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Es wird feststellt, dass der am 00.00.0000 durch den Landesvorstand des Beklagten gefasste Beschluss „Die stellvertretende Vorsitzende der N., Frau C., wird von allen Ämtern der N., insbesondere von ihrem Amt als stellvertretende Vorsitzende abberufen/abgewählt“ nichtig ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Feststellung der Nichtigkeit eines vom Landesvorstand des Beklagten gefassten Beschlusses vom 00.00.0000, hilfsweise dass der Beschluss für nichtig erklärt wird.
3Bei dem Beklagten handelt es sich um einen selbstständigen Landesverband des Landes Nordrhein-Westfalen mit ca. 48.000 Mitgliedern, mit dem Namen „X.“ (abgekürzt N.). Der beklagte gliedert sich in den Gewerkschaftstag als oberstes Organ, den Landesvorstand, den geschäftsführenden Ausschuss sowie den gesetzlichen Vorstand.
4Funktional ist der Gewerkschaftstag die Mitgliederversammlung des Verbands, die aufgrund der Anzahl der Mitglieder in Form einer Delegiertenversammlung regelmäßig alle zwei Jahre stattfindet. Die Einberufungsfrist beträgt mindestens sechs Monate. Der Gewerkschaftstag bestimmt gemäß § 7 Abs. 1 der Satzung die Richtlinien für die Arbeit des Landesverbandes und entscheidet endgültig über alle seine Angelegenheiten. Unter anderem wählt oder bestätigt er die Mitglieder des Landesvorstandes. Der Landesvorstand wiederum setzt sich aktuell aus 41 Personen aus allen Referaten, Ausschüssen und Fachgruppen zusammen und leitet gemäß § 8 der Satzung den Landesverband im Rahmen der Beschlüsse des Gewerkschaftstages. Der geschäftsführende Ausschuss erledigt gemäß § 9 der Satzung die laufenden Geschäfte des Vereins. Der gesetzliche Vorstand im Sinne von § 26 BGB besteht gemäß § 17 der Satzung aus der/dem Vorsitzenden, sowie den beiden stellvertretenden Vorsitzenden.
5In § 7 der Satzung des Beklagten ist Folgendes ausgeführt:
6„§ 7 Gewerkschaftstag (GT)
7(1) Der Gewerkschaftstag bestimmt die Richtlinien für die Arbeit des Landesverbandes und entscheidet endgültig über alle seine Angelegenheiten. Er setzt den Haushaltsplan fest und wählt oder bestätigt die Mitglieder des Landesvorstandes und der Schiedskommission nach einer von ihm beschlossenen Wahlordnung auf vier Jahre. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
8(2) Der Gewerkschaftstag findet in der Regel alle zwei Jahre statt. (…)“
9§ 8 der Satzung sieht zudem Folgendes vor:
10„§ 8 Landesvorstand (LV)
11(1) Der Landesvorstand leitet den Landesverband im Rahmen der Beschlüsse des Gewerkschaftstages. Er führt die Beschlüsse des Gewerkschaftstagesaus. Der Landesvorstand hat das Recht, zwischen Gewerkschaftstagen Ersatzbestätigungen vorzunehmen.
12(2) Dem Landesvorstand gehören an:
13a) die bzw. der Vorsitzende,
14b) die zwei stellvertretenden Vorsitzenden,
15(…)“
16Darüber hinaus existiert eine Protokollnotiz zu § 8 Abs. 2 der Satzung mit folgendem Inhalt:
17„Ersatzbestätigungen bzw. kommissarische Wahrnehmung von Funktionen.
18Ersatzbestätigungen können bei Mitgliedern des Landesvorstandes gem. § 10, § 12 Abs. 3 Buchstaben a) und d), § 13 und § 14 vorgenommen werden. nachdem eine entsprechende Wahl durch die entsendenden Gremien stattgefunden hat. Scheiden vom Gewerkschaftstag gewählte Landesvorstandsmitglieder vor Ablauf ihrer vierjährigen Amtszeit aus, (das sind die Mitglieder gem. § 8 Abs. 2 Buchstaben a), b), c) d), e), § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Buchstaben b), c) e) und f), so beauftragt der Landesvorstand Personen mit der kommissarischen Wahrnehmung der jeweiligen Funktion. Diese haben Rede- und Antragsrecht. Die kommissarische Beauftragung endet mit dem Gewerkschaftstag, auf dem turnusgemäß Vorstandswahlen stattfinden. Der Landesvorstand kann statt einer Einzelperson auch mehrere Personen oder ein Team mit der kommissarischen Wahrnehmung einer Funktion beauftragen. In diesem Fall legt der Landesvorstand die Modalitäten der Vertretung im Landesvorstand fest.“
19Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Klageschrift vom 30.06.2023, Bl. 6 f. d.A., verwiesen.
20Die Klägerin ist ein vom Gewerkschaftstag gewähltes Mitglied des Vorstands des Beklagten sowie stellvertretende Vorsitzende und Teil des Landesvorstands. Sie ist Lehrerin und für die Zeit ihrer Amtsbestellung bei dem Beklagten von ihrem Beruf freigestellt. Das Gehalt für ihre Tätigkeit bei dem Beklagten wurde ihr letztmalig für Juni 2023 bezahlt.
21Zwischen der Wahl der Klägerin im Mai 0000 und dem Landesvorstandsbeschluss vom 25.03.2024 kam es zu Uneinigkeiten. Die Klägerin hat ein Mitglied des Landesvorstandes bei der Polizei wegen übler Nachrede angezeigt und gegen die Entscheidung der Delegiertenversammlung der Landesfachgruppe A. Einspruch gelegt sowie die Schiedskommission angerufen. Der Landesvorstand hat auf seiner Sitzung vom 25.03.2023 mit einer Gegenstimme beschlossen, das Verhalten der Klägerin als „gewerkschaftsschädigend“ zu rügen und sie aufzufordern vom Amt zurückzutreten. Sollte dies nicht innerhalb einer Woche geschehen, wurde zum einen die Vorsitzende vom Landesvorstand aufgefordert, die Klägerin von allen Aufgaben zu entbinden und zum anderen der geschäftsführende Ausschuss beauftragt, auf eine Abberufung hinzuwirken. Da kein Rücktritt erfolgte, legte die Vorsitzende dem geschäftsführenden Ausschuss unter Bezugnahme auf den Beschluss des Landesvorstandes den Sachstand vor. Dieser fasste den vom Landesvorstand initiierten Entbindungsbeschluss mit sofortiger Wirkung und konkretisierte die Aufgaben und Bereiche, in denen die Klägerin zukünftig nicht mehr im Namen der Gewerkschaft tätig werden darf. Damit wurde die Klägerin von allen Aufgaben, die sie im Auftrag des Landesvorstandes, des geschäftsführenden Ausschusses und der Landesgeschäftsstelle wahrnimmt, mit sofortiger Wirkung entbunden.
22Der Landesvorstand erließ auf der Sitzung vom 00.00.0000 folgenden Beschluss „Die stellvertretende Vorsitzende der N., Frau C., wird von allen Ämtern der N., insbesondere von ihrem Amt als stellvertretende Vorsitzende abberufen/abgewählt. Ihr wird jedwedes Auftreten für die N. untersagt.“ Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Beschlussvorlage, Anlage K2 zur Klageschrift vom 30.06.2023, Bl. 28 d. A., verwiesen. Am selben Tag teilte die Vorstandsvorsitzende der Beklagten der Klägerin mit, dass sie abgewählt/abberufen worden und aus ihrem Amt ausgeschieden sei.
23Die Beschlussvorlage zur Abberufung wurde fünf Tage vor der Landesvorstandssitzung zur Verfügung gestellt. Am 14.06.2023 stellte die Klägerin dem Landesvorstand vorab eine kurze Stellungnahme zum Vorhaben zur Verfügung, in dem sie diesen, insbesondere die – vermeintliche - Unzuständigkeit des Landesvorstands für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds, angriff.
24Auf der Tagesordnung für den am 00.00.0000 stattgefundenen Gewerkschaftstag des Beklagten stand die Neuwahl einer stellvertretenden Vorsitzenden. Am 12.04.2024 übersandte der Beklagte den Delegierten des Gewerkschaftstages ein 2. Organisationsschreiben und teilte ihnen mit, dass die Neuwahl der Position der stellvertretenden Vorsitzenden auch gleichzeitig die Abberufung darstelle. In der Ausschreibung der Wahlen Ende Februar 2024 wurde die Wahl der stellvertretenden Landesvorsitzenden mit der Satzung wie folgt begründet: „Der Gewerkschaftstag des Landesverbands Nordrhein-Westfalen der N. am 00.00.0000 hat gemäß Satzung § 7 Absatz 1 durch Wahl folgendes Amt zu besetzen: die stellvertretende Landesvorsitzende (§ 8 Absatz 2 Buchstabe a und b der Satzung).“
25Am 14.03.2024 stellte der Beklagte den Delegierten des Gewerkschaftstages auf der Gewerkschafts-Cloud einen Antrag des Landesvorstandes zur Verfügung, wonach die Abberufung im Landesvorstand auch rückwirkend vom Gewerkschaftstag genehmigt werden sollte. Die Änderungsantragsfrist für antragsberechtigte Gremien war einen Tag später am 15.03.2024. Der Beklagte informierte die Delegierten in der Begründung des Antrages zugleich wie folgt: „Zwischen den Gewerkschaftstagen übernimmt der Landesvorstand die Aufgaben des Gewerkschaftstages und ist sogar ausdrücklich auch für Ersatzberufungen zuständig. Vor diesem Hintergrund durfte auch der Landesvorstand eine Abberufung durchführen.“
26Für die Landesvorstandssitzung am 19./20. Januar 2024 legte der Beklagte, vertreten durch den hauptamtlich angestellten Justiziar und gleichzeitigen Geschäftsführer, den Landesvorstandsmitgliedern einen Satzungsänderungsvorschlag in Form eines Antrags für den Gewerkschaftstag vor. Insbesondere sollte der Landesvorstand ermächtigt werden, zwischen den Gewerkschaftstagen die Aufgaben des Gewerkschaftstags zu übernehmen und abberufen zu können. Den Delegierten des Gewerkschaftstages liegt seit dem 14. März 2024 in den Anträgen der Gewerkschafts-Cloud ein veränderter Satzungsänderungsantrag vor, in dem die Ermächtigung des Landesvorstandes zwischen den Gewerkschaftstagen, auch zur Abberufung, in § 8 Abs. 1 umformuliert wurde. Die Protokollnotiz der alten Satzung zu § 8 Abs. 2 ist nicht mehr aufgeführt.
27Am 00.00.0000 fand sodann der Gewerkschaftstag statt, auf dem folgender Beschluss gefasst wurde: „Der Beschluss des Landesvorstands der N. zur Abberufung der ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden Frau C. - … - wird auch mit Wirkung für die Vergangenheit genehmigt.“ Zudem wurde eine neue stellvertretende Vorsitzende für die restliche Amtszeit gewählt.
28Die Klägerin ist der Ansicht, der streitgegenständliche Beschluss vom 00.00.0000 leide an schwerwiegenden Mängeln, die zur Nichtigkeit des Beschlusses, jedenfalls aber zu dessen Anfechtbarkeit führten.
29Zunächst erklärt sie sich mit Nichtwissen dazu, dass die erforderliche Mehrheit für den Beschluss erreicht worden sei.
30Ferner ist die Klägerin der Ansicht, dass nicht das zuständige Organ die Abberufung beschlossen habe. Der Landesvorstand sei nicht zuständig gewesen. Die Zuständigkeit liege beim Gewerkschaftstag. Gemäß § 7 Abs. 1 der Satzung des Beklagten wählt oder bestätigt der Gewerkschaftstag die Mitglieder des Landesvorstands, so auch die Klägerin. Zuständig für den Widerruf der Bestellung/die Abberufung sei das Organ, welches für die Bestellung des Vorstands zuständig ist, mithin der Gewerkschaftstag. Es sei unzutreffend, wenn in der Vorstandsvorlage zur Beschlussfassung behauptet werde, dass eine Satzungsregelung fehle. Es gebe die satzungsgemäße Regelung zur Bestellungskompetenz des Vorstands und die daraus ohne Weiteres folgende sog. Annexkompetenz, die durch die Rechtsprechung bestätigt sei. Der Vorstand hingegen könne nicht selbst eines seiner Mitglieder abberufen.
31Sofern die Beklagte der Ansicht ist, dass der Landesvorstand in dringlichen Angelegenheiten an Stelle des Gewerkschaftstages eine Abberufung durchführen dürfe, verfange dies nicht. Die Bezugnahme auf die Protokollnotiz zu § 8 Abs. 2 gehe fehl. Dort sei allein der Fall geregelt, dass der Landesvorstand für vom Gewerkschaftstag gewählte Mitglieder, die vor Ablauf ihrer Amtszeit ausscheiden, Personen mit der kommissarischen Wahrnehmung der jeweiligen Funktion beauftragen könne. Eine kommissarische Berufung sei auch etwas anderes als eine Abberufung, da durch einen Ausfall von Vorstandsmitgliedern eine personelle Lücke entstehen könnte, wofür ggf. eine schnelle (also kommissarische) Lösung gefunden werden müsse.
32Es besteht – unstreitig - jederzeit die Möglichkeit, einen (außerordentlichen) Gewerkschaftstag einzuberufen. Die entstehenden Kosten änderten nichts an der eindeutigen Zuständigkeit des Gewerkschaftstages.
33Die Abberufung sei im Übrigen aber auch nicht rechtskonform gestaltet gewesen. Denn weder in der Einladung zur Landesvorstandssitzung vom 01.06.2023 noch in weiterem Schreiben vom 07.06.2023 war in der Tagesordnung ein Antrag auf Abberufung der stellvertretenden Vorsitzenden enthalten.
34Im Hinblick auf den Gewerkschaftstag vom 00.00.0000 behauptet die Klägerin, dass für die Mitglieder des eigentlich für die Abberufung zuständigen Gewerkschaftstags sie faktisch bereits abberufen sei. Die Delegierten des Gewerkschaftstages hätten sich keine Meinung bilden können, da sie bis zum 12.04.2024 davon hätten ausgehen müssen, dass die Klägerin bereits abberufen sei. Die Mitglieder seien weder über die Abberufung im Landesvorstand noch über die Tatsache, dass die Neuwahl einer stellvertretenden Vorsitzenden gleichzeitig die Abberufung darstelle, informiert worden.
35Ferner ist sie der Ansicht, dass die Anwendung des Beschlusses „Abberufung“ auch für die Vergangenheit das Interesse der Klägerin maßgeblich verletze. Eine solche rückwirkende Veränderung eines Gesellschaftsorgans in personeller Hinsicht sei dem Gesellschaftsrecht fremd. Es bestehe ein höchstes Bedürfnis an Rechtsklarheit für Handlungen eines Gesellschaftsorgans und eines hierfür handelnden Organmitglieds. Die Beschlüsse vom 00.00.0000 seien unwirksam. Selbst wenn sie aber wirksam sein sollten, sei jedenfalls keine Rückwirkung gegeben.
36Hinsichtlich ihres Hilfsantrages ist die Klägerin der Auffassung, dass ein wichtiger Grund zur Abberufung nicht bestehe. Soweit Beschlüsse des Landesvorstands in Frage gestellt und Mitglieder als nicht unabhängig bezeichnet werden, bestreitet sie, dass dies zu Unrecht geschehe. Man habe versucht, sie „ruhigzustellen“, indem ihr sämtliche Zuständigkeiten ihrer Gremien und Ressorts entzogen worden seien.
37Die Klägerin beantragt,
381.
39festzustellen, dass der am 00.00.0000 durch den Landesvorstand der Beklagten gefasste Beschluss „Die stellvertretende Vorsitzende der N., Frau C., wird von allen Ämtern der N., insbesondere von ihrem Amt als stellvertretende Vorsitzende abberufen/abgewählt“ nichtig ist,
402.
41hilfsweise, für den Fall der Abweisung des Klageantrags zu Ziffer 1, den am 00.00.0000 durch den Landesvorstand der Beklagten gefasste Beschluss „Die stellvertretende Vorsitzende der N., Frau C., wird von allen Ämtern der N., insbesondere von ihrem Amt als stellvertretende Vorsitzende abberufen/abgewählt“ für nichtig zu erklären.
42Die Beklagte beantragt,
43die Klage abzuweisen.
44Sie behauptet, bereits kurz nach der Wahl sei es zu diversen Vorkommnissen gekommen, die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im geschäftsführenden Ausschuss mit der Klägerin nicht mehr vorstellbar gemacht hätten. Auch in allen anderen Verbandsgremien habe das Verhalten der Klägerin Unruhe und Unfrieden erzeugt. So habe sie in einer relativ kurzen Zeit bis zum Landesvorstandsbeschluss vom 25.03.2023 durch ihr Verhalten das Vertrauen der Mehrzahl der ehrenamtlich tätigen Kolleginnen und Kollegen in den Gremien der N. verloren. Interna des geschäftsführenden Ausschusses, die dem Beratungsgeheimnis unterliegen, seien in mindestens einem Fall an Vereinsmitglieder weitergegeben und arbeitsvertragliche Inhalte von Hauptamtlichen unter Missachtung der geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften (Beschäftigtendatenschutz) verbreitet worden.
45Die Beklagte behauptet, dem Verein sei es nicht länger zumutbar gewesen, bis zum Ende der Amtszeit oder auch nur bis zu dem erst nächsten Jahr stattfinden Gewerkschaftstag zuzuwarten, da inzwischen dringend notwendige Arbeiten zu erledigen gewesen seien, die keinen weiteren Aufschub erlaubten. In Hinblick auf die satzungsgemäß lange Einladungsdauer von mindestens sechs Monaten sowie den erheblichen Kosten eines Gewerkschaftstages von durchschnittlich ca. 200.000 EUR habe der Landesvorstand keine andere Möglichkeit gesehen, zum Wohle des Vereins, zur auftragsgemäßen Förderung der Vereinsarbeit und um weiteren Schaden vom Verein abzuwenden, die Klägerin von ihrem Vorstandsamt abzuberufen, und so die Handlungsfähigkeit der Gewerkschaft sicherzustellen.
46Sie ist der Ansicht, dass der „Landesvorstand“ funktional die Aufgaben der Willensbildung, Leitung und Kontrolle der übrigen Organe zwischen den regelmäßigen Gewerkschaftstagen als sogenannter „Kleiner Gewerkschaftstag“ 1 wahrnehme. Entsprechend breit sei er aufgestellt und spiegele alle Bereiche des Vereins in seiner Zusammensetzung wider.
47Sie ist ferner der Ansicht, dass diese Kompetenz insbesondere aus der Protokollnotiz zu § 8 Abs. 2 der Satzung folge. Eine ausdrückliche Regelung zur Abberufung von Mitgliedern der Vereinsorgane enthält die Satzung – insoweit unstreitig - nicht. Deshalb gilt – insoweit in Übereinstimmung mit der klägerischen Rechtsansicht - grundsätzlich, dass im Zweifel das satzungsgemäße Bestellungsorgan, in der Regel die Mitgliederversammlung, auch für die Abberufung aus dem Vorstand zuständig ist; eine Abberufung eines von der Mitgliederversammlung gewählten Vorstandsmitglieds durch den Vorstand selbst, ist nach herrschender Meinung ausgeschlossen. Fehlerhaft sei allerdings der Schluss der Klägerin, dass damit der Gewerkschaftstag und nicht der Landesvorstand für die Abberufung/Abwahl der Klägerin zuständig sei. Denn das ergebe sich weder aus den Grundsätzen noch aus den beiden von der Klägerin zitierten Entscheidung des BGH bzw. dem OLG München. Beide Entscheidungen bestätigten nur die oben dargestellten Grundsätze, ließen aber nicht den von der Klägerin gewünschten Schluss zu.
48Die Beklagte ist der Ansicht, dass wenn wie vorliegend die Satzung Lücken habe, diese nach h.M. zu ergänzen seien, indem die in der Satzung bereits angelegten Regelungen zu einem sinnvollen Ganzen ergänzt werden, sich die Auslegung am Zweck des Vereins und den berechtigten Interessen der Mitglieder ausrichte, und auch außerhalb der Satzung liegende Umstände berücksichtigt würden, wenn deren Kenntnis allgemein bei den Betroffenen erwartet werden könne, weil sie „eine ständige Übung im Vereinsleben“ darstellten.
49Die Funktion des Landesvorstands werde an der ausdrücklich geregelten Ersatzbestätigung von vorzeitig ausgeschiedenen Mitgliedern deutlich. Die Satzung gewähre dem Organ hierbei einen großen Spielraum, selbst bei einer originär dem Gewerkschaftstag vorbehaltenen Aufgabe, wie der Wahl der Mitglieder zum Landesvorstand, die Haushaltskompetenz, Jahresabschlüsse, Kooperationsrecht, Einsetzungsrecht für Kommissionen, Positionspapiere und Behandlung von Beschlussgegenständen des Gewerkschaftstags.
50Aus der fehlenden ausdrücklichen Regelung in der Satzung könne nicht der Schluss gezogen werden, dass der Landesvorstand satzungswidrig handele, wenn er die genannten Beschlüsse fasse. Vielmehr gelte anders als im übrigen Gesellschaftsrecht im Vereinsrecht die Regel, dass „die Unvollständigkeit der Satzung bzgl. der Kompetenzen eines Organs nicht zur Nichtigkeit der getroffenen Entscheidungen führe“ (OLG Frankfurt, Urt. v. 19.12.1984 – 9 U 107/83). Im Verhältnis zu dem dreiköpfigen, gesetzlichen Vorstand verhalte sich der Landesvorstand zwischen den Gewerkschaftstagen als das zuständige Aufsichts- und Kontrollorgan. Nur durch diese Stellung des Landesvorstands könne der Verein der gesetzlichen Grundentscheidung gerecht werden, dass der gesetzliche Vorstand im Sinne des § 26 BGB wie in § 27 Abs. 2 S. 1 BGB normiert „jederzeit“ widerruflich ist. Damit habe der Landesvorstand, der satzungsgemäß den Landesverband im Auftrag des Gewerkschaftstages leitet (§ 8 Abs. 1 der Satzung), lediglich seine gesetzliche Pflicht erfüllt.
51Nach einer Auslegung im Sinne der Klägerin würde dies praktisch bedeuten, dass nur einmal alle vier Jahre eine Abberufung eines Vorstandsmitglieds möglich wäre. Situationen, die aber eine Abberufung erforderlich machten, seien gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie zeitlich nur begrenzt hinnehmbar seien, bevor der Verein erheblichen Schaden erleide, weshalb der Gesetzgeber auch ausdrücklich gefordert habe, dass sie „jederzeit“ möglich sein müssen.
52Unter Beachtung dieser Auslegungssätze ergebe sich, dass der Landesvorstand das in diesem Verein zuständige Organ für die Abberufung von Vorständen zwischen den Gewerkschaftstagen sei. Betrachten die Mitglieder eine rechtliche Regelung durch langjährige Übung als für sich verbindlich (wie Gewohnheitsrecht), so könne es deshalb nicht mehr darauf ankommen, dass diese Regelung in der Satzung selbst keine ausdrückliche Grundlage finde.
53Die Beklagte ist ferner der Ansicht, dass die Klage in jedem Fall nach dem erfolgten Gewerkschaftstag am 00.00.0000 vollumfänglich abzuweisen sei. Zudem habe sich der Gewerkschaftstag als Auftraggeber den Beschluss auf dem Gewerkschaftstag am 00.00.0000 ausdrücklich gebilligt und sich nachträglich durch die Neuwahl der stellvertretenden Vorsitzenden den Beschluss vollumfänglich zu eigen gemacht habe.
54Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
55Entscheidungsgründe:
56Die Klage ist zulässig und begründet.
57I. Die Klage ist zulässig.
581. Die Zuständigkeit des Landgerichts folgt aus §§ 23 Abs. 1 Nr. 1, 71 Abs. 1 ZPO. Denn der Streitwert des Rechtsstreits liegt über der Grenze von 5.000,00 EUR. Das Interesse der Klägerin an der weiteren Ausübung ihrer Vorstandstätigkeit ist gem. § 3 ZPO zu schätzen, wobei ihre Vorstandsbezüge hierfür einen Anhaltspunkt bieten (vgl. OLG Köln Beschl. v. 17.7.1991 – 22 W 22/91, BeckRS 1991, 8098 Rn. 2). Seit dem Zeitpunkt der Klageerhebung bis zum darauffolgenden Gewerkschaftstag im Mai 0000 stand ein Zeitraum von 10 Monaten in Rede, auf den Verdienst von 1.000,00 EUR monatlich, mithin insgesamt 10.000,00 EUR entfallen. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 12, 17 ZPO.
592. Die Klägerin kann die Maßnahmen des Beklagten auch im Wege einer Feststellungsklage gerichtlich überprüfen lassen. Es mangelt ihr nicht am allgemeinen Rechtsschutzinteresse. Denn es ist grundsätzlich allgemein anerkannt, dass Maßnahmen eines Vereinsorgans, so auch die Abberufung des Vorstandes, einer gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen und so auch im Rahmen einer Feststellungsklage im Hauptsacheverfahren gerichtlich im Rahmen der allgemein anerkannten Einschränkungen überprüfbar sind (Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 25 BGB, Rn. 9 ff.; BeckOK BGB/Schöpflin, 72. Ed. 1.11.2024, BGB § 25 Rn. 28).
603. Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da der angegriffene Beschluss genau bezeichnet ist. Ferner konnte die Klägerin im Wege der objektiven Eventualklagehäufung gem. § 260 ZPO den hilfsweisen Antrag zu 2. geltend machen, da er unter die innerprozessuale Bedingung der Erfolglosigkeit des Hauptantrags gestellt wurde.
614. Die Klägerin hat auch ein besonderes gem. § 256 ZPO erforderliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH NJW 2015, 873 Rn. 29; 2010, 1877 Rn. 12). Eine solche Gefahr besteht in der Regel, wenn der Beklagte das Recht ernstlich bestreitet (BGH NJW 2019, 1002 Rn. 12; NZM 2021, 722 Rn. 18; BeckOK ZPO/Bacher, 47. Ed. 1.12.2022, ZPO § 256 Rn. 20), was vorliegend der Fall ist.
62Das Feststellungsinteresseinteresse entfällt weder dadurch, dass die Klägerin nunmehr auch durch Beschluss des Gewerkschaftstages vom 00.00.0000 als stellvertretende Vorsitzende abgewählt wurde, noch dadurch, dass der Gewerkschaftstag den durch den Landesvorstand gefassten, hier streitgegenständlichen Beschluss vom 00.00.0000 nachträglich genehmigt hat. Denn der Beschluss ist weiterhin in der Welt.
63II. Die Klage ist auch begründet, die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen (BeckOK ZPO/Bacher, 47. Ed. 1.12.2022, ZPO § 256 Rn. 34).
64Der von der Klägerin angegriffene Beschluss des Beklagten vom 00.00.0000 ist nichtig. Denn die Voraussetzungen einer wirksamen Abberufung der Klägerin waren nicht gegeben, da der Beschluss durch das nicht zuständige Organ des Landesvorstands gefasst wurde.
65Dazu im Einzelnen wie folgt:
661. Die Voraussetzungen einer wirksamen Abberufung der Klägerin lagen nicht vor.
67a) Insoweit kann bereits dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen einer Abberufung gegeben waren. Denn der Beschluss ist bereits nicht durch das zuständige Organ erlassen worden, da der Landesvorstand anstatt der Gewerkschaftstag die Abberufung der Klägerin im Beschlusswege bestimmt hat.
68aa) Gem. § 7 Satz 2 der Satzung des Beklagten wählt oder bestätigt der Gewerkschaftstag die Mitglieder des Landesvorstandes und der Schiedskommission nach einer von ihm beschlossenen Wahlordnung auf vier Jahre. Eine ausdrückliche Regelung dazu, wer für die Abberufung und Abwahl der Vorstandsmitglieder zuständig ist, enthält die Satzung indes nicht.
69bb) Mangels abweichender Regelung in der Satzung richtet sich die Zuständigkeit des zur Abberufung berechtigten Organs insoweit grundsätzlich nach den allgemeinen Regelungen der §§ 21 ff. BGB.
70Danach ist der Gewerkschaftstag als oberstes Organ des Beklagten und Äquivalent zur Mitgliederversammlung im Verein das zuständige Organ für die Bestellung der Mitglieder des Vorstands. Denn gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 der Satzung wählt oder bestätigt der Gewerkschaftstag die Mitglieder des Landesvorstandes. Gemäß § 27 Abs. 1 BGB erfolgt die Bestellung des Vorstands durch Beschluss der Mitgliederversammlung. Die Vorschrift ist auch im vorliegenden Fall auf den als Landesverband ausgestalteten Beklagten anwendbar. Denn grundsätzlich sind Gewerkschaften nach ganz herrschender Meinung als nicht rechtsfähige Vereine zu behandeln, auf die die Vorschriften der §§ 21 ff. BGB Anwendung finden (Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 54, Rn. 1, 5 m.w.N.).
71Zuständig für den Widerruf der Bestellung (Abberufung) i.S.d. § 27 Abs. 2 BGB ist – vorbehaltlich einer abweichenden Satzungsbestimmung – grundsätzlich das Bestellungsorgan (i.d.R. die Mitgliederversammlung) (vgl. Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 27 Rn. 2; Staudinger/Schwennicke (2023) BGB § 27, Rn. 49; BeckOK BGB/Schöpflin, 72. Ed. 1.11.2024, BGB § 27 Rn. 13; BGH, Urteil vom 06.02.1984 - II ZR 119/83, BGHZ 90, 92 (95) = NJW 1984, 1884 (1885): „Andernfalls könne der Vorstand im Falle einer derartigen Befugnis sich leicht jedes, insbesondere ihm missliebigen Aufsichtsratsmitglieds entledigen und damit der Aufsichtsrat in eine mit seiner Stellung unvereinbare Abhängigkeit von dem Vorstand geraten.“; OLG Köln, Beschluss vom 04.02.2009 - 2 Wx 56/08, FGPrax 2009, 82, (83); OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.1989 - 6 U 223/88, NJW 1990, 1122 (1123)). Der Vorstand kann jedenfalls ohne Satzungsregelung nicht ein einzelnes Vorstandsmitglied abberufen, und zwar auch nicht mittelbar, indem er das missliebige Vorstandsmitglied aus dem Verein ausschließt (AG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2009 - 52 C 10352/08, NZG 2009, 795 (796); BeckOK BGB/Schöpflin, 72. Ed. 1.11.2024, BGB § 27 Rn. 13; vgl. auch BGH, Urteil vom 06.02.1984, a.a.O.).
72Insoweit war der Landesvorsand nicht das für die Abberufung der Klägerin zuständige Organ, sondern vielmehr der Gewerkschaftstag, da die Klägerin durch diesen auch gewählt wurde.
73cc) Etwas anderes folgt aber auch nicht im Wege einer (ergänzenden) Auslegung der Satzung, wobei der Inhalt der Satzung nicht nach den §§ 133, 157 BGB, sondern nach dem Willen des Satzungsgebers zu bestimmen ist.
74Eine Reglungslücke besteht insoweit schon nicht. Zwar enthält die Satzung keine Regelung dazu, welches Organ für die Abberufung/Abwahl von Vorstandsmitgliedern zuständig ist. Doch besteht in solchen Fällen nach der oben aufgeführten herrschenden Rechtsprechung eine Zuständigkeit des Bestellungsorgans, vorliegend mithin des Gewerkschaftstages.
75Sofern der Beklagte die Auffassung vertritt, der Landesvorstand hätte quasi im Sinne einer Notbeschlussfassung tätig werden dürfen auf Grundlage der Protokollnotiz zu § 8 Abs. 2 der Satzung i.V.m. § 8 der Satzung, verfängt dies nicht. Denn in der Norm sowie der Protokollnotiz geht es um Ersatzbestätigungen, nicht jedoch Abberufungen von Vorstandsmitgliedern. § 8 Abs. 1 Satz 2 der Satzung sieht vor, dass der Landesvorstand das Recht hat, zwischen Gewerkschaftstagen Ersatzbestätigungen vorzunehmen. In der Protokollnotiz zu § 8 Abs. 2 ist zudem ausgeführt, dass Ersatzbestätigungen bei Mitgliedern des Landesvorstandes vorgenommen werden können sowie im Falle des Ausscheidens von vom Gewerkschaftstag gewählten Landesvorstandsmitgliedern vor Ablauf ihrer vierjährigen Amtszeit der Landesvorstand Personen mit der kommissarischen Wahrnehmung der jeweiligen Funktion beauftragt.
76Daraus folgt indes gerade nicht die Zuständigkeit des Landesvorstands, außerhalb des vierjährig stattfindenden Gewerkschaftstages Mitglieder abzuberufen. Vielmehr soll der Landesvorstand berechtigt sein, im Falle eines vorigen Ausscheidens von Vorstandsmitgliedern, Personen mit der kommissarischen Wahrnehmung der jeweiligen Funktion zu beauftragen (sog. Ersatzbestätigungen). Diese Beauftragung darf danach der Landesvorstand beschließen. Die Abberufung eines Landesvorstandsmitglieds wird insoweit nicht bezeichnet. Auch wird in der Protokollnotiz nicht vorgesehen, dass der Landesvorstand neue Mitglieder bestimmen darf, sondern lediglich bestimmte Personen mit der kommissarischen Wahrnehmung von Rechten beauftragen darf. So sieht bereits die Protokollnotiz ausdrücklich vor, dass diese Rede- und Antragsrecht haben, was im Umkehrschluss gerade kein Stimmrecht bedeutet. Ein Ausscheiden als Voraussetzung für die kommissarische Beauftragung kann insoweit nicht mit der erst durch den Landesvorstand beschlossenen Abberufung gleichgesetzt werden.
77Soweit der Beklagte der Ansicht ist, dass aufgrund seiner Größe und der Organisation, insbesondere unter Berücksichtigung der Kosten eines Gewerkschaftstages und der einzuhaltenden Einberufungsfristen von sechs Monaten, eine etwaige Notkompetenz des Landesvorstands anzunehmen ist, verfängt dies nicht. Dies würde dem Vorstand jederzeit die Möglichkeit eröffnen, unliebsame Mitglieder des Vorstandes durch Mehrheitsbeschluss auszuschließen (vgl. insoweit bereits oben: BGH, Urteil vom 06.02.1984 - II ZR 119/83, BGHZ 90, 92 (95) = NJW 1984, 1884 (1885)), ohne den Gewerkschaftstag zu beteiligen und stünde damit dem durch den Beschluss des Gewerkschaftstages zum Ausdruck gekommenen Wunsch, durch den gewählten Vorstand vertreten und geführt zu werden, entgegen.
78Auch kann der Ansicht des Beklagten, dass wenn die Mitglieder eine rechtliche Regelung durch langjährige Übung als für sich verbindlich betrachten (wie Gewohnheitsrecht), es deshalb nicht mehr darauf ankommen könne, dass diese Regelung in der Satzung selbst keine ausdrückliche Grundlage finde, nicht gefolgt werden. Zwar kann auch durch ständige Übung ungeschriebenes Satzungsrecht entstehen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 19. Dezember 1984 – 9 U 107/83 –, Rn. 54, juris). Doch gilt nach herrschender Meinung gerade für den nicht ausdrücklich geregelten Fall, welches Organ für die Abberufung zuständig ist, dass die Kompetenz bei dem Bestellungsorgan verbleibt.
79dd) Folge der Unzuständigkeit des Landesvorstands für die Abberufung der Klägerin als Vorstandsmitgliedes ist die Nichtigkeit des insoweit gefassten Beschlusses. Denn für das Vereinsrecht gilt der Grundsatz, dass der Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes oder der Satzung den Beschluss nichtig macht (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.1972 - II ZR 63/71BGHZ 59, 369/373; OLG Hamm, Urt. v. 24.06.2013, Az. 8 U 125/12; Ellenberger, in: Grüneberg, aaO, § 32 Rn. 9 m.w.N.). Zu den zwingenden Vorschriften gehören auch die satzungsmäßigen Bestimmungen über den Ausschluss eines Vereinsmitgliedes (OLG Köln, Beschluss vom 4. 2. 2009 - 2 Wx 56/08, FGPrax 2009, 82 (84)).
80b) Die begehrte Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses scheidet aber auch nicht deshalb aus, weil nunmehr der Gewerkschaftstag als zuständiges Organ die Abberufung durch den Landesvorstand mit Wirkung für die Vergangenheit genehmigt hat. Eine Rechtsgrundlage hierfür folgt weder aus der Satzung des Beklagten noch aus den Vorschriften der §§ 21 ff. BGB. Auch eine auf dem Gewerkschaftstag am 00.00.0000 etwaig wirksam erfolgte Beschlussfassung der Abberufung der Klägerin hat keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des durch ein unzuständiges Organ gefassten Beschlusses vom 00.00.0000.
812. Auf den hilfsweise gestellten Antrag kam es aufgrund des begründeten Hauptantrags nicht mehr an.
82III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
83Der Streitwert des Rechtsstreits wird gem. § 3 ZPO auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
84Rechtsbehelfsbelehrung:
85Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Essen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
86Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
87Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
88Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.