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Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 10.084,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.05.2018 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
2Die Beklagte beauftragte den Kläger, einen selbständigen Steuerberater, mit verschiedenen Steuerberaterleistungen.
3Die Beklagte ist seit dem 18.03.2011 im Handelsregister eingetragen.
4Die Beklagte beauftragte den Kläger mit der Erstellung von betriebswirtschaftlichen Auswertungen, Jahresabschlüssen und Steuererklärungen.
5Der Kläger erstellte für die Beklagte sodann unter anderem die Jahresabschlüsse für das Jahr 2014 und für das Jahr 2015.
6Die von der Beklagten im Folgenden beauftragte Steuerberaterin Z. korrigierte den Jahresabschluss 2014 in mehreren Positionen, so dass dieser einen erhöhten Gewinn in Höhe von 412.254,88 Euro auswies (Anlage B 4). Hierfür berechnete sie der Beklagten 5.035,60 Euro brutto (4.231,60 Euro netto) mit Rechnung vom 21.01.2016 (Anlage B 2, Bl. 77 f. GA).
7Das Finanzamt S. teilte im Betriebsprüfungsbericht vom 31.07.2017 mit, dass in dem von dem Kläger erstellten Jahresabschluss 2015 Aufwendungen „K. R.“ über 50.000,00 Euro in den beiden Konten 01 und 02 und damit doppelt erfasst seien (Bl. 199 GA).
8Der Kläger legte für die Beklagte am 14.10.2013 Einspruch gegen die Gewerbesteuerfestsetzung des Jahres 2011 ein.
9Das Finanzamt M. erklärte mit Schreiben vom 24.11.2014, dass im Jahr 2011 bei der Beklagten noch kein Gewerbebetrieb vorgelegen habe (Anlage B 12, Bl. 145 f GA).
10Daraufhin nahm der Kläger den Einspruch am 21.01.2015 zurück (Anlage B 13, Bl. 147 GA).
11Der Kläger stellte der Beklagten eine Rechnung vom 13.04.2017 über 1.051,66 Euro brutto, der eine Aufstellung über verschiedene Aufträge per Mail, ein Telefonat und einen Termin zwischen dem 07.01.2014 und dem 18.08.2015 sowie entsprechende Steuerberaterleistungen nebst Zeitabrechnung über insgesamt 11,25 Stunden zu 75,00 Euro pro Stunde beilag (Bl. 6 f. GA).
12Er mahnte die Bezahlung mit Schreiben vom 17.05.2017 und 08.06.2017 sowie mit anwaltlichem Schreiben vom 05.07.2017 unter Fristsetzung bis zum 21.07.2017 an.
13Der Kläger behauptet,
14er sei in den Jahren 2014 und 2015 von der Beklagten aufgrund verschiedener E-Mails (Anlagen K 7 bis 15) mit Beratungsleistungen im Sinne von § 21 Abs. 1 StBVV beauftragt worden. Er habe sodann Rat bzw. Auskunft über 11,25 Stunden erteilt und im Juli und August 2015 Lohnkonten eines Arbeitnehmers über zwei Monate geführt (Anlage K 16). Er ist der Ansicht, er habe daher Anspruch auf eine Zeitgebühr nach § 13 S. 1 Nr. 2 und S. 2 StBVV in Höhe seiner Rechnung.
15Die Rücknahme des Einspruchs am 21.01.2015 sei in Absprache mit dem Geschäftsführer der Beklagten erfolgt.
16Der Kläger beantragt,
17die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.051,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB seit dem 06.05.2017 sowie als Nebenforderung außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 94,375 Euro zu zahlen.
18Die Beklagte beantragt
19die Klage abzuweisen;
20Die Beklagte erklärt hilfsweise die Aufrechnung gegen die Klageforderung in Höhe von 1.051,66 Euro. Weiter beantragt sie mit Schriftsatz vom 11.05.2018, dem Kläger zugestellt am 23.05.2018,
211. hilfswiderklagend den Kläger zu verurteilen, an sie 1.051,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
222. (unbedingt) widerklagend den Kläger zu verurteilen, an sie 9.417,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
23Der Kläger beantragt,
24die Widerklage abzuweisen.
25Die Beklagte ist der Ansicht,
26mit ihren E-Mails – Anlagen K 7 bis 15 – seien nicht Beratungsleistungen beauftragt worden. Vielmehr seien die Leistungen des Klägers weitgehend bereits mit der sonstigen Vergütung nach § 12 Abs. 1 StBVV abgegolten und teilweise sei der Zeitaufwand nicht nachvollziehbar und jedenfalls nicht angemessen. Im Übrigen sei der Anspruch verwirkt.
27Sie behauptet hinsichtlich ihrer Gegenforderungen, der von dem Kläger erstellte Jahresabschluss 2014 sei korrekturbedürftig gewesen, weil der Kläger verschiedene unrichtige Positionen zugrunde gelegt habe, was zu einem Schaden in Form des anteiligen Honorars der Steuerberaterin Z. in Höhe von 3.785,60 Euro netto geführt habe.
28Auch der Jahresabschluss 2015 sei bezüglich einer doppelt gebuchten Rückstellung für „K. R.“ fehlerhaft gewesen. Dadurch sei ihr ein Zinsschaden über 644,00 Euro bzw. 637,50 Euro (Bl. 197 GA) für eine Gewerbesteuernachzahlung entstanden.
29Die Beklagte meint zudem, der Kläger habe den Einspruch vom 14.10.2013 gegen den Gewerbesteuerbescheid 2011 des Finanzamtes M. nicht zurücknehmen dürfen. Entgegen der Ansicht des Finanzamts habe es sich bei ihr als Handelsgesellschaft im Sinne von § 15 Abs. 3 EStG schon im Jahr 2011 um einen Gewerbebetrieb gehandelt. Sie habe bereits im Jahr 2011 Erträge erwirtschaftet, ein Grundstück erworben und im Januar 2012 15 Wohnungen verkauft und sie sei daher wirtschaftlich tätig gewesen. Da nunmehr Finanzierungszinsen über 38.573,33 Euro nicht bei der Gewerbesteuer berücksichtigt worden seien, sei ihr ein von dem Kläger zu erstattender Gewerbesteuerschaden in Form eines Zinsschadens in Höhe von 5.845,00 Euro entstanden.
30Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von schriftlichen und mündlichen Gutachten des Sachverständigen N.. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlung verwiesen.
31Entscheidungsgründe
32Die zulässige Klage ist unbegründet, die zulässige Widerklage teilweise begründet.
33I.
34Die zulässige Klage ist unbegründet.
351.
36Der Kläger hat keinen Anspruch auf Steuerberaterhonorar aus § 21 Abs. 1 Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) für erbrachte Leistungen über 1.051,66 Euro.
37Nach § 21 Abs. 1 S. 1 StBVV erhält der Steuerberater Gebühren für mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft, die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt. Aufgrund des Systems der Pauschgebühren in der StBVV bedeutet dies, dass Vor- und Nacharbeiten des StB in einer Angelegenheit grundsätzlich nicht gesondert berechnet werden können (OLG Düsseldorf 23 U 152/01 v. 3. 5. 2002 in GI 2003, 7 (9 f.); Eckert/Lotz, 6. Aufl. 2017, StBVV § 12 Rn. 7).
38Die Beklagte hat keine Leistungen beauftragt, die separat zu vergüten wären. Die von dem Kläger als Nachweis der Beauftragung vorgelegten E-Mails enthalten überwiegend nur die Anforderung der Übersendung von Unterlagen für bereits beauftragte Leistungen – dies ist unbestritten geblieben.
39Soweit der Kläger also mit der Erstellung betriebswirtschaftlicher Auswertungen (BWA) bzw. von Jahresabschlüssen beauftragt war, kann er die Vergütung für die hierzu notwendigen Leistungen, insbesondere auch das Übersenden von Unterlagen, nur einfach verlangen. Nach § 12 Abs. 1 StBVV entgelten die Gebühren grundsätzlich die gesamte Tätigkeit des Steuerberaters vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. Die einfache Übersendung von den auftragsgemäß erstellten Unterlagen ist von der Beauftragung der BWA mit umfasst.
40Mit den E-Mails vom 07.01.2014, 21.03.2014, 22.04.2014, 24.09.2014, 17.07.2015 und vom 10.08.2015 (Anlage K 7, 9, 10, 11, 14 und 15) fordert die Beklagte jeweils die Übersendung bereit erstellte Unterlagen, vornehmlich BWA, von dem Kläger. Warum und in welchem Umfang hier zusätzliche zu vergütende Leistungen erforderlich gewesen sein sollen, ist trotz des gerichtlichen Hinweises nicht ersichtlich oder substantiiert mit Beweisangebot vorgetragen worden.
41Die E-Mail vom 13.01.2014 (Anlage K 12) enthält eine Anfrage, ob bereits Auskünfte zu einem von der Beklagten verursachten Steuerschaden bei dem Bauvorhaben „K. R.“ bereits Aussagen getroffen werden können. Zu einem konkreten Auftrag oder den erbrachten Leistungen hat der Kläger trotz der expliziten Rüge der Beklagten nicht vorgetragen und auch nicht Beweis dazu angeboten, welche Leistungen er daraufhin wann und durch wen und in welchem Umfang erbracht haben will.
42Soweit der E-Mail vom 06.02.2015 (Anlage K 12) und der darin enthaltenen Anfrage, ob und wohin der Bescheid zu buchen sei, ein Auftrag über nicht vergütete Leistungen entnommen werden kann, hat der Kläger trotz der expliziten Rüge der Beklagten jedenfalls nicht substantiiert vorgetragen und Beweis angeboten, welche Leistungen er daraufhin wann und durch wen erbracht haben will.
43Die E-Mail vom 09.02.2015 (Anlage K 13) enthält die Frage der Beklagten, ob eine Rechnung der B. nachvollziehbar ist. Auch hier hat der Kläger trotz der expliziten Rüge der Beklagten nicht substantiiert vorgetragen und Beweis angeboten, welche Leistungen er daraufhin wann und durch wen erbracht haben will.
44Es kommt somit nicht darauf an, dass die Forderungen bei Rechnungserstellung am 13.04.2017 bereits verwirkt waren.
452.
46Mangels eines Anspruches in der Hauptsache kann der Kläger auch keine Verzugszinsen und Anwaltskosten verlangen.
47II.
48Die zulässige Widerklage ist überwiegend begründet.
49Die Beklagte hat einen Anspruch wegen Pflichtverletzungen des Klägers in Höhe von insgesamt 10.084,40 Euro.
50Verletzt der Steuerberater seine Vertragspflichten schuldhaft, ist er dem Mandanten nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Den Mandanten trifft im Regressprozess die Beweislast für einen Beratungsfehler oder unzulängliche Sachaufklärung.
511.
52Die Beklagte hat durch das eingeholte Gutachten des Sachverständigen N. bewiesen, dass der von dem Kläger erstellte Jahresabschluss 2014 korrekturbedürftig war und die von ihm aufgewandten Kosten für die Korrektur in Höhe von 3.785,60 Euro angemessen und erforderlich waren.
53Dies folgt nach den Feststellungen des Sachverständigen schon aus dem fehlerhaften Ansatz der Rückstellung von Prozessrisiken über 450.000,00 Euro für den Rechtsstreit Y..
541.1
55Der Kläger hat fälschlich für den Rechtsstreit „Y.“ eine Rückstellung in Höhe von 450.000 Euro für Anwalts- und Gerichtskosten gebildet.
56Rückstellungen sind nach § 249 Abs. 1 HGB für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Prozesskosten für einen anhängigen Rechtsstreit sind grundsätzlich zurückzustellen (BeckOGK/Hennrichs, 1.10.2020, HGB § 249 Rn. 45).
57Die Beklagte ist im März 2014 unstreitig auf Zahlung verklagt worden, wobei dem Verfahren ein Streitwert von 654.155,41 Euro zugrunde gelegt wurde.
58Der Kläger hat in Konto 03 „Y.“ des Jahresabschlusses 461.449,31 Euro für Kreditoren passiviert.
59In der von dem Kläger erstellten Bilanz zum 31.12.2014 sind als „Sonstige Rückstellungen“ 580.762,40 Euro ausgewiesen, wovon 6.000,00 Euro auf Abschlusskosten und 74.762,40 Euro auf Gewährleistungsansprüche entfallen. Die übrigen 500.000,00 Euro entfallen ohne weitere Erläuterung auf das Konto 04.
60Der Sachverständige führt aus, dass nach seiner Auffassung eine Rückstellung für Gerichts- und Anwaltskosten sowie eigenen Personal- und Reisekosten von maximal rund 45.000,00 Euro zu bilden gewesen sei. Diese Gebühren hat der Sachverständige ausgehend von dem Streitwert anhand der Gebührensätze nach RVG und GVG (in der jeweiligen Fassung bis zum 31.12.2020) zutreffend ermittelt, nämlich 3,0 Gerichtsgebühren über 12.768,00 Euro sowie eigenen und fremden gerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von jeweils 11.367,48 Euro bestehend aus je einer 1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100, 1008 VV RVG, einer 1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG, 20,00 Euro Auslagen und 19 % USt. Richtigerweise hat der Sachverständige auch die außergerichtliche Anwaltskosten der Beklagten in Höhe von 5.922,51 Euro auf die eigenen gerichtlichen Anwaltskosten angerechnet worden und die gerichtlichen Anwaltskosten insoweit nach VV RVG, Teil 3, Vorb. 3, Abs. 4, um 2.478,45 Euro gemindert. Diese Berechnung wird letztlich von den Parteien auch nicht angegriffen. Setzt man den Streitwert auf die in dem Jahresabschluss lediglich veranschlagten 461.449,31 Euro, sind dementsprechend auch die Prozesskosten niedriger.
61Zu den Gesamtkosten von 38.476,11 Euro rechnet der Sachverständigen geschätzte Reise-, eigene Personal- und sonstige Kosten von 6.500,00 Euro, die auch dem Gericht durchaus als angemessen erscheinen.
62Der Sachverständige erklärt zu der Bildung weiterer Rückstellungen für Gutachterkosten von 44.000,00 Euro und der Abzinsung, dass er diese Positionen zum Bilanzstichtag 31.12.2014 aus der Perspektive ex tunc nicht abschätzen könne. Da dies auch dem Gericht nicht möglich ist und keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, waren diese Positionen nicht zu berücksichtigen.
63Somit kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass der diese Kosten übersteigende Betrag von 405.000,00 Euro unzutreffend gebildet sei.
64Selbst bei Berücksichtigung der von Klägerseite angeführten weiteren rund 183.000,00 Euro (= Differenz Streitwert Klageverfahren und Rückstellung in Konto 03), die noch nicht passiviert seien, verbleibe ein Korrekturbedarf in Höhe von 222.000,00 Euro. Dieser hohe Betrag würde dann auch durch die vorgenannten etwaigen Gutachterkosten und Zinsbeträge nicht abgedeckt.
651.2
66Somit kommt es nicht darauf an, ob der von dem Kläger vorgenommene Ansatz der beiden Wohnungen D.-straße und Pflegeappartement in den Konten 05 und 06 im Anlagevermögen ordnungsgemäß erfolgte.
67Auch darauf, dass der Kläger im Verfahren unter Verweis auf die Geringfügigkeit eingeräumt hat, bei der Beurteilung der Bewirtungskosten in Konto 07 die Pflicht zur Beachtung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz verletzt und die Körperschaftssteuer unrichtig ausgefüllt zu haben, kommt es nicht an. Nach den Ausführungen des Sachverständigen folge daraus schon nicht die Fehlerhaftigkeit des Jahresabschlusses, da die unterlassene Umbuchung sich nicht auf die Höhe der „sonstigen betrieblichen Aufwendungen“ aus wirke, da diese Position beide Unterpunkte beinhalte.
68Schließlich kann auch die Pflichtverletzung bezüglich der sonstigen betrieblichen Aufwendungen in Konto 08 dahinstehen, wonach der Kläger die Buchungen nicht kontrolliert und entsprechende Hinweise nicht erteilt hat, so dass die Zahlung des Hausgeldes für die Tagespflege jedenfalls teilweise fälschlich als Aufwand gebucht worden sei.
691.3
70Angesichts der erheblichen Pflichtverletzung des Klägers hinsichtlich der Rückstellung für das „Y.“ war nach dem Sachverständigen die gesamte Steuererklärung zu prüfen und neu zu erstellen.
71Eine Beschränkung der Korrektur auf einzelne Positionen sei nicht möglich gewesen. Man könne bei heutigen Steuererklärungen nicht nur einzelne Positionen „mit Tipp-Ex“ ändern, sondern gerade auch angesichts des hohen Betrages (mindestens 222.000,00 Euro) und der elektronisch einzureichenden Steuererklärung sei es so, dass diese insgesamt zu prüfen und zu überarbeiten gewesen sei.
72Die von der Steuerberaterin Z. abgerechneten Gebühren von 5.035,60 Euro seien erforderlich und angemessen. Dem sich durch die vorherige Erstellung der Steuererklärung und des Jahresabschlusses durch den Kläger ergebende verminderte Arbeitsaufwand habe die Beklagte bzw. die von ihr mit der Korrektur beauftragte Steuerberaterin Z., durch eine Anpassung des Rahmensatzes aus § 35 StBVV unterhalb der Mittelgebühr Rechnung getragen.
73Von dem Honorar der Steuerberaterin Z. lässt sich die Beklagte wegen ihrer Abzugsberechtigung die berechneten 804,00 Euro Umsatzsteuer sowie die auch für den Kläger angefallenen Kosten von 2 x 223,00 Euro für die Übermittlung an den Bundesanzeiger sowie die E-Bilanz Finanzamt abzuziehen.
74Ob auch der korrigierte Jahresabschluss Fehler enthält ist nicht zu entscheiden. Ein schuldhafter Schadensbeitrag der Steuerberaterin Z. im Sinne der von dem Kläger zitierten BGH Entscheidungen (Bes. v. 20.12.2012, Az.: IX ZR 72/11; Urt. v. 04.05.2000, Az.: IX ZR 142/99), welchen sich die Beklagte zurechnen lassen müsste, ist nicht ersichtlich.
752.
76Unzutreffend ist sodann der Ansatz der Position „Rückstellung K. R.“ über 50.000,00 Euro im Jahresabschluss 2013. Der Beklagten ist hierdurch ein Zinsschaden für eine Gewerbesteuernachzahlung in Höhe von 453,00 Euro entstanden.
77Die Rückstellung hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen bereits im Jahr 2013 nicht mehr im Jahresabschluss angesetzt werden dürfen, was der Kläger auch nicht bestreitet. Tatsächlich hat der Kläger im Jahr 2014 die Rückstellung aus der Bilanz herausgenommen, so dass diese seither bilanziell richtig war.
78Auf Nachzahlungen oder Erstattungen entfallen grundsätzlich nach einer Karenzzeit von 15 Monaten Zinsen in Höhe von 0,5 %.
79Da im Jahr 2014 die Bilanz berichtigt war und die Rückstellung herausgenommen wurde, ist ein Zinsschaden für 12 Monate entstanden. Dieser berechnet sich entsprechend den unwidersprochenen Angaben des Sachverständigen aus der Differenz der Zinsen für das Veranlagungsjahr 2013 und der Zinsen für das Veranlagungsjahr 2014.
80Veranlagungsjahr 2013
81zusätzlicher Gewinn |
50.000,00 Euro |
x 3,5 % Erhöhung Gewerbesteuermessbetrag |
1.750,00 Euro |
x 433 % Hebesatz |
7.577,50 Euro |
Abrundung |
7.550,00 Euro |
Zinsen monatlich 0,50 % |
37,75 Euro |
Zinslauf (laut Festsetzungsbescheid) |
33 Monate |
Zinsen gesamt |
1.245,75 Euro |
Veranlagungsjahr 2014
83zusätzlicher Gewinn |
50.000,00 Euro |
x 3,5 % Erhöhung Gewerbesteuermessbetrag |
1.750,00 Euro |
x 433 % Hebesatz |
7.577,50 Euro |
Abrundung |
7.550,00 Euro |
Zinsen monatlich 0,50 % |
37,75 Euro |
Zinslauf (laut Festsetzungsbescheid abzgl. 12 Monate) |
21 Monate |
Zinsen gesamt |
792,75 Euro |
Der Saldo beträgt 453,00 Euro.
85Da unstreitig kein Einspruch gegen die zugrundeliegenden Steuerbescheide eingelegt wurde, ist der Steuerbescheid rechtskräftig und damit ist der Zinsschaden entstanden. Auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.07.2021 (Az.: 1 BvR 2237/14) zu der Verzinsung von 0,5 % pro Monat kommt es somit nicht an.
86Unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nach §§ 278, 254 BGB war die Beklagte nicht gehalten, gegen den Steuerbescheid, welcher die aus der Fehlberatung des Klägers folgende, vermeidbare Steuerbelastung zum Inhalt hat, Rechtsmittel einzulegen. Die Beklagte hat gerade das spezielle Fachwissen des Klägers als Steuerberater in Anspruch genommen. Dieser kann sich nun nicht – jedenfalls ohne dass er der Mandantin einen entsprechenden Hinweis auf seinen Beratungsfehler gibt – auf die unterlassene Einlegung des Einspruchs berufen.
873.
88Der Beklagten ist durch Pflichtverletzungen des Klägers bei dem Ansatz von Finanzierungszinsen im Jahr 2011 ein Gewerbesteuerschaden über 5.845,80 Euro entstanden.
89Die Beklagte hatte ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung (Anlage B 18) im Jahr 2011 Finanzierungszinsen über 38.573,33 Euro zu tragen.
90Der Kläger hat diese Finanzierungszinsen pflichtwidrig nicht zu den Herstellkosten bzw. den halbfertigen Arbeiten bilanziert, wodurch diese Zinsen nicht gewinnmindernd berücksichtigt wurden.
91Zugleich hat der Kläger pflichtwidrig den Einspruch vom 14.10.2013 gegen den ablehnenden Bescheid des Finanzamtes M. zurückgenommen, mit der dieser die Ansicht vertrat, im Jahr 2011 hätte noch kein Gewerbebetrieb vorgelegen. Für die streitige Behauptung des Klägers, er habe die Rücknahme des Einspruchs am 21.01.2015 mit dem Geschäftsführer der Beklagten abgesprochen, wurde kein Beweis angeboten.
92Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs beginnt die Gewerbesteuerpflicht eines in der Rechtsform der GmbH & Co. KG betriebenen Unternehmens erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs vorliegen und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist (vgl. BFH, Urteil vom 13.10.2016 – IV R 21/13 –, BFHE 256, 156, BStBl II 2017, 475, m.w.N.).Während die Einkommensteuer als Personensteuer sämtliche betrieblichen Vorgänge ab der ersten Vorbereitungshandlung zur Eröffnung eines Betriebs erfasst, ist Gegenstand der Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb entfallende, durch eigene gewerbliche Leistungen entstandene Gewinn. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer (st. Rspr., z.B. BFH, a.a.O.).
93Entgegen der Ansicht des Finanzamts M. handelte es sich bei der Beklagten schon im Jahr 2011 nicht nur um eine Handelsgesellschaft im Sinne von § 15 Abs. 3 EStG, sondern bereits um einen tätigen Gewerbebetrieb. Es ist unstreitig geblieben, dass die bereits zum 18.03.2011 im Handelsregister eingetragene Beklage ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung (Anlage B 18) im Jahr 2011 Erträge über 1.000,00 Euro erzielte und umsatzsteuerpflichtige Umsätze erwirtschaftete – sie war somit am Markt tätig. Auch hat der Kläger den substantiierten Vortrag der Beklagten nicht bestritten, wonach er ihr einerseits geraten habe, angesichts des Umfangs des Projekts des Erwerbs und Umbaus der Lederfabrik in C. die Gesellschaft der Beklagten zu gründen und dass die Beklagte andererseits im Januar 2012 Kaufverträge über 15 Wohnungen notariell beurkundet habe – was allein erklärbar ist durch vorherige Vertriebstätigkeiten der Beklagten. Dies ergibt sich auch aus dem Vortrag mit nachgelassenen Schriftsatz vom 28.07.2022, gegen den der Kläger nichts mehr erinnert hat. Danach hat der Kläger unter anderem selbst im Jahr 2011 Finanzierungsberechnungen für einen im gleichen Jahr beauftragten Werbeprospekt beigesteuert.
94Bei Aktivierung der Finanzierungszinsen über 38.573,33 Euro hätte sich nach dem Gutachten des Sachverständigen eine Gewerbesteuerersparnis in Höhe von 5.845,80 Euro ergeben. Dieser Betrag errechne sich aus den 38.573,33 Euro x Steuermesszahl 3,5 % x Hebesatz von 433 %. Das Gericht folgt dieser überschlägigen Berechnung des Sachverständigen.
95Dem Kläger ist nicht zugutezuhalten, dass auf Gesellschafterebene eine Anrechnung der erhöhten Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer erfolgt. Streitgegenständlich ist allein das Vertragsverhältnis der Parteien. Der Schaden hat sich bei der Beklagten realisiert. Ein Rechtsgrund für eine Anrechnungspflicht etwaiger Steuerersparnisse der Gesellschafter ist nicht ersichtlich.
964.
97Der Kläger kann ferner Rechtshängigkeitszinsen aus §§ 286 Abs. 2, 288 Abs. 1, 2 BGB ab Zustellung der Widerklage verlangen.
98III.
99Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 S. 1, 2 ZPO.
100IV.
101Streitwert bis 2.000,00 Euro und ab dem 16.05.2018 bis 13.000 Euro.
102P. |
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BeglaubigtUrkundsbeamter/in der GeschäftsstelleLandgericht Duisburg