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Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro-zentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.3.2006 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 73/100 und der Beklagte zu 27/100.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin verlangt die Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes, da sie vom Hund des Beklagten gebissen wurde.
3Der Beklagte ist der Halter eines 52 kg schweren Hundes namens " ", für den er eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat.
4Am 5.4.2004 spielten die Klägerin sowie ein befreundetes Mädchen und der Sohn des Beklagten Ball mit dem Hund des Beklagten in dessen Garten. Im Verlauf des Spiels sprang der Hund die Klägerin mehrmals auf eine vom Beklagten als "spielerisch" bezeichnete Art und Weise an. Dadurch geriet die Klägerin in Panik und lief zu dem Sohn des Beklagten und umklammerte diesen von hinten. Infolgedessen griff der Hund des Beklagten die Klägerin an. Dadurch erlitt diese einige Bisswunden u.a. auch eine 2,5 cm x 5 cm große Bisswunde am rechten Busen. Während der Heilbehandlung ergab sich eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vom 6.4.2004 bis zum 16.4.2004 zu 100%, vom 17.4.2004 bis zum 22.04.2004 zu 80 % und vom 23.4.2004 bis zum 25.4.2005 zu 50 %.
5Die Klägerin behielt Narben an der rechten Brust, am rechten Unterarm, am linken Handrücken sowie der rechten Schulter zurück, die sich aus der vom Beklagten zu den Gerichtsakten gereichten Fotodokumentation ergeben, auf die Bezug genommen wird.
6Eine weitere Rückbildung der Narben ist aus ärztlicher Sicht nicht zu erwarten. Auch eine Möglichkeit der Narbenkorrektur durch Laserbehandlung besteht nicht, da die Mehrzahl der Narben im Hautniveau liegen und daher durch therapeutische bzw. kosmetische Maßnahmen nicht wesentlich zu beeinflussen sind.
7Die Klägerin fühlt sich besonders durch die Narben an ihrer Brust in ihrem Selbstwertgefühl und ihren Möglichkeiten bei der Partnersuche beeinträchtigt. Seit dem Vorfall hat sie zudem eine panische Angst vor Hunden.
8Die Haftpflichtversicherung des Beklagten glich bereits die materiellen Schäden der Klägerin aus und zahlte ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500 EUR.
9Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt mindestens 8.000 EUR zu und verweist dazu auf die in der Schmerzensgeldtabelle des ADAC aufgeführten Entscheidungen Nr. 1548 und 1825.
10Die Klägerin beantragt,
11den Beklagten zu verurteilen, an sie ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 5.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Der Beklagte stellt seine Haftung dem Grunde nach nicht in Frage. Er ist der Ansicht, es sei bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes aber zu berücksichtigen, dass ihn kein Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls treffe. Auch in der Vergangenheit sei es - was unstreitig ist - nicht zu Verletzungen durch den von ihm gehaltenen Hund gekommen. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten vielmehr den "Beschützerinstinkt" des Hundes ausgelöst. Etwaige psychische Beschwerden ließen sich den vorgelegten ärztlichen Attesten nicht entnehmen. Den von der Klägerin zitierten Entscheidungen lägen andersartige Fallgestaltungen zugrunde, da das Opfer in diesen Fällen Bisswunden im Gesicht erlitten hätte.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Die Klage ist zulässig und im zugesprochenen Umfang begründet.
17Dass sich eine Haftung des Beklagten dem Grunde nach aus § 833 BGB ergibt, wird von diesem nicht in Frage gestellt. Gem. § 253 Abs. 2 BGB kann die Klägerin auch ein angemessenes Schmerzensgeld verlangen.
18Die Parteien streiten allein über die Höhe des Schmerzensgeldes.
19Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes war weder ein Verschulden des Beklagten, noch ein mitwirkendes Verschulden der Klägerin zu berücksichtigen. Für ein Verschulden des Beklagten spricht hier nichts. Insbesondere ist nichts dazu vorgetragen worden, dass er seine Pflichten zur Beaufsichtigung des Tieres vernachlässigt hätte oder dass ihm eine aggressive Veranlagung seines Hundes bekannt war. Auch ein Mitverschulden der Klägerin liegt hier nicht vor. Mag es auch sein, dass sie durch eine "Panikreaktion" auf das "spielerische" Anspringen des Tieres möglicherweise dessen "Beschützerinstinkte" geweckt hat, lässt sich der Beklagten deshalb noch nicht der Vorwurf sorgfaltswidrigen Verhaltens machen. Gerade beim Anspringen durch Hunde von einiger Größe ist eine gewisse Schreckreaktion verständlich und nachvollziehbar. Außenstehende, denen die Persönlichkeit des Hundes unbekannt ist, können nicht immer zuverlässig einschätzen, ob eine bestimmte Verhaltensweise spielerisch oder aggressiv ist. Dass es aufgrund der letztlich unberechenbaren tierischen Natur eines Hundes vorkommen kann, dass spielerisches Verhalten unvermittelt in Aggression umschlägt, zeigt der vorliegende Fall.
20Daher kam es bei der Bemessung des Schmerzensgeldes vor allem auf die eingetretenen Schäden an. Einerseits sind die von der Klägerin erlittenen körperlichen Schmerzen, die notwendig gewordene ärztliche Behandlung und die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu berücksichtigen. Besonders fällt aber auch ins Gewicht, dass die Klägerin mehrere Narben zurückbehalten hat, die ihr auch als Dauerschaden verbleiben. Im Unterschied zu den von der Klägerin angeführten Entscheidungen hat sie aber keine deutlich sichtbare Narbe im Gesicht erlitten, weswegen hier ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt und die jeweils zugesprochenen Schmerzensgeldbeträge nicht unmittelbar herangezogen werden können. Dennoch sind jedenfalls die Narbe an der Hand und je nach Bekleidung auch die Narbe am Unterarm auch im bekleideten Zustand sichtbar und können daher das Erscheinungsbild der Klägerin beeinträchtigen. Diese kann sich beim täglichen Blick in den Spiegel immer wieder erneut an das von ihr als traumatisch empfundene Erlebnis mit dem Hund des Beklagten erinnert fühlen. Die Narbe an der Brust ist im bekleideten Zustand zwar nicht zu sehen, dennoch ist nachvollziehbar, dass die Klägerin hierdurch in der Wahrnehmung der eigenen Weiblichkeit in nicht unerheblicher Weise beeinträchtigt wird.
21Die beigefügten Fotos zeigen, dass die Narben gut verheilt sind und die Klägerin - wenngleich die Narben deutlich sichtbar bleiben - nicht in erheblicher Art und Weise "entstellen".
22Unter Abwägung all dieser Umstände erschien dem Gericht ein Schmerzensgeld von insgesamt 4.000 EUR angemessen, wovon die Versicherung des Beklagten bereits 2.500 EUR beglichen hat, so dass nur noch der zugesprochene Betrag von 1.500 EUR zu zahlen ist.
23Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB, die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.