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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Klägerin macht Rückabwicklungsansprüche im Zusammenhang mit dem Widerruf eines Pkw-Leasingvertrags aus dem Jahr 2016 geltend.
3Am 09.01.2016 unterzeichnete die Klägerin bei der Fa. Autohaus B GmbH einen Kfz-Leasingvertrag. Bei dem Leasingfahrzeug handelte es sich um ein Neufahrzeug der Marke D. Verkäufer dieses Fahrzeugs war das Autohaus B GmbH, welches als sog. Leasingvermittler auftrat. Die Parteien des Leasingvertrages vereinbarten einen Anschaffungswert / Barzahlungsbetrag in Höhe von 25.890,00 Euro. Sie kamen zudem dahingehend überein, dass durch die Klägerin 60 monatliche Leasingraten zu je 233,66 Euro (brutto) zurückgeführt werden sollte. In dem Restwert-Leasingvertrag heißt es u.a. zudem
4„Vom Leasingnehmer garantierter Wert des Fahrzeuges nach Ablauf der Leasingzeit:
5Inkl. MwSt. von z.Zt. 19 % = 11.870,43 EUR“
6Ferner heißt es in den dem Vertrag beigefügten „Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite“ unter „Kreditart“ „Leasing mit Restwertabrechnung“.
7Der Leasingvertrag enthält auf Seite 3 von 7 eine schwarz umrahmte Widerrufsinformation, welche auszugsweise wie folgt lautet:
8„Widerrufsinformation
9Widerrufsrecht
10Der Leasingnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Leasingnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angabe zur Art der entgeltlichen Finanzierungshilfe, Angabe zum Anschaffungspreis, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. Der Leasingnehmer hat alle Pflichtangaben erhalten, wenn sie in der für den Leasingnehmer bestimmten Ausfertigung seines Antrags oder in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung der Vertragsurkunde oder in einer für den Leasingnehmer bestimmten Abschrift seines Antrags oder der Vertragsurkunde enthalten sind und dem Leasingnehmer eine solche Unterlage zur Verfügung gestellt worden ist. Über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangabe kann der Leasingnehmer nachträglich auf einem dauerhaften Datenträger informiert werden; die Widerrufsfrist beträgt dann einen Monat. Der Leasingnehmer ist mit den nachgeholten Pflichtangaben nochmals auf den Beginn der Widerrufsfrist hinzuweisen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs, wenn die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger (z. B. Brief, Telefax, EMail) erfolgt. Der Widerruf ist zu richten an: C S.A. Niederlassung Deutschland, Geschäftsbereich D1, T-Straße …, … O […].“
11Wegen des weiteren Inhalts der Widerrufsinformation und des Leasingvertrages wird auf die Anlage K1 zur Klageschrift (Bl. 19 ff. d. A.) verwiesen.
12Zum Leasinggeber heißt es in dem von der Klägerin abgeschlossenen Leasingvertrag auf Seite 1 von 7
13„Der Leasingnehmer beantragt hierdurch bei der C S.A. Niederlassung Deutschland, Geschäftsbereich D1, T-Straße …, … O, im folgenden Leasinggeber oder Bank genannt […]“.
14Bei dieser „C S.A. Niederlassung Deutschland“, die am 30.09.2005 unter der gleichlautenden Firma beim Amtsgericht P zur Nummer … im Handelsregister eingetragen wurde, handelte es sich um eine Zweigniederlassung der C S.A. mit Sitz in Q / Frankreich. Gegenstand des Unternehmens der Firma C S.A. Niederlassung Deutschland war insbesondere auch das Betreiben von Finanz-Leasing-Geschäften (vgl. hierzu insgesamt Bl. 255 d. A.).
15Im Verlauf des Jahres 2016 wurde das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der Fa. C S.A. Niederlassung Deutschland im Wege einer französischen Einbringung auf eine Fa. G S.A.S übertragen. Diese G S.A.S. wurde in der Folgezeit mit Wirkung vom 01.Juli 2016 auf die Q1 GmbH verschmolzen, wodurch das Vermögen der Fa. G S.A.S einschließlich der Verbindlichkeiten auf die Q1 GmbH überging (vgl. Bl. 285 ff. d. A.).
16Ab dem 09.01.2016 zahlte die Klägerin die monatlichen Leasingraten in Höhe von EUR 233,66. Sie ließ in der Folgezeit zudem drei jährliche Inspektionen durchführen und wandte hierfür am 09.03.2018 einen Betrag von EUR 283,41, am 14.05.2019 einen Betrag von EUR 310,39 und am 03.06.2020 einen Betrag von EUR 537,37 auf. Ferner ließ die Klägerin an dem Leasingfahrzeug bei der Fa. B1 eine Hauptuntersuchung zu einem Preis von EUR 120,99 durchführen und erwarb für das Fahrzeug einen Satz Winterreifen zu einem Preis von EUR 400,00.
17Mit Schreiben vom 16.01.2020 (Bl. 29 d. A.) erklärte die Klägerin den Widerruf ihrer auf Abschluss des Leasingvertrags gerichteten Willenserklärung und forderte die Beklagte vergeblich zur Rückabwicklung binnen zwei Wochen auf.
18Die Klägerin ist der Ansicht, der Widerruf ihrer auf Abschluss des Leasingvertrages gerichteten Willenserklärung sei wirksam, da die Widerrufsfrist nicht abgelaufen sei.
19Denn der Leasingvertrag enthalte eine sog. Kaskadenverweisung, welche nach der Rechtsprechung des EuGH unzulässig sei, mit der Folge, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Zudem lasse sich, so meint die Klägerin weiter, dem Vertrag nicht hinreichend entnehmen, wer Leasinggeber sei, was ebenfalls elementare Voraussetzung des Anlaufens der Widerrufsfrist sei. Sie ist der der Auffassung, von der Beklagten die Rückabwicklung des Leasingvertrages sowie zudem die Rückerstattung der für das Fahrzeug aufgewendeten Beträge ersetzt verlangen zu können.
20Die Klägerin beantragt,
211.
22die Beklagte zu verurteilen, ihr Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Kfz D, Kennzeichen …, Fahrgestellnummer …, einen Betrag i.H.v. EUR 14.735,12 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
232.
24festzustellen, dass die Beklagte sich bei der Rücknahme des Kfz D, Kennzeichen …, Fahrgestellnummer …, seit dem 02.07.2020 in Annahmeverzug befindet.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Hilfsweise für den Fall des vollständigen oder teilweisen Obsiegens des Klägers beantragt sie widerklagend,
28festzustellen, dass die Klägerin im Falle eines wirksamen Widerrufs verpflichtet ist, ihr Wertersatz für den Wertverlust des KFZ der Marke D mit der Fahrgestellnummer … zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und Funktionsweisen nicht notwendig war.
29Die Klägerin beantragt,
30die Hilfswiderklage abzuweisen.
31Die Beklagte ist der Ansicht, das Landgericht Essen sei örtlich nicht zuständig. Ferner stehe der Klägerin kein gesetzliches Widerrufsrecht zu, da sie – als Verbraucherin – das Leasingfahrzeug nicht habe erwerben müssen. Jedenfalls – so meint sie ferner – sei die Widerrufsinformation in rechtmäßiger Weise erfolgt. Die Widerrufsfrist sei zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung abgelaufen. Hilfsweise ist sie der Ansicht, dem seitens der Klägerin erklärten Widerruf stünden die Einwände des Rechtsmissbrauches und der Verwirkung entgegen.
32Wegen des weitergehenden Parteivortrages wird ergänzend auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe:
34Die Klage ist zulässig, jedoch in vollem Umfang unbegründet.
35A. Zulässigkeit
36Die Klage ist zunächst zulässig.
37I. Rechtshängigkeit
38Die Klage ist der Beklagten gegenüber zunächst rechtshändig geworden, § 253 Abs. 1 ZPO.
39Zwar ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Klageschrift ausweislich der zur Akte gelangten Zustellungsurkunde – den Angaben im Rubrum der Klageschrift entsprechend – am 11.09.2020 unter der Anschrift:
40„D2 S.A. Nieder. In Deutschland, vertr. d. d. geschäftsf. Generaldirektor C1,
41T-Straße …
42… O“
43zugestellt worden ist. Da die Beklagte unter eben dieser Anschrift aber ihren Sitz unterhält – was sich zwanglos bereits aus den von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Termin zur Akte gereichten Vollmachten ergibt – und die Beklagte die Klageschrift ihrem eigenen Vorbringen zufolge, zuletzt etwa gem. Schriftsatz vom 26.10.2020, auch tatsächlich erhalten hat, steht der abweichende Zustellungsadressat dem Eintritt der Rechtshängigkeit vorliegend nicht entgegen, da jedenfalls aufgrund des tatsächlichen Zugangs bei der Beklagten gem. § 189 ZPO eine wirksame Zustellung gegeben ist.
44II. (Un-)zutreffende Parteibezeichnung
45Der Zulässigkeit der Klage steht ferner nicht entgegen, dass die Beklagte in der Klageschrift vom 18.08.2020 unzutreffend angegeben worden ist, § 253 Abs. 2 ZPO.
46Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich im Rubrum der Klageschrift für die Beklagte die folgenden Angaben finden:
47„D2 S.A., Niederlassung in Deutschland: T-Straße …, … O.“
48Bei diesen Angaben handelt es sich jedoch – nicht zuletzt auch nach den Angaben im Rahmen des von der Klägerin selbst zur Akte gereichten Leasingvertrages – erkennbar um eine falsche Parteibezeichnung, nachdem Leasinggeber und damit Vertragspartner der Klägerin die Firma C S.A. Niederlassung Deutschland war, die unstreitig mit Wirkung zum 01.07.2016 im Wege einer französischen Einbringung und einer Verschmelzung auf die Q1 GmbH übergegangen ist (vgl. Bl. 285 ff., 294 d. A.).
49Eine solche ungenaue bzw. erkennbar falsche Parteibezeichnung ist jedoch unschädlich und kann jederzeit von Amts wegen richtig gestellt werden. Denn die durch das Grundgesetz gewährleisteten Verfassungsgarantien verbieten es, den Zugang zu den Gerichten in einer aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren. Dementsprechend darf eine Klageerhebung nicht an unvollständigen oder fehlerhaften Bezeichnungen der Parteien scheitern, solange diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen (vgl. BVerfG, NJW 1991, 3140; BAG, NZA 2009, 221 = NJW 2009, 1293). Für die Parteistellung in einem Prozess ist deshalb nicht allein die formelle Bezeichnung der Partei in der Klageschrift maßgebend (BAG, NZA 2007, 1013 = NJW 2007, 2877 Rn. 13; NZA 2007, 404 = NJW 2007, 458 Rn. 25). Eine Rubrumsberichtigung ist vielmehr auch vorzunehmen, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufage 2020, § 253 Rn. 21; BAG, Urt. v. 20.02.2014 – 2 AZR 248/13; NZA-RR 2015, 380 Rn. 14, beck-online).
50Eben dies ist vorliegend der Fall, nachdem die Angaben betreffend die Beklagte im Rahmen des Rubrums der Klageschrift vom 18.08.2020 ersichtlich auf den Angabe im Rahmen des in Rede stehenden Leasingvertrages basieren und bei Abfassung der Klage lediglich der Umstand, dass es sich bei der Bezeichnung „C S.A. Niederlassung Deutschland“ um die vollständige Firma der als selbständige Zweigniederlassung im Handelsregister eingetragenen Rechtsvorgängerin der Beklagten handelt, sowie auch der Umstand, dass die Firma „C S.A. Niederlassung Deutschland“ zwischenzeitlich auf die Beklagte übergegangen ist, unberücksichtigt geblieben sind. Das Passivrubrum war daher – dem Antrag beider Parteien folgend – auf Q1 GmbH zu berichtigen.
51Soweit die Klägerin abweichend von den vorstehenden Ausführungen zwischenzeitlich vortragen lassen hat, dass Beklagte der Mutterkonzern, folglich die C S.A. sein sollte, hat sie dieses Vorbringen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.11.2020 nicht weiter aufrechterhalten, sondern das Vorbringen der Beklagten zur Rechtsnachfolge der „C S.A. Niederlassung Deutschland“ vielmehr unstreitig gestellt und ebenfalls beantragt, dass Passivrubrum – wie erfolgt – auf Q1 GmbH zu berichtigen.
52III. Zulässigkeit des Klageantrag zu 1) auf Rückabwicklung
53Der auf Rückabwicklung des in Rede stehenden Leasingvertrages gerichtete Klageantrag zu Ziffer 1. ist zulässig. Es handelt sich um einen Leistungsantrag, an dessen Zulässigkeit keine Bedenken bestehen. Insbesondere ist das Landgericht Essen für die Entscheidung über diesen zuständig. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 29 Abs. 1 ZPO. Denn grundsätzlich besteht für die Rückabwicklung eines Kaufvertrages ein einheitlicher Erfüllungsort dort, wo sich die veräußerte Sache vertragsgemäß befindet (Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 29 ZPO, Rn. 25). Dies gilt auch für den hier vorliegenden Fall des Widerrufs eines Leasingvertrages (OLG Hamm, Urt. v. 27.11.2019 – 31 U 114/18 m. w. N.). Denn die „kreditgewährende“ Bank – hier die Beklagte – tritt nach erfolgreichem Widerruf in die Position des Verkäufers ein. Die Rückabwicklung zwischen Leasingnehmer und -geber richtet sich auch hinsichtlich des Leasingvertrages nach §§ 358 Abs. 4 S. 1, 355 Abs. 3 BGB. Das Fahrzeug befindet sich vertragsgemäß am Wohnsitz der Klägerin in H und damit im Bezirk des hiesigen Landgerichts.
54III. Klageantrag zu 2) auf Feststellung des Annahmeverzugs
55Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs ist aus den vorgenannten Gründen ebenfalls zulässig. Das für den Antrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus §§ 756, 765 ZPO.
56B. Begründetheit
57Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen ist die Klage jedenfalls unbegründet.
58I. Klageantrag zu 1): Rückabwicklung des Leasingvertrages
59Der Antrag auf Rückabwicklung des Leasingvertrages ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der Leasinggeberin, der Firma C S.A. Niederlassung Deutschland, keinen Anspruch auf Zahlung von 14.735,12 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs aus §§ 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 355 Abs. 1 S. 1, 495 Abs. 1 BGB, 506 Abs. 2 S.1 Nr.3 BGB.
60Die Klägerin hat ihre auf den Abschluss des in Rede stehenden Leasingvertrages erklärte Willenserklärung nicht wirksam widerrufen. Zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs war die Widerrufsfrist nämlich abgelaufen.
61Im Einzelnen:
621. Vertragsschluss und Widerrufsrecht
63Zwischen der Klägerin und der Firma C S.A. Niederlassung Deutschland ist am 09.01.2016 ein wirksamer Leasingvertrag im Sinne einer entgeltlichen Finanzierungshilfe im Sinne von § 506 Abs. 2 S.1 Nr. 3 BGB zustande gekommen, in dessen Rahmen der Klägerin grundsätzlich ein Widerrufsrecht gemäß § 495 Abs.1, 355 BGB zusteht.
64Nach § 506 Abs. 2 S.1 Nr. 3 BGB gelten Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes als entgeltliche Finanzierungshilfe, wenn – wie hier – vereinbart ist, dass der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat. Entsprechend der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drs. 16/11643, 92) soll § 506 Abs. 2 S.1 Nr. 3 BGB solche Finanzierungsleasingverträge erfassen, bei denen zwar keine Erwerbsverpflichtung besteht, aber der Verbraucher für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat. Ein bestimmter Wert ist ein solcher, der im Vertrag als feste Zahl vereinbart ist. Eine solche „Restwertgarantie“ verschafft dem Unternehmer eine Vollamortisation des Vertragsgegenstands, die der Verbraucher finanziert. Es ist nicht ersichtlich, warum Verträge mit einer Restwertgarantie anders behandelt werden sollten als Verträge mit Erwerbsverpflichtung. Ein Vertrag mit einer Klausel über eine Restwertgarantie unterscheidet sich jedenfalls so deutlich vom Leitbild des Mietvertrags, dass seine Besserstellung gegenüber anderen entgeltlichen Finanzierungshilfen nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr ist nicht auszuschließen, dass in Finanzierungsleasingverträgen künftig auf ein Andienungsrecht mit der Folge verzichtet wird, dass die verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 491 ff. keine Anwendung fänden. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die verbraucherschützenden Vorschriften auf solche Nutzungsverträge anzuwenden, bei deren Ende der Verbraucher einen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert. Unter Heranziehung der vorgenannten Maßstäbe steht der Klägerin grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu, da die verbraucherschützenden Vorschriften, insbesondere mit Blick auf das Bestehen eines Widerrufsrechtes bei dem hier vorliegenden „Restwert-Leasingvertrag“ Anwendung finden.
65Bei dem hiesigen Vertrag vereinbarten die Parteien die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes, hier des Leasingfahrzeugs der Marke D. Denn im Rahmen des Leasingvertrages verpflichtete sich die Leasinggeberin, die Firma C S.A. Niederlassung Deutschland, der Klägerin als Leasingnehmerin die Nutzung des vorgenannten Fahrzeugs zu ermöglichen; im Gegenzug hierzu verpflichtete sich die Klägerin, die vereinbarten Leasingraten zu zahlen. Die Firma C S.A. Niederlassung Deutschland hat in diesem Rahmen als Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB gehandelt. Die Vergabe des Leasingvertrages an die Klägerin erfolgte als Teil ihrer gewerblichen Tätigkeit als Kreditinstitut entsprechend dem Gegenstand ihres Unternehmens. Die Klägerin – als Leasingnehmerin – hat den streitgegenständlichen Leasingvertrag als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB in Anspruch genommen. Gemäß § 13 BGB ist jede natürliche Person Verbraucher, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder einer gewerblichen Tätigkeit noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin den Leasingvertrag in Zusammenhang mit einer gewerblichen Tätigkeit geschlossen hat.
66Schließlich vereinbarten die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Firma C S.A. Niederlassung Deutschland, in eindeutiger Weise, dass die Klägerin als Verbraucherin bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat. So bezeichneten die Parteien den hiesigen Vertrag als solchen mit einer „Restwert-Abrechnung“ (vgl. Bl. 15 d.A.) und vereinbarten in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin als Leasingnehmerin einen kalkulierten Restwert (brutto) in Höhe von 11.870,43 Euro (vgl. Bl. 15 d.A.) garantiert.
67Entsprechend der vorgenannten Erwägungen sind die verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 491 ff. BGB, also insbesondere das Bestehen eines Widerrufsrechtes nach § 495 BGB – wie bereits zu Beginn ausgeführt – auf den hiesigen Leasingvertrag, bei deren Ende die Klägerin einen im Vertrag festgesetzten Restwert garantiert, anzuwenden.
682. Widerrufsfrist
69Die Klägerin konnte ihre auf Abschluss dieses Vertrages gerichtete Willenserklärung grundsätzlich widerrufen. Sie hat insbesondere unstreitig mit Schreiben vom 16.01.2020 den Widerruf erklärt, der allerdings – mangels Einhaltung der Widerrufsfrist – kein Rückgewährschuldverhältnis entstehen lässt.
70Da der Vertrag am 09.01.2016 geschlossen worden ist, ist vorliegend § 495 BGB in der bis zum 21.03.2016 gültigen Fassung anwendbar. Nach § 495 Abs. 1 BGB steht dem Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Die hier anzuwendenden Vorschriften des §§ 506 Abs.1, 506 Abs. 2 S.1 Nr. 3 BGB in der bis zum 21.03.2016 gültigen Fassung nehmen insoweit Bezug auf § 495 BGB, welcher wiederum auf die Vorschrift des § 355 BGB verweist mit der Folge, dass das Vorliegen eines Widerrufsrecht nach §§ 495, 355 BGB für den vorliegenden Leasingvertrag gleichermaßen besteht (s.o.).
71Der Widerruf des Leasingvertrages ist vorliegend nicht fristgemäß, also nicht innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB erklärt worden. Nach § 355 Abs. 2 S. 2 BGB in der seit dem 13.06.2014 gültigen Fassung beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit Vertragsschluss, nach § 356b Abs. 2 BGB in der bis zum 20.03.2016 gültigen Fassung jedoch nicht, bevor der Darlehens- bzw. Leasingnehmer die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhält. Ferner ist für den Fristbeginn gemäß § 356b Abs. 1 BGB erforderlich, dass dem Verbraucher eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird.
72Diese Voraussetzungen sind hier sämtlich erfüllt. Die 14-tägige Frist zur Erklärung des Widerrufs war am 16.01.2020 daher abgelaufen.
73Im Einzelnen:
74a. Vertragsurkunde
75Der Leasingvertrag wurde zeitgleich mit der Erteilung der Widerrufsinformation geschlossen. Der Klägerin ist zumindest eine Abschrift der Vertragsurkunde im Sinne des § 355 Abs. 3 S. 2 BGB übergeben worden (vgl. Bl. 15 ff. d. A.).
76b. Mitteilung der Pflichtangaben
77Darüber hinaus sind der Klägerin die gemäß § 492 Abs. 2 BGB erforderlichen Pflichtangaben nach Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB mitgeteilt worden.
78aa. Gesetzlichkeitsfiktion
79Die Beklagte kann sich schon auf das Eingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247, § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen, denn die von ihrer Rechtsvorgängerin verwandte Klausel entspricht der nach dem Leasingrecht angepassten Form der Musterwiderrufsbelehrung gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es für den hier vorliegenden Leasingvertrag im maßgeblichen Zeitpunkt kein gesetzliches Muster existierte. Art. 247 § 12 Abs.1 S.5 EGBGB a.F. bestimmt jedoch, dass die Gesetzlichkeitsfiktion bei Verträgen über eine entgeltliche Finanzierungshilfe, welcher hier – wie bereits ausgeführt – vorliegt, entsprechend gilt, wenn die Informationen der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs.2 EGBGB a.F. dem im Einzelfall vorliegenden Vertragstyp entsprechen.
80Dies war vorliegend gerade der Fall. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten tauschte insoweit insbesondere die Formulierungen aus dem Darlehensrecht (Darlehensvertrag, Darlehensnehmer, Darlehensgeber) mit den solchen des Leasingrechts (Leasingvertrag, Leasingnehmer, Leasinggeber) aus. Dadurch hat sie gerade die erforderlichen Anpassungen vorgenommen, ohne im Übrigen den Wortlaut der Musterwiderrufsbelehrung und der zutreffen verwendeten Gestaltungshinweise ihrem Wesen nach zu verändern. Entsprechende Anpassungen, die sich aus der Natur eines anderen Vertragstyps ergeben, lassen die Gesetzlichkeitsfiktion insoweit nicht entfallen.
81bb. Anforderungen bei Nichteingreifen der Gesetzlichkeitsfiktion
82Letztlich kann vorliegend jedoch dahinstehen, ob eine Gesetzlichkeitsfiktion anzunehmen ist. Denn selbst, wenn man davon nicht ausgehen wollte, so enthält die streitgegenständliche Widerrufsinformation sämtliche erforderlichen Angaben und entspricht den gesetzlichen Vorgaben.
83Die von der Klägerin erhobenen Einwände greifen nicht durch:
84(1) Unzulässige Kaskadenverweisung
85Die Klägerin stützt ihren Widerruf auf den in der Widerrufsinformation enthaltenen Kaskadenverweis und vertritt insoweit unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 26.03.2020 zu dem Aktenzeichen C-66/19 die Auffassung, dass die Widerrufsbelehrung im Rahmen des sog. „Kaskadenverweises“ bezüglich des Fristbeginns unklar sei und nicht alle für den Fristbeginn erforderlichen Informationen enthalte.
86Diese Sichtweise vermag die Kammer nicht zu teilen.
87Zwar ist der Klägerin insoweit zuzugeben, dass der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 26.03.2020 (C-66/19) entschieden hat, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23.04.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG dahin auszulegen sei, dass er dem entgegenstehe, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 dieser Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweise, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedsstaats verweise, was den in dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF enthaltenen Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB betreffe, der nicht „in klarer, prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts“ informieren würde.
88Mit zeitlich nachfolgendem Beschluss vom 31.03.2020 zu dem Aktenzeichen XI ZR 198/19 hat der Bundesgerichtshof zu dem vom Kläger in Bezug genommenen Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 26.03.2020 sowie auch der Frage der Wirksamkeit dieser sog. Kaskadenverweisung jedenfalls in Fällen, in denen die verwendete Widerrufsinformation – wie vorliegend – vollständig dem Muster der Anlage 7 entspricht, umfassend Stellung genommen und ausgeführt:
89„Der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. März 2020 (C-66/19, juris - "Kreissparkasse Saarlouis") nicht entgegen, in dem der Gerichtshof entschieden hat, Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46) sei dahin auszulegen, dass er dem entgegenstehe, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 dieser Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweise, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweise. Dies betrifft den in dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF enthaltenen Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, der auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs (aaO Rn. 48) nicht "in klarer, prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts" informieren würde. Der Senat müsste sich aber, um dem Geltung zu verschaffen, gegen die ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF stellen, wonach - wie hier - eine in dem Darlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthaltene und dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF entsprechende Widerrufsinformation den Anforderungen an eine klare und verständliche Information des Darlehensnehmers über das ihm nach § 495 BGB zukommende Widerrufsrecht genügt. Das verbietet dem Senat das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip. Die Beachtung des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist Ausdruck demokratischer Verfassungsstaatlichkeit. Dies trägt dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Rechnung. Das Gesetz bezieht seine Geltungskraft aus der demokratischen Legitimation des Gesetzgebers, dessen artikulierter Wille den Inhalt des Gesetzes daher mitbestimmt. Der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers darf nicht übergangen oder verfälscht werden. So verwirklicht sich die in Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 GG vorgegebene Bindung der Gerichte an das Gesetz, weil dies eine Bindung an die im Normtext zum Ausdruck gebrachte demokratische Entscheidung des Gesetzgebers ist (BVerfGE 149, 126 Rn. 75).
90Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. März 2020 (C- 66/19, juris - "Kreissparkasse Saarlouis") ändert daran nichts. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs darf die Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (EuGH, Urteil vom 16. Juni 2005 [Große Kammer] - C-105/03, "Pupino", Slg. 2005, I-5285 Rn. 47; Urteil vom 4. Juli 2006 [Große Kammer] - C-212/04, "Adeneler", Slg. 2006, I-6057 Rn. 110; Urteil vom 15. April 2008 [Große Kammer] - C-268/06, "Impact", Slg. 2008, I- 2483 Rn. 100, 103; Urteil vom 24. Januar 2012 [Große Kammer] - C-282/10, "Dominguez", NJW 2012, 509 Rn. 25; Urteil vom 22. Januar 2019 [Große Kammer]- C-193/17, "Cresco Investigation", NZA 2019, 297 Rn. 74; Urteil vom 8. Mai 2019 - C-486/18, "Praxair MRC", NZA 2019, 1131 Rn. 38; Urteil vom 11. September 2019 - C-143/18, "Romano", WM 2019, 1919 Rn. 38; BVerfG, WM 2012, 1179, 1181; Senatsurteil vom 15. Oktober 2019 - XI ZR 759/17, WM 2019, 2164 Rn. 22 mwN). Eine richtlinienkonforme Auslegung der in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF angeordneten Gesetzlichkeitsfiktion scheidet aus. Die Auslegung des nationalen Rechts darf nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. Richterliche Rechtsfortbildung berechtigt den Richter nicht dazu, seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen (BVerfG, WM 2012, 1179, 1181). Demgemäß kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur in Frage, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege findet ihre Grenzen an dem nach der innerstaatlichen Rechtstradition methodisch Erlaubten (BGH, Urteile vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 20, vom 28. Juni 2017 - IV ZR 440/14, BGHZ 215, 126 Rn. 24, vom 26. März 2019 - II ZR 244/17, WM 2019, 925 Rn. 21 und vom 15. Oktober 2019 - XI ZR 759/17, WM 2019, 2164 Rn. 24 mwN; BVerfG, aaO). Eine richtlinienkonforme Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF überschritte indes entgegen seinem eindeutigen Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und der Gesetzgebungsgeschichte die Befugnis der Gerichte. Die durch das Gesetz zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 (BGBl. I S. 977) in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB eingefügte Gesetzlichkeitsfiktion trug der Entschließung des Deutschen Bundestages im Rahmen der Beschlussfassung zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht (BT-Drucks. 16/13669, S. 5) Rechnung. Mit dieser Entschließung hatte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, zu Beginn der 17. Legislaturperiode einen Gesetzentwurf mit einem Muster für eine Information über das Widerrufsrecht bei Verbraucherkreditverträgen mit Gesetzlichkeitsfiktion in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Durch die gesetzliche Regelung im EGBGB und die Schaffung eines (fakultativen) Musters sollte Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei den Anwendern erzeugt und der Rechtsverkehr vereinfacht werden (vgl. BT-Drucks. 16/13669, S. 3 und BT-Drucks. 17/1394, S. 1, 21 f.). Dieses gesetzgeberische Ziel würde verfehlt, würde man der Verwendung des Musters die Gesetzlichkeitsfiktion absprechen, weil etwa der Verweis in der Widerrufsinformation auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach Art. 247 § 6 EGBGB nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 26. März 2020(C-66/19, juris - "Kreissparkasse Saarlouis") nicht richtlinienkonform ist.“
91Diesen Ausführungen ist vor dem Hintergrund, dass sich die Beklagte aus den vorstehenden Gründen, auf welche zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, vorliegend auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann, nichts hinzuzufügen.
92(2) vermeintlich unzureichende Angabe des Leasinggebers
93Soweit die Klägerin weiter der Auffassung ist (vgl. Bl. 272 d. A.), dass weder der Widerrufsinformation selbst, noch den Vertragsunterlagen hinreichend klar und deutlich zu entnehmen sein, wer als Leasinggeber letztlich Vertragspartner geworden sei, was aber zu den essentiellen Angaben einer wirksamen Widerrufsbelehrung gehöre und vorliegend zur Unwirksamkeit der Widerrufsinformation führe, verfängt auch diese Sichtweise nicht.
94Der Leasinggeber ist – wie bereits dargelegt – in den Vertragsunterlagen vielmehr eindeutig angegeben, nachdem es auf Seite 1 des Leasingvertrages wörtlich heißt
95„Der Leasingnehmer beantragt hierdurch bei der C S.A. Niederlassung Deutschland, Geschäftsbereich D1, T-Straße …, … O, im folgenden Leasinggeber oder Bank genannt […]“.
96Diese Bezeichnung entspricht – wie ebenfalls bereits dargelegt – ausweislich des seitens der Beklagten zur Akte gereichen Auszuges aus dem Handelsregister des Amtsgerichts P zu … zudem vollständig der Firma der als selbständige Zweigniederlassung im Handelsregister eingetragenen Rechtsvorgängerin der Beklagten.
97Allein der Umstand, dass die Firma „C S.A. Niederlassung Deutschland“ zum Zeitpunkt der Klageerhebung im August 2020 nicht mehr existent ist, nachdem sie zwischenzeitlich (unstreitig) auf die Beklagte übergegangen ist, lässt den Beginn der Widerrufsfrist unberührt, denn die Angaben im Leasingvertrag und der der Klägerin erteilten Widerrufsinformation zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 09.01.2016 waren vollständig und richtig, nachdem die zur Rechtsnachfolge der Beklagten führenden Veränderungen erst nach Ablauf der hier maßgeblichen Widerrufsfrist eingetreten sind.
983. Rechtsfolge
99Aufgrund der Unwirksamkeit des Widerrufs bedarf es keiner weiteren Feststellungen hinsichtlich der Höhe der einzelnen von der Klägerin behaupteten Ansprüche.
100II. Klageantrag zu 2.
101Mangels Wirksamkeit des seitens der Klägerin erklärten Widerrufes ist auch der auf Feststellung des Annahmeverzugs gerichtete Klageantrag zu Ziffer 2. unbegründet.
102C. Hilfsaufrechnung / Hilfswiderklage
103Über die seitens der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung sowie auch die von der Beklagten erhobene Hilfswiderklage war nicht zu entscheiden. Sie waren jeweils unter der innerprozessualen Bedingung angekündigt worden, dass die Klage zulässig und begründet ist. Diese Bedingung ist nicht eingetreten. Insoweit darf zur Vermeidung von Wiederholungen auf obige Ausführungen verwiesen werden.
104D. Nebenentscheidungen
105Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.