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1.
Die am 30.09.2003 vor dem Standesamt Essen unter der Eheregisternummer ****** geschlossene Ehe der Beteiligten wird geschieden.
Der Versorgungsausgleich findet nicht statt.
2.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe:
2Ehescheidung
3Die Ehegatten, die beide die türkische Staatsangehörigkeit haben, heirateten am 30.09.2003 unter der Eheregisternummer ****** vor dem Standesamt in Essen. Aus ihrer Ehe sind fünf noch minderjährige Kinder hervorgegangen, die seit September 2019 beziehungsweise Ende November 2019 im Haushalt des Antragsgegners, derzeit vermutlich in der Türkei, leben.
4Die Ehegatten leben seit September 2019 voneinander getrennt.
5Die Antragstellerin begehrt die Scheidung der Ehe vor Ablauf des "Trennungsjahres" mit der Begründung, die Fortsetzung der Ehe stelle für sie aus Gründen, die in der Person des Antragsgegners liegen, eine unzumutbare Härte dar. Hierzu trägt sie vor, der Antragsgegner habe die Antragstellerin wiederholt körperlich misshandelt, mit dem Leben bedroht, stelle ihr aus der Türkei heraus weiterhin nach, habe die gemeinsamen Kinder gegen den Willen der Antragstellerin in die Türkei entführt und unterbinde eine zuverlässige Kontaktaufnahme zwischen der Antragstellerin und den gemeinsamen Kindern.
6Die Antragstellerin beantragt, die am 30.09.2003 geschlossene Ehe zu scheiden.
7Der Antragsgegner stellt keinen Antrag.
8Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvortrages wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2020 Bezug genommen.
9Der Scheidungsantrag ist zulässig und begründet.
10Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Essen folgen aus Art. 3 Abs. 1 a zweite Variante Brüssel IIa-VO, § 122 Nr. 3 FamFG. Die Beteiligten hatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in Essen, wo die Antragstellerin auch weiterhin lebt.
11Die Scheidung der Ehe richtet sich nach deutschem Recht, Art. 8 b) Rom III-VO. Die Beteiligten hatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland; dieser endete vor nicht mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts im Januar dieses Jahres und die Antragstellerin hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei Anrufung des Gerichts weiterhin in der Bundesrepublik Deutschland. Die Beteiligten haben auch keine abweichende Rechtswahl getroffen, Art. 5 Rom III-VO.
12Die Ehe der Ehegatten ist zu scheiden, weil sie gescheitert ist (§§ 1564, 1565 Abs. 2 BGB). Nach der persönlichen Anhörung der Antragstellerin steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beteiligten die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wieder herstellen werden, weil die Antragstellerin diese ablehnt. Die Ehe der Beteiligten ist nach dem glaubhaften Vorbringen der Antragstellerin, dem der Antragsgegner nicht entgegengetreten ist, endgültig gescheitert und zerrüttet.
13Das Gericht ist der Überzeugung, dass es der Antragstellerin nicht zugemutet werden kann, die Ehe mit dem Antragsgegner bis zum Ablauf des Trennungsjahres fortzusetzen. Die Antragstellerin hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung detailliert und in sich schlüssig vorgetragen, dass der Antragsgegner sie nach seiner Haftentlassung im Mai 2019 täglich körperlich misshandelt und gedemütigt hat. Nachdem die Antragstellerin sich vom Antragsgegner getrennt hatte, hat der Antragsgegner die gemeinsamen Kinder der Beteiligten gegen den Willen der Antragstellerin in die Türkei verbracht und verwehrt der Antragstellerin den ihr zustehenden regelmäßigen Kontakt mit den fünf gemeinsamen Kindern. Vor wie nach der Trennung der Beteiligten hat der Antragsgegner die Antragstellerin mit dem Leben bedroht. Dabei kann es dahinstehen, dass seit November 2019 ein persönlicher Kontakt der Beteiligten nicht mehr zustandegekommen ist. Denn der Antragsgegner bedroht die Antragstellerin auch anlässlich der seltenen Telefonate, zuletzt noch vor drei Wochen.
14Aus den dargestellten Gründen, die sämtlich in der Person des Antragsgegners liegen, würde die Fortsetzung der Ehe für die durch die Nachstellungen, Gewalterfahrungen und Bedrohungen des Antragsgegners deutlich belastete Antragstellerin eine unzumutbare Härte darstellen, so dass die Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres zu scheiden war.
15Versorgungsausgleich:
16Der Versorgungsausgleich findet nicht statt. Da die Beteiligten beide die türkische Staatsangehörigkeit haben und das türkische Recht - soweit ersichtlich - keinen Versorgungsausgleich kennt, findet ein Versorgungsausgleich nur auf Antrag statt, Art. 17 Abs. 3 EGBGB. Einen solchen Antrag hat jedoch keiner der Beteiligten gestellt.
17Kostenentscheidung
18Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 FamFG.
19Der Verfahrenswert für die Ehesache wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt. Für den Versorgungsausgleich war die Festsetzung eines Verfahrenswertes nicht veranlasst, weil ein Verfahren zum Versorgungsausgleich mangels entsprechender Antragstellung nicht anhängig war (OLG Celle, Beschluss vom 20. September 2012 – 10 WF 235/12 –, juris).
20Rechtsbehelfsbelehrung:
21Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Die Beschwerde kann sowohl gegen den Beschluss insgesamt, als auch gegen den Scheidungsausspruch oder jede Entscheidung in einzelnen Folgesachen eingelegt werden. Wird jedoch eine Folgesache vermögensrechtlicher Art isoliert angefochten, ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt; dieser Wert gilt nicht für die Entscheidung zum Versorgungsausgleich.
22Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen schriftlich in deutscher Sprache durch einen Rechtsanwalt einzulegen.
23Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Essen eingegangen sein. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
24Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen.
25Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen. Die Frist hierfür beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Innerhalb dieser Frist müssen der Sachantrag sowie die Begründung unmittelbar bei dem Beschwerdegericht - Oberlandesgericht Hamm, Heßlerstr. 53, 59065 Hamm - eingegangen sein.