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I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse (M.) die Verwendung folgender und/oder dieser inhaltsgleicher Klauseln zu unterlassen, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):
Wir sind berechtigt, die Mitgliedsgebühr nach billigem Ermessen und sachdienlich gerechtfertigten sowie objektiven Kriterien anzupassen. Soweit Sie in Deutschland leben oder deutsches Recht Anwendung findet, bleibt § 315 BGB unberührt. Eine Erhöhung der Mitgliedsgebühr kommt in Betracht und eine Ermäßigung der Mitgliedsgebühr ist vorzunehmen (insgesamt: „Änderung der Mitgliedsgebühr“), um die uns entstehenden Kostensteigerungen und/oder Kostenersparnisse weiterzugeben, die auf von uns nicht beeinflussbaren äußeren Umständen beruhen und die sich auf die konkreten Kosten des F.-Services in Ihrem Land auswirken, wie etwa Gesetzesänderungen, behördliche Verfügungen, allgemeine Preisänderungen für die erforderliche Hard-und/oder Software, Produktion und Lizensierung, sonstige allgemeine Kosten wie etwa Kosten externer Dienstleister, Lohnerhöhungen und/oder Änderungen von Steuern und Gebühren und/oder generelle und wesentliche Kostenänderungen aufgrund von Inflation oder Deflation. Eine Änderung der Mitgliedsgebühr wird nur in dem Ausmaß erfolgen, in dem sich unsere eigenen Kosten und/oder Steuern und/oder Ausgaben insgesamt reduzieren oder erhöhen. Somit werden wir Kostensteigerungen nur an Sie weitergeben, wenn und soweit diese nicht durch anderweitige Kostenreduzierungen ausgeglichen werden.
Wir werden keine Änderungen der Mitgliedsgebühr vornehmen, die sich auf das vertragliche Gleichgewicht zwischen dem F.-Service und der von Ihnen dafür erbrachten Mitgliedsgebühr auswirken;
2.
an den Kläger einen Aufwendungsersatz in Höhe von 260,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2022 zu zahlen.
II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Auf die Widerklage hin wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 260,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2023 zu zahlen.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 %.
V.
Das Urteil ist für den Kläger im Hinblick auf Ziff. I.1 des Urteilstenors (Unterlassung) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 EUR und für beide Parteien im Übrigen in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand:
2Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung einer im Antrag näher bestimmten AGB-Klausel sowie der Versendung von konkreten Preiserhöhungsschreiben und der In-Rechnung-Stellung eines erhöhten Entgelts für die Dienstleistung „M.“. Ferner begehrt er die Zahlung von Aufwendungsersatz. Er stützt sich insoweit auf Normen des UKlaG und des UWG.
3Die Beklagte ist Verkäuferin der auf der Webseite www.W..de mit „Verkauf und Versand durch L.“ oder mit dem Handelsnamen "V.“ gekennzeichneten Produkte und bietet darüber hinaus auch den Zusatzdienst „M.“ an. Dieser umfasst unter anderen den schnelleren und kostenlosen Versand von auf www.W..de online bestellten Artikeln sowie den Zugriff auf den Dienst M. Video/Reading/Music.
4Für den Dienst M. verwendet die Beklagte die „M.-Teilnahmebedingungen“, vorgelegt als Anlage K 1, zuletzt geändert am 10.06.2022, die sich an Verbraucher richten und online abgerufen werden können. Diese enthalten unter anderem die nachfolgend wiedergegebenen Klauseln 5.2 und 5.3:
55.2. Änderungen der Mitgliedsgebühren
6Wir sind berechtigt, die Mitgliedsgebühr nach billigem Ermessen und sachlich gerechtfertigten sowie objektiven Kriterien anzupassen. Soweit Sie in Deutschland leben oder deutsches Recht Anwendung findet, bleibt § 315 BGB unberührt.] Eine Erhöhung der Mitgliedsgebühr kommt in Betracht und eine Ermäßigung der Mitgliedsgebühr ist vorzunehmen (insgesamt: „Änderung der Mitgliedsgebühr"), um die uns entstehenden Kostensteigerungen und/oder Kostenersparnisse weiterzugeben, die auf von uns nicht beeinflussbaren äußeren Umständen beruhen und die sich auf die konkreten Kosten des F.-Services in Ihrem Land auswirken, wie etwa Gesetzes-änderungen, behördliche Verfügungen, allgemeine Preisänderungen für die erforderliche Hard-und/oder Software, Produktion und Lizensierung, sonstige allgemeine Kosten wie etwa Kosten externer Dienstleister, Lohnerhöhungen und/oder Änderungen von Steuern und Gebühren und/oder generelle und wesentliche Kostenänderungen aufgrund von Inflation oder Deflation. [Eine Änderung der Mitgliedsgebühr wird nur in dem Ausmaß erfolgen, in dem sich unsere eigenen Kosten und/oder die Steuern und/oder Abgaben insgesamt reduzieren oder erhöhen. Somit werden wir Kostensteigerungen nur an Sie weitergeben, wenn und soweit diese nicht durch anderweitige Kostenreduzierungen ausgeglichen werden.
75.3. Wirksamwerden von allgemeinen Änderungen und Änderungen der Mitgliedsgebühr
8Wenn wir allgemeine Änderungen oder Änderungen der Mitgliedsgebühr (zusammen: "Änderung" oder "Änderungen") vornehmen, setzen wir Sie über die Änderungen und die Gründe für diese innerhalb einer angemessenen Frist von mindestens 30 Tagen vor Inkrafttreten der Änderungen in Textform (etwa per E-Mail) in Kenntnis. Sie können die Änderungen ablehnen. Ihre Zustimmung gilt als erteilt, wenn Sie die Änderungen nicht innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Zugang der Information über die Änderungen abgelehnt haben. Die Änderungen werden dann ab dem Datum wirksam, das wir Ihnen in Textform (z.B. per E-Mail) mitgeteilt haben. Eine Änderung der Mitgliedsgebühr wird jedoch nicht vor Fälligkeit der nächsten Mitgliedsgebühr wirksam.
9Sie haben die Möglichkeit, Ihre F. Mitgliedschaft nach Ziff. 3.3 dieser Teilnahmebedingungen unentgeltlich zu kündigen. Wir werden Sie zu Beginn der Frist von mindestens 30 Tagen auf die Genehmigungswirkung bei fehlender Ablehnung, auf die für die Ablehnung geltende Frist und auf Ihre Kündigungsmöglichkeit hinweisen.
10Etwaige, auch sonstige, Änderungen, die auf Ihrer ausdrücklichen vorherigen Zustimmung beruhen, bleiben von der Regelung in dieser Ziff. 5 unberührt. Erweist sich eine Änderung als ungültig, nichtig oder aus irgendeinem Grund nicht durchsetzbar, wird hierdurch die Gültigkeit und Durchsetzbarkeit der übrigen Änderungen oder Bedingungen nicht berührt.
11In Klausel 4. heißt es (auszugsweise):
12Wir haben das Recht, Ihre Mitgliedschaft nach eigenem Ermessen mit einer Kündigungsfrist von 14 Tagen zu kündigen.
13Seit dem 1.2.2017 belief sich das jährliche Entgelt für den Dienst „M.“ auf 69,99 EUR. Am 26.07.2022 versandte die Beklagte gleichlautende E-Mails an die Abonnenten von M., unter anderem an Herrn N., E.-straße, B.. In diesen E-Mails wurde unter Berufung auf die Ziffern 5.2 und 5.3 der M.-Teilnahmebedingungen eine Preiserhöhung ausgesprochen. Es hieß darin wörtlich:
14Ab dem 15 September 2022 erhöht sich die Gebühr der F.-Mitgliedschaft von 7,99 € auf 8,99 € (inkl. MwSt.) bei monatlicher Zahlung von 69,00 € auf 89,90 € (inkl. MwSt.) bei jährlicher Zahlung. Die Änderung wird für dich frühestens mit Fälligkeit der nächsten Zahlung, am oder nachdem 15 September 2022 wirksam. Deinen nächsten Zahlungszeitraum kannst du in deinem L.-Konto einsehen. [...] Wir nehmen diese Änderung in Anbetracht von generellen und wesentlichen Kostenänderungen aufgrund von Inflation vor [...].
15Du kannst diese Änderung ablehnen, indem du deine F.-Mitgliedschaft innerhalb von 30 Tagen kostenfrei nach Erhalt dieser E-Mail kündigst [...].
16Wegen des weiteren Inhalts dieser Schreiben wird auf Anlage K 2 Bezug genommen.
17Am 27.09.2022 verschickte die Beklagte an Herrn A., Q. eine als Anlage K 3 vorgelegte E-Mail, in der angekündigt wurde, dass zum 01.10.2022 für die L.-F.-Mitgliedschaft der einseitig erhöhte Jahresbetrag von 89,90 € abgebucht werde.
18Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 04.08.2022, vorgelegt als Anlage K 4, ab und forderte diese zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte verweigerte eine entsprechende Abgabe.
19Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe gegen die Beklagte wegen der Verwendung der Klausel 5.2 in den Teilnahmebedingungen ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG i. V. m. § 307 Abs. 1 BGB und gemäß §§ 8 Abs. 1, 3a UWG i. V. m. § 307 Abs. 1 BGB zu. Die streitgegenständliche Klausel verstoße gegen das aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB folgende Transparenzgebot, indem sie – was unstreitig ist – nicht neben den einzelnen Kostenelementen auch deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offenlege, so dass der Verbraucher bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen nicht abschätzen könne. Dem Transparenzgebot werde die beanstandete Klausel darüber hinaus nicht gerecht, da dort auf „allgemeine Preisänderungen“ und „sonstige allgemeine Kosten“ sowie „generelle und wesentliche Kostenänderungen aufgrund von Inflation oder Deflation“ verweise. Vor allem der pauschale Verweis auf die Inflation führe zur Intransparenz, da für den Kunden schon nicht ersichtlich sei, wie genau die Inflationsrate hier zu berechnen sei, also ob z. B. auf einen jährlichen Durchschnittswert für die Inflation oder sogar monatliche Preissteigerungen Bezug genommen werde. Die jeweiligen Kunden könnten daher nicht absehen, wann und in welcher Höhe Preissteigerungen insbesondere unter Verweis auf die Inflation auf sie zukämen.
20Der Unterlassungsanspruch in Bezug auf die Versendung der streitgegenständlichen Preiserhöhungsschreiben beruhe auf §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 2 Nr. 2 und 7 UWG. Es werde der irrige Eindruck erweckt, die Beklagte sei zu einer entsprechenden Preiserhöhung berechtigt. Die Beklagte suggeriere in der streitgegenständlichen E-Mail, dass sie einseitig den Preis erhöhen dürfe und der Kunde dies nur dadurch ablehnen könne, dass er das Abonnement für M. kündige.
21In Bezug auf die Rechnungsstellung bestehe ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 2 Nr. 2 und 7 UWG sowie, soweit die Preiserhöhung bereits berechnet worden sei, ein Beseitigungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG.
22Der Kläger beantragt, nachdem er die Klage in Bezug auf den Klageantrag zu1) mit Schriftsatz vom 04.03.2024 erweitert hat, nunmehr (Erweiterungen nachfolgend unterstrichen),
23die Beklagte zu verurteilen,
241. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse (M.) die Verwendung folgender und/oder dieser inhaltsgleicher Klauseln zu unterlassen, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):
25Wir sind berechtigt, die Mitgliedsgebühr nach billigem Ermessen und sachdienlich gerechtfertigten sowie objektiven Kriterien anzupassen. Soweit Sie in Deutschland leben oder deutsches Recht Anwendung findet, bleibt § 315 BGB unberührt. Eine Erhöhung der Mitgliedsgebühr kommt in Betracht und eine Ermäßigung der Mitgliedsgebühr ist vorzunehmen (insgesamt: „Änderung der Mitgliedsgebühr“), um die uns entstehenden Kostensteigerungen und/oder Kostenersparnisse weiterzugeben, die auf von uns nicht beeinflussbaren äußeren Umständen beruhen und die sich auf die konkreten Kosten des F.-Services in Ihrem Land auswirken, wie etwa Gesetzesänderungen, behördliche Verfügungen, allgemeine Preisänderungen für die erforderliche Hard-und/oder Software, Produktion und Lizensierung, sonstige allgemeine Kosten wie etwa Kosten externer Dienstleister, Lohnerhöhungen und/oder Änderungen von Steuern und Gebühren und/oder generelle und wesentliche Kostenänderungen aufgrund von Inflation oder Deflation. Eine Änderung der Mitgliedsgebühr wird nur in dem Ausmaß erfolgen, in dem sich unsere eigenen Kosten und/oder Steuern und/oder Ausgaben insgesamt reduzieren oder erhöhen. Somit werden wir Kostensteigerungen nur an Sie weitergeben, wenn und soweit diese nicht durch anderweitige Kostenreduzierungen ausgeglichen werden.
26Wir werden keine Änderungen der Mitgliedsgebühr vornehmen, die sich auf das vertragliche Gleichgewicht zwischen dem F.-Service und der von Ihnen dafür erbrachten Mitgliedsgebühr auswirken.
272. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse (M.)
28a) in Schreiben, wie nachfolgend abgebildet, mitzuteilen, dass der monatliche bzw. jährliche Beitrag für M. wegen „genereller und wesentlicher Kostenänderungen aufgrund von Inflation" ohne nähere Angaben zur Preiskalkulation angepasst wird und es für die Preiserhöhung nicht darauf ankommen soll, dass die Kunden dieser Vertragsänderung zustimmen
29Liebes F.-Mitglied,
30vielen Dank, dass du F.-Mitglied bist. Wir kontaktieren dich, um dich über eine bevorstehende Änderung deiner F.-Mitgliedschaft zu informieren.
31Ab dem 15. September 2022 erhöht sich die Gebühr der F.-Mitgliedschaft von 7,99€ auf 8,99€ (inkl. MwSt.) bei monatlicher Zahlung und von 69,00€ auf 89,90€ (inkl. MwSt.) bei jährlicher Zahlung. Die Änderung wird für dich frühestens mit Fälligkeit deiner nächsten Zahlung, am oder nach dem 15. September 2022 wirksam. Deinen nächsten Zahlungszeitraum kannst du in deinem L.-Konto einsehen.
32Die Anpassung erfolgt gemäß Ziffer 5.2 und 5.3 der M. Teilnahmebedingungen. Wir nehmen diese Änderung in Anbetracht von generellen und wesentlichen Kostenänderungen aufgrund von Inflation vor. Diese führen zu einer Steigerung der Kosten des F.-Services in deinem Land und beruhen auf von uns nicht beeinflussbaren äußeren Umständen.
33Du kannst diese Änderung ablehnen, indem du deine F.-Mitgliedschaft innerhalb von 30 Tagen kostenfrei nach Erhalt dieser E-Mail kündigst, z.B. über dein Mitgliedskonto oder über den L. Kundenservice. Nach deiner Kündigung läuft deine F.-Mitgliedschaft bis zum Ende deines aktuellen Zahlungszeitraums weiter. Lehnst du diese Änderung nicht ab, gehen wir davon aus, dass du mit den aktualisierten Mitgliedsgebühren einverstanden bist.
34Viele Grüße,
35Dein F. Team
36und/oder
37b) Bestandskunden, die das oben abgebildete Preiserhöhungsschreiben erhalten haben und derzeit für M. monatlich 7,99 € oder jährlich 69,00 € bezahlen, fortan ab dem 15.09.2022 monatlich 8,99 € oder jährlich 89,90 € in Rechnung zu stellen, wenn die Verbraucher nicht ihr Einverständnis hiermit erklärt haben;
383. an den Kläger einen Aufwendungsersatz in Höhe von 260,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
39Die Beklagte beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Widerklagend beantragt sie,
42die Klägerin zu verurteilen, der Beklagten Euro 260,00 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
43Der Kläger beantragt,
44die Widerklage abzuweisen.
45Die Beklagte rügt die mangelnde Bestimmtheit der Klageanträge. Insbesondere sei nicht klar, was der Kläger mit dem Begriff der „Verwendung“ im Klageantrag zu 1) meine. Die Bezugnahme auf „nähere Angaben zur Preiskalkulation“ im Klagantrag zu 2a) sei ebenfalls unbestimmt. Unklar sei auch, unter welchen Voraussetzungen von einer „näheren“ Angabe im Sinne des Klagantrags zu Ziffer 2a) auszugehen sein soll und wie sich diese von einer „weiteren“ oder „ferneren“ Angabe unterscheide. In Bezug auf den Klageantrag zu 2b) fehle es an der hinreichenden Bestimmtheit hinsichtlich des Begriffs „Bestandskunden“ sowie in Bezug auf die zeitliche Komponente „derzeit“.
46Die Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene AGB-Klausel verstoße nicht gegen das Transparenzgebot. Der Kläger verkenne insbesondere den Unterschied zwischen „Leistungsvorbehaltsklauseln“ einerseits, die auch Gegenstand der Regelung in Ziffer 5.2 der F.-Teilnahmebedingungen seien, und den starren „Kostenelementeklauseln“ andererseits. Lediglich bei Kostenelementeklauseln würden die besonders strengen Anforderungen an die Transparenz gelten, nicht hingegen bei Leistungsvorbehaltsklauseln. Hier bestehe das Transparenzgebot nur im Rahmen des Möglichen. Es seien auch keine Angaben zur Gewichtung der Kostenfaktoren notwendig. Eine unangemessene Benachteiligung finde nicht statt. Vielmehr sei ein angemessener Ausgleich der Interessen beider Vertragsparteien geschaffen worden.
47Der Streitwert sei erheblich zu niedrig angesetzt angesichts des erheblichen wirtschaftlichen Interesses der Beklagten. Ferner sei der Beklagten Vollstreckungsschutz durch Bestimmung einer ausreichend hohen Sicherheitsleistung zu gewähren.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die wechselseitig zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Hauptverhandlung vom 06.11.2024 (Bl. 348 f. GA).
49Entscheidungsgründe:
50Die Klage ist zum Teil zulässig und begründet (hierzu unter I, und III.), im Übrigen aber unbegründet (hierzu unter II.). Die zulässige Widerklage ist begründet (hierzu unter IV.).
51I.
52Der Klageantrag zu 1) ist zulässig und begründet.
531.
54Der Klageantrag zu 1) ist zulässig, insbesondere mangelt es ihm nicht an Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei dem Begriff des „Verwendens“ handelt es sich um eine in § 1 UKlaG aufgeführte Verletzungshandlung, die spiegelbildlich in die Klageanträge aufzunehmen ist. Die Verletzungshandlung wird durch die wörtliche Aufnahme der streitgegenständlichen Klausel hinreichend konkretisiert.
552.
56Der Kläger hat einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel im tenorierten Umfang nach §§ 1, 4 UKlaG bzw. §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a) UWG. Hiernach kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer Allgemeine Geschäftsbedingungen, zu denen auch die Klausel 5.2 zählt und die nach §§ 307 ff. BGB unwirksam sind, verwendet.
57a)
58Der Kläger ist nach §§ 3, 4 UklaG bzw. nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG als in die Liste qualifizierter Verbraucherverbände eingetragener Verein klagebefugt.
59b)
60Die Beklagte verwendet gegenüber Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen in Form der streitgegenständlichen Klausel 5.2, die nach §§ 307 ff. BGB unwirksam sind.
61aa)
62Die streitgegenständliche Klausel 5.2 benachteiligt den Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist damit unwirksam im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.
63(1)
64Bei der streitgegenständlichen Klausel 5.2 handelt es sich um eine Preisanpassungsklausel in Form einer Leistungsvorbehaltsklausel, die grundsätzlich einer AGB-Kontrolle unterfällt.
65Preisanpassungsklauseln in AGB, welche es der AGB-Verwenderin gestatten, den zunächst vereinbarten Preis über eine wie auch immer geartete Klausel einseitig zu ändern, ergänzen das dispositive Recht, welches grundsätzlich von einer bindenden Preisvereinbarung der Parteien ausgeht; sie fallen daher nicht in den kontrollfreien Raum von § 307 Abs. 3 BGB, sondern sind – wie allgemein anerkannt – an § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu messen (vgl. Graf von Westphalen/Mock, in Westphalen, Graf von/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Werkstand: 48. EL März 2022, Preisanpassungsklauseln, Rn. 22, Fn. 78 und 79 m.w.N.). Bei der hier zu beurteilenden Regelung handelt es sich um eine Preisanpassungsklausel in der Form einer Leistungsvorbehaltsklausel im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PrKG. Anders als bei einer Kostenelementeklausel (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 PrKG) erfolgt eine Preisänderung bei einer Leistungsvorbehaltsklausel nicht aufgrund feststehender rechnerischer Bezugsgrößen, sondern der Verwenderin wird hinsichtlich des Ausmaßes der Preisänderung ein Ermessensspielraum eröffnet, der es ermöglicht, die neue Höhe der Geldschuld nach Billigkeitsgrundsätzen zu bestimmen. Da derartige Klauseln der Verwenderin einen einseitigen Eingriff in den ausgehandelten Vertrag ermöglichen, sind sie gemessen an § 307 Abs. 1 BGB nur dann zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse der Verwenderin hieran besteht und sowohl Anlass, Voraussetzungen als auch Umfang des Leistungsbestimmungsrechts so hinreichend konkretisiert sind, dass der Kunde eine Entgeltänderung vorhersehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 09.05.2012 − XII ZR 79/10 –, NJW 2012, 2187, Rn. 20, 21; Urteil vom 31.07.2013 – VIII ZR 162/09 –, BGHZ 198, 111, Rn. 59; BGH, Urteil vom 20.07.2005 – VIII ZR 121/04 –, BGHZ 164, 11, Rn. 39,).
66(2)
67Die Treu und Glauben widersprechende unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) ergibt sich hier aus dem mangelnden berechtigten Interesse der Beklagten an einer Preisanpassungsklausel.
68Zwar ist bei einer AGB-Verwenderin in Dauerschuldverhältnissen grundsätzlich ein berechtigtes Interesse, eine Preisanpassung an geänderte Kosten vorzunehmen, zu bejahen. Preisanpassungsklauseln sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Sie dienen dazu, einerseits der Verwenderin das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihre Gewinnspanne trotz nachträglicher, sie belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass die Verwenderin mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2017 – III ZR 247/06 –, BGH NJW 2008, 360, juris Rn. 10).
69Hier allerdings ist der Beklagten durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Kündigungsrecht innerhalb von 14 Tagen eingeräumt. Es handelt sich also zwar weiterhin um einen auf Dauer angelegten Vertrag. Gleichwohl ist das Vertragsverhältnis von der Beklagten – wie auch im Bereich der Streaming-Dienste üblich – mit der Möglichkeit der kurzfristigen Vertragsbeendigung ausgestaltet worden. Die Beklagte muss demnach stets auf der Grundlage kurzfristig schwankender Nutzerzahlen kalkulieren (KG Berlin, GRUR-RS 2023, 33453 zu der Plattform R.). Es ist nicht ersichtlich, dass sie ohne die Einräumung einer Preisanpassungsklausel gezwungen wäre, von vornherein höhere Preise zu kalkulieren, von dem Risiko, sich im Rahmen einer Änderungskündigung mit einem neuen Angebot dem Wettbewerb stellen zu müssen, darf die Beklagte sich nicht auf Kosten ihrer Vertragspartner befreien (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2007 – III ZR 247/06; BGH, Urteil vom 11.10.2007 – III ZR 63/07 –, juris Rn. 24).
70Das Kündigungsrecht kann nicht entsprechend den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 11.06.1980 – VIII ZR 174/79 – unberücksichtigt bleiben. Dort hat der BGH zwar in der Vergangenheit für die Preiserhöhungsklausel bei einem Zeitschriftenabonnement in einem obiter dictum ausgeführt, die Änderungskündigung sei einem Lieferanten deswegen nicht zuzumuten, weil sie bei Massengeschäften der vorliegenden Art mit einem übermäßigen, zusätzliche Kosten verursachenden Geschäftsaufwand verbunden wäre. Es sei auch fraglich, ob ein solcher Weg im Interesse des Kunden liege, der in aller Regel seine Zeitschrift weiter beziehen möchte, solange der Preis noch angemessen sei (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.1980 – VIII ZR 174/79 –, NJW 1980, 2518, juris Rn. 25). Die vom BGH entschiedene Konstellation ist zur hiesigen aber nicht vergleichbar. Bei einem Zeitschriftenabonnement im 20. Jahrhundert war die Aufforderung zu der Zustimmung zu einer Preiserhöhung und eine etwaige Kündigung mit erheblichem Aufwand verbunden. Regelmäßig dürfte hierfür zunächst ein postalisch zu versendender Brief der Unternehmerin erforderlich sein, um die Preiserhöhung anzukündigen. Sodann musste der Verbraucher entweder schriftlich zustimmen oder die Unternehmerin bei mangelnder Zustimmung kündigen. Dies ging mit einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand einher. Im Falle der hiesigen Beklagten kann derlei Kommunikation ohne weiteres per E-Mail erfolgen, ohne dass hierfür ein erheblicher Aufwand erkennbar wäre. Auch die Erklärung einer Kündigung lässt sich für die Beklagte in viel weitreichenderem Umfang automatisieren als dies früher der Fall war (KG Berlin, GRUR-RS 2023, 33453 zu der Plattform R.).
71(3)
72Der Einwand der Beklagten, eine unangemessene Benachteiligung scheide deshalb aus, weil es sich hier insoweit nicht um eine einseitige Preisanpassungsklausel handele, sondern die Zustimmung des Vertragspartners entsprechend der Vorschrift des § 308 Nr. 5 BGB fingiert werde, greift nicht durch.
73Nach § 308 Nr. 5 BGB ist eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders als abgegeben gilt, unwirksam, es sei denn die weiteren Voraussetzungen des § 308 Nr. 5 a) und b) (angemessene Frist und Hinweispflicht) werden eingehalten. Soweit eine AGB-Klausel der Kontrolle nach § 308 BGB standhält, gibt es daneben keinen Raum mehr für die Anwendung des § 307 BGB (Wurmnest in MüKo, BGB, 9. Auflage 2022, § 308 Nr. 4).
74Allerdings greift der Kläger hier nicht die Klausel 5.3, die die Zustimmungsfiktion beinhaltet, an, sondern die Klausel 5.2., welche der Beklagten eine grundsätzliche Berechtigung zur Preisanpassung einräumt. An der grundsätzlichen Berechtigung zur Preisanpassung, geregelt in Klausel 5.2, fehlt es der Beklagten mangels berechtigtem Interesse unabhängig davon, ob sie die nachfolgende Zustimmungsfiktion konform zu § 308 BGB geregelt hat. Die Einräumung eines Rechts zur Preisanpassung (Klausel 5.2) und der Abwicklungsweg einer solchen Anpassung (Klausel 5.3) unterliegen unabhängig voneinander einer AGB-Kontrolle und sind in ihrer Wirksamkeit gesondert zu überprüfen.
75bb)
76Die beanstandete Klausel 5.2 verstößt ebenfalls gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, indem sie nicht hinreichend klar und verständlich ausgestaltet ist.
77Eine Preisanpassungsklausel muss den Anlass und den Modus der die Entgeltänderung prägenden Umstände so transparent darstellen, dass die Kunden die etwaigen Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen können (BGH, NJW 2016, 936 – Stromlieferungsvertrag). Dies verlangt der Beklagten eine so genaue Beschreibung der tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen ab, dass für sie keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Dazu gehört auch, dass ihre Preisanpassungsregelungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies – bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses – nach den Umständen, insbesondere auch nach den Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Kunden, gefordert werden kann (BGHZ 200, 362 = NJW 2014, 2269; BGHZ 201, 271 = NJW 2014, 2940, jew. mwN). Denn nur dann wird der Kunde in die Lage versetzt, ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte zu erkennen sowie eine geltend gemachte Preisanpassung nachzuvollziehen und zumindest auf Plausibilität zu überprüfen (vgl. BGH, NJW 2007, 3632 = NZM 2007, 879 Rn. 31; NVwZ-RR 2013, 807 = VersR 2013, 888 Rn. 45). Die aus dem Transparenzgebot folgende Verpflichtung des Verwenders zur klaren und verständlichen Formulierung des Klauselinhalts besteht anerkanntermaßen aber nur im Rahmen des Möglichen (BGHZ 162, 39 [45] = NJW 2005, 1183; NJW-RR 2011, 1618 mwN) und beschränkt sich auf diejenigen Angaben, die dem Verwender rechtlich und tatsächlich zumutbar sind (BGHZ 164, 11 [16] = NJW-RR 2005, 1496; BGHZ 170, 1 = NJW 2007, 1198 Rn. 41). Dementsprechend brauchen die notwendig generalisierenden Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht einen solchen Grad an Konkretisierung anzunehmen, dass alle Eventualitäten erfasst sind und im Einzelfall keinerlei Zweifelsfragen auftreten können. Vielmehr müssen Allgemeine Geschäftsbedingungen auch noch ausreichend flexibel bleiben, um künftigen Entwicklungen und besonderen Fallgestaltungen Rechnung tragen zu können, ohne dass von ihnen ein unangemessener Benachteiligungseffekt ausgeht. Die Anforderungen an die mögliche Konkretisierung dürfen deshalb nicht überspannt werden; sie hängen auch von der Komplexität des Sachverhalts unter den spezifischen Gegebenheiten des Regelungsgegenstands ab (BGH, NJW-RR 2011, 1618; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 307 Rn. 342).
78Gemessen an hieran genügt die streitgegenständliche Klausel den vorgenannten Anforderungen nicht.
79Für den durchschnittlich verständigen und informierten Verbraucher ist das in der betreffenden Klausel genannte Kriterium „generelle und wesentliche Kostenänderungen aufgrund von Inflation oder Deflation“ nicht tauglich, um etwaige Anhebungen vorherzusehen bzw. ergangene Preisanpassungen auf Plausibilität überprüfen zu können. Bei der Inflation handelt es sich gerade nicht um eine feste, von dritter Seite bestimmte Größe wie beispielsweise den Basiszinssatz, bei welchem der Verbraucher unter Umständen an Hand einer bestimmten Entwicklung in der Vergangenheit die möglichen Preisanpassungen in der Zukunft abschätzen könnte. Ferner ist hier der Zuschnitt der über das F.-Angebot erbrachten Dienstleistungen zu betrachten. Es handelt sich um ein weit diversifiziertes Angebot an verschiedenen Leistungen, die vom kostenfreien und schnelleren Versand bis hin zu Streaming-Angeboten reichen. Eine Plausibilitätsprüfung der Preisanpassung an Hand des Kriteriums „wesentliche Kostensteigerung durch Inflation“ ist dem Verbraucher durch die Kopplung der unterschiedlichsten Marktsegmente schlicht unmöglich. Neben den weiteren in der Klausel aufgeführten und durchaus nachprüfbaren Kriterien – beispielsweise Lohnerhöhungen oder gestiegene Produktionskosten – eröffnet das Kriterium der Kostensteigerung durch Inflation ein gleichsam unüberprüfbares Einfallstor für jedwede von Unternehmensseite gewünschte Preiserhöhung. Genau dies soll aber auch unter Berücksichtigung des Flexibilitätserfordernisses des Verwenders vermieden werden.
80Dadurch, dass die Beklagte in ihrer Klausel einige durchaus auf Plausibilität nachprüfbare konkrete Kriterien benennt, zeigt sie, dass ihr eine transparente Gestaltung der Preisanpassungsklausel möglich und zumutbar ist.
81Durch die Verwendung eines derart intransparenten Kriteriums hat sich die Beklagte unkontrollierbare Spielräume zur Preiserhöhung eingeräumt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie den Anpassungsmechanismus dazu missbraucht, den Preis im Nachhinein (einseitig) zu ihren Gunsten zu verschieben., beispielsweise indem sie einen höheren Betrag als die (vermeintlichen) Mehrkosten auf den Kunden abwälzt. Etwaige Kontrollmechanismen sind ausgehebelt und das vorgeblich ausgeglichene Verhältnis zwischen Beklagter und Verbraucher besteht faktisch nicht mehr. Mithin ist ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zu bejahen.
82II.
83In Bezug auf die Klageanträge zu 2. a) und b) ist die Klage kann offen bleiben, ob die Anträge hinreichend bestimmt ausgestaltet sind. Denn die Klage ist insoweit jedenfalls unbegründet.
841.
85Soweit der Kläger sich gegen die einseitige Preisanpassung (und eine sich darauf stützende Inrechnungstellung) und damit die Rechnungsstellung als solche wendet, fehlt es für das Unterlassungsbegehren bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis.
86Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2020, 886 Rn. 21 ff. - Preisänderungsregelung) fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis für ein Unterlassungsbegehren gegen Äußerungen unter anderem dann, wenn damit unmittelbar auf die Rechtsverfolgung des Inanspruchgenommenen in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren Einfluss genommen werden soll. Ob dem Äußernden das in der Äußerung in Anspruch genommene Recht zusteht oder nicht, ist in dem weiteren Verfahren zu klären. Dies gilt nicht nur für Äußerungen in diesem - gerichtlichen oder behördlichen - Verfahren, sondern auch für vorgerichtliche Äußerungen, wenn deren Untersagung in dem weiteren Verfahren fortwirkt. Das gilt insbesondere für Gestaltungserklärungen, da ohne solche Erklärungen die Rechtslage von vornherein nicht im Sinne des Erklärenden gestaltet werden kann und die Berechtigung dieser Gestaltungserklärung von vornherein nicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren gerichtlich geklärt werden kann (OLG Q., ENWZ 2023, 473, Rn 39).
87Damit scheidet eine wettbewerbsrechtliche Verurteilung zur Unterlassung einer einseitigen Preisanpassung gegenüber Kunden als solcher aus. Ohne eine derartige Gestaltungserklärung könnte die Beklagte das von ihr beanspruchte Recht nicht wahrnehmen und dessen Berechtigung im Verhältnis zu Kunden nicht klären. Das gilt auch für die Untersagung der Berechnung der erhöhten Preise. Ohne eine derartige Berechnung ist die Beklagte gehindert, die nach ihrer Ansicht geschuldeten Beträge von dem Kunden fordern zu können.
88Konkret bedeutet dies, dass hier die Rechtmäßigkeit der Preisanpassung ggf. in einem Rechtsstreit zwischen der Beklagten und dem jeweiligen Kunden zu überprüfen wäre. Die Gestaltungserklärung als solche kann der Beklagten aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht untersagt werden.
892.
90Die Art und Weise der Begründung der Preisanpassung, die mit dem Klageantrag zu 2.a) angegriffen wird, ist hingegen im Grundsatz wettbewerbsrechtlich anfechtbar. Allerdings stellen die Ausführungen in der in dem streitgegenständlichen Schreiben gewählten Art und Weise ebenfalls keinen Wettbewerbsverstoß dar.
91Die Mitteilung von Rechtsauffassungen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2020, 886 Rn. 17 ff. - Preisänderungsregelung) nur unter bestimmten Umständen als irreführende Angabe im Sinne des § 5 UWG anzusehen. Ob eine bestimmte Rechtsauffassung richtig ist oder nicht, kann nicht im Wettbewerbsprozess geklärt werden. Anders ist es nur dann, wenn dem Verkehr im Zusammenhang mit der Rechtsauffassung weitere Tatsachen mitgeteilt werden, etwa, es existiere eine bestimmte Norm, die Rechtsauffassung sei höchstrichterlich geklärt oder unstreitig oder dergleichen. Nach diesen Grundsätzen ist die Art und Weise der Begründung der Preisanpassung der Beklagten zulässig. Im Einzelnen:
92a)
93Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der beanstandeten Angabe in dem Schreiben um die Mitteilung einer Rechtsauffassung. Dass die Beklagte ihre Rechtsposition bestimmt und ohne Vorbehalte darstellt, ändert nichts an dem Umstand, dass es sich trotz allem um die Mitteilung einer subjektiven Rechtsaufassung handelt (vgl. BGH GRUR 2019, 754 - Prämiensparverträge; GRUR 2020, 886 - Preisänderungsregelung; OLG Köln GRUR-RS 2022, 35173). Für den hier maßgeblichen durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbraucher hinreichend deutlich, dass die Beklagte hier ihre subjektive Auffassung zu ihrer angeblichen Berechtigung zur Preisanpassung darstellt.
94b)
95Diese mitgeteilte Rechtsauffassung wird von der Beklagten nicht mit irreführenden Tatsachen vermischt. Die Beklagte führt in dem betreffenden Schreiben weder aus, es existiere eine – tatsächlich nicht vorhandene – bestimmte Rechtsnorm, noch, dass die Rechtsauffassung höchstrichterlich geklärt oder unstreitig sei. Es wird lediglich auf die von ihr angewendeten AGB-Klauseln verwiesen und die Rechtsauffassung geäußert, dass diese auf den konkreten Fall anwendbar seien. Die Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel ist jedenfalls noch nicht höchstrichterlich geklärt.
96c)
97Entgegen der Auffassung des Klägers enthält das Schreiben auch keine irreführenden Angaben hinsichtlich der Handlungsmöglichkeiten des Nutzers. Im Gesamtzusammenhang des Schreibens wird hinreichend deutlich, dass es dem Nutzer freisteht, die Erhöhung abzulehnen. Ferner hat er die Möglichkeit, zu kündigen. Außerdem wird ausdrücklich auf die AGB Bezug genommen, so dass es dem Nutzer freisteht, sich die Klausel noch einmal genau durchzulesen.
983.
99Die mit den Klageanträgen zu 2a) und 2b) begehrten Unterlassungen lassen sich ebenfalls nicht aus einem Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a) UWG ableiten. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Verwendung unwirksamer AGBs einen Wettbewerbsverstoß nach §§ 3 Abs.1, 3a UWG darstellen kann (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Auflage 2024, § 3a, Rn 1.288 ff.). Allerdings begehrt der Kläger mit seinen Anträgen eine in die Zukunft gerichtete Unterlassung von Handlungen und gerade nicht die Beseitigung bereits eingetretener Schadensfolgen.
100III.
101Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkostenpauschale besteht, und zwar in voller beantragter Höhe (§ 5 UKlaG, § 13 Abs. 3 UWG). Zwar war die Abmahnung lediglich in Bezug auf einen der geltend gemachten Unterlassungsansprüche berechtigt (siehe unter I. und II.). Ist die von einem Anwalt ausgesprochene Abmahnung nur zum Teil berechtigt – liegt bspw. nur ein von zwei gerügten Wettbewerbsverstößen vor –, können die Kosten der Abmahnung grundsätzlich nur anteilig (im Beispielsfall bei gleichem Wert der beiden Vorgänge zur Hälfte) beansprucht werden (BGH GRUR 2010, 744 Rn. 50 – Sondernewsletter; OLG Stuttgart MMR 2010, 284 (286)). Wird wie im hiesigen Fall aber von einem Verband eine Abmahnkostenpauschale in Rechnung gestellt, kommt dagegen keine Kürzung in Betracht, denn die Höhe der Abmahnkostenpauschale ist nicht von der Zahl der abgemahnten Verstöße abhängig (Köhler/BornkammFeddersen, UWG, 42. Auflage 2024, § 13, Rn 122).
102IV.
103Der zulässige Widerklageantrag ist in beantragtem Umfang begründet.
104Die Beklagte hat einen Anspruch auf Erstattung auf Aufwendungsersatz nach § 13 Abs. 5 UWG, allerdings gedeckelt auf den vom Kläger geltend gemachten Ersatzbetrag in Höhe von 260,00 EUR. Denn jedenfalls in Bezug auf die mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche hinsichtlich der Preisanpassungsschreiben/Rechnungsstellungen (Klageanträge zu 2 a) und b)) war die entsprechende Abmahnung unberechtigt. Der hierauf entfallene Aufwendungsersatz, berechnet nach einem Streitwert von 24.000,00 EUR (1375,88 EUR) war nach § 13 Abs. 5 S. 2 UWG auf 260,00 EUR zu deckeln.
105V.
106Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Bei der Bemessung der Sicherheitsleistung in Bezug auf den Tenor zu Ziffer I. war hinsichtlich der Sicherheitsleistung auf Grund des wirtschaftlichen Interesses der Beklagten und des Vollstreckungsschadenrisikos ein Zuschlag im Vergleich zum Streitwert vorzunehmen.
107Der Streitwert wird auf bis zu 45.000,00 EUR festgesetzt.
108Der Streitwert war im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH, wonach sich in Rechtsstreitigkeiten zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach dem UKlaG der Gebührenstreitwert nicht nach der wirtschaftlichen Bedeutung des angestrebten Verbots, sondern allein nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der angegriffenen Klausel richtet, nicht höher anzusetzen als vom Kläger vorgeschlagen (vgl. BGH, Beschluss vom 17.11.2020 - X ZR 3/19, GRUR 2021, 521).
109Rechtsbehelfsbelehrung:
110Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Düsseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
111P. |
O. |
U. |