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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen einer notariellen Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit einer Grundschuldbestellung.
3Der Beklagte war Notar unter der im Rubrum angegebenen Anschrift.
4Der Sohn des Klägers, Herr Z. schuldete dem Finanzamt L. aufgrund Steuerbescheid Steuern und Abgaben in Höhe von 198.061,58 €. Darüber hinaus schuldete er Herrn Y. aufgrund von bereits titulierten Forderungen einen Betrag von über 700.000,00 €. Unter anderem hatte Herr Y. eine titulierte Forderung in Höhe von 500.000,00 € gegen Herrn Z., die am 31.03.2017 fällig war. Herr Y. setzte Herrn Z. sodann eine Frist zur Rückzahlung der von ihm gewährten Darlehen in Höhe von 821.064,54 € bis zum 15.12.2017 und drohte mit der Vollstreckung aus den titulierten Forderungen.
5Im Auftrag des Klägers beauftragte Herr Z., den Beklagten mit der Bestellung einer Grundschuld in Höhe von 1.000.000,00 € zugunsten des Klägers für die Grundstücke G01, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts X., Blatt N01, und G02, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts L., Blatt N02. In der von dem Beklagten notariell beurkundeten Grundschuldbestellung vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N03, gab dieser betreffend das Grundstück G01 versehentlich Blatt N09 des Grundbuchs des Amtsgerichts X. – anstelle von Blatt N01 – an. Unter Ziff. I. der notariellen Urkunde bewilligten und beantragten Herr Z. und dessen Ehefrau, welche Miteigentümerin des Grundstücks G02 war, die bestellte Grundschuld in das Grundbuch einzutragen. Unter Ziff. III. ermächtigten sie den Beklagten zur uneingeschränkten Vertretung zu allen zum Grundbuchvollzug dieser Urkunde noch zweckmäßigen, erforderlichen oder vom Grundbuchamt geforderten formellen und materiell-rechtlichen Erklärungen mittels Eigenurkunde. Wegen der Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N03, (Anlage zur Klageschrift; Bl. 14 ff. d.A.) Bezug genommen.
6Selbiges Grundstück G01 hatte Herr Z. mit vom Beklagten ebenfalls notariell beurkundetem Kaufvertrag vom selben Tag, Urkundenrolle Nr. N04, bereits zuvor teilweise an seine Ehefrau übertragen. Bei der Grundstücksbezeichnung hatte der Beklagte insoweit versehentlich Blatt N05 des Grundbuchs des Amtsgerichts X. – anstelle von Blatt N01 – angegeben. In § 8 des notariellen Kaufvertrages war vereinbart gewesen, dass der Antrag auf Eintragung der Vormerkung nur auf ausdrücklichen Wunsch der kaufenden Ehefrau des Herrn Z. gestellt werden soll. Wegen der Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N04, (Anlage zur Klageschrift; Bl. 7 ff. d.A.) Bezug genommen.
7Mit weiteren notariellen Verträgen vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N06, Nr. N07 und Nr. N08, welche gemeinsam mit den beiden vorgenannten Verträgen von dem Beklagten notariell beurkundet wurden, übertrug Herr Z. weitere pfändbare eigene Vermögenswerte auf den Kläger bzw. belastete diese zugunsten des Klägers.
8In der Folge wurde die vorgenannte von Herrn Z. zugunsten des Klägers bestellte Grundschuld betreffend das Grundstück G02 in das Grundbuch des Amtsgerichts L. eingetragen. Eine Eintragung der Grundschuld in das Grundbuch des Amtsgerichts X. betreffend das Grundstück G01 wurde nicht beantragt und erfolgte auch nicht.
9Nachdem Herr Y. Kenntnis von den am 18.12.2017 zugunsten des Klägers geschlossenen notariellen Verträgen erhielt, erhob er wirksam Anfechtungsklage gegen die Eintragung der von Herrn Z. zugunsten des Klägers bestellten Grundschuld, Urkundenrolle Nr. N03, in das Grundbuch des Amtsgerichts L. betreffend das Grundstück G02. Darüber hinaus focht er auch die weiteren Vermögensübertragungen des Herrn Z. zugunsten des Klägers aus den notariellen Verträgen vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N06, Nr. N07 und N08, wirksam an.
10Am 22.02.2018 pfändete das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Finanzamt L. das vorgenannte Grundstück G01.
11Der Kläger behauptet, sein Sohn, Herr Z., habe den Beklagten mehrfach aufgefordert, die Eintragung der Grundschuld auch betreffend das Grundstück G01 zu beantragen. Dies habe der Beklagte stets ignoriert. Auch habe Herr Z. den Beklagten mehrfach aufgefordert, eine Änderung an der notariell beurkundeten Grundschuldbestellung hinsichtlich der falsch angegebenen Grundbuchblattbezeichnung des Grundstücks vorzunehmen. Insoweit ist der Kläger der Ansicht, dass es zu einer Eintragung der Grundschuld in das Grundbuch des Amtsgerichts X. auch deswegen nicht gekommen sei, weil die Blattbezeichnung in der notariellen Urkunde vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N03, unrichtig gewesen sei.
12Ferner behauptet der Kläger – was der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet –, dass mit der Bestellung der Grundschuld in der Urkundenrolle Nr. N03 Darlehensansprüche des Klägers gegen seinen Sohn, Herrn Z., abgesichert werden sollten. Aus den Darlehensforderungen des Klägers gegen seinen Sohn ergebe sich eine Darlehenssumme in Höhe von insgesamt 1.047.840,00 €. Diese Darlehenssumme sei – was der Beklagte ebenfalls mit Nichtwissen bestreitet – in verschiedenen Teilbeträgen an Herrn Z. geflossen. Eine Durchsetzung der Darlehensansprüche gegenüber Herrn Z. sei jedoch nicht möglich, da dieser infolge der notariellen beurkundeten Übertragungen vom 18.12.2017 nicht mehr über eigenes Vermögen bzw. finanzielle Mittel verfüge.
13Der Kläger ist der Ansicht, seine mit der Grundschuldbestellung bezweckte Absicherung sei durch die Pfändung des Grundstücks G01 durch das Finanzamt vereitelt worden. Dadurch sei ihm ein Schaden in Höhe des tatsächlichen Wertes des Grundstücks entgangen. Bei Eintragung der Grundschuld ins Grundbuch hätte das pfändende Finanzamt das Objekt zwar verwerten können, er selbst hätte jedoch den Verwertungserlös erstrangig erhalten. Zudem hätte er das Grundstück vorher freihändig verkaufen können. Hierzu behauptet der Kläger – was der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet –, dass das Grundstück G01 einen Wert von 169.000,00 € gehabt habe. Aktuell sei das Objekt von der Firma D. GmbH zu einem solchen Kaufpreis vermarktet und angeboten. Weiter behauptet der Kläger – was der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet –, es sei im März 2020 zu einer Versteigerung des Grundstücks gekommen, wobei zugunsten des pfändenden Finanzamtes ein Preis von 90.000,00 € erzielt worden sei.
14Darüber hinaus ist der Kläger der Ansicht, ihm seien neben dem tatsächlichen Wert des Grundstücks weitere „ca. 15.000,00 €“ zu ersetzen. In dieser Höhe seien ihm Kosten durch das Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten, des Zeugen Z. im Zusammenhang mit den notariellen Urkunden und der anschließenden Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen angefallen.
15Der Kläger beantragt,
16den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 185.000,00 € nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Der Beklagte ist der Ansicht, es fehle an einer Amtspflichtverletzung seinerseits. Hierzu behauptet er, eine Eintragung der Grundschuld zugunsten des Klägers für das Grundstück G01 in das Grundbuch des Amtsgerichts X. sei deswegen nicht erfolgt, weil vereinbart gewesen sei, dass sowohl der Antrag auf Eintragung der Vormerkung gemäß des notariellen Kaufvertrages vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N04, als auch der Antrag auf Eintragung der notariell beurkundeten Grundschuld vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N03, gemeinsam gestellt werden sollten. Da gemäß § 8 des vorgenannten notariellen Kaufvertrages der Antrag auf Eintragung der Vormerkung nur auf ausdrücklichen Wunsch der Ehefrau des Herrn Z. habe erfolgen sollen und dieser Wunsch erst im März 2018, mithin nach bereits erfolgter Pfändung des maßgeblichen Grundstücks durch das Finanzamt, geäußert worden sei, sei eine gemeinsame Eintragung auch der Grundschuld nicht mehr erfolgt.
20Ungeachtet dessen sei die irrtümliche Falschangabe der Blattbezeichnung in der notariellen Urkunde folgenlos.
21Ferner fehle es an einem kausalen Schaden des Klägers. Auch bei einer Eintragung der Grundschuld in das Grundbuch des Amtsgerichts X. betreffend das Grundstück G01 vor Pfändung durch das Finanzamt wäre dem Kläger kein Schaden entstanden. Die Eintragung zugunsten des Klägers wäre von den Hauptgläubigern seines Sohnes Z., dem Land Nordrhein-Westfalen sowie dem Herrn Y., aufgrund dessen diesen bereits zeitlich vor der Grundschuldbestellung am 18.12.2017 gegenüber bestehenden Schulden wirksam angefochten worden. Insbesondere seien diese anfechtungsberechtigt gewesen und es habe einen Anfechtungsgrund gegeben. Insoweit stützt der Beklagte seinen Vortrag alternativ auf die Vermögenslosigkeit des Herrn Z.. Da Herr Y. bereits alle weiteren Vermögensübertragungen sowie Grundschuldbestellungen des Herrn Z. zugunsten des Klägers vom 18.12.2017 wirksam angefochten habe, hätte er auch die Eintragung der Grundschuld in das Grundbuch des Amtsgerichts X. wirksam angefochten.
22Jedenfalls könne der Beklagte wegen § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO nicht in Anspruch genommen werden, da sich der Kläger zunächst an seinen Darlehensnehmer, seinen Sohn Herrn Z., halten müsse.
23Im Übrigen erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung. Hierzu führt er aus, dass ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers spätestens mit der Pfändung des Grundstücks G01, für welches eine Grundschuld zugunsten des Klägers nicht im Grundbuch eingetragen war, im Jahr 2018 entstanden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe sich ein etwaiger Schaden des Klägers bereits dem Grunde nach verwirklicht. Von der Pfändung habe der Kläger auch bereits im Jahre 2018 Kenntnis bzw. grob fahrlässig keine Kenntnis gehabt. Verjährung sei daher spätestens mit Ablauf des Jahres 2021 eingetreten.
24Die Klage ist dem Beklagten am 16.03.2023 zugestellt worden.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe:
27Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
28I.
29Die Klage ist zulässig.
30Insbesondere ist das Landgericht Essen zuständig. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 19 Abs. 3 BNotO. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 32 ZPO (Schultzky/Zöller, ZPO, 34. Auflage 2022, § 32 Rn. 5).
31II.
32Die Klage ist jedoch unbegründet.
331.
34Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung eines Betrages von 185.000,00 €.
35Ein entsprechender Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 19 Abs. 1 S. 1 BnotO.
36Es fehlt an der Darstellung eines auf eine Amtspflichtverletzung des Beklagten gestützten kausalen Schadens des Klägers. Der Kläger hat einen ihm aus der unterbliebenen Eintragung der ihm zugunsten von seinem Sohn Z. am 18.12.2017 notariell bestellten Grundschuld für das Grundstück G01, in das Grundbuch des Amtsgerichts X. resultierenden Schaden nicht ausreichend dargelegt.
37Zur Beantwortung der Frage, welchen Schaden eine Amtspflichtverletzung zur Folge hat, ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten und wie die Vermögenslage des Betroffenen sein würde, wenn der Notar nicht die Pflichtverletzung begangen, sondern pflichtgemäß gehandelt hätte. Sofern die Pflichtverletzung in einer Unterlassung besteht, muss untersucht werden, wie sich die Dinge bei pflichtgemäßem positivem Tun entwickelt hätten. Dabei obliegt die Darlegungs- und Beweislast dem Kläger (BGH, Urt. v. 10.07.2008 – III ZR 292/07; BGH, Urt. v. 22.05.2003 – IX ZR 201/01).
38Zu beachten ist insoweit, dass die Ursächlichkeit einer begangenen Pflichtverletzung für einen dadurch angeblich entstandenen Schaden zur haftungsausfüllenden Kausalität gehört, für deren Nachweis grundsätzlich die Beweiserleichterungen des § 287 Abs. 1 ZPO gelten; ausschlaggebend ist damit die freie Überzeugungsbildung des Gerichts anhand der ermittelten Tatsachen (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.2016 - III ZR 171/15 (vgl. BGH, Urteil vom 21.01.2016 - III ZR 171/15; Schramm in BeckOK BNotO, 8. Edition, Stand: 01.08.2023, § 19 Rn. 86). Für den Kausalitätsnachweis zwischen Pflichtverletzung und Schaden reicht danach eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03.02.2012 - 11 U 237/10 m.w.N.).
39Eine solche Wahrscheinlichkeit ist aus Sicht der Kammer vorliegend nicht gegeben.
40Zwar hätte der Kläger in dem Fall, dass die Eintragung der ihm zugunsten von Herrn Z. mit notarieller Urkunde vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N03, bestellten Grundschuld rechtzeitig in das Grundbuch des Amtsgerichts X. betreffend das Grundstück G01, eingetragen worden wäre, grundsätzlich ebenfalls die Zwangsversteigerung betreiben können. Hieraus hätte der Kläger aus Sicht der Kammer einen Erlös erzielen können, dessen Höhe der des – zwischen den Parteien streitigen – im Rahmen der Zwangsversteigerung zugunsten des pfändenden Finanzamtes erzielten Erlöses entsprochen hätte.
41Die Kammer vermochte einen Schaden des Klägers mit der erforderlichen Überzeugungsbildung im Maße des § 287 Abs. 1 ZPO dennoch nicht festzustellen. Aus Sicht der Kammer stand dem die begründete Unsicherheit entgegen, dass die von Herrn Z. zugunsten des Klägers mit notarieller Urkunde vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N03, bestellte Grundschuld anfechtbar gewesen ist und bei Eintragung in das Grundbuch auch tatsächlich angefochten worden wäre.
42Die Grundschuldbestellung war gemäß § 4 Abs. 1 AnfG anfechtbar.
43Nach § 4 Abs. 1 AnfG ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden. Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn der Erwerb des Empfängers in seiner Endgültigkeit vereinbarungsgemäß nicht von einer ausgleichenden Zuwendung abhängt. Ob eine ausgleichende Gegenleistung vereinbart worden ist, ist dabei grundsätzlich objektiv zu bestimmen. Die Unentgeltlichkeit braucht also nicht vereinbart zu sein (BGH, Urt. v. 15.12.2016 – IX ZR 113/15).
44Diesen Grundsätzen folgend stellt die mit notarieller Urkunde vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N03, von Herrn Z. zugunsten des Klägers bestellte Grundschuld eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 4 Abs. 1 AnfG dar. Aus Sicht der Kammer hing die Bestellung der Grundschuld zugunsten des Klägers aus objektiven Gesichtspunkten nicht vereinbarungsgemäß von einer von diesem erbrachten bzw. zu erbringenden ausgleichenden Gegenleistung ab. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf die Bestellung der Grundschuld. Ein solcher ergab sich aus Sicht der Kammer insbesondere nicht aus der klägerseits behaupteten Darlehensgewährung des Klägers gegenüber Herrn Z.. Sofern klägerseits vorgetragen wird, dass die Grundschuldbestellung zugunsten des Klägers zur Sicherung von von diesem Herrn Z. gewährten Darlehen erfolgte, folgt allein hieraus – ungeachtet des Bestreitens des Beklagten – aus Sicht der Kammer keine Entgeltlichkeit der Grundschuldbestellung. Denn auch nach dem Klägervortrag war weder in den behaupteten Darlehensgewährungen noch in der am 18.12.2017 notariell beurkunden Grundschuldbestellung vereinbart, dass Herr Z. zur Bestellung der Grundschuld als ausgleichende Gegenleistung gegenüber dem Kläger verpflichtet ist. Eine solche Vereinbarung vermochte die Kammer mangels entsprechenden Vortrags auch nicht zu unterstellen. Denn Gegenleistung einer Darlehensgewährung ist regelmäßig allein die Darlehensrückzahlung gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, nicht jedoch auch die Bestellung einer Grundschuld als Sicherheit.
45Selbst wenn man entgegen der Auffassung der Kammer nicht von einer Unentgeltlichkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 AnfG ausginge, wäre die Grundschuldbestellung jedenfalls gemäß § 3 Abs. 4 AnfG anfechtbar gewesen.
46Gemäß § 3 Abs. 4 AnfG ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden, anfechtbar.
47Bei der streitgegenständlichen Grundschuldbestellung hätte es sich – die Entgeltlichkeit unterstellt – um einen entgeltlichen Vertrag im Sinne des § 3 Abs. 4 AnfG gehandelt. Der Vertragsbegriff im Sinne des § 3 Abs. 4 AnfG ist weit auszulegen (Weinland/MüKo AnfG, 2. Aufl. 2022, § 3 Rn. 102). Erfasst sind neben schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäften auch dingliche Verträge wie Sicherheitenbestellungen (Huber/Huber AnfG, 12. Aufl. 2021, § 3 Rn. 43). Der Kläger wäre als Vater auch eine Herrn Z. nahestehende Person im Sinne von § 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO gewesen. Die durch Herrn Z. zugunsten des Klägers bestellte Grundschuld hätte seine Gläubiger schließlich auch im Sinne des § 3 Abs. 4 AnfG unmittelbar benachteiligt. Denn die Bestellung einer Grundschuld, die bereits zuvor begründete Verbindlichkeiten – wie hier die klägerseits behauptete Darlehensrückzahlung – absichern soll, benachteiligt unmittelbar und einheitlich wegen der erstmaligen Einbeziehung der zuvor ungesicherten Schulden.
48Zur Anfechtung der Grundschuldbestellung berechtigt, waren gemäß § 2 AnfG sowohl Herr Y. als auch das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Finanzamt L..
49Zur Anfechtung berechtigt ist gemäß § 2 AnfG jeder gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen war, dass sie nicht dazu führen würde.
50Herr Y. war Gläubiger titulierter Forderungen gegen Herrn Z. von über 700.000,00 €. Unter anderem hatte er eine titulierte Forderung in Höhe von 500.000,00 € gegen Herrn Z., die am 31.03.2017 fällig war. Das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Finanzamt L., hatte einen vollstreckbaren Titel in Höhe von 198.061,58 € gegen den Kläger wegen geschuldeten Steuern und Abgaben. Insoweit diente der entsprechende Steuerbescheid als vollstreckbarer Titel.
51Es war auch weder anzunehmen, dass eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Herrn Z. zu einer vollständigen Befriedigung des Herrn Y. noch zu einer vollständigen Befriedigung des Landes Nordrhein-Westfalen geführt hätte. Dies folgt aus Sicht der Kammer aus dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien, dass Herr Z. infolge der notariellen beurkundeten Übertragungen vom 18.12.2017 nicht mehr über eigenes Vermögen bzw. finanzielle Mittel verfügt habe. Diesen klägerischen Vortrag hat sich der Beklagte betreffend die Anfechtbarkeit der Grundschuldbestellung zulässigerweise alternativ zu eigen gemacht.
52Die Möglichkeit, dass Herr Y. oder das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Finanzamt L., von dem ihm jeweils zustehenden Anfechtungsrecht Gebrauch gemacht hätte, vermochte der Kläger nicht in dem zur Überzeugungsbildung der Kammer im Sinne des § 287 ZPO erforderlichen Maße auszuräumen.
53Aus Sicht der Kammer spricht vielmehr eine Vermutung dafür, dass Herr Y. von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch gemacht und eine Eintragung der streitgegenständlichen Grundschuld in das Grundbuch des Amtsgerichts X. angefochten hätte. Dies folgt daraus, dass er nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten nach entsprechender Kenntniserlangung sowohl die weiteren Vermögensübertragungen des Herrn Z. zugunsten des Klägers aus den notariellen Verträgen vom 18.12.2017, Urkundenrolle Nr. N06, Nr. N07 und N08, als auch die Eintragung der von Herrn Z. zugunsten des Klägers bestellten Grundschuld, Urkundenrolle Nr. N03, in das Grundbuch des Amtsgerichts L. betreffend das Grundstück G02 wirksam angefochten hat. Diese Vermutung vermochte der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht zu widerlegen. Klägerseits erfolgte insoweit weder gegenteiliger Vortrag noch bot er diesbezüglich Beweis an.
54Ob das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Finanzamt L., von seiner Anfechtungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hätte, vermochte die Kammer nicht zu beurteilen. Wer – wie hier Herr Z. – nach dem Anfechtungsgesetz verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann nach dem Ermessen der Finanzbehörden durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden, § 191 Abs. 1 AO (Rüsken/Klein AO, 16. Aufl. 2022, § 191 Rn. 21 m.w.N.). Dabei ist die Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners zweigliedrig. Während die Prüfung, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftungsnorm vorliegen, in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar ist, ist unter Abwägung des Für und Wider, die am Zweck der Haftungsvorschrift zu orientieren ist, nach Ermessen zu entscheiden, ob der Haftende in Anspruch genommen werden soll (Rüsken/Klein AO, 16. Aufl. 2022, § 191 Rn. 42 f. m.w.N.). Diesbezüglich ist eine gerichtliche Überprüfung hingegen nicht möglich. Um die Bedenken der Kammer an einer unterbliebenen Anfechtung durch das Land Nordrhein-Westfalen in dem nach § 287 ZPO erforderlichen Maße auszuräumen, hätte daher geklärt werden müssen, ob das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Finanzamt L., einen solchen Duldungsbescheid erlassen hätte. Vortrag des darlegungs- und beweisbelasteten Klägers ist hierzu jedoch unterblieben, sodass insoweit bestehende Bedenken der Kammer und Unklarheiten zulasten des Klägers gehen.
55Soweit der Kläger den Ersatz von weiteren „ca. 15.000,00 €“ im Rahmen der Klageforderung begehrt, ist die Klage ungeachtet der vorangestellten Ausführungen bereits unschlüssig. Es fehlt insoweit – worauf bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 09.02.2023 hingewiesen wurde – an einer substantiierten Darlegung, warum dem Kläger diese Kosten entstanden sind.
562.
57Mangels Anspruchs in der Hauptsache hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung von Zinsen.
583.
59Dem Kläger war ein Schriftsatznachlass auf die Ausführungen der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2023 zum fehlenden Nachweis eines Schadens aufgrund der Problematik der Anfechtbarkeit der Grundschuldbestellung nicht zu gewähren.
60Ungeachtet der umfangreichen Erörterung der Anfechtungsproblematik in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2023, in welcher die Kammer sowohl darauf hingewiesen hat, dass es hierzu an Vortrag des Klägers fehle und insoweitige Unklarheiten zu dessen Lasten gingen als auch mehrfach darauf, dass die Kammer die Klage daher mangels Darlegung eines Schadens für abweisungsreif halte, ist klägerseits ein Antrag auf entsprechenden Schriftsatznachlass nicht gestellt worden. Klägerseits ist diesbezüglich lediglich erklärt worden, dass zur Frage der Anfechtbarkeit nichts gesagt werden könne.
61Ein entsprechender Schriftsatznachlass war dem Kläger auch nicht von Amts wegen zu gewähren. Der konkretisierte Vortrag des Beklagten zur Anfechtbarkeit der Grundschuldbestellung, welche bereits in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2023 thematisiert worden ist, erfolgte bereits mit Schriftsatz vom 19.07.2023, mithin mehr als zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2023. Aus Sicht der Kammer bestand somit ausreichend Zeit für den Kläger zu der für ihn vorteilhaften fehlenden Anfechtbarkeit vorzutragen und Beweis anzubieten. Diesbezüglicher Vortrag des Klägers erfolgte – abgesehen von der zuvor dargestellten Äußerung in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2023, dass dazu nichts gesagt werden könne – jedoch nicht.
62III.
63Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 709 S. 1, 2 ZPO.
64Der Streitwert wird auf 185.000,00 € festgesetzt.