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Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des
Nachlasses des am 18.06.2021 verstorbenen Erblassers Q. W. C. durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen, bei dessen Aufnahme die Klägerin bzw. eine von ihr bevollmächtigte Person hinzuzuziehen ist, und aus dem sich insbesondere Folgendes ergibt:
• alle beim Erbfall vorhandenen Aktiva, also alle beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenstände sowie Forderungen, national und international, einschließlich eines etwaigen digitalen Nachlasses;
• alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten, also
Erblasserschulden und Erbfallschulden;
• ob und ggf. wem der Erblasser Vollmacht erteilt hat über sein Vermögen, insbesondere über seine Bankkonten zu verfügen, und ob in diesem Zusammenhang Forderungen des Nachlasses gegen Bevollmächtigte bestehen;
• alle lebzeitigen Zuwendungen des Erblassers, die in den
Anwendungsbereich des § 2325 BGB fallen könnten, also insbesondere Schenkungen, gemischte Schenkungen sowie Zuwendungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge (zumindest aus den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall, ggf. auch unter Nießbrauch- und Wohnrechtsvorbehalt, tatsächlicher Nutzung und Widerrufs-/Rücktrittsrechten sowie bei
Schenkungen an den anderen Ehegatten auch unabhängig von einer Frist);
• sämtliche Konten, die der Erblasser allein oder zusammen mit einem
Dritten innehatte;
• sämtliche Wertpapierdepots, die der Erblasser zum Zeitpunkt des Ablebens besaß;
• sämtliche Bankschließfächer, die der Erblasser allein oder mit einem Dritten bis zu seinem Tode geführt hat;
• alle Verträge zugunsten Dritter, die der Erblasser abgeschlossen hatte;
• Darlehensverträge und Bürgschaften, die der Erblasser geschlossen bzw. gegeben hat;
• sämtliche Konten, auf die der Erblasser mittels einer Vollmacht zugriffsberechtigt war;
• sämtliche Kredit-, Bank-, Spar-, Maestro-, Geld-, electronic cash- oder sonstige Karten, mit denen über Konten des Erblassers verfügt werden konnte;
• alle Lebensversicherungen und sonstigen Verträge zugunsten Dritter des
Erblassers einschließlich der gezahlten Prämien und der
Zuwendungsempfänger;
• schließlich Auskunft zu erteilen durch Übersendung einer Kopie der Anzeigen gemäß § 33 ErbStG derjenigen Banken bzw. Sparkassen, bei denen der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens Konten unterhielt.
Die Beklagte wird verurteilt, den Wert des Pkw D. mit dem amtlichen
Kennzeichen K01, Fahrgestell-Nr. F01, durch ein Sachverständigengutachten zum Todestag, dem 18.06.2021, ermitteln zu lassen und das Ergebnis der Klägerin vorzulegen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 5.000 Euro vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage Auskunfts- sowie
3Pflichtteilsansprüche gegen die Beklagte geltend.
4Die Klägerin ist eine der beiden erstehelichen Töchter des am 18.06.2021 verstorbenen Q. W. C. (im Folgenden: Erblasser). Die Beklagte ist dessen zweite Ehefrau.
5Mit notariellem Testament vom 05.02.1996 (UR-Nr. Nr.01 des Notars Y., X.) setzten sich der Erblasser und die Beklagte wechselseitig zu alleinigen Erben ein. Der Klägerin und ihrer Schwester vermachte der Kläger die in seinem Alleineigentum stehende Immobilie auf der Z.-straße in X. unter Anrechnung auf ihre Erb- und Pflichtteilsansprüche, wobei die Beklagte hieran ein Nießbrauchsrecht für die Zeit von fünf Jahren, ab seinem Todestag gerechnet, erhalten sollte. Im letzten Absatz der Kapitel VI dieses notariellen Testaments hieß es:
6„Von den beim Tode des Herrn Q. C. fällig werdenden
7Versicherungsbeträgen sollen die auf der Grundbesitzung Z.-straße in X. eingetragenen Belastungen in Abt. Ill getilgt werden, ausgenommen davon sind die Darlehn der Wohnungsbauförderungsanstalt des G. in B. und der Stadt X.“.
8Das notarielle Testament sah weiter vor, dass die beiden erstehelichen Töchter des Erblassers, mithin die Klägerin und deren Schwester, wie auch die beiden erstehelichen Kinder der Beklagten die/den Letztversterbenden der aus dem Erblasser und der Beklagten bestehenden Ehe zu gleichen Teilen beerben sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das notarielle Testament vom 05.02.1996 (UR-Nr. Nr.01 des Notars Y., X., Anlage K1, Bl. 16 ff.) Bezug genommen.
9Da die Beklagte ein in ihrem Eigentum stehendes Objekt zwischenzeitlich veräußert und der Erblasser Umfinanzierungsmaßnahmen in Bezug auf seine Immobilie auf der Z.-straße in X. durchgeführt hatte, änderten der Erblasser und die Beklagte ihr notarielles Testament handschriftlich am 11.10.2004. In Bezug auf Kapitel VI des notariellen Testaments vom 05.02.1996 hieß es dort:
10„werden die Worte „ausgenommen davon sind die Darlehen der
11Wohnungsbauförderungsanstalt des G. in B. und der Stadt X." gestrichen. "
12Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Testamentsänderung vom 11.10.2004 (Anlage K2, Bl. 21 ff.) Bezug genommen.
13Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.10.2022, das der Beklagten am 03.11.2022 zugestellt wurde, schlug die Klägerin das ihr durch den Erblasser zugewandte Vermächtnis in Bezug auf die Immobilie auf der Z.-straße in X. aus und machte gegenüber der Beklagten Pflichtteils- und
14Pflichtteilsergänzungsansprüche am Nachlass des Erblassers geltend. Außerdem forderte sie die Beklagte unter Fristsetzung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses auf und machte Wertermittlungsansprüche in Bezug auf die vorgenannte Immobilie in X. und einen Pkw T. D. mit dem amtlichen K01 (Fahrgestell-Nr. F01) geltend, der seit dem Jahr 2016 (Kaufpreis rund 34.000 €) im Eigentum des Erblassers gestanden hatte. Das Fahrzeug war im August 2021 für 12.000 Euro an eine
15Familienangehörige veräußert worden. Letztlich machte sie – jedenfalls in einem weiteren an den früheren Parteivertreter der Beklagten gerichteten anwaltlichen Schreiben vom 19.12.2022– im Hinblick auf das von ihr geforderte notarielle
16Nachlassverzeichnis von ihrem Zuziehungsrecht aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB Gebrauch.
17Mit Schreiben vom 03.02.2023 erklärte der derzeitige Parteivertreter der Beklagten, der geltend Anspruch auf Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses werde ebenso wie der geltend gemachte Wertermittlungsanspruch in Bezug auf die vorgenannte Immobilie in X. anerkannt. Außerdem teilte er mit, „soweit Sie auf einen Hinzuziehungsanspruch Ihrer Mandantin in Ihren bisherigen Schreiben hingewiesen haben, ist auch dieser dem Grunde nach unstreitig“. Da der ursprünglich mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses beauftragte Notar bei der Bearbeitung der Sache einen Interessenkonflikt feststellte, wurde das auf den 02.06.2023 datierende Nachlassverzeichnis letztlich von einem weiteren seitens der
18Beklagten beauftragten Notar erstellt (Anlage K21, Bl. 56 ff.). Der derzeitige Parteivertreter der Beklagten hatte mit Schreiben vom 27.02.2023 (Anlage K16, Bl. 48) angekündigt, der Notar werde sich bei dem Parteivertreter der Klägerin zwecks Terminabstimmung melden, damit „dem Wunsch des Zugegenseins“ entsprochen werden könne. Bei den Terminen zur Aufstellung des notariellen
19Nachlassverzeichnisses waren weder die Klägerin noch ihr Parteivertreter anwesend. Der mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses letztlich beauftragte Notar wies in einem Schreiben vom 07.09.2023 darauf hin, dass der Parteivertreter der Klägerin ihm gegenüber keine Hinzuziehung bei der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses verlangt habe. Dieser habe ihn mit einem Schreiben vom 12.04.2023 lediglich eine Frist zur Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses gesetzt (wegen der Einzelheiten wird auf das vorgenannte Schreiben Bezug genommen, Anlage B3, Bl.
20207 f.).
21In der Folge gingen der Klägerin ein notarielles Nachlassverzeichnis vom 02.06.2023 nebst Berichtigungsvermerk vom 26.06.2023 zu, dem ein Verkehrswertgutachten zu der vorgenannten Immobilie des Erblassers in X. anlag. Ein Gutachten zur Ermittlung des Verkehrswerts des vorgenannten Pkw T. D. des Erblassers zum Todeszeitpunkt wurde der Klägerin nicht vorgelegt.
22Die Klägerin ist der Ansicht, das vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis sei schon deswegen nicht geeignet, ihren Auskunftsanspruch zu erfüllen, weil das von ihr geltend gemachte Hinzuziehungsrecht nicht beachtet worden sei. Darüber hinaus sei das notarielle Nachlassverzeichnis auch inhaltlich ungenügend, weil es sich inhaltlich nicht um die geschuldete eigene Bestandsaufnahme des Notars handele. Insbesondere habe der von der Beklagten beauftragte Notar die Vermögensverhältnisse des Erblassers nicht ordnungsgemäß in eigener Person aufgeklärt. Er sei den sich aus den beiden Verfügungen von Todes wegen ergebenden Hinweisen auf Lebensversicherungen des Erblassers und dem Schicksal eines Wertpapierdepots, von dem der Erblasser der Klägerin häufig berichtet habe, nicht ausreichend nachgegangen. Es sei auch unklar, was der Notar damit gemeint habe, sich Kontoauszüge der letzten zehn Jahre „angeschaut“ zu haben. Hinsichtlich des T. PKW D. bestünden berechtigte Zweifel daran, dass dieser zum Zeitpunkt seiner Weiterveräußerung an eine Familienangehörige lediglich noch einen Wert von 12.000 Euro gehabt habe.
23Die Klägerin beantragt daher im Wege der Stufenklage auf der Auskunftsstufe zunächst,
241.
25Ihr Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 18.06.2021 verstorbenen
26Erblassers Q. W. C. durch Vorlage eines notariellen
27Nachlassverzeichnisses zu erteilen, bei dessen Aufnahme die Klägerin bzw. eine von ihr bevollmächtigte Person hinzuzuziehen ist und aus dem sich insbesondere Folgendes ergibt:
28• alle beim Erbfall vorhandenen Aktiva, also alle beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenstände sowie Forderungen, national und international, einschließlich eines etwaigen digitalen Nachlasses;
29• alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten, also
30Erblasserschulden und Erbfallschulden;
31• ob und ggf. wem der Erblasser Vollmacht erteilt hat über sein Vermögen, insbesondere über seine Bankkonten zu verfügen, und ob in diesem Zusammenhang Forderungen des Nachlasses gegen Bevollmächtigte bestehen;
32• alle lebzeitigen Zuwendungen des Erblassers, die in den Anwendungsbereich des § 2325 BGB fallen könnten, also insbesondere Schenkungen, gemischte Schenkungen sowie Zuwendungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge (zumindest aus den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall, ggf. auch unter Nießbrauch- und Wohnrechtsvorbehalt, tatsächlicher Nutzung und Widerrufs-/Rücktrittsrechten sowie bei Schenkungen an den anderen
33Ehegatten auch unabhängig von einer Frist);
34• sämtliche Konten, die der Erblasser allein oder zusammen mit einem Dritten innehatte;
35• sämtliche Wertpapierdepots, die der Erblasser zum Zeitpunkt des Ablebens besaß;
36• sämtliche Bankschließfächer, die der Erblasser allein oder mit einem Dritten bis zu seinem Tode geführt hat;
37• alle Verträge zugunsten Dritter, die der Erblasser abgeschlossen hatte;
38• Darlehensverträge und Bürgschaften, die der Erblasser geschlossen bzw. gegeben hat;
39• sämtliche Konten, auf die der Erblasser mittels einer Vollmacht zugriffsberechtigt war;
40• sämtliche Kredit-, Bank-, Spar-, Maestro-, Geld-, electronic cash- oder sonstige Karten, mit denen über Konten des Erblassers verfügt werden konnte;
41• alle Lebensversicherungen und sonstigen Verträge zugunsten Dritter des
42Erblassers einschließlich der gezahlten Prämien und der
43Zuwendungsempfänger;
44• schließlich Auskunft zu erteilen durch Übersendung einer Kopie der Anzeigen gemäß § 33 ErbStG derjenigen Banken bzw. Sparkassen, bei denen der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens Konten unterhielt
45sowie
462.
47Den Wert des Pkw D. mit dem amtlichen Kennzeichen K01 Fahrgestell-Nr. F01 durch ein Sachverständigengutachten zum Todestag, dem
4818.06.2021, ermitteln zu lassen und ihr das Ergebnis vorzulegen.
49Die Beklagte beantragt,
50die Klage abzuweisen.
51Sie ist der Ansicht, dass die Klägerin durch das Schreiben ihres Parteivertreters vom 12.04.2023 zumindest konkludent auf ihr Anwesenheits- bzw. Zuziehungsrecht bei der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses verzichtet habe und dass der beauftragte Notar dieses ordnungsgemäß erstellt habe. Sie behauptet, der Wert des Pkw T. D. habe dem bei seiner Weiterveräußerung erzielten Erlös entsprochen.
52Entscheidungsgründe:
53I.
54Die Klage ist zulässig und begründet.
551.
56Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Auskunftserteilung durch
57Erstellung eines notariellen Verzeichnisses in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aus § 2314 BGB. Darüber hinaus kann sie auf der Grundlage der vorgenannten Norm verlangen, dass bei der Aufnahme anwesend zu sein. Dieses Anwesenheitsrecht umfasst auch die Befugnis, einen Vertreter hinzuziehen und diesen das Anwesenheitsrecht ausüben zu lassen.
58Da das von der Klägerin unstreitig geltend gemachte Anwesenheits- bzw. Hinzuziehungsrecht aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB bei der Aufstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 02.06.2023 (nebst Berichtigungsvermerk vom 26.06.2023) nicht berücksichtigt worden ist, hat die Beklagte den Auskunftsanspruch der Klägerin nicht erfüllt (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschl. v. 16.03.2020, I-5 W 19/20, OLG Köln, Beschl. v. 25.02.2021, I-24 W 50/20, MüKoBGB/Lange, 9. Aufl. 2022, BGB, § 2314 Rn. 61). Die Klägerin hat deswegen einen Anspruch auf Wiederholung der Aufnahme des notariellen Nachlassverzeichnisses unter Wahrung ihres Rechts aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB.
59Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent auf ihr Recht aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB verzichtet. Ein konkludenter Verzicht auf das vorgenannte Recht folgt insbesondere nicht aus dem Schreiben des Parteivertreters der Klägerin vom 12.04.2023 an den mit der Aufstellung des Nachlassverzeichnisses zuletzt beauftragten Notar. Der Parteivertreter der Klägerin hat dem Notar mit dem vorgenannten Schreiben zwar lediglich eine Frist zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses gesetzt und das vorgenannte Recht der Klägerin nicht (erneut) geltend gemacht. Hieraus lässt sich aber kein Verzicht auf das Recht aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB herleiten. Aus § 2314 BGB ergibt sich, dass das Anwesenheits- und Zuziehungsrecht – wie erfolgt – gegenüber dem auskunftspflichtigen Erben geltend zu machen ist. Eine Wiederholung dieser Handlung gegenüber dem mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses beauftragten Notar lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Schon allein daraus ergibt sich, dass an die Annahme eines Verzichts durch Erklärungen gegenüber dem mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses beauftragten Notars hohe Anforderungen zu stellen sind. Zudem ist allgemein anerkannt, dass die Annahme des Verzichts auf ein Recht stets besonderer Prüfung bedarf. Das folgt beim Auskunftsanspruch aus § 2314 BGB schon daraus, das dieser für den
60Pflichtteilsberechtigten eine große wirtschaftliche Bedeutung hat. Schließlich besteht das Recht aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB unabhängig von bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses zu befürchtenden Unregelmäßigkeiten. Die Klägerin hatte ihr
61Recht aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB unstreitig schon mehrere Monate im Vorfeld der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Das Schreiben des Parteivertreters der Klägerin vom 12.04.2023 war ersichtlich lediglich auf ein baldiges Tätigwerden des beauftragten Notars gerichtet.
62Ein konkludenter Rechtsverzicht lässt sich diesem Schreiben angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des Auskunftsrechts für die Klägerin bei verständiger Würdigung gerade nicht entnehmen. Insbesondere stand das vorgenannte Schreiben ihres Parteivertreters nicht in einem Zusammenhang mit weiteren äußeren Umständen, die auf einen Rechtsverzicht berechtigterweise hätten schließen lassen. Die Klägerin hatte ihr Anwesenheits- bzw. Zuziehungsrecht ordnungsgemäß gegenüber der Beklagten geltend gemacht und durfte daher davon ausgehen, alles insoweit zur Rechtsausübung erforderliche getan zu haben.
63Da das des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 02.06.2023 nebst Berichtigungsvermerk vom 26.06.2023 schon aus diesem formalen Grund nicht geeignet ist, den Auskunftsanspruch der Klägerin zu erfüllen und infolgedessen eine Neuvornahme erforderlich ist, kann dahinstehen, ob es den Anforderungen des § 2314 BGB inhaltlich genügt.
64Es ist anerkannt, dass ein weit gefasster Klageantrag bzw. Urteilstenor zulässig ist, wenn die Klägerin – wie hier – nicht in der Lage ist, den Gegenstand der beanspruchten Auskunft näher zu bezeichnen (vgl. Lange, in: MüKo, BGB, 9. Auflage 2022, § 2314 Rdn. 13).
652.
66Die Klägerin hat darüber hinaus einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ermittlung des auf den Todestag des Erblassers bezogenen Werts des Pkw D. mit dem amtlichen Kennzeichen K01, Fahrgestell-Nr. F01, durch ein von der Beklagten vorzulegendes Sachverständigengutachten aus § 2314 BGB.
67Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der vorgenannte PKW zum Nachlass des Erblassers gehört hat. Dem vorgenannten Anspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass der vorgenannte PKW inzwischen veräußert worden ist. Andernfalls würde der Klägerin der Nachweis verwehrt oder zumindest erschwert, dass der erzielte Veräußerungserlös dem tatsächlichen Verkehrswert des PKWs nicht entsprochen hat. (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 29.09.2021, IV ZR 328/20). Es bestehen auch Anhaltspunkte dafür, dass sich aus dem seinerzeit erzielten Kaufpreis kein ausreichendes Bild über den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Erbfalls ergibt (vgl. hierzu Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 2314 Rn. 14; Horn, in Scherer Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 6. Auflage 2024, § 29 Pflichtteilsrecht Rn. 392). Diese Anhaltspunkte ergeben sich aus der Veräußerung an eine Familienangehörige und die relativ große Diskrepanz zwischen An- und Verkaufspreis unter Berücksichtigung der verhältnismäßig geringen Laufleistung des Fahrzeugs.
68II.
69Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO. Das Gericht hat die Sicherheit so bemessen, dass die Beklagte vor dem Schaden aus einer etwaigen ungerechtfertigten Vollstreckung (§ 717 Abs. 2 ZPO) geschützt wird. Bei einer Verurteilung zur Auskunftserteilung ist die Höhe der Sicherheit grundsätzlich nach dem voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten der Auskunftserteilung zu schätzen (vgl. OLG Koblenz, Teilurteil vom 10.04.2008, 6 U
70111/08, unter Bezugnahme auf BGH, Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94 -, NJW 1995, 665).
71N. J.