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Der Angeklagte wird wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in drei Fällen, sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in zwei Fällen, sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen, sexueller Belästigung in zwei Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren
verurteilt.
Im Übrigen wird der Angeklagte freigesprochen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin, soweit er verurteilt wurde. Soweit der Angeklagte freigesprochen wurde, trägt die Landeskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
Angewendete Vorschriften: §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1, 184 i, 223 Abs. 1, 230, 52, 53 StGB in der jeweils zu den nachstehenden Tatzeiten geltenden Fassung.
Gründe
2I.
3Die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten
41.
5Der am 00.00.0000 in F geborene, heute 60-jährige Angeklagte wuchs dort im elterlichen Haushalt mit einer sieben Jahre älteren Schwester und einem sechs Jahre jüngeren Bruder in äußerlich geordneten, aber ob erheblichen Alkoholkonsums des Vaters familiär schwierigen Verhältnissen auf. Die Mutter des Angeklagten versorgte den Haushalt, der Vater des Angeklagten arbeitete als Schlosser. Beide Elternteile verstarben vor etwa 15 bis 20 Jahren, die Mutter im Alter von 84 und der Vater im Alter von 83 Jahren.
6Der Vater des Angeklagten war Alkoholiker, das Verhältnis zwischen den Eheleuten durch den erheblichen Alkoholkonsum angespannt. Der Vater des Angeklagten schlug seine Mutter auch gelegentlich. Um die Alkoholexzesse des Vaters nicht mitzuerleben, gingen die Kinder häufig in einen anderen Raum. Vor diesem Hintergrund trennten sich die Eltern des Angeklagten als dieser etwa sieben Jahre alt war. Kurz darauf erfolgte auch die Scheidung. Die Mutter zog nach der Trennung mit ihren drei Kindern nach W in Hessen, wo der Angeklagte weiter aufwuchs. Der Vater blieb in F.
7Als der Angeklagte etwa zehn oder elf Jahre alt war, zog die Mutter mit ihren drei Kindern wieder zurück nach F, da das geschiedene Ehepaar mittlerweile wieder zusammen gefunden hatte. Es begann eine auch für den Angeklagte nunmehr schöne Zeit.
8Der Angeklagte besuchte in W in Hessen etwa die erste und zweite Klasse einer Grundschule, bevor er mit dem Umzug nach F dort weiter eine Grundschule besuchte, auf der er eine Klasse wiederholte. Sodann besuchte er die Hauptschule C in F, die er ohne Klassenwiederholungen mit einem Abschluss nach Klasse 9 verließ. Ein weiterer Schulbesuch und ein etwaig höherer Abschluss erfolgten nicht, da die Noten des Angeklagten dafür zu schlecht waren, was wiederum seinen Grund darin hatte, dass er nicht ausreichend lernte, sondern vielmehr andere – von ihm nicht näher ausgeführte – „Sachen“ machte und seine Zeit lieber mit Freunden verbrachte. Da er zudem seine Pflichtschuljahre erfüllt hatte, sah der Angeklagte zunächst auch keine Notwendigkeit zu einem weiteren Schulbesuch.
9Nach dem Abgang von der Hauptschule begann der Angeklagte in F eine Ausbildung zum Elektriker. Zeitgleich besuchte er eine Abendschule, auf der er seinen Realschulabschluss nachholte. Die Ausbildung schloss er schließlich nach 3 ½ Jahren erfolgreich mit der Gesellenprüfung ab, als er etwa Anfang 20 war.
10Nach der Ausbildung zog der Angeklagte aus dem elterlichen Haushalt, in dem er bis dato noch gewohnt hatte, aus, als er etwa 21 Jahre alt war. Zudem arbeitete er im erlernten Beruf bei verschiedenen Arbeitsstellen als Leiharbeiter. Die meiste Zeit war er allerdings arbeitslos und zwar bis etwa 1999. Das führte er darauf zurück, dass er „nicht das Richtige“ fand. So lebte er in F in wechselnden Mietwohnungen von Unterstützungsleistungen des Arbeitsamtes. Ende der 1980er Jahre und im Laufe der 1990er Jahre zog der Angeklagte innerhalb F etwa elf Mal um, wobei die Mietverhältnisse etwa zwischen sechs Monaten und in Ausnahmefällen auch gut drei Jahre dauerten. Die zahlreichen Umzüge erfolgten, weil der Angeklagte immer wieder seine Miete nicht gezahlt hatte.
11Im Jahr 1999 machte sich der Angeklagte mit einer Firma, die Werbeprospekte für eine Werbeagentur verteilte, selbstständig. Seine Firma lief gut, es kamen immer mehr Aufträge zum Verteilen von Werbeprospekten herein. Daher beauftragte der Angeklagte zeitweise auch – etwa im Jahr 2005/2006 – Subunternehmer, die das Verteilen der Prospekte übernahmen. Der Jahresumsatz betrug etwa 12.000,00 Euro im Jahr. Von etwa 2011 bis 2016 betrieb der Angeklagte – der zunächst mit einer Firma namens „D4“ begonnen und so mehrere, ihm nicht mehr im Einzelnen erinnerliche Firmen unter wechselnden Namen betrieben hatte – die Firma „J“, die allerdings 2020 Insolvenz anmelden musste. Von 2016 bis 2020 betrieb der Angeklagte mit demselben Geschäftszweck die Firma „N“. Seit Ende 2019 existiert eine weitere Firma namens „S“ mit dem Geschäftszweck des Transports von Altpapier bzw. der entsprechenden Logistik. Dort war der Angeklagte einmal Geschäftsführer, ist es aber seit einiger Zeit nicht mehr.
12Der Angeklagte hatte stets, anfangs immer wieder wechselnde Beziehungen mit etwa gleichaltrigen Frauen. Die längste – mit Unterbrechungen ca. fünf Jahre dauernde – dieser anfänglichen Beziehungen hatte der Angeklagte Anfang der 1980er Jahre. Die zweitlängste Beziehung hatte der Angeklagte mit etwa drei Jahren Dauer etwa im Zeitraum 1985/ 1990.
13Der Angeklagte heiratete sodann ein erstes Mal etwa 1995. Die Ehe zerbrach nach einigen Jahren. Aus dieser Ehe stammt ein Sohn des Angeklagten, über den er keine weitere Kenntnis und zu dem er auch keinen Kontakt hat.
14Schließlich lernte der Angeklagte im Jahr 2000 seine jetzige Ehefrau, O, in einem Urlaub in Thailand kennen, wo diese aufgewachsen war. Das Paar heiratete 2001. In diesem Jahr siedelte seine Frau, die Thai, Englisch und (mittlerweile) auch ein wenig Deutsch spricht, von Thailand nach Deutschland über. Aus dieser Beziehung sind zwei Kinder hervorgegangen, der am 00.00.0000 geborene Sohn D und die am 00.00.0000 geborene O1, die jetzige Nebenklägerin. Das Paar wohnte zunächst in F, zog aber im Laufe des Jahres 2002, als die Ehefrau des Angeklagten bereits mit der Nebenklägerin schwanger war, nach H um, weil es dort günstigeren Wohnraum gab. Die offizielle Anmeldung der Wohnung, zunächst in der C1-Str. …, erfolgte zum 01.02.2003. Zum 26.07.2005 erfolgte offiziell der Umzug in die S1-Str. … in H. So hatte die dreiköpfige Familie eine Mietwohnung, die noch mit Kohle beheizt wurde und für die sie nur 180 Euro monatliche Miete zahlen musste. Nach im August 2016 begonnenen Renovierungsarbeiten zog die – zwischenzeitlich vierköpfige – Familie zum 01.01.2017 von der S1-Str. … in H nach F1 in die S2-Straße …, wo sie eine im Erdgeschoss gelegene Wohnung eines Mehrfamilienhauses bezog, für die sie etwa 1.425 Euro Miete zahlte, für die eine der Firmen des Angeklagten aufkam. Einige Zeit nach Bekanntwerden der hier in Rede stehenden Vorwürfe nach dem 00.00.0000 zog der Angeklagte mit seiner im Haushalt verbliebenen Frau und seinem Sohn innerhalb F zur jetzigen Anschrift um.
15Der jahrelang körperlich gesunde Angeklagte, der keine illegalen Drogen und Alkohol nur ab und an in Form von Bier konsumiert, fühlte sich durch seine Arbeit zeitweise, insbesondere ab dem Jahr 2010, stark belastete, hatte daher hohen Blutdruck und konnte zeitweise schlecht schlafen. Ihn plagten immer wieder auch wirtschaftliche Existenzängste.
16Der Angeklagte hat Schulden in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro, die er auf die o.g. Insolvenz einer Firma zurückführt. Einen Überblick über seinen genauen Schuldenstand hat er nicht. Er lebt mit seiner von ihm mit versorgten Ehefrau und seinem Sohn, für den er Kindergeld erhält, von monatlich 1.500,00 Euro netto, die er von einer Firma bezieht.
172.
18Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
19II.
20Feststellungen zur Sache
211. Die Lebensumstände der Nebenklägerin
22Die am 00.00.0000 in H geborene Nebenklägerin und Zeugin O1 wuchs im dem von der Mutter, O, geführten Haushalt gemeinsam mit dem Angeklagten zunächst in der C1-Str. … in H und nach dem Umzug in die S1-Str. … in H ab dem 26.07.2005 weiter dort, ab dem 00.00.0000 gemeinsam mit ihrem am letztgenannten Tag geborenen Bruder D, und nach dem Umzug der Familie von dort in die S2-Straße … in F zum 01.01.2017 in F auf.
23Die Mutter, mit der innerhalb der Familie eine Verständigung in einer Mischung aus Thai, Englisch und Deutsch erfolgte, mochte sie grundsätzlich gerne, auch wenn ein regelmäßiges Familienleben nicht stattfand. Das Verhältnis zwischen ihrem Vater und ihrer Mutter erlebte O1 als wenig gleichberechtigt. Vielmehr musste ihre Mutter ihrem Eindruck nach gemäß einem traditionellen Rollenverständnis das tun, was der Angeklagte wollte. Ihr Vater war es auch, der im Haushalt, auch ihr – O1 – gegenüber, auf die Einhaltung von Regeln achtete. Dabei erlebte sie die Mutter bei Konflikten im Haushalt als schwach und wenig beschützend. So wurde gelegentlich der Angeklagte bei solchen Konflikten von seiner Frau angerufen und bestrafte dann seine Tochter, während ihre Mutter dies letztlich mittrug, jedenfalls insofern, als dass sie nicht gegen den Angeklagten einschritt (siehe dazu die hier unter nachstehend 3h dargestellte Tat). Private, außerfamiliäre Kontakte gab es in der Familie D1 / O2 praktisch nicht; lediglich die Mutter telefonierte oft mit ihrer, in Thailand lebenden Familie. Die Familie verbrachte so auch mehrere Urlaube in Thailand, bei denen sie u.a. auch die Großmutter von O1 besuchten. Ihr Bruder, mit dem sie zeitweise gerne M spielte, fand ihr gegenüber ihrem Eindruck nach mehr Beachtung durch die Eltern, was sie aber nicht wesentlich störte.
24Die Nebenklägerin besuchte in H zunächst einen Kindergarten, wurde mit sechs Jahren eingeschult und besuchte dann vier Jahre lang eine Grundschule und wechselte dann zur fünften Klasse zunächst auf das M1-Gymnasium, wo sie die fünfte und sechs Klasse absolvierte. In dieser Zeit trat erstmals ihre Menstruation auf. Auf dem M1-Gymnasium fühlte sie sich aber nicht gut aufgehoben. Die Schule war sehr groß und sie fühlte sich als Außenseiterin, weil sie u.a. mit ihrem zweiten Vornamen (D2) aufgezogen wurde. Deshalb wechselte sie vom M1-Gymnasium auf das N1-Gymnasium in H. Dort fühlte sie sich zwar besser aufgehoben. Da sie mit dem gymnasialen Stoff aber nicht ausreichend mitkam, wechselte sie schließlich nach der siebten oder achten Klasse noch in H auf eine Realschule, eine Schulform, die sie auch nach dem Umzug nach F weiter besuchte. Nach zumindest einer Klassenwiederholung beendete sie diese mittlerweile – nach Bekanntwerden der hier in Rede stehenden Vorwürfe im Jahr 2019 – mit einem Realschulabschluss mit Qualifikation.
25Insbesondere in der Zeit nach dem Umzug nach F war die Nebenklägerin übergewichtig. Das führte dazu, dass sie zeitweise von ihren Eltern nur noch Brot und Wasser erhielt. Der Angeklagte verlangte zudem von ihr, dass sie sich morgens und abends wiege. Dabei gab er ihr vor, sie dürfe nämlich abends nicht mehr wiegen als morgens. Zwischenzeitlich bezeichnete er sie auch als hässlich. Vorhänge vor den Fenstern ihrer Zimmer wurden ihr in der Wohnung von dem Angeklagten untersagt, so dass er von einem Gang vor den Fenstern stets in ihr Zimmer gucken konnte, was er auch tat. Die Nebenklägerin sah sich so ständig einer Kontrollmöglichkeit ausgesetzt. Darüber hinaus war ihr verboten, die Tür zu ihrem Kinderzimmer in F zu schließen. Spätestens als die Nebenklägerin 16 Jahre alt wurde, wurde sie von ihrem Vater verpflichtet,– mangels anderweitig vorhandener Mitarbeiter – die Prospekte mit ihm auszuteilen, was sie immer wieder auch nachts machen musste, wenn sie tagsüber nicht fertig geworden waren. Das wiederum führte zeitweise bei O1 neben einer Vernachlässigung der eigentlich nach der Schule zu erledigenden Schulaufgaben, außerdem mangels ausreichenden Schlafs, zur Übermüdung und dazu, dass sie Schule tageweise versäumte bzw. zu spät zum Unterricht erschien.
26Diese Familien- und Lebensverhältnisse erlebte die Nebenklägerin als sehr belastend, für sie – zudem wesentlich durch den nachstehend näher geschilderten Missbrauch geprägt – (so ihre Worte) „eine dunkle Zeit“, in der sie sich möglichst viel in ihr Zimmer zurückzog und auf ihrem Handy Spiele spielte. Ihr „einziger Freund“ war, so fühlte sich die Nebenklägerin, ihr Hund, den es im Elternhaus gab, seit sie sechs Jahre alt war.
272. Der Tatentschluss des Angeklagten
28Spätestens als die Nebenklägerin etwa acht oder neun Jahre alt war, entschloss sich der Angeklagte, der jedenfalls grundlegend auch mit seiner Ehefrau Geschlechtsverkehr hatte, sexuelle Befriedigung nunmehr bei seiner leiblichen Tochter O1 zu suchen, indem er an ihr sexuelle Handlungen vornehmen wollte und von ihr an sich vornehmen lassen wollte, insbesondere mit seinem Mund ihre Vulva zu lecken, sein Glied zwischen ihren Schenkeln zu reiben und an sich den Oralverkehr vollziehen zu lassen.
29Neben dem Umstand, dass dem Angeklagten bewusst war, dass O1 bei einigen der nachstehend näher beschriebenen Taten das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, war ihm auch bewusst, dass ihm deshalb und auch weil es sich zu sämtlichen nachstehenden Tatzeitpunkten um seine leibliche, minderjährige Tochter handelte, die Vornahme sexueller Handlungen an ihr oder von ihr an ihm nicht erlaubt waren. Mit all diesen Umständen fand sich der Angeklagte jedoch ab, um das von ihm erstrebte Ziel der eigenen sexueller Befriedigung zu erreichen.
303. Die Taten des Angeklagten
31In Umsetzung dieses Tatentschlusses kam es nachfolgend zu folgenden einzelnen Taten:
32a.
33Zu einem im Einzelnen nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt, als die Nebenklägerin zwischen 8 und 14 Jahren alt war, verbrachte sie gemeinsam mit ihren Eltern, d.h. dem Angeklagten und ihrer Mutter, der am 00.00.0000 in D3/Thailand geborenen O, einen von zahlreichen gemeinsamen Urlauben in Thailand, wo die Familie der Mutter der Nebenklägerin lebte, so insbesondere deren Mutter. Diesmal verbrachte die Familie, die sich bei anderen Urlauben auch im Haus der Großmutter der Nebenklägerin mütterlicherseits aufhielt, den Urlaub in einem Hotel. Zu einem unbekannten Zeitpunkt im Rahmen dieses Urlaub hielten sich der Angeklagte und seine Tochter allein in ihrem Hotelzimmer, wo sie getrennte Betten hatten, auf; die Mutter der Nebenklägerin war einkaufen.
34Diesen Umstand nutzte er zur Umsetzung seines eingangs beschriebenen Tatentschlusses wie folgt aus:
35Der Angeklagte forderte entweder seine Tochter auf, sich auszuziehen oder zog sie selbst aus und forderte sie anschließend auf, sich auf das Bett der Eltern in dem Hotelzimmer zu legen. Dieser Aufforderung kam sie nach. Als seine Tochter unbekleidet auf dem Rücken dieses Bettes lag, kam der Angeklagte in das Bett hinzu, spreizte ihre nebeneinander liegenden Beine und leckte sie einige Zeit mit der Zunge an ihrer Scheide.
36b.
37Im März 2011 befand sich die hochschwangere Mutter der Nebenklägerin wegen der bevorstehenden – schließlich am 00.00.0000 erfolgten – Geburt ihres Bruders in einem Krankenhaus, während sich der Angeklagte und seine Tochter in der familiären Wohnung in der S1-Straße … in H aufhielten.
38Dort lag seine Tochter im Schlafzimmer der Eltern auf dem Bett, der Angeklagte legte sich dazu, seitlich hinter seine, ebenfalls seitlich liegende und ihm den Rücken zuwendende Tochter. Diese lag nunmehr seitlich mit dem Rücken zum Bauch des Angeklagten, der seine Hose/Unterhose und die Hose seiner Tochter zumindest herunterzog und nunmehr sein Glied zwischen die Schenkel seiner Tochter unterhalb ihrer Vagina klemmte. Hierbei hielt er sie an den Oberarmen fest und rieb sich an ihr. Der Angeklagte bekam hierdurch eine Erektion und ejakulierte anschließend auf die Beine seiner Tochter.
39c.
40An einem weiteren, nicht mehr im Einzelnen näher konkretisierbaren Tag, als die Nebenklägerin etwa 10 Jahre alt war, hielt sie sich in einem im selben Haus wie die Mietwohnung in der S1-Str. … in H befindlichen Büro des Angeklagten auf. Dort setzte sich der Angeklagte auf einen Stuhl, zog sich seine Hose zumindest herunter, so dass sein Glied entblößt war und erklärte seiner Tochter, die sich auf seine Aufforderung bereits vor ihn hingekniet hatte, sie solle ihren Mund aufmachen und die Zunge bewegen und forderte sie auf, sein Glied in ihren Mund zu nehmen, was sie tat und ihn – wie geheißen – oral befriedigte. Dadurch, dass der Angeklagte eine seiner Hände während dieses Oralverkehrs am Hinterkopf seiner Tochter hielt und das Glied ihres Vaters im Verhältnis zu ihrem kindlichen Mund ohnehin groß war, hatte O1 das Gefühl, das Glied befinde sich fast in ihrem Hals und verspürte dadurch einen Brechreiz, dem sie dieses Mal widerstehen konnte bis der Angeklagte in den Mund seiner Tochter ejakulierte.
41Angesichts des ersten vollzogenen Oralverkehrs erklärte der Angeklagte ihr, dass sie das niemandem erzählen solle, insbesondere nicht ihrer Mutter, was sie angesichts ihrer geschlechtlichen Unerfahrenheit nicht verstand, sich aber gleichwohl an das Schweigegebot hielt.
42d.
43An einem weiteren, nicht mehr genauer bestimmbaren Tag als die Nebenklägerin etwa 11 Jahre alt war, kam es erneut zu einem ähnlichen, wie dem vorstehenden Geschehen. Der Angeklagte und seine Tochter befanden sich abermals in dem Büro in der S1-Str. … . Der Angeklagte setzte sich wieder auf einen Stuhl, zog sich seine Hose zumindest herunter, so dass sein Glied entblößt war. Seine Tochter, die vor ihm kniete, und die den von ihr erwarteten Vorgang, den sie ekelhaft fand, schon kannte, nahm sein Glied in ihren Mund und befriedigte ihren Vater abermals oral. Auch diesmal hielt der Angeklagte zunächst eine seiner Hände während des Oralverkehrs am Hinterkopf seiner Tochter.
44Durch das Ausüben leichten Drucks am Hinterkopf, um das Glied in ihrem Mund zu bewegen, das Nachlassen dieses leichten Drucks und die dadurch entstehende Hin- und Herbewegung hatte O1 abermals das Gefühl, das Glied befinde sich fast in ihrem Hals. Sie verspürte erneut einen Brechreiz, dem sie dieses Mal nicht widerstehen konnte und sich daher auf den Intimbereich ihres Vaters erbrach. Der Angeklagte säuberte sich mit einem in der Nähe befindlichen Küchenpapier und gab auch seiner Tochter ein Küchenpapier, mit dem sie, die zwischenzeitlich den Rest des Erbrochenen ausgespuckt hatte, sich selbst säuberte.
45e.
46An einem weiteren Tag – als O1 etwa 10/11 Jahre alt war – befanden sich der Angeklagte und seine Tochter erneut in dem Büro in der S1-Straße … in H. An diesem Tag versprach der Angeklagte seiner Tochter ein neues Spiel, wenn sie „es mache", was er zunächst nicht näher ausführte, aber seine Tochter aufforderte, sie solle ihre Hose ausziehen, was sie tat. Der Angeklagte oder O1 zogen die Hose des Angeklagten ebenfalls zumindest herunter. O1 setzte sich dann so auf den nackten Schoß des Angeklagten, der auf einem Bürostuhl saß, dass sie auf dem Stuhl kniete und sich beide gegenseitig anblickten.
47Während O1 in dieser Position mit ihrer entblößten Vulva auf dem entblößten Glied des Angeklagten kniete, fragte er sie, ob er „es reinstecken" könne, wobei seine Tochter darunter verstand, dass er mit seinem Glied in ihre Vagina eindringen wollte, mit diesem Vorgang aber nichts Näheres anfangen konnte. O1 bejahte die Frage ihres Vaters. Der Angeklagte konnte ob der beschriebenen entblößten Körperpositionen nun sein Glied in die Vagina der Geschädigten einführen, kurz bevor er dies aber konkret umsetzte, hielt er jedoch inne, schaute die Geschädigte an, setzte sein Tun nicht weiter fort und O1 ging von seinem Schoß.
48f.
49An einem weiteren Tag – als O1 etwa zehn bis zwölf Jahre alt war – fuhr der Angeklagte mit seiner Tochter im Auto in H zu einem von ihm angemieteten Büro, das außerhalb des Hauses S1-Straße … lag. Dort begab er sich in einen zu den Büroräumlichkeiten gehörenden Gang, an dem sich auch eine Toilette befand. Von dort holte er eine schwarze Tüte hervor, in der sich u.a. Reizwäsche, pinke High Heels und ein Halsband mit einer Leine befanden.
50Er forderte die Geschädigte auf, sich auszuziehen und dann insbesondere die High Heels anzuziehen, was sie – beim Ausziehen bis auf die Unterwäsche (BH und Unterhose) – tat. Der Angeklagte forderte sie sodann auf, vor ihr herumzulaufen. Auch dieser Aufforderung kam seine Tochter nach. Der Angeklagte legte ihr auch das Halsband um den Hals an und forderte sie auf, vor ihm auf allen Vieren durch das Büro zu kriechen. Auch dies tat sie.
51Letztlich forderte der mittlerweile auf einem Bürostuhl sitzende Angeklagte sie auch noch auf, seine Hose zu öffnen und ihn oral zu befriedigen. Auch dem kam O1 nach. Nachdem sie seine Hose geöffnet und das Glied des Angeklagten entblößt hatte, kniete sie sich vor den Angeklagten, nahm sein Glied in ihren Mund und befriedigte ihn oral bis er schließlich in ihren Mund ejakulierte und sie auf seine entsprechende Aufforderung hin das Ejakulat schluckte.
52g.
53Der Angeklagte zog mit der insgesamt vierköpfigen Familie zum 01.01.2017 von der S1-Str. … in H in eine neue Mietwohnung in der S2-Straße … in F1.
54Der Angeklagte war mittlerweile dazu übergegangen, seine Tochter O1 nunmehr ausdrücklich nach sexueller Befriedigung zu fragen. So kam es beispielsweise auf Autofahrten, die er mit seiner Tochter unternahm, um seiner beruflichen Tätigkeit des Verteilens von Werbeprospekten nachzugehen, wobei er sie zur Hilfe dazu verpflichtet hatte, weil er keine Mitarbeiter (mehr) hatte, dazu, dass er sie aufforderte, ihn im Auto oral zu befriedigen. Das lehnte O1, die der sexuellen Missbräuche überdrüssig geworden war, allerdings nunmehr ausdrücklich ab, was der Angeklagte in diesen Momenten akzeptierte.
55Gleichwohl ließ er nicht vollständig von ihr ab.
56Vielmehr entschied er sich – in grundlegender Fortsetzung seines eingangs geschilderten Tatentschlusses, nunmehr aber niederschwelliger, - seine Tochter sexuell zu belästigen, d.h. sie mit seinem Glied zu berühren oder sie an ihrer Brust anzufassen, wobei er ob der zuletzt von O1 ausgesprochenen Zurückweisungen seiner sexuellen Wünsche wusste, dass sie dies ausdrücklich ablehnte. Darüber setzte er sich aber hinweg und nahm mindestens billigend in Kauf, dass sie sein von ihr abgelehntes schon äußerlich sexuelles Verhalten auch als sexuell belästigend empfinden werde.
57In Umsetzung dieses Tatentschlusses kam es bei verschiedenen Gelegenheit immer wieder zu dem nachstehend näher beschriebenen Geschehen und zwar über Jahre hinweg, insbesondere nicht nur unmittelbar nach dem Umzug im Jahr 2016, sondern vor allem auch in den Jahren danach.
58So kam es in den Jahren 2017 bis längstens in das Jahr 2019 – am 00.00.0000 fand der letzte, zur Flucht von O1 aus dem elterlichen Haushalt führende Vorfall statt – an einem nicht mehr näher bestimmbaren Tag in der Wohnung S2-Straße … in F – in dem konkret den Feststellungen zugrunde gelegten zumindest einen Fall - dazu, dass der Angeklagte seine Tochter morgens in ihrem Zimmer aufsuchte und sie weckte, indem er ihr seinen – mit einer Unterhose bekleideten – Penis in das Gesicht – konkret eine ihrer Wangen – drückte und sie aufforderte, ihn entweder zu befriedigen oder ihm Kaffee zu machen. O1 vermochte sich dem so unmittelbar vor ihr stehenden und ihr sein Glied in das Gesicht drückenden Angeklagten in dieser Situation nicht anders zu widersetzen, als dass sie sich entschied, ihm daraufhin einen Kaffee zu machen. Sie tat dies, um sich jedenfalls so weiteren sexuellen Übergriffen zu entziehen.
59h.
60An einem weiteren – nicht näher bestimmbaren – Tag in der S2-Straße … in F1 spielten O1 und ihr kleiner Bruder fangen. Bei diesem Spiel fiel ihr Bruder eine Treppe herunter. Das bekam ihre Mutter mit, ihr Vater war nicht zu Hause. Die Mutter kam auf O1 zu und wollte sie mit einer Hand schlagen. O1 flüchtete sich jedoch in ihr Zimmer und hielt ihre Zimmertür zu. Ihre Mutter ließ daher von ihr ab, kam aber danach wieder zu ihr und teilte ihr mit, dass sie ihrem Mann, dem Angeklagten, von dem Geschehen berichtet habe.
61Als der Angeklagte im Laufe des Tages von der Arbeit nach Hause kam, ging er zu O1 Zimmer, riss die Tür auf und versetzte seiner auf ihrem Bett sitzenden Tochter mit seiner rechten Hand einen Schlag auf eine Wange, was sie schmerzte. Des Weiteren drohte er ihr an, ihre Finger zur Strafe in der Tür einzuklemmen, setzte diese Drohung aber nicht in die Tat um. Zu alledem hatte er sich ob seines Ärgers über den Sturz seines Sohnes entschlossen. Dabei wusste er, dass sein Schlag eine üble, unangemessene Behandlung war, die O1 Wohlbefinden würde mehr als nur unerhebliche beeinträchtigen können. Damit fand er sich aber um des erstrebten Zieles willen, seinem Ärger freien Lauf zu lassen, ab.
62Über das vorstehende Tatgeschehen hinaus kam es auch an anderen Tagen dazu, dass der Angeklagte seine Tochter mit seiner Hand in ihr Gesicht schlug, so, wenn sie gemeinsam auf dem Weg zum Austragen von Prospekten im Auto saßen, die Nebenklägerin nicht mit ihm sprach; dann schlug der Angeklagte aus Verärgerung darüber zu.
63i.
64Am 00.00.0000 befand sich die Nebenklägerin zu Hause und hatte sich mit ihrem früheren Klassenkameraden, dem am 00.00.0000 geborenen und ebenfalls in F1 wohnenden T verabredet. Die Nebenklägerin ging in den Keller der Wohnung und hatte sich dort bereits umgezogen, als plötzlich der Angeklagte den Kellerraum – die Waschküche – betrat, unvermittelt auf sie zukam und sie mit einer Hand über ihrer Oberbekleidung grob an einer Brust anfasste, indem er sie mit einer Hand praktisch umschloss.
65O1 entzog sich der Situation, indem aus dem Keller in ihr Zimmer eilte und dort weinte. Das bekam ihre Mutter mit, die daraufhin zu ihr kam, sie in den Arm nahm und tröstete. Sie fragte, was los sei. O1 hatte den Impuls, sich endlich zu offenbaren, zumindest in dieser Situation über das gerade Geschehene zu berichten, traute sich letztlich aber doch nicht. Das lag auch daran, dass sie mitbekommen hatte, dass ihr Vater sich mittlerweile in unmittelbarer Nähe zu ihrem Zimmer im Flur befand und sie daher fürchtete, er könne mitanhören, was sie ihrer Mutter sage.
66O1, die mit T verabredet war, griff nun zu ihrem Handy und telefonierte oder textete mit T und teilte ihm unter Weinen dabei mit, dass sie in der Waschküche gewesen sei, ihr Vater hinzugekommen sei und dieser sodann ihre bekleidete Brust angefasst habe. T erklärte ihr, dass sie sofort das Haus verlassen und zu ihm kommen solle, was O1 sodann auch tat. T ging ihr entgegen, traf sie auf halbem Weg zwischen beiden Wohnanschriften, nahm ihre Hand und machte sich zu Fuß mit ihr auf den Weg zu seinem Zuhause.
67Das Verschwinden von O1 hatte mittlerweile auch der Angeklagte bemerkt, der daher sein Auto genommen hatte und O1 und T hinterhergefahren kam. Das nahm T zum Anlass, einen kleinen, für das Auto des Angeklagten nicht befahrbaren Stichweg zu nehmen, um O1 vor dem Angeklagten zu schützen und begab sich so mit ihr nach Hause.
684. Der Zustand des Angeklagten bei der Tatbegehung
69Der Angeklagte war bei der Begehung der Tat nicht unfähig, das Unrecht seines Tuns einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, noch war die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der Taten einzusehen erheblich vermindert.
705. Das Nachtatgeschehen
71Die Nebenklägerin vertraute sich schließlich nach ihrer vorstehend geschilderten Flucht am 00.00.0000 dem am 00.00.0000 geborenen Zeugen T und seiner Mutter, der Zeugin T1 - wie nachstehend näher in der Beweiswürdigung - geschildert an. Dazu kam es vor folgendem Hintergrund:
72Etwa 2018 lernten sich die Nebenklägerin und der Zeuge T auf der Realschule in F1 kennen, wo sie gemeinsam in eine Klasse gingen. Aus dieser zunächst bloß gemeinsamen Schulbekanntschaft entwickelte sich eine Freundschaft, die sich weitgehend darauf beschränkte, dass sie beide per X oder T2 schrieben und auch gelegentlich telefonierten. Zu gar häufigeren persönlichen Treffen kam es außerhalb der schulischen Begegnungen nicht. Die Nebenklägerin berichtete dem Zeugen T dazu, dass ihre Eltern, insbesondere ihr Vater, ihr solche Treffen nicht erlaube bzw. sie keine Zeit habe, weil sie ihrem Vater bei der Arbeit helfen müsse, wozu sie im weiteren Verlauf der Gespräche berichtete, sie müsse seit etwa ihrem 15./16. Lebensjahr ihrem Vater helfen, Prospekte auszuteilen, weshalb sie zeitweise auch erst später am Abend nach Hause – nach Beendigung des Austeilens – zurückkehre.
73Dem Zeugen T fiel jedenfalls auf, dass die Nebenklägerin im Laufe der Zeit häufiger ohne Entschuldigung morgens nicht zur Schule erschien. Nachdem dem Zeugen T auch noch aufgefallen war, dass eine Kommunikation über ihre Handys regelmäßig in den Abendstunden – etwa zwischen 21 und 22 Uhr – nicht mehr zustande kam, er die Nebenklägerin darauf angesprochen hatte und sie ihm erklärt hatte, dass der Angeklagte das WLAN ausschalte oder ihr immer wieder das Handy einfach wegnehme, begann sich der Zeuge T Sorgen zu machen.
74So entschloss er sich, die Nebenklägerin zu fragen, warum ihre Eltern so streng seien. Daraufhin entgegnete die Nebenklägerin zunächst, dass sie das nicht sagen wolle und wenn sie sagen würde, was ihr Vater so mache, dann würde er wohl ins Gefängnis kommen. Sie bat den Zeugen T indes zugleich, auf keinen Fall die Polizei einzuschalten.
75T konnte diese Bemerkung ob der ihm bekannten, vorstehenden Details des familiären Zusammenlebens nicht sofort begreifen und fragte sich selbst zur Einordnung dieser Bemerkung, ob die Nebenklägerin ggfs. zu Hause geschlagen würde. Um zu verstehen, was O1 mit ihrer zuvor genannten Bemerkungen tatsächlich gemeint haben könnte, fragte der Zeuge T O1, was sie damit gemeint habe, was los sei. Daraufhin erklärte die Nebenklägerin ihm, dass ihr Vater sie einmal geschlagen habe, wenn sie gemeinsam im Auto (auf dem Weg bzw. beim Verteilen von Prospekten) seien. Zudem erklärte sie T, dass ihr Vater sie auch „anfasse“, ohne dies allerdings vor dem 00.00.0000 näher zu konkretisieren.
76Schließlich kam es zu der letzten Tat vom 00.00.0000, der Flucht der Nebenklägerin aus dem elterlichen Haushalt und dazu, dass sie – wie nachstehend näher in der Beweiswürdigung zur (weiteren) Aussageentstehung dargestellt – sich den Zeugen T und T1 als Erstes anvertraute.
77Ob dieser Berichte und weil die Nebenklägerin weinte und zitterte, kamen sie sowie die Zeugen T/T1 überein, dass es besser für sie wäre, wenn sie zunächst einmal diese Nacht bei T/T1 bliebe.
78Diese Entscheidung teilte die Nebenklägerin dem Angeklagten auch in einer Textnachricht noch am 00.00.0000 etwa gegen 18.30 Uhr mit der Nachricht „Ich übernachte bei T“ mit. Darauf reagierte der Angeklagte um 20.17 Uhr wie folgt:
79„Machst du nicht komm nach Hause sagt Mama sofort
80Wenn du nicht zurückrufst komm ich doch abholen und sprech mit T Eltern.
8110 Minute“
82Darauf die Nebenklägerin im Wechsel mit dem Angeklagten:
83„Ich habe mich dem T anvertraut und seine Eltern wissen es auch“
84„Was“
85„Das weiß du ganz genau
86Das was du mir angetan hast“
87„Was hab ich dir angetan“
88„Überleg was du mir angetan hast
89Die Jahre lang“
90„Saubermachen und der Familie helfen ist Zuviel ich weiß du hast dich seit Jahren abgekanzelt und wolltest von uns weg wusstest aber nicht wie und wohin hast du mir selbst gesagt woanders muß man auch sein Teil zur Gemeinschaft beitragen. Aber vielleicht bist du ja woanders glücklicher
91Danke das du mich morgen hängen lässt“.
92Nach diesem Chat rief der Angeklagte auf dem Handy seiner Tochter an, wobei jedoch die Zeugin T1 das Telefonat übernahm. Sie erklärte dem Angeklagten, dass seine Tochter erst einmal bei ihnen übernachte. Darauf entgegnete der Angeklagte, dass das alles nur geschehen sei, weil seine Tochter zu Hause nicht aufräume, sie mache nur Theater, sei verlogen und stinkfaul und würde „das alles“ nur machen, weil sie T treffen wolle.
93Die Zeugin T1 erklärte darauf, dass sie seine Tochter nicht gehen lassen könne; da habe sie ein schlechtes Gefühl. Sie bot dem Angeklagten nun aber auch an, dass sie sofort die Polizei und das Jugendamt einschalten könne. Dies lehnte der Angeklagte indes sofort ab und erklärte zugleich plötzlich, dass es doch gar kein Problem mehr sei, wenn seine Tochter zunächst bei T3 bliebe, wenn denn jedenfalls keine Polizei, kein Jugendamt eingeschaltet würde.
94Die Zeugin T1 und der Angeklagte verblieben so, dass seine Tochter zunächst – nun doch mit seinem Einverständnis – bleiben könne. So endete das in den Abendstunden des 00.00.0000 geführte Telefonat.
95Gleichwohl suchte der Angeklagte im späteren Verlauf des 00.00.0000 mit seiner Frau und seinem Sohn D die Wohnanschrift der Familie T3 auf und klingelte. Die Zeugin T1 öffnete und war ob des unangekündigten Erscheinens des Angeklagten sehr überrascht. Der Angeklagte begann sogleich wieder über seine Tochter zu schimpfen, sie sei verlogen, stinkfaul, würde zu Hause nichts machen. Zugleich schob er seinen Sohn D in Richtung der Zeugin T1 und forderte ihn auf, er solle sagen, was für ein guter Vater er – der Angeklagte – und wie faul und verlogen seine Tochter sei. Der sich nun einschaltende Ehemann der Zeugin T1 bat daraufhin den Angeklagten zu gehen, was dieser zunächst mit seinem Sohn tat.
96Die Zeugin T1 bat indes die Mutter der Nebenklägerin in das Haus. Dort sagte die Nebenklägerin ihrer Mutter, dass der Angeklagte sie etwa seit ihrem achten Lebensjahr missbrauche und sie seinen Penis in ihren Mund habe nehmen müssen. Darauf brach die Mutter der Nebenklägerin schreiend zusammen und warf der Nebenklägerin vor, sie würde die Familie zerstören und schlug ihr zugleich vor, dass wenn der Angeklagte sich entschuldigen würde, doch alles wieder in Ordnung wäre. Da die Mutter der Nebenklägerin weiterhin herumschrie und sich nicht beruhigte, bat die Zeugin T1 sie, das Haus zu verlassen, was sie tat.
97In den darauf folgenden Tagen gab es noch mehrfach Kontakte zwischen T3 und dem Angeklagten. So suchte der Angeklagte auch die Wohnanschrift der T3 auf, um seiner Tochter Wäsche zu bringen. Bei einer dieser Gelegenheit traf er auf die Zeugin T1 und ihren Ehemann. Ihnen erklärte der Angeklagte, sein Herz sei gebrochen, es sei alles wie ein Messer in seinem Herzen.
98Der Ehemann der Zeugin T1 bot ihm an, man könne doch einfach die Polizei rufen, um die Angelegenheit kläre zu lassen. Das lehnte der Angeklagte allerdings sofort abermals ab. Daraufhin teilte ihm die Zeugin T1 mit, wenn er Manns genug sei, solle er sich selbst anzeigen und eine Therapie beginnen. Darauf erklärte der Angeklagte nun, er habe damals ein Alkoholproblem gehabt und könne sich daher nicht erinnern, was in der Zeit passiert sei. Die Zeugin T1 teilte ihm daraufhin mit, er könne sie selbst anzeigen; das gebe sie ihm Zeit bis nach Ostern. Solle er das nicht tun, werde sie ihn anzeigen. So kam es dann auch. Am 23.04.2019 suchte die Zeugin T1 im Beisein ihres Ehemannes die Polizei in F auf und erstattete Anzeige.
99In der Familie T3 fand die Nebenklägerin bis Ende Juni 2019 vorübergehend Aufnahme, bevor sie dann mit Unterstützung des Jugendamtes in ein – ebenfalls in F1 gelegenes – Kinderheim umzog, in dem sie nach wie vor wohnt. Den Eltern der Nebenklägerin wurde – nach bereits am 17.12.2019 durch das Amtsgericht – Familiengericht – F2 erfolgten vorläufigen Entzug der elterlichen Sorge und zugleich erfolgter Anordnung von Vormundschaft, durch Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – F2 vom 25.02.2020 (Az.: …) die elterliche Sorge für die Nebenklägerin (endgültig) entzogen, Vormundschaft angeordnet und als Vormund das Jugendamt F3 bestellt.
100Die Entscheidung wurde wie folgt begründet:
101„Die Entscheidung beruht auf § 1666, 1666a BGB. Das körperliche und seelische Wohl von O1 ist gefährdet. O1 hat im Frühjahr dieses Jahres bei der Familie ihres Freundes, der Familie T3, von einem langjährigen Missbrauch durch den Kindesvater berichtet. Die Familie hat daraufhin Strafanzeige erstattet. Seitdem hat O1 keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern. Sie lebt in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung der Stadt F. Zu ihrem Vater wünscht sie keinen Kontakt. Sie möchte auch nicht, dass er über ihre Angelegenheiten entscheidet. Die Eltern halten keinen Kontakt zum Jugendamt. Sie sind für die Mitarbeiter des Jugendamtes nicht erreichbar. An Hilfeplangesprächen beteiligen sie sich nicht. O1 benötigt nach Angaben der Frau A in F aufgrund massiver Schlafstörungen mit Alpträumen ein Medikament. Dieses konnte sie zunächst nicht erhalten, da die Unterschrift der Eltern fehlte. Zudem würde sie gerne, da die Therapie nicht beginnen kann, solange das Strafverfahren nicht abgeschlossen ist, Gespräche in der Praxis der Frau A wahrnehmen. Auch hierzu fehlt die Unterschrift der Eltern. Weiterhin wird die Unterschrift der Eltern benötigt, damit O1 im Frühjahr 2020 mit auf eine Klassenfahrt fahren kann. Am 17.12.2019 ist die elterliche Sorge bereits im Wege der einstweiligen Anordnung entzogen und Vormundschaft angeordnet worden. Mit Schriftsatz vom 12.02.2020 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Kindeseltern mitgeteilt, dass die Kindeseltern im Hinblick auf die ohnehin bald eintretende Volljährigkeit von O1 auf das Sorgerecht verzichten. Mit weiterem Schriftsatz vom 12.02.2020 hat der Vefahrensbevollmächtigte der Kindeseltern weiter mitgeteilt, dass die Kindeseltern auf eine persönliche Anhörung verzichten. Aufgrund des vollständigen Rückzugs der Eltern können die oben genannten wichtigen Entscheidungen nur getroffen werden, wenn den Eltern das Sorgerecht entzogen und Vormundschaft angeordnet wird. Mildere Mittel, das Kindeswohl sicher zu stellen, sind aufgrund der fehlenden Mitwirkung der Eltern nicht ersichtlich.“
1026. Die Folgen der Taten
103a.
104Insbesondere in der etwa knapp dreimonatigen Zeit des Aufenthalts der Nebenklägerin bei der Familie T3, bei der ihr bis zum Umzug in das Kinderheim zum 01.07.2019 ein Gästezimmer zur Verfügung stand, fühlte sich die Nebenklägerin durch die sexuellen Übergriffe extrem belastet, weinte häufig, kam mit der für sie neuen Nähe in der Familie T3 öfter nicht klar, schubste und schlug in einigen wenigen Fällen auch den Zeugen T leicht, da sie auch Abstand haben wollte, wobei der Zeuge T zu ihr hielt, auch in solchen Situation zunächst bei ihr blieb und beruhigend auf sie einsprach. Die Nebenklägerin beruhigte sich dann auch wieder.
105Die Nebenklägerin hatte Angst ihrem – ebenso wie sie – weiterhin in F1 wohnenden Vater über den Weg zu laufen, hatte Ein- und Durchschlafprobleme, auch Alpträume, in denen sie gelegentlich auch vor ihrem Vater Angst hatte, wobei die Missbrauchserlebnisse nicht Teil dieser Träume waren, wachte nachts häufig schweißgebadet auf und weinte, was auch die Zeugen T und T1 mitbekamen, die dann bei ihr blieben, so dass die Nebenklägerin wieder einschlafen konnte.
106Die Nebenklägerin meinte auch häufiger nachts vor dem Einschlafen oder wenn sie nachts zwischenzeitlich aufgewacht war, Schatten/Figuren, etwa wie Schaufensterpuppen, zu sehen, die sich im Zimmer aufhielten, sie auch anschauten, wobei ihr stets von sich aus bewusst war, dass es sich auch um irreale Schatten/Figuren handelte und sie diese nicht etwa für tatsächlich existierend hielt. Auch Stimmen hörte sie nie.
107Bereits zuvor in der Wohnung in F1 fand die Nebenklägerin die „dunkle Zeit“ der auch dort, wenn auch weniger als zuvor stattgefundenen Übergriffe (siehe Tat zu II 3 g) als so belastend, dass sie häufiger, z.B. wenn sie beim Abspülen in der Küche ein Messer in der Hand hielt, an Selbstmord dachte, wenngleich sie diese Idee nie weiter verfolgte, gar umzusetzen versuchte.
108b.
109Die Nebenklägerin wurde über das Kinderheim erstmals am 02.07.2019 bei der Kinder- und Jugendpsychiaterin Frau A vorgestellt, die als Zeugin und Sachverständige vernommen wurde. Hintergrund waren die fortdauernd auftauchenden Alpträume, in denen sie träumte, ihr Vater würde sie jagen und töten, aber auch, dass er laut rufe, sie solle sich ausziehen, gelegentlich aber auch, dass ihre Mutter sie umbringen wolle, ihre Ein- und Durchschlafstörungen, das vorstehend beschriebene, vor allem in den ersten drei Monaten nach dem Weggang aus der Familie auftretenden Sehen von Schatten (Körperstatur wie ein Mann, ohne Haaren und Augen, am ehesten wie Schaufensterpuppen), Flashbacks (jedenfalls dergestalt, dass sie dann, wenn sie beim Parken ein Auto quietschen hörte, sie sich daran erinnert fühlte, wenn sie zu Hause war und ihr Vater wieder nach Hause kam), eines inneren Rückzugs, einem Gefühl der Kraftlosigkeit, dass sie Sachen nur schaffe, wenn sie dabei begleitet werde. Ziel war zunächst eine allgemeine jugendpsychiatrische Untersuchung und Diagnostik.
110Eine Traumatherapie sollte und wurde dort mit Blick auf das laufende Strafverfahren zu keinem Zeitpunkt durchgeführt. Wegen fehlenden Einverständnisses der Eltern der Nebenklägerin konnte die Untersuchung und Diagnostik erst Ende Oktober 2019 begonnen werden. Wegen der vielen, o.g. Alpträume und auch ihrer Angst ihrem Vater nach dem jahrelangen Missbrauch in F1, z.B. auf dem Schulweg zu begegnen, wirkte die Nebenklägerin bedrückt, fühlte sich leer und weinte viel, so dass zu ihrer Stärkung im Heim eine sichere, haltgebende Tagesstruktur erarbeitet wurde.
111Sie fühlte sich ob des erlebten Missbrauchs auch minderwertig, traute sich wenig zu, hatte Angst vor der Zukunft, ohne dass aber ein schwerer krisenhafter Verlauf zu verzeichnen war. Letzteres gilt allerdings mit Ausnahme einer, am 31.10.2019 stattgefundenen Krisenintervention, als die Nebenklägerin von besonders starken Rückzugstendenzen, massiven Einschlafproblemen und einem Zusammenbruch berichtete und zwar dergestalt, dass sie in letzter Zeit sehr viel geweint habe, nicht mehr habe zur Schule gehen wollen, wobei sie aber – erfolglos – versucht habe, sich zusammenzureißen.
112Daraufhin gab ihr Frau A als Akutmedikation ein niedrigdosiertes Neuroleptikum (B, abends 7 Tropfen), was die Nebenklägerin einige Monate – bis zumindest etwa Juni 2020 - einnahm und ihr das Einschlafen tatsächlich erleichterte.
113Am 17.12.2019 fand Abschlussgespräch in Bezug auf die Diagnostik bei Frau A mit dem Verdacht einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F 43.1) und einer mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F 32.1) statt. Der letzte Kontakt fand am 20.11.2020 statt nachdem es zwischenzeitlich zu – wenn auch wenigen – Vorstellungen der Nebenklägerin bei Frau A gekommen war, in denen es vorwiegend um die o.g. Arzneimittelkontrolle ging und trotz zwischenzeitlich auftretenden Alpträumen eine Besserung des Zustands der Nebenklägerin zu verzeichnen war; so konnte sie nach Einnahme des B weiterhin besser schlafen als zuvor. Eine eigentlich für erforderlich gehaltene Gruppentherapie wurde indes wegen des laufenden Verfahrens nicht begonnen.
114c.
115Der so zwischenzeitlich verbesserte Gesundheitszustand der Nebenklägerin, war aber nicht stabil, sondern sie litt weiterhin unter eingangs beschriebenen Alpträumen, hatte auch wieder Ein- und Durchschlafstörungen, so dass sie grundlegend vor dem eingangs genannten Hintergrund am 23.09.2020 auch erstmals bei der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin I vorgestellt wurde. Bei ihr fand nach dieser ersten probatorischen und weiteren zehn - in der Zeit vom 22.09. bis 16.12.2020 stattgefundenen – Diagnostiksitzungen, in der die Verdachtsdiagnosen einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F 43.1) und eine mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F 32.1) gestellt wurden, ab dem 13.01.2021 eine Akutbehandlung statt, die letztlich bis heute – auch aufgrund des Umstands, dass mit Blick auf das nicht abgeschlossene Strafverfahren eine, grundsätzlich von der Nebenklägerin angestrebte und ihr auch empfohlene Traumatherapie, nicht begonnen wurde – allein dem Ziel der Stabilisierung der Nebenklägerin diente, so dass möglichst wieder dauerhaft sichergestellt werden sollte, dass sie alltägliche Dinge wieder schafft, wie z.B. aufzustehen, allein aus dem Haus zu gehen, ihr Zimmer aufzuräumen und mögliche eigene Interessen der Nebenklägerin herauszuarbeiten, die ihr Ziele setzen.
116Mit der Unterstützung von Frau I schaffte es die Nebenklägerin tatsächlich bis etwa zum Sommer 2021 – dem Zeitpunkt, in dem die bereits einmal begonnene und mehrere Tage lang auch mit der Vernehmung der Nebenklägerin als Zeugin durchgeführte Hauptverhandlung kurz vor deren Abschluss wegen eines absoluten Beschäftigungsverbots der beteiligten Beisitzerin ausgesetzt werden musste – die Realschule zu besuchen, abzuschließen, ein Praktikum in einem Kindergarten anzufangen und ein Berufskolleg zu besuchen. Auch danach war eine Stimmungsstabilisierung zu verzeichnen, wobei aber eine ausgeprägte Antriebsarmut und Rückzugstendenzen und eine eingeschränkte emotionale Schwingungsfähigkeit weiter bestand.
117Die so zuletzt zunehmende Stimmungsstabilisierung endete aber abrupt, als die Nebenklägerin von der erforderlich gewordenen Aussetzung der Hauptverhandlung und der vollständig neuen Anberaumung der Hauptverhandlung im Jahr 2022 hörte. So berichtete die Nebenklägerin der Zeugin I nach der Aussetzung und Neuterminierung, dass sie keinen Menschen mehr sehen wolle, es ihr nicht gut ginge, sie habe wieder Träume von – nicht über den o.g. Ruf, sie solle sich ausziehen, hinausgehenden konkreten sexuellen Handlungen verbundenen - Begegnungen mit dem Vater, dass sie nachts schweißgebadet aufwache. Im Oktober/November 2021 berichtete sie von fortbestehenden Alpträumen und beschrieb sich so, dass es in ihr leer und tot sei.
118III.
119Beweiswürdigung
1201. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
121Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten trifft die Kammer aufgrund seiner eigenen diesbezüglichen Angaben. Die Kammer hat letztlich keinen Anlass an diesen Angaben zu zweifeln.
122Dabei hat sie gesehen, dass sich der Angeklagte zwar bereit erklärte, Angaben zu machen, dies dann aber – selbstredend zulässigerweise - insgesamt nur unwillig tat, so sich zunächst bei Nachfragen immer wieder auf Erinnerungslücken berief, die er sodann aber doch auf weitere Nachfrage zu beheben in der Lage und bereit war. Das gilt beispielsweise für seine zahlreiche Umzüge in den 80er und 90er Jahren, zu deren Anlässen er sich zunächst dahin einließ, das sei alles lange her und daher wisse er das nicht, um dies nachfolgend zu korrigieren und damit zu erklären, dass er immer wieder seine Miete nicht gezahlt hatte.
123Die Umzüge und deren Daten werden bestätigt durch die verlesene Auskünfte aus dem Melderegister bzw. die erweiterte Meldebescheinigung der Städte H und F.
124Die Feststellungen zu nicht vorhandenen Vorstrafen beruhen auf dem verlesenen und keine Eintragungen aufweisenden Bundeszentralregisterauszug.
1252. Die Feststellungen zur Sache
126Die Feststellungen zur Sache trifft die Kammer aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme.
127Der Angeklagte hat sich über die letztlich seinen Lebenslauf, nicht aber konkret die ihm gegenüber erhobenen Tatvorwürfe, betreffenden Lebensumstände hinaus nicht zur Sache eingelassen.
128In seinem letzten Wort schloss sich der Angeklagte – ohne eine Einschränkung vorzunehmen - den Ausführungen seiner Verteidigerin, die in ihrem – mit dem Antrag, den Angeklagten freizusprechen endenden – Plädoyer immer wieder ausdrücklich hervorhob, der Angeklagte bestreite die ihm zur Last gelegten Vorwürfe, ohne eine Einschränkung vorzunehmen, ausdrücklich – so seine Erklärung – „an“.
129Der Bundesgerichtshof hat entsprechend bereits entschieden, dass Erklärungen, die ein/e Verteidiger-/in abgibt, dann als eigene Einlassung des Angeklagten verstanden werden können, wenn dies ausdrücklich durch eine entsprechende Erklärung des Angeklagten (oder seines Verteidigers) in der Hauptverhandlung klargestellt wird (BGH, Beschluss vom 13.12.2001, Az.: 4 StR 506/01, Rn. 5, BGH, Beschluss vom 28.06.2005, Az.: 3 StR 176/05). Dabei weist die Kammer zur Vermeidung etwaiger Missverständnisse darauf hin, dass sie nicht übersehen hat, dass die letztgenannten Entscheidungen einen anderen, als den im vorliegenden Fall betroffenen Zeitpunkt (des letzten Wortes) als Ausgangspunkt hatten und die Kammer hier weiter davon ausgeht, dass der Angeklagte sich grundlegend – bis zu seinem letzten Wort – nicht
130zur Sache eingelassen hatte.
131Gleichwohl ist die Kammer in einem Fall wie dem hier vorliegenden des ausdrücklichen Anschlusses des Angeklagten in seinem letzten Wort an die Worte der Verteidigerin, die mehrfach davon sprach, ihr Mandant bestreite die Vorwürfe, nicht gehindert ist, dies bei ihrer Würdigung zu berücksichtigen (so ausdrücklich: BGH, Beschluss vom 23.02.2000, Az.: 1 StR 605/99, Rn. 5 m.w.N.).
132Die vormals – 2019 gemachten - Angaben des Angeklagten ergeben sich aus dem in den Feststellungen genannten Chat und seinen, von der Zeugin T1 berichteten mehrfachen Äußerungen ihr gegenüber. Die sich daraus ergebenden, letztlich bestreitenden bzw. sich auf etwaige Erinnerungslücken berufenden Angaben des Angeklagten sieht die Kammer als widerlegt an:
133Im Einzelnen:
1342.1. Die Feststellungen zu den Lebensumstände von O1
135Die Feststellungen zu den Lebensumständen der Nebenklägerin beruhen auf den entsprechenden Bekundungen der Nebenklägerin als Zeugin, die zu Beginn ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung von ihren Lebensumständen berichtete. Diese Angaben fügen sich stimmig ein in die grundlegend teilweise auch gegenüber der aussagepsychologischen Sachverständigen, Frau P und der psychiatrischen Sachverständigen, der Diplom-Psychologin und Fachpsychologin für Rechtspsychologie und Psychologischen Psychotherapeutin O3 gemachten Angaben ein.
136An der Richtigkeit dieser Angaben hat die Kammer daher keine Zweifel. Insbesondere hat die Nebenklägerin selbst einzelne zeitliche Unsicherheiten über die genaue Dauer der jeweiligen Schulbesuche deutlich berichtet. Ihre Belastungen des Angeklagten fügen sich stimmig ein, in die von dem Zeugen T (wie zu Ziffer II 5 festgestellt) berichteten, von ihm wahrgenommenen Auffälligkeiten.
137Im Übrigen wird wegen der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin grundlegend auf die nachstehenden Ausführungen zur Beweiswürdigung der Taten verwiesen.
1382.2. Die Feststellungen zum Tatentschluss und den Taten des Angeklagten
139Die Feststellungen zum Tatentschluss und dem Tatgeschehen beruhen grundlegend auf den Bekundungen der Zeugin O1. Denn diese Zeugin hat diese Umstände – wie festgestellt (siehe zur Aussageentwicklung und näheren Würdigung die nachstehenden weiteren Ausführungen) – glaubhaft bekundet. Darüber hinaus werden ihre Angaben durch außerhalb der Aussage selbst liegende Umstände von Gewicht gestützt, die für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Belastungszeugin sprechen und in der Gesamtschau als Indizien mit zu berücksichtigen sind.
140Im Einzelnen:
1412.2.1.
142Dabei hat die Kammer – ausgehend von der sog. Nullhypothese – zunächst die Aussagetüchtigkeit der Zeugin O1 überprüft und ist – sachverständig beraten durch die forensisch sehr erfahrene Diplom-Psychologin, approbierte Psychotherapeutin und Fachpsychologin für Rechtspsychologie O3 – zu der Überzeugung gelangt, dass bei der vorgenannten Zeugin die erforderliche (allgemeine wie spezielle) Aussagetüchtigkeit besteht.
143Bei der Frage der Aussagetüchtigkeit eines Zeugen geht es um die Fragestellung, ob die Zeugin über die relevanten allgemeinen und spezifischen Kompetenzen und Fähigkeiten für eine forensische Fragestellung, um eine gerichtsverwertbare Aussageleistung zu erbringen, verfügt. Dies sind eine adäquate Situationswahrnehmung, das Behalten dieser Wahrnehmung über einen längeren Zeitraum, der selbständige Abruf aus dem Gedächtnis, die basale Beherrschung relevanter kommunikativer Kompetenzen (Sprachvermögen), das Vorhandensein von Kontrollmöglichkeiten gegenüber Suggestiveinflüssen, ein angemessenes Quellenmonitoring und die Motivation, als Zeuge zuverlässig auszusagen.
144Die Sachverständige O3 hat dazu erläutert, dass sich für eine Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit der Zeugin O1 keine Anhaltspunkte ergeben haben. Das hat die Sachverständige nachvollziehbar damit begründet, dass die Zeugin O1 nach deren eigenen Angaben, die auch bezogen auf den Realschulbesuch in F durch den Zeugen T bestätigt werden, altersentsprechend in die Grundschule eingeschult worden sei. Der Wechsel von dem einen auf das andere Gymnasium sei damals nicht etwa aus leistungsbezogenen Gründen, sondern weil sie sich gemobbt fühlte, erfolgt und habe einige Jahre lang stattgefunden. Dabei hat die Sachverständige nicht übersehen, dass der sich daran anschließende Wechsel auf eine Realschule zwar erfolgte, weil sie mit dem gymnasialen Stoff in den höheren Klassen nicht mehr ausreichend mitkam. Jedoch hat sie danach – wenn auch mit einer Klassenwiederholung – eine Realschule besucht und mittlerweile sogar mit Qualifikation abgeschlossen.
145Darüber hinaus hat die Sachverständige sich mit dem Ergebnis des bei der Zeugin und Sachverständigen Frau A in der dortigen Zeit der Diagnostik im Jahr 2019 durchgeführten sprachfreien Intelligenztests (CFT 20-R) und dessen Ergebnis eines Gesamt-IQ von 75 auseinandergesetzt. Dazu hat sie indes darauf hingewiesen, dass ein transparentes Nachvollziehen dieses Gesamtwertes nicht mehr möglich gewesen sei, weil die Untertests nicht dargestellt worden seien. Zudem stehe auch der Realschulabschluss mit Qualifikation der Annahme einer – bei einem IQ von 75 naheliegenden - Lernbehinderung entgegen. Des Weiteren hat die Sachverständige darauf hingewiesen, dass auch nach ihrem, in der Exploration sowie in der Hauptverhandlung von der Zeugin O1 gewonnenen klinischen Eindruck, der CFT 20-R die intellektuellen Möglichkeiten der Zeugin nicht realistisch abbildete.
146Das wiederum fügt sich stimmig ein in das Ergebnis des bei der aussagepsychologischen Sachverständigen P durchgeführten sprachgebundenen Intelligenztests Cattel-ES, in dem die Zeugin einen IQ von 91 und damit ein – dem klinischen Bild der Sachverständigen O3 und auch dem persönlichen Eindruck der Kammer entsprechendes – durchschnittliches Ergebnis erzielte. Letzteres entsprach auch – trotz des dort erzielten Gesamt-IQs von 75 – dem klinischen Eindruck der Zeugin und Sachverständigen A in der dortigen Zeit.
147Damit stimmig hat die Sachverständige O3 erläutert, dass sie auf eine eigene neue Testung verzichtet habe, da die Intelligenz im aktuellen Alter der Zeugin O1 grundlegend festgelegt sei und aufgrund des klinischen Eindrucks und der schulischen Ausbildung – das wiederum im Gegensatz zu einem aus den vorgenannten Gründen ohnehin nicht aussagekräftigen Gesamt-IQ von 75 – von einer durchschnittlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit auszugehen sei.
148Darüber hinaus hat sich die Sachverständige O3 mit der Verbalisationsfähigkeit der Zeugin O1 auseinandergesetzt, also der Fähigkeit Erlebtes angemessen mitzuteilen. Diese ist zu bejahen. Das hat die Sachverständige – in Übereinstimmung mit dem der Schulbildung entsprechenden intellektuellen Niveau und auch dem von den sprachlichen Fähigkeiten der Zeugin durch die Kammer selbst gewonnenen Eindruck – mangels insbesondere aktuell fehlender nennenswerter intellektueller Auffälligkeiten als gegeben bezeichnet.
149Diesbezüglich hat sich die Sachverständige zum einen damit auseinandergesetzt, dass Frau A noch von gelegentlichen Störungen der Aufmerksamkeit und der Konzentration berichtete. So habe O1 in der damaligen Diagnostik zeitweise – bei indes grundlegend bestehender Bereitschaft zu berichten und mitzuwirken – verlangsamte Antworten gegeben und abgestumpft gewirkt.
150Dabei handelte es sich indes um passagere Auffälligkeiten. So hat Frau O3 darauf hingewiesen, dass die Zeugin O1 während der mit ihr über 2 ½ Stunden durchgeführten Exploration keine der bei A berichteten Störungen gezeigt habe. Vielmehr sei O1 konzentriert gewesen, habe den Fragen folgen können, sei inhaltlich umstellungsfähig gewesen und auch im Bereich der Aufmerksamkeit hätten sich keine Schwankungen ergeben.
151Das trifft auch den Bekundungen der zugleich als Zeugin vernommenen aussagepsychologischen Sachverständigen P insbesondere für die im Jahr 2021 durchgeführte richterliche Vernehmung vor der Kammer am damaligen ersten Hauptverhandlungstag zu, die – mit Unterbrechungen – ca. sechs Stunden dauerte.
152Soweit die Zeugin O1 nicht stets sofort auf eine Frage antwortete, so die Sachverständige O3, habe dies nichts mit einem Abschalten im Sinne eines Unvermögens zur Konzentration zu tun, sondern beruhe auf dem grundlegend menschlich nachvollziehbaren und auch von der Kammer gewonnenen Eindruck, dass sich die Zeugin mit ihr unangenehmen Themen nur ungern mehr als notwendig beschäftige.
153Das entspricht im Übrigen auch dem von der Zeugin und Sachverständigen A gewonnenen vormaligen Eindruck, der so – mit gewissen Schwankungen – seit Jahren besteht. So bekundete Frau A u.a., dass es nur gelegentlich auftretende Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen gegeben habe, O1 aber grundlegend zugewandt erschienen sei, ihre Gedanken stets geordnet, sie stets absprachefähig und verlässlich gewesen sei. O1 habe auch ihr berichtet, dass sie versuche, möglichst wenig an das Erlebte zu denken, sei gerade nicht um diesbezügliche Erinnerung/Wiedererleben bemüht und sich auch sonst – für Frau A – keine Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass O1 nach Aufmerksamkeit gesucht habe, gar in Bezug auf einen etwaigen Missbrauch.
154Das wird auch durch die Ausführungen der sich ebenfalls mit der Aussagetüchtigkeit befassenden aussagepsychologischen Sachverständigen P bestätigt. Denn diese berichtete zwar, dass O1 in ihrer am 31.08.2020 durchgeführten Exploration zurückhaltend berichtet habe, so dass zahlreiche Nachfragen gestellt werden mussten, und stellenweise – in der ohnehin mehrstündigen Exploration – ihre Konzentrationsleistung nachgelassen habe.
155Allerdings hat auch diese Sachverständige darauf hingewiesen, dass sich daraus keine grundlegende Infragestellung der Aussagetüchtigkeit ergebe. Das hat sie stimmig damit erklärt, dass insbesondere unter Berücksichtigung des intellektuellen Niveaus und der von der Zeugin beantworteten Nachfragen und dem so auch bei ihr erhaltenen Aussagebericht die Zeugin grundlegend zu einer adäquaten Situationswahrnehmung, dem Behalten der Wahrnehmung über einen längeren Zeitraum und dem selbständigen Abruf aus dem Gedächtnis bei grundlegendem Sprachvermögen in der Lage gewesen sei. Die Sachverständige P hat aber, was zugleich für die Gründlichkeit und Tiefe ihrer Begutachtung spricht, entsprechend den Ausführungen der Sachverständigen O3 darauf hingewiesen, dass sich die genannten Besonderheiten damit erklärten, dass sich die Zeugin O1 nur ungern mehr als nötig mit ihr unangenehmen Themen befasse.
156Darüber hinaus hat die Sachverständige O3 darauf hingewiesen, dass sich der von der Zeugin und Sachverständigen P berichtete Umstand von Nachfragen auch dadurch erkläre, dass die Nebenklägerin innerhalb der Familie zurückgezogen gelebt habe, der Angeklagte wegen seiner Berufstätigkeit weite Teile des Tages nicht anwesend gewesen sei und nicht zuletzt die aus einer Mischung unterschiedlicher Sprachen bestehende Kommunikation keine übliche, ausgeprägt intensive verbale Kommunikation gewesen sei.
157Beide Sachverständige (P und O3) haben darauf hingewiesen, dass vielmehr die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode wie auch einer nachstehend noch näher aufzugreifenden Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung – die Richtigkeit solcher Diagnosen einmal unterstellt – nicht die allgemeine oder spezielle Aussagetüchtigkeit infrage stellten, sondern zwar, aber auch nur bei der Untersuchung der Aussagequalität und Aussagevalidität berücksichtigt werden müssten. Das haben sie wiederum nachvollziehbar dahingehend erläutert, dass solche Störungen ggfs. dazu führten könnten, das der Abruf von Informationen aus dem Gedächtnis insofern beeinflusst sein könnte, als dass Erinnerungen unspezifischer bzw. weniger detailliert wiedergegeben würden; ferner sei auch ein etwaiges Vermeidungsverhalten in den Blick zu nehmen.
158Zum anderen hat sich die Sachverständige O3 mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass die Zeugin O1 Schwierigkeiten mit genauen zeitlichen Einordnungen von Ereignissen hatte, was sowohl allgemein als auch tatspezifisch auffällt. So konnte sie die genaue Dauer des Besuchs der Gymnasien nicht angeben und auch nicht das Jahr der Klassenwiederholung auf der Realschule. Wegen der tatspezifischen zeitlichen Einordnungen wird auf den späteren Aussagebericht verwiesen. Dies stellt aber nach den Ausführungen von O3 keine gravierende, gar die allgemeine oder spezielle Aussagetüchtigkeit in Frage stellende Auffälligkeit dar. Das hat sie damit begründet, dass die Zeugin O1 sowohl zu einer z.B. den grundlegenden Schulverlauf betreffenden, für sich genommen stimmigen Darstellung in der Lage gewesen sei und auch dazu Abläufe chronologisch dargestellt habe.
159Weiterhin hat Frau O3 sich mit fallneutralen – letztlich die allgemeine Aussagetüchtigkeit betreffenden – Schilderungen aus dem Zeitraum, in dem sich die Übergriffe zugetragen haben sollen, auseinandergesetzt und auch insoweit darauf hingewiesen, dass diese – z.B. Erleben in der Schule (Hänseleien wegen ihres zweiten Vornamens, ihrer zeitweisen Körperfülle) – verständlich und nachvollziehbar seien, was zeige, dass die Zeugin O1 grundsätzlich in der Lage sei, einen verständlichen und nachvollziehbaren Bericht zu geben. Auch die autobiographische Gedächtnisleistung sei – mit den erwähnten Besonderheiten – grundlegend und auch im Zeitraum der in Rede stehenden Vorfälle als ausreichend für die Erstattung einer – letztlich gerichtlich verwertbaren – Aussage einzustufen. Dabei hat die Sachverständige zugleich in den Blick genommen, dass es auch nach den Ausführungen der Zeugin und Sachverständigen A sowie des – die Nebenklägerin seit Jahren kennenden – Zeugen T für vor dem 00.00.0000 liegende Zeitpunkte keine Anhaltspunkte etwa für Realitätsverkennungen, psychotisches Erleben oder sonstige Störungen der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses oder der Verbalisationsfähigkeit gab.
160In diesem Zusammenhang hat die Sachverständige O3 zudem aufgegriffen, dass die Nebenklägerin in F von Gedanken beim Abspülen in der Küche berichtete, als sie beim Anblick eines Messer gedacht habe, sich umbringen zu wollen. Das habe aber sie nie weiter verfolgt. Dies hat die Nebenklägerin zudem mit ihrer sie damals belastenden Lebenssituation beschrieben, was auch der Sachverständigen O3 nachvollziehbar erschien, ohne dass es konkrete Anhaltspunkte dafür gab, dass solche – stets überwundenen – Gedanken die Aussagetüchtigkeit beeinflussten.
161Grundsätzlich sei auch die Fähigkeit der Zeugin, berichtete Wahrnehmungen über einen längeren Zeitraum zu behalten und aus dem Gedächtnis abzurufen, gegeben. Die Richtigkeit dieser Ausführungen wird belegt durch die – nachstehend im Rahmen des Aussageberichts genannten – Angaben der Nebenklägerin gegenüber zahlreichen verschiedenen Personen über einen längeren Zeitraum. Daher ist die Kammer auch von der Richtigkeit der Einschätzung der Sachverständigen Frau O3 – im Übrigen insoweit deckungsgleich mit den entsprechenden Ausführungen der Sachverständigen P – überzeugt, dass bei der Zeugin O1 zu allen aussagerelevanten Zeitpunkten, insbesondere zum Zeitpunkt des möglichen Erlebens und zu den verschiedenen Zeitpunkten ihrer Erinnerungsarbeit die Fähigkeit zu einer adäquaten, grundsätzlich realitätsverhafteten Situationswahrnehmung und eines entsprechend Berichts darüber aus der eigenen Erinnerung (zu den dabei zu berücksichtigen Besonderheiten etwa wegen des Sehens von Schatten, siehe die nachstehenden, diesbezüglichen Ausführungen) gegeben war.
162Die Sachverständige Frau O3, wie auch schon zuvor die Sachverständige P, haben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Frage der allgemeinen wie speziellen Aussagetüchtigkeit, insgesamt jeweils bezogen auf die vorstehend genannten, unterschiedlichen Zeitpunkte, zu prüfen sei.
163Dabei hat die Sachverständige O3 darauf hingewiesen, dass dies zwar insofern hier nicht punktgenau möglich sei, weil der Beginn des wenn auch am 00.00.0000 endenden Tatzeitraums mangels so punktgenauer Erinnerung und großer Zeiträume nicht exakt benannt werden könne. Die Sachverständige O3 hat aber zugleich darauf hingewiesen, dass sie anhand der biographischen Entwicklung, des Aussageberichts von O1 dazu, insbesondere auch unter Berücksichtigung ihres Intellekts und ihrer Schulbildung, sowie der nachfolgend zahlreichen Berichte über das Verhalten und die Aussagen der Nebenklägerin mittlerweile über mehrere Jahre hinweg gegenüber zahlreichen Personen (Näheres siehe im Aussagebericht) im so erhobenen Querschnitt keine erheblichen psychopathologischen Auffälligkeiten gegeben habe, die die allgemeine wie spezielle Aussagetüchtigkeit konkret eingeschränkt oder gar ausgeschlossen hätten. Dabei hat die vorgenannte Sachverständige betont, dass sie gerade wegen der Zeiträume des ersten berichteten Erlebens von sexuellem Missbrauch, über den sich die Nebenklägerin anfangs gerade nicht öffnete, so dass kein Aussagebericht aus der Zeit des frühen Erlebens vorliege, bei der Nebenklägerin sehr genau die biographische Entwicklung erfragt habe.
164Weiterhin hat die Sachverständige O3 ausgeführt, dass die Eignung der Geschädigten zur Leistung einer Aussage nicht durch etwaige psychische oder psychiatrische Erkrankungen oder Auffälligkeiten sowie Hinweise auf ein Wahnerleben eingeschränkt sei. Anlass zur diesbezüglichen näheren Prüfung gab es wegen der eingangs genannten Berichte der Nebenklägerin, wonach sie nach dem 00.00.0000 z.B. beim Einschlafen Schatten sah.
165Zunächst hat die Sachverständige darauf hingewiesen, dass selbst eine etwaige Diagnose einer Psychose nicht generell auf einen Ausschluss der Aussagetüchtigkeit schließen lasse, sondern die bei Psychosen auftretenden Symptome sich bloß einschränkend auf die Wahrnehmungs-, Gedächtnis- und Wiedergabefähigkeiten auswirken könne.
166Gegen eine – ggf. seit Jahren vorliegende – Psychose, so die Sachverständige, spreche weiter, dass die Auswirkungen einer etwaigen Psychose sich nicht mit den bislang erreichten schulischen Leistungen vereinbaren lasse. Regelmäßig sei bei Vorliegen einer Psychose mit einem sog. Lebensknick, also z.B. in Bezug auf die Leistungen mit einem massiven Leistungseinbruch, zu rechnen, was sich damit erkläre, dass bei Betroffenen Symptome wie (formale) Denkstörungen oder gar (inhaltliche) Denkstörungen in Form von Wahn, überwertigen Ideen und Zwangsgedanken, aber auch Halluzinationen optischer, akustischer oder sonstiger Art auftreten.
167Derartiges fehlt aber in der Lebensgeschichte der Nebenklägerin; auch in der Untersuchung durch die Sachverständige O3 haben sich darauf keine Hinweise ergeben.
168Das gilt insbesondere für das – unter II 6 a und b beschriebene – Sehen von Schatten. Dabei hat ganz erhebliches Gewicht der Umstand, dass sämtliche dazu vernommene Zeugen bzw. Sachverständige, T, A, Frau I und Frau P berichteten, dass der Nebenklägerin gemäß den ihnen von der Nebenklägerin gemachten Angaben ihr stets klar gewesen sei, dass diese Schatten nur in ihrer Vorstellung bestanden hätten. Zu keinem Zeitpunkt habe insbesondere die Nebenklägerin oder der Zeuge T berichtet, dass die Nebenklägerin diese Schatten oder Figuren für echt, für ein reales Erleben gehalten habe. Aufgrund dieses Umstands schlossen nicht nur O3, sondern auch die aussagepsychologische Sachverständige P wie auch die Zeugin und Sachverständige A als auch die Zeugin I einen Wahn, Halluzinationen, ein psychosenahes Erleben aus.
169Das entspricht auch den Angaben der Nebenklägerin als Zeugin gegenüber der Sachverständigen O3 und gegenüber der Kammer. So hat die letztgenannte Sachverständige beispielsweise darauf hingewiesen, dass die Nebenklägerin ihr berichtet habe, dass sie einmal im Dunkeln in einer Ecke gemeint habe, einen solchen Schatten gesehen zu haben, bei näherem Hinsehen sodann aber sofort bemerkt habe, dass es sich schlicht um einen in der Ecke des Zimmers aufgetürmten Wäschestapel gehandelt habe.
170Das vorstehende Fazit ist der Kammer aus vielen Verfahren, in denen sie mit solchen Fragestellungen befasst war, bekannt. Denn der Umstand, dass Schatten/Figuren von der Person selbst als Einbildung erkannt werden steht einem wahnhaften Erleben eindeutig entgegen. Ein Kennzeichen eines wahnhaften Geschehens ist gerade das Gegenteil, also dass die Betroffenen dies nicht mehr differenzieren können.
171Die Sachverständige O3 hat – zutreffend von den richtigen Anknüpfungstatsachen ausgehend – zudem darauf hingewiesen, dass die Berichte über ein Sehen von Schatten erst nach den geschilderten Taten aufgetreten und weder das damalige Erleben noch die Schilderungen in Vernehmungen, Explorationen und in der Hauptverhandlung beeinflusst hätten. So hat auch Frau A ausgeführt, dass sie in der gesamten Zeit der Vorstellung der Nebenklägerin bei ihr dort keine Anhaltspunkte für in der Vergangenheit, d.h. vor dem 00.00.0000, stattgehabte Realitätsverkennungen oder ein psychotische Erleben gehabt habe.
172Dabei ist auch noch in den Blick zu nehmen, dass ein – hier insbesondere den Aspekt der speziellen Aussagetüchtigkeit betreffendes – Sehen von Schatten auch insofern keinen Einfluss auf die Aussage haben kann, da diese thematisch nicht in einem Zusammenhang zu Sexualität und oder dem Angeklagten standen. Nur dann, so die Sachverständige O3 weiter, wenn ein fragliches Geschehen in einer akuten psychotischen Phase der Zeugin passiert wäre und/oder beispielsweise Wahngedanken in einem Zusammenhang mit diesem Geschehen stehen würden, wäre von einer entsprechenden Auswirkung auszugehen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Die Aussagetüchtigkeit sei durch das Sehen von Schatten im Hinblick auf die hier gegenständlichen Ereignisse dadurch nicht eingeschränkt.
173Ferner hat sich die Sachverständige O3 auch mit der bei A und bei Frau I gestellten Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) näher auseinandergesetzt. Dazu hat sie ausgeführt, dass bei der Nebenklägerin in der Praxis A aufgrund des in einem Traumainventar (EKI-KJ) erreichten Summenwertes von 51 auf das Vorliegen einer PTBS geschlossen worden sei. Dabei handele es sich indes schon um einen Zirkelschluss, da das Inventar auf einer Selbsteinschätzung beruhe. Eine Objektivierung eines traumatischen Ereignisses sei anhand dieses Ergebnisses nicht möglich. Vielmehr könne die Diagnose einer PTBS sicher erst dann gestellt werden, wenn ein Trauma objektiviert sei.
174Ferner hat sie Sachverständige darauf hingewiesen, dass die allermeisten psychischen Symptome für sich genommen nicht eindeutig zwischen verschiedenen Störungsbildern differenzierten; vielmehr sei es notwendig das Zusammenspiel von Symptomen (sog. Syndrome) zu betrachten. So könnten z.B. Alpträume, Angst, Depressionen bei sehr unterschiedlichen Störungsbildern vorkommen. So sei insbesondere durch berichtete Alpträume nicht per se auf eine PTBS zu schließen, zumal diese Träume nicht mit den erhobenen Vorwürfen vergleichbar seien.
175Schließlich hat sich die Sachverständige O3 differentialdiagnostisch mit der Frage einer etwaigen Persönlichkeitsstörung auseinandergesetzt. Dabei hat sie zunächst auf die Bandbreite sehr unterschiedlicher, näher bezeichneter Persönlichkeitsstörungen hingewiesen, zugleich aber hervorgehoben, dass unabhängig von der genauen Einordnung für die grundlegende Annahme einer Persönlichkeitsstörung überhaupt die allgemeinen diagnostischen Kriterien vorliegen müssten. Dies bedeute nach ICD-10, dass die Störungen tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen zeigten, umfassten. Dabei finde man bei Personen mit Persönlichkeitsstörungen gegenüber der Mehrheit der betreffenden Bevölkerung deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in Beziehungen zu anderen. Solche Verhaltensmuster seien meist stabil und bezögen sich auf vielfältige Bereiche von Verhalten und psychischen Funktionen und gingen häufig mit persönlichem Leiden und gestörter sozialer Funktions- und Leistungsfähigkeit einher. Diese Muster beginnen meist in der Kindheit, setzen sich im Jugendalter fort und manifestieren sich im Erwachsenenalter.
176Diese grundlegenden Voraussetzungen liegen – so zutreffend die Sachverständige O3 – bei der Nebenklägerin trotz phasenweiser, gewisser Auffälligkeiten (siehe ihre Lebensumstände sowie die Folgen der Taten) nicht vor. Insbesondere, so die Sachverständige ergänzend, lägen bei der Nebenklägerin keine grundlegend dissozialen Verhaltensweisen vor. Ferner fehlten auch die für Borderlinepersönlichkeitsstörungen auffälligen Denk- und Interpretationsmuster.
177Schließlich liegen auch u.a. in dem gelegentlichen Schubsen des Zeugen T durch die Nebenklägerin keine, die Aussage der Nebenklägerin infrage stellende Auffälligkeiten vor. Vielmehr hat der Zeuge T dies selbst, in seiner laienhaften Einordnung bestätigt durch die Sachverständige O3, dahingehend erklärt, dass er sich sehr bemüht habe, die Nebenklägerin emotional aufzufangen und ihr dies gelegentlich einfach zu viel an – ihr bis dato, zumal mit der Aufnahme in der Familie T3 – Nähe gewesen sei, deren Zurückweisung sich dann gelegentlich in einer, an sich das Naturell der Nebenklägerin nicht kennzeichnenden Impulsivität ausgedrückt habe.
178Zusammenfassend ist danach festzuhalten, dass sich bei der Zeugin O1 keine Hinweise auf Einschränkungen in der Erinnerungs-, Wahrnehmungs- oder Reproduktionsfähigkeit allgemein wie auch bezüglich des in Frage stehenden Geschehens feststellen lassen.
179Schließlich verfügt die Nebenklägerin nach den Ausführungen der Sachverständigen O3 auch über Kontrollmöglichkeiten gegenüber Suggestiveinflüssen, ein angemessenes Quellenmonitoring und die Motivation, als Zeugin zuverlässig auszusagen.
180So war die Nebenklägerin insbesondere zu den verschiedenen Vernehmungszeitpunkten stets in der Lage, von außen an sie herangetragene Inhalte, so z.B. bei Vorhalten, für sich als zutreffend oder eben unzutreffend zu klassifizieren und auch entsprechend zu artikulieren. So wies sie die Frage – zu unterschiedlichen Punkten ihrer Berichte z.B. im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung – zurück, ob sie sich an das allererste Mal erinnern könne, ebenso die die Frage, ob sie sich an konkrete Situationen erinnern könne, als sie den Angeklagten mit der Hand habe befriedigen sollen und ebenso die (Fall II 3 e betreffende) Frage, ob sie beide bekleidet gewesen seien oder die eben diesen Fall betreffende Unterstellung, sie habe mit dem Rücken zu dem Angeklagten gesessen, worauf sie klarstellte, dass das nicht so, sondern von Angesicht zu Angesicht gewesen sei. Angesichts der so klaren Abgrenzung folgt auch nichts anderes angesichts des Umstands, dass die Zeugin O1 auf die Frage, ob sie sich konkret an irgendetwas vor dem von ihr an dem Angeklagten vollzogenen ersten Oralverkehr erinnern könne, so die Zeugin W1, „vielleicht als die Mutter im Krankenhaus war oder so was“, bejahte „Ja, als meine Mutter im Krankenhaus war". Denn zum einen hatte die Zeugin O1 schon zuvor gegenüber der Zeugin W1 von sich aus berichtete, dass etwas geschehen sei, als ihre Mutter im Krankenhaus gewesen sei. Zum anderen berichtete die Zeugin O1 nach der von ihr bejahten (Nach-)Frage, als die Mutter im Krankenhaus war, selbständig – und nicht etwa auch auf entsprechenden Vorhalt – was damals geschehen sei.
181Das angemessene Quellenmonitoring der Nebenklägerin zeigt sich bereits daran, dass sie – von den Zeugen T, A und I bestätigt – nicht nur inkriminierte Handlungen kontextuell einbettete, sondern diese Umstände beispielsweise von dem Sehen von Schatten trennte, das erstmals nach dem 00.00.0000 auftrat, als irreal erkannt wurde und überdies nicht mit sexuellen Handlungen verknüpft war.
182Die Motivation als Zeugin zuverlässig auszusagen, deren genauere Analyse noch im Rahmen der aussagepsychologischen Prüfung erfolgt, zeigt sich u.a. daran, dass sie zwar von sich aus gar keine Strafanzeige erstatten und auch schon zuvor – insbesondere vor dem 00.00.0000 – nicht einmal T genauer berichten wollte, was zu ihren Lasten sexuell geschah, auch, weil sie versuchte zu verdrängen, sich sodann aber der von der Zeugin T1 erstatteten Anzeige dem Verfahren insofern stellte, als sie sich zu zahlreichen verschiedenen Befragungs- bzw. Vernehmungszeitpunkten stets bereitfand, auszusagen und dies auch noch inhaltlich differenziert tat.
183Die Kammer ist von der Richtigkeit der vorstehenden, die allgemeine und spezielle Aussagetüchtigkeit bejahenden Ausführungen insbesondere der Sachverständigen O3 überzeugt. Denn diese hat ihr Gutachten nach ausführlicher Exploration der Zeugin O1 sowie unter besonderer Berücksichtigung der Erkenntnisse der Hauptverhandlung in dieser Sache umfassend, anschaulich, auch für Laien verständlich, sehr gründlich und nachvollziehbar erstattet. Die Gründlichkeit zeigt sich z.B. an dem Umfang der von ihr vorgenommenen mehrstündigen Exploration der Zeugin und der detaillierten Darstellung der einzelnen Befunde in der Hauptverhandlung. Die von ihr dargelegten Umstände hat sie nachvollziehbar unter Berücksichtigung zahlreicher weiterer Zeugen- und Sachverständigenaussagen, wie vorstehend immer wieder im Einzelnen näher benannt, erklärt.
184Die Sachverständige O3 verfügt als approbierte Psychotherapeutin zudem über die erforderliche Sachkunde zur Beurteilung der an sie gerichteten Fragestellungen, da sie einerseits aufgrund ihrer Ausbildung kraft Gesetzes befähigt ist, Diagnosen auch sämtlicher psychiatrischer Erkrankungen, z.B. einer Psychose und anderer Erkrankungen nach ICD-10, zu stellen und – mit Ausnahme der Verabreichung von Medikation – zu behandeln. Zudem verfügt sie aufgrund ihrer 37-jährigen Berufserfahrung, insbesondere der langjährigen Leitung einer Psychose-Station im Maßregelvollzug sowie zehnjähriger Leitung des Instituts für forensische Medizin in F über die praktische Erfahrung im Bereich der Diagnostik.
1852.2.2.
186Die Kammer hat sodann die Aussagequalität der Angaben der Zeugin O1 überprüft. Zunächst folgt nun – unter dem Aspekt der Konstanzanalyse – eine geschlossene Darstellung der Angaben der vorgenannten Zeugin.
187Dabei hat sich die Kammer von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs leiten lassen, wonach dann, wenn eine Verurteilung im Wesentlichen auf der Aussage einer Belastungszeugin beruht und diese sich entgegen früheren Vernehmungen teilweise abweichend erinnert, jedenfalls die entscheidenden Teile der bisherigen Aussagen in das Urteil aufgenommen werden müssen, da dann, wenn es an einer umfassenden Darstellung der früheren Angaben der Zeugin z.B. vor der Polizei und in der Hauptverhandlung, fehlt, eine revisionsgerichtliche Prüfung nicht möglich ist (vgl. BGH, NStZ-RR 2015, 52-53, über juris, Rn. 9-12; BGH, NStZ-RR 2014, 219-220, über juris, Rn. 5-7; BGH, NStZ-RR 2013, 119-120, über juris, Rn. 5-6 und 8; StV 2011, 6-7, über juris, Rn. 7).
188Soweit über die Angaben insbesondere zu Missbräuchen der Nebenklägerin hinaus weitere Aspekte aus den Aussagen der Nebenklägerin im Rahmen der Prüfung der Aussage relevant sind, so werden diese bei den späteren Prüfungspunkten erwähnt.
1892.2.2.1.
190Gegenüber dem Zeugen T äußerte sich die Nebenklägerin nach seinen Bekundungen in der Hauptverhandlung
191(1) erstmals, noch vor dem 00.00.0000, wie im Einzelnen bis zu diesem Zeitpunkt unter II 5 festgestellt,
192(2) in dem am 00.00.0000 noch von ihrem Zuhause aus geführten Telefonat äußerte sie sich wie unter II 3 i festgestellt; danach äußerte sie sich gegenüber dem Zeugen T nicht näher bis schließlich die Mutter des Zeugen, die Zeugin T1 nach Hause kam und sich nach einem kurzen Wortwechsel, der stattgefunden hatte, als sie im Türrahmen zum Zimmer des Zeugen T stand, allein mit der Nebenklägerin unterhielt. Der Zeuge T stand bei diesem Gespräch etwas abseits und bekam akustisch davon kaum etwas mit.
193(3) In der nachfolgenden Zeit, insbesondere während des Verbleibs bei der Familie T3 berichtete die Nebenklägerin gegenüber dem Zeugen T, es habe mit neun Jahren angefangen und dass der Angeklagte gesagt habe, dass, wenn sie ihn anfasse, sie ein bestimmtes Spiel bekomme. Das habe sie auch gemacht und das Spiel nicht einmal immer bekommen. Erst im Laufe der Zeit habe sie verstanden, dass das nicht in Ordnung sei. Das aus Sicht des Zeugen T ihm am stärksten, krassesten in Erinnerung gebliebene Geschehen sei so gewesen, dass der Angeklagte irgendwann ein neues Büro gehabt habe, in dem die Nebenklägerin mit dem Angeklagten allein gewesen sei und er plötzlich einen Müllbeute zur Nebenklägerin gebracht habe, in dem sich im weitesten Sinne Sexspielzeuge für Erwachsene befunden hätten.
194Weiter habe sie dann aber zunächst jedenfalls vor der Strafanzeige nicht berichtet, wohl aber während ihres Aufenthalts bei ihnen später. Da habe sie weiter erzählt, das Büro sei außerhalb der Wohnung in H gelegen gewesen; das habe ihr Vater angemietet gehabt. Sie habe High Heels anziehen sollen und eine Hundeleine umgelegt gehabt. An dieser Stelle brach der Bericht der Nebenklägerin gegenüber dem Zeugen T zunächst ab, da sie weinen musste, bevor sie noch weiter erzählte, dass sie mit den High Heels habe herumlaufen und auch angeleint mit der Hundeleine auf allen Vieren durch sein Büro habe kriechen müssen, bevor ihr Bericht wieder – diesmal endgültig – abbrach.
195Insbesondere bei den unter (3) genannten Berichten war die Nebenklägerin, nach den Bekundungen des Zeugen T, wenn auch mit Weinen emotional betroffen wirkend, sachlich, knapp und nie bemüht von sich aus besonders ausführlich zu erzählen. Das begründete sie damit, dass sie versuche, so wenig wie möglich an ihren Vater zu denken.
1962.2.2.2.
197Die Zeugin T1, Mutter von T und gelernte Erzieherin, die von einem Essen nach Hause kam und hoch zu dem Zimmer ihres Sohnes T ging, wo er und die Nebenklägerin sich befanden, fand die Nebenklägerin verweint und in sich gekehrt, still vor, was sie wunderte. Aus diesem Grund fragte sie, ob etwas passiert sei, woraufhin ihr Sohn zu der Nebenklägerin sagte, sie könne mit seiner Mutter reden. Die Nebenklägerin äußerte sich nach den Bekundungen der Zeugin T1 in der Hauptverhandlung unter Tränen wie folgt:
198Seit sie etwa acht Jahre alt sei, werde sie von ihrem Vater missbraucht. Am 00.00.0000 – sie sei mit T verabredet gewesen – habe ihr Vater ihr im Keller an die Brust gefasst. Daraufhin habe sie den Keller verlassen und sei in ihr Zimmer, wo sie geweint habe, was ihre Mutter mitbekommen habe.
199Die Zeugin T1 war ob dieser Aussage zunächst perplex und ging in die untere Etage und überlegte, wie sie sich nun verhalten solle. Sie entschloss sich, wieder in das Obergeschoss zur Nebenklägerin zu gehen und teilte ihr mit, dass sie sie persönlich nicht kenne und dass das keine Kleinigkeit sei, wenn man sage, man sei missbraucht worden. Da die Zeugin – abgesehen von dem Geschehen am 00.00.0000 - bis auf das Schlagwort des Missbrauchs nichts weiter gehört hatte und nach wie vor nicht genau wusste, was geschehen war und wie sie sich nun verhalten solle, fragte sie die Nebenklägerin, was sie damit meine, wenn sie sage, sie sei missbraucht worden. Die Nebenklägerin weinte nun noch einmal mehr, wirkte emotional auf die Zeugin T1 sehr stark betroffen, zögerte mit ihrer Antwort, holte dann Luft und erklärte ihr, sie habe den Penis des Angeklagten in den Mund nehmen müssen, vor allem im Büro, habe den Penis auch anfassen müssen bzw. anfassen sollen, wobei Letzteres im Auto habe geschehen sollen. Sie habe für ihren Vater auch ständig arbeiten und dabei Prospekte austragen müssen.
200Die Zeugin T1 war ob dieser Details geschockt, fragte nicht nach und ging nach unten, ratlos, was sie nun tun solle. Nach Beratschlagung mit ihrem zwischenzeitlich ebenfalls nach Hause zurückgekehrten Ehemann kamen sie überein, dass es besser wäre, wenn die Nebenklägerin zunächst einmal diese Nacht bei T3 bliebe, was die Nebenklägerin auch ihrem Vater mitteilte (siehe insoweit den Fortgang unter II 5 ab diesem Zeitpunkt).
2012.2.2.3.
202Nachdem die dem Angeklagten von der Zeugin T1 gesetzte Frist zur Selbstanzeige erfolglos abgelaufen war (siehe oben II 5), erstattete die Zeugin T1 am 23.04.20219 Strafanzeige bei der Polizei, einen Umstand, über den sie als solchen die Nebenklägerin unterrichtete.
203Im Zuge der polizeilichen Zeugenvernehmung der Nebenklägerin vom 29.04.2019, über die die Vernehmungsbeamtin, die Zeugin W1 grundlegend berichtete, zu der auch O1 sich auf Vorhalte äußerte und die zur genauen Konstanzprüfung ergänzend zu ihrer Vernehmung verlesen wurde, bekundete die Nebenklägerin grundlegend und zu einzelnen Geschehnissen, die in der nachstehenden Darstellung der Übersichtlichkeit halber an den Punkten II 3 a bis i orientiert sind, soweit dazu in der vorgenannten Vernehmung überhaupt Angaben erfolgten:
204(1)
205Grundlegend, wenn auch mit Teilaspekten der nachfolgend näher von O1 berichteten einzelnen Taten:
206Auf die Frage, ob sie sich erinnern könne, als es angefangen habe, bekundete sie, das habe angefangen als sie in etwa neun Jahre alt gewesen sei; sie habe sehr gerne Computerspiele gemocht, ihr O4 und dann sei ihr Vater gekommen und habe so ein Spiel daraus gemacht, dass sie ihn habe anfassen müssen. Sie habe dann halt sein Ding angefasst. Das habe so angefangen, dass, wenn sie das gemacht habe, er dann gekommen sei, sie Spiele erhalten habe; sie habe sich dabei nichts gedacht. Das sei in H, in der Zeit, in der sie in der S1-Straße … gewohnt habe, passiert.
207An das allererste Mal könne sie sich nicht erinnern. Als erstes in der Vernehmung erinnere sie den ersten Oralverkehr wie nachstehend hier näher unter (2) (c) dargestellt.
208Sie könne sich aber nicht mehr konkret an Situationen erinnern, in denen sie ihn mit der Hand habe befriedigen sollen. Sie habe auch nie vorgehabt zur Polizei zu gehen. Sie wolle es einfach nur vergessen.
209Jedenfalls sei das dann immer weiter gegangen und habe sich irgendwann so gesteigert, dass sie das mit ihrem Mund gemacht habe; ihr Vater habe ein großes Büro außerhalb des Hauses S1-Straße … gehabt, aber auch in H gelegen. Ihr Vater habe so eine schwarze Plastiktüte mit Sextoys darin gehabt, die er an ihr ausprobiert habe. Und sie habe dann immer weiter gemacht. In Thailand im Urlaub, als ihre Mutter, wie immer bei solchen Gelegenheiten, weg gewesen sei, habe sie seinen Penis geleckt. Es sei aber nicht immer im Urlaub passiert; es habe auch Urlaube gegeben, in denen er sie in Ruhe gelassen habe, was aber eher der Fall gewesen sei, als sie schon älter gewesen sei. In den Urlauben sei das meist ein oder zweimal pro Urlaub der Fall gewesen, wobei sie sich zeitlich unsicher sei; sie sei etwa 10-13 Jahre alt gewesen, vielleicht von ca. 2011 bis 2015.
210Oralverkehr habe er fast immer von ihr verlangt seit sie ca. 10 oder 11 Jahre alt sei; aufgehört habe das mit ca. 14 oder 15 Jahren. An das letzte Mal Oralverkehr könne sie sich nicht erinnern. Sie wisse nicht, wie oft das passiert sei, es habe so stattgefunden, wie es ihm gepasst habe. Wenn sie schätze, so würde sie sagen, dass sexuelle Übergriffe mindestens fünfmal im Monat stattgefunden hätten. Fast immer habe sie Oralverkehr machen müssen; die anderen Male habe sie es mit der Hand machen müssen. Auf den Vorhalt, dass es bei fünfmal in der Woche, fast jedes Mal Oralverkehr zu mindestens 120 Handlungen gekommen sei, ob das hinkomme, erwiderte die Nebenklägerin, dazu habe sie keine Ahnung, aber es sei ihr sehr oft vorgekommen. Jedenfalls an besonderen Situationen wie z.B. an Geburtstagen oder Weihnachten, sei nichts passiert.
211Ihre Mutter bzw. ihr Bruder seien bei den Handlungen nie mit im Raum gewesen; manchmal seien sie in der Wohnung, aber in der Küche oder im Bad gewesen. Man habe immer hören können, wenn jemand gekommen sei. Der Angeklagte und sie seien auch nie erwischt worden. Das gelte auch für einen Fall, in dem der Angeklagte nachts mit ihr gekuschelt habe, von hinten sein Glied zwischen ihre Oberschenkel gesteckt habe, als ihre Mutter eben nicht im Raum, sondern duschen gewesen sei. Als ihre Mutter gekommen sei, habe ihr Vater sie – O1 – von sich weggeschubst.
212Wenn sie etwas nicht zugelassen habe, habe sie Sachen, die sie haben wollte, nicht bekommen oder der Angeklagte habe ihr erklärt, sie sei verklemmt.
213Sie habe mitbekommen, dass ihre Eltern es viel „getrieben“ hätten und irgendwann habe ihre – der Zeugin – Mutter nicht mehr gewollt, da sei er zu ihr – O1 - gekommen.
214Im Auto habe er ihr angeboten, einen „Blow Job“ zu machen, während er gefahren sei, aber das habe sie nie gemacht. Im Auto sei es nie zu sexuellen Handlungen gekommen; er habe das gewollt, aber sie nicht. Sie sei da schon etwas älter gewesen und habe herausgefunden, dass es Inzest sei. Sie habe ihn darauf angesprochen, er sei dann wütend geworden.
215Grundlegend andere als die Arten der vor- wie nachstehend berichteten sexuellen Handlungen habe es nicht gegeben. Insbesondere sei es nie zum Geschlechtsverkehr gekommen. Der Angeklagte habe auch nie sonst etwas bei ihr in die Scheide eingeführt.
216Als sie etwa 14 Jahre alt gewesen sei, habe der Angeklagte immer weniger Sachen mit ihr gemacht. Er habe sie angefasst. Jetzt fasse er sie nur noch an die Brust.
217Streit habe es mit ihrem Vater zuletzt deshalb gegeben, weil sie zu ihrem Freund gewollt und er – ihr Vater – gemeint habe, die Arbeit sei wichtiger, weil sie arbeiten gehe; sie verteile Prospekte für F5, meist samstags. Ihr Vater habe auch über T gelästert, als er ihn mal gesehen habe; ihr Vater habe gemeint, er habe einen komischen Namen und würde komisch aussehen. Das habe sie nicht so gut gefunden.
218Ihrer Mutter gegenüber, die sie vermisse, habe ihr Vater zumindest Teile zugegeben. Er habe ihr so etwas gesagt wie „Vater/Tochter Beziehung“ und dass das auch aus Spaß passiert sei. Ein bisschen anfassen, habe er gemeint, wäre ja wohl normal. Das habe ihre Mutter, die aus Thailand sei, nicht so gut verstehen können. Jedenfalls wolle sie, die noch keine psychologische Hilfe habe, sich Hilfe suchen und wolle auch, dass ihr Vater bestraft werde.
219(2)
220Konkreter zu einzelnen Geschehnissen:
221(a) Zu II 3 a
222Im Hotel in Thailand, ihre Mutter sei einkaufen gewesen, ihr Bruder noch nicht geboren; sie – O1 – sei im Bett gewesen, ihr Vater aus der Dusche gekommen; dann sei er ihr an die Vagina gegangen und habe daran geleckt; sie sei zuvor angezogen gewesen und er habe sie ausgezogen. Zu diesem Zeitpunkt sei mehr nicht passiert. Geleckt habe er sei nur einmal dort.
223(b) zu II 3 b
224Vor dem ersten Oralverkehr, als ihre Mutter im März 2011 schwanger im Krankenhaus gewesen sei, habe sie mit ihrem Vater gemeinsam gegessen, er habe Fernsehen geguckt. Irgendwann sei er zu ihr in das Zimmer gekommen und sie habe mit ihm in das Schlafzimmer gehen müssen. Sie habe mit ihm gekuschelt; dann habe er angefangen sie überall anzufassen. Dann habe er seinen Penis herausgeholt und von hinten zwischen ihre Oberschenkel getan, und sie dann weiter angefasst.
225(c) zu II 3 c
226Als sie ca. 10 Jahre alt gewesen sei im Büro, habe er sie gerufen und gefragt, ob sie herüber komme. Sie habe ihr O4 mitgenommen. Er habe gesagt, sie solle mal zu ihm kommen, was sie getan habe. Sie habe auf seinem Schoß gesessen, dann habe er sie angefasst, so langsam an den Oberschenkeln, sei ihr dann an die Brüste gegangen. Sie habe nicht gewusst, was sie tun solle. Da habe er ihr gesagt, sie solle auf die Knie gehen, was sie gemacht habe; er habe seine Hose aufgemacht und seinen Penis herausgeholt und dann gesagt, dass sie ihn lecken solle. Sie habe nicht gewusst, was dies sei und auch nicht, warum der Angeklagte ihr erklärt habe, dass sie das niemandem erzählen solle. Er habe ihr erklärt, dass sie an der Spitze lecken solle, bis er gekommen sei. Er habe ihren Mund aufgehalten und sie habe sein Sperma in den Mund bekommen. Sie habe es ausspucken wollen, aber ihr Vater habe gesagt, dass sie es herunterschlucken solle.
227Später, im Laufe der Zeit habe sich das dann so gesteigert, dass sie das Glied richtig in ihren Mund, in ihren Hals herein, habe nehmen sollen und er das Glied immer in ihren Hals gesteckt habe bis er in ihrem Mund gekommen sei. Dabei habe ihr Vater eine Hand gegen ihren Kopf gehalten, so dass sie einen Brechreiz gehabt habe; sie habe würgen müssen und habe Tränen in den Augen gehabt.
228Er habe auch immer gesagt, dass sie ihrer Mutter nichts erzählen solle.
229Bei einem der Oralverkehre im Büro habe sie Sperma in ein Taschentuch gespuckt. Da sei ihr Vater sehr enttäuscht von ihr gewesen und habe gesagt, jetzt bekomme sie das – versprochene – Spiel nicht mehr; sie meine aber, dass sie es gleichwohl noch erhalten habe.
230Wenn sie seinen Penis geleckt habe, habe sie zu ihm hochgesehen, er aber habe sie heruntergedrückt. Sie denke darüber heute, dass er sie nicht habe ansehen wollen.
231(d) zu II 3 d
232Solcher Oralverkehr habe sich in dem zum Haus S1-Straße … gehörenden Büro mehrfach auf die beschriebene Art und Weise wiederholt. Einmal habe sie sich dabei, als sie etwa 11 Jahre alt gewesen sei, übergeben müssen. Das sei so gekommen, dass sie daran geleckt und gelutscht habe; ihr Vater habe mehr gewollt und dann ihren Kopf zu sich gedrückt, so dass ihr Penis in ihren Hals gegangen sei, sie habe dann brechen müssen und habe ihn dabei vollgebrochen. Er habe das weggemacht, er habe es nicht schlimm gefunden. Er sei dann auch – bevor sie erbrochen habe – gekommen; als sie dann aber gewürgt gehabt habe, habe er aufgehört.
233(e) zu II 3 e
234Zunächst äußerte die Nebenklägerin, der Penis des Angeklagten sei ganz nah gewesen; er habe es gewollt, es dann aber doch nicht gemacht; das erzähle sie gleich. So bekundete sie dazu genauer: Der Angeklagte habe, als sie etwa 10 oder 11 Jahre alt gewesen sei, auf einem Stuhl in seinem Büro gesessen, wohin er sie – so glaube sie – mitgenommen gehabt habe. Sie habe auf seinem Schoß gesessen und er habe ihr gesagt, dass sie ein neues – kein bestimmtes – Spiel bekomme, wenn sie es mache, womit er Geschlechtsverkehr gemeint habe. Er und sie hätten die Hosen selber ausgezogen. Er habe ihr gesagt, sie solle ihre Hose ausziehen. Sie habe gedacht, es sei ein Spiel. Sie habe dann von Angesicht zu Angesicht auf seinem Schoß gesessen. Er habe sie dann gefragt „Kann ich es reinstecken“, worauf sie mit „ja“ geantwortet habe. Dann sei er kurz darauf gewesen, sein Glied bei ihre hereinzustecken, habe sie aber festgehalten, angeschaut, etwas besorgt geschaut und es dann doch nicht gemacht, so dass sie dann von seinem Schoß herunter gegangen sei.
235(f) zu II 3 f
236Mit den Sexspielsachen – so die Wortwahl in der Frage der Vernehmungsbeamtin, der Zeugin W1 – sei es so gewesen, dass sie sich ganz habe ausziehen sollen, er ihr High Heels gezeigt habe, die sie angezogen habe und mit denen sie herumgelaufen sei. Die Schuhe seien pink und für sie zu groß gewesen. In der Tüte seien auch Handschellen und Dildos drin gewesen, die sie allerdings nur angeschaut habe. Sie sei mit den High Heels auf allen Vieren, auf den Knien, herumgelaufen, da ihr Vater ein lila Halsband für Hunde gehabt und sie damit angeleint habe; er habe die Leine in der Hand gehabt und sie an der Leine in seinem Büro herumgeführt. Bei sich selbst habe er währenddessen nichts gemacht.
237(g) zu II 3 g
238Zuletzt im Januar 2019, so meine sie zeitlich, sei es jedenfalls so gewesen, dass der Angeklagte sie aufgeweckt habe, indem er ihre nackte Brust unter dem T-Shirt angefasst habe. Zudem habe er sie ab und an auch geweckt, in dem er ihr seinen bekleideten Penis in ihr Gesicht gehalten habe, so dass sie von der Berührung wach geworden sei.
239(h) zu II 3 h
240Dazu findet sich bei der polizeilichen Vernehmung kein Bericht.
241(i) zu II 3 i
242Am 00.00.0000 sei der letzte der zudem seltener gewordenen Übergriffe geschehen. Sie sei im Keller gewesen und habe Anziehsachen geholt. Dann sei ihr Vater gekommen und habe sie auf dem T-Shirt an der Brust angefasst. Sie habe nichts gesagt und sei wieder hochgegangen. Sie habe danach auf dem Bett gesessen und geweint; ihre Mutter habe dann gefragt, was los sei, sie aber habe nur gesagt, dass sie darüber nicht reden wolle, weil sie bemerkt habe, dass ihr Vater mittlerweile im Flur gewesen sei und zugehört habe, was sie und ihre Mutter gesagt hätten. Sie habe es ihr zuflüstern wolle, es aber dann doch nicht getan.
2432.2.2.4.
244Im Rahmen der Termine bei der als Zeugin und Sachverständigen vernommenen Kinder- und Jugendpsychiaterin Frau A, berichtete O1 letztlich einmal, am 08.11.2019, von Missbrauch durch ihren Vater. Der sexuelle Missbrauch habe jahrelang gedauert und im April 2019 geendet, als sie auch dem Zeugen T darüber berichtet habe. Seit Ostern habe sie keinen Kontakt mehr zur Familie; die Mutter, der sie am 00.00.0000 versuchte habe, davon zu erzählen, glaube ihr nicht. Seit sie etwa neun Jahre alt gewesen sei – bis als sie 16 Jahre alt gewesen sei – sei sie sexuell missbraucht, unangenehm berührt worden, habe sich ausziehen müssen bzw. sei ausgezogen worden, habe den Vater auch befriedigen müssen, wobei der Vater sie in späteren Jahren zunehmend gefragt habe, ob sie ihn befriedigen wolle. Er habe ihr auch gedroht, wenn sie darüber etwas erzähle, würde er sie und ihre Mutter umbringen.
245Nachfragen bzw. eine Traumatherapie seien – so Frau A weiter – mit Blick auf das laufende Verfahren nicht gestellt bzw. durchgeführt worden.
2462.2.2.5.
247Bei der Kinder- und Jugendlichentherapeutin Frau I, die darüber in der aktuellen Hauptverhandlung als Zeugin aussagte, berichtete O1 bei einer einzigen Gelegenheit, nämlich am 26.05.2021 noch vor der ersten hier durchgeführten Hauptverhandlung im Jahr 2021 in freiem Bericht ohne Nachfragen seitens Frau I und ohne, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine Traumatherapie stattfand, von Details des von ihr zuvor nur in der ersten Sitzung schlagwortartig genannten Umstands, dass sie durch den eigenen Vater sexuell missbraucht worden sei. Das geschah auf Vorschlag von Frau I, die sich wegen des Gesundheitszustands von O1 Sorgen machte und durch die Entgegennahme von O1 Angaben zu etwaig zurückliegenden Übergriffen, abklären wollte, ob O1 psychisch überhaupt in der Lage sein würde, vor Gericht auszusagen.
248Die Nebenklägerin erklärte ihr:
249Der Missbrauch habe angefangen als sie etwa 8 oder 9 Jahre alt gewesen sei.
250Der Vater habe sie angefasst, im Schlafzimmer der Eltern habe er sie umarmt.
251Die Mutter durfte es nicht erfahren, er habe sie am Kragen gepackt, gesagt „sag es niemandem, was wir machen“.
252Es habe ein Büro neben der Wohnung gegeben. Dahin habe sie mitkommen sollen, ihn anfassen und sich ausziehen. Dann habe sie ein Q Spiel bekommen.
253In Thailand habe es auch ein Büro gegeben, da habe sie ihn auch befriedigen sollen. Er hatte ihr schon früh gezeigt, wie das gehe.
254Zur Art der Befriedigung machte sie Handbewegungen, welche die Zeugin I als Handbefriedigung am Glied verstand.
255Erst in der weiterführenden Schule habe sie verstanden, was Inzest sei. Vorher habe sie gedacht, das sei normal.
256Später in H habe der Vater dann ein anderes Büro gehabt, das weiter weg gewesen sei. Da habe er einen Müllsack gehabt mit Sextoys, die er an ihr ausprobiert habe. Sie habe mit High Heels herumlaufen, auf allen Vieren kriechen und ihn befriedigen müssen.
257Im Auto habe sie ihn nie befriedigt, obwohl er sie darum gebeten habe. Er habe sie auch gefragt, ob sie ihn liebe und sie mit Zunge geküsst.
258Er habe sich auf ihren 14. Geburtstag gefreut, weil sie dann mit ihm arbeiten und Zeitungen verteilen könne.
259Sie sei auch misshandelt worden von den Eltern. Sie habe mit dem Bruder fangen gespielt und da sei ihr Bruder die Treppe runtergefallen. Dann habe sie in ihrem Zimmer die Tür zugehalten, weil sie stärker gewesen sei als die Mutter. Der Vater sei dann gekommen und habe sie mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen.
260Der Vater habe sie immer angefasst, ohne zu fragen, so auch in dieser letzten Situation. Sie habe sich damals im Keller umgezogen, der Vater sei dann zu ihr gekommen, habe sie an der Brust angefasst. Da habe sie geweint und die Mutter habe gefragt, was los sei. Sie habe aber nichts erzählt.
261Als die Mutter schwanger war und im Krankenhaus habe er sie auch angefasst und sie habe mit ihm in einem Bett geschlafen.
262Er habe sie auch morgens geweckt, indem er ihr den Penis ins Gesicht gedrückt und sie aufgefordert habe, Kaffee zu kochen.
263Sie wisse jetzt erst, wie schlimm das sei, sie habe gedacht, das sei normal.
264Er habe sie im Auto geschlagen, wenn sie zu leise war. Deshalb sei es ihr jetzt unangenehm mit einem Mann im Auto zu sein, ohne zu reden.
265Als sie älter geworden sei, habe der Vater immer gefragt, ob sie das möchte. Sie habe nein gesagt. Er habe ihr dann einen Deal angeboten, dass sie etwas bekomme, wenn sie es mache.
266Letztlich habe sie sich nie sicher gefühlt.
2672.2.2.6.
268Bei der zugleich als Zeugin vernommenen aussagepsychologischen Sachverständigen P berichtete die Nebenklägerin im Rahmen ihrer Exploration.
269(1)
270Grundlegend, wenn auch mit Teilaspekten der nachfolgend näher von berichteten einzelnen Taten:
271Ihr Vater habe angefangen sie anzufassen, als sie acht Jahre alt gewesen sei. Sie hätten in H gewohnt und sie sei noch auf die dortige Grundschule – in welche Klasse genau, als es angefangen habe, wisse sie nicht – gegangen. Sie habe sich dabei nichts gedacht, weil er ein Büro neben der Wohnung gehabt habe. Da habe er sie angefasst und sie habe dafür Spiele – sie habe die ganze Zeit O4 gespielt – als Belohnung bekommen. Den allerersten Vorfall erinnere sie nicht. Allerdings sei der erste Vorfall in H in der Wohnung gewesen. Da habe er angefangen, sie anzufassen, anfangs an den Brüsten (wann deren Wachstum angefangen habe, wisse sie nicht), wenn ihre Mutter weg gewesen sei, jedenfalls nicht im selben Raum. Er habe ihr gesagt, sie solle das niemandem erzählen, was er nicht näher erklärt habe. Bezogen auf den damaligen Zeitpunkt habe er nicht gesagt, was passiere, wenn sie es doch erzähle. Ihre Mutter habe auch nie etwas gemerkt, wenn sie und ihr Vater im Schlafzimmer gewesen seien. Und sie – O1 – habe sich nie getraut, ihr etwas zu sagen.
272(2)
273Konkreter zu einzelnen Geschehnissen:
274(a) Zu II 3 a
275Einmal in einem Hotel in Thailand, ihre Mutter sei weg gewesen, (wahrscheinlich) einkaufen – oder sogar duschen; sie – O1 – glaube, sie sei 14 Jahre alt gewesen und ihr Bruder schon geboren. Sie – O1 – habe in dem Hotelzimmer auf dem Rücken gelegen, ihr Vater habe auf dem Bauch gelegen und sei mit seinem Kopf an ihrer Vagina gewesen und habe sie dort mit seinem Mund befriedigt, während ihre Beine gespreizt gewesen seien. Sie habe sich ausgezogen gehabt.
276(b) zu II 3 b
277Als ihre Mutter mit ihrem – O1 - Bruder schwanger im Krankenhaus gewesen sei, 2012 (Anm: rechnerisch richtig: 2011), habe sie mit ihrem Vater in dem Schlafzimmer der Eltern so nebeneinander gelegen, dass ihr Vater sie von hinten umarmt und unter ihrem T-Shirt angefangen habe, ihr Brust zu anzufassen. Dann sei er hart geworden, habe sich direkt an ihrer Vagina gerieben und dann sei etwas aus dem Genital herausgekommen und zwar auf ihre Beine, was sie weggewaschen habe.
278Die Zeugin unterschied insoweit das nachfolgende, ähnliche Geschehen, wie folgt:
279Der Angeklagte habe sie über der Bekleidung ein bisschen an den Brüsten angefasst, sie meine im Wohnzimmer im Stehen. Er habe gesagt „Komm mit“, sie angefasst und daraufhin seien sie in das Bett im Schlafzimmer der Eltern, wo er sie unten herum auch angefasst habe, an ihren Waden und Schenkeln. Er habe ihre Hose aus- oder heruntergezogen, habe seine Hose herunter-, aber nicht ausgezogen, habe sein Genital herausgenommen – das Genital selbst habe sie nicht gesehen, aber gefühlt – und es dann zwischen ihre Beine gelegt, dazwischen gesteckt und sich an ihr gerieben. Sie beide hätten dabei auf der Seite gelegen und er habe sie mit seinen Armen an ihren Oberarmen angefasst. Das Genital sei anfangs weich gewesen und dann hart geworden. Die Mutter sei kurz gehalten worden, so könne man sagen, weil sie nicht wirklich herausgegangen sei und sie auch keinen Job habe; während des Geschehens habe sie fern gesehen und sie beide seien leise gewesen, so dass ihre Mutter nicht in das Schlafzimmer gekommen sei. Dabei wisse sie nicht, ob es zur Ejakulation gekommen sei.
280(c und d) zu II 3 c und II 3 d
281In dem zum Haus S1-Straße … gehörenden Büro in H habe sie an einem Tisch gesessen und ihr Vater an einem anderen Tisch und habe dort „Schreibkram“ gemacht, während sie gespielt habe. Dann habe ihr Vater gesagt, sie solle zu ihm kommen, wenn sie ein neues Spiel haben wolle. Dann habe sie das halt getan, da sie das Spiel unbedingt habe haben wollen. Dann habe sie ihn mit dem Mund befriedigt. Der Angeklagte habe sich seine Hose heruntergezogen, sei ansonsten aber sitzen geblieben. Sie sei dann auf die Knie gegangen und sein Genital an der Eichel geleckt.
282Sie habe das Genital auch in den Hals stecken sollen, aber nicht direkt beim ersten Mal; erstmal habe er ihr geholfen. Das habe sich eher so entwickelt.
283Beim ersten Mal – sie meine, als sie 10 Jahre alt gewesen sei, wisse das Alter aber nicht genau – habe er ihr sein Genital gezeigt und gesagt, sie solle daran lecken, was sie auch getan habe. An die genau erste Situation mit dem Lecken könne sie sich nicht erinnern; sie wisse, wann es sich abgespielt habe und was sie gemacht habe. Es sei ein Unterschied gewesen, daran zu lecken oder es ganz in den Mund zu nehmen. Das sei an verschiedenen Tagen gewesen.
284Sie habe bei sämtlichen Oralverkehren vor ihm knien müssen. Sie habe ihn während des Vollzugs des Oralverkehrs nicht anschauen dürfen, warum wisse sie nicht. Er habe das entweder ausdrücklich so gesagt oder ihren Kopf heruntergedrückt oder weggedreht, so dass sie ihn nicht mehr habe anschauen können. Daran, wo seine Hände dann gewesen seien, könne sie sich ganz schlecht erinnern. Jedenfalls sie habe sich – wenn das Genital in ihrem Mund gewesen sei – ruhig verhalten; der Angeklagte sei auch ruhig gewesen. Er habe ihr aber gesagt, sie solle sich bewegen, ihren Mund, da es ja meistens so gewesen sei, dass er gesessen, sie sich hingekniet und ihn dann befriedigt habe.
285Sie habe den Oralverkehr zu Beginn nicht von sich aus richtig so gemacht, wie sie es habe machen sollen. Sie habe Schwierigkeiten dabei gehabt und es gehasst sein Genital ganz in ihrem Hals zu haben. Dabei sei sie auch kurz vor dem Erbrechen gewesen. Sie glaube nicht, dass sie erbrochen habe, das sei ihr zu ekelhaft gewesen, glaube sie.
286Sie glaube, es sei auch vorgekommen, dass sie den Samen in ein Papiertuch ausgespuckt habe.
287Schlussendlich habe sie den Oralverkehr auch nicht mehr gewollt. Zur Strafe habe sie dann kein Spiel bekommen. Sie meine, insgesamt habe sie vier/fünf Spiele für jeweils vollzogenen Oralverkehr bekommen. Sie habe den Oralverkehr nicht vollzogen, ohne ein Spiel erhalten zu haben.
288Auch in Thailand, als sie bei der Großmutter gewesen sei – ihre Mutter sei unten gewesen, ihrer eigenen Mutter helfen – habe sie, O1, ihren Vater ebenfalls mit dem Mund befriedigen müssen; er sei auch gekommen und sie habe das Ejakulat dann herunterschlucken müssen. Er habe ihr ausdrücklich gesagt, sie solle es herunterschlucken. Das habe sie aufforderungsgemäß getan, aber ekelhaft gefunden. Das sei nicht nur einmal, sondern sicher öfter, auch in anderen Situationen, geschehen.
289(e) zu II 3 e
290Als sie etwa zehn/elf Jahre alt gewesen sei – ihre Regel habe sie damals noch nicht gehabt; sie meine, diese habe mit zwölf Jahren begonnen, jedenfalls als sie in der fünften Klasse auf dem M1-Gymnasium gewesen sei – habe sie in dem zum Haus S1-Str. … gehörenden - Büro in H an einem Tisch gesessen und die ganze Zeit mit ihrem O4 gespielt. Wenn der Angeklagte Lust gehabt habe, sei sie halt zu ihm gegangen, auf seinen Stuhl, auf seinen Schoß. Dazu sei es gekommen, als er sie zu sich gerufen und gebeten habe, auf seinen Schoß zu kommen, was sie getan habe.
291Sie habe eine Hose angehabt und diese ausgezogen. Der Angeklagte habe sich auch fertig gemacht und seine Hose heruntergezogen, so dass sie sein Genital habe sehen können, das hart gewesen sei. Sie sei so auf dem Schoß des Angeklagten gewesen, dass sie gekniet habe, so dass ihre Beine rechts und links von seinem Schoß gewesen seien.
292Dabei sei es dann auch dazu gekommen, dass er ihr fast ihre Jungfräulichkeit genommen habe. Er habe sie dann aber doch gestoppt. Er habe sie angeschaut und sie gefragt „Darf ich ihn reinstecken?“, ob sie das wirklich machen wolle, worauf sie „Ja“ gesagt habe, weil sie ein Spiel habe haben wollen; er habe sie nur kurz angeschaut, dann aber „Nein“ gesagt, so dass man es doch nicht gemacht habe. Das sei an einem anderen Tag als die Mundbefriedigungen gewesen.
293Sie habe bei diesem Vorfall mit dem Gesicht vor ihm gesessen, so dass er mit seinem Genital in ihre Vagina hereingekonnt habe.
294Zu einem solchen Vorfall sei es nur ein einziges Mal gekommen.
295(f) zu II 3 f
296Sie könne sich in Bezug auf die Thematik des Leckens am Genital und des in den Hals Stecken des Genitals auch noch an Folgendes erinnern:
297Ihr Vater habe noch ein Büro gehabt, das viel größer gewesen sei als das zum Haus S1-Str. … gehörenden Büro; das sei fast wie eine Wohnung gewesen. Das größere Büro habe er vielleicht 2014 bekommen, warum wisse sie nicht. Das Büro habe auch noch einen anderen Gang gehabt und da sei auch eine Toilette gewesen. Ihr Vater habe einen schwarzen Müllsack geholt und es sei Spielzeug und Kleidung – Reizwäsche, so ein „Fischnetz“ - darin gewesen. Ob mit den „Sexspielsachen“ – so die Formulierung der Sachverständigen P – im Büro etwas passiert sei, wisse sie (O1) nicht. Sie habe nur die Wäsche/Kleidung und High Heels anziehen sollen; sie sei nackt gewesen und habe sich die Sachen dann angezogen, sei mit den Schuhen, mit denen sie nicht gut habe laufen können - sie sei fast umgeknickt und habe sich an einem Tisch festhalten müssen – hin und her gelaufen, meine, sie sei auch über den Boden gekrochen und habe den Angeklagten dann auch noch mit dem Mund befriedigen müssen. Dabei habe sie, wie immer, gekniet.
298(g) zu II 3 g
299In F1 habe der Angeklagte sie aufgeweckt, indem er in Unterhose in ihr Zimmer gekommen sei, seine Unterhose heruntergezogen und ihr sein – weiches – Genital irgendwie in ihr Gesicht gemacht habe. Dadurch sei sie wach geworden. Der Angeklagte habe ihr dann gesagt, sie solle den Kaffee machen oder ihn befriedigen. Im letztgenannten Fall werde er sich selbst Kaffee machen. Sie glaube, in F1 habe sie ihn nicht befriedigt. Jedenfalls wisse sie, dass sie ihm dann Kaffee gemacht habe.
300(h) zu II 3 h
301Sie sei von ihrem Vater – aus verschiedenen Gründen – auch geschlagen worden. So z.B., wenn sie im Auto während der Fahrt nicht geredet habe oder einmal auch, als ihr Bruder, als sie beide gespielt hätten, die Treppe herunter gefallen sei; er sei aus Versehen ausgerutscht und es sei leider ihre Schuld gewesen. Daraufhin habe ihr Vater ihr dafür den Finger in der Tür klemmen wollen. Und er habe sie so fest geschlagen, dass sie nur noch – in ihrem Bett liegend – geweint habe und sich nicht mehr habe bewegen können. Auf die Frage, ob ihr Vater sie in Zusammenhang damit, weil sie irgendetwas mit Sex oder so nicht gewollt habe, geschlagen habe, antwortete die Nebenklägerin, sie wisse es nicht, nein.
302(i) zu II 3 i
303An dem Tag, als alles herausgekommen sei, habe sie mit T telefoniert gehabt und habe sich im Keller fertig gemacht, weil sie ihn habe treffen wollen. Sie sei deshalb herunter in den Keller gegangen und habe sich angezogen. Dann sei ihr Vater in den Keller und habe die Kellertür zugemacht und sie dann an der Brust angefasst; er habe ihren BH hoch gemacht. Sie sei dann in ihrem Zimmer gewesen, habe geweint, weil ihr Vater sie angefasst gehabt habe und sei kurz davor gewesen, es ihrer Mutter zu sagen. Aber sie habe gewusst, wenn sie es ihrer Mutter und niemand anderem sagen würde, würde ihr keiner helfen; was habe denn ihre Mutter großartig machen sollen. Früher habe sie gedacht, es sei normal, jeder Vater würde das machen, aber das sei nicht so. Ihre Mutter sei jedenfalls in ihr Zimmer gekommen und habe sie getröstet, sie in den Arm genommen und gefragt, was los sei. Ihr Vater habe sich in einem anderen Raum oder im Flur umgezogen. Dann habe sie ihrer Mutter das erzählen wollen, aber sie habe gehört, wie ihr Vater sich die Hose angezogen, dann aber aufgehört habe. Sie habe es ihrer Mutter dann doch nicht gesagt, weil sie geglaubt, gewusst habe, dass ihr Vater zuhöre.
304Sie habe dann T angerufen und geweint. Sie habe ihm grob erzählt, was passiert sei, dass es zu Hause nicht gut sei; er habe ihr dann gesagt, dass sie so schnell wie möglich nach draußen gehen solle. Er sei dann herüber gekommen, habe sie abgeholt und sie beide seien zu Fuß schnell zu ihm nach Hause gegangen. Ihr Vater sei noch mit dem Auto hinterher gekommen und habe sie und T gesehen. Sie beide seien dann einen Umweg gelaufen, so dass man dann den Vater nicht mehr gesehen habe.
305Zu Hause habe sie T nicht wirklich gefragt. Sie habe der Mutter von T alles erzählt; zu ihr habe sie vertrauen gehabt. Es sei einfach aus ihr herausgeplatzt, weil sie nicht mehr gekonnt habe; sie habe das nicht mehr ausgehalten.
306(3)
307Grundlegend erklärte die Nebenklägerin der Sachverständigen P noch, dass sie sich die meiste Zeit nichts dabei gedacht habe und es – die Spiele - einfach als Belohnung angesehen habe. Erst als sie älter geworden sei, habe sie gewusst, was das sei, auch wenn der Angeklagte sie lange intensiv angefasst habe, habe es langsam aufgehört; warum wisse sie nicht genau; sie habe es jedenfalls nicht mehr gewollt und angefangen sich zu wehren. Der Angeklagte habe in F1 angefangen, sie nur noch zu fragen.
308In Thailand im Hotel habe der Angeklagte auch von hinten sein Genital zwischen ihre Beine gelegt und wäre fast zur Ejakulation gekommen. Zudem habe sie ihn auch in Thailand, wo man ihre Oma besucht habe, mit ihrem Mund befriedigen und das Ejakulat herunterschlucken müssen. Ihre Mutter sei währenddessen auf dem Feld gewesen, um ihrer – O1 - Oma zu helfen.
309In F1 habe er sie im Auto gefragt, ob sie ihn befriedige, was sie aber verneint habe; daraufhin habe er ihre Hand auf seine Hose gelegt, sie habe ihre Hand aber weggezogen.
310Sie habe nie vorgehabt, jemandem jemals etwas zu sagen; das sei nicht geplant gewesen. Auf die Frage, was sie gedacht habe, wie es weiter gehen solle, antwortete die Nebenklägerin, dass sie hilflos gewesen sei, aber gedacht habe, mit 18 einfach von ihrer Familie wegzugehen und ihr eigenes Leben zu leben, denn es sei schlimm gewesen.
3112.2.2.7.
312In der ersten, im Jahr 2021 durchgeführten Hauptverhandlung, über die die damals bereits bei der Vernehmung der Nebenklägerin anwesende Frau P nun in der neuerlichen Hauptverhandlung als Zeugin, aber auf Nachfrage auch die Nebenklägerin als Zeugin selbst berichtete, sagte die Nebenklägerin als Zeugin wie folgt aus:
313(1) Grundlegend:
314Die Übergriffe hätten mit 8 oder 9 Jahren in H angefangen. Da sei sie noch in der Grundschule gewesen. Wie es genau angefangen habe, wisse sie nicht.
315Also am Anfang, das sei eben ganz lange her, da habe er ihr gesagt, dass es ein Spiel sei, dass sie ihn befriedige und sie dann dafür belohnt werde und Spiele für ihr O4 bekomme. Sie habe das anfangs toll gefunden, weil sie es anfangs nicht verstanden habe, was sie getan habe. Er habe ihr allerdings auch gesagt, dass sie das niemandem sagen solle.
316(2) Konkreter zu einzelnen Geschehnissen:
317(a) Zu II 3 a
318In Thailand während eines Hotelaufenthalts sei ihre Mutter einkaufen gewesen. Sie – O1 – habe zunächst auf ihrem Bett gelegen. Ihr Vater habe sie dann aufgefordert, sich auszuziehen und auf das Bett ihrer Eltern zu legen, was sie getan habe. Sie habe dann nackt auf dem Bett ihrer Eltern gelegen. Da habe der Angeklagte ihre Beine geöffnet und sie mit seinem Mund, konkret durch seine Zunge, an ihrer Scheide geleckt. Sie meine, ihr Bruder sei damals schon geboren gewesen. Sie habe auf dem Rücken gelegen und er habe sie befriedigt, aber nicht lange. Sie habe keinen Orgasmus gehabt.
319(b) zu II 3 b
320Als sie etwa acht, neun Jahre alt gewesen sei, sei sie im Schlafzimmer ihrer Eltern in der Wohnung in H gewesen. Der Angeklagte habe sich auch in das Bett gelegt und sie von hinten umarmt. Er habe seine Hose ausgezogen und seinen Penis zwischen ihre Beine gelegt. Er habe seinen Penis an ihren Beinen gerieben und sei irgendwann gekommen. Sein Samen sei dann herausgekommen und zwischen ihren Beinen geblieben. Wie es dann genau weitergegangen sei, erinnere sie nicht mehr.
321Zu der Situation sei es wie folgt gekommen:
322Der Angeklagte habe sie, sie glaube aus dem Flur heraus, in das Elternschlafzimmer reingeführt und ihr gesagt, sie solle in das Elternschlafzimmer hereingehen. Sie habe das einfach getan und habe sich nichts dabei gedacht. Sie wisse nicht, wo ihre Mutter gewesen sei. Der Angeklagte habe eine Jeans und ein T-Shirt getragen. Was sie angehabt habe, wisse sie nicht mehr. Er habe sich als erstes in das Bett hereingelegt. Dann habe er ihr gesagt, dass sie sich umdrehen solle und habe sie mit beiden Armen von hinten umarmt. Er habe auf der Seite gelegen und sie auch. Sie wisse nicht mehr, ob er dazu etwas gesagt habe. Sie wisse nur noch, dass er seine Hose aufgemacht habe. Sie könne sich nicht erinnern, ob er ihre Hose auch ganz ausgezogen habe. Sie habe aber seinen Penis an ihren nackten Beinen gespürt.
323(c und d) zu II 3 c und d
324Bis sie 15 geworden sei, sei es häufiger vorgekommen, dass sie den Angeklagten mit dem Mund habe befriedigen müssen. Das sei zum Beispiel in seinem Büro in H gewesen, das sich im selben Haus wie die Mietwohnung befunden habe. Er habe zwei unterschiedliche Büros gehabt. Das andere sei irgendwo in H gewesen, ein großer Raum, den er angemietet gehabt habe. Der Oralverkehr sei in beiden Büros vorgekommen. In dem Büro im Haus S1-Str. … habe er ihr gesagt, dass er ihr Q Spiele kaufe, wenn sie ihn befriedige. Das habe sie dann auch getan. Sie habe nämlich meistens vor dem O4 gesessen.
325In dem o.g. Büro habe er ihr erklärt, wie sie ihn richtig befriedigen solle. Als sie beide im Büro gewesen seien, habe er sich auf einen Stuhl gesetzt, seine Hose ausgezogen und ihr dann erklärt, dass sie vor ihm kniend ihren Mund aufmachen und ihre Zunge bewegen solle und dass sie den Penis lecken solle, dann auch den Penis in den Hals hinein nehmen müsse. Dabei habe er ihren Kopf etwa zu seinem Penis hingezogen, so dass er ganz in ihren Mund, gefühlt in ihren Hals, hineingegangen sei. Das sei dann auch so weit gegangen, dass sie sich fast habe übergeben müssen. Der Angeklagte habe zudem in ihren Mund ejakuliert.
326Ein solche Situation, wie vorstehend beschrieben, habe es mehrfach gegeben, insbesondere sei es einmal, in einer anderen als der vorstehend beschriebenen Situation, dazu gekommen, dass sie, als sie den Penis schon im Mund gehabt habe, dann auf seinen Penis gebrochen habe. Das sei auch in dem Büro im Haus S1-Str. … gewesen.
327Bei dem Vollzug des Oralverkehrs habe er ihr geholfen. Er habe dann seine Hand an ihrem Hinterkopf gehabt, dort leichten Druck ausgeübt und auch wieder nachgelassen, sodass ihr Kopf hin und her gegangen sei. Er habe sich dann mit Küchenpapier, welches auf dem Computertisch gestanden habe, sauber gemacht und das Papier anschließend in den Müll geworfen. Er habe dabei nicht einmal angeekelt oder angewidert ausgesehen.
328Sie könne sich nicht sicher daran erinnern, dass sie bei einem der mehrfach in dem genannten Büro vollzogenen Oralverkehr einmal das Ejakulat in ein Taschentuch gespuckt habe; sie habe da so ein Bild, sei sich aber unsicher.
329(e) zu II 3 e
330Es sei auch fast dazu gekommen, dass er ihr ihre Jungfräulichkeit genommen hätte. Sie habe damals kein Problem damit gehabt, weil sie es nicht verstanden habe. Aber er habe dann gezögert und es nicht getan. Er habe ihr gesagt, dass sie sich ausziehen und ihm seine Hose ausziehen solle. Sie wisse noch, dass sie sich ausgezogen habe. Er habe auf seinem Stuhl in dem Büro in der S1-Str. … in H gesessen. Sie habe sich so auf seinen Stuhl gekniet, dass er eigentlich in ihre Scheide habe eindringen können, was er dann aber doch nicht getan habe. Als sie nackt gewesen sei, habe er sie gefragt, ob sie das wirklich tun wolle, woraufhin sie „ja“ gesagt habe. Er habe sie dann ein paar Sekunden lang angeschaut und dann gesagt, dass er es doch nicht machen möchte. Sie habe nicht verstanden, worum es eigentlich gegangen sei.
331Bei der Situation wisse sie noch, dass sie sich ausgezogen habe. Sie habe ihre schwarze, enge Hose ausgezogen und ihren Pullover, den sie angehabt habe.
332Zu einem solchen Vorfall sei es nur ein einziges Mal gekommen.
333Sie sei sich nicht sicher, aber es könne sein, dass sie auch ihn auch nach dem Ausziehen seiner Hose zunächst oral befriedigt habe.
334(f) zu II 3 f
335In dem anderen Büro, das außerhalb des Hauses S1-Str. … in H lag, sei ihr Vater mit ihr zur Arbeit gefahren, sei dort mit ihr in das Büro herein, weil er etwas habe erledigen wollen. Das Büro sei ein großer Raum. Er sei dort zur Toilette gegangen, habe einen schwarzen Müllsack herausgeholt und zu ihr gebracht. Er habe den dann aufgemacht. Da seien Sexspielzeuge und Kleidung, wie z.B. ein Rock und Fischernetz (netzartige Kleidung für Arme und Beine), drin gewesen. Er habe ihr dann gesagt, sie solle sich ausziehen und die Sachen anziehen, die er ihr gegeben habe. Das seien pinke High Heels, die ihr zu groß gewesen seien, und ein Rock gewesen. An ein Oberteil könne sie sich nicht erinnern.
336Sie habe eine schwarze Hose und eine Jacke sowie einen Pullover, einen BH und eine Unterhose angehabt. Sie habe nur Hose, Socken, Jacke und Pullover ausgezogen. Die Unterwäsche sei angeblieben.
337Dann habe er sie aufgefordert, herumzulaufen, was sie getan habe. Danach habe er sie aufgefordert, ihn mit dem Mund zu befriedigen. Sie wisse nicht mehr, wie sie reagiert habe. Auf jeden Fall habe sie sich angeekelt gefühlt. Sie habe es aber gemacht. Er habe gesagt: „Komm mal her“. Dann habe er gesagt: „Mach meine Hose auf“. Er habe dabei auf einem Stuhl gesessen. Sie glaube, sie habe nichts dazu gesagt und ihn dann einfach befriedigt. Sie habe jedenfalls zuvor auf seine Aufforderung seine Hose aufgemacht, er habe die bis zu den Knien heruntergezogen, aber nicht ausgezogen und sie habe dann seinen Penis in den Mund genommen. Später habe er dann einen Orgasmus gehabt, wieder in ihrem Mund. Sie habe das Ejakulat dann herunter geschluckt, weil er sie dazu ausdrücklich aufgefordert habe, als er gekommen sei. Er habe dabei auf seinem Stuhl gesessen und sie sei auf allen Vieren zu ihm gelaufen.
338Es habe auch noch ein pinkes Halsband und eine Kette, also eine Metallleine, und auch Handschellen gegeben. Die habe er auch herausgeholt. Das Halsband habe ein Muster gehabt und Metallknöpfe darauf. Das habe er auch benutzt. Er habe sie damit angeleint, indem er das Halsband um ihren Hals gemacht und die Leine daran befestigt habe, so dass sie dann so habe auf allen Vieren, also auf Knien und Händen, durch den Raum habe kriechen müssen. Sie meine, dass die orale Befriedigung bereits vor dem letztgenannten Kriechgeschehen stattgefunden gehabt habe.
339(g) zu II 3 g
340Als sie schon in F1 gewohnt habe, habe ihr Vater sie morgens häufiger – etwa dreimal in der Woche - mit seinem Penis geweckt. Er sei aus seinem Schlafzimmer in ihr Zimmer gekommen, habe meist eine Unterhose und ein T-Shirt angehabt. Sie habe noch geschlafen. Dann habe er sie geweckt, in dem er ihr seinen Penis an ihr Gesicht, konkret an eine ihrer Wangen, gedrückt habe. Es habe auch Tage gegeben, da habe er die Unterhose heruntergezogen.
341Er habe sie dann aufgefordert, ihm Kaffee zu machen. Er habe morgens früh heraus gemusst, aber habe seinen Kaffee nicht selbst machen wollen; deshalb habe sie das machen müssen. Sie habe sich dem nicht widersetzt. Ihre Mutter habe davon nichts bemerkt, die habe noch geschlafen. Er habe vorgeschlagen, dass, wenn sie ihn befriedige, dann die Mutter statt ihrer – O1 – das mit dem Kaffee mache. Sie habe aber abgelehnt ihn zu befriedigen. Sie wisse heute nicht mehr, was er dazu gesagt hat. Er habe aber nicht böse ausgesehen.
342(h) zu II 3 h
343Ihr Vater habe sie gelegentlich auch geschlagen, so insbesondere an einem Tag, als sie schon in F1 gewohnt hätten, da habe sie mit ihrem Bruder fangen gespielt; der sei dann die Treppe herunter gefallen. Ihre Mutter sei sehr sauer darüber gewesen und habe sie schlagen wollen, aber sie – O1 – habe die Tür zu ihrem Zimmer zugemacht. Ihre Mutter habe dann ihren Vater angerufen, was sie ihr auch gesagt habe. Als der nach Hause gekommen sei, habe er die Kinderzimmertür aufgerissen und sie in ihr Gesicht geschlagen. Er habe seine rechte Hand genommen und ihr eine Backpfeife, die sehr hart gewesen sei, gegeben. Zu diesem Zeitpunkt habe sie auf ihrem Bett gesessen. Er habe ihr auch angedroht, dass er ihre Hand nehme und ihre Finger zwischen dem Türrahmen einklemme. Sie habe ihn dann angefleht, das nicht zu tun. Er habe das letztlich auch nicht getan und sei einfach gegangen. Danach habe sie den ganzen Tag im Bett gelegen.
344Sie habe sich mit der Situation abgefunden und es akzeptiert. Sie habe ja auch nicht viel machen können und habe geweint.
345(i) zu II 3 i
346Der letzte Vorfall sei gewesen, als sie sich am 00.00.0000 im Keller des Hauses in F1 für die Arbeit umgezogen habe. Sie sei noch im Schlafanzug gewesen und habe sich von dem Wäscheberg im Keller einen Pullover und eine Hose genommen und die angezogen. Dann sei ihr Vater, der angezogen gewesen sei, hinein gekommen und habe ihr einfach so an die Brust – sie meine die rechte – gefasst, aber nicht unter der Kleidung. Das Anfassen an dem Tag habe sich grob angefühlt; er habe ihre Brust festgehalten und massiert. Sie sei dann aus dem Keller heraus und habe angefangen zu weinen. Ihre Mutter sei dann in ihr Zimmer gekommen, habe sie angesprochen, weil sie geweint habe und habe gefragt, was los sei.
347Sie habe das aber niemandem sagen können. Sie habe es akzeptiert gehabt. Sie habe auch nicht gewusst, wem sie es habe sagen können. In dem Moment habe sie es ihrer Mutter sagen wollen, aber ihr Vater habe zugehört und deshalb habe sie es nicht gesagt. Ihr Vater habe im Flur gestanden und seine Hose angezogen. Als sie es habe sagen wollen, habe er aufgehört, seine Hose anzuziehen. Das habe sie gehört und habe dann inhaltlich nichts mehr gesagt; sie habe ihrer Mutter gesagt, dass nichts los sei, woraufhin ihre Mutter gegangen sei.
348Sie habe dann T in ihrem Zimmer von ihrem Handy aus angerufen und auch geweint. Sie habe eigentlich zu ihm gehen wollen, aber nicht gedurft. Er habe sie gefragt, was los sei. Sie habe dann gesagt, wenn er das wisse, würde er die Polizei rufen. Er habe dann zu ihr gesagt, er hole sie ab. Sie habe aufgelegt und sei dann zur Tür herausgerannt. Als sie herausgerannt sei, sei er ihr schon entgegen gekommen und sie seien zu ihm nach Hause gelaufen. Sie habe T die Situation im Keller erzählt. Bei ihm zu Hause habe sie auch geweint und der Mutter von T erklärt, dass ihr Vater sie jahrelang missbraucht habe. An diesem Tag, an dem ihr Vater sie zuletzt angefasst habe, sei es einfach zu viel für sie gewesen, sie habe dieses Leben nicht mehr aushalten können.
349(3)
350Ergänzend bekundete die Nebenklägerin:
351Es habe noch eine Situation in Thailand gegeben. Da sei ihre Mutter duschen gewesen. Sie sei wieder in der gleichen Position (wie zu Fall II 3b) auf dem Bett gewesen. Der Angeklagte habe seinen Penis zwischen ihre Beine getan, fast in ihre Scheide hinein. Er habe sich wieder auf die Seite gelegt und sie sich auch, so dass er sie dann von hinten umarmt habe. Er habe sich dann an ihren nackten Oberschenkeln gerieben, habe aber keinen Orgasmus gehabt. Als er bemerkt habe, dass ihre Mutter mit dem Duschen fertig sei, sei er wieder in sein Bett reingegangen. Sie sei in ihrem Bett im selben Raum gewesen.
352Ferner sei man in Thailand, sie wisse nicht mehr in welchem Jahr, zu ihrer Oma gefahren. Ihr Vater habe sich dort auf dem Dachboden ein Büro gebaut und sie habe ihn mit ihrem Mund unter dem Tisch befriedigen, müssen, als er gearbeitet hat. Sie habe zunächst geschlafen gehabt. Ihr Vater habe schon am Schreibtisch gesessen und hat irgendetwas am Laptop gemacht. Sie sei dann zu ihm hoch gekommen. Er habe ihr dann etwas vorgeschlagen, was, wisse sie nicht mehr genau. Es sei dann dazu gekommen, dass sie ihn unter dem Tisch mit ihrem Mund habe befriedigen müssen. Sie sei dazu zu ihm gelaufen und habe sich unter den Tisch gekniet. Er habe seine Hose aufgemacht. Sie habe seinen Penis in den Mund genommen und ihn mit ihrem Mund befriedigt und zwar so lange, bis er einen Orgasmus in ihren Mund gehabt habe. Das sei einfach plötzlich gekommen. Er habe gesagt, sie solle es herunter schlucken. Das habe sie getan.
353Sie habe ihn auch im Bett ihrer Eltern mit dem Mund befriedigen müssen. Das sei auch in Thailand gewesen. Das Bett sei auch im Dachboden gewesen. Das sei ein großer Raum gewesen, an der Tür das Büro, am Ende die Matratzen. Sie hätten beide eine kurze Hose und ein T-Shirt angehabt. Sie wisse nicht mehr, wie es dazu gekommen sei. Sie habe das jedenfalls nicht gewollt. Sie sei schon im Bett gewesen und habe auf der Matratze gesessen. Er habe seine Hose aufgemacht und sie habe ihn dann befriedigt. Er habe seinen Orgasmus in ihrem Mund gehabt und sie habe das Ejakulat herunter geschluckt, weil er ihr das so gesagt habe.
354Sie habe sich letztlich von ihrem Vater distanziert und nichts mit ihm zu tun haben wollen. Sie habe deshalb versucht möglichst viel Zeit in ihrem Zimmer zu verbringen und so versucht, ihm aus dem Weg zu gehen. Das sei so, weil er immer alles mit ihr getan habe, was er gewollt habe. Er habe sie auch geschlagen, wenn sie nicht mit ihm geredet habe. Wenn sie geweint habe, habe er sie auch geschlagen. Das sei z.B. im Auto passiert, als er sie zur Arbeit – für ihn Prospekte austragen – gefahren habe.
3552.2.2.8.
356In der nunmehr durchgeführten Hauptverhandlung bekundete die Nebenklägerin
357(1) Grundlegend
358Sie wisse nicht mehr genau, wann das angefangen habe. Aber ihr Vater habe sie in sein Büro mitgenommen, das in H an der damaligen Wohnanschrift im selben Haus gelegen sei. Sie wisse zwar nicht mehr genau, wie sie in das Büro gekommen sei, aber sie habe ihren Vater jedenfalls nicht danach gefragt. Im Büro habe sie ihn für Spiele befriedigen sollen. Das sei sehr oft vorgekommen. Ihr Vater habe zu ihr gesagt, dass es ein Spiel wäre, dass sie ihn befriedigen solle, dafür erhalte sie dann Spiele. Sie habe eine Spielekonsole (O4) bekommen und sich sehr für Q-Spiele interessiert und viele solche Spiele haben wollen. Im Büro haben sie ihren Vater dann auch befriedigt, um die Spiele zu erhalten.
359(2) Konkreter zu einzelnen Geschehnissen:
360(a) zu II 3 a
361In Thailand im Hotel, ihre Mutter sei einkaufen gewesen. Sie habe auf dem Rücken auf dem Bett gelegen und einen Schlafanzug und eine Unterhose angehabt. Ihr Vater, der ein T-Shirt und eine kurze Hose getragen habe, habe ihr dann ihre Schlafanzughose und Unterhose ausgezogen, ihre Beine gespreizt und sie mit seinem Mund, konkret durch seine Zunge, mehrere Minuten an ihrer Scheide geleckt. Sie meine, ihr Bruder sei damals schon geboren gewesen.
362(b) zu II 3 b
363Als ihre Mutter mit ihrem Bruder schwanger im Krankenhaus gewesen sei, seien sie und ihr Vater allein gewesen, hätten von außerhalb etwas zu Essen geholt, gegessen und dann habe ihr Vater sie in das Schlafzimmer der Eltern in der Wohnung in H geführt. Dort habe sie sich in das Bett gelegt und der Angeklagte habe sich dazu gelegt und zwar seitlich hinter sie und habe sie auch am Oberkörper und an ihren Beinen angefasst. Er habe seine Hose und Unterhose ausgezogen, ihre Hose auch und seinen nackten Penis zwischen ihre Beine gelegt. Er habe seinen Penis einige Zeit zwischen ihren Beinen gerieben und sei irgendwann gekommen. Sein Samen sei dann herausgekommen und zwischen ihren Beinen geblieben. Dann sei sie aufgestanden und habe sich in einem anderen Raum gesäubert.
364(c und d) zu II 3 c und d
365Sie habe damals – sie sei bei dem nachstehenden Geschehen etwa acht oder neun Jahre alt gewesen – nicht gewusst, was Befriedigung sei. Ihr Vater habe in dem in der S1-Str. … in H gelegenen Büro auf einem Bürostuhl gesessen und habe ihr erklärt, wie sie ihn befriedigen solle. Er habe auf dem Bürostuhl seine Hose und Unterhose ausgezogen und gesagt, dass sie ihn an der Eichel lecken solle. Sie habe sich vor ihn hingekniet und habe ihn, wie verlangt, einige Minuten lang geleckt bis er schließlich ejakuliert habe.
366Das Ganze habe sich dann gesteigert. Sie habe seinen Penis auch in den Mund nehmen sollen. Bei dem Vollzug dieses Verkehrs habe er seine Hand von hinten gegen ihren Kopf gehalten. Durch seine Hand an ihrem Hinterkopf sei sein Glied tiefer in ihren Mund gekommen. Das sei so tief gewesen, dass sie dann gewürgt, das Glied kurzzeitig aus ihrem Mund genommen, dann wieder weiter gemacht bis der Angeklagte in ihren Mund ejakuliert habe. Sie habe das damals nicht hinterfragt, sondern nach dem Würgen wieder weiter gemacht.
367Ein Verkehr, bei dem sein Glied wie beschrieben in ihrem Mund gewesen sei, während er auf dem Bürostuhl gesessen und sie vor ihm gekniet habe, sei öfter vorgekommen.
368Einmal habe sie das Ejakulat auch ausspucken wollen, weil es so widerlich gewesen sei; dafür habe er ihr dann ein Küchenpapier gegeben. Sie meine sich zu erinnern, dass sie das Ejakulat dann in dieses Küchenpapier getan habe, dass ihr Vater dann genommen und in den Mülleimer in dem Büro getan habe.
369Bei den vorstehenden Geschehnissen handele es sich um verschiedene Gelegenheiten. So habe sie zunächst erst „an der Spitze“, also seiner Eichel, lecken sollen bis er ejakuliert habe. An anderen Tagen habe sie dann – wiederum mit dem Versprechen eines Spiels in dem genannten Büro in denselben Körperpositionen – sein Glied ganz in den Mund nehmen müssen bis sie zunächst gewürgt und dann weitergemacht habe bis zur Ejakulation in ihrem Mund. Bei einer dieser Gelegenheit meine sie das Ausspucken in das Küchentuch zu erinnern.
370An einem weiteren Tag sei es erneut zu einem ähnlichen Geschehen gekommen.Ihr Vater und sie hätten sich abermals in dem Büro in der S1-Str. … befunden. Ihr Vater habe sich wieder auf einen Stuhl gesetzt und sich seine Hose zumindest heruntergezogen, so dass sein Glied entblößt gewesen sei. Sie habe vor ihm gekniet und das Glied, weil sie schon gewusst habe, dass ihr Vater es von ihr erwartete, und was sie ekelhaft gefunden habe, in ihren Mund genommen und ihren Vater abermals oral befriedigt. Auch dabei habe ihr Vater zunächst eine seiner Hände während des Oralverkehrs an ihrem Hinterkopf gehalten, gedrückt, aber auch weniger, so dass es ein Hin und Her gegeben habe. Sie habe, wie schon bei der anderen Gelegenheit zuvor abermals das Gefühl gehabt, das Glied befinde sich fast in ihrem Hals und habe dadurch einen Brechreiz verspürt und sich schließlich auch auf den Intimbereich ihres Vaters erbrochen. Er habe sich dann mit einem in der Nähe befindlichen Küchenpapier gesäubert und auch ihr von dem Tisch in der Nähe des Bürostuhls ein Küchenpapier gegeben, mit dem sie, die zwischenzeitlich den Rest des Erbrochenen ausgespuckt hatte, sich selbst gesäubert habe.
371(e) zu II 3 e
372Sie wisse nicht mehr, wie es genau zu der nachfolgenden Situation gekommen sei. Sie sei etwa zehn oder elf Jahre alt gewesen. Ihr Vater habe – ohne Hose und Unterhose – auf seinem Stuhl in dem Büro in der S1-Str. … in H gesessen. Sie sei unbekleidet gewesen. Sie erinnere aber nicht genau, ob sie sich selbst oder er sie ausgezogen habe. Er habe sie jedenfalls aufgefordert auf seinen Schoß zu gehen. Sie habe sich so auf seinen Stuhl gekniet, dass ihre Schenkel seitlich außerhalb seiner Beine gewesen seien und sie von Angesicht zu Angesicht nackt auf ihm gesessen habe. In dieser Position habe er sie gefragt „Soll ich ihn reinstecken“, was sie bejaht habe, weil sie damals ohnehin nicht verstanden habe, was das eigentlich konkret bedeuten würde. Er habe sie dann eine Zeit lang angeschaut und dann gesagt, dass er es doch nicht machen möchte.
373(f) zu II 3 f
374Sie erinnere auch noch ganz konkret eine weitere Situation, in dem sie ihren Vater wie zuletzt beschrieben oral befriedigt habe. Damals sei sie etwa zehn bis zwölf Jahre alt gewesen. Dazu sei es gekommen, nachdem sie und ihr Vater mit dem Auto in ein anderes Büro ihres Vaters in H, das nichts mit dem Haus in der S1-Str. … zu tun hatte, gefahren seien.
375Sie sei mit ihrem Vater in das Büro hineingegangen. Sie habe zunächst auf einem Stuhl gesessen und habe ihre Jacke ausgezogen. Ihr Vater sei dann in den Hinterraum des Büros gegangen und sei dann wieder in das Zimmer herein, in dem sie gesessen habe. Dort habe er ihr eine schwarze Mülltüte gezeigt. Die habe sie öffnen sollen, was sie getan habe. Darin seien sehr viele Sextoys gewesen, wie pinke Handschellen, ein Halsband und eine Leine, etwas Erotisches, zum Anziehen, nämlich eine netzartige Bekleidung für Beine und Arme.
376Sie und ihr Vater seien zunächst angezogen gewesen. Ihr Vater habe sie dann aber aufgefordert, sich auszuziehen – sie habe eine Jacke, einen Pullover und eine Hose getragen – und insbesondere die ebenfalls in der Mülltüte befindlichen pinken High Heels anzuziehen, was sie ebenfalls gemacht habe. Die High Heels seien ihr dabei zu groß gewesen. Sie habe auch das Halsband und daran die Leine angehabt und habe – so ihr Vater – auf allen Vieren, also auf Händen und Knien, „laufen“ sollen; er habe sie an der Leine durch das Zimmer geführt.
377Nachdem er sie so geführt gehabt habe, habe er sich in seinem Bürostuhl hingesetzt habe dabei immer noch diese Leine in der Hand gehabt. Er habe sie dann aufgefordert ihn wieder mit ihrem Mund zu befriedigen. Sie wisse nicht genau, ob sie seine Hose geöffnet habe oder er selber. Sie habe dann jedenfalls sein Glied in ihren Mund genommen und ihn mit ihrem Mund befriedigt. Er habe dann wieder einen Orgasmus gehabt, wieder in ihrem Mund. Sie habe das Ejakulat dann herunter geschluckt, weil er es ihr so gesagt habe.
378(g) zu II 3 g
379Sie habe dem Angeklagten auch in der Wohnung in F1 morgens immer Kaffee machen solle, was sie anfangs noch getan habe, obwohl sie es zwar nervig gefunden, aber auch nicht weiter hinterfragt habe. Mit zunehmender Dauer habe sie das aber nicht mehr gewollt und auch abgelehnt. Wenn sie das nicht habe machen wollen, habe er gesagt, sie solle ihn mit dem Mund befriedigen, was sie aber abgelehnt habe.
380Der Weckvorgang sei anfangs so gewesen, dass er aufgestanden und in ihr Zimmer gekommen sei und sie wachgeschüttelt habe. Später habe er ihr auch seinen Schritt in ihr Gesicht gehalten, um sie mich wach zu machen. Er habe eine Unterhose getragen, habe ihren Kopf genommen und in seinen Schritt gedrückt. Sie habe durchaus versucht, ihn leicht am Bein weg zu drücken, weil ihr das so unangenehm gewesen sei. Er habe sie dafür aber nicht geschlagen.
381(h) zu II 3 h:
382In der Wohnung in F1 habe sie mit ihrem Bruder fangen gespielt. Dabei sei er versehentlich die Treppe heruntergefallen. Darüber sei ihre Mutter ziemlich sauer gewesen und habe sie schlagen wollen. Sie habe sich aber schnell in ihr Zimmer geflüchtet und die Tür zugedrückt. Ihre Mutter habe dann gerufen, dass sie das ihrem – O1 – Vater sagen werde, der bald nach Hause komme und sie dann schlagen werde.
383Das habe sich auch bewahrheitet, da ihr Vater, als er nach Hause gekommen sei, in ihr Zimmer hereingestürmt sei und ihr eine Backpfeife auf die Wange gegeben habe, was sehr wehgetan habe. Ihre Wange sei danach auch sehr rot gewesen.
384Zudem habe er ihr noch gedroht, ihre Finger im Türrahmen einzuklemmen. Sie habe ihn angefleht, das nicht zu tun und er sei dann gegangen.
385(i) zu II 3 i
386Der letzte Übergriff habe unmittelbar vor Ostern 2017 in der Wohnung in F1 stattgefunden. Sie sei mit T verabredet gewesen. Sie habe ihm aber absagen müssen, weil sie habe arbeiten müssen. Das habe sie noch aus ihrem Zimmer heraus gemacht und sei dann die Treppe herunter in den Keller, wo sie sich umgezogen habe, weil dort frische Wäsche gelegen habe. Sie habe zunächst etwas schlafartiges, eine Jogginhose und ein T-Shirt, angehabt und dann für die Arbeit einen Pullover und eine Hose angezogen. Als sie damit fertig gewesen sei, sei plötzlich ihr Vater herein gekommen, habe sie an die Wand gedrängt und ihr einfach so – von Angesicht zu Angesicht – an ihre Brust gefasst, diese mit einer Hand umfasst, aber nicht unter der Kleidung.
387Sie sei dann aus dem Keller heraus und habe angefangen zu weinen. Ihre Mutter sei in ihr Zimmer gekommen, habe sie angesprochen, weil sie geweint habe und habe gefragt, was los sei.
388In dem Moment habe sie es ihrer Mutter sagen wollen, aber ihr Vater habe zugehört und deshalb habe sie es nicht gesagt. Ihr Vater habe im Flur gestanden und seine Hose angezogen. Ihre Mutter sei schließlich aus ihrem Zimmer heraus gegangen.
389Sie habe dann T aus ihrem Zimmer heraus angerufen und erzählt, dass es ihr nicht gut gehe und habe auch geweint. Sie habe ihm auch gesagt, wenn er es genau wisse, würde er die Polizei rufen. Er habe dann zu ihr gesagt, er hole sie ab. Sie habe aufgelegt und sei dann zur Tür herausgerannt. Als sie herausgerannt sei, sei er ihr schon entgegen gekommen und sie seien zu ihm nach Hause gelaufen. Auf dem Weg habe sie noch ihr Vater im Auto verfolgt, habe das aber nicht machen können, da T mit ihr abgebogen und einen anderen Weg als an der Straße entlang gegangen sei.
390Bei ihm zu Hause habe sie auch geweint und der Mutter von T erklärt, dass ihr Vater sie angefasst habe.
391(3) Ergänzend bekundete die Nebenklägerin:
392Es habe auch noch andere sexuelle Situationen gegeben.
393Sie habe ihn auch in einem der Urlaube in Thailand im Bett ihrer Eltern mit dem Mund befriedigen müssen.
394Es habe noch eine Situation in Thailand gegeben. Da sei ihre Mutter duschen gewesen. Sie sei wieder in der gleichen Position (wie zu Fall II 3b) auf dem Bett gewesen. Der Angeklagte sei zu ihr in das Bett gekommen, habe ihre Schlafanzughose ausgezogen und seinen Penis zwischen ihre Beine getan, habe sich ebenso wie sie auf die Seite gelegt und sich von hinten an ihren nackten Oberschenkeln gerieben, habe aber keinen Orgasmus gehabt. Als er bemerkt habe, dass ihre Mutter mit dem Duschen fertig sei, sei er wieder in sein Bett reingegangen. Sie sei in ihrem Bett im selben Raum gewesen. Seine Hose habe er wieder angezogen.
395Ferner einmal mehr in Thailand während eines Urlaubs; da sei man bei der Oma, der Mutter ihrer Mutter, gewesen. Ihr Vater habe sich im Obergeschoß ein Büro zusammengestellt. Und da habe sie ihn wieder oral befriedigen sollen, diesmal während er am Tisch und sie unter dem Tisch gesessen habe.
396Ihr Vater habe sie auch geschlagen, z.B. wenn sie im Auto auf dem Weg zur Arbeit gewesen seien. Sie habe – etwa als sie 15 Jahre alt gewesen sei – Prospekte austragen sollen und auf dem Beifahrersitz gesessen. Sie habe während der Fahrt nicht mit ihm geredet. Und dann habe er sie geschlagen, ihr eine Backpfeife gegeben, an einer rot zeigenden Ampel. Sie habe nicht gewusst, was sie mit ihm habe reden sollen und habe das daher auch nicht getan. Nach der Backpfeife habe sie geweint, weil das so wehgetan habe. Und dann habe er auch noch gesagt, dass er noch einmal zuschlage, wenn sie nicht aufhöre zu weinen.
397Beim Autofahrten habe er sie, als sie älter geworden sei, auch gefragt, ob sie ihn anfassen wolle, was sie so verstand, dass sie sein Glied während der Fahrt manuell befriedigen solle, was sie aber abgelehnt und der Angeklagte schlussendlich so auch akzeptiert habe.
398Insbesondere habe ihr Vater ihr schon in H gesagt, dass sie die Geschehnisse zwischen ihnen beiden niemandem erzählen dürfe.
3992.2.3.
400Ausgehend von diesem Aussageverhalten ist festzustellen, dass die Konstanzanalyse bei der Zeugin O1 zeigt, dass ihre Angaben in der Hauptverhandlung im Vergleich zu den vorherigen Zeugenvernehmungen in einigen Punkten abweichen.
401Im Einzelnen:
4022.2.3.1.
403So ist festzustellen, dass die Nebenklägerin zu dem unter II. 3. a) genannten Geschehen allein in ihrer polizeilichen Vernehmung erklärte, ihr Bruder sei noch nicht geboren gewesen, während sie gegenüber der Sachverständigen P sowie in den beiden durchgeführten Hauptverhandlungen bekundete, ihr Bruder sei bereits geboren gewesen.
404Insofern zeigten ich erstmals Schwierigkeiten der Zeugin bei der zeitlichen Einordnung von Ereignissen, die – wie nachfolgend ausgeführt wird – wiederholt auftraten und die teilweise mit einer Unsicherheit betreffend ihres – O1 – eigenen Alters während des Tatgeschehens einhergehen. Hierzu erklärte die sich grundlegend mit der Frage der Aussagetüchtigkeit beschäftigende, aber auch in aussagepsychologischer Hinsicht forensisch sehr erfahrene Sachverständige Frau O3, die fehlende Fähigkeit zu einer zeitlichen Einordnung sei ein auffälliges Phänomen bei der Nebenklägerin wie auch generell bei jungen Leuten, die mit Handys aufwüchsen. In diesen würden Daten und Ereignisse notiert oder gespeichert, weshalb keine eigenständigen Erinnerungen zur zeitlichen Einordnung mehr bestünden. Diese fehlende zeitliche Einordnung sage jedoch nichts darüber aus, ob die Aussagen zuträfen. Ferner zeigten sich die entsprechenden Unsicherheiten bei O1 umfassend und beträfen – wie der Kammer aus der Zeugenaussage der Nebenklägerin bekannt ist – auch ihren Lebensweg im Übrigen, bei dem sie die Jahres- oder Altersangaben beispielsweise von Schulbesuchen nicht sicher benennen konnte. Entsprechende Unsicherheiten legte die Nebenklägerin wiederholt offen und schränkte ihre Angaben – soweit sie zu diesen überhaupt in der Lage war – jeweils entsprechend ein.
405Es kommt beispielhaft auch für weitere, insbesondere zeitliche Unsicherheiten nach den Ausführungen der aussagepsychologischen Sachverständigen P hinzu, dass solche Angaben zum einen mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum in Rede stehenden Geschehen und hier vor allem zum anderen unter weiterer Berücksichtigung der zumindest nach den Angaben der Nebenklägerin über mehrere Jahre hinweg insgesamt vielfach, immer wieder – wenn auch nicht ausschließlich - auch grundlegend gleichförmig verlaufenden sexuellen Handlungen, dies wiederum einhergehend mit einer zwischenzeitlichen Steigerung und danach sowohl in der Anzahl als auch Intensität abnehmenden Handlungen, als quasi alltägliche Handlungsmuster, aussagepsychologisch erklärlich sind.
406Dem steht, so die Sachverständige P, für sich genommen der Umstand nicht entgegen, dass das Lecken der Scheide (in Thailand) nur einmal stattgefunden habe, da auch dieses Geschehen nach den Angaben der Nebenklägerin Teil einer ganzen Reihe von Missbrauchshandlungen war, so dass jedenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung der inzwischen verstrichenen Zeit, zeitliche Unsicherheiten erklärlich seien.
407In der erforderlichen Gesamtschau kommt auch hinzu, dass es keinen zeitlich unauflösbaren Widerspruch gab, etwa indem die Nebenklägerin sicher zwei verschiedene Tatzeitpunkte behauptet hätte. Vielmehr machte die Nebenklägerin gegenüber der Sachverständigen P und auch der Kammer deutlich, dass sie „glaube“ oder „meine“, dass ihr Bruder schon geboren gewesen sei.
408Das führt indes nach den aufgrund eigener Erfahrung der Kammer nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen P indes nicht etwa schon dazu, dass die sog. Nullhypothese etwa wegen mangelnder Konstanz zurückzuweisen wäre. Dem stehen schon die vorstehenden Erklärungen dafür entgegen, jedenfalls dann, wenn im weiteren Verlauf der aussagepsychologischen Prüfung die Konstanz weiterer fallbezogener Angaben in den Blick genommen und weiter ein Augenmerk auf weitere Kriterien, wie z.B. der Detaillierungsgrad, gelegt wird.
409Das gilt grundlegend auch insoweit, als hinsichtlich des Geschehens zu II. 3. a) zudem die Angaben der Zeugin O1, wie sie entkleidet wurde, variierten. Bei ihrer ersten Vernehmung bei der Polizei und im Rahmen der Hauptverhandlung von 2022 erklärte sie, der Angeklagte habe sie ausgezogen, während sie im Rahmen der ersten Hauptverhandlung (2021) und gegenüber der Sachverständigen P behauptete, sie habe sich selbst ausgezogen, nachdem – so erklärte sie insbesondere gegenüber der Sachverständigen P – der Angeklagte sie hierzu aufgefordert habe.
410Trotz dieser Inkonstanz kann nicht übersehen werden, dass das Kerngeschehen – das Lecken des Vaters an der Scheide der Zeugin – im Wesentlichen konstant geschildert wird. Auch die örtliche Einordnung zu einem Hotelaufenthalt in Thailand, dort rücklings auf dem Bett liegend, erfolgte während allen Schilderungen gleichbleibend. Die Abweichung bzgl. des Entkleidens ist bei einer Vielzahl von Vernehmungen über Jahre hinweg – die polizeiliche Vernehmung datiert auf den 29.04.2019, während die Zeugin in der letzten Hauptverhandlung am 20.01.2022 aussagte – entstanden.
411Darüber hinaus erklärt das Phänomen der Inkadenz gewisse Abweichungen in der Schilderung des Randgeschehens. Die Sachverständige P hat zudem für die Kammer nachvollziehbar ausgeführt hat, dass im Rahmen von wiederholten, ähnlichen Erlebnissen die Gefahr bestünde, dass Details unterschiedlicher Situationen in der Erinnerung oder werden als „Erlebnistypus“ zusammengefasst würden.
412Das darf natürlich nicht zu Lasten des Angeklagten gehen, sondern ist gerade bei der Prüfung zu berücksichtigen. Eine ausreichende, verständliche und der Nebenklägerin mögliche Abgrenzung hat aber auch stattgefunden. Insofern hat die Zeugin aber klargestellt, dass es nur ein Geschehen gab, bei welchem der Angeklagte sie an der Vagina geleckt habe. Zugleich kam es zur Überzeugung der Kammer zwischen der Nebenklägerin und dem Angeklagten wiederholt zu Situationen, in denen die Nebenklägerin und der Angeklagte sich nackt zusammen befanden, nämlich insbesondere den hier abgeurteilten Taten zu II.3. b), e) und f). Vor diesem Hintergrund ist es mit Blick auf das Phänomen der Inkadenz und auch eher vergessensanfällige Details für die Kammer nachvollziehbar, dass die Zeugin nicht für jeden dieser und etwaig weiterer Fälle sicher zu erinnern vermochte, ob sie sich selbst ausgezogen oder der Angeklagte ihre Kleidung entfernt hat.
413Dabei ist zu bedenken, dass dies gedächtnispsychologisch erwartbaren Erinnerungsverlusten entspricht und auch bei einer auf Erlebnisbasis berichtenden Zeugin aussagepsychologisch kaum zu erwarten ist, dass sie sich immer durchgängig an alle Details des erlebten Geschehens und dies zur selben Zeit erinnern kann.
414Darüber hinaus nahm die Nebenklägerin nachvollziehbare und aussagepsychologisch immer wieder erwartbare Ergänzungen/Präzisierungen bezüglich einzelner Details vor, wie sie sich letztlich aus dem obigen Aussagebericht selbst ergeben und nicht nur für die Tat zu II 3a gelten. Daher sei hier nur beispielhaft für die letztgenannte Tat auf die sich bei den gegenüber der Sachverständigen P (durch die ausführlichere Befragung als zuvor bei der Polizei) gemachten Angaben findende Präzisierung dahingehend hingewiesen, dass sie auf dem Rücken gelegen habe, ihr Vater auf dem Bauch und ihre Beine während des Leckens gespreizt gewesen seien, was sie wiederum in der im Jahr 2021 durchgeführten Hauptverhandlung näher damit beschrieb, dass ihr Vater ihre Beine geöffnet habe.
415Diesen überaus nachvollziehbaren Erklärungen schließt sich die Kammer nach eigener Würdigung an. Die zu Tage getretenen Abweichungen hinsichtlich der Entkleidung hat die Kammer daher – sachverständig beraten – insbesondere nicht als Beleg der Falschaussage-Hypothese erachtet.
4162.2.3.2.
417Bzgl. des als Tat zu II. 3. b) festgestellten Schenkelverkehrs schilderte die Zeugin O1 das Geschehen über sämtliche Vernehmungen hinweg gleich. Soweit sie bei ihrer polizeilichen Vernehmung noch erklärte, der Angeklagte habe vor den sexuellen Handlungen ferngesehen, dieses Detail in den weiteren Aussagen jedoch nicht auftaucht, stehen ihre Angaben nicht zueinander im Widerspruch. Vielmehr berichtet sie insofern bloß ein zusätzliches Detail, das in anderen Vernehmungen auch mangels entsprechender Nachfrage nicht auftaucht.
418In der zuletzt durchgeführten Hauptverhandlung erklärte die Zeugin letztlich, der Angeklagte habe nicht nur seine, sondern auch ihre Hose ausgezogen. Auch diese Angaben stehen insofern nicht im Widerspruch zu der Aussage in der ersten Hauptverhandlung 2021, als die Nebenklägerin damals ausgesagt hat, sie könne sich nicht erinnern, ob der Angeklagte auch ihre – der Zeugin – Hose ganz ausgezogen oder bloß heruntergezogen habe. Die beiden Angaben – einerseits Unsicherheit, wie weit das Entkleiden durch den Angeklagten ging und später die Erklärung, dieser habe sie ausgezogen – lassen sich miteinander in Einklang bringen und sind allein dadurch entstanden, dass der Zeugin nicht zu jedem Befragungszeitpunkt jedes Detail in ihrer Erinnerung zur Verfügung steht, wie auch die Sachverständige P überzeugend erklärt hat.
419Ferner sind die Besonderheiten der sprachlichen Fähigkeiten bei der Nebenklägerin zu berücksichtigen. Insofern haben die Sachverständigen P als auch O3 festgestellt, die sprachliche Entwicklung der Nebenklägerin sei nicht normgerecht entwickelt. Beide Sachverständige erklärten diesen Umstand damit, dass es in der Familie keine gewöhnliche Kommunikation gegeben habe, da die Mutter der Nebenklägerin lediglich Thai und etwas Englisch spreche, aber kein oder nur sehr wenig Deutsch. O1 wiederum habe kein Thai und nur wenig Englisch gesprochen, sodass die Kommunikation in einem „Mischmasch“ der Sprachen nebst Gesten erfolgt sei. Diese Form der Kommunikation habe insofern für Alltagskommunikation und oberflächliche Themen genügt, jedoch sei ein tiefergehender Austausch, etwa über emotionale Befindlichkeiten, nur schwer möglich gewesen. Das Aufwachsen in diesen Umständen, so führte die Sachverständige O3 aus, habe die Sprachentwicklung geprägt, weil Sprache nicht Hauptwerkzeug der Kommunikation gewesen sei.
420Mit einer fehlenden oder ungenügenden Konzentrationsfähigkeit vermochte die Sachverständige in Anbetracht der mehrstündigen Exploration, welcher die Zeugin ohne weiteres folgen konnte, die reduzierten Antworten hingegen nicht zu erklären. Auch eine fehlende Intelligenz der Nebenklägerin konnte aufgrund der durchgeführten Tests sowie ihres Fachoberschulabschlusses durch beide Sachverständige ausgeschlossen werden.
421Nachdem die Nebenklägerin jedoch – im Anschluss an ihre Flucht aus der Familie am 00.00.0000 – in ein Umfeld mit viel Sprache gekommen sei, habe sich diese Form der Kommunikation zunehmend entwickelt. Diese auch in den reduzierten Antworten gegenüber der Polizei und der Sachverständigen P zu Trage tretende eingeschränkte Fähigkeit der Zeugin zu freiem eigenständigen Ausdruck war selbst in der letzten Hauptverhandlung noch deutlich spürbar. Der Eindruck der Kammer zu der Ausdrucksfähigkeit der Nebenklägerin wurde insofern durch die Einschätzung der Sachverständigen P bestätigt, die im Vergleich zu ihrer – der Sachverständigen – Exploration ebenfalls Fortschritte der Nebenklägerin in dieser Hinsicht erkannte.
422Die Kammer schließt sich dieser Einschätzung nach eigener kritischer Prüfung an. So hat die Zeugin O1 im Rahmen ihrer Vernehmung teilweise selbst deutlich gemacht, für bestimmte Vorgänge – nämlich das drohende Einklemmen der Finger an einer Tür – bei früheren Vernehmungen nicht die richtigen Wörter gekannt zu haben.
423Wenngleich der Eindruck der Sachverständigen und teilweise jener der Kammer in der Hauptverhandlung den Eindruck einer sprachlichen Entwicklung O1 bestätigen, bleibt festzustellen, dass sie sich oft sehr reduziert und wortkarg ausdrückt. Auf offene Fragen antwortete sie teilweise selbst nach angemessenem Zuwarten nur mit einzelnen Worten. Dieses Aussageverhalten erklärte die Zeugin für die Kammer nachvollziehbar damit, an die von ihr als sehr belastend empfundenen Missbrauchshandlungen durch ihren Vater möglichst wenig denken zu wollen.
424Die Kammer hat dabei nicht übersehen, dass bei der letztgenannten Aussage in den Blick genommen werden muss, dass es hier gerade um die Prüfung der Frage geht, ob die Nebenklägerin Sexualstraftaten, wenn ja wann, wie, wo und in welchem Umfang, erlebt hat. Daher war wegen der vorstehenden Besonderheiten mit zu erwägen, dass sich die Art und Weise der Nebenklägerin etwaig als gezielte ausweichendes Verhalten erklären könnte, um (gerade bei einer etwaigen Falschaussage) möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.
425Dem steht aber – wie auch die zahlreichen nachfolgenden Ausführungen zeigen - neben der bereits für die vorstehend genannte, aber auch die weiteren Taten trotz gewisser Auffälligkeiten grundlegend und mit vielen Details verbundenen konstanten Aussage der Nebenklägerin entgegen, dass die Nebenklägerin auch nach dem von der Kammer in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck nicht etwa immer wieder „dicht“ machte und einsilbige, wenig weiter führende Antworten gab.
426Vielmehr war die Nebenklägerin stets – auch über mehrstündige Vernehmungen - zugewandt, bereit sich zu hinterfragen, machte Erinnerungslücken auch von sich aus deutlich und wies mit vielen Differenzierungen im Ablauf der von ihr einzelnen berichteten Geschehnisse mit Handlungsabbrüchen und einer gegen Ende der Zeit in der Familie abnehmenden Frequenz und Intensität von Übergriffen klare Entlastungen des Angeklagten auf.
427Es kommt mit besonderem Gewicht hinzu, dass die Nebenklägerin insbesondere in der Hauptverhandlung nicht etwa – gar vermeintlich chronologisch – geleitet werden musste, sondern immer wieder von sich aus auch auf die einfache Frage, was geschehen sei bzw. ob es noch andere als die zum Teil bereits berichteten Geschehnisse gegeben habe, spontan in der Lage war, weiter detailliert auszusagen. Dabei fiel besonders auf, dass sie auch zwischen einzelnen Geschehnissen hin- und her wechseln konnte, ohne dass dies zu Brüchen in der Aussage führte.
428In dieser Gesamtschau zeigten sich auch weder bezüglich der hier erörterten Tat noch im Übrigen insgesamt ein die Aufklärung mit der Nebenklägerin deutlich erschwerendes wenig detailliertes Berichten noch ein Vermeidungsverhalten. Beide Aspekte werden hier wegen der eingangs (im Rahmen der Prüfung der Aussagetüchtigkeit erwähnten) Diagnosen einer etwaigen Posttraumatischen Belastungsstörtung und einer mittlegradigen depressiven Episode erwähnt.
429Vor dem eingangs berichteten Hintergrund der – erst zuletzt zunehmenden - sprachlichen Entwicklung der Nebenklägerin sind auch die vielen sogenannten „geschlossenen“ Fragen, insbesondere bei der frühen Vernehmung der Zeugin bei der Polizei, erklärlich und angemessen. Denn auf andere, offen formulierte Fragen, war vor allem in diesem Stadium der sprachlichen Entwicklung der Zeugin keine sachgerechte Antwort zu erwarten. Bei ausbleibenden Nachfragen zu bestimmten Details des Geschehens – etwa, weil diese den Vernehmungspersonen noch nicht bekannt waren oder vergessen wurden – berichtete die Zeugin eben diese Details daher nicht. Sobald sie aber sei es mit offenen Fragen nach „weiteren Vorfällen“ animiert wurde, berichtete sie von den immer gleichen Taten.
430Dabei kann schließlich nicht übersehen werden, dass die Nebenklägerin damals nicht etwa selbst davon getragen war, ihren Vater überhaupt anzuzeigen, so dass sich in der bzw. den ersten Befragungs-/Vernehmungssituationen auch dieser Umstand nachvollziehbar niedergeschlagen hat.
431Der Umstand, dass die Nebenklägerin bei der Sachverständigen P und der Kammer einige, über die angeklagten bzw. hier festgestellten Taten hinausgehende Geschehnisse berichtete, hat die Kammer nicht übersehen. Abgesehen von dem sog. Inkadenzphänomen erklärt sich dies aber zum einen durch die zunehmende sprachliche Entwicklung, vor allem aber die gegenüber der Vernehmung bei der Polizei zeitlich deutlich umfassendere und mehr Raum gebende Zeit der Exploration bei der Sachverständigen P und bei den Vernehmungen vor der Kammer. Das gilt umso mehr als die Nebenklägerin immer wieder deutlich von einer Vielzahl sich wiederholender Handlungen berichtete.
4322.2.3.3.
433Der Oralverkehr entsprechend Ziffer II. 3. c) (welcher im Kern Fall 6 der Anklageschrift entspricht), wurde von der Zeugin O1 im Kernbereich über sämtliche Aussagen gleichbleibend beschrieben, ebenso wie das besondere Detail, dass der Angeklagte ihr erklärt habe, wie sie dies zu tun habe.
434Wenngleich die Zeugin in ihren Aussagen beider Hauptverhandlungen erklärte, ihr Vater habe seine Hände derart an ihren Hinterkopf gelegt und Druck ausgeübt bzw. dieser habe nachgelassen, dass ihr – O1 – Kopf dadurch hin und her gegangen sei, sich gegenüber der Sachverständigen P aber nicht mehr an die Position der Hände des Angeklagten zu erinnern vermochte, liegt auch insofern nur ein vermeintlicher Widerspruch vor. Denn eine von der Nebenklägerin eingeräumte Erinnerungslücke steht – wie bereits ausgeführt wurde – nicht im Widerspruch zu tatsächlichen Erinnerungen, welche sie in anderen Befragungszeitpunkten abzurufen vermochte, sondern wird von letzteren bloß ergänzt.
435Die Angaben der Zeugin zu ihrem Alter bei diesem Geschehen – ca. 10 Jahre gegenüber der Polizei, die – damals nicht näher aufgeklärte – Grenze „bis sie 15 geworden“ sei in der ersten und „ab ca. 8 oder 9 Jahren“ in der zweiten Hauptverhandlung – stellen schon keinen nennenswerten Widerspruch da, sondern bewegen sich in einer angesichts des Zeitablaufs nachvollziehbaren Bandbreite zeitlicher Einordnungen.
436Die Kammer ist in diesem Fall nicht von einem Ausspucken des Ejakulats in ein Taschentuch (so die Aussage der Nebenklägerin gegenüber der Polizei) oder Küchenpapier (so O1 in der zweiten Hauptverhandlung) ausgegangen, ohne – so auch nicht festgestellt – zu Lasten des Angeklagten etwa von einem Schlucken des Ejakulats auszugehen. Trotz des auch insoweit grundlegend denkbaren Inkadenzphänomens, hat die Kammer davon Abstand genommen, da die Aussagen der Zeugin insofern anders als bei anderen „Abweichungen“ gleich über mehrere Vernehmungen hinweg nicht sicher erinnert wurden, so sie dieses Detail in der zweiten Hauptverhandlung nur zu erinnern „meinte“, sich dessen jedoch nicht sicher war. Auch in der ersten Hauptverhandlung erklärte die Nebenklägerin bloß, sie habe da „so ein Bild“, wie sie das Ejakulat in ein Taschentuch gespuckt habe, könne sich aber nicht sicher erinnern. Diese Unsicherheit fand sich ebenso gegenüber der Sachverständigen P, der sie erklärte, sie „glaube“, es sei auch vorgekommen, dass sie den Samen ausgespuckt habe.
437Die – den Vollzug von Oralverkehr hier wie bei dem nachstehenden Fall letztlich gleichermaßen betreffende – Unsicherheit, ob der Angeklagte seine Hose (und Unterhose) lediglich herunterzog oder auszog, ist zum einen ein letztlich unwesentliches und daher auch eher vergessensanfälliges Detail, zumal auch noch in Anbetracht der augenscheinlichen wesentlichen Entblößung des Genitals mit einer davon grundlegend entfernten Bekleidung.
438Bei der grundlegenden Angabe im Rahmen der polizeilichen Vernehmung der Nebenklägerin, der Angeklagte habe sie (zuvor) angefasst, sei so langsam an den Oberschenkeln und dann an die Brüste gegangen, handelt es sich um eine bloße Ergänzung.
4392.2.3.4.
440Die unter Ziffer II. 3. d) getroffenen Feststellungen zu einem – ganz klar weiteren - Oralverkehr, bei dem es zum Erbrechen der Nebenklägerin kam, finden sich im Kerngeschehen bei sämtlichen Vernehmungen. In der Angabe während der zweiten Hauptverhandlung, wonach der Angeklagte neben seiner Hose auch seine Unterhose ausgezogen habe, liegt kein Widerspruch zu den Angaben gegenüber der Sachverständigen P und in der ersten Hauptverhandlung, weil die Zeugin insofern ein weiteres Detail berichtet hat. Auf die Ausführungen unter 2.2.3.1. wird abermals verwiesen.
441Die Vermutung der Nebenklägerin gegenüber der Sachverständigen P, wonach sie „glaube“, sich im Zuge des Oralverkehrs nicht erbrochen zu haben, widerspricht zwar den weiteren Angaben der Zeugin gegenüber der Polizei und in beiden Hauptverhandlungen. Insofern erklärte sie, sie habe sich im Anschluss an den Samenerguss des Angeklagten erbrochen (polizeiliche Vernehmung), habe auf den Penis brechen müssen, als sie diesen bereits im Mund gehabt habe (erste Hauptverhandlung) und habe sich aufgrund des Brechreizes auf den Intimbereich ihres Vaters erbrochen (zweite Hauptverhandlung).
442In Anbetracht der Tatsache, dass die Nebenklägerin bei ihrer letzten Aussage im Rahmen der zweiten Hauptverhandlung auf entsprechende Nachfrage zu diesem Geschehen zu berichten vermochte, dass der Angeklagte sich im Anschluss an ihr – O1 – Erbrechen mit einem naheliegenden Küchenpapier gesäubert habe und auch sie selbst hiermit Reste des Erbrochenen entfernt habe, ist die Kammer mit Blick auf die bloß einmalige und zudem unsichere Ablehnung eines Erbrechens im Zusammenhang mit Oralverkehr allein bei der aussagepsychologischen Sachverständigen unter weiterer Einstellung des auch von der Sachverständigen insoweit wegen des „einmaligen“ und zudem unsicheren Nichterinnerns für plausibel erachteten Inkadenzphänomens keine Bedenken, von einer ausreichend konstanten Aussage ausgegangen.
4432.2.3.5.
444Zu den Feststellungen unter II. 3. e) erklärte die Zeugin in der polizeilichen Vernehmung ebenso wie gegenüber der Sachverständigen P, sie habe sich ihre Hose selber ausgezogen bzw. sowohl sie als auch der Angeklagte hätten ihre Hosen jeweils selbst ausgezogen. Auch in der ersten Hauptverhandlung vermochte sie noch zu berichten, dass sie sich selbst ausgezogen habe. Soweit sie in ihrer letzten Aussage während der zweiten Hauptverhandlung nicht mehr wusste, ob sie sich selbst ausgezogen habe oder der Angeklagte dies tat, mag die fehlende Erinnerung der Zeugin insoweit an dem (weiteren) Zeitablauf seit dem Geschehen liegen oder an dem bereits dargelegten Phänomen der Inkadenz.
445Mit Blick auf das im Rand- und Kerngeschehen im Übrigen konstant geschilderte Geschehen, das auch die Komplikation der Nachfrage des Angeklagten, ihrer – der Nebenklägerin – positiven Antwort hierauf und dem durch die Nebenklägerin unverstandenen Handlungsabbruch umfasst, liegen umfassend konstante Aussagen vor, die sich lediglich in einem Detail bei einer Aussage nicht vollständig decken. Ob die fehlende Erinnerung der Zeugin insofern durch den Zeitablauf seit der Tat oder das bereits erläuterte Phänomen der Inkadenz zu erklären sind, vermochte die Kammer nicht weiter aufzuklären.
446Angesichts der nach Angaben der Nebenklägerin stattgefundenen Mehrzahl von an ihrem Vater vollzogenen oralen Handlungen handelt es sich bei der allein im Rahmen der ersten Hauptverhandlung gemachten Aussage, es könne sein, dass sie ihn auch dem Ausziehen seiner Hose zunächst oral befriedigt habe, zum einen nicht um einen Widerspruch, sondern um eine Ergänzung, bezüglich derer die Nebenklägerin zum anderen ihre unsichere Erinnerung hervorhob.
447Dabei hat die Kammer nicht übersehen, dass nach der Rechtsprechung ein wenig vergessensanfälliges Erlebnis in aller Regel erinnert werden sollte, soweit es sich um eine unter normalen Bedingungen nicht erklärbare Erinnerungslücke handelt (BGH, NStZ-RR 2012, 383-385, Rn. 9). Für eine solche nicht erklärbare Erinnerungslücke gibt es indes unter Berücksichtigung der unter 2.2.3.1 (dort im dritten Absatz) angeführten Gesichtspunkte keine durchgreifenden Anhaltspunkte.
4482.2.3.6.
449Die unter II. 3. f) festgestellte Tat hat die Zeugin O1 hinsichtlich des Oralverkehrs bis auf die polizeiliche Vernehmung in zahlreichen, sich aus der Darstellung der Aussagen ergebenden Formulierungen grundlegend konstant gleichbleibend geschildert.
450Das Fehlen der oralen Befriedigung nur in ihrer ersten Aussage gegenüber der Polizei erklärt sich jedoch damit, dass die Zeugin nach diesem Teilgeschehen nicht gefragt worden war.
451Der Umstand, dass die Nebenklägerin in der letzten Hauptverhandlung nicht mehr erinnerte, ob sie es war, die – so noch ihre Angaben in der ersten Hauptverhandlung – die Hose des Angeklagten öffnete, stellt keinen Widerspruch dar, sondern mit einem eher vergessensanfälligen, wenig entscheidenden Detail ein aussagepsychologisch sowohl mit dem Zeitablauf als auch dem Inkadenzphänomen erklärliches Momentum.
452Seit der ersten Hauptverhandlung ergänzte die Nebenklägerin den Oralverkehr – insofern konstant – dahingehend, dass der Angeklagte in ihrem Mund einen Samenerguss hatte und sie das Ejakulat auf seine Anweisung hin schlucken musste. Diese Ergänzung eines bereits mehrfach geschilderten Sachverhalts nach wiederholter Darstellung steht nicht im Widerspruch zu den früheren Aussagen. Eine Ergänzung ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass – wie bereits ausgeführt worden ist – nicht anzunehmen ist, dass einer Auskunftsperson sämtliche Details in jedem Befragungszeitpunkt erinnerlich sind.
453Im Wesentlichen gleich bewertet die Kammer die Ergänzung der Zeugin um die Tatsache, dass sie bei diesem Geschehen von ihrem Vater mit einer Leine und einem Halsband angeleint worden sei, die sich neben der polizeilichen Vernehmung auch in den Aussagen während der Hauptverhandlungen wiederfindet. Dieses Detail passt insofern stimmig zu dem – konstant seit der ersten Vernehmung genannten – Umstand, dass sie High Heels aus der von dem Angeklagten herbeigeholten Tüte habe anziehen und in diesen herumlaufen müssen. Denn die Leine nebst Halsband soll aus derselben Tüte wie die Schuhe entnommen worden sein.
454Die abweichende Aussage der Zeugin in der ersten Hauptverhandlung, wonach sie ihre Unterwäsche anbehalten und nicht – so sagte sie bei den weiteren Vernehmungen – ebenfalls ausgezogen habe, lässt die Kammer nicht an dem Wahrheitsgehalt der ansonsten konstant und übereinstimmend dargelegten Version des Geschehens, wonach sie die Unterwäsche ebenso wie ihre weitere Kleidung abgelegt hat, zweifeln. Vielmehr handelte es sich insofern um eine zu vernachlässigende Nebensächlichkeit, als sie – konstant in sämtlichen Vernehmungen geschildert – andere Kleidung, nämlich einen Rock und Schuhe angezogen hat. Mit Blick auf den Umstand, dass es im weiteren Verlauf zum Oralverkehr kam und der Fokus der Nebenklägerin auf dem unbekleideten Intimbereich des Angeklagten lag, ist lediglich ein Detail des Geschehens und dieses bloß bei einer Vernehmung abweichend geschildert worden.
455In die vorstehende Gesamtschau fügt sich auch der Umstand ein, dass sich die Nebenklägerin in der ersten Hauptverhandlung bei der zeitlichen Reihenfolge des genauen Ablaufs insofern unsicher war, was sie aber auch hervorhob, als sie meinte, dass die orale Befriedigung bereits vor dem Kriechgeschehen stattgefunden habe.
456Hierbei zeigt sich zudem, dass sich manche Ergänzungen, auch – wie vorstehend – teils unsichere Erinnerungen mit diesbezüglich erstmals von der Kammer – jedenfalls im Vergleich zu der sich dazu gerade noch nicht verhaltenden, nicht so eingehenden Vernehmung bei der Polizei – in der Tiefe gestellten Fragen erklären.
457Die Kammer hat dabei nicht übersehen, dass die Nebenklägerin zu Beginn ihrer polizeilichen Vernehmung berichtete, ihr Vater habe eine schwarze Plastiktüte gehabt, darin seien (von ihr an dieser Stelle nicht näher beschriebene) „Sextoys“ gewesen; die habe er an ihr ausprobiert. Das Verständnis der Nebenklägerin zu den – später im Laufe der Vernehmung bei der Polizei nochmals aufgegriffenen „Sexspielsachen“ zeigte sich dann so, dass sie von High Heels berichtete, die ihr der Angeklagte gezeigt habe, die sie angezogen habe und dass in der Tüte auch Handschellen und Dildos, die sie aber nur angeschaut habe. Die Nebenklägerin zählte daher zu den auch an ihr ausprobierten Sexspielsachen auch – sachlich grundlegend zutreffend – den Einsatz von aufreizendem Schuhwerk.
4582.2.3.7.
459Das Geschehen in F1, wie es unter II. 3. g) festgestellt wurde, schilderte die Zeugin konstant dahingehend, der Angeklagte sei morgens in ihr Zimmer gekommen und habe sie vor die Wahl gestellt, ihn zu befriedigen oder ihm einen Kaffee zu machen. Dabei habe er seinen Penis in ihr Gesicht gedrückt.
460Ein solches, in der Intensität abnehmendes Geschehen fügt sich zudem in den von der Nebenklägerin in der Entwicklung geschilderten und so unter II 3. G. festgestellten Umstand einer mit zunehmendem Alter beginnenden Ablehnung ein.
461Soweit die Nebenklägerin gegenüber der Sachverständigen P erklärte, der Angeklagte habe seine Unterhose heruntergezogen und sein unbekleidetes weiches Genital in ihr Gesicht gehalten, steht dies im Widerspruch zu den Angaben gegenüber der Polizei, wonach der Angeklagte seinen bekleideten Penis in ihr Gesicht gedrückt habe. Dieser Widerspruch löst sich allerdings durch die Klarstellung in der ersten Hauptverhandlung durch den vorstehend (2.2.3.6. a.E.) erwähnten Umstand einer in der Hauptverhandlung tiefergehenden Befragung auf, wonach es sowohl vorgekommen sei, dass der Angeklagte seinen bekleideten Penis in ihr Gesicht gedrückt habe, als auch dass er seine Unterhose hierzu heruntergezogen und ihr sodann seinen unbekleideten Penis in das Gesicht drückte, zumal die Zeugin konstant – auf die diesbezügliche klarstellende Vernehmung – jedenfalls klar ab der ersten Hauptverhandlung davon berichtete, derartige Vorfälle seien wiederholt, mehrmals in der Woche, aufgetreten.
462Die Ergänzungen der Zeugin in der zweiten Hauptverhandlung, wonach sie den Angeklagten versucht habe, wegzudrücken und dieser in ihr Zimmer gekommen sei und sie zunächst wachgeschüttelt habe, stehen zunächst nicht im Widerspruch zu ihren weiteren Aussagen. Darüber hinaus erfolgten diese weiteren Angaben überwiegend auf entsprechende Nachfrage, die bei den früheren Vernehmungen unterblieben war, was die entsprechenden Abweichungen, wie bereits ausgeführt worden ist, erklärt.
4632.2.3.8.
464Die unter II. 3. h) festgestellte Körperverletzung schilderte die Nebenklägerin ab der Aussage gegenüber der Sachverständigen P sowohl im Kern- als auch im Randgeschehen gleichbleibend konstant, ohne dass es zu Abweichungen in Details oder Ergänzungen gekommen wäre.
465Zwar fehlt dieses Geschehen in der polizeilichen Aussage, jedoch erklärt sich dies mit der gegenüber späteren Befragungen nicht so intensiven Vernehmung, dadurch, dass die Nebenklägerin vor allem von den sexuellen Übergriffen berichtete und durch fehlende entsprechende Nachfrage in der ersten Vernehmung der Nebenklägerin.
4662.2.3.9.
467Die Tat zu II. 3. i) berichtete die Zeugin über alle Vernehmungen gleichbleibend dahingehend, dass der Angeklagte ihr im Keller an die Brust gefasst habe.
468Zwar hat die Nebenklägerin gegenüber der Sachverständigen P erklärt, sie habe T treffen wollen, während nach den Angaben in der ersten Hauptverhandlung die Arbeit mit ihrem Vater Anlass für ihr Umziehen gewesen sein soll. Dieser scheinbare Widerspruch wurde jedoch von der Zeugin in der zweiten Hauptverhandlung dahingehend aufgeklärt, als sie erklärte, sie habe T treffen wollen, dies sei ihr jedoch von ihrem Vater untersagt worden; stattdessen habe sie auf seine Anweisung hin mit ihm arbeiten und sich umziehen sollen. Dies habe sie im Keller getan, weil dort frische Wäsche gelegen habe. Insofern lassen sich die unterschiedlichen Angaben miteinander in Einklang bringen, weil die Zeugin ihren Freund in der Tat besuchen wollte, dies aber nicht durfte und sich stattdessen für die Arbeit umziehen musste. Es lag nicht zuletzt aufgrund der kurzen, wortkargen und nur stockenden Antworten der Zeugin ein Missverständnis vor, das in der letzten Hauptverhandlung, in welcher die sprachlichen Fähigkeiten der Nebenklägerin insbesondere bzgl. des freien Berichts deutlich vorangeschritten waren, aufgeklärt werden konnte.
469Darüber hinaus lag bei oberflächlicher Betrachtung in der Aussage der Zeugin gegenüber der Sachverständigen P ein Widerspruch vor, was die Art und Weise der Berührung betrifft. Denn sie erklärte in der vorgenannten Aussage, der Angeklagte habe ihren BH hoch gemacht, was dahingehend verstanden werden könnte, der Angeklagte habe sie unterhalb der Kleidung, unmittelbar an der Brust angefasst und hierzu die Unterwäsche verschoben. In den weiteren Vernehmungen durch die Polizei und auch in beiden Hauptverhandlungen sagte die Nebenklägerin jedoch aus, er habe sie nicht unter der Kleidung (beide Hauptverhandlungen) bzw. auf dem T-Shirt angefasst. Allerdings ist – was sich ohne Weiteres mit den anderen Aussagen vereinbaren lässt – eine Berührung oberhalb der Kleidung trotzdem mit einem Verschieben des BHs in Einklang zu bringen, wenn durch die Berührung der unter dem T-Shirt liegende BH verschoben wird. Tatsächlich liegt daher kein Widerspruch, sondern eine konstante Aussage vor. Diese hat die Zeugin in der ersten Hauptverhandlung dadurch ergänzt, dass die Berührung sich grob angefühlt und der Angeklagte ihre Brust festgehalten und massiert habe. Da diese ergänzenden Details auf entsprechende Nachfrage berichtet wurden, bestehen auch insofern keine Bedenken an der Konstanz der entsprechenden Aussagen.
4702.2.3.10.
471Die Kammer ist daher im Einklang mit den entsprechenden Ausführungen der Sachverständigen P – auch unter Berücksichtigung der vorstehenden Ergebnisse der Beweisaufnahme – zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Angaben der Zeugin O1 – wie dargestellt – einige Inkonstanzen aufweisen, wobei aber einige der vermeintlichen Abweichungen sich bereits aus den Aussagen heraus aufklären ließen. Die tatsächlichen Inkonstanzen sind – unter Würdigung sämtlicher aussagerelevanter und persönlicher Aspekte der Geschädigten – überaus erklärbar. Trotz der dargestellten Inkonstanzen ist – auch aus sachverständiger Sicht - nicht durchgreifend an der Glaubhaftigkeit und Erlebnisbasiertheit der Angaben der Geschädigten zu zweifeln.
472Das gilt insbesondere auch für den Umstand, dass die Nebenklägerin bei der Polizei bekundete, als es angefangen habe, habe sie ihren Vater anfassen müssen, während sie die spätere Frage, ob sie sich an das allererste Mal erinnere könne, verneinte und zu der Frage, welche Situation sie als erstes erinnere den (ersten) Oralverkehr berichtete.
473Denn bei dem Bericht zum allerersten Mal (Anfassen) und der Antwort auf die letztgenannte Frage (mit der Antwort: Oralverkehr) handelt es sich nämlich nach den Ausführungen der Sachverständigen P, den sich die Kammer aufgrund der zu Recht erfolgten Anknüpfung an die diesbezügliche Aussage der Zeugin W1 anschließt, nur um einen scheinbaren Widerspruch.
474Denn die Nebenklägerin bekundete bei der letztgenannten Zeugin gerade nicht zunächst das erste Mal habe in seinem Anfassen bestanden, um später zu bekunden, das erste Mal habe in dem Vollzug des Oralverkehr bestanden. Vielmehr wurde die Nebenklägerin im Verlauf der Vernehmung, nach ihrem Bericht von einer ersten Tat, bei der sie ihren Vater habe anfassen müssen, nur danach gefragt, welches ihre erste Erinnerung sei. Dabei erscheint es jedenfalls ohne weiteres plausibel, wenn die Nebenklägerin von einem – letztlich schweren – Übergriff als demjenigen berichtet, der zwar nicht als erste Tat geschah, den sie aber als erste Erinnerung sofort berichten könne.
475In diesem Zusammenhang hat die Sachverständige P, unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Nebenklägerin 2021 bekundete, sie wisse nicht mehr, wie es angefangen habe, zutreffend darauf hingewiesen, dass es zwar unter gedächtnispsychologischen Aspekten eher zu erwarten sei, dass sich eine Zeugin bei persönlich einschneidenden Erlebnissen gerade an den ersten Vorfall erinnere. Hier sei indes zu bedenken, dass sich die Übergriffe zumindest nach dem, wenn auch zu hinterfragenden Bericht der Nebenklägerin nach und nach entwickelt, in der Intensität gesteigert und in selbstverständlicherweise in den Alltag eingebunden gewesen seien, so dass sie durchaus verständlicherweise zunächst nicht ein jedes Mal als besonders herausragend begriffen bzw. bewertet habe. Daher sein eine nur langsame Entwicklung, nicht aber ein einschneidendes, gar besonders schweres erstes Erlebnis, welches so auch nicht erinnert werde, nachvollziehbar.
4762.2.3.11.
477Die Kammer hat bei der Konstanzprüfung die Angaben der Nebenklägerin gegenüber den Zeugen T, T1, Frau A und Frau I nicht übersehen. Dazu ist Folgendes zu sagen:
478Die – wenigen – Angaben der Nebenklägerin gegenüber dem Zeugen T vor dem 00.00.0000 stellen bloß Ergänzungen (z.B. in Bezug auf einen körperlichen Übergriff im Auto) oder – wenn auch wegen der Zurückhaltung – allgemeine, aber grundlegend stimmige Angaben (ihr Vater fasse sie an) dar. Die späteren Angaben ihm gegenüber fügen sich jedenfalls auch grundlegend stimmig in die weiteren, vorstehend bereits genannten Aussagen ein.
479Die Kammer hat dabei nicht übersehen, dass der Zeuge T bei seiner polizeilichen Zeugenvernehmung am 27.11.2019 nach Schilderung u.a. eines Vorfalls im Büro, bei dem der Angeklagte mit einem Beutel mit Sexspielspielzeug gekommen sei, erwähnte, er habe „das“ seinen Eltern ungefähr Anfang der Osterferien erzählt. In der Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung wurde aber klar, dass sich das Wort „das“ nicht etwa konkret auf den letztgenannten Vorfall bezog, sondern eine ungenaue, allgemein gehaltene Angabe war, zumal der Zeuge zuvor über zahlreiche andere Angaben der Nebenklägerin ihm gegenüber berichtete hatte und der Zeuge damit in zeitlicher Hinsicht nicht etwa meinte, er habe alles, was er am 27.11.2019 der Polizei berichtet habe, schon bis zu den Osterferien 2019 erfahren (und seinen Eltern Anfang der Osterferien) erzählt. Vielmehr berichtete die Nebenklägerin ihm – wie in den diesem Zeugen gegenüber gemachten Angaben bei der Aussageentwicklung dargestellt – einige konkrete Vorfälle gerade erst nach ihrer Flucht aus der Familie und auch nach der Erstattung der Strafanzeige.
480Die Angaben der Nebenklägerin gegenüber der Zeugin T1 fügen sich ebenfalls grundlegend stimmig in die weiteren, vorstehend bereits genannten Aussagen ein.
481Nichts anderes gilt für ihre Angaben gegenüber Frau A und Frau I mit dem Hinweis, dass es ihnen gegenüber punktuell auch Ergänzungen gab.
4822.2.4.
483Die Kammer hat des Weiteren – sachverständig beraten durch die Sachverständige P - die Entstehung und Entwicklung der Aussagen unter Berücksichtigung der Motivlage der Zeugin O1 geprüft. Hierbei ist insbesondere auch untersucht worden, inwieweit sich Anhaltspunkte für von außen herangetragene Beeinflussungen auf die Aussageerstattung der Zeugin ergeben. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ergeben sich indes keine Anhaltspunkte für eine Beeinflussung der Zeugin und/ oder eine - gar intentionale - Falschaussage.
484Erstmalig anvertraut hat sich die Zeugin O1 gegenüber ihrem Freund T am 00.00.0000 und zuvor nur Andeutungen gemacht. An demselben Tag, so berichtet die Nebenklägerin, hatte sie bereits in Betracht gezogen, sich ihrer Mutter anzuvertrauen, sich schließlich jedoch wegen der Anwesenheit des Angeklagten und ihrer Einschätzung, dass ihre Mutter keine Hilfe bieten könne und würde, dagegen entschieden. Die Offenbarung gegenüber der Familie T3 wurde durch die unter II. 3. i) festgestellte Tat ausgelöst, die trotz einer für sich genommen relativ wenig belastenden Handlung im Anschluss an die jahrelange Misshandlung durch den Angeklagten den psychischen Druck auf die Nebenklägerin derart erhöhte, dass sie T mitteilte, sie weine wegen ihres Vaters.
485Die Möglichkeit, sich anderen Personen anzuvertrauen, hatte sich bis dahin kaum geboten, weil O1 auch aufgrund ihrer Mitarbeit in den Firmen ihres Vaters sowie dessen Kontrolle ihres Handys (nach ihren Angaben kontrollierte ihr Vater immer wieder ihr Handy und nahm es ihr zeitweise auch weg, was auch in dem von dem Zeugen T berichteten entsprechenden Eindruck (siehe die Feststellungen zu II 5) seinen Widerhall findet) kaum Freundschaften schließen konnte.
486Diese Möglichkeit bot sich erst nach einer langsamen Annäherung des Zeugen T und der Nebenklägerin, die sich über einen erheblichen Zeitraum zog und trotz dieser Dauer nur zu wenigen persönlichen Treffen führte, vielmehr über die Handys der beiden Jugendlichen stattfand.
487Gerade dieses zurückhaltende, keinesfalls von einer überschießenden, gezielten Belastungsverschärfung geprägte Verhalten der Nebenklägerin hat der – zudem nach dem klaren Eindruck der Kammer ebenso sachlich bedächtig, differenzierend und auch in seiner persönlichen Art zurückhaltende - Zeuge T sehr gut – wie die sukzessiven Angaben der Nebenklägerin ihm gegenüber nach seiner Aussage zeigen - nachvollziehbar beschrieben.
488Einer früheren Offenbarung stand ferner entgegen, dass die Nebenklägerin nach ihrer eigenen, konstant berichteten kindlichen Einschätzung aufgrund der Frequenz der sexuellen Handlungen und deren Einbau in ihren Alltag bis zum Besuch der weiterführenden Schule nicht klar war, dass es sich bei dem Geschehen zwischen dem Angeklagten und ihr um eine Besonderheit handelte, die gar strafbar sein könne. Vielmehr hielt sie derartige Vorgänge für normal. Hinzu kommt, dass der Angeklagte sie angewiesen hatte, über die Vorgänge zu schweigen und von diesen niemandem zu berichten.
489Als Motiv der Offenbarung gegenüber der Familie T3 stellt sich das Bedürfnis der Nebenklägerin dar, sich ob des Tatgeschehens zu entlasten und aus der Situation eines jahrelangen, immer wiederkehrenden Missbrauchs auszubrechen, welche sie gegenüber ihrer Psychotherapeutin, der Zeugin I, als „dunkle Zeit“ beschreibt.
490Ziel ihrer Aussagen gegenüber der Familie T3 war hingegen gerade nicht, eine Strafanzeige gegen ihren Vater herbeizuführen und ein (strafrechtliches) Verfahren gegen ihn einzuleiten. Das hat die Nebenklägerin konstant in sämtlichen Vernehmungen überzeugend erklärt. Vielmehr, so legte die Zeugin dar, hatte sie sich damit abgefunden, bis zu ihrer Volljährigkeit – die schließlich an ihrem 18. Geburtstag am 00.00.0000 eingetreten ist – trotz der Belastung in der Familie auszuharren und sich anschließend zu distanzieren, insbesondere aus der elterlichen Wohnung auszuziehen. Allein aufgrund der starken Belastung durch die wiederkehrenden Taten hat sie dieses Vorgehen weniger als zwei Jahre vor ihrer Volljährigkeit, auf die sie nur gewartet hat, um sich zu „befreien“, nicht mehr beibehalten können. Die Bekundungen des Zeugen T zu den sehr zurückhaltenden Angaben der Nebenklägerin ihm gegenüber vor dem 00.00.0000, wie auch der Ablauf des 00.00.0000 und die so anlässlich eines – im Vergleich zu anderen sexuellen Übergriffen des Angeklagten – weniger gewichtigen Übergriffs sich bahnbrechende Aussageentstehung fügen sich darin stimmig ein.
491Von einer früheren Anzeige oder Mitteilung an Dritte wurde die Nebenklägerin nicht zuletzt abgehalten, weil sie vor dem Angeklagten, der sie gelegentlich auch geschlagen hat und der ihre Kommunikation überwachte, Angst hatte.
492Wäre es der Nebenklägerin alleine auf eine Belastung des Angeklagten mit den entsprechenden negativen Folgen für diesen angekommen, hätte sie hingegen auch schon früher gegenüber anderen Personen – beispielsweise Lehrern, insbesondere aber auch früher gegenüber dem Zeugen T – und auch deutlicher als in wenigen Andeutungen gegenüber dem Zeugen T, demgegenüber sie immerhin auch schon vor dem 00.00.0000 ganz wenige Äußerungen tätigte, von Taten des Angeklagten berichten und damit rechnen können, dass es zu Ermittlungen gegen den Angeklagten kommen würde.
493Die Angaben der Nebenklägerin werden vollumfänglich bestätigt durch die Bekundungen der Zeugin T1. Sie schilderte, im Naturell ganz anders als ihr Sohn, direkt, zupackend und klar auftretend - offen, detailreich und stimmig, wie die Zeugin O1 ihr die Tatgeschehnisse anvertraut habe, dass sie dabei schrecklich geweint, gezittert und Angst gehabt habe, ihr würde nicht geglaubt. Auch in der folgenden Zeit sei O1 verzweifelt gewesen, habe viel geweint und schlecht geschlafen. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin T1 zu zweifeln. Bei den Bekundungen der Zeugin T1 wurde ebenso deutlich, dass der Impuls für die Anzeigeerstattung nicht von der Nebenklägerin, sondern der Zeugin T1 ausging, die letztlich auch die Strafanzeige erstattete. Wenngleich dies mit O1 abgesprochen und sie mit einer Anzeige einverstanden gewesen sei, war es nicht O1, die eine Bestrafung des Angeklagten verlangt und initiiert hat.
494Das fügt sich auch stimmig ein in dem von der Zeugin T1 ebenso wie von der Nebenklägerin bekundeten Umstand, dass es nicht etwa die Nebenklägerin war, die allein entschied, am 00.00.0000 zunächst bei T3 zu bleiben, sondern dies auf einem Vorschlag der Zeugin T1 beruhte. Diese Situation hatte die Zeugin T1 noch klar vor Augen, wie nämlich der Angeklagte versuchte, seine Tochter über ihr Mobiltelefon zu erreichen und O1 nicht wusste, ob und wie sie darauf reagieren sollte. Die Zeugin T1 schlug ihr daraufhin vor, sie solle ihrem Vater letztlich die Wahrheit über die aktuelle Situation zu sagen. So entschied sich die Nebenklägerin ihrem Vater nicht nur mitzuteilen, dass sie sich den T3 anvertraut habe, sondern auch nicht nach Hause kommen werde. Der Chat lag im Übrigen auch noch schriftlich vor und konnte so inhaltlich unmittelbar nachvollzogen werden.
495Diese Angaben der Zeugin T1 werden bestätigt durch den Umstand, dass die Nebenklägerin sich grundlegend bereits am 00.00.0000 der Zeugin gegenüber geöffnet hatte, die Strafanzeige allerdings erst am 23.04.2019 erstattet wurde. In der Zwischenzeit, so berichtete die Zeugin T1 für das Gericht nachvollziehbar, habe sie mit einem befreundeten Polizisten über das Geschehen gesprochen und sich versichert, ob die Erstattung einer Anzeige angemessen sei. Ferner habe sie dem Angeklagten die Möglichkeit gegeben, sich selbst anzuzeigen, um der Nebenklägerin die Belastung einer Anzeige ihres Vaters sowie einer Aussage zu ersparen. Diese Vorgänge – und nicht etwa ein Einwirken der Nebenklägerin auf die Zeugin T1 dahingehend, diese zu überreden, an ihrer statt Strafanzeige zu erstatten – führten zu dem Zeitablauf zwischen Bekanntwerden und der schließlich erfolgten Strafanzeige am 23.04.2019, die letztlich nicht durch die Nebenklägerin selbst, sondern die Eheleute T3 erfolgt ist.
496In dieses Bild fügt sich stimmig ein, dass – wie sowohl O1 als auch die Zeuginnen T1 und I sowie die Sachverständigen und Zeuginnen P und O3 übereinstimmend schilderten – O1 durch die Folgen ihrer Offenbarung insofern leidet, als sie auch von ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrem Hund getrennt ist, die sie vermisst. Dabei handelt es sich angesichts des Intellekts der Nebenklägerin um für sie ersichtlich voraussehbare Folgen, für deren Inkaufnahme ohne ein tatsächlich erlebnisbasiertes Geschehen (zu – nicht vorliegenden - (auto-)sugesstiven Prozessen etc. siehe die späteren Ausführungen) kein nachvollziehbarer Anhalt besteht. Nichts anderes gilt im Übrigen für die seit Jahren in Anspruch genommenen Leistungen der Frau A bzw. Frau I.
497Im Zuge der ersten Offenbarung und auch während des anschließenden Aufenthalts der Nebenklägerin bei T3 stellten letztere nach übereinstimmenden Angaben der Zeugen T1 und T keine Fragen zu (weiteren) Missbrauchshandlungen.
498Insbesondere fragte die Zeugin T1 nach dem Erstbericht der Nebenklägerin am 00.00.0000, dass sie missbraucht worden sei und der Angeklagte sie an der Brust angefasst habe, nicht etwa, ob noch mehr passiert sei, sondern nach den Bekundungen der letztgenannten Zeugin vor der Kammer über das Geschehen in ihrem Haus, nachdem die Zeugin T1 sich gesammelt hatte, sie solle ihr bitte sagen, wie sie das empfinde, was sie meine, wenn sie soeben gesagt habe, ihr Vater habe sie missbraucht.
499Mangels konkreter Vorgaben und so mangels konkreter Aufdeckungsarbeit und der grundlegenden Fähigkeit der Nebenklägerin sich von Vorhalten abzugrenzen, steht eine gar erfolgreiche Suggestion, insbesondere bestimmter einzelner Sachverhalte, aber auch dann nicht in Rede, wenn man davon ausginge, die Zeugin T1 habe, nachdem sie von dem Griff des Angeklagten an den Busen seiner Tochter am 00.00.0000 erfahren habe, gefragt, „ob noch mehr passiert sei“.
500Denn, dass die Nebenklägerin sich, auf eine derartige Nachfrage entschlossen hätte, nunmehr - etwa um einer solchen Nachfrage im Sinne einer Belastung mit ihr auch nach dem Inhalt der Strafanzeige gerade nicht konkret gemachten Vorgaben zu bestimmten einzelnen Sachverhalten, versehentlich oder absichtlich, Raum zu geben - liegt sowohl mangels ihr vorgegebener Inhalte als auch unter Berücksichtigung der grundlegend zurückhaltenden und eher wenig umfangreich von sich aus berichtenden Nebenklägerin, die zudem nicht einmal selbst den Entschluss zu einer Strafanzeige fasste, fern.
501Ergänzend wird wegen der Fähigkeit und Bereitschaft der Nebenklägerin sich gegenüber suggestiven Einflüssen abzugrenzen, beispielhaft darauf hingewiesen, dass sie auf die Frage im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung „Das bedeutet, es ist mindestens 120 Mal dazu gekommen?“, erklärte: „Ich habe keine Ahnung, aber es kam mir sehr oft vor“. Zwar verband die Zeugin W1 ihre Frage, ob sie sich an etwas konkret vor dem ersten Oralverkehr erinnern könne mit dem Bemerken „vielleicht als deine Mutter im Krankenhaus war oder so was“, worauf die Nebenklägerin tatsächlich aufgriff „Ja, als meine Mutter im Krankenhaus war“.
502Dazu ist zur genauen Einordnung aber zweierlei zu sagen: Zum einen handelt es sich schon grundlegend nicht um eine Suggestion im Sinne eines etwaigen Tatrahmens, der allein von der Vernehmungsbeamtin ins Feld geführt wurde. Denn die Nebenklägerin hatte bereits zuvor, ohne eine solche „Vorgabe“ von sich aus zu Beginn ihrer Vernehmung zur groben Einordnung insbesondere von Tatzeiten berichtet, es sei auch geschehen als ihre Mutter im Krankenhaus gewesen und sie – die Nebenklägerin – allein mit ihrem Vater gewesen sei. Zum anderen war die Frage der Zeugin W1 im weiteren Verlauf der Vernehmung „vielleicht als deine Mutter im Krankenhaus war oder so was“ überhaupt nicht mit einer Nachfrage/Vorgabe zu einer bestimmten sexuellen Handlung verbunden, die die Nebenklägerin suggestiv hätte bestätigen können.
503So ergibt sich auch – weder in der Person der Zeugin W1 noch bei anderen Befragungs-/Vernehmungssituationen - kein durchgreifender Anhaltspunkt für eine etwaige sog. Befragervoreinstellung, die etwa dadurch geprägt gewesen wäre, dass im Befrager bereits die Ausgangshypothese eines stattgefundenen Missbrauchs, gepaart damit, dass dem widersprechende Informationen (der Nebenklägerin) nicht akzeptiert und Befragungen einfach fortgesetzt würden (so eine Annahme der Verteidigung).
504Auch das unter die sog. Theorie der kognitiven Dissonanz fallende Suchen von Informationen, die die „vorhandene Überzeugung bestätigen, während diejenigen, die ihnen widersprechen, vermieden werden“, kann nach der Vernehmung insbesondere der Zeugin W1 und auch der ebenfalls vorsorglich als Zeugin vernommenen Sachverständigen P, letztlich zurückgewiesen werden; so haben sie insbesondere Verneinungen und berichtete Handlungsabbrüche herausgearbeitet und akzeptiert.
505Im Laufe ihrer weiteren Aussagen, insbesondere im Rahmen der polizeilichen Vernehmung vom 29.04.2019 sowie bei der Exploration durch die Sachverständige P am 31.08.2020, berichtete die Nebenklägerin sodann auf entsprechende Nachfragen von Details der einzelnen Taten und schilderte diese erstmals umfassend. Hierbei war auch der dazu notwendige zeitliche Rahmen – das Gespräch mit der Sachverständigen P dauerte ca. 2 Stunden und 45 Minuten, die polizeiliche Vernehmung immerhin beinahe zwei Stunden – gegeben.
506Nachdem die erste Hauptverhandlung im Jahr 2021 im Anschluss an die bereits erfolgte Vernehmung der Nebenklägerin aufgrund eines absoluten Beschäftigungsverbots der damaligen Berichterstatterin ausgesetzt wurde, brach O1 nach der überzeugenden Aussage der Zeugin I zusammen und hatte für alltägliche Dinge sowie ihre Ausbildung keine Kraft mehr, weshalb sie diese abbrach.
507Es ist für die Kammer nachvollziehbar, dass die Zeugin, die sich erkennbar schwer tat, der es aber auch vor der Kammer detailliert und umfassend gelang, über die Taten des Angeklagten überhaupt zu sprechen, durch die Aussicht auf eine weitere Vernehmung stark belastet fühlte. Hätte sie hingegen den Angeklagten fälschlich belasten wollen, hätte es ggfs. näher gelegen, die sich bietende Möglichkeit einer (noch stärkeren) Belastung willkommen zu heißen oder wäre hierdurch jedenfalls nicht so stark beeinträchtigt worden, dass sie für die Zeugin I glaubhaft zu schwach war, um ihre gerade erst begonnene Ausbildung fortzuführen. Die Kammer hat dabei nicht übersehen, dass ggfs. auch eine intentionale Falschaussage, die dann ggfs. hätte wiederholt werden müssen, eine solche Belastung rechtfertigen könnte. Für eine solche Art von Falschbelastung bietet aber die Aussageentstehung und Aussageentwicklung aber keine durchgreifenden Anhaltspunkte.
508Die dargestellte Aussageentwicklung zeigt vielmehr deutlich, dass die Zeugin O1 zunächst keine Strafverfolgung des Angeklagten, sondern Hilfe für sich selbst wünschte. Erst im Anschluss an einen Aufenthalt bei der Familie T3 und die Einschätzung der Zeugin T1, dass die ihr bekannt gewordenen Vorgänge zur Anzeige gebracht werden müssten, war O1 hiermit einverstanden. Den Anstoß für das vorliegende Strafverfahren gab sie letztlich jedoch nicht selbst.
509Dieser Umstand wird bestätigt durch das weitere Aussageverhalten der Nebenklägerin, die zwar gegenüber der Sachverständigen P und auch in der ersten Hauptverhandlung 2021 neben Details der verfahrensgegenständlichen Vorfälle auch andere Situationen mit sexuellen Übergriffen schilderte, jedoch zu keinem Zeitpunkt forderte, diese sollten zur Anzeige gebracht und verfolgt werden.
510Ein weiteres Motiv für die Aussagen der Nebenklägerin ist in ihrer Sorge um ihren kleinen Bruder zu sehen. Wenngleich sie von keinen Taten des Angeklagten gegen diesen weiß, berichtete sie nach Angaben der Zeugin T1 dieser gegenüber davon, sie habe Angst um ihren Bruder D, weil der Angeklagte gesagt habe, er habe noch nie etwas mit Männern gehabt, fände dies aber auch einmal interessant.
511Dass ihre Mutter, die Zeugin O, keine Verfolgung des Angeklagten wollte und die Nebenklägerin darum anflehte, die Vorwürfe zurückzunehmen, weil mit einer Entschuldigung des Angeklagten alles wieder in Ordnung komme, ändert an der vorgenannten Einschätzung nichts. Denn die vorgenannte Zeugin setzte sich mit den von der Nebenklägerin erhobenen Vorwürfen inhaltlich nicht auseinander. Sie hat ferner nach den Schilderungen der Nebenklägerin von den Übergriffen des Angeklagten jeweils nichts mitbekommen, weshalb sie auch eine Notwendigkeit für den Schutz ihres weiteren Kindes keinen Anlass sehen musste.
512Es ergaben sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin O1 aus anderen Motiven fälschlicherweise Anschuldigungen gegen den Angeklagten erhoben und diese über Jahre hinweg aufrechterhalten hätte.
513Dabei übersieht die Kammer nicht die von der Nebenklägerin auch im Übrigen als belastend beschriebenen Lebensumstände, wie z.B. ihre Behandlung durch den Angeklagten, als sie füllig war, wie sie kontrolliert wurde und auch ihrem Vater beim Austragen der Prospekte helfen musste. Sofern es O1 – was der Angeklagte gegenüber der Zeugin T1 andeute – allein darum gegangen wäre, aus ihrer Familie zu fliehen, weil sie dort arbeiten und im Haushalt helfen musste und sie lieber Zeit mit ihrem Freund T verbringen wollte, hätte sie dieses Ziel bereits durch das Davonlaufen am 00.00.0000 erreicht gehabt. Die Vorwürfe gegenüber ihrem Vater wären bereits an diesem Tag nicht notwendig gewesen, um (jedenfalls kurzzeitig) von zu Hause davonzulaufen.
514Sofern die Nebenklägerin eine längere Schonung vor den Aufgaben der Familie erreichen wollte, hätte es hingegen nicht der vielfältigen Vorwürfe einer Vielzahl von Übergriffen – wiederholter Oralverkehr an ihrem Vater, Griff an die Brust, Schlag – bedurft, um ein Verfahren in Gang zu setzen. Insofern wäre, was auch der Nebenklägerin angesichts ihres Intellekts klar war, bereits ein Vorfall ausreichend gewesen, um Ermittlungen gegen den Angeklagten zu begründen. Bei einer bewussten Falschaussage wäre jedoch zu erwarten, dass die Auskunftsperson – in diesem Fall O1 – das erfundene Geschehen möglichst einfach und übersichtlich hält, um das Risiko, sich in Widersprüchen zu verstricken, möglichst gering zu halten. Dies ist durch die Nebenklägerin jedoch gerade nicht geschehen.
515Vielmehr konnte die Nebenklägerin sowohl bei ihrer polizeilichen Vernehmung als auch bei der Sachverständigen P als auch vor der Kammer zwischen verschiedenen Vorfällen, auch in Details, hin- und herspringen, ohne dass sich dabei unauflösbare Widersprüche oder Lücken ergeben haben.
516Insbesondere für eine bewusst konstruierte Falschaussage, mithin eine Lüge, sah die Sachverständige P keinen Raum. Als Motiv zog die Sachverständige eine strenge Erziehung mit zahlreichen Verboten in Betracht, wies jedoch auch darauf hin, dass die erste Mitteilung von Missbrauchshandlungen am 00.00.0000 aus einer ungeplanten, spontanen Situation heraus erfolgte, in welcher die Nebenklägerin sich kein Szenario ausdenken und zurechtlegen konnte. Ferner sei die Aussage der Zeugin nicht – wie dies bei einer Lüge zu erwarten sei – zielgerichtet auf eine Anzeigeerstattung hingewirkt, sondern sie habe zu dem Zeugen T sogar gesagt, dieser solle nicht die Polizei rufen, was ihr wichtig gewesen sei. Insgesamt habe die Nebenklägerin unter der Trennung von ihrer Mutter und ihrem Bruder gelitten, was gegen ein Motiv für eine bewusste Falschaussage spräche.
517Ferner, so führte die Sachverständige P aus, habe die Nebenklägerin ein sehr umfangreiches Geschehen geschildert und hierbei immer wieder unterschiedliche Reihenfolgen der Schilderungen gewählt. Es seien jedoch grundlegend konstant die gleichen Handlungsvariationen und die jeweils korrespondierenden unterschiedlichen Orte geschildert worden. Diese Sicherheit der Erinnerung spreche gegen eine Lüge. Wenngleich die Nebenklägerin teilweise Anstoßfragen gebraucht habe, habe ihr insofern regelmäßig ein einzelnes Stichwort genügt, um umfangreiche Schilderungen zu leisten. Letztlich habe die Nebenklägerin Lücken bestehen lassen und ihre fehlende Erinnerung offengelegt, was ebenso gegen eine Lüge spräche. Auffällig sei die fehlende Erinnerung der Nebenklägerin an das erste Ereignis – sie vermochte nur das jeweils erste erinnerte Ereignis zu nennen –, obwohl bei einem schlimmen Erlebnis dieser Einschnitt in Erinnerung bleiben dürfe.
518Diese fehlende Erinnerung erkläre sich aber, so die Sachverständige P, durch die Einbindung der Übergriffe in den Alltag der Nebenklägerin (siehe dazu bereits 2.2.3.10). Die Taten des Angeklagten hätten sich entwickelt, seien immer da gewesen. Aus der insofern bestehenden Reihe fielen nur besonders herausragende Erlebnisse – etwa der Oralverkehr, bei dem sie sich zusätzlich übergeben hat – auf und blieben in Erinnerung. Zusammenfassend kam die Sachverständige P zu dem Ergebnis, dass auch keine bewusste Falschaussage vorliege, weil bei einer solchen der Überblick gewahrt werden müsse und in einem derartigen Fall ein schlichteres Geschehen, ohne die Vielzahl an Varianten, eher zu erwarten seien, um die Gefahr von Widersprüchen gering zu halten.
519Hier aber, so die Sachverständige P zutreffend, sei es der Nebenklägerin gerade auch in den beiden Hauptverhandlung immer wieder ohne Brüche spontan gelungen, zwischen verschiedenen Ereignissen hin- und herzuwechseln, was jedenfalls bei einer konstruierten Falschaussage auch angesichts der Komplexität der verschiedenen Handlungen an verschiedenen Orten und dort insbesondere auch noch an verschiedenen Stellen (Bett/Stuhl) bei einer konstruierten Aussage kaum zu erwarten sei. Das gelte vorliegend umso mehr angesichts des bereits beschriebenen, zurückhaltenden, differenzierenden und um klarstellende Entlastungen des Angeklagten bemühten Nebenklägerin. Die Sachverständige P hat daran anknüpfend stimmig auch noch darauf hingewiesen, dass es kein Suchen der Nebenklägerin nach Aufmerksamkeit gegeben habe.
520Dieser Einschätzung schließt die Kammer sich nach eigener Prüfung an. Hinzu kommt, dass die Nebenklägerin keine mit Sicherheit behaupteten Belastungstendenzen gezeigt hat. Vielmehr hat sie auch auf entlastende Umstände – insbesondere das Absehen von dem vaginalen Geschlechtsverkehr durch den Angeklagten – Wert gelegt. Auch soweit die Nebenklägerin von der Drohung des Angeklagten, ihre Finger in einem Türrahmen einzuklemmen, berichtet, wäre es ihr im Falle einer Lüge ein Leichtes gewesen, hierbei nicht von einem Handlungsabbruch, sondern der Durchführung zu berichten. Weder aus der – zurückhaltenden, differenzierenden, den Angeklagten auch immer wieder entlastenden - Persönlichkeit der – sich mit genauen zeitlichen Einordnung schwer tuenden - Nebenklägerin noch aus dem vorhandenen Aussagematerial konnte die sachverständig beratene Kammer die Hypothese der bewussten Falschbelastung aufrechterhalten.
521Darüber hinaus haben sich für suggestive Einflussnahmen seitens der Aussageempfänger oder für eine Vermischung von etwaigen Erlebniskernen mit Inhalten aus Gesprächen, bislang Erlebten oder wahnhaftem Erleben – mithin eine unbewusste Falschaussage, auch etwa aufgrund autosuggestiver Prozesse – keine Anhaltspunkte ergeben.
522Dies haben sowohl die Sachverständige P als auch die Sachverständige O3 ebenfalls umfassend erörtert, geprüft und im Ergebnis übereinstimmend verneint. Die Kammer konnte sich dieser Einschätzung nach eigener Prüfung anschließen. Die von der Nebenklägerin zwischenzeitlich wahrgenommenen „Schattenfiguren“ seien nach übereinstimmender Einschätzung beider Sachverständigen insofern keine Wahnvorstellungen, da die Nebenklägerin sich von diesen jederzeit distanzieren konnte und sich bewusst war, dass diese nicht tatsächlich vorlagen. Vielmehr vermochte sie die an sich wahrgenommene Beobachtung durch diese Figuren durch ein Verschließen der Augen oder Umdrehen abzuwenden, was nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen O3 bei Wahnvorstellungen, für die ohnehin weitere Anzeichen fehlten, nicht möglich sei.
523Die Kammer konnte sich dieser Einschätzung nach eigener Prüfung anschließen. Die von der Zeugin O1 geschilderten Schattenfiguren, die keinen wahnhaften Charakter hatten, hatten zudem keinen sexuellen Bezug und traten ferner nach den hier festgestellten Geschehnissen auf. Einen Einfluss auf das tatsächliche Geschehen hatten die später auftretenden Erlebnisse nach der danach überzeugenden sachverständigen Einschätzung durch die Sachverständige O3 nicht. Im Rahmen der Exploration sowie in der Hauptverhandlung haben sich keine Hinweise auf ein verändertes Bewusstsein der Geschädigten zum Zeitpunkt ihrer Aussagen ergeben.
524Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergaben sich auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin O1 auf Druck Dritter die Anschuldigungen gegen den Angeklagten erhoben hat. So wies die Sachverständige P zutreffend darauf hin, dass bei der Familie T3 im Vorfeld zu O1 Ankunft am 00.00.0000 zwar eine gewisse Erwartungshaltung vorgelegen habe. T habe zu seiner Mutter gesagt, es würde „interessant“, wenn O1 komme. Insofern hätten emotionale Reaktionen, wie sie die Zeugin T1 nach der ersten Offenbarung durch O1 zeigte, eine gewisse suggestive Wirkung haben können. Mangels Detailwissen zum – so O1 schließlich nach ihrer Flucht am 00.00.0000 - jahrelangen Missbrauch der T3 hätten jedoch schon keine komplexen Inhalte vorgegeben werden können. Auch für eine anderweitige Suggestion, etwa durch konkrete (Nach-)Fragen, die es gerade nach den Bekundungen der Zeugen T/T1 nicht gab, lagen keine Anhaltspunkte für Aufdeckungsarbeit vor, die suggestiven Inhalt hatten. Gegen eine Suggestion spräche zudem die Fähigkeit der Nebenklägerin, sich von Vorhalten abzugrenzen und auch Lücken in ihrer Erinnerung oder Wahrnehmung einzuräumen.
525Dem schließt sich die Kammer nach kritischer Prüfung an. Sowohl die Zeugen T/T1 als auch die Zeugin A erklärten, keine Details zu dem von der Nebenklägerin vorgeworfenen „Missbrauch“ erfragt zu haben, weil – so die Zeugen T/T1 – dies der Nebenklägerin und auch ihnen selbst sehr unangenehm war bzw. weil eine Therapie mit Blick auf die Notwendigkeit einer Begutachtung nicht habe erfolgen sollen. Den einzigen umfassenden Sachbericht – außerhalb der mit dem Ermittlungsverfahren verbundenen Befragungen - erstattete die Nebenklägerin der Zeugin I im Vorfeld der ersten Hauptverhandlung auf Vorschlag der vorgenannten Zeugin. Allerdings hat die Zeugin im Rahmen ihrer therapeutischen Arbeit zur Vorbereitung der ersten Hauptverhandlung der Nebenklägerin angeboten, dass diese von ihren Erinnerungen erzählt, um die Fähigkeit der Nebenklägerin, hierüber zu reden, zu prüfen. Hierbei hat die Zeugin I – wie sie wiederholt betonte – jedoch nicht nachgefragt, sondern habe die Nebenklägerin einfach erzählen lassen. Ein Suggestiveffekt ist durch das bloße Erzählenlassen ausgeschlossen.
526Dabei hat die Kammer den Beschluss des ersten Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 06.06.2021 (Az.: 1 StR 109/21) nicht übersehen. Dieser hat darauf hingewiesen, dass eine sichere Verneinung von Pseudoerinnerungen voraussetzt, dass suggestive Einflüsse ausgeschlossen oder weitere Beweise angeführt werden, mit denen die Richtigkeit der Zeugenaussage belegt werden kann (a.a.O., Rn. 15), und Pseudoerinnerungen nicht ohne weiteres durch eine merkmalsorientierte Aussageinhaltsanalyse überprüft werden können (a.a.O., Rn. 16).
527Hier liegen aber schon zumindest in Teilen (siehe dazu nachstehend 2.2.6.) außerhalb der Aussage der Nebenklägerin selbst liegende Umstände vor, die ihre Angaben zu stützen geeignet sind.
528Darüber hinaus unterscheidet sich die der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegende Fallgestaltung und die dort erwähnten Erörterungsmängel der damals entscheidenden Kammer von dem vorliegenden Fall. So stehen hier weder nicht erörterte etwaige Suggestionen durch andere Personen noch eine, wenn auch nicht in einer (gar Trauma-)Therapie bestehende Unterstützung der Nebenklägerin durch die Zeugin I, die Vorgänge überhaupt erst zur Anzeige zu bringen, in Rede. Vielmehr hatte hier die Nebenklägerin die Zeugin I erst im Laufe des Verfahrens, nach bereits erfolgten Befragungen, die hier erörtert wurden, aufgesucht. Zudem hat die Nebenklägerin die Anzeige selbst nicht erstattet und den Zeugen T sogar gebeten, die Polizei nicht einzuschalten. Nur der Vollständigkeit halber erwähnt die Kammer, dass sie die von Frau A erwähnten Diagnosen, die die Sachverständige O3 zudem, gerade in Bezug auf die Annahme einer Posttraumatischen Belastungsstörung kritisch hinterfragte (s.o.), nicht zum Anlass eines (unzulässigen Zirkelschlusses) genommen hat, aus der Diagnose auf die Tatbegehung durch den Angeklagten oder eine Verursachung der bestehenden Symptomatik zu schließen.
529Letztlich haben sich auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte für Fantasien, Projektionen oder autosuggestive Prozesse ergeben. So hat die Sachverständige P in der mündlichen Gutachtenerstattung in der Hauptverhandlung sich auch mit all diesen Fragestellungen auseinandergesetzt, sie aber – für die Kammer plausibel und damit überzeugend – verneint.
530Dabei hat sie nicht übersehen, dass die Nebenklägerin im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung bekundete, sie habe mitbekommen, dass ihre Eltern es viel „getrieben“ hätten und irgendwann habe ihre – der Zeugin – Mutter nicht mehr gewollt, da sei er zu ihr – O1 – gekommen. Bei der Sachverständigen P berichtete sie, als sie kleiner gewesen sei, als ihr Vater sie noch nicht angefasst habe, habe sie sehr viel Stöhnen gehört und, dass ihre Eltern in ihrem Bett und im Schlafzimmer Sex und zudem unter dem Bett Spielsachen und Reizwäsche, die sie in einem Koffer gefunden habe, gehabt hätten. Sex habe sie aber selbst nicht gesehen. Sie wisse, dass ihre Eltern sexuell miteinander verkehrt hätten, das sei eindeutig gewesen, weil das Bett gewackelt habe. Damals habe sie das zwar noch nicht gewusst, aber heute wisse sie, was das damals Erlebte bedeute und sei daher nun in der Lage es zu benennen.
531Zudem bekundete die Nebenklägerin in der aktuellen Hauptverhandlung, dass sie sich zwar viel mit ihrem Handy beschäftigt habe, indem sie Z-Videos gesehen habe, so z.B. „M2“, und auch gelegentlich mit Klassenkameraden geschrieben habe. Sie habe aber keine mit den vorliegenden sexuellen Handlungen verbundenen Fotos oder Videos oder Gewaltvideos gesehen; für anderes hat die Hauptverhandlung auch keine konkreten Anhaltspunkte gegeben.
532Schließlich mag mit bedacht werden, dass die Nebenklägerin nach ihren, mit den Bekundungen des Zeugen T übereinstimmenden Bekundungen nach Bekanntwerden der Vorwürfe, nach Ostern 2019 mit ihm – anders als zuvor – zeitweise intim war und der vaginale Geschlechtsverkehr vollzogen wurde.
533Zu den vorstehenden Punkten ist festzuhalten, dass sich aus keinem der genannten Punkte Anhaltspunkte für eine Projektion eigener oder fremder Erlebnisse/Berichte auf die hiesigen Taten ergeben. Den „Sex“ mit den Eltern hatte die Nebenklägerin selbst nie gesehen und das Stöhnen bzw. Wackeln des Bettes zumindest in ihrer Kindheit auch noch gar nicht verstanden. Aus den gesehenen Videos ergeben sich auch keine Rückschlüsse auf mit den vorstehenden Missbrauchshandlungen konkret in Verbindung stehen Inhalten. Der Geschlechtsverkehr mit T, zumal nach dem Bekanntwerden der hiesigen Taten, hat auch keine konkrete Verknüpfung mit den Tathandlungen des Angeklagten.
534Ferner hat die Sachverständige P auch noch darauf hingewiesen, dass gegen solche projektiven Übertragungen auch der Umstand spreche, dass die berichteten Geschehnisse in die Lebens- und Entwicklungsgeschichte der Nebenklägerin integriert seien.
535Schließlich haben sich in der gesamten Beweisaufnahme – worauf die Sachverständige P ebenfalls zutreffend hingewiesen hat - auch keine konkreten Anhaltspunkte für autosuggestive Prozesse, die Einfluss auf die von der Nebenklägerin geschilderten Geschehnisse haben könnten, ergeben. So hatten insbesondere die Alpträume, das Sehen von Schatten, gerade keinen mit den hiesigen Taten vergleichbaren Inhalt.
536Die jedenfalls nach dem Bekanntwerden der hier in Rede stehenden Vorwürfe gelegentlich aufkommenden Erinnerungen der Nebenklägerin und ihre „Beschäftigung“ damit, so in mehreren Vernehmungen, hat letztlich auch keine Hinweise auf dadurch im Sinne autosuggestiver Prozesse - gar erstmals – entstandene Bilder tatsächlich nicht erlebter Missbrauchshandlungen ergeben.
537Dagegen spricht u.a. die vor dem 00.00.0000 nicht so stattgefundene Beschäftigung mit der Erinnerung der Nebenklägerin und ferner auch der Inhalt der ersten, wenigen Angaben gegenüber dem Zeugen T und der Erstbericht der Nebenklägerin gegenüber der Zeugin T1, deren Inhalte sich sodann auch in späteren Vernehmungen wiederfinden. Für eine bereits zuvor stattgefundenen intensive und zu etwaigen Verfälschungen führende „Erinnerungsarbeit“ der Nebenklägerin haben sich auch außerhalb ihrer eigenen Aussage, insbesondere durch die Vernehmungen der Zeugen T und T1, keine Anhaltspunkte ergeben. Dagegen steht nicht zuletzt der so auch von diesen Zeugen bestätigte Umstand, dass die Nebenklägerin sich möglichst wenig mit den in Rede stehenden Geschehnissen beschäftigen wollte und diese möglichst habe vergessen wollen.
5382.2.5.
539Die Kammer hat auch eine kriterienorientierte Inhaltsanalyse der Aussage vorgenommen. Dabei ist die Kammer wiederum von der Aussage als intellektueller Leistung ausgegangen und hat zugrunde gelegt, dass Aussagen über selbst erlebte Ereignisse sich in ihrer Qualität von Aussagen unterscheiden, die nicht auf eigenem Erleben beruhen.
540Auch insoweit gilt, dass die Aussage der Nebenklägerin – wie ausgeführt – bei alleiniger Betrachtung der Konstanz gewisse – im Rahmen der Prüfung der Aussagekonstanz aufgegriffene - Inkonstanzen aufweist. Dabei ist aber zu bedenken, dass Stellen, an denen die Zeugin nicht konstant ausgesagt hat, als unbedenklich einzustufen sind, da diese gedächtnispsychologisch erwartbaren Erinnerungsverlusten entsprechen und auch bei einer – auf vorhandener Erlebnisbasis berichtenden – Zeugin aussagepsychologisch kaum zu erwarten ist, dass diese sich immer durchgängig an alle Details des – im Übrigen auch nicht bei allen Vernehmungen in derselben Detailtiefe abgefragten – erlebten Geschehens und dies auch noch zur selben Zeit erinnern kann. Das gilt, um nur ein Beispiel zu nennen, beispielsweise für den Modus der Entkleidung, ob also insbesondere der Angeklagte sich selbst ausgezogen hat oder die Nebenklägerin dies tat. Insofern wird auf die Ausführungen unter 2.2.3. verwiesen, die sinngemäß gelten.
541Die Sachverständige P hat für die Kammer stets nachvollziehbar und umfassend weiter ausgeführt, dass bei einer erlebnisbasierten Aussage sog. Realkennzeichen wichtige Kriterien seien, um feststellen zu können, ob es sich um erlebnisbasierte Angaben oder Lügen handele.
542Sie hat dabei in der Hauptverhandlung klarstellend darauf hingewiesen, dass letztlich zumindest in der Regel die Realkennzeichenanalyse kein taugliches Kriterium zur Abgrenzung einer unbewussten Falschaussage sei (vgl. BGH, 1 StR 618/98, Urteil vom 30.07.1999, Rn. 24), die aber bezüglich der insoweit zuvor geprüften Aspekte aus den dortigen Gründen durch die Kammer verneint wurde.
543Ein breites Spektrum an Details kontraindiziere – so die Sachverständige P – aber jedenfalls bewusste Falschangaben. Dabei sei hinsichtlich der Nebenklägerin zu beachten, dass der Detaillierungsgrad insbesondere in der ersten polizeilichen Vernehmung reduziert sei. Das erklärt sich indes – wie bereits erwähnt – mit der beispielsweise bei der aussagepsychologischen Sachverständigen und auch in beiden Hauptverhandlungen deutlich länger und tiefergehend als bei der Polizei erfolgten Befragung. Die bereits oben ausgeführten Besonderheiten bei der sprachlichen Entwicklung der Nebenklägerin, die sich im Laufe dieses Verfahrens - deutlich verbessert hat, kommen hinzu.
544Hinweise auf eine erlebnisbasierte Aussage ergaben sich unter Berücksichtigung der Ausführungen der Sachverständigen P aus den in die Lebensgeschichte integrierten Vorfällen, bei der die Entwicklung der Taten nachvollziehbar dargestellt wurde. Insbesondere der letzte Vorfall sei klar situativ verknüpft mit der Gesamtsituation, in der zwar die Intensität und Häufigkeit der sexuellen Übergriffe abgenommen habe, die Nebenklägerin ihrer aber endgültig überdrüssig gewesen sei, so dass der Griff an die Brust am 00.00.0000 ein zufälliger Auslöser ihrer Flucht gewesen sei.
545Auch die bereits genannten Komplikationen durch Handlungsabbrüche sind Indizien für eine erlebnisbasierte Aussage, ebenso wie die zahlreichen von der Nebenklägerin geschilderten Details zu Körperpositionen und die räumlich-zeitliche Verknüpfung der Taten mit bestimmten Orten oder Zeitpunkten, etwa einem Urlaub in Thailand.
546Zwar waren die Angaben der Nebenklägerin insbesondere zum Oralverkehr zunächst insoweit unklar, als nicht deutlich wurde, ob die Entwicklung der verschiedenen Varianten des Oralverkehrs – „bloßes“ Lecken an dem Penis und späteres In-den-Mund-Nehmen des Penis – sich in einem einheitlichen Lebensvorgangs vollzog oder ob es zunächst zu einem oder mehreren Vorfällen des Leckens kam, bevor sie an weiteren Tagen den Penis des Angeklagten vollständig in den Mund nahm.
547Dieses Missverständnis vermochte die Nebenklägerin auf entsprechende Nachfrage in der zuletzt durchgeführten Hauptverhandlung jedoch aufzuklären und stellte klar, dass es sich um verschiedene Situationen gehandelt habe. In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass die Zeugin über das Erlebte ungern spricht und ihre sprachliche Fähigkeiten – obgleich diese sich seit der ersten polizeilichen Vernehmung entwickelt hatten – sich auf einem immer noch eher niedrigen Niveau bewegten. So wies die Sachverständige P insbesondere darauf hin, dass eine erfundene Aussage mit einer derartigen Struktur nicht im Kompetenzbereich der Nebenklägerin liege.
548Insbesondere die teilweise unstrukturierte Darstellung der Nebenklägerin, die bei der Schilderung eines Geschehens auf vergleichbare, aber getrennt erfolgte Vorfälle zu sprechen kam, ist ein deutliches Realkennzeichen. So hat die Zeugin etwa den Schenkelverkehr in der Wohnung der Eltern von einem anderen – nicht angeklagten – Vorfall im Urlaub in Thailand abgegrenzt und hierbei beide Geschehen dargestellt.
549Die Nebenklägerin beschrieb ferner Interaktionen zwischen dem Angeklagten und ihr, die während der Taten, davor oder danach stattfanden und nur teilweise mit selbigen im Zusammenhang standen. Ihre eigenen Empfindungen während der sexuellen Handlungen, insbesondere ihren Ekel vor dem Sperma, welches sie auf Anweisung des Angeklagten schlucken musste, was letztlich zum Übergeben führte, schilderte die Nebenklägerin ebenso detailliert, in sich schlüssig und nachvollziehbar.
550Bei einzelnen Taten schilderte sie detailreich auch Handlungskomplikationen, so insbesondere bei Tat II 3 e.
551Schließlich sprechen auch Unsicherheiten und das Einräumen von Erinnerungslücken in dem Maße, wie dies bei der Nebenklägerin auftrat, für die Qualität der Aussage der Nebenklägerin.
552Darüber hinaus kann auch der Aspekt einer sog. deliktstypischen Struktur nicht übersehen werden, wenn die Nebenklägerin von unterschiedlichen gravierenden sexuellen Handlungen mit einer zuletzt, wie so häufig, mit zunehmendem Alter zunehmend auftretender Wehrhaftigkeit und in Intensität und Qualität abnehmenden Übergriffen berichtete. Das Schweigegebot, das Anbieten von Gegenleistungen (Spiele) kommt ebenso hinzu, wie der Umstand, dass die Nebenklägerin den Stellenwert der fraglichen Handlungen anfangs nicht begriff. So berichtete sie bei der Sachverständigen P im Rahmen der Exploration, dass sie sie als zum Alltag gehörend begriffen und nicht hinterfragt habe, erst im Rahmen der sexuellen Aufklärung in der Schule habe sie von dem Begriff der Inzest gehört und den Angeklagten darauf angesprochen, der ihr aber erklärt habe, dass das ganz normal sei. Auch emotional nachvollziehbar berichtete die Nebenklägerin der Sachverständigen dabei auch, dass sie immer wieder habe nein sagen wollen, aber einfach keine Handlungsstrategie gehabt habe, wie sie das habe umsetzen sollen. Dabei beschrieb sie auch noch ihren Zwiespalt, doch auf den Angeklagten als Vater angewiesen zu sein.
5532.2.6.
554Darüber hinaus beruhen die Feststellungen auf der Beweiswürdigung im Übrigen.
555Die glaubhaften Angaben der Nebenklägerin werden durch außerhalb der Aussage selbst liegende Umstände bestätigt, die für die Glaubhaftigkeit der Angaben der Belastungszeugin sprechen und in der Gesamtschau zu berücksichtigen sind.
556Denn ihre Bekundungen fügen sich stimmig ein in die teilweise gegenüber anderen Personen, nämlich gegenüber den Zeugen T und T1, gemachten Angaben zu dem an ihr erfolgten sexuellen Missbrauch. Dasselbe gilt für ihre Angaben bei der Zeugin und Sachverständigen, der Kinder- und Jugendpsychiaterin Frau A wie auch gegenüber der jetzigen Kinder- und Jugendtherapeutin Frau I, die zudem beide keine Nachfragen zu den Angaben der Nebenklägerin stellten, so nicht suggestiv auf sie einwirken konnten und zudem beide keine Traumatherapie durchführten. Eine nennenswerte Beeinflussung der Nebenklägerin durch diese Gespräche kann, wie bereits ausgeführt wurde, vor diesem Hintergrund ausgeschlossen werden.
557Sie ist – wie sich aus der Aussage des Zeugen T ergibt, spontan aus dem Elternhaus geflüchtet und unterzieht sich noch immer einer Behandlung, wenn auch keiner Traumatherapie. Darüber hinaus hat sie – wie ausgeführt - gegenüber mehreren Zeugen den Angeklagten belastende Angaben gemacht. Ein Grund für eine dann ungewöhnlich hartnäckige Falschbelastung über mehrere Jahre hinweg wird demgegenüber nicht erkennbar (vgl. BGH, 1 StR 190/01, Rn. 80-83).
558Ihre Angaben stimmen mit tatzeitnah verfassten Chatnachrichten überein, so denjenigen vom 00.00.0000, in dem die Nebenklägerin ihrem Vater mitteilt, dass sie sich T wegen der Sachen, die er – der Angeklagte – genau wisse, anvertraut habe (vgl. dazu: BGH, StV 2006, 14-15).
559Letztlich steht auch das Verhalten des Angeklagten im Zuge des 00.00.0000 und der folgenden Tage, der o.g. Würdigung der Aussage der Nebenklägerin nicht entgegen. Der Angeklagte hat gegenüber der Familie T3 zunächst alle Vorwürfe geleugnet und verlangt, dass die Nebenklägerin zurück nach Hause komme. Auf den Einwand der Zeugin T1, man könne auch das Jugendamt bzw. die Polizei informieren, um die Situation aufzuklären, erklärte der Angeklagte sich sodann jedoch damit einverstanden, dass die Nebenklägerin vorerst bei der Familie T3 verbleibe. Bei einem Besuch des Angeklagten an der Anschrift der Familie T3 in den folgenden Tagen verwies er sodann – ohne das ursprüngliche Leugnen der Vorfälle zu wiederholen – auf ein angebliches Alkoholproblem, aufgrund dessen er sich nicht daran erinnern könne, was in der Zeit passiert sei (dazu nachstehend 2.4).
560Die Ehefrau und der Sohn des Angeklagten, die Zeugin O sowie der Zeuge D haben beide von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
5612.3. Subjektiver Tatbestand
562Die festgestellten äußeren Umstände sind so eindeutig, dass aus ihr letztlich der Rückschluss auf den Tatentschluss des Angeklagten (bezüglich aller Taten) zumindest im Sinne einer billigenden Inkaufnahme folgt. Das Alter seiner zudem eigenen Tochter war dem Angeklagten bei den verschiedenen Taten bekannt.
5632.4. Feststellungen zum Zustand des Angeklagten bei der Tat
564Die Feststellungen zu dem Zustand des Angeklagten bei der Tat beruhen auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme.
565Danach haben sich keine konkreten Anhaltspunkte für einen Alkohol- oder sonstigen Substanzkonsum oder solchen Einfluss ergeben. Dabei hat die Kammer nicht übersehen, dass der Angeklagte nach Bekanntwerden der grundlegenden Vorwürfe am 00.00.0000 gegenüber der dies so bekundenden Zeugin T1 äußerte, er habe damals ein Alkoholproblem gehabt und könne sich daher nicht erinnern, was in der Zeit passiert sei.
566Für die Richtigkeit dieser damaligen, singulär gebliebenen und zudem pauschalen Aussage haben sich indes keine Anhaltspunkte ergeben. So hat der Angeklagte selbst in seinen Angaben zu seinem bisherigen Leben in der Hauptverhandlung ohne jede Einschränkung angegeben, dass er bis heute keine illegalen Drogen und Alkohol nur ab und an in Form von Bier konsumiert habe.
567Auch die Richtigkeit dieser Angabe hat die Kammer wiederum hinterfragt. Allerdings wird die letztgenannte Angabe insofern von der Zeugin O1 bestätigt, als diese über die Jahre des Zusammenlebens und insbesondere zu den verschiedenen Tatzeiten nie etwas über einen grundlegenden oder jedenfalls auf die Taten bezogenen, irgendwie wahrnehmbarem Alkoholkonsum des Angeklagten berichtete.
568So fügt sich die pauschale, vorstehende, von der Zeugin T1 berichtete Äußerung des Angeklagten in Bezug auf Erinnerungslücken wegen eines Alkoholproblems vielmehr in die scheinbar jedes Verständnis der von O1 am 00.00.0000 abgesetzten – von ihr berichteten und zudem verlesenen - Textnachrichten (siehe II 5) zurückweisenden bzw. diese Nachrichten als vermeintliche Klage über „Saubermachen und der Familie helfen“ bewertenden Äußerungen des Angeklagten in seinen Textnachrichten ein, die – wie sich aus der vorstehenden umfassenden Beweiswürdigung zu den Taten ergibt – tatsächlich gerade falsch sind.
569Angesichts des durchgängigen sexuellen Interesses des Angeklagten an gleichaltrigen bzw. erwachsenen Frauen haben sich auch – vor diesem Hintergrund, wie die Kammer aus zahlreichem sachverständigen Rat weiß, insbesondere nicht durch die vorliegenden Taten – keine Anhaltspunkte für eine sogenannte, ein Eingangsmerkmal des § 20 StGB nahelegende, Kernpädophilie ergeben.
5702.5. Die Feststellungen zum Nachtatgeschehen
5712.5.1.
572Die Feststellungen zu dem Nachttatgeschehen beruhen bis einschließlich der Textnachrichten grundlegend auf den entsprechenden Bekundungen der Nebenklägerin als Zeugin. An der Richtigkeit dieser Angaben hat die Kammer keine Zweifel, weil sie bestätigt und mit der Sicht der eigenen Empfindungen ergänzt werden durch die umfassenden entsprechenden Bekundungen des Zeugen T.
573Der Zeuge T sagte inhaltlich sehr differenziert und so insbesondere ohne jede überschießende Belastungstendenz zu Lasten des Angeklagten aus. Er machte stets deutlich, wenn er sich an etwas nicht oder nicht mehr genau erinnerte. Vor allem war ihm auch noch heute persönlich sein damaliges Ringen um das Verständnis des Ursprungs seiner Sorge um O1, die er bis zum 00.00.0000 mangels ihm von ihr berichteter konkreter Details, gar des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, nicht näher einordnen konnte, anzumerken; so ging er zunächst von, zudem nur etwaigen einfachen körperlichen Übergriffen aus.
574Für die Überzeugung von der Richtigkeit seiner Bekundungen kommt der persönliche Eindruck der Kammer von dem Zeugen hinzu. So berichtete er – über die inhaltliche Differenzierung hinaus - persönlich überaus zurückhaltend, aber nicht im Sinne eines Zuwartens, Taktierens oder Ähnlichem, sondern sehr sachlich, stets bemüht, nur noch das in Ruhe zu berichten, an was er sich heute noch erinnern konnte. Seine Aussage war daher schon von spürbarer, aber damals eben zunächst nicht näher einzuordnender Sorge um O1, aber auch ohne jede überschießende Emotionalität, geprägt. Dabei bestätigte sich zudem das von ihm berichtete Bild der Nebenklägerin, die gerade nicht darum bemüht war, den Angeklagten möglichst frühzeitig und umfassend zu belasten und so auch selbst die Strafanzeige gerade nicht erstattete.
575Die Kammer hat dabei nicht übersehen, dass die Nebenklägerin und der Zeuge T in der Zeit nach dem 00.00.0000 – aber nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang, sondern einige Zeit später – miteinander Geschlechtsverkehr hatten. Nicht nur, aber auch wegen der beschriebenen, differenzierten, zurückhaltenden und keine überschießende Belastungstendenz aufweisenden Art und Weise der beiden Zeugen zu berichten, hat die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass etwa die letzte Entwicklung zu falschen Berichten über die Vergangenheit geführt hat.
576Denn die beschriebene Art und Weise und die gerade keine überschießende Belastungstendenz aufweisenden Bekundungen dieser vorgenannten beiden Zeugen wird auch noch durch die Bekundungen der Mutter des Zeugen T, der Zeugin T1, bestätigt. So berichtete diese, dass ihr O1 anfangs praktisch nicht bekannt gewesen und auch nicht bei ihnen zu Hause gewesen sei; vielmehr habe sich der Kontakt zwischen ihrem Sohn und O1 langsam entwickelt. Überdies berichtete die Nebenklägerin auch ihr gegenüber (siehe IV 2.2.2.2.) anfangs vor allem über das aktuelle Geschehen vom 00.00.0000 und erst – ohne weitere, ins Detail gehende Nachfragen – danach von weiteren konkreten Übergriffen.
577Die Kammer hat bei alledem mit Blick auf die von der Zeugin W1 durchgeführte polizeiliche Vernehmung des Zeugen T nicht übersehen, dass dort scheinbar – bezogen bereits auf die Zeit vor dem 00.00.0000 - chronologisch aufgeführt ist, dass die Nebenklägerin nur zurückhaltend, etwa davon berichtet habe, dass sie geschlagen werde, dann aber auch schon berichtet habe, dass sie seit ihrem neunten Lebensjahr missbraucht werde, ihr Vater ihr, wenn er angefasst würde, O1 ein bestimmtes Spiel versprochen und in einem neuen Büro auch einen Beutel mit Sexspielzeug gehabt habe. „Das“ – so heißt es dann – habe der Zeuge T seinen Eltern ungefähr Anfang der Osterferien berichtet.
578Durch die erstmals in der Hauptverhandlung erfolgte detaillierte Aufklärung der Frage, worauf das Wort „das“ bezogen sein sollte, hat sich bei der darauf gerichteten Vernehmung der Zeugen W1 und T herausgestellt, dass sich „das“ nicht auf alle vorstehenden Handlungen bezog, sondern eine ungenaue, da inhaltlich für einzelne Berichte nicht näher differenzierende Bemerkungen handelte und die Nebenklägerin dem Zeugen T nicht bereits vor dem 00.00.0000 von einzelnen Missbrauchshandlungen berichtete, sondern zwar, aber auch nur so wie hier (unter IV 2.2.2.1.)
5792.5.2.
580Die weiteren Feststellungen nach den gewechselten Textnachrichten trifft die Kammer entsprechend den sich dazu sehr genau verhaltenden Bekundungen der Zeugin T1. Diese wirkte bei ihrem Bericht zum einen differenziert, aber zum andere als gelernte Erzieherin auch authentisch in ihrem Erleben der Berichte von O1 um deren Schutz vor dem Angeklagten bemüht. Dabei wurde mit der zeitnahen Einschaltung des Jugendamtes und der Erstattung der Strafanzeige durch die Zeugin T1 zugleich deren auch in der Hauptverhandlung spürbares tatkräftiges Engagement und deutlich, dass die Zeugin sich nicht etwa eine umfassende Schutzrolle anmaßte, die ihr längerfristig für O1 nicht zukam, sondern eben dem Jugendamt, was schließlich in den verlesenen Beschluss des Familiengerichts vom 25.02.2020 mündete.
5812.6. Die Feststellungen zu Tatfolgen
582Die Feststellungen zu den Folgen der Tat trifft die Kammer zunächst auf Grundlage der glaubhaften entsprechenden Angaben der Zeugin selbst, die für die Zeit des Zusammenseins mit der Familie T3 bestätigt werden durch die Zeugen T und T1.
583Darüber hinaus fügen sich diese Bekundungen stimmig ein in die umfassend und detailliert erfolgte Darstellung der Entwicklung der Nebenklägerin über die Zeit der Betreuung bei der Kinder- und Jugendpsychiaterin A und bei der Kinder- und Jugendtherapeutin Frau I.
584Dafür, dass die dort beschriebene Problematik bereits zuvor bestand, haben sich in den Vernehmung der vorgenannten Zeuginnen keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Dabei hat die Kammer nicht übersehen, dass – mit gewissen Einschränkungen bei dem die Nebenklägerin bereits vor dem 00.00.0000 kennenden Zeugen T – die weiter genannten Zeugen die Nebenklägerin nicht kannten. Indes hat die Kammer keinen Anlass an ihren Ausführungen, die sich – wenn auch grundlegend anknüpfend an die Berichte von O1 während der dortigen Betreuung – auch mit der Frage beschäftigten, seit wann die bezeichneten Probleme auftreten, und dies sämtlich erst für die Zeit ab dem Weggang aus der Familie berichteten, zu zweifeln.
585Die Zeuginnen A und I haben deutlich gemacht, dass es zwar in der – zum Teil schon länger – zurückliegenden Vergangenheit auch zeitweise Ausgrenzungen in der Schule und Zurücksetzungen (z.B. bei der Gewichtskontrolle), sowie sie belastende Aufforderungen zur Mitarbeit bei dem Austragen von Prospekten gab, diese aber nach den entsprechenden Bekundungen der Nebenklägerin entweder – wie das schulische Ausgrenzen – ohnehin schon länger zurückliegen oder aber eine von der Nebenklägerin auch als solche erkannte andere und gegenüber den berichteten Missbrauchserfahrungen aber deutlich in den Hintergrund tretende Belastung war.
586Damit wird ausreichend deutlich und verständlich, dass die seit Ende April 2019 begonnenen massiven psychischen Belastungen der Nebenklägerin ihren grundlegenden Ursprung in dem jahrelangen Missbrauchserleben haben und so zumindest gravierend – neben den allgemeinen Lebensumständen, der sowohl außerhalb, aber auch sonst innerhalb ihrer Familie belasteten Nebenklägerin – mitursächlich für ihren bis heute andauernden Zustand sind.
587Dabei haben sie sich auch selbstkritisch mit der Einordnung der gesundheitlichen Probleme als posttraumatischer Belastungsstörung auseinandergesetzt (siehe dazu III 2.2.1). Diesbezüglich hat z.B. Frau A zum besseren Verständnis der Einordnung ihrer so bereits 2019 gestellten Diagnose darauf hingewiesen, dass sie aus abrechnungstechnischen Gründen zur Ermöglichung der Fortsetzung der Betreuung der Nebenklägerin nach ersten diagnostischen Sitzungen die Verdachtsdiagnose u.a. einer PTBS gestellt habe, da ohne eine erste fachliche diagnostische Einordnung eine weitere fachpsychiatrische Betreuung der ersichtlich massiv belasteten Nebenklägerin nicht möglich gewesen sei. Überdies wecken – gemessen an den entsprechenden Ausführungen der Sachverständigen O3, siehe III 2.2.1) – Zweifel an der exakten fachlichen Richtigkeit der von den Zeuginnen A und I vorgenommenen diagnostischen Einschätzungen nicht zugleich Zweifel an ihren sehr anschaulichen Berichten darüber, was die Nebenklägerin ihnen erzählte und wie belastet sie authentisch erschien.
588IV.
589Rechtliche Würdigung
5901.
591Der Angeklagte hat sich danach wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in drei Fällen (Taten II 3 c, d und f), sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in zwei Fällen (Taten II 3 b und II 3 e), sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (Tat II 3 a), sexueller Belästigung in zwei Fällen (Taten II 3 g und i) und vorsätzlicher Körperverletzung (Tat II 3 h) gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1, 184i, 223 Abs. 1, 230, 52, 53 StGB in der jeweils zu den sich aus II 3 ergebenden Tatzeiten geltenden Fassung strafbar gemacht.
5922.
593Die Staatsanwaltschaft Essen hat bereits mit Anklageerhebung das besondere öffentliche Interesse umfassend bejaht, wenn auch hier konkret nur relevant für die sexuelle Belästigung nach § 184i Abs. 1 StGB gemäß § 184i Abs. 3 StGB und die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB gemäß § 230 StGB.
5943.
595Näherer Erörterung bedürfen, wenn überhaupt, hier jedenfalls vorsorglich, die Taten zu II 3 e und II 3 g und i.
596a. Tat zu II 3 e
597Der Angeklagte hat sich indes bei dem Geschehen zu II 3 e wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, 176 Abs. 1, 52 StGB in der zur damaligen Tatzeit geltenden Fassung strafbar gemacht.
598Das Verhalten des Angeklagten stellt eine sexuelle Handlung im Sinne der zwischenzeitlich eingeführten und der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechenden Legaldefinition des § 184h Nr. 1 StGB dar.
599Sexuelle Handlungen sind nach § 184h Nr. 1 StGB danach nur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind.
600Der erforderliche sexuelle Bezug liegt nach ständiger Rechtsprechung zunächst bei solchen Handlungen vor, die bereits objektiv, also allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild die Sexualbezogenheit erkennen lassen. Daneben können auch sog. ambivalente Tätigkeiten, die für sich betrachtet nicht ohne Weiteres einen sexuellen Charakter aufweisen, tatbestandsmäßig sein; insoweit ist auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen, der alle Umstände des Einzelfalles kennt. Hierbei ist auch einzustellen, ob der jeweilige Angeklagte von sexuellen Absichten geleitet war (vgl. Fischer, 68. Aufl., § 184h Rn. 2 ff. m.w.N.; BGH, Urteil vom 10.3.2016, Az.: 3 StR 437/15, NJW 2016, 2049 m.w.N.).
601Als erheblich sind solche sexualbezogenen Handlungen zu werten, die nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des im jeweiligen Tatbestand geschützten Rechtsguts besorgen lassen. Dazu bedarf es einer Gesamtbetrachtung aller Umstände im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Handlung für das jeweils betroffene Rechtsgut; unter diesem Gesichtspunkt belanglose Handlungen scheiden aus. Die sexuelle Selbstbestimmung ist am ehesten bei Kontakt an Geschlechtsorganen verletzt. Abhängig von der Einwirkungsintensität im Einzelfall können aber auch Berührungen an anderen Körperregionen die Schwelle der Erheblichkeit überschreiten. Als maßgebliche Umstände für die vorzunehmende Bewertung kommen neben der Intensität und Dauer des Kontakts auch etwaige begleitende Handlungen, wie Berührungen des Körpers, das Verhältnis zwischen Täter und Opfer und die konkrete Tatsituation in Betracht.
602Die Anforderungen bei einem dem Schutz der sexuellen Selbstbestimmung von Jugendlichen dienenden Tatbestand sind entsprechend seinem Schutzzweck dabei geringer anzusetzen, als bei Delikten gegen Erwachsene. Abhängig von der Einwirkungsintensität im Einzelfall können auch sexuell motivierte Berührungen an anderen Körperregionen als den Geschlechtsorganen die Schwelle der Erheblichkeit überschreiten. Als maßgebliche Umstände für die vorzunehmende Bewertung kommen auch dabei – wie ausgeführt – neben der Intensität und Dauer des Kontakts auch etwaige begleitende Handlungen, wie Berührungen des Körpers, das Verhältnis zwischen Täter und Opfer und die konkrete Tatsituation in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 21.9.2016, Az.: 2 StR 558/15, NStZ-RR 2017, 43 m.w.N.). Das Erheblichkeitsmerkmal ist im Sinne des § 176 bzw. § 174 StGB auszulegen, der dem Ziel dient, Kinder bzw. Jugendliche vor einer Beeinträchtigung ihrer Gesamtentwicklung durch sexuelle Handlungen zu schützen (BGH, a.a.O., m.w.N.). Letztlich sind aber nicht sämtliche sexualbezogenen Handlungen, die sexuell motiviert sind, tatbestandsmäßig. Auszuscheiden sind vielmehr kurze oder aus anderen Gründen unbedeutende Berührungen (vgl. BGH, a.a.O. m.w.N.).
603Als erheblich sind beispielsweise aber bereits angesehen worden ein nachhaltiges Berühren im Schambereich über der Kleidung (BGH, NStZ-RR/P 01, 364 Nr. 58; 4 StR 284/08) oder ein längeres Auflegen der Hand auf den unbedeckten Schamhügel (BGH, 3 StR 44/20). Nicht ausreichend waren demgegenüber beispielsweise ein flüchtiger Griff an die Genitalien einer bekleideten Person (BGH 1, 298) oder ein Berühren im Vaginalbereich über der Kleidung (BGH 2 StR 311/05).
604Nach der vorgenannten Definition und im Vergleich mit den genannten Beispielen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bei der vorliegenden Tat zu II 3 e die Erheblichkeitsschwelle überschritten. Zwar konnte die Kammer keine konkreten Feststellungen zur genauen Dauer der Tathandlung treffen, jedoch ist die Handlung nach Auffassung der Kammer als erheblich anzusehen, da die Nebenklägerin mit ihrer entblößten Vulva bereits auf dem ebenso entblößten Glied des Angeklagten kniete und der Angeklagte diesen – mit unmittelbaren Körperkontakt der primären Geschlechtsorgane verbundenen – Vorgang zudem auch noch ausdrücklich mit der Frage verband, ob er „es reinstecken“ könne. Spätestens durch diese Frage erhält der ohnehin sexualbezogene Vorgang eine solche Erheblichkeit, dass die vorgenannte Schwelle überschritten ist.
605b. II 3 g und i.
606Bezüglich der Taten zu II 3 g und i gilt Folgendes:
607Die Kammer ist zunächst zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass die festgestellten Handlungen noch nicht die sog. Erheblichkeitsschwelle zur sexuellen Handlung (i.S.d. § 184 h Nr. 1 StGB) überschreiten.
608Jedoch liegt in dem jeweiligen Handeln des Angeklagten zumindest eine körperliche Berührung in sexuell bestimmter Weise vor, da schon nach dem äußeren Erscheinungsbild die festgestellte Berührung des Gliedes im Gesicht der Nebenklägerin bzw. der grobe Griff an die bekleidete Brust, indem der Angeklagte sie mit einer Hand praktisch umschloss, einen sexuellen Bezug hat, also objektiv sexuell bestimmt ist.
609Dass das Glied– mit der Unterhose – bzw. die Brust dabei bekleidet waren, hindert diese ebenso wenig wie der Umstand, dass der Angeklagte – in Fall II 3 g – nicht etwa ein primäres Geschlechtsmerkmal der Nebenklägerin, sondern – wie beispielsweise der Vergleich mit der Berührung eines Gliedes eines Täters mit dem Mund eines Opfers beim Oralverkehr zeigt – mit seinem primären Geschlechtsmerkmal das Gesicht und damit die nackte Haut der Nebenklägerin berührte (vgl. Fischer, 68. Aufl., § 184i StGB, Rn. 4a m.w.N.).
610Wollte man vorliegend in den beiden genannten Fällen nicht von einer objektiv sexuell bestimmten Berührung ausgehen, so wäre das festgestellte Verhalten in jedem Fall als subjektiv sexuell bestimmt zu werten, da es nach den Umständen des Einzelfalls, bei dem auch die weiteren, in der Regel sexuellen Handlungen des Angeklagten bei anderen Taten nicht außer Betracht bleiben dürfen, eindeutig ein sexuelles Gepräge hat. Insbesondere wäre dabei auch irrelevant, ließe sich der Täter nicht von sexuellen Absichten leiten, sondern handelte etwa aus einem Motiv der Herabsetzung (Fischer, a.a.O.).
611V.Strafzumessung
6121. Strafrahmen
613Der schwere sexuelle Missbrauch von Kindern wird gemäß § 176 Abs. 1 StGB a.F. i.V.m. § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB in der zur jeweiligen Tatzeit geltenden Fassung mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren (bis zu 15 Jahren) bestraft, in minder schweren Fällen nach § 176a Abs. 4, 2. Alt. StGB a.F. mit einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.
614Der sexuelle Missbrauch von Kindern wird gemäß § 176 Abs. 1 StGB in der zur jeweiligen Tatzeit geltenden Fassung mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.
615Der - bei den Taten II 3c, d und f gemäß § 52 StGB tateinheitlich zu § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB und bei den Taten II 3 b und e gemäß § 52 StGB tateinheitlich zu § 176 Abs. 1 StGB verwirklichte und im Übrigen bei Tat II 3a allein begangene - sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen wird gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB in der zu den Tatzeiten geltenden Fassung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
616Die vorsätzliche Körperverletzung wird mit Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft.
617Die sexuelle Belästigung gemäß § 184i Abs. 1 StGB wird mit Geldstrafe bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bestraft.
618In den Fällen, in denen tateinheitlich Delikte begangen wurden, hat die Kammer gemäß § 52 Abs. 2 S.1 StGB die Strafe dem höchsten Strafrahmen entnommen.
619Die Kammer hat zunächst geprüft, ob im Hinblick auf die Taten II 3c, d und f Umstände vorliegen, die die Annahme eines jeweils minder schweren Falles rechtfertigen. Unter Abwägung der nachstehend im Rahmen der konkreten Strafzumessung genannten, für und gegen den Angeklagten sprechenden und bereits hier eingestellten Gesichtspunkte hat die Kammer dies jedoch jeweils verneint. Denn unter Berücksichtigung des gesamten Tatbildes einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit weichen die vorliegenden Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern von den im Übrigen erfahrungsgemäß vorkommenden Fällen nicht in einem solchen Maße ab, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens insgesamt geboten erscheint.
620Dem steht insbesondere bei den Taten II 3 c und f, auch unter Berücksichtigung der nachstehend für den Angeklagten angeführten Umstände, die schließlich auch noch erfolgte Ejakulation in den Mund der Nebenklägerin entgegen, bei Tat II 3 d das Erbrechen; der Umstand, dass die Nebenklägerin noch deutlich von der Schutzaltersgrenze entfernt war und einen noch nicht fortgeschrittenen Entwicklungstand hatte, mag hinzukommen (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2015, 2 StR 405/14, juris, Rn. 19 a.E.). Die Kammer hat dabei nicht übersehen, dass in Fällen, in denen - anders als hier - weder ein präpubertärer Entwicklungsstand noch Folgen der Taten in Rede stehen der Umstand allein, dass ein Opfer ein bestimmtes Alter hat, den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat(en) nicht ohne weiteres erhöht (BGH, Beschluss vom 17.01.1995, 4 StR 737/94, abgedruckt in NStZ-RR 1996, 33/34).
6212. Strafzumessung
622Innerhalb der genannten Strafrahmen hat die Kammer folgende Umstände berücksichtigt:
6232.1.
624Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer Folgendes bedacht:
625Der Angeklagten ist weder vor den Taten noch danach noch sonst während der Tatzeiten vorbestraft und hat so ein geregeltes Leben geführt.
626Der Angeklagte hat mittlerweile ein höheres Lebensalter erreicht, war zwischenzeitlich gesundheitlich belastet und ist letztlich als besonders haftempfindlicher Erstverbüßer anzusehen, der zudem bei Bekanntwerden der Vorwürfe in der Justizvollzugsanstalt mit seiner Stigmatisierung zu rechnen hat.
627Ferner liegen die hier in Rede stehenden Taten unterschiedliche lange, zum Teil deutlich, was insbesondere (unter insoweit doppelter Anwendung des Zweifelssatzes für die Tat II 3 a) für die Taten II 3 a bis f gilt, zurück, wobei die Kammer insoweit zugunsten des Angeklagten jeweils von dem längst möglichen zurückliegenden Tatzeitpunkt ausgeht. Dabei hat die Kammer auch noch gesehen, dass der Sühnegedanke mit zunehmendem Zeitablauf abnimmt.
628Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass insbesondere bezogen auf gleichartige Handlungen die sog. Hemmschwelle nach einer ersten Tat abnimmt.
629Die Kammer hat ferner die unterschiedliche Intensität der einzelnen Taten gesehen, dabei insbesondere, dass er von einem weiteren Vorgehen bei Tat II 3 e Abstand nahm. Schließlich nahm die Anzahl und das Gewicht der verschiedenen Taten insbesondere ab dem Umzug nach F1 ab.
630Bleibende körperliche Schäden hat es nicht gegeben. Die Folgen bei der Tat II 3 h beschränkten sich in den direkten Folgen auf vorübergehende Schmerzen.
631Bei den Taten II 3 g und i gab es einen Kontakt mit dazwischen liegender Bekleidung.
632Ferner hat die Kammer auch gesehen, dass bereits im Jahr 2021 eine mehrtägige Hauptverhandlung fast bis zum Schluss der Beweisaufnahme durchgeführt worden war und diese wegen eines absoluten Beschäftigungsverbotes der damals beisitzender Richterin ausgesetzt und im Jahr 2022 neu begonnen werden musste, was für sich genommen wie auch die darin nochmals zum Ausdruck kommende Dauer des Verfahrens eine zusätzliche Belastung für den Angeklagten war.
633Die Trennung von seiner restlichen Familie und die – letztlich auch den Angeklagten treffende - Belastung mit der zurückbleibenden, nur wenig Deutsch sprechenden Ehefrau, kommt hinzu.
6342.2.
635Die Kammer hat strafschärfend bei den nachstehenden einzelnen Taten Folgendes berücksichtigt:
636Die Kammer hat insbesondere bei den Taten II 3 c, d und f das erhebliche Maß des kriminellen Unrechts dergestalt gesehen, wie es in dem – über die zur bloßen Erfüllung des Tatbestands, den die Kammer selbstredend nicht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, nicht erforderlichen und so darüber hinausgehenden - Geschehen zum Ausdruck kommt, dass bei den Taten II 3 c und f mit einer Ejakulation in den Mund und bei der letztgenannten Tat auch noch mit einem Schlucken des Ejakulats sowie bei Tat II 3 d mit einem – schon angesichts des Umstands, dass sich sein Glied in einem kindlichen Mund befand, wenn auch unerwünschten, aber doch vorhersehbaren – Erbrechen seiner Tochter zum Ausdruck kommt. Bei Tat II 3 b ejakulierte der Angeklagte auch noch auf ihren Körper, konkret ihre Beine.
637Auch bedacht wurde zu seinen Lasten, dass die Geschädigte bei den Taten II 3 b bis e zwischen etwa acht und elf Jahre alt war, somit weit entfernt von der im Gesetz vorgesehenen Schutzaltersgrenze von 14 Jahren und einen noch nicht fortgeschrittenen Entwicklungstand – sie hatte ihre ersten Tage als sie das M1-Gymnasium in der fünften und sechsten Klasse besuchte - hatte (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2015, 2 StR 405/14, juris, Rn. 19 a.E.). Die Kammer hat dabei nicht übersehen, dass in Fällen, in denen - anders als hier – weder ein präpubertärer Entwicklungsstand noch Folgen der Taten in Rede stehen der Umstand allein, dass ein Opfer ein bestimmtes Alter hat, den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat(en) nicht ohne weiteres erhöht (BGH, Beschluss vom 17.01.1995, 4 StR 737/94, abgedruckt in NStZ-RR 1996, 33/34).
638Er hat bei den Taten II 3 b bis f neben § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F. bzw. § 176 Abs. 1 StGB a.F. jeweils tateinheitlich den § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. verwirklicht. Diese Norm weist u.a. mit dem besonderen Schutz von Kindern, die zugleich leibliche Abkömmlinge sind, eine eigenständige Schutzrichtung auf.
639Der Angeklagte hat nach dem ersten Oralverkehr auch noch zusätzlich auf die Nebenklägerin eingewirkt, damit sie den Übergriff nicht offenbart.
6402.3.
641Unter Berücksichtigung all dieser für und gegen den Angeklagten angeführten Gesichtspunkte hat die Kammer für die einzelnen Taten folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen gehalten:
642für die Tat II 3 a: eine Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und sechs Monaten („nur“ § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB),
643für die Tat II 3 b: eine Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren und drei Monaten (Tateinheit zwischen § 176 Abs. 1 und § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB)
644für die Tat II 3 c: eine Freiheitsstrafe in Höhe von drei Jahren (Tateinheit zwischen § 176a Abs. 2 Nr. 1 und § 174 StGB, mit Ejakulat)
645für die Tat II 3 d: eine Freiheitsstrafe in Höhe von drei Jahren und sechs Monaten (Fall mit Erbrechen)
646für die Tat II 3 e: eine Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr
647für die Tat II 3 f: eine Freiheitsstrafe in Höhe von drei Jahren und neun Monaten (schwerste Tat aufgrund des mehraktigen Geschehens mit Schlucken des Ejakulats in Verbindung mit Kriechvorgang bei angeleinter Nebenklägerin)
648für die Tat II 3 g: eine Freiheitsstrafe in Höhe von sechs Monaten (eine Geldstrafe oder – unter Berücksichtigung des § 47 StGB sog. kurze Freiheitsstrafe – hielt die Kammer trotz des sich von §§ 174, 176 Abs.1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB deutlich unterscheidenden Strafrahmens angesichts des Umstands, dass es sich auch bei dieser Tat um einen letztlich als gravierend zu bewertenden Teil der zahlreichen Sexualstraftaten des Angeklagten handelte und des Umstand, dass sich dieser innerhalb der Bandbreite der in den Rahmens des § 184i Abs. 1 StGB fallenden Fallgestaltungen nicht im unteren Bereich bewegte, für nicht mehr tat- und schuldangemessen),
649für die Tat II 3 h: eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 30 Euro,
650für die Tat II 3 i: eine Freiheitsstrafe in Höhe von sechs Monaten (zur Begründung siehe grundlegend auch insoweit die Ausführungen zu Tat II 3 g).
6513. Gesamtstrafenbildung
652Die Kammer hat unter spürbarer, aber angesichts der zahlreichen, unterschiedlichen, aber auch schwergewichtigen Taten noch maßvoller Erhöhung der höchsten Einsatzstrafe von drei Jahren und neun Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von
653sechs Jahren
654für tat- und schuldangemessen erachtet.
655Bei der Bildung der Gesamtstrafe hat die Kammer die oben im Einzelnen geschilderten Strafzumessungserwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, und denen auch bei der Bildung der Gesamtstrafe wesentliche Bedeutung zukommt, nochmals berücksichtigt.
656Bei der Bildung der Gesamtstrafe hat nicht die Summe der Einzelstrafen im Vordergrund gestanden. Maßgebend für die Strafzumessung sind auch hier die Gesamtwürdigung der Person des Angeklagten, die Anzahl sowie das Ausmaß der begangenen Taten, denen sämtlich eine nicht unerhebliche eigenständige Bedeutung zukommt und das Verhältnis der Taten zueinander gewesen. Ferner hat die Kammer dem Umstand Rechnung getragen, dass die Erhöhung der höchsten Einzelstrafe in der Regel niedriger auszufallen hat, wenn zwischen den Taten ein enger zeitlicher und insbesondere sachlicher, personeller und situativer Zusammenhang besteht, der es gebietet, die Einzelstrafen enger zusammenzuziehen.
657Nur bei der Bemessung der Gesamtstrafe hat die Kammer zu Lasten des Angeklagten das erhebliche Maß an krimineller Energie berücksichtigt, wie es in den immer wieder in unterschiedlicher Art und Weise über einen etwa achtjährigen Tatzeitraum begangenen Taten – die die Kammer als solche nicht zu seinen Lasten berücksichtigt hat – zum Ausdruck kommt, die zudem angesichts der Offenbarung der Geschädigten gegenüber T und seiner Mutter überaus verständlich zeigt, dass sie es – wie schon die schlussendlich anlässlich der letzten Tat fast erfolgte Offenbarung gegenüber der Mutter, zumal vor dem Hintergrund eines schon Jahre zuvor ausgesprochenen Schweigegebots, ebenfalls zeigt - nicht mehr ausgehalten hat, so dass ersichtlich mit zunehmender zeitlicher Dauer und – wenn auch zuletzt wieder abnehmende – Intensität der Taten eine nachhaltig vergrößerte emotionale Beeinträchtigung des Opfers eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2015, 2 StR 405/14, über juris, Rn. 19), was sich auch an den festgestellten und vorhersehbaren Folgen der Taten für die Nebenklägerin zeigt, die die Kammer ebenfalls nur bei der Bemessung der Gesamtstrafe zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat.
658VI.
659Teilfreispruch bzw. -einstellung
6601.
661Die Kammer hat den Angeklagten wegen des unter Ziffer 4 der Anklage erhobenen Vorwurfs aufgrund des sog. Zweifelssatzes freigesprochen.
662Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, dass es an einem weiteren Tag dazu gekommen sei, dass sich er und die Nebenklägerin in dem Büro in der S1-Str. … in H aufgehalten hätten, wo der Angeklagte sie wieder mit dem Versprechen eines neuen Spiels zu sich gelockt, sich entblößt gehabt und der Nebenklägerin gesagt habe, sie solle auf die Knie gehen und seinen Penis lecken. Dem sei sie nachgekommen und habe den Angeklagten an der Eichel geleckt. Der Angeklagte habe daraufhin in den Mund der Nebenklägerin ejakuliert und sie aufgefordert, sein Sperma zu schlucken.
663Einen solchen Sachverhalt hat die Kammer unter Anwendung des Zweifelssatzes nicht mit dem für eine Verurteilung erforderlichen Maß an Sicherheit, das vernünftigen Zweifel Einhalt gebietet, feststellen können.
664Der Angeklagte hatte sich auch insoweit nicht zu dem Vorwurf eingelassen und im letzten Wort erklärt, er schließe sich den Ausführungen seiner Verteidigerin an, die mehrfach betonte, der Angeklagte bestreite sämtliche Vorwürfe und wolle – insgesamt – freigesprochen werden.
665Die Nebenklägerin hat zu dem Penis des Angeklagten in bzw. in ihrem Mund zu den verschiedenen Befragungs- bzw. Vernehmungszeitpunkten wie unter III 2.2.2. dargestellt Angaben gemacht.
666Die Kammer hat auch anknüpfend an die vorstehende umfassende Würdigung der Aussagen der Nebenklägerin grundlegend, wie auch konkret insbesondere zu den Taten II 3 c, d und (ohnehin, da an anderem Tatort und mit vielen ausgefallenen Details ersichtlich ohne die Gefahr einer Verwechselung/Überlagerung mit den zuvor genannten Taten) f, keine Zweifel daran, dass es mindestens diese unterschiedlich verlaufenden vollzogenen Fälle des Oralverkehrs gab.
667Das schließt letztlich auch den in mehreren Vernehmungen, wie bei den Aussagen insbesondere zu den Taten zu II 3 c und d dargestellt, grundlegend konstant berichteten Vorgang eines Leckens an der „Spitze“/ „Eichel“ ein. Die Nebenklägerin hat davon bis in die Hauptverhandlung 2022 berichtet.
668Lediglich vorsorglich zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer einen so gesonderten Fall, bei dem es dann nicht (auch noch) zum vollständigen Vollzug des Oralverkehrs kam, deshalb nicht festgestellt, da die Nebenklägerin zwar von ihrer polizeilichen Vernehmung über die Angaben bei der Sachverständigen und bis letztlich in beide Hauptverhandlungen hinein berichtete, (zuerst) habe sie ihn an der „Spitze“, der „Eichel“ lecken sollen und erst im Rahmen der im Laufe der Zeit stattgefundenen Steigerungen sei es auch mehrfach dazu gekommen, dass sie sein Glied richtig in ihren Mund, in ihren Hals hinein habe nehmen müssen.
669Allerdings wirkte ihre diesbezügliche Aussage in der aktuell durchgeführten Hauptverhandlung, insoweit weniger deutlich als zuvor, so, dass es sich ggfs. bei dem Lecken an der „Spitze“, der „Eichel“ und dem vollständigen Vollzug des Oralverkehrs um eine (erste solche) Tat gehandelt haben könnte und nicht um einen gesonderten – weiteren, über die hier festgestellten Taten hinausgehenden - Fall des sog. Leckens nur an der Eichel, auch wenn die Kammer dabei zugleich nicht übersehen hat, dass die Nebenklägerin 2022 nach einem – ihrem Aussagestil – entsprechenden durchgängigen Bericht über ein Lecken und Vollzug des Oralverkehrs, der – ohne, dass die Nebenklägerin dies selbst ausdrücklich so behauptete – wie ein fortlaufendes Geschehen anmutete, auf Nachfrage klarstellte, es habe sich dabei um verschiedene Gelegenheiten gehandelt.
670Um an dieser Stelle keine Missverständnisse aufkommen zu lassen:
671Angesichts des bereits gewürdigten, sehr differenziert mit verschiedenen Details berichteten mehrfachen Vollzugs des Oralverkehrs mit dem Schlucken des Ejakulats nach bereits verspürtem Brechreiz (Tat II 3 c), dem Erbrechen (Tat II 3 d) und dem ohnehin an einem ganz anderen Ort stattgefundenen und mit weiteren Geschehnisse verbundenen Fall (Tat II 3 f), weckt die Aussage der Nebenklägerin keinerlei Zweifel daran, dass es mindestens diese Taten auch gegeben hat, mag es auch ggfs. im Vorlauf ein Lecken an der „Spitze“, der „Eichel“ gegeben habe, was die Kammer aber wiederum zugunsten des Angeklagten sicher nicht einem der zuletzt genannten Taten des Vollzugs des Oralverkehrs zuordnen konnte.
6722.
673Wegen des unter Ziffer 3 der Anklageschrift erhobenen Vorwurfs hat das Gericht auf entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren vorläufig eingestellt und von der Verfolgung der Tat abgesehen.
674Insofern wurde dem Angeklagten vorgeworfen, dass die Nebenklägerin ihn im Alter von ca. 10 Jahren mit der Hand habe befriedigen müssen. Im Gegenzug habe er der Zeugin ein neues O4-Spiel versprochen.
675Auch insoweit hat der Angeklagte sich nicht zu dem Vorwurf eingelassen, wobei – wie bereits ausgeführt worden ist – aus seiner Bestätigung des Plädoyers seiner Verteidigerin eine bestreitende Grundhaltung zutage tritt.
676Die Nebenklägerin hat zu diesem Geschehen stark abweichende Angaben gemacht und konnte sich wiederholt an eine derartige Tat nicht erinnern.
677Allein in der ersten polizeilichen Vernehmung berichtete sie, sie habe sein „Ding“ anfassen müssen und wenn er gekommen sei, habe sie Spiele bekommen. Mit solchen Vorfällen habe der Missbrauch angefangen.
678Auch gegenüber der Sachverständigen P berichtete sie, in H in dem Büro sei das Anfassen gewesen, dass sie ihn befriedige und dann Spiele für ihren O4 erhalte.
679Auch in der 2021 durchgeführten Hauptverhandlung bekundete sie, sie habe den Angeklagten in dem an im selben Haus S1-Str. … liegenden Büro mit der Hand befriedigt, wobei sie nicht mehr erinnere, wie es dazu genau gekommen sei.
680Nur in der zuletzt durchgeführten Hauptverhandlung solchen Vorfall erinnerte die Nebenklägerin Derartiges nicht mehr und berichtete bloß von Fragen des Angeklagten, ob die Nebenklägerin ihn anfassen würde, als diese deutlich älter, nämlich ca. 14 oder 15 Jahre alt war und beide sich etwa im Auto aufhielten.
681Mit Blick auf die weiteren, teilweise erheblich schwerer wiegenden und nach § 176a Abs. 2 StGB zu ahndenden Taten wäre die für diese Tat zu erwartende Strafe neben jener für die weiteren Taten nicht beträchtlich ins Gewicht gefallen.
682VII.
683Kostenentscheidung
684Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO.