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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Verkehrsunfall.
3Am 08.07.2013 war der bei der L Versicherungs-AG haftpflichtversicherte Anhänger (MK-E 3551) beim Abstellen auf dem Q2 „Am Erlhof“ in Neuenrade zunächst mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Zugfahrzeug (MK-FK 36) verbunden. Die Abstellung des Gespanns erfolgte auf ebener Fläche. Der Zeuge T koppelte den Anhänger von dem Zugfahrzeug sodann ab und wollte ihn zur Entladung ca. 10 m von Hand rangieren. Dabei entglitt ihm der Anhänger, welcher daraufhin gegen das Fahrzeug PKW Ford (MK-N 2105) rollte. Diesbezüglich entstand ein Sachschaden an dem PKW in Höhe von 1.384,44 €. Dieser wurde von der L Versicherungs-AG reguliert.
4Die Hälfte des regulierten Betrages in Höhe von 692,22 € wurde außergerichtlich von der Beklagtenseite angefordert, jedoch mit deren endgültiger Ablehnung, eingegangen am 18.09.2013, zurückgewiesen.
5Die L Versicherungs-AG führt die Regressverfahren nicht selbst durch, sondern bevollmächtigte diesbezüglich die Klägerin, welche die Forderungen im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend machen bzw. einziehen kann. Beide Unternehmen sind miteinander verbunden.
6Die Klägerin ist der Ansicht, die hälftige Haftung der Beklagten ergebe sich im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs bzw. aus § 78 VVG.
7Die Klägerin beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 692,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.09.2013 zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte ist der Ansicht, es liege schon keine Haftungseinheit bzw. Gesamtschuld zwischen dem Zugfahrzeug und dem Anhänger vor, da diese zum Zeitpunkt der Kollision nicht miteinander verbunden gewesen sind. Selbst bei dem Vorliegen einer Gesamtschuld würde im Innenverhältnis allein die L Versicherungs-AG als Versicherung des Zugfahrzeuges zur Zahlung verpflichtet sein, was sich aus Ziffer A.1.1.5. AKB ergebe.
12Entscheidungsgründe
13Die zulässige Klage ist unbegründet.
14Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 692,22 € aus § 7 StVG i.V.m. § 115 VVG oder aus einer anderen deliktischen Anspruchsgrundlage.
15Entgegen der Ansicht der Beklagtenseite ist der eingetretene Schaden am Drittfahrzeug durchaus noch der Betriebsgefahr des Zugfahrzeuges zuzurechnen, sodass sich eine Haftung der L Versicherungs-AG als Haftpflichtversicherung des Zugfahrzeuges aus § 7 StVG i.V.m. § 115 VVG dem Grunde nach ergibt.
16Der durch einen bereits abgekoppelten Anhänger entstandene Schaden ist zugleich auch durch den Betrieb des schleppenden KFZ verursacht worden mit der Folge, dass die Kfz.-Haftpflichtversicherung für das Zugfahrzeug eintrittspflichtig ist, denn die Gefahren, die der Betrieb des ziehenden Fahrzeuges verursacht hat, vorgewirkt haben und der eingetretene Schaden das Ergebnis dieser fortwirkenden Gefahren ist, wobei ein räumlicher und zeitlicher Zusammenhang gewahrt sein muss. Dies ist zu bejahen, wenn ein Anhänger mittels eines Zugfahrzeuges in unmittelbare Nähe seines vorgesehenen Stellplatzes gebracht worden ist, dann abgekoppelt wurde, weil der Fahrer des Zugfahrzeuges den Anhänger durch rangieren (per Hand) in die endgültige Stellung verbringen will und beim Rangieren einen Schaden verursacht hat, etwa bei Abkoppelung zu einem vorübergehenden Zweck (vgl. OLG Hamm, BeckRS 2010, 10748; OLG Koblenz, Urteil vom 16.05.1994, 12 U 366/13 – zitiert nach juris sowie NZV 2010, 57, Fußnote 8 m.w.Nw.; LG Dortmund, NJOZ 2008, 589 m.w.Nw., Kaufmann, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 26. Auflage 2011, 25. Kapitel, Rn. 319). Dies ist vorliegend der Fall, da nach Abkoppelung des Anhängers von dem Zugfahrzeug durch den Zeugen T in einem unmittelbaren räumlich (10 m) bzw. zeitlichen Zusammenhang ein Schaden an einem Drittfahrzeug entstanden ist.
17Hinsichtlich eines Ausgleichs bzw. Gesamtschuldnerausgleichs zwischen der Haftpflichtversicherung des Zugfahrzeuges, welche den Drittschaden vollständig reguliert hat, und der Haftpflichtversicherung des Anhängers ist der Klägerseite jedoch nicht darin zuzustimmen, dass beide Haftpflichtversicherungen in diesem Fall je zur Hälfte eintrittspflichtig sind.
18Die Vorschrift des § 78 VVG („Doppelversicherung“) ist in der Anwendung gegenüber § 17 StVG und § 426 BGB zwar vorgehend anzuwenden (vgl. OLG Celle BeckRS 2013, 09041). Im vorliegenden Fall scheidet eine Anwendung jedoch aus, da die Voraussetzungen von A.1.1.5. Abs. 1 und 2 AKB ersichtlich nicht vorliegen. Zum einen war der Anhänger zum Zeitpunkt der Kollision mit dem Drittfahrzeug nicht mehr mit dem Zugfahrzeug verbunden. Zum anderen ist die Kollision mit dem Drittfahrzeug nicht in dem Zusammenhang erfolgt, dass sich der Anhänger während des Gebrauchs von dem versicherten Zugfahrzeug gelöst und sich noch in Bewegung befunden hat. Vielmehr ist das Gespann zum völligen Stillstand gekommen, woraufhin der Anhänger abgekoppelt und von Hand rangiert worden ist, wobei es letzten Endes zu der Kollision mit dem Drittfahrzeug gekommen ist.
19Ein Ausgleich gem. § 17 Abs. 1, Abs. 4 StVG kann vorliegend ebenfalls nicht erfolgen. Seitens der Klägerin ist kein Vortrag ersichtlich, ob Halter des Zugfahrzeuges und des Anhängers identisch oder personenverschieden sind. Für den Fall, dass die Halter identisch sind, scheidet ein Ausgleich der Haftpflichtversicherungen nach dieser Vorschrift aus (vgl. LG Dortmund, NJOZ 2008, 589). Mangelnder anderslautender Vortrag geht zu Lasten der Klägerin. Darüber hinaus würde auch für den Fall, dass § 17 StVG Anwendung finden würde, ein interner Ausgleichsanspruch der Beklagtenseite nicht gegeben sein, da der Verursachungsbeitrag des Zugfahrzeuges, das Ziehen des Anhängers zur Unfallstelle auf ebener bzw. sicherer Fläche, im Vergleich zum späteren Rangieren per Hand und der dadurch unmittelbar entstandenen Beschädigung nicht ins Gewicht fällt bzw. komplett zurücktritt.
20Vorliegend kann die Klägerin auch nicht einen hälftigen Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte gem. den §§ 426, 840 BGB geltend machen. § 426 BGB sieht grundsätzlich eine hälftige Teilung bei Vorliegen einer Gesamtschuldnerschaft vor. Etwas anderes kann sich jedoch daraus ergeben, dass „ein anderes bestimmt“ ist. Letzteres ist vorliegend mit Ziffer A 1.1.5. AKB der Fall. Hinsichtlich der Haftungsverteilung gem. § 426 BGB („ein anderes bestimmt“) ist auf die Regelung des § 10a AKB (a.F.) bzw. A.1.1.5. AKB (n.F.) abzustellen, welche nicht den Versicherungsumfang eingrenzt, sondern vielmehr die Eintrittspflicht der verschiedenen Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeuges und des Anhängers im Innenverhältnis zueinander abgrenzt (vgl. OLG München, NZV 1999, 124; LG Dortmund, NJOZ 2008, 589). Danach umfasst die Haftpflichtversicherung des Kraftfahrzeuges Schäden, die durch den Anhänger verursacht werden, wenn er mit einem Kraftfahrzeug verbunden ist oder wenn sich der Anhänger während des Gebrauchs des Kraftfahrzeuges von diesem gelöst hat und sich (bedingt durch die Bewegungsenergie) noch in Bewegung befindet. Diese Frage darf nicht mit der Problematik der Haftung des Halters der Zugmaschine aus § 7 StVG bzw. der Versicherung aus § 115 VVG im Außenverhältnis zum Geschädigten vermischt werden. Es kommt im Innenverhältnis somit nicht auf die Frage an, ob der Betrieb des Anhängers dem Betrieb des Zugfahrzeuges noch zurechenbar ist. Auch wenn letzteres im konkreten Einzelfall bejaht wird, ist im Innenverhältnis der Versicherer dennoch allein darauf abzustellen, ob sich der Anhänger beim Betrieb des Zugfahrzeuges selbstständig gelöst hat und sich, vermittelt durch die kinetische Energie des Zugfahrzeuges noch in Bewegung befindet. Durch ein manuelles Abkoppeln und Bewegen des Anhängers sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, sodass die Versicherung des Zugfahrzeuges im Innenverhältnis den Schaden allein tragen muss (vgl. OLG München, NZV 1999, 124; LG Dortmund, NJOZ 2008, 589).
21Mangels bestehender Hauptforderung hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen.
22Andere bzw. weitergehende Anspruchsgrundlagen sind aus den oben ausgeführten Gründen nicht ersichtlich.
23Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
24Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf 692,22 € festgesetzt.
25Rechtsbehelfsbelehrung:
26Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
27a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
28b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
29Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Hagen, I-Straße, 58097 Hagen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
30Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Hagen zu begründen.
31Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Hagen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
32Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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