlassung eines Firmenwagens auch zur privaten Nutzung auf Basis des zwischen den Parteien bestehenden Dienstvertrages und stellt einen geldwerten Vorteil wie Sachbezug dar. Sie ist steuer- und abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts und damit Teil der Arbeitsvergütung. Die Gebrauchsüberlassung ist regelmäßig zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete B (BAG NJW 2011, 1469 Rn. 14). Aus der Sicht eines rechtsunkundigen Versicherungsnehmers fallen daher nur solche rechtsgeschäftbasierten Besitzüberlassungen an PKW in den Anwendungsbereich der Ausschlussregelung, die sich im Kern auf dessen entgeltliche Überlassung richten wie etwa bei den gewerblichen Autovermietungen. Entsprechend verhält es sich bei der Einordnung der Gebrauchsüberlassung als Pachtverhältnis. Die Überlassung zum Gebrauch und zur Fruchtziehung, wie sie den Pachtvertrag nach § 581 BGB charakterisieren, sind nicht Kerngehalt des zwischen der Klägerin und der Arbeitgeberin bestehenden Dienstvertrages.
40Da es sich bei dem Dienstwagen um einen Sachbezug als Teil des geschuldeten Arbeitsentgeltes handelt und dessen Gebrauchsüberlassung eine zusätzliche Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geschuldete B ist, kommt auch eine Einordnung der Gebrauchsüberlassung als Leihe im Sinne von § 598 BGB nicht in Betracht, denn Wesensmerkmal des Leihverhältnisse ist eine Einigung der Vertragsparteien über die Unentgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung.
41Letztlich ist das Fahrzeug auch nicht im Rahmen eines besonderen Verwahrvertrages überlassen worden. Zwar ist der Arbeitnehmer über § 241 Abs. 2 BGB zum sorgfältigen Umgang mit dem Fahrzeuge verpflichtet; die ihn insoweit im Rahmen des Arbeitsvertrages treffende Nebenpflicht ist jedoch kein „besonderer“ Verwahrungsvertrag im Sinne der Ausschlussklausel (vgl. Prölss/Martin/Lücke, AHB § 7 Rn. 40).
42b)
43Aus den unter Ziff. 1) angebrachten Ausführungen ergibt sich zugleich, dass der Schaden nicht im Rahmen einer von § 4 Ziff. I. 6. lit. b) vorausgesetzten „gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit“ des Klägers entstanden ist.
44c)
45Entgegen der Auffassung der Beklagten greift auch der in § 5.2.1 BBR vereinbarte Ausschlussgrund – die sog. kleine Benzinklausel – nicht.
46Nach dieser Regelung ist die Haftpflicht wegen Schäden nicht versichert, die der Versicherungsnehmer, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeuges oder Fahrzeuganhängers verursachen.
47Nach mittlerweile überkommener Rechtsprechung des BGH trat ein Schaden dann "durch den Gebrauch" des Kraftfahrzeugs ein, wenn es für die schadensstiftende Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe eingesetzt gewesen ist (BGH, Urteil vom 26. Juni 1979 – VI ZR 122/78 –, BGHZ 75, 45-49, Rn. 34). Nach der jüngeren Rechtsprechung kommt es nicht darauf an, ob die Gefahr von der Art des Fahrzeuggebrauchs oder aber beim Gebrauch vom Fahrzeug selbst ausgeht. Entscheidend ist aus der Sicht des verständigen Versicherungsnehmers vielmehr, dass der Anwendungsbereich der Klausel dann und nur dann eröffnet sein soll, wenn sie ein Gebrauchsrisiko gerade des Kraftfahrzeugs verwirklicht und zu einem Schaden geführt hat (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2006 – IV ZR 120/05 –, BGHZ 170, 182-187, Rn. 9; OLG Hamm, Urteil vom 02. Oktober 2015 – I-20 U 139/14, 20 U 139/14 –, Rn. 59, juris). Deshalb gehören zu den Gebrauchsrisiken eines Fahrzeugs jedenfalls diejenigen Gefahren, die sich aus der C-Weg des Fahrzeugs selbst ergeben (vgl. Dortmund r + s 2010, 466).
48Eine solche Gefahr hat sich im vorliegenden Fall derweil nicht verwirklicht. Der Schaden an dem Fahrzeug ist durch die Explosion der Bauschaumflasche entstanden, die dem Kläger beim Aussteigen aus dem streitgegenständlichen Fahrzeug aus der Hand geglitten ist. Hierdurch hat sich aber nicht das Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs verwirklicht. Die Explosion der Bauschaumflasche bzw. das Fallenlassen gehen nicht auf die besondere Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugs, das etwa als bewegliche Sache von nicht unerheblichen Gewicht entweder durch allgemeine Fliehkräfte oder Motorenkraft bewegt wird, oder das bspw. als besondere Gefahrenquelle in andere Weise seine Umgebung beeinträchtigt, wie etwa durch das unbedachte Öffnen einer Fahrzeugtür mit der Folge einer Kollision mit dem passierenden Verkehr. Gleitet dem Führer eines Fahrzeugs im Zuge des Aussteigevorgangs eine Bauschaumflasche aus der Hand, so realisiert sich alleine das allgemeine Lebensrisiko einer gewissen Ungeschicklichkeit des Versicherungsnehmers unabhängig von den Gebrauchsrisiken eines KFZ. In dem bloßen Aussteigevorgang aus einem Fahrzeug liegt keine gesteigerte und gerade auf das KFZ zurückgehende Gefahr, dass Gegenstände fallengelassen werden.
49Soweit die Beklagte zunächst darauf abstellt, dass der Schaden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Fahrzeugnutzung mit Blick auf den Aussteigevorgang steht, verkennt sie die zwischenzeitliche Abkehr der höchstrichterlichen Rechtsprechung von diesem Merkmal. Ungeachtet des Umstands, dass sich sämtliche der zitierten Entscheidungen zu dem Gebrauchsbegriff im Rahmen der KFZ-Haftpflichtversicherung verhalten, sind diese jedenfalls auch nicht auf Basis der jüngeren Rechtsprechung des BGH ergangen. Hinzu kommt weitergehend, dass in zwei der zitierten Fälle das Fahrzeug entweder als Arbeitsgerät tatsächlich verwendet (Hamm r+s 1992, 259) oder noch während eines nicht abgeschlossenen Beladevorgangs in C-Weg gesetzt und gerade hierdurch der Schaden verursacht wird (VersR 1996, 967). Soweit die Entscheidung des LG Aachen (r + s 1990, 188) in Bezug genommen wird, in der das Wegrollen eines Einkaufswagens als Realisierung des Risikos des Gebrauchs eines KFZ beurteilt wurde, oder die Entscheidung des OLG Hamm (r+s 1998, 52) zitiert wird, in der davon ausgegangen wird, dass das Überfahren des Fußes einer Passantin auf dem H-Weg mit einem 2 Meter hohen Gitterwagen, der zuvor von einem Lastwagen abgeladen wurde, kann es unter Zugrundelegung der Entscheidung des BGH vom 13.12.2006 keinen Zweifeln unterliegen, dass sich hier jeweils keine Gefahr realisiert hat, die jeweils gerade aus dem Gebrauchsrisiko des PKW folgen. Im einen Fall hat sich vielmehr ein besonderes Risiko des Gebrauchs eines Einkaufswagens realisiert, der sich in Ermangelung von Bremsvorrichtungen von selbst in C-Weg setzen und durch das Wegrollen im Kollisionsfalle Schäden verursachen kann. Im anderen Fall rührt der Schaden aus der fehlenden den Sorgfalt des den in Ansehung seiner Höhe ohnehin unübersichtlichen Gitterwagen schiebenden LKW-Fahrers.
503)
51Der Anspruch ist hier auch nicht etwa aufgrund des zugunsten des Klägers gegenüber der Arbeitgeberin eingreifenden Arbeitnehmerhaftungsprivilegs zu kürzen. Der sachliche Anwendungsbereich der Haftungsprivilegierung von Arbeitnehmern wird durch das Kriterium der betrieblichen Veranlassung der Arbeitgeberschädigung bestimmt. In einem Schaden verwirklicht sich nämlich nur dann das dem Arbeitgeber zuzurechnende Betriebsrisiko, wenn der Schaden auf einem betrieblich veranlassten Verhalten beruht. Die Fahrt zum Vereinsheim stellt eine solche betriebliche veranlasste Tätigkeit nicht dar, so dass es auf die Frage einer bestehenden Vollkaskoversicherung für das Fahrzeug überhaupt nicht ankommt. Ohnehin besteht keine Pflicht des Geschädigten, eine etwaig bestehende Sachversicherung zur Schadensbeseitigung in Anspruch zu nehmen. Sinn und Zweck der Kaskoversicherung ist gerade nicht die Entlastung des Schädigers – jedenfalls soweit die Grundsätze des Arbeitnehmerhaftungsprivilegs nicht greifen.
52II)
53Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 571,44 € gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 257 BGB.
54Es kann dabei dahinstehen, ob die Schadensanzeige durch den Kläger und die Übermittlung des von der Beklagten zuvor zur Verfügung gestellten Formulars zur Schadensanzeige als Mahnung zu verstehen ist, denn jedenfalls liegt in dem Schreiben der Beklagten vom 10.08.2015 eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung, die eine Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich macht.
55C)
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Jene zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 S. 1, 2, 709 S. 2 ZPO.
57Der Streitwert wird auf 4.576,65 EUR festgesetzt.
58Dr. T |
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als Einzelrichter |