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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 135 EUR zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.12.2016 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung seitens der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
2Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
3Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 135 EUR aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2, 18 Abs. 1 StVG, 823 BGB, § 115 I Nr.1 VVG.
4Die Haftung dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
51.
6Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte eines Verkehrsunfalls den Geldbetrag verlangen, der erforderlich ist, um den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der Verkehrsunfall nicht eingetreten wäre. Der erforderliche Herstellungsaufwand umfasst insoweit die Mietwagenkosten, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot ist er dabei gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren Möglichkeiten den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen.
7Das bedeutet, dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann (vgl. etwa BGH, NJW 2010, 1445 und BGH, NJW 2013, Seite 1539).
8Die Frage, ob der vom Geschädigten gewählte Tarif erforderlich war i.S.d. § 249 Absatz II 1 BGB, kann ausnahmsweise offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation „ohne weiteres“ zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gem. § 254 Absatz II 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (BGH NZV 2016, 419).
9Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist vorliegend gegeben. Der Kläger hat, wie er in seiner persönlichen Anhörung selbst geschildert hat, sich auf das Telefonat mit der Zeugin I2, in welchen ihm ein Mietpreis von 50 EUR pro Tag für ein Ersatzfahrzeug, vermittelt über die Beklagte, genannt worden ist, sich auf dieses Telefonat nicht weiter eingelassen, da er den Verkehrsunfall über seine eigene Werkstatt abgewickelt haben wollte. Zum Zeitpunkt des Telefonates der Zeugin I2 mit dem Kläger am 10.11.2016 um 10:22 Uhr war der Kläger zwar zwecks Terminabsprache der Reparatur in seiner Werkstatt vorstellig gewesen, eine vertragliche Verpflichtung zur Anmietung eines Ersatzwagens hat er zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht begründet. Weder Modell noch der Mietpreis des Fahrzeuges, dass ihm seitens seiner Werkstatt für den Reparaturzeitraum zur Verfügung gestellt werden sollte, waren zu diesem Zeitpunkt bekannt. Damit waren wesentliche Vertragsbestandteile (sog. essentialia negotii) nicht einmal bestimmbar.
10In Kenntnis des seitens der Beklagten in Aussicht gestellten Mietpreises pro Tag von 50 EUR hat der Kläger sodann sehenden Auges einen Mietwagen bei seiner Werkstatt angemietet, der für 4 Tage 493,42 EUR kostete. Dieser Mietwagen war deutlich teurer.
11Der Beklagten ist auch der Beweis gelungen, dass, hätte der Kläger sich auf die Vermittlung eines Mietwagens seitens der Beklagten eingelassen, ein Mietvertrag über ein Ersatzfahrzeug zum Preis von 50 EUR pro Tag ohne weiteres zugänglich gewesen wäre. Diese Überzeugung steht fest nach der durchgeführten Beweisaufnahme. Die Zeugin I2 hat glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, dass sie den Kläger ohne weiteres an eine überregional tätige Mietwagenfirma hätte vermitteln können, und insoweit für ein vergleichbares Fahrzeug wie das unfallbeschädigte Fahrzeug Kosten i. H. v. 50 EUR pro Tag angefallen wären. Nicht nur der Tarif wäre dann für den Kläger ohne weiteres zugänglich gewesen, sondern auch das Mietfahrzeug. Denn die Zeugin hat glaubhaft bekundet, dass die Mietwagen zugestellt, d.h. an einen Wunschort verbracht werden. Die Nutzung des Mietwagens durch den Kläger hätte sodann im Vergleich mit dem durch seine Werkstatt zur Verfügung gestellten Ersatzwagen ohne wesentliche Unannehmlichkeiten erfolgen können.
12Rechtsfolge des vorgenannten Verstoßes des Geschädigten gegen seine Schadensminderungspflicht nach § 254 Absatz 2 BGB ist, dass er nur die Mietwagenkosten ersetzt verlangen kann, die ihm bei Wahrnehmen des Vermittlungsangebots der Beklagten entstanden wären.
13Diese Kosten schätzt das Gericht auf 300 EUR gemäß § 287 Abs. 1 ZPO. Dabei hat das den Tagesmietpreis von 50 EUR zu Grunde gelegt, was nach Auffassung des Gerichtes einen realistischen Preis bei einer Vermittlung durch einen Versicherer darstellt.
14Offengeblieben ist, ob im Falle der Vermittlung eines Mietwagens über die Beklagte Transportkosten für diesen Mietwagen angefallen wären. Die Zeugin I2 hat bekundet, diese würden nicht immer anfallen, und je nach Distanz der Filiale des Mietwagenunternehmens zum Ort, an den das Fahrzeug transportiert werde. Sie hat auch bekundet, dass diese Transportkosten, wenn sie anfallen, bei etwa 40 EUR liegen würden. Um Unwägbarkeiten zu vermeiden, schätzt das Gericht die Transportkosten auf 50 EUR.
15Zudem schätzt das Gericht die Kosten für eine Haftungsreduzierung (auf 300 EUR Selbstbeteiligung) in der Vollkaskoversicherung für das Mietfahrzeug auf 50 EUR. Dabei geht das Gericht aus von der seitens des Klägers vorgelegten Mietwagenrechnung, in der die Haftungsbegrenzung für 4 Tage 72,44 EUR gekostet hat. Diese Haftungsreduzierung war bezogen auf eine Selbstbeteiligung i. H. v. 150 EUR. Die Schätzung des Gerichtes auf 50 EUR knüpft daran an, dass der Kläger mit seinem Versicherungsvertrag für das unfallbeschädigte Fahrzeug eine Selbstbeteiligung i. H. v. 300 EUR vereinbart hat. Durch den Verkehrsunfall darf er aber nicht bessergestellt werden, so dass die Haftungsbegrenzung mit geringen Kosten zu bewerten war.
162.
17Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Kläger weitere 35 EUR Reparaturkosten (weitere Verbringungskosten) ersetzt verlangen. Diese Kosten sind dem Kläger tatsächlich entstanden, weil er sein Fahrzeug ausweislich der Reparaturrechnung vom 21.11.2016 tatsächlich repariert hat.
18Ob die Kosten für die Fahrzeugverbringung i.H.v. 115 EUR überhöht sind, kann aus Rechtsgründen dahinstehen.
19Die Schadensbetrachtung hat sich nämlich nicht nur an objektiven Kriterien zu orientieren, sondern ist auch subjektbezogen. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass den Kenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, dies vor allem, sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Fahrzeug in die Hände von Fachleuten gibt. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Satz Abs. 2 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss (BGHZ 63, Seite 182). Insofern geht das Werkstattrisiko zu Lasten des Schädigers (BGH NJW 1992, Seite 302; NJW Jahr 1992 303). Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Werkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeiten in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind. Auch ein solch betrügerisches Verhalten ist der Einflusssphäre des Geschädigten entzogen. Es besteht kein Grund, dem Schädiger das Risiko für ein solches Verhalten abzunehmen (OLG Hamm Urt. v. 31.1.1995 – 9 U 168/94, BeckRS 1995, 1930).
20Zu berücksichtigen ist, dass der Geschädigter bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis die Schadensbeseitigung für den Schädiger durchführen lässt. Hätte der Geschädigte, wie es § 249 BGB vorsieht, die Schadensbeseitigung dem Schädiger überlassen, hätte dieser sich ebenfalls mit einem etwaigen betrügerischen Verhalten der Werkstatt auseinandersetzen müssen.
21Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1 BGB, 187 Abs. 1 BGB analog.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
23Der Streitwert wird auf 335,07 EUR festgesetzt.
24Rechtsbehelfsbelehrung:
25Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
261. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
272. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
28Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Hagen, Heinitzstr. 42, 58097 Hagen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
29Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Hagen zu begründen.
30Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Hagen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
31Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.