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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 07.08.2019 wird als unzulässig verworfen, soweit die Beklagte zur Zahlung von 20,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.01.2019 verurteilt worden ist. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin und Berufungsbeklagte begehrt von der Beklagten und Berufungsklägerin Zahlung von Zustellungskosten aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts U vom 07.01.2019 – Az. … (Bl. 8 ff. d.A.).
4Der Klägerin standen aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts X – Az. … – vom 23.03.2018 (Bl. 6 f. d.A.) gegenüber dem Schuldner T eine titulierte Hauptforderung in Höhe von 2.958,94 € sowie eine Zinsforderung in Höhe von 73,41 € und ein Anspruch auf Zahlung von Verfahrenskosten in Höhe von 375,50 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.958,94 € ab dem 28.02.2018 zu. Daraufhin erwirkte die Klägerin den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts U vom 07.01.2019 (Bl. 8 ff. d.A.). Dieser weist als Drittschuldner neben der Beklagten (Drittschuldnerin zu 1) die N GmbH (Drittschuldnerin zu 2) sowie die S S.A. Niederlassung Deutschland (Drittschuldnerin zu 3) aus. Nach Aufführung der Beträge, die der Gläubiger beanspruchen kann, heißt es in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Fettdruck:
5„Wegen dieser Ansprüche sowie wegen der Kosten für diesen Beschluss (vgl. Kostenrechnung) und wegen der Zustellungskosten für diesen Beschluss wird / werden die nachfolgend aufgeführte/-n angebliche/-n Forderung /-en des Schuldners gegenüber dem Drittschuldner - einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge - so lange gepfändet, bis der Gläubigeranspruch gedeckt ist.“
6Die Klägerin ließ den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss durch den Gerichtsvollzieher am 21.01.2019 an die Beklagte zustellen, wodurch ihr Zustellungskosten in Höhe von 20,75 € entstanden (Bl. 18 d.A.). Unter dem 22.01.2019 gab die Beklagte eine Drittschuldnererklärung ab (Bl. 25 f. d.A.). Zudem ließ die Klägerin den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 11.02.2019 an die N GmbH (Bl. 17 d.A.), am 15.02.2019 (Bl. 19 ff. d.A.) an den Schuldner sowie am 06.03.2019 an die S S.A. Niederlassung Deutschland (Bl. 22 d.A.) zustellen. Hierdurch entstanden der Klägerin weitere Zustellungskosten in Höhe von 32,36 € (Bl. 17 d.A.), 20,75 € (Bl. 29 d.A.) sowie 33,76 € (Bl. 28 d.A.).
7Bereits am 23.01.2019 zahlte die Beklagte an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.914,75 €, so dass – unstreitig – ein Betrag in Höhe von 20,49 € aus der Hauptforderung sowie die Kosten der Zustellungen an den Schuldner sowie an die weiteren Drittschuldnerinnen zu 2) und 3), insgesamt 107,36 €, offenblieben. Diesen Betrag verlangt die Klägerin nun von der Beklagten.
8Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass auch die Kosten der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Schuldner und die Drittschuldnerinnen zu 2) und 3) von diesem umfasst seien. Dies ergebe sich aus der Auslegung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, da es – insoweit unstreitig – nur diesen einen Beschluss gebe.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 107,36 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 20,49 € seit dem 24.01.2019 zu zahlen.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie hat die Auffassung vertreten, dass allein die Benennung weiterer Drittschuldner im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht ausreichend dafür sei, dass die Kosten der Zustellung an diese weiteren Drittschuldner von ihr, der Beklagten, zu zahlen seien. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfasse nach seinem Wortlaut nur die Kosten für „diesen Beschluss“. Weitere Zustellungskosten seien nicht bestimmt oder bestimmbar bezeichnet und nicht beziffert worden, so dass sie auch nicht von der Pfändung erfasst worden seien. Insoweit hat die Beklagte unbestritten vorgetragen, die Kostenrechnungen der Gerichtsvollzieher für die Zustellungen an die weiteren Drittschuldner seien ihr erst nach der von ihr geleisteten Zahlung bekannt geworden. Ferner hat die Beklagte die Ansicht vertreten, der Anspruch scheide auch aufgrund eines überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin aus, da es ihr zuzumuten gewesen sei, vor einer Zustellung an die weiteren Drittschuldner abzuwarten, ob der an sie, die Beklagte, ausgebrachte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfolgreich sein werde oder nicht.
14Das Amtsgericht Essen hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei bezüglich des Anspruchs des Schuldners auf Auszahlung des Guthabens nach §§ 675c ff. BGB einziehungsberechtigt gemäß §§ 836 Abs. 1, 835 ZPO, da der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht nichtig, sondern wirksam und der Beklagten wirksam zugestellt sowie hinreichend bestimmt sei. Aus der ursprünglichen Hauptforderung sei der Betrag in Höhe von 20,49 € unstreitig noch offen. Auch die Zustellungskosten stünden der Klägerin zu, da die Verstrickung und das Pfändungspfandrecht die gepfändete Forderung so ergriffen, wie sie im Zeitpunkt der Pfändung bestehe. Hiervon umfasst würden auch die Kosten der Zustellung an sämtliche Drittschuldner, was bereits aus dem Wortlaut des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses folge. Diese Kosten seien auch bestimmt und bestimmbar, da alle Drittschuldner im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss namentlich aufgeführt, dem Gerichtsvollzieher und der Beklagten daher nicht unbekannt seien. Auch aus § 788 ZPO folge, dass alle Kosten der Zwangsvollstreckung unter Einschluss der Kosten der Vollstreckungsmaßnahmen erfasst seien, mithin auch sämtliche Kosten der Zustellung. Der Klägerin falle auch kein Mitverschulden zur Last, soweit sie den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss an sämtliche Drittschuldner habe zustellen lassen, da die Beantragung von drei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen höhere Kosten verursacht hätte. Eine gleichzeitige Zustellung an die Drittschuldner sei sogar gemäß § 829 Abs. 2 S. 1 ZPO sowie vor dem Hintergrund der Rangsicherung bei einer möglichen weiteren Pfändung gemäß § 804 Abs. 3 ZPO geboten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 07.08.2019 Bezug genommen.
15Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie ist der Ansicht, bereits aus der Formulierung „wegen der Zustellungskosten für diesen Beschluss“ im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss folge, dass nur die Zustellungskosten aus der Kostenberechnung des zustellenden Gerichtsvollziehers auf der Zustellungsurkunde erfasst seien; denn anderenfalls müsse es heißen „wegen aller Zustellkosten für diesen Beschluss“. Da der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ihr, der Beklagten, zugestellt wurde, habe sie den Beschluss nur so verstehen können, dass nur die Kosten der Zustellung dieses Beschlusses und nicht weitere Zustellkosten zu tragen seien. Aus der Entscheidung des Amtsgerichts Tempelhof/Kreuzberg vom 11.11.1999 – 18 C 282/99 – ergebe sich, dass ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sich nur auf solche Kosten beziehe, die zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner bereits beziffert sind, da nur auf diese Weise der Drittschuldner den Umfang der Pfändung erkennen könne. Dagegen müsse nach der angegriffenen Entscheidung des Amtsgerichts Essen der Drittschuldner „rein vorsorglich“ auch die Kosten für die Zustellung an andere Drittschuldner zurückhalten, bis zu irgendeinem zukünftigen Zeitpunkt feststehe, ob diese Kosten überhaupt und gegebenenfalls in welcher Höhe angefallen seien. Dies würde für sie, die Beklagte, einen unvertretbar hohen organisatorischen Mehraufwand bedeuten, der ihr im Massengeschäft unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zugemutet werden könne. Zudem könne die Rückstellung für ungewisse, zukünftige Kosten auch zu einer Benachteiligung nachrangiger Gläubiger führen, wenn sich herausstelle, dass die Kosten nicht oder nicht in voller Höhe anfielen. Ferner dürfte es anderen Drittschuldnern als Banken überhaupt nicht möglich sein, Kosten für Zustellungen an andere Drittschuldner zu berechnen und für einen ungewissen Zeitraum zurückzuhalten, oder sie fielen bei fehlerhafter Berechnung mit der Kostenerstattung gegenüber dem Schuldner aus. Schließlich könne der erste Drittschuldner bei Anforderung der Kosten für weitere Zustellungen auch nicht feststellen, ob diese Kosten möglicherweise von den weiteren Drittschuldnern gezahlt wurden. Jedenfalls seien hier die durch die weiteren Zustellungen entstandenen Kosten nicht notwendig i.S.v. § 788 ZPO gewesen und bereits deshalb nicht von ihr, der Beklagten, zu tragen, weil die Klägerin unmittelbar nach Eingang der Zahlung am 23.01.2019 von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen in Form von Zustellungen an die weiteren Drittschuldner habe absehen müssen.
16Die Beklagte beantragt,
17unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Essen – 15 C 125/19 – die Klage abzuweisen.
18Die Klägerin beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Sie ist der Ansicht, die weiteren Zustellungskosten seien notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 ZPO, die auch vollumfänglich von der Pfändung umfasst seien. Dies ergebe sich auch klar und eindeutig aus der Formulierung im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss „Wegen dieser Ansprüche sowie wegen der Kosten für diesen Beschluss und wegen der Zustellungskosten für diesen Beschluss ...“. Der Umfang der Pfändung sei auch für den einzelnen Drittschuldner ohne Weiteres erkennbar, da sämtliche Drittschuldner im Beschluss aufgeführt seien. Die Pflicht des zahlungsfähigen Drittschuldners, auch die Zustellkosten der übrigen Drittschuldner zu zahlen, ergebe sich im Übrigen auch aus § 829 Abs. 1 S. 3 ZPO. Aufgrund dieser gesetzlichen Pflicht komme es auch nicht darauf an, ob die Beklagte organisatorisch zu entsprechenden Zahlungen in der Lage sei. Auch würden nachrangige Gläubiger durch die Pflicht des Drittschuldners zur Zahlung der weiteren Zustellkosten nicht benachteiligt; vielmehr widerspreche die Ansicht der Beklagten § 804 Abs. 3 ZPO. Schließlich ist die Klägerin der Ansicht, ihr habe es auch nicht oblegen, die Pfändung auf einmal abzubrechen und die Zustellung an die übrigen Drittschuldner zu stoppen. Hierzu trägt sie unbestritten vor, erst mit Schreiben vom 20.03.2019 (Bl. 133 d.A.) habe die Beklagte auf die Geltendmachung der weiteren Zustellkosten durch sie, die Klägerin, reagiert und eine weitere Zahlung verweigert. Sie sei bereits deshalb verpflichtet gewesen, die Pfändungen weiterzuführen, weil zu diesem Zeitpunkt noch 20,49 € aus der Hauptforderung offen gewesen seien.
21II.
221.
23Die Berufung war als unzulässig zu verwerfen, soweit die Beklagte zur Zahlung von 20,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.01.2019 verurteilt worden ist, vgl. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO. Denn die Beklagte hat das Urteil des Amtsgerichts in diesen Punkten mit der Berufungsbegründung nicht angegriffen. Bei – hier vorliegenden – mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss die Berufungsbegründung gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO sich jedoch grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich deren eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (BGH NJW 2015, 3040 Rn. 11; Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 520 Rn. 38).
242.
25Die im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Denn die Klage ist auch insoweit zulässig und begründet.
26Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer 86,87 €, da sie aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 07.01.2019 zur Einziehung auch dieses Betrages gemäß § 836 Abs. 1 ZPO berechtigt ist.
27a)
28Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung der Kosten der Zustellung an den Schuldner in Höhe von 20,75 € nach §§ 788 Abs. 1, 829, 835, 836 Abs. 1 ZPO zu.
29aa)
30Die Kosten der Zustellung an den Schuldner in Höhe von 20,75 € sind notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO.
31(1)
32Nach § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO fallen auch die Kosten der Zwangsvollstreckung, soweit sie notwendig waren (§ 91 ZPO), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. § 788 Abs. 1 ZPO wird vom Veranlasserprinzip beherrscht (BGH NJW 2006, 1598, 1599 Rn. 9). Die Vorschrift stellt dem Gläubiger ein vereinfachtes Verfahren zur Beitreibung der ihm entstandenen Vollstreckungskosten zur Verfügung; er soll nicht darauf angewiesen sein, eine erneute Klage wegen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs erheben zu müssen (BGH NJW 2006, 1598, 1599 Rn. 9). Vielmehr kann der Gläubiger die Kosten ohne besondere Festsetzung mit dem zu vollstreckenden Anspruch beitreiben lassen (Lackmann, in: Musielak/Voit, a.a.O., § 788 Rn. 19). Die Notwendigkeit von Vollstreckungshandlungen, die Kosten für den Schuldner auslösen, bestimmt sich nach dem Standpunkt des Gläubigers zum Zeitpunkt ihrer Vornahme (BGH NJW-RR 2003, 1581). Notwendig ist eine Maßnahme, die der Zwangsvollstreckung oder deren Vorbereitung dient, wenn der Gläubiger sie bei verständiger Würdigung der Sachlage zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte (BGH NJW-RR 2003, 1581; NJW 2012, 3789, 3790 Rn. 11). Zu den Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 788 Abs. 1 ZPO gehören alle Aufwendungen, die gemacht werden, um unmittelbar die Vollstreckung aus dem Titel vorzubereiten oder die einzelnen Vollstreckungsakte durchzuführen (BGH NJW 2014, 2508 Rn. 8). Entsprechend sind die Kosten einer Vollstreckungshandlung i.d.S. notwendig, wenn der Gläubiger ihre Entstehung zum Zeitpunkt der Vornahme der Maßnahme bei vernünftiger Würdigung der Sachlage objektiv für erforderlich halten durfte, um die Befriedigung seines titulierten Anspruchs durchzusetzen (BGH NJW 2006, 1598, 1599 Rn. 11; NJW 2014, 2508 Rn. 8). Danach werden von § 788 Abs. 1 ZPO Gerichtsvollzieherkosten als Durchführungskosten zur zwangsweisen Durchsetzung der vom Schuldner nach dem Inhalt des Titels geschuldeten Leistung erfasst (Lackmann, a.a.O., § 788 Rn. 4; Schmidt/Brinkmann, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auf. 2016, § 788 Rn. 10).
33(2)
34Nach diesen Grundsätzen sind auch die Zustellungskosten notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung, die nach § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO ohne ausdrückliche Titulierung vollstreckt werden können (LG Dresden, Beschluss vom 15.05.2009 – 2 T 310/09, Rn. 10, juris). Die Beklagte hat hier offenbar verkannt, dass es sich insoweit nicht um die Kosten der Zustellung an die weiteren Drittschuldner handelt. Denn die Notwendigkeit der Kosten für die Zustellung an den Schuldner ergibt sich bereits daraus, dass nach §§ 835 Abs. 3 S. 1 i.V.m. 829 Abs. 2 S. 2 ZPO der Gerichtsvollzieher den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dem Schuldner (sofort) zuzustellen hat. Dementsprechend bestimmt auch Vorbemerkung 1 (2) KV GvKostG, dass die Zustellungsgebühr nach Nummer 100 oder 101 KV GvKostG auch erhoben wird, wenn der Gerichtsvollzieher den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss an den Schuldner zustellt. Neben diesen Gebühren werden hier zusätzlich lediglich Auslagen nach den Nummern 700 ff. KV GvKostG geltend gemacht. Insoweit hat die Beklagte die Notwendigkeit der Kosten für die Zustellung an den Schuldner gemäß § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO auch weder dem Grunde noch der Höhe nach mit der Berufung angegriffen.
35bb)
36Die Klägerin ist auch berechtigt, diese Zustellungskosten von der Beklagten als Drittschuldnerin gemäß § 836 Abs. 1 ZPO einzuziehen, da der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 07.01.2019 auch diese Kosten für die Zustellung an den Schuldner wirksam gemäß §§ 829 Abs. 1, 835 ZPO gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen hat.
37Soweit der Gläubiger den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unter Einschluss der Kosten der Zwangsvollstreckung beantragt, sind diese Kosten im Beschluss mit aufzuführen (vgl. LG Dresden, a.a.O., Rn. 10; Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 829 Rn. 3). In diesem Fall sind die Zustellungskosten i.S.v. § 788 Abs. 1 ZPO von der Pfändung mit umfasst, wenn dies im Pfändungsausspruch zum Ausdruck kommt (so zutreffend AG Frankfurt, Urteil vom 20.02.2015 – 29 C 3680/14 (85), Rn. 3, juris). Dagegen bedarf es – entgegen der Auffassung der Beklagten – keiner weiteren konkretisierenden Angaben der Zustellungskosten, etwa einer genauen Bezifferung, da es sich insofern um unnötige Angaben handeln würde (in diese Richtung wohl auch LG Dresden, a.a.O., Rn. 11, wonach „unnötige Angaben in einem Beschluss nicht aufzuführen sind“). Denn der Anspruch auf Erstattung von Zwangsvollstreckungskosten kann bereits von Erteilung des einzelnen Vollstreckungsauftrags an gepfändet werden (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 829 Rn. 33.27), mithin bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem die konkreten Zustellungskosten noch nicht beziffert werden können. Insofern ist allgemein anerkannt, dass die Vollstreckungsforderung nach Hauptsache, Zinsen, Prozesskosten sowie einschließlich der Vollstreckungskosten lediglich bestimmbar bezeichnet sein muss (vgl. Becker, in: Musielak/Voit, a.a.O., § 829 Rn. 3; Zöller/Herget, a.a.O., § 829 Rn. 3, 7).
38Diesen Anforderungen wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 07.01.2019 gerecht, wenn dort im Anschluss an die Aufführung der Beträge, die der Gläubiger von dem Schuldner beanspruchen kann, ausgeführt ist: „Wegen dieser Ansprüche sowie wegen der Kosten für diesen Beschluss (vgl. Kostenrechnung) und wegen der Zustellungskosten für diesen Beschluss wird / werden die nachfolgend aufgeführte/-n angebliche/-n Forderung /-en des Schuldners gegenüber dem Drittschuldner - einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge - so lange gepfändet, bis der Gläubigeranspruch gedeckt ist.“ Mit dieser Formulierung ist unmissverständlich klargestellt, dass die Kosten der Zustellung an den Schuldner als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung mitgepfändet werden, da der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss – wie ausgeführt – zwingend dem Schuldner zuzustellen ist. Diese Kosten sind damit hinreichend bestimmbar bezeichnet.
39Die Beklagte wird dadurch, dass auch weitere Zustellungskosten, die nicht durch die Zustellung an sie verursacht worden sind, als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung von dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfasst werden, – entgegen ihrer Ansicht – nicht unbillig der Gefahr der Geltendmachung ungerechtfertigter oder überhöhter Vollstreckungskosten ausgesetzt. Denn sind die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO nicht bereits im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 f. ZPO tituliert worden, müssen diese stets belegt werden (vgl. OLG Köln MDR 1982, 94; Becker, a.a.O., § 829 Rn. 3). Dies ist hier durch Vorlage der Schreiben der Gerichtsvollzieher vom 20.02.2019 und 12.03.2019 (Bl. 28 f. d.A.) geschehen.
40b)
41Nach vorstehenden Grundsätzen erweisen sich ferner die Kosten der Zustellungen an die weiteren Drittschuldner, die S S.A. Niederlassung Deutschland und die N GmbH, in Höhe von 33,76 € bzw. in Höhe von 32,36 € als notwendig i.S.v. § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO, so dass die Klägerin sie ebenfalls gemäß § 836 Abs. 1 ZPO von der Beklagten als Drittschuldnerin einziehen kann.
42aa)
43Bei den Kosten der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die – neben der Beklagten – weiteren Drittschuldner, die N GmbH und die S S.A. Niederlassung Deutschland, handelt es sich ebenfalls um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.v. § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO.
44Dass die Kosten der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den gemäß § 836 Abs. 1 ZPO tatsächlich in Anspruch genommenen Drittschuldner, hier die Beklagte, als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO vollstreckt werden können, folgt bereits daraus, dass diese Zustellung gemäß § 829 Abs. 3 ZPO Voraussetzung für die Wirksamkeit der Pfändung ist (vgl. hierzu Zöller/Herget, a.a.O., § 829 Rn. 15). Nichts anderes kann aber für die Kosten der Zustellung an die weiteren Drittschuldner gelten. Denn dem Gläubiger ist es nicht verwehrt, durch mehrere Maßnahmen zeitgleich zu versuchen, seine Forderung beizutreiben, sofern er nicht auf Verdacht ohne Anhaltspunkte für entsprechende Geschäftsbeziehungen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse erwirkt (Schmidt/Brinkmann, a.a.O., § 788 Rn. 25; vgl. auch Zöller/Geimer, a.a.O., § 788 Rn. 9a). Dementsprechend werden auch die Kosten für Vollstreckungsmaßnahmen gegen mehrere Drittschuldner von § 788 Abs. 1 ZPO erfasst (vgl. Schmidt/Brinkmann, a.a.O., § 788 Rn. 30, Stichwort „Mehrere Schuldner“).
45Insofern war hier auch die Vorgehensweise der Klägerin, mit einem einheitlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gemäß § 829 Abs. 1 S. 3 ZPO die Forderungen des Schuldners gegen mehrere Drittschuldner pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen, vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht zu beanstanden. Vielmehr wären gerade die der Klägerin im Fall einer selbständigen getrennten Pfändung mehrerer Forderungen des Schuldners an verschiedene Drittschuldner entstandenen Mehrkosten nicht gemäß § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattungsfähig (vgl. hierzu Zöller/Geimer, a.a.O., § 788 Rn. 13.11; Zöller/Herget, a.a.O., § 829 Rn. 6a).
46Die Beklagte kann auch nicht erfolgreich einwenden, die Klägerin habe, nachdem die Zahlung bei ihr am 23.01.2019 eingegangen sei, von weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und damit auch von der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die weiteren Drittschuldner am 11.02.2019 bzw. am 06.03.2019 absehen müssen, so dass die hierdurch entstandenen Kosten nicht notwendig i.S.v. § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO gewesen seien. Der Klägerin oblag es nicht, von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen durch Zustellung an die weiteren Drittschuldner abzusehen, weil die Zahlung der Beklagten – insoweit unstreitig – die Hauptforderung der Klägerin gegen den Schuldner nicht vollständig erfüllt hat. Die Klägerin durfte deshalb die notwendigen weiteren Maßnahmen im Wege der Zwangsvollstreckung ergreifen, um die bestehende Restforderung bei den weiteren Drittschuldnern beizutreiben.
47bb)
48Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Kosten der Zustellung an die weiteren Drittschuldner auch von der Pfändung durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 07.01.2019 erfasst, da sie in diesem hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar bezeichnet sind. Dies folgt aus der bereits zitierten Beschreibung des Umfangs der Pfändung in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (vgl. oben II. 2. a) bb)). Damit die Kosten der Zustellung an die weiteren Drittschuldner erfasst wurden, bedurfte es nicht – wie die Beklagte meint – der Formulierung „wegen aller Zustellkosten für diesen Beschluss“. Vielmehr erfasst bereits die Formulierung „wegen der Zustellungskosten für diesen Beschluss“ sämtliche notwendigen Zustellungskosten, mithin auch diejenigen für Zustellungen an weitere Drittschuldner. Denn nach § 829 Abs. 1 S. 3 ZPO soll die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner auf Antrag des Gläubigers grundsätzlich gerade – wie hier – durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden. Mit der Zustellung an die verschiedenen Drittschuldner (vgl. hierzu Zöller/Herget, a.a.O., § 829 Rn. 15) wird somit nur „dieser“ einheitliche Beschluss zugestellt. Die Kosten für die Zustellung an sämtliche Drittschuldner sind mithin – entgegen einiger abweichenden amtsrichterlichen Entscheidungen (vgl. etwa AG Essen, Urteil vom 16.03.2018 – 23 C 5/18; Urteil vom 18.11.2016 – 23 C 208/16) – die „Zustellungskosten für diesen Beschluss“, ohne dass es des Zusatzes „aller“ bedürfte. Vollends klar wird die Erfassung der Kosten der Zustellung an die weiteren Drittschuldner von der Pfändung dadurch, dass sämtliche Drittschuldner, an die der einheitliche Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zuzustellen ist, namentlich und mit Anschrift im Anschluss an die genannte Textpassage aufgeführt werden.
49Nicht durchgreifend sind schließlich die Einwendungen der Beklagten, durch diese Sichtweise würde dem zuerst in Anspruch genommenen Drittschuldner auferlegt, etwaige Kosten für weitere Zustellungen in unbekannter Höhe bis zu einem unbestimmten Zeitpunkt zurückzuhalten, was weder organisatorisch in einem Massengeschäft noch in einer einfachen Organisationsstruktur zu bewerkstelligen sei. Denn nach § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO wird dem Drittschuldner verboten, an den Schuldner zu zahlen. Solange die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner gepfändet ist, darf letzterer ohnehin nicht an den Schuldner zahlen, muss also ohnehin den gesamten Forderungsbetrag „zurückhalten“. Da sich die Pfändung auch auf Nebenansprüche sowie Neben- und Vorzugsrechte sowie gegebenenfalls auf die Vollstreckungskosten erstreckt (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 829 Rn. 3, 20), mutet das Gesetz dem Drittschuldner zu, die Berechtigung dieser gegen ihn gemäß § 836 Abs. 1 ZPO geltend gemachten Ansprüche selbst zu prüfen. Dies ist ihm auch nicht unzumutbar, da nicht titulierte Kosten – wie ausgeführt (vgl. II. 2. a) bb)) – von dem Gläubiger durch Belege nachzuweisen sind.
503.
51Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
524.
53Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (Nr. 2). Denn zu der Frage, ob ein Drittschuldner auf Grund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses dem Gläubiger auch die Kosten der Zustellung dieses Beschlusses an weitere Drittschuldner zu erstatten hat, sind – soweit ersichtlich – bislang lediglich divergierende amtsrichterliche Entscheidungen ergangen. Obergerichtliche Rechtsprechung fehlt vollständig.