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I. Die einstweilige Verfügung vom 26.05.2023 wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsklägerin auferlegt.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungsklägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Verfügungsbeklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Verfügungsklägerin macht im Wege der einstweiligen Verfügung Ansprüche auf Unterlassung wegen einer Markenrechtsverletzung geltend.
3Die Verfügungsklägerin ist eine Sportartikelherstellerin, die ihre Waren weltweit vertreibt. Sie kennzeichnet die von ihr vertriebenen Sportschuhe und Sporttextilien seit Jahrzehnten mit ihrer Drei-Streifen-Kennzeichnung. Sie ist Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) mit Priorität vom 04.03.1999 unter der Registernummer DE […] am 11.11.2004 eingetragenen Bildmarke
4 (nachfolgend: Verfügungsmarke 1), die in der Nizza-Klassifizierung 25 Schutz für „Hosen, insbesondere Sport- und Freizeithosen einschließlich Shorts“ genießt (vgl. Registerauszug, Anlage EVK1).
Weiter ist sie Inhaberin der beim DPMA mit Priorität vom 04.03.1999 unter der Registernummer DE […] am 21.02.2005 eingetragenen Bildmarke
6 (nachfolgend: Verfügungsmarke 2), die in der Nizza-Klassifizierung 25 unter anderem Schutz für „Bekleidungsstücke, insbesondere Sport- und Freizeitbekleidung, nämlich Jacken, Hemden, T-Shirts, Pullover, Anoraks und sonstige Bekleidungsoberteile“ genießt (vgl. Registerauszug, Anlage EVK1) sowie der bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) unter der Registernummer am 29.01.1997 mit Schutzerstreckung auf die Bundesrepublik Deutschland eingetragenen IR-Bildmarke
(nachfolgend: Verfügungsmarke 3), die in der Nizza-Klassifizierung 25 für „Trikots, Leichtathletiktrikots“ eingetragen ist. Nach der Markenbeschreibung besteht diese aus „ … three stripes [are] of the same color contrasting with the color of the garment, [they are] equidistant, parallel, separated by two intervals; they are arranged vertically and symmetrically on each side of the garment“ (vgl. Registerauszug, Anlage EVK1).
Die Verfügungsbeklagte vertreibt ebenfalls über ihren auf der Internetseite T. eingerichteten und dort aufrufbaren Online-Shop Sportartikel und -textilien. Dort bewarb sie unter anderem die streitgegenständlichen Bekleidungsstücke unter Verwendung der jeweils angegriffenen Zeichen und bot diese zum Verkauf an (vergleiche Anlage EVK 2).
9Die Verfügungsklägerin ließ in dem Online-Shop der Verfügungsbeklagten eine Bestellung aufgeben, aufgrund derer die nachstehend abgebildeten Testkaufprodukte geliefert wurden (siehe Rechnung vom 28.03.2023, Anlage EVK4):
10Die von der Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 09.05.2023 (Anlage EVK5) vorprozessual ausgesprochene Abmahnung blieb erfolglos.
13Mit Beschluss vom 26.05.2023 hat die Kammer antragsgemäß eine einstweilige Verfügung mit folgendem Tenor erlassen:
14“I.
15Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall von bis zu zwei Jahren, letztere zu vollziehen an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin, untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland
161.
17Hosen gemäß nachstehender Abbildung anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder einzuführen oder auszuführen sowie zu bewerben, die mit einer Streifen-Kennzeichnung gemäß nachstehender Abbildung versehen sind:
182.
22Oberbekleidung gemäß nachstehender Abbildung anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder einzuführen oder auszuführen sowie zu bewerben, die mit einer Streifen-Kennzeichnung auf der Seite der Ärmel gemäß nachstehender Abbildung versehen sind:
233.
26Oberbekleidung gemäß nachstehender Abbildung anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder einzuführen oder auszuführen sowie zu bewerben, die mit einer Streifen-Kennzeichnung unter den Ärmeln auf der Seite des Torsos gemäß nachstehender Abbildung versehen sind:
27“.
Die einstweilige Verfügung wurde der Verfügungsbeklagten am 13.06.2023 zugestellt. Die Verfügungsbeklagte legte mit Schreiben vom 25.08.2023 Widerspruch gegen diese ein.
30Die Verfügungsklägerin stützt die von ihr geltend gemachten Ansprüche in Bezug auf den Antrag zu Ziffer I.1. zuvörderst auf die Verfügungsmarke 1, den Antrag zu Ziffer I.2. auf die Verfügungsmarke 2 und den Antrag zu Ziffer I.3. auf die Verfügungsmarke 3. Hilfsweise werden die jeweiligen Anträge auf die Drei-Streifen-Kennzeichnung als Benutzungsmarke gemäß Paragraph 4 Nummer 2 MarkenG und höchst hilfsweise auf die Vorschriften des unlauteren Wettbewerbs, Paragraphen 3, 4 Nummer 3, 5 Absatz 2, 8 Absatz 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gestützt.
31Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, bei den Verfügungsmarken handele es sich um berühmte Marken mit einem Bekanntheitsgrad von mehr als 95 Prozent bei den angesprochenen Verkehrskreisen, den Käufern oder potentiellen Käufern von Sporthosen und -jacken. Unter Zugrundelegung der Warenidentität hielte die angegriffene Kennzeichnung nicht den hinreichenden Abstand zu den Verfügungsmarken ein. Denn auch bei den Streifen auf der angegriffenen Trainingsjacke und -hose handele es sich um drei parallele und zur Untergrundfarbe kontrastierende Streifen an einer Position, die typisch für ihre Kennzeichnung sei. Der Umstand, dass ein sogenanntes Ribbonband verwendet werde, sei irrelevant, da dies bereits aus kurzer Distanz nicht mehr zu erkennen sei. Die angegriffene Streifen-Kennzeichnung erfolge auch markenmäßig, der Verkehr sei insoweit an die Benutzung von entsprechenden Kennzeichnungen wie der Drei-Streifen-Kennzeichnung von R. auf dem Ärmel oder entlang des Hosenbeins gewöhnt.
32Die Verfügungsklägerin beantragt,
33die einstweilige Verfügung vom 26.05.2023 zu bestätigen und den Widerspruch vom 25.08.2023 zurückzuweisen.
34Die Verfügungsbeklagte beantragt,
35die einstweilige Verfügung vom 26.05.2023 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
36Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, sie verwende die angegriffene Kennzeichnung bereits nicht markenmäßig. Zudem fehle es an einer Verwechslungsgefahr zwischen den Verfügungsmarken und den von ihr verwendeten Streifenmustern. Auch aus dem von der Verfügungsklägerin behaupteten Bekanntheitsschutz ließen sich keine Ansprüche herleiten, insoweit sei bereits der von ihr behauptete Bekanntheitsgrad nicht feststellbar.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die in den nachfolgenden Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen Bezug genommen.
38Entscheidungsgründe:
39Der zulässige Widerspruch hat Erfolg. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 26.05.2023 war aufzuheben. Denn nach Durchführung der mündlichen Verhandlung ist nicht länger glaubhaft gemacht, dass der Verfügungsklägerin die geltend gemachten Verfügungsansprüche zustehen.
40I.
41Der Verfügungsklägerin stehen die mit der einstweiligen Verfügung geltend gemachten Unterlassungsansprüche gegen die Verfügungsbeklagte nicht aus Paragraphen (112), 14 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 2, Absatz 3 und 5 MarkenG zu.
42Nach Paragraphen (112), 14 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 MarkenG gewährt die Marke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht, das es ihm gestattet, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren und Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, welche die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
431.
44Die Verfügungsklägerin ist als Inhaberin der Verfügungsmarken aktivlegitimiert.
452.
46Es erscheint aber schon fraglich, ob in der angegriffenen Verwendung eine markenmäßige Benutzung zu sehen ist.
47Eine markenmäßige Benutzung setzt voraus, dass das angegriffene Zeichen im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vergleiche EuGH GRUR 2007, 971, 972 – Céline; Eisenführ/Eberhardt in: Eisenführ/Schennen, UMV, 4. Auflage, Artikel 9, Randnummer 33; Ingerl/Rohnke/Nordemann, MarkenG, 4. Auflage 2023, Paragraph 14, Randnummer 128 ff.), wofür es genügt, wenn die Benutzung auch nur den Eindruck aufkommen lässt, dass eine Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den betroffenen Waren beziehungsweise Dienstleistungen und dem Markeninhaber besteht (EuGH GRUR 2003, 55 – Arsenal Football Club, Randnummer 56; Eisenführ/Schennen, am angegebenen Ort., Randnummer 34; Ingerl/Rohnke/Nordemann, am angegebenen Ort., Paragraph 14, Randnummer 129). Eine markenmäßige Benutzung liegt stets vor, wenn die Herkunftsfunktion beeinträchtigt ist oder beeinträchtigt sein könnte (vergleiche EuGH, GRUR 2010, 445 – Google France und Google; EuGH, GRUR 2009, 756 – L'Oréal/Bellure; Mielke in: Beck’scher Onlinekommentar, am angegebenen Ort, Paragraph 14 Markengesetz, Randnummern 15, 124, 125), wofür es reicht, wenn die Benutzung den Eindruck aufkommen lässt, dass im geschäftlichen Verkehr eine Verbindung zwischen den Waren oder Dienstleistungen und dem Markeninhaber besteht (EuGH, GRUR 2003, 55 – Arsenal Football Club). Eine markenmäßige Benutzung ist von rein beschreibenden oder bloß dekorativen Angaben abzugrenzen (Mielke in: Beck’scher Onlinekommentar, am angegebenen Ort, Paragraph 14 Markengesetz, Randnummer 144). Nicht ausreichend ist es für eine markenmäßige Benutzung mithin, wenn das angegriffene Zeichen vom Verkehr ausschließlich als schmückendes Beiwerk oder als Zierrat verstanden wird (BGH GRUR 2002, 171, 173 – Marlboro/Dach, mit weiteren Nachweisen).
48Bei der Beurteilung, ob der Verkehr in der konkret in Rede stehenden Verwendung eines Zeichens einen Herkunftshinweis sieht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor abzustellen, insbesondere auf die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden (vergleiche Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 07.03.2019 – I ZR 195/17 – SAM; BGH, GRUR 2004, 865 – Mustang). Im Bekleidungssektor gibt es verschiedene Kennzeichnungsgewohnheiten. Ob der Verkehr ein auf einem Bekleidungsstück angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft des Bekleidungsstücks oder beispielsweise als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren. Erforderlich ist jedoch in jedem Einzelfall die Feststellung, dass der angesprochene Verkehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks erblickt (BGH, am angegebenen Ort – SAM). Der Verkehr wird Zeichen, die ihm als Produktkennzeichen für Bekleidungsstücke bekannt sind, ebenfalls als Herkunftszeichen auffassen, wenn sie auf der Außenseite der Kleidung angebracht sind (vergleiche BGH, GRUR 2010, 838 – DDR– Logo; BGH, GRUR 2001, 158 – Drei-Streifen-Kennzeichnung).
49Nach den vorstehenden Maßstäben wird der angesprochene Verkehr, der an dem Kauf von Sportbekleidung interessiert ist und zu dem auch die Kammermitglieder zählen, in den angegriffenen Zeichen nicht zwangsläufig einen Herkunftshinweis erkennen. So tritt die jeweilige Anbringung des Streifenbandes seitlich auf den Hosenbeinen, seitlich auf den Ärmeln der Trainingsjacke sowie unter den Ärmeln auf der Seite des Torsos dem angesprochenen Verkehr wie bei den Verfügungsmarken zwar als drei parallele Streifen entgegen. Dies entspricht den Kennzeichnungsgewohnheiten der Verfügungsklägerin, die ihre Drei-Streifen-Kennzeichnung als entsprechende Positionsmarke hat eintragen lassen. Als solche wird der Verkehr angesichts der Kennzeichnungspraxis der Verfügungsklägerin auch daran gewöhnt sein, in der in Rede stehenden Aufmachung von Bekleidungsstücken mitunter einen Herkunftshinweis zu sehen (vergleiche BGH, Urteil vom 06.07.2000, GRUR 2001, 158, 160 – Drei‑Streifen-Kennzeichnung). An entsprechenden Positionen werden auch Kennzeichen anderer Hersteller als Herkunftshinweis angebracht, vergleiche Anlage AG3 „Gucci“, „TOMMY HILFIGER“ oder Schriftsatz Verfügungsklägerin vom 13.12.2023 (Blatt 283 fortfolgende der Gerichtsakte).
50Andererseits dienen Streifen und/oder Streifenmuster gerade im (Sport-) Bekleidungssektor jedoch in langer Tradition vor allem der Dekoration und werden von unzähligen Unternehmen als ornamentale oder dekorative Elemente verwendet (vergleiche Oberlandesgericht (OLG) Köln, Urteil vom 16. Dezember 2005 – 6 U 36/05, BeckRs 2008, 943, Randnummer 9; Gerechtshof Den Haag, am angegebenen Ort, Randnummer 30). So sind dem Verkehr Streifen entlang des Hosenbeins sowohl bei Uniformen als auch bei Smokings bekannt und geläufig (sogenannte Galonstreifen). Aber auch in der alltäglichen Sport- und Freizeitkleidung sowie bei modernen Kleidungsstücken wie Hosenanzügen von Frauen werden Streifen als reine Verzierung entlang des Hosenbeins verwenden (vgl. Anlagen AG2 und AG3). Danach sind Streifenmuster an entsprechenden Positionen sowohl als Verzierung als auch als Herkunftskennung dem Verkehr nicht fremd, wobei das verzierende Element die Herkunftskennung nicht ausschließt, soweit festgestellt werden kann, dass der Verkehr dem Streifenmuster einen Herkunftshinweis entnimmt.
51Für eine bloße Verzierung im konkreten Fall spricht, dass es sich vorliegend um ein Streifenband wie eine Bordüre handelt, wie sie seit Jahrhunderten zur Zierde an Bekleidungsstücken oder ähnlichem Textilwerk angebracht wird. Dabei ist es insoweit ungeachtet der identischen Positionierung der Verfügungsmarken auch gestalterisch naheliegend und üblich, diese Verzierungen an der Außenseite der Ärmel bei einer Jacke oder entlang der Außennaht bei einer Hose anzubringen. Es kann daher nicht zwangsläufig aufgrund der identischen Positionierung von einer markentypischen Positionierung ausgegangen werden (vergleiche BGH, GRUR 2001, 240, 242). Dass ein Zeichen von den beteiligten Verkehrskreisen als Verzierung aufgefasst wird, steht für sich genommen dem gewährten Schutz jedoch nicht entgegen, wenn der Grad der Ähnlichkeit so hoch ist, dass die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen und die Marke gedanklich miteinander verknüpfen (Europäischer Gerichtshof (EuGH), GRUR Int. 2004, 121 – H.– Salomon und H. Benelux, Randnummer 39, 40 zu Artikel 5 Absatz 2 MRRL; Ingerl/Rohnke/Nordemann, am angegebenen Ort, Paragraph 14 Randnummer 348).
523.
53Eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Paragraph 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 MarkenG kann im Rahmen der Gesamtwürdigung aller entscheidenden Umstände aber nicht angenommen werden.
54Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung, vergleiche EuGH GRUR-RR 2009, 356 Randnummer 45 f. – OBELIX/MOBILIX; GRUR 2020, 52 Randnummer 41-43 = WRP 2019, 1563 – Hansson; vergleiche auch BGH GRUR 2020, 870 Randnummer 25 – INJEKT/INJEX, mit weiteren Nachweisen; BGH GRUR 2010, 1103 – Pralinenform II; BGH, GRUR 2011– Kappa; Ingerl/Rohnke/Nordemann, am angegebenen Ort, Paragraph 14 Randnummer 371).
55Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH, GRUR 2010, 933 – Barbara Becker; BGH, GRUR 2012, – Maalox/Melox– GRY). Marken, die insbesondere wegen ihrer Bekanntheit eine hohe Unterscheidungskraft besitzen, genießen einen umfassenderen Schutz als Marken mit geringerer Unterscheidungskraft (EuGH GRUR Int 2000, 899, Randnummer 41 – Marca/H., mit weiteren Nachweisen).
56a.
57Soweit die Verfügungsklägerin ihren Unterlassungsanspruch auf die Verfügungsmarken 1 und 2 stützt, besteht jeweils Warenidentität, da die Verfügungsmarken 1 und 2 für „Bekleidungsstücke“ beziehungsweise „Sportbekleidung“ sowie „Hosen, insbesondere Sport- und Freizeithosen“ eingetragen sind und die angegriffenen Zeichen für Trainingsjacken und Sporthosen verwendet werden, die unter den jeweils eingetragenen Oberbegriff der jeweiligen Verfügungsmarke fallen.
58Aber auch soweit die Verfügungsklägerin eine Verletzung der Verfügungsmarke 3 geltend macht, ist jedenfalls eine überdurchschnittliche Warenähnlichkeit zwischen einem Sporttop beziehungsweise Leichtathletiktrikot, welches bei Ausübung verschiedenster Sportarten getragen werden kann, und einer Trainingsjacke anzunehmen. Es muss sich nicht um ein identisches Kleidungsstück handeln (vergleiche Ströbele/Hacker/Thiering, Kommentar zum Markengesetz, 14. Auflage, 2024, Paragraph 14 Randnummer 335 f.).
59b.
60Den Verfügungsmarken, die sich durch die Positionierung der drei parallel verlaufenden, gleichfarbigen und gleichlangen, sich zu der Grundfarbe kontrastierenden Streifen von gleicher Länge und Breite auszeichnen, die vertikal an der Außenseite der Ärmelpartie eines Oberbekleidungsstückes (Verfügungsmarke 2), unter dem Arm entlang des Torsos (Verfügungsmarke 3) beziehungsweise entlang der Außennaht einer Sporthose (Verfügungsmarke 1) verlaufen, wobei zwischen den Streifen jeweils ein streifenbreiter Abstand besteht in welchem die Grundfarbe des Bekleidungsstücks sichtbar ist, kommt eine außerordentlich hohe Kennzeichnungskraft zu, da sie bekannt sind.
61Von Hause aus kommt den Verfügungsmarken eine originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Denn die drei parallel verlaufenden, gleich breiten und in ihrer Breite beabstandeten, zu dem Untergrund kontrastierenden Streifen stellen ein einfaches Muster dar, welches keine beschreibenden Anklänge oder Hinweise auf die geschützten Waren enthält, so dass es geeignet ist, sich als Unterscheidungskriterium für die Waren der Verfügungsklägerin bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vergleiche Ströbele/Hacker/Thiering, am angegebenen Ort, Paragraph 9 Randnummer 137).
62Die Kennzeichnungskraft der Verfügungsmarken ist zudem aufgrund der Benutzungslage bis hin zur Bekanntheit derselben gesteigert, was für die hier maßgeblichen Waren „Bekleidungsstücke“, „Sportbekleidung“ sowie „Hosen, insbesondere Sport– und Freizeithosen“ als gerichtsbekannt anzunehmen ist, Paragraph 291 Zivilprozessordnung (ZPO) (Ingerl/Rohnke/Nordemann, am angegebenen Ort, Paragraph 14 Randnummer 616). Das angerufene Gericht kann die Bekanntheit aufgrund eigener Sachkunde beurteilen, da die Drei-Streifen-Kennzeichnung, wie sie den streitbefangenen Positionsmarken zugrunde liegt, seit Jahrzehnten von deutschen und ausländischen Spitzensportlern getragen wird und sie jedermann im Rahmen der Print- und Online-Sportberichterstattung sowie im Rahmen von Fernsehübertragungen deutscher wie internationaler Sportveranstaltungen, aber auch im Straßenbild durch das Tragen von Sport- und Freizeitbekleidung mit der genannten Kennzeichnung allgegenwärtig entgegen tritt (vergleiche Anlage EVK 14, EVK15; vgl. hierzu auch BGH, GRUR 1960, 126, 128 – Sternbild; OLG Karlsruhe, GRUR 1992, 460, 461, 462 – McChinese; OLG Nürnberg, Urteil vom 05.01.1999 – 3 U 2467/98; OLG Köln, GRUR-RR 2003, 170, 171 – Entlüftungsstreifen; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2003, 273, 274; OLG München, GRUR-RR 2001, 303). Die Verfügungsmarken sind dem angesprochenen Verkehr und damit auch den Kammermitgliedern daher wegen ihrer offenkundigen, umfangreichen und jahrzehntelangen Verwendung für Sportartikel und sportlich-modische Bekleidungsstücke bekannt (vergleiche auch OLG Hamburg, BeckRS 2005, 33909; OLG München, Urteil vom 28.04.2016 – 6 U 1576/15 – BioWeb-Formstreifen, juris Randnummer 53; OLG Nürnberg, Beschluss vom 10.01.2020 – 3 U 3304/19, Anlage EVK 10).
63Dies spiegelt sich letztlich auch in der seitens der Verfügungsklägerin vorgelegten Statistik wider:
64„Bilddarstellung wurde entfernt“
65Soweit die Verfügungsbeklagte eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch Drittkennzeichen annimmt (Anlage AG2), ist dem nicht zu folgen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine solche Schwächung voraus, dass die Drittkennzeichen in gleichen oder eng benachbarten Branchen und in einem Umfang in Erscheinung treten, der geeignet erscheint, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Kennzeichnungen im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken (vergleiche BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 – I ZR 135/06 – ahd.de, juris Randnummer 25; Urteil vom 15.2.2001 – I ZR 232/98 – CompuNet/ComNet I, GRUR 2001, 1161, 1162; BGH, GRUR 2008, 1104 Randnummer 25 – Haus & Grund II). Allein die Abbildung der Drittzeichen reicht zur Darlegung einer Schwächung der Kennzeichnungskraft nicht aus. Der Umfang der Tätigkeit der Drittunternehmen, ihr Marktanteil an den maßgeblichen Waren und Dienstleistungen sowie die Bekanntheit ihrer Kennzeichnungen am Markt sind von der Verfügungsbeklagten nicht im Einzelnen dargelegt worden. Insoweit fehlen die erforderlichen Angaben zum Tätigkeitsumfang, dem Marktanteil und der Bekanntheit der Kennzeichen der jeweiligen Unternehmen.
66c.
67Letztlich ist der Zeichenabstand der angegriffenen Kennzeichnung zu den Verfügungsmarken aber auch unter Berücksichtigung der Bekanntheit der Verfügungsmarken sowie der Warenidentität beziehungsweise der hohen Warenähnlichkeit so groß, dass die Kammer im Rahmen der Gesamtabwägung keine Verwechslungsgefahr anzunehmen vermag.
68Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist grundsätzlich in Ansehung ihres Gesamteindrucks nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-) Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (vergleiche EuGH GRUR Int 2010, 129 Randnummer 60 – La Espahola/Carbonell; BGH GRUR 2009, 1055 Randnummer 26 = WRP 2009, 1533 – airdsl), wobei hier mangels eines Wortbestandteils nur die bildliche Ähnlichkeit in Betracht kommt.
69Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Gesamteindruck abzustellen, den die einander gegenüberstehenden Zeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorrufen. Dabei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die jeweiligen Bezeichnungen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht und die übereinstimmenden Merkmale in einem undeutlichen Erinnerungseindruck häufig stärker ins Gewicht fallen als die Unterschiede (vergleiche, BGH, Urteil vom 05.03.2015 – I ZR 161/13, – IPS/ISP, juris Randnummer 23). Erfahrungsgemäß bleiben dem Verkehr unterscheidungskräftige, insbesondere berühmte Kennzeichnungen eher in Erinnerung; solche ihm bekannten Kennzeichnungen wird das angesprochene Publikum deshalb auch eher in einer anderen Kennzeichnung wiederzuerkennen glauben (vergleiche BGH, Urteil vom 06.07.2000 – I ZR 21/98 – Drei-Streifen-Kennzeichnung, juris Randnummer 30). Dabei führt eine farbliche Abweichung zwischen den Verfügungsmarken und den Verletzungsmustern nicht aus dem Bereich der Ähnlichkeit heraus. Der Verwechslungsschutz erfasst regelmäßig auch (anders-)farbige Wiedergaben (vergleiche BGH, Urteil vom 12.03.2015 – I ZR 153114 – BMW-Emblem, juris Randnummer 25). Ein Variieren der verwendeten Farbe ändert danach nicht ohne weiteres die unterscheidenden Merkmale einer in schwarz-weiß eingetragenen Marke, da die Farbe nicht als einer der wesentlichen Faktoren angesehen werden kann, die dieser Marke ihre Unterscheidungskraft verleihen. Vielmehr kann die Benutzung verschiedener Farben berücksichtigt werden, solange der Kontrast zwischen der Grundfarbe und den Linien, die die Marke bilden, respektiert wird (vergleiche Gericht der Europäischen Union (EuG), Urteil vom 17.01.2018 – T– 68/16 – Kreuz auf der Seite eines Sportschuhs, juris Randnummer 66).
70Bei Positionsmarken kann für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit ausreichend sein, wenn sich die jeweiligen Positionen der beiden Vergleichszeichen zumindest teilweise überschneiden (OLG München, Urteil vom 28.04.2016 – 6 U 1576/15 – BioWeb- Formstreifen, juris Randnummer 67, 71, bestätigt durch BGH, Urteil vorn 09.11.2017 – 1 ZR 110116 – form-strip II, juris Randnummer 24; zu zwei seitlich aufgebrachten Parallelstreifen auf Sportschuhen vergleiche EuGH, Beschluss vom 17.02.2016 – C – 396/15 P-Shoe Branding Europe/adidas). Da sich aber Streifen als beliebte Verzierung auf einer Vielzahl von Kleidungsstücken befinden, ist insoweit auf deren konkrete Ausgestaltung abzustellen. Dabei ist der Gesamteindruck unter Berücksichtigung der kennzeichnungskräftigen und schwachen Elemente der Verfügungsmarke entscheidend.
71(1)
72Es stehen sich die Verfügungsmarke 1 und die angegriffene Kennzeichnung wie folgt gegenüber:
73
Die Verfügungsmarke 1 wird durch die Kennzeichnung der Außenseite einer Sporthose mit drei parallel verlaufenden gleich großen und breiten sowie farblich kontrastierenden Streifen geprägt. Dass die Marke als „Bildmarke“ im Register des DPMA eingetragen ist, spielt für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der Marke keine Rolle (EuGH, Urteil vom 6.6.2019 – C-223/18 P, BeckRS 2019, 10537). Durch die Strichelung der Konturen der Sporthose wird insbesondere deutlich, dass es dem Markeninhaber im Wesentlichen um die Positionierung der drei Streifen auf einer Sporthose ankam, nicht aber um die konkrete Ausgestaltung selbiger, einschließlich ihrer hellen Grundfarbe oder ihres Schnitts.
75Die Verfügungsmarken zeichnen sich alle in besonderer Weise durch den scharfen Kontrast zwischen den Streifen und der Grundfarbe aus, wobei aufgrund der Gleichfarbigkeit und Gleichförmigkeit der Streifen und der kontrastierenden Abstände eine Art geometrisches Grundmuster mit klaren Konturen entsteht.
76Die angegriffene Kennzeichnung besteht ebenfalls aus parallelen Streifen, die sich auch an der für die Verfügungsmarken geschützten Position befindet. Die identische Übernahme dieser Position auf der angegriffenen Hose spielt für die Zeichenähnlichkeit dem Gesamteindruck nach auch eine maßgebliche Rolle. Dies relativiert sich jedoch dadurch, dass sich die Position entlang der Außennaht zur Verdeckung selbiger und als Blickfang auch im Übrigen für die Anbringung einer Verzierung an einer Hose anbietet und insoweit auch üblicherweise verwendet wird.
77Auch der Umstand, dass ein bedrucktes Zierband verwendet wird und nicht drei einzelne Streifen aufgenäht sind, führt nicht per se aus der Verwechslungsgefahr heraus, da dies aus einiger Entfernung bereits nicht mehr als solches erkennbar ist und das Zierband zudem der Drei-Streifen-Kennzeichnung nachempfunden ist, indem die Grundfarbe des Bekleidungsstücks auch auf dem Zierband wiederaufgenommen ist. Auch wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, es handle sich um einen „Zwischenraum“ zwischen den drei weiß–blau–weißen Streifen, unterscheidet sich die angegriffene Kennzeichnung ihrem Gesamteindruck nach jedoch deutlich von den Verfügungsmarken. Nachdem die angegriffene Kennzeichnung gerade nicht die drei, im gleichen Abstand voneinander stehenden, gleichfarbigen Streifen aufweist, die sich jeweils im entsprechenden streifenbreiten Abstand von der Grundfarbe des Kleidungsstücks absetzen, fehlt ihr die augenfällige und scharfe Kontrastierung und Konturierung zur Grundfarbe. Die geradlinige und scharfe Kontrastierung führt aber dazu, dass den angesprochenen Verkehrskreisen insbesondere die gleiche Beabstandung ins Auge fällt. Hierbei handelt es sich um ein wesentliches Merkmal aller Verfügungsmarken (vergleiche Gerechtshof Den Haag, Urteil vom 28.01.2020 – 200.235.724/01, https://uitspraken.rechtspraak.nl/#!/details?id=ECLI:NL:GHDHA:2020:72&showbutton=true, Randnummer 21. ff, 24, 25, deutsche Übersetzung: Anlage AG1).
78Dadurch und durch die Gleichfarbigkeit der Streifen kommt deren geometrische Regelmäßigkeit besonders zur Geltung und unterscheidet sich damit von beliebigen anderen drei Streifen beziehungsweise fünf Streifenmustern. Dass es sich bei der Gleichfarbigkeit um ein zentrales Charakteristikum der Verfügungsmarken handelt, folgt auch aus der in der Markenanmeldung enthaltenen Beschreibung der Verfügungsmarke 3: „ … three stripes [are] of the same color contrasting with the color of the garment, [they are] equidistant, parallel, separated by two intervals; they are arranged vertically and symmetrically on each side of the garment“. Dabei wird nicht verkannt, dass farbliche Abweichungen von der Eintragung prinzipiell unerheblich sind, da Verwechslungsschutz regelmäßig auch andere farbliche Wiedergaben umfasst, wenn die Marke – wie hier – nicht in Farbe, sondern in schwarz-weiss eingetragen ist. Entsprechend der Beschreibung gibt der Schutzumfang jedoch drei Streifen in derselben Farbe vor, um durch das gleichförmige zweifarbige Muster gerade den Kontrast zur Grundfarbe des Kleidungsstücks augenfällig hervorzuheben.
79Die angegriffenen Streifen sind im Gegensatz dazu verschiedenfarbig, indem die äußeren beiden Streifen weiß sind und der innere Streifen dunkelblau. Ein weiterer Unterschied findet sich in der Breite der Streifen zu denjenigen der Verfügungsmarken und darin, dass diese nicht in gleicher Breite beabstandet sind. Vielmehr sind die äußeren weißen Streifen deutlich schmaler, während der mittlere Streifen deutlich breiter ist. Dabei fällt der mittlere Streifen aufgrund seiner Breite sowie seiner stark kontrastierenden, dunklen Farbe besonders ins Auge, während die beiden weißen Streifen diesen eher verzierend umspielen. Die in der Grundfarbe gehaltenen Trennstreifen sind äußerst schmal gehalten und aus einiger Entfernung kaum noch wahrnehmbar. Insoweit entsteht bei den angegriffenen Zeichen gerade kein gleichförmiges, geometrisch anmutendes zweifarbiges Streifenmuster, so dass insbesondere die scharfe Kontrastierung, die für die Verfügungsmarken charakteristisch ist und die der angesprochene Verkehr mit den Verfügungsmarken verbindet, entfällt.
80Der angesprochene, durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittverbraucher, auf den hier abzustellen ist (vergleiche BGH, Urteil vom 06.07.2000 – I ZR 21/98 – Drei-Streifen-Kennzeichnung, juris Randnummer 29; EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Randnummer 26 – Lloyd; BGH, Urteil vom 18.6.1998 – I ZR 15/96, GRUR 1998, 942, 943 = WRP 1998, 990 – ALKA-SELTZER; GRUR 2000, 506, 508 – ATTACHE/TISSERAND), wird gerade nicht irgendwie geartete drei parallele Streifen mit den Verfügungsmarken in Verbindung bringt, sondern ihm werden aufgrund der Bekanntheit der Verfügungsmarken ihre wesentlichen Gestaltungsmerkmale wie die gleichförmige Kontrastierung in Erinnerung sein. Denn erfahrungsgemäß bleiben dem Verkehr unterscheidungskräftige, insbesondere berühmte Kennzeichnungen eher in Erinnerung, insbesondere wenn ihm diese täglich im nahen Umfeld begegnen. Nach alledem bieten die Vergleichszeichen trotz der von der Verfügungsklägerin angeführten identischen Anzahl und Parallelität der Streifen, ihres Kontrastes zur Untergrundfarbe des Produkts sowie der Länge und des Abstandes der Streifen zueinander dennoch einen nicht zu verwechselnden Gesamteindruck.
81Würde man allein auf die einzelnen Bestandteile abstellen und bereits aufgrund derer eine Verwechslungsgefahr annehmen, bestünde die Gefahr einer Monopolisierung von drei oder fünf Streifenmustern selbst für solche Fälle, in denen die Verfügungsklägerin selber keine Verwechslungsgefahr angenommen hat:
82
(2)
84Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für den Zeichenvergleich der angegriffenen Zeichen mit den Verfügungsmarken 2 und 3 im Hinblick auf die streitgegenständliche Trainingsjacke:
85
Auch hier stehen die schwarzen beziehungsweise weißen Streifen der Verfügungsmarken 2 und 3 in starkem Kontrast zu dem jeweiligen Untergrund und bilden mit diesem ein geradliniges, gleichförmiges Muster. Im Gegensatz dazu dominiert bei dem angegriffenen Streifenmuster der auf der Außenseite des Ärmels beziehungsweise vertikal entlang des Torsos unter dem Arm verlaufende schwarze Mittelstreifen, der von zwei schmalen weißen Streifen umgeben ist, wobei die zwei in der Grundfarbe der Jacke gehaltenen schmalen goldenen Streifen bereits aus geringer Distanz kaum noch wahrgenommen werden können. Damit ergibt sich auch hier ein derart anderer Gesamteindruck der Vergleichszeichen, dass auch unter Berücksichtigung der Warenidentität beziehungsweise hohen Warenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben ist. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass das Auge der angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der Bekanntheit der Verfügungsmarken hinreichend geschult ist, das charakteristische Muster der Verfügungsmarken von anderen Streifenkennzeichnungen abzugrenzen,
87Zudem ist die streitgegenständliche Jacke auf der Rückseite deutlich sichtbar mit dem sogenannten „Swoosh“ gekennzeichnet, welches zusätzlich gegen eine Verwechslungsgefahr spricht:
88Soweit die Verfügungsklägerin insoweit anführt, der Verkehr sei an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt und würde insoweit von einer Kooperation von R. und T. ausgehen, steht dieser Annahme der ausreichende Zeichenabstand entgegen.
90II.
91Der Verfügungsklägerin steht auch kein Unterlassungsanspruch aus dem hilfsweise geltend gemachten Bekanntheitsschutz der Drei-Streifen-Kennzeichnung für Sport- und Freizeitbekleidung gemäß Paragraph 14 Absatz 2 Nummer 3 MarkenG zu.
92Nach dieser Vorschrift steht dem Markeninhaber ein Anspruch auf Unterlassung gegen Dritte zu, die ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
931.
94Zunächst handelt es sich bei der Drei-Streifen-Kennzeichnung an den maßgeblichen Positionen offenkundig um ein im Inland bekanntes Zeichen, Paragraph 291 ZPO. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen unter vorstehender Ziffer I. 3. Buchstabe b) Bezug genommen.
952.
96Es fehlt indes an der von Paragraph 14 Absatz 2 Nummer 3 MarkenG vorauszusetzenden Zeichenähnlichkeit zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen, sodass den Verfügungsmarken gegenüber den von der Verfügungsbeklagten verwendeten Zeichen kein Bekanntheitsschutz zu gewähren ist.
97Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit im Rahmen des Bekanntheitsschutzes ist festzustellen, ob eine klangliche, schriftbildliche oder begriffliche Ähnlichkeit zwischen den zu vergleichenden Zeichen besteht. Dabei sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Wegen des erweiterten Schutzbereichs einer bekannten Marke reicht als Maßstab grundsätzlich aus, dass die gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden (vergleiche BGH, GRUR 2009, 772 Randnummer 71 mit weiteren Nachweisen – Augsburger Puppenkiste). Dafür ist erforderlich, dass die angegriffenen Zeichen infolge einer teilweisen Übereinstimmung in einem wesensgleichen Kern oder einer Übereinstimmung in ihrem Sinngehalt dem Inhaber der älteren Marke zugeordnet werden (BGH, GRUR 2004, 779, 782 – Zwilling/Zweibrüder). Nicht ausreichend ist dagegen, dass ein Zeichen geeignet ist, durch bloße Assoziation an ein fremdes Kennzeichen Aufmerksamkeit zu erwecken (vergleiche BGH, GRUR 2009, 772 Randnummer 69 – Augsburger Puppenkiste).
98Nach der auf dieser Grundlage vorzunehmenden Prüfung wird der Verkehr im vorliegenden Fall die angegriffenen Zeichen nicht in relevantem Umfang gedanklich mit den Verfügungsmarken in Verbindung bringen, da die Zeichen einander unähnlich sind. So ist entsprechend vorstehender Ausführungen unter Ziffer I. 3. Buchstabe c) keine auch nur teilweise Übereinstimmung in einem wesensgleichen Kern gegeben. Vielmehr fehlt es den angegriffenen Zeichen an dem Charakteristikum der Verfügungsmarken, nämlich dem gleichförmigen zweifarbigen Streifenmuster, welches sich von der Grundfarbe des Kleidungsstücks kontrastierend abhebt und welches der an Sportbekleidung interessierte Verkehr mit den Verfügungsmarken verbindet, so dass aufgrund der Unähnlichkeit im Gesamteindruck eine gedankliche Verknüpfung mit diesen vom maßgeblichen Verkehr bei Betrachtung der angegriffenen Zeichen selbst dann nicht erfolgt, wenn der Verkehr das angegriffene Zeichen lediglich als Verzierung auffasst.
993.
100Da es an der Zeichenähnlichkeit fehlt, kann hier weder eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Verfügungsmarken noch eine Beeinträchtigung ihrer Unterscheidungskraft oder Wertschätzung angenommen werden. Dies gilt auch für ein Erschleichen von Aufmerksamkeit.
101Weitere Anhaltspunkte dafür, dass das von der Verfügungsbeklagten verwendete Streifenmuster trotz der zuvor herausgestellten Unähnlichkeit zu den Verfügungsmarken geeignet ist, die Identität der Verfügungsmarke und ihre Bekanntheit beim Publikum zu schwächen, sind nicht ersichtlich und auch nicht von der Verfügungsklägerin dargetan. Auch für die Umstände, inwieweit diese Gestaltung zu einer Beeinträchtigung der Wertschätzung der Verfügungsmarken führen soll oder ein „parasitäres Verhalten" beziehungsweise „Trittbrettfahren" vorliegt, fehlt es an hinreichendem Sachvortrag der insoweit darlegungs- und glaubhaftmachungsbelasteten Verfügungsklägerin. Insoweit wird von Seiten der Verfügungsklägerin unberücksichtigt gelassen, dass gerade die hohe Bekanntheit der Verfügungsmarken auch mit der Kenntnis der Konsumenten hinsichtlich ihrer genauen Ausgestaltung einhergeht. Prägend ist dabei das gleichförmige, zweifarbigen Streifenmuster, das nicht umsonst allen drei Verfügungsmarken und weiteren Marken der Verfügungsklägerin gemein ist. Ein „parasitäres Verhalten" beziehungsweise „Trittbrettfahren" würde aber eine gezielte Nachahmung bedeuten, die hier aufgrund des unterschiedliches Gesamteindrucks gerade nicht erkennbar ist.
102III.
103Auch soweit die Verfügungsklägerin ihre Unterlassungsansprüche auf ihre Benutzungsmarke an der Drei-Streifen-Kennzeichnung für Sport- und Freizeitschuhe sowie Sport- und Freizeitbekleidung entsprechend der Paragraphen 4 Nummer 2 und Nummer 3 MarkenG stützt, scheiden diese ebenfalls mangels Verwechslungsgefahr aus. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen unter Ziffer I. 3. Buchstabe c) verwiesen.
104IV.
105Der Verfügungsklägerin steht auch kein Unterlassungsanspruch nach Paragraphen 3, 4 Nummer 3, 5 Absatz 2, 8 Absatz 1 UWG gegen die Verfügungsbeklagte zu.
106Nach Paragraph 4 Nummer 3 Buchstabe b) UWG handelt unlauter, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt. Dabei stehen der individualrechtliche Schutz aus dem Markengesetz und der lauterkeitsrechtliche Schutz nach den Regelungen des UWG grundsätzlich nebeneinander (vergleiche BGH, GRUR 2013, 1161 – Hard Rock Café; Weiler in: Beck’scher Onlinekommentar, MarkenR, 36. Edition 01.01.2024, Paragraph 2 Randnummer 21). Es ist jedoch grundsätzlich von einem Gleichlauf der Ansprüche und damit zwar keinem formellen, aber einem materiellen Vorrang des Markenrechts vor dem Lauterkeitsrecht auszugehen (vergleiche BGH, GRUR 2020, 1311 – Vorwerk; BGH, GRUR 2018, 935 – goFit; BGH, GRUR 2018, 924 – ORTLIEB; BGH, GRUR 2016, 965 – Baumann II; Weiler in: Beck’scher Onlinekommentar, MarkenR, 36. Edition 01.01.2024, Paragraph 2 Randnummer 22). Demnach sind die markenrechtlichen Wertungen auch bei der Prüfung der lauterkeitsrechtlichen Ansprüche zu berücksichtigen.
107Insoweit hat die Verfügungsklägerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass es sich bei den angegriffenen Trainingshosen beziehungsweise -jacken der Verfügungsbeklagten um unlautere Nachahmungen ihrer Produkte handelt, deren Angebot zugleich eine unlautere Rufausbeutung, eine sittenwidrige gezielte Behinderung der Geschäftstätigkeit der Verfügungsklägerin sowie eine irreführende geschäftliche Handlung darstellt. Denn aufgrund des unterschiedlichen Gesamteindrucks der Vergleichszeichen und der daraus folgenden fehlenden Verwechslungsgefahr fehlt es bereits an einer hinreichenden Nachahmung der Waren der Verfügungsklägerin. Zur Begründung wird ergänzend auf die vorstehenden Ausführungen unter Ziffer I. 3. Buchstabe c) (1) und Ziffer II. verwiesen.
108V.
109Die Kostenentscheidung folgt aus Paragraph 91 Absatz 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus Paragraphen 708 Nummer 6, 711 ZPO.
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