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Die Berufung des Beklagten gegen das am 3. Juli 1992 verkündete Urteil des Amtsgerichts Essen – 25 C 376/91 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von der Darstellung des Tatbestandes ist gem. § 543 ZPO abgesehen worden.
2Entscheidungsgründe:
3Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
4Der Beklagte ist gem. § 556 BGB zur Räumung der im Hause K-Straße … angemieteten Wohnung verpflichtet, da das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis wirksam infolge der mit Schreiben vom 06.04.1990 ausgesprochenen auf den Pflegebedarf der Klägerin gestützte Eigenbedarfskündigung, § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB, beendet worden ist.
5Der Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, gem. § 17 des Mietvertrages sei das Recht der Klägerin, das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen, ausgeschlossen. Es kann insoweit in vollem Umfang auf die Gründe der in dem Vorprozeß ergangenen zweitinstanzlichen Entscheidung – LG F … – verwiesen werden. Ferner hat sich das Mietverhältnis nicht mangels wirksamen Fortsetzungswiderspruches, § 568 BGB, verlängert. Es sei zunächst darauf hingewiesen, daß, wie vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt, die Auslegung des Kündigungsschreibens vom 06.04.1990 ergibt, daß das Mietverhältnis zum 31. Mai 1991 beendet werden sollte. Zwar enthält die Kündigungserklärung keinen den Anforderungen des § 568 BGB gerechtwerdenden Widerspruch. Dieser ist jedoch mit Schreiben der Klägerin vom 06.06.1991 fristgerecht ausgesprochen worden.
6Die Klägerin hat mit der Kündigungserklärung und während des laufenden Rechtsstreits durch Vorlage weiterer Atteste der sie behandelnden Ärzte hinreichend substantiiert dafür vorgetragen, daß sie aufgrund schwerwiegender Erkrankungen nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen und infolge dessen darauf angewiesen ist, daß eine Pflegeperson in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der von ihr bewohnten Wohnung untergebracht wird. Der geltend gemachte Bedarfsgrund ist demgemäß nachvollziehbar und vernünftig.
7Um der Klägerin die damit notwendige Pflege zuteil werden zu lassen, ist es geboten, daß der Sohn V die vom Beklagten derzeit innegehaltene Wohnung bezieht. Zwar bewohnt dieser in der an das Haus der Klägerin angrenzenden Doppelhaushälfte, K-Straße …, eine Wohnung und zwar dergestalt, daß seine Wohnung an diejenige der Klägerin angrenzt. Dennoch ist eine Veränderung der bestehenden Situation notwendig, da nur auf diese Weise die bestehende räumliche Trennung verringert und eine Betreuung der Klägerin unter erleichterten Bedingungen ermöglicht werden kann. Dem steht nicht entgegen, daß, wie sich nunmehr herausgestellt hat, es technisch nicht möglich ist, wie von der Klägerin ursprünglich beabsichtigt, beide Wohnungen durch eine zusätzliche Treppe miteinander zu verbinden. Denn es bedeutet einen erheblichen Unterschied, ob die Versorgung der pflegebedürftigen Klägerin aus demselben Haus oder aus dem Nachbarhaus erfolgen kann. Denn § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB ist im Hinblick auf Artikel 14 dahin auszulegen, daß die Entscheidung des Eigentümers über seinen Wohnbedarf grundsätzlich zu achten ist, insbesondere darf das Gericht seine eigene Planung nicht an die Stelle derjenigen des Eigentümers stellen, es sei denn der verfolgte Nutzungswunsch ist als mißbräuchlich zu bewerten (Bundesverfassungsgericht WuM 91, 145). Da hierfür aber vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, muß der verständliche Wunsch der pflegebedürftigen Klägerin, ihren Sohn in unmittelbarer räumlicher Nähe und zwar in ihrem eigenen Haus zu wissen, respektiert werden.
8Zu den Voraussetzungen des § 556 a BGB hat der Beklagte nichts erhebliches vorgetragen.
9Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.