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Die einstweilige Verfügung wird bestätigt.
Die Antragsgegnerin trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
2Beide Parteien stellen Bettwaren her und unterhalten Internetpräsenzen, über die sie ihre Produkte im Fernabsatz vertreiben. Außerdem handelt die Antragsgegnerin mit Waren anderer Hersteller und unterhält ein Filialnetz.
3Am 15. Februar 2023 warb die Antragsgegnerin auf ihrer Internetpräsenz für die Matratzen „Sleepsy Jonor“, „Sleepsy Leron“ und „Dreambiance Constantia“ mit für den Aktionszeitraum 2. Februar bis 3. März 2023 beschränkten Preisermäßigungen. Sie gab für jedes der Modelle eine prozentuale Ermäßigung, den Aktionspreis (als „Ab-Preis“) und einen Streichpreis an. Für das Modell „Sleepsy Jonor“ belief sich die Ermäßigung auf „‑45%“, der Angebotspreis auf € 109,99 und der Streichpreis auf € 199,00. Bei den anderen Modellen waren es 55% bzw. 63% Ermäßigung, Angebotspreise von € 119,99 und € 169,99 sowie Streichpreise von € 269,00 und € 459,00. Wegen der Einzelheiten der Werbung wird auf die als Anlage AS 1 vorgelegten Screenshots der Übersichtsseite des Verzeichnisses „Matratzen“ und der Produktseiten für die drei genannten Matratzen verwiesen.
4Die Antragstellerin hält diese Werbung für unlauter und verweist darauf, dass – was zwischen den Parteien unstreitig ist – die Antragsgegnerin am Sonntag, dem 29. Januar 2023 auf ihrer Internetpräsenz einen Rabatt von „10% […] auf ALLES“ ausgelobt und im Rahmen dieser Aktion jedem Verbraucher einen entsprechenden Nachlass gewährt habe, der (wie auf der Startseite erläutert) im Warenkorb den Rabattcode „SONNTAG10“ eingab.
5Ebenfalls am 15. Februar 2023 war an rechter Stelle der Hauptnavigationsleiste im Kopfbereich der Internetpräsenz der Antragsgegnerin rot hervorgehoben der Menüpunkt „Sale“ angeordnet. Bewegungen des durch das Zeigegerät (Maus, Trackpad o.ä.) gesteuerten Symbols („Mauszeigers“) über diesem Bereich führten zur Anzeige eines Fensters unterhalb der Hauptnavigationsleiste, in dem Navigationsmöglichkeiten innerhalb des Verzeichnisses „Sale“ bereitstanden und ein rotes Werbebanner angezeigt wurde. Das Werbebanner war mit (wie Schneeflocken herunterfallenden) Prozentzeichen, dem Text „TOP-ANGEBOTE zu günstigen Preisen“, einem Störer mit der Aufschrift „NUR FÜR KURZE ZEIT!“ und einem Button mit der Aufschrift „JETZT SPAREN“ versehen. Verlinkt war das Feld mit einer Produktübersichtsseite, auf der 78 Artikel in einer Galerieansicht präsentiert wurden. Dort war für sämtliche Artikel neben dem gültigen Preis ein Streichpreis angegeben, außerdem fand sich für jeden Artikel die Angabe einer negativen Prozentzahl. Unter den Artikeln befanden sich mehrere Matratzen, bei denen – so bei der „OctaSleep Smart Matress“ und der Taschenfederkernmatratze „MSA Hygiene Star“ – der Streichpreis mit dem Zusatz „UVP“ versehen war. Wegen der Einzelheiten wird auf die von der Antragstellerin vorgelegten Screenshots verwiesen, die den oberen Bereich der Startseite bei ausgelöstem Mouseover-Effekt (Anlage AS 2) und die verlinkte Produktübersichtsseite (Anlage AS 2a) zeigen.
6Die Antragstellerin beanstandet diese Darstellung, weil bei einigen der angeblich im „Sale“ befindlichen Artikel der Eigenpreis nicht herabgesetzt worden sei. So habe die Antragsgegnerin – was zwischen den Parteien unstreitig ist – die beide gerade genannten Matratzen zu den genannten Streichpreisen bereits seit Juli 2022 angeboten.
7Auf einen von der Antragstellerin nach vergeblicher Abmahnung gestellten Antrag hin ist der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 28. Februar 2023 verboten worden, wie geschildert zu werben. Wegen der Einzelheiten der ausgesprochenen Verbote wird auf den genannten Beschluss verwiesen. Nachdem die Antragsgegnerin hiergegen Widerspruch eingelegt hat, beantragt die Antragstellerin nunmehr,
8die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
9Die Antragsgegnerin beantragt,
10selbige aufzuheben und den zugrundeliegenden Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
11Sie meint, der Sonntagsrabatt sei bei Ermittlung des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage nicht zu berücksichtigen und hält den UVP-Preisvergleich für zulässig.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Die einstweilige Verfügung ist gemäß §§ 925 Abs. 2, 936 ZPO zu bestätigen.
14I.
15Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist gemäß §§ 935, 940 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig.
161. Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 937 Abs. 1, 943 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 14 S. 2 S. 2 UWG örtlich zuständig.
17a) Die angegriffene Handlung ist im Bezirk des Landgerichts Düsseldorf begangen worden. Die Erfordernisse des Gerichtsstands des Begehungsortes (vgl. dazu LG Düsseldorf, Urteil vom 21. Mai 2021 – 38 O 3/21 [unter I 1 a], GRUR-RS 2021, 12160 [Rn. 10] = WRP 2021, 953 [Rn. 8] = nrwe.de [Rn. 15] m.w.N.) sind erfüllt, weil der Erfolgsort (auch) in Düsseldorf gelegen ist. Beide Parteien sind bundesweit tätig und bieten ihre Leistungen im hiesigen Gerichtsbezirk an. Dementsprechend sollen die beanstandeten Handlungen – das Einstellen und Bereithalten der angegriffenen Darstellungen zum Abruf von der Internetpräsenz der Antragsgegnerin – (unter anderem) die hier ansässigen Verbraucher in ihrer Willensbildung bei Marktentscheidungen beeinflussen und wirken sich auf diese Weise auf die hiesigen Wettbewerbsbedingungen der Parteien aus.
18b) Der deshalb wegen der angegriffenen Handlungen gemäß § 14 S. 2 S. 2 UWG gegebene Gerichtsstand des Begehungsortes ist nicht deshalb nach § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ausgeschlossen, weil die angegriffene Werbung ausschließlich über das Internet verbreitet worden ist.
19aa) Der Ausschlusstatbestand des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG erfasst entgegen seinem für sich betrachtet missverständlichen Wortlaut nicht sämtliche „online“ begangenen unlauteren Handlungen und insbesondere keine Verstöße gegen Vorschriften, die – wie das hier in Rede stehende lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot der §§ 5, 5a UWG – tatbestandlich keinen bestimmten Verbreitungsweg voraussetzen und deren Verletzung über eher formale und leicht oder gar automatisiert festzustellende Verstöße hinausgeht, sondern im Gleichklang mit § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG (nur) solche Zuwiderhandlungen, die sich bei einer Schutzzweckbetrachtung als „im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangene[…] Verstöße[…] gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten“ darstellen und geeignet sind, ein hohes Missbrauchspotential und die Gefahr von Massenabmahnungen zu begründen (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 21. Mai 2021 – 38 O 3/21 [unter I 2], GRUR-RS 2021, 12160 [Rn. 12 bis 33] = WRP 2021, 953 [Rn. 10 bis 31] = nrwe.de [Rn. 17 bis 38] mit umfassenden Nachweisen zum Meinungsstand, wie er sich am 21. Mai 2021 darbot; seitdem ebenfalls für eine enge Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG: OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 8. Oktober 2021 – 6 W 83/21, GRUR-RS 2021, 31866 [unter II 1]; LG Köln Beschluss vom 22. März 2022 – 33 O 166/22, GRUR-RS 2022, 7746; LG Hamburg, Beschluss vom 13. September 2021 – 327 O 184/21, GRUR-RS 2021, 27788 [Rn. 4]; LG Hamburg, Beschluss vom 26. August 2021 – 327 O 214/21, GRUR-RS 2021, 29072 [Rn. 2]; LG Frankfurt/Main, Urteil vom 11. Mai 2021 – 3-06 O 14/21, GRUR-RR 2021, 326 [Rn. 24 ff.]; Hasselblatt, MAH GewRS/Elkeman/Lieckfeld, § 28 Domainrecht Rn. 13; Jung, GRUR 2021, 986; Lampmann, in: ders./Pustovalov, Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht, Rn. 313 f.; Löffel, GRUR-Prax 2021, 761; Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 14 UWG Rn. 29; Ringer/Wiedemann, GRUR-Prax 2021, 732 [734]; Scherer, WRP 2022, 1244 [1229]; seitdem [außerdem oder festhaltend] a.A.: OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Dezember 2021 – 20 U 83/21, GRUR 2022, 183 [unter B I 2 a]; LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 24. November 2021 – 2-06 O 305/21, GRUR-RS 2021, 36128; LG Köln, Beschluss vom 3. November 2021 – 84 O 161/21, GRUR-RS 2021, 36826; LG Stuttgart, Beschluss vom 27. Oktober 2021 – 11 O 486/21, GRUR-RS 2021, 35486 [Rn. 4 ff.]; LG München I, Beschluss vom 2. Juni 2021 – 1 HK O 4892/21, GRUR-RS 2021, 20613; MüKoUWG/Ehricke/Könen, § 14 UWG Rn. 84; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, § 14 UWG Rn. 21a; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Tolkmitt, § 14 UWG Rn. 85; Rastemborski, GRUR-Prax 2022, 62; Zöller/Schultzky, § 32 ZPO Rn. 10; in Teilbereichen für eine einschränkende Auslegung OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Januar 2022 – 20 U 105/21 [unter B 1] für rechtsverletzende Emails und LG München I, Urteil vom 8. November 2021 – 33 O 480/21, GRUR-RS 2021, 35995 [unter A II 2 bis 5] zum Nachrichtenversand über das Internet; die gegen den Beschluss der Kammer vom 16. Februar 2021 – 38 O 14/21 [in dem die örtliche Zuständigkeit auf Grundlage der in dem Beschluss der Kammer vom 15. Januar 2021 – 38 O 3/21, GRUR-RR 2021, 333 entwickelten einschränkenden Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG bejaht worden war] eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit [nicht begründetem und nicht veröffentlichten] Beschluss vom 11. Februar 2022 – 1 BvR 575/21 – nicht zur Entscheidung angenommen). Die Gegenauffassung berücksichtigt – soweit sie sich überhaupt inhaltlich mit der um die Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG geführten Diskussion näher auseinandersetzt – nicht hinreichend, dass der Wortlaut der Vorschrift für sich genommen nicht eindeutig ist und geht vor allem an dem Umstand vorbei, dass eine enge Anlehnung an den Wortlaut zu Ergebnissen führen würde, die mit dem von der der Regelung verfolgten Sinn und Zweck erkennbar nicht mehr in Einklang stehen (vgl. dazu LG Düsseldorf, Urteil vom 21. Mai 2021 – 38 O 3/21 [unter I 1 a cc und dd] sowie die dort in Bezug genommenen Ausführungen von Hohlweck, Isele, Laoutoumai, Lerach, Sosnitza und Spoenle; ebenso OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 8. Oktober 2021 – 6 W 83/21, GRUR-RS 2021, 31866 [unter II 1]; Jung, GRUR 2021, 986; Löffel, GRUR-Prax 2021, 761; zu weiteren Gründen für die hier vertretene Auslegung s.außerdem Scherer, WRP 2022, 1244 [1229]). Die seit Verkündung des Kammerurteils vom 21. Mai 2021 veröffentlichten (und eben nachgewiesenen) Entscheidungen und Stellungnahmen der Literatur geben deshalb keinen Anlass, von der hier vertretenen, einen Gleichklang mit § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG herstellenden Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG abzurücken.
20Einen solchen Grund zeigt auch die Antragsgegnerin mit ihrem Hinweis auf zwischen den Gerichtsstandorten Düsseldorf und Köln bestehende Rechtsprechungsunterschiede nicht auf. Solche Unterschiede sind Folge konkurrierender Zuständigkeiten und sie gleichen sich erfahrungsgemäß im Laufe der Zeit aus. Soweit das – etwa infolge einer Beschränkung des Instanzenzuges – nicht gänzlich gelingt, kann dem nicht durch die von der Antragsgegnerin gewünschte Versagung eines gegebenen Wahlgerichtsstands entgegen gewirkt werden. Unterschiedliche Auslegungen des prozessualen oder sachlichen Rechts bedeuten schließlich keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Unabhängig von alledem wirken sich die Unterschiede in den Anforderungen an die Dringlichkeitsfrist ohnehin nicht aus, wie sich aus den Ausführungen nachfolgend unter I 2 d ergibt.
21bb) Nach dem aufgezeigten Verständnis von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG greift dieser Ausschlusstatbestand nicht ein. Insoweit kommt es entgegen der Argumentation der Antragsgegnerin in ihrem Widerspruch allerdings nicht darauf an, ob die von ihr gewählte Ausgestaltung des Sonntagsrabatts angesichts der von dem Kunden vorzunehmenden Eingabe des Rabattcodes während des Bestellprozesses außerhalb von Telemedien wiederholbar wäre. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin nicht die am 29. Januar 2023 ausgespielte Werbung mit dem Sonntagsrabatt angreift, sondern werbliche Darstellungen, die am 15. Februar 2023 zum Abruf von der Internetpräsenz der Antragsgegnerin bereitstanden, ist für die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht entscheidend, welcher Mittel sich die angegriffene geschäftliche Handlung bedient, sondern ob das anzuwendende materielle Recht tatbestandlich gerade an ein Handeln im elektronischen Rechtsverkehr anknüpft, und ob die gerügte Zuwiderhandlung eher formaler Natur ist und sich besonders leicht oder sogar automatisiert feststellen lässt. Beides ist bei den von der Antragstellerin beanstandeten Verstößen nicht der Fall, weshalb sie vom Regelungszweck der § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG und § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht erfasst werden. Das schließt die monierte Verletzung von § 11 Abs. 1 PAngV ein, die nach dem Vortrag der Antragstellerin in einer inhaltlichen Fehlinformation der Verbraucher besteht.
222. Der gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund ist gegeben. Die sich hierfür aus § 12 Abs. 1 UWG ergebende Vermutung ist nicht widerlegt.
23a) Für die Beurteilung, ob es einer vorläufigen Regelung durch eine einstweilige Verfügung bedarf, kann im gesamten Anwendungsbereich der §§ 935, 940 ZPO – einschließlich der Frage, ob die sich aus § 12 Abs. 1 UWG ergebende Vermutung der Dringlichkeit widerlegt ist – das Verhalten des Antragstellers von Bedeutung sein, weil dessen zögerliche Vorgehensweise indizieren kann, dass sein Interesse an einer vorläufigen Regelung nicht hinreichend groß ist, um den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2017 – X ZB 2/17 [unter II 3 b aa]; Beschluss vom 1. Juli 1999 – I ZB 7/99, GRUR 2000, 151 [unter II]). Dabei lässt sich in durchschnittlichen Fällen aus einem Zuwarten des Antragstellers mit der Rechtsverfolgung von etwa zwei Monaten – regelmäßig beginnend mit der Kenntnisnahme des Antragstellers von der Verletzungshandlung – noch nicht der Schluss ziehen, die Sache sei ihm selbst nicht eilig (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. April 1998 – 20 U 155/97, NJWE-WettbR 1999, 15 [unter I 2]; Urteil vom 2. Mai 2019 – 20 U 116/18, BeckRS 2019, 10070 [unter B I; insoweit in GRUR-RR 2019, 368 nicht abgedruckt]).
24b) Anzeichen, die danach für eine Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung sprechen könnten, liegen nicht vor. Der Verfügungsantrag ist am 27. Februar 2023 bei Gericht eingegangen und die Antragstellerin hat ihren unwiderlegten Angaben zufolge weniger als zwei Monate zuvor – nämlich am 15. Februar 2023 – Kenntnis von dem beanstandeten Verhalten der Antragsgegnerin erlangt.
25c) Soweit die Antragsgegnerin für den Beginn der Dringlichkeitsfrist auf den 29. Januar 2023 abstellen möchte, erschließt sich das der Kammer nicht. Zwar wurden an diesem Tag von der Antragstellerin oder ihren Bevollmächtigten Screenshots von der Internetpräsenz der Antragsgegnerin gefertigt. Da zu diesem Zeitpunkt die letztlich beanstandete Werbung der Antragsgegnerin noch gar nicht begonnen hatte (und mithin noch keine Verletzungshandlung vorlag), bestand an diesem Tag für die Antragstellerin kein Anlass, gegen die Antragsgegnerin tätig zu werden. Demzufolge konnte eine Dringlichkeitsfrist nicht zu laufen beginnen. Daran würde sich im Übrigen selbst dann nichts ändern, wenn die Antragstellerin – wie die Antragsgegnerin mutmaßt – den Verdacht gehegt haben sollte, die Antragsgegnerin könne den Sonntagsrabatt bei späteren Ankündigungen von Preisermäßigungen außer Acht lassen. Es bestand deshalb für die Antragstellerin kein Anlass, im Rahmen einer – für Umstände aus ihrer Sphäre grundsätzlich in Betracht kommenden – sekundären Darlegungslast zu den Motiven für die Erstellung der Screenshots am 29. Januar oder den Umständen ihres Zustandekommens vorzutragen.
26Ebenfalls nicht nachvollzogen werden kann, weshalb die Antragsgegnerin von am 2. Februar 2023 angefertigten Screenshots spricht. Screenshots von diesem Tag wurden in diesem Verfahren nicht vorgelegt und die Antragstellerin hat nicht vorgetragen, solche Screenshots angefertigt zu haben oder darüber zu verfügen. Sollte die Antragsgegnerin andeuten wollen, die Antragstellerin hätte an diesem Tag – auf den der Beginn der angegriffenen Rabattaktion fällt – die Verletzungshandlung bemerken können, wäre das unter Dringlichkeitsgesichtspunkten unerheblich. Selbst wenn die Antragstellerin am 29. Januar 2023 den Verdacht gehegt haben sollte, die Antragsgegnerin werde diese Preissenkung bei späteren Rabattaktionen verschweigen, ergäbe sich daraus nicht die Verpflichtung, nun die von der Antragsgegnerin betriebene Werbung fortlaufend zu beobachten (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27. September 2011 – 4 U 102/11, BeckRS 2011, 25082 [unter B I]).
27d) Die Frage, ob die Dringlichkeitsfrist nach den im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln angelegten Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung des § 12 Abs. 1 UWG ebenfalls gewahrt wäre, ist unerheblich. Im Übrigen wäre sie zu Lasten der Antragsgegnerin zu beantworten: Ausweislich der von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidung ist nach jenen Maßstäben die Dringlichkeitsvermutung in der Regel widerlegt, wenn der Unterlassungsgläubiger ohne zwingende Gründe einen Zeitraum von mehr als einem Monat bis zur Antragstellung verstreichen lässt (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 22. Januar 2010 – 6 W 149/09, GRUR-RR 2010, 493). Diese Spanne wäre selbst dann nicht überschritten, wenn man mit der Antragsgegnerin auf den – ohnehin nicht maßgeblichen – Sonntag, den 29. Januar 2023 abstellen wollte.
283. Ein zur Unzulässigkeit der Ausübung prozessualer Befugnisse führender Verstoß der Antragstellerin gegen § 242 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2018 – I ZR 26/17 – Prozessfinanzierer [unter B III 2 c]) oder gegen § 8c Abs. 1 UWG (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 – I ZR 174/10 – Bauheizgerät [unter II 3 a] zur Vorläufervorschrift des § 8 Abs. 4 UWG a.F.) liegt nicht vor. Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, sondern von der dem Anspruchssteller durch § 35 ZPO eingeräumten Befugnis gedeckt, unter mehreren in Frage kommenden Gerichten dasjenige auszuwählen, bei dem nach seiner Einschätzung voraussichtlich die besten Erfolgsaussichten für sein konkretes Begehren bestehen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2013 – I ZB 39/13 – Klageerhebung an einem dritten Ort [unter III 2 b bb]; KG, Beschluss vom 25. Januar 2008 – 5 W 371/07, GRUR-RR 2008, 212 [unter 3 b bb (2)]).
29II.
30Der Verfügungsantrag ist aus §§ 8 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1; 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2; 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG, 11 Abs. 1 PAngV begründet.
311. Die allgemeinen Voraussetzungen eines auf Wiederholungsgefahr gestützten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs sind erfüllt. Das Einstellen der von der Antragstellerin beanstandeten Darstellungen in die Internetpräsenz der Antragsgegnerin und ihr Bereithalten zum Abruf sind geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG, nämlich ein auf die Förderung des Warenabsatzes der Antragsgegnerin gerichtetes Verhalten einer Person. Diese Handlungen haben die Antragsgegnerin selbst (§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG) oder Personen vorgenommen, deren Verhalten ihr gemäß § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen ist. In Bezug auf diese Handlungen ist die Antragstellerin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aufgrund ihrer eigenen unternehmerischen Tätigkeit anspruchsberechtigt, weil die Parteien als Anbieter von Matratzen Mitbewerber (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG) sind und die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG überschreitet. Da die Handlungen mehrere Unlauterkeitstatbestände verwirklichen (dazu sogleich), sind sie gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig. Ein unzulässiges Verhalten begründet die tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Gefahr der Wiederholung entsprechender Verstöße (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2020 – I ZR 126/18 – WarnWetter-App [unter B III 5 a]).
322. Die Bewerbung der Preisermäßigungen für die Matratzen „Sleepsy Jonor“, „Sleepsy Leron“ und „Dreambiance Constantia“ ist jeweils gemäß §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG, 11 Abs. 1 PAngV unlauter.
33a) Die Antragsgegnerin hat gegen § 11 Abs. 1 PAngV verstoßen, indem sie dem Verbraucher vorenthalten hat, dass sich der günstigste Preis für die drei Matratzen innerhalb der letzten 30 Tage vor dem 2. Februar 2023 nicht auf die angegebenen Streichpreise, sondern auf einen 10% darunter liegenden Betrag belief (also beispielsweise für die Matratze „Sleepsy Jonor“ statt auf € 199 auf € 179,10).
34aa) § 11 Abs. 1 PAngV schreibt (in Umsetzung von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse [PreisangabenRL]) vor, dass derjenige, der zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben hat, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.
35bb) Nach dem zwischen den Parteien unstreitigen Sachverhalt ist nicht zweifelhaft, dass die Antragsgegnerin bei der Werbung für ihre Waren im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 PAngV handelte und gemäß § 3 Abs. 1 PAngV zur Angabe von Gesamtpreisen verpflichtet war.
36cc) Die Werbung mit Preisermäßigungen für die drei Matratzen (bei der Matratze „Sleepsy Jonor“ beispielsweise mit „-45%“) hat die Pflicht zur Angabe des niedrigsten für diese Matratze in den letzten 30 Tagen vor Angebotsbeginn angewendeten Preises ausgelöst.
37dd) Der Verpflichtung zur Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage hat die Antragsgegnerin nicht entsprochen.
38(1) Sie hat mit den Streichpreisen jeweils den zeitlich zuletzt – also unmittelbar vor Beginn der Aktion – geforderten Preis genannt. Demgegenüber sind die am Sonntag, dem 29. Januar 2023 von der Antragsgegnerin ausgelobten, um 10% abgesenkten Preise unerwähnt geblieben. Das verstößt gegen § 11 Abs. 1 PAngV, weil es sich bei diesen reduzierten Preisen jeweils um den niedrigsten für die einzelnen Artikel von der Antragsgegnerin innerhalb der letzten 30 Tage vor Beginn der Preisermäßigung angewandten Preis gehandelt hat.
39(2) Diesem Ergebnis stehen die von der Antragsgegnerin erhobenen, auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 PAngV gestützten systematischen Bedenken nicht entgegen.
40Die Antragsgegnerin meint, es komme auf die am 29. Januar 2023 rabattierten Preise nicht an. § 11 Abs. 1 PAngV verpflichte ausdrücklich zur Angabe des niedrigsten Gesamtpreises der letzten 30 Tage. Einen den Sonntagsrabatt von 10% berücksichtigenden Gesamtpreis habe sie aber am 29. Januar 2023 gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 PAngV nicht angeben müssen, weil es sich bei dem Sonntagsrabatt um eine nach Kalendertagen zeitlich begrenzte und durch Werbung bekannt gemachte generelle Preisermäßigung gehandelt habe. Mangels Verpflichtung, am 29. Januar einen neuen Gesamtpreis anzugeben, greife § 11 Abs. 1 PAngV mit seiner Anknüpfung an den Gesamtpreis nicht ein.
41Unabhängig davon, ob diese von der Antragsgegnerin aus dem Wortlaut von § 11 Abs. 1 PAngV und dem Regelungszusammenhang abgeleitete Sichtweise für sich gesehen überzeugt, kann ihr jedenfalls deshalb nicht beigetreten werden, weil eine solche einschränkende Auslegung von § 11 Abs. 1 PAngV nicht im Einklang mit dem Unionsrecht steht. Ein Tatbestandsmerkmal „Gesamtpreis“ ist in Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL – deren Umsetzung § 11 Abs. 1 PAngV dient – nicht enthalten. Verlangt wird schlicht die Angabe des „vorherigen Preises“, der als der „niedrigste Preis“ definiert ist, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung gefordert hat. Für die von der Antragsgegnerin angestellten systematischen Erwägungen fehlt unionsrechtlich ein Anknüpfungspunkt, weil die PreisangabenRL eine § 9 Abs. 1 Nr. 2 PAngV entsprechende Regelung nicht enthält. Sie sieht – vorbehaltlich hier nicht einschlägiger, in Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 PreisangabenRL vorgesehener Ausnahmen – in ihrem Anwendungsbereich stets des Angabe des – alle Steuern einschließenden – Verkaufspreises vor, Artt. 1, 2 lit. a, 3 Abs. 1 S. 1 PreisangabenRL. Vor diesem Hintergrund verstieße eine Auslegung der in § 11 Abs. 1 PAngV enthaltenen Anknüpfung an den Gesamtpreis in einer Weise die dazu führte, dass vorangehende generelle und vorübergehende Preisermäßigungen, bei denen aufgrund der in der PreisangabenVO kein Vorbild findenden Sonderregelung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 PAngV für die Zeit ihrer Anwendung kein neuer Gesamtpreis angegeben werden musste, bei der Ermittlung des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage außer Betracht zu bleiben haben, gegen unionsrechtliche Vorgaben. Eine solche Lesart hätte zur Folge, dass dem Verbraucher bestimmte niedrige Preise nicht anzugeben wären, obwohl Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL deren Angabe vorsieht.
42Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zulässig und gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV unionsrechtlich geboten (vgl. EuGH, Urteil vom 11. September 2019 – C-143/18, Antonio Romano u.a. ./. DSL Bank… [Rn. 37 ff.]; Urteil vom 7. August 2018 – C-122/17, David Smith ./. Patrick Meade u.a. [Rn. 36 ff.]) ist demgegenüber eine an Wortlaut und Zweck der PreisangabenRL ausgerichtete Auslegung von § 11 Abs. 1 PAngV dahin, dass mit der Wendung „niedrigster Gesamtpreis“ nicht bestimmte in der Vergangenheit liegende generelle Preisermäßigungen bei der Ermittlung des niedrigsten Preises ausgeklammert werden sollen, sondern klargestellt wird, dass der niedrigste Preis als Gesamtpreis anzugeben ist.
43(3) Dem Sinn und Zweck der in Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL unionsrechtlich vorgegebenen und in § 11 Abs. 1 PAngV in nationales Recht umgesetzten Informationspflicht entspricht es, die am 29. Januar 2023 von der Antragsgegnerin ausgelobten rabattierten Preise bei der Ermittlung des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage zu berücksichtigen. Bei dem Sonntagsrabatt handelte es sich um eine generelle, jedem Verbraucher nach Aufruf der Internetpräsenz zugänglich gemachte Preisermäßigung. Dass die Anwendung des abgesenkten Preises durch die Antragsgegnerin die vorherige Eingabe des Rabattcodes durch den Verbraucher voraussetzte, ist unerheblich. Nach der maßgeblichen Wahrnehmung des Durchschnittsverbrauchers nimmt diese Ausgestaltung der Rabattaktion nicht ihren Charakter als allgemeine Preisermäßigung, da der Verbraucher in der Notwendigkeit zur Eingabe eines allgemein bekannt gemachten Rabattcodes keine echte Personalisierung oder sonstige Beschränkung des Rabatts erblickt, sondern ein der reibungslosen technischen Abwicklung geschuldetes formelles Erfordernis.
44b) Der Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV zieht die Unlauterkeit der betreffenden geschäftlichen Handlung der Antragsgegnerin nach sich. Indem die Antragsgegnerin gegen § 11 Abs. 1 PAngV verstieß, hat sie sich zugleich gemäß §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG unlauter verhalten.
45aa) Nach § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer dem Verbraucher oder sonstigem Marktteilnehmer eine wesentliche Information vorenthält, die dieser nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2).
46Als wesentlich im Sinne dieser Regelung gelten gemäß § 5b Abs. 4 UWG auch solche Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. Über diesen Verweis auf im Unionsrecht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation festgelegte Informationsanforderungen werden diese Bestimmungen in den Anwendungsbereich der UGPRL im Sinne einer gegenseitigen Ergänzung einbezogen mit der Folge, dass im Falle einer Verletzung solcher Informationspflichten Art. 7 Abs. 1 bis Abs. 3 UGPRL – und damit einhergehend die sie umsetzenden Regelungen in § 5a Abs. 1 bis Abs. 3 UWG – anzuwenden sind, soweit nicht das spezielle Informationsanforderungen festlegende Unionsrecht besondere Aspekte der auf seine Lauterkeit zu prüfenden Geschäftspraktiken in einer mit den Vorgaben der UGPRL unvereinbaren Weise regelt (vgl. näher zu diesem Zusammenspiel mit weiteren Nachweisen Kammerurteil vom 11. November 2022 – 38 O 144/22 [unter II 2 a cc], kostenfrei abrufbar unter nrwe.de [dort Rn. 53 bis 55] = LMuR 2023, 170 mit Anm. Stange Rn. 46 bis 48 = GRUR-RS 2022, 39854 Rn. 47 bis 49 = juris Rn. 49 bis 51).
47bb) Die von § 11 Abs. 1 PAngV vorgesehenen Informationsanforderungen sind solche, die im Sinne von § 5b Abs. 4 UWG die kommerzielle Kommunikation betreffen und als wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 1 UWG gelten (vgl. dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen Kammerurteil vom 11. November 2022 – 38 O 144/22 [unter II 2 a bb], kostenfrei abrufbar unter nrwe.de [dort Rn. 42 bis 52] = LMuR 2023, 170 mit Anm. Stange Rn. 35 bis 45 = GRUR-RS 2022, 39854 Rn. 36 bis 46 = juris Rn. 38 bis 48).
48cc) Die Antragsgegnerin hat dem Verbraucher in den beanstandeten Darstellungen auf ihrer Internetpräsenz solche wesentlichen Informationen vorenthalten, weil sie den gemäß § 11 Abs. 1 PAngV zu nennenden niedrigsten Preis der letzten 30 Tage nicht angegeben hat.
49dd) Die ihm vorenthaltenen wesentlichen Informationen benötigt der Verbraucher nach den Umständen, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und ihr Vorenthalten ist geeignet, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Werden dem Verbraucher wesentliche Informationen vorenthalten, liegen im Regelfall die gerade genannten, in § 5a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 UWG umschriebenen weiteren Tatbestandsmerkmale vor und es obliegt dem Unternehmer vorzutragen, dass der Informationserfolg bereits auf anderem Wege erreicht worden ist oder sonst ein Ausnahmefall vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 – I ZR 111/22 – Mitgliederstruktur [unter B III 6]; Urteil vom 7. April 2022 – I ZR 143/19 – Knuspermüsli II [unter B II 3 a]; Urteil vom 2. März 2017 – I ZR 41/16 – Komplettküchen [unter II 4 e bb und cc]; s.a. Urteil vom 21. Januar 2021 – I ZR 17/18 – Berechtigte Gegenabmahnung [unter II 7 e bb]; Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 184/17 – Energieeffizienzklasse III [unter II 3 c bb (2) und (5)]). Die Antragsgegnerin hat keine in diese Richtung weisenden Umstände aufgezeigt.
503. Die Bewerbung der Matratzen der „OctaSleep Smart Matress“ und „MSA Hygiene Star“ ist jeweils gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 UWG unlauter.
51a) Gemäß § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Irreführend ist eine geschäftliche Handlung nach § 5 Abs. 2 UWG, wenn sie entweder (Fall 1) unwahre Angaben oder aber (Fall 2) sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über einen der nachfolgend in der Vorschrift aufgezählten Bezugspunkte enthält. In diesem Sinne irreführend sind in einer geschäftlichen Handlung enthaltene Angaben, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen wecken, an die sich die Handlung richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt, wobei es auf den von der geschäftlichen Handlung bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorgerufenen Gesamteindruck ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2022 – I ZR 203/20 – Webshop Awards [unter II 2 b aa]), weshalb die gesamte geschäftliche Handlung zu würdigen ist und nicht lediglich auf einzelne Elemente derselben abgestellt werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 93/21 – 7 x mehr [unter B I 2 a cc (1)]).
52Richtet sich eine geschäftliche Handlung an das allgemeine Publikum und damit zumindest auch an Verbraucher im Sinne von § 2 Abs. 2 UWG in Verbindung mit § 13 BGB, ist für ihre Beurteilung auf das Verständnis eines normal informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen, der einer geschäftlichen Handlung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, wobei der Begriff des Durchschnittsverbrauchers nicht auf statistischen, sondern auf normativen Maßstäben beruht und einen fiktiven typischen Verbraucher bezeichnet, dessen mutmaßliche Reaktion von den Gerichten regelmäßig aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren durch Anwendung speziellen Erfahrungswissens festzustellen ist (vgl. Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt [UGPRL]; EuGH, Urteil vom 16. Juli 1998 – Rs. C-210/96, Gut Springenheide GmbH und Rudolf Tusky ./. Oberkreisdirektor des Kreises Steinfurt [Rn. 31 f., 35 f. und 37]; Urteil vom 26. Oktober 2016 – Rs. C-611/14 Canal Digital Danmark A/S [Rn. 39 f.]; Urteil vom 7. Juni 2018 – C-44/17, Scotch Whisky Association ./. Michael Klotz [Rn. 45, 47, 52 und 56]; Urteil vom 9. September 2021 – C-406/20, Phantasialand ./. Finanzamt Brühl [Rn. 46 f.]; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 – I ZR 167/97 – Orient-Teppichmuster, GRUR 2000, 619 [unter II 2 b]; Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 – Marktführerschaft [unter II 2 a]; Urteil vom 13. September 2012 – I ZR 230/11 – Biomineralwasser [unter II 2 c aa und unter II 3 a aa]; Urteil vom 8. März 2012 – I ZR 202/10 – Marktführer Sport [unter II 3 c bb]; Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 34/12 [unter II 2]; Urteil vom 24. Januar 2019 – I ZR 200/17 – Das beste Netz [unter B II 2 a]; Urteile vom 7. April 2022 – I ZR 5/21 – Kinderzahnärztin [unter B II 3 c aa und bb] und I ZR 217/20 – Kinderzahnarztpraxis [unter B III 2 b und c]).
53b) Nach diesem Verständnis sind die von der Antragstellerin mit ihrem Antrag 2 angegriffenen Darstellungen irreführend, weil sie geeignet sind, den (unzutreffenden) Eindruck zu erwecken, die Antragsgegnerin habe ihre eigenen Preise für die im Rahmen des „Sale“ angebotenen Produkte abgesenkt.
54aa) Die Darstellung im oberen Bereich der Startseite (Anlage AS 2) mit dem eingerichteten und hervorgehoben darstellten Verzeichnis „Sale“, dessen Bewerbung mit Prozentzeichen und den im Tatbestand geschilderten werblichen Anpreisungen wird der Verbraucher als (Eigen‑)Preissenkungswerbung wahrnehmen und dabei davon ausgehen, dass ihm im Sale Waren angeboten werden, bei denen die Antragsgegnerin den von verlangten Preis herabgesetzt hat. Diese Erwartungserhaltung ergibt sich zwangslos aus den von der Antragsgegnerin verwandten Gestaltungsmitteln.
55Das gilt bereits für die Benennung des Verzeichnisses „Sale“. Ausgangspunkt der Ermittlung des Verständnisses einer Aussage ist regelmäßig deren Wortsinn, da eine für die breite Öffentlichkeit bestimmte Angabe gewöhnlich von einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem allgemeinen Sprachverständnis verstanden wird (vgl. BGH, vom 7. April 2022 – I ZR 5/21 – Kinderzahnärztin [unter B II 3 c cc (1)]; Urteil vom 8. März 2012 – I ZR 202/10 – Marktführer Sport [unter II 4 a]; Urteil vom 26. September 2002 – I ZR 89/00 – THERMAL BAD [unter II 2 a]). Mit „Sale“ ist nach dem allgemeinen Sprachverständnis (vgl. den Eintrag in dem von der Bibliographisches Institut GmbH [Dudenverlag] herausgegebenen und auf ihrer Internetpräsenz duden.de zum Abruf bereitgestellten Wörterbuch, einer verbreitet herangezogenen und den allgemeinen Sprachgebrauch abbildenden Quelle) ein „Schlussverkauf zu ermäßigten Preisen“ gemeint. Dieselbe Definition zeigt die Suchmaschine Google als Definition von Oxford Languages an. Das entspricht der Herkunft des Wortes aus dem englischen Sprachraum, wo es zur Bezeichnung von Aus-, Schluss- und Sonderverkäufen – teils versehen mit Zusätzen wie „clearance“, „mid season“, „autumn“ oder „Boxing Day“ – gebraucht wird und wie es seit der Aufhebung der Vorschriften zum Sonderveranstaltungsrecht im Juli 2004 zunehmend Eingang in die deutsche (Werbe‑)Sprache als Ersatz für die genannten deutschen Bezeichnungen gefunden hat. Entsprechend dieser Wortbedeutung versteht der Verbraucher den Begriff „Sale“ als Preissenkungswerbung und Hinweis auf Sonderangebote. Er wird deshalb naheliegend davon ausgehen, die Antragsgegnerin habe im Verzeichnis „Sale“ diejenigen Waren zusammengestellt, für die sie abgesenkte Preise verlangt. Weiter wird er annehmen, dass es sich dabei um Eigenpreisabsenkungen handelt, weil von einer Absenkung eines Preises nur die Rede sein kann, wenn der Preis zuvor höher lag, und es die Preisabsenkung ist, die ein Angebot zu einem Sonderangebot macht. Nicht erwarten wird er demgegenüber, dass ihm in dem Verzeichnis „Sale“ Angebote präsentiert werden, deren Preisgünstigkeit aus der Gegenüberstellung mit einem anderen Faktor als dem bisherigen Eigenpreis hergleitet werden soll, weil sich ein Ausverkauf (oder Sale) begrifflich durch die Absenkung von Altpreisen auszeichnet.
56Die von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht, das Wort „Sale“ werde heutzutage allgemein zur Bezeichnung von preisgünstigen Angeboten verwandt, ist nicht mit konkretem Vortrag unterlegt und entspricht nicht der Wahrnehmung der Kammer. Abgesehen davon sind etwaige Beobachtungen eines sprachlich undifferenzierten Gebrauchs des Wortes „Sale“ kein Beleg eines allgemeinen Sprach- und Bedeutungswandels dieses Begriffs, sondern Beispiele unlauterer – nämlich die wahre Sachlage verschleiernder und damit irreführender – Werbung, wenn auf diese Weise keine Eigenpreissenkungen, sondern andere Gestaltungen wie beispielsweise „UVP-Schnäppchen“ vorgestellt werden.
57Die von erheblichen Teilen des Verkehrs nach alledem schon aufgrund der Wortwahl der Antragsgegnerin eingenommene Erwartungshaltung wird bestätigt und verstärkt durch die Angaben „NUR FÜR KURZE ZEIT!“ und „JETZT SPAREN“, die ihrerseits aufgrund des enthaltenen zeitlichen Bezugs den Eindruck einer gerade durchgeführten Preisabsenkung hervorrufen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1999 – I ZR 159/97 – Preisknaller, GRUR 2000, 337 [unter I 2 b]).
58bb) Das hervorgerufene Verständnis ist falsch. Die Antragsgegnerin hat auf die beschriebene Weise nicht lediglich echte Sonderangebote im Sinne von Eigenpreisherabsetzungen beworben, sondern beispielsweise mit den Matratzen „OctaSleep Smart Matress“ und „MSA Hygiene Star“ auch Produkte, für die sie schon über Monate vor Beginn ihres „Sale“ eben jene Preise verlangt hat, die sie nun im Rahmen ihres „Sale“ aufruft.
59cc) Unerheblich ist, ob der Verbraucher – wie die Antragsgegnerin meint – nach Aufruf der Übersichtsseite des Verzeichnisses „Sale“ alsbald erkennen wird, dass sich einige der dort präsentierten Waren gar nicht im Sale befinden, sondern es sich um UVP-Vergleiche handelt. Diese Information – so er sie denn der Darstellung tatsächlich entnehmen sollte – erreicht ihn zu spät, nämlich erst zu einem Zeitpunkt, nachdem er bereits die (geschäftliche) Entscheidung getroffen hat, sich über die Startseite hinaus näher mit dem Angebot der Antragsgegnerin zu befassen und zu diesem Zweck das Verzeichnis „Sale“ aufzurufen.
60Eine „geschäftliche Entscheidung“ ist gemäß § 2 Nr. 1 UWG jede Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, Pflichten wahrnehmen oder Rechte ausüben will, unabhängig davon, ob er sich entschließt, tätig zu werden. Unter diesen weit zu verstehenden Begriff (vgl. auch Art. 2 lit. k UGPRL) fallen nicht nur abschließende Entscheidungen etwa über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit zusammenhängende (vorgelagerte) Entscheidungen über vorbereitende Handlungen, die – wie das Aufsuchen eines stationären Geschäfts, das dem gleichstehende Aufrufen eines Verkaufsportals im Internet, die Navigation von der Startseite eines Internetauftritts tiefer in diesen hinein oder den Zugang zu einem im Internet angebotenen Produkt über eine Übersichtsseite – zum Ziel haben, sich mit dort angebotenen Produkten näher zu beschäftigen (vgl. BGH, Urteil vom 9. September 2021 – I ZR 90/20 – Influencer I [unter B II 2 b dd (2)]; Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 184/17 – Energieeffizienzklasse III [unter II 3 c bb (4)]; Urteil vom 14. September 2017 – I ZR 231/14 – MeinPaket.de II [unter II 2 c bb]; EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 – C-281/12, Trento Sviluppo srl u.a. / Autorità Garante delle Concorrenza e del Marcato [Rn. 35 ff.]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Februar 2020 – 15 U 41/19 [unter II 2 b]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 29. August 2014 – 20 U 175/13, GRUR-RS 2014, 19110 [Rn. 23. ff.]). Wegen der Anknüpfung schon an die Entscheidung, sich überhaupt näher mit dem Angebot eines Unternehmers zu befassen, ist es unerheblich, ob eine Irreführung später, wenn auch noch rechtzeitig vor dem abschließenden Kaufentschluss, durch dem Verbraucher im Ladengeschäft oder im weiteren Verlauf des Bestellvorgangs auf der Internetseite erteilte Hinweise wieder ausgeräumt wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 – I ZR 26/15 – LGA tested [unter B III 1 d dd]; Urteil vom 28. April 2016 – I ZR 23/15 – Geo-Targeting [unter II 2 d bb (4)]; s.a. Urteil vom 7. Jul 2011 – I ZR 173/09 – 10% Geburtstags-Rabatt [unter B I 2 c bb]).
61c) Die Irreführung ist geschäftlich relevant. In der Regel kann aus dem Hervorrufen einer Fehlvorstellung auf die notwendige Eignung der Irreführung, die geschäftliche Entscheidung der Marktgegenseite zu beeinflussen, geschlossen werden (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 – I ZR 216/17 – Identitätsdiebstahl [unter II 4 a]; Urteil vom 30. Juli 2015 – I ZR 250/12 – Piadina-Rückruf [unter B I 2 b bb (1) und (2)]; Urteil vom 17. Juni 1999 – I ZR 149/97 – Last-Minute-Reise, GRUR 2000, 239 [unter II 2 a]). Ein Ausnahmefall, wie er beispielsweise in Betracht kommt, wenn die betroffenen Umstände für das Marktverhalten der Gegenseite nur eine unwesentliche Bedeutung haben oder sich der Irrtum auf die geschäftliche Entscheidung nicht zugunsten, sondern zu Lasten des irreführend handelnden Unternehmers auswirkt, liegt nicht vor. Unerheblich ist insbesondere, ob die UVP-Preisvergleiche für sich betrachtet zulässig sind und welche Anlockwirkung die Antragsgegnerin erzielt hätte, wenn diese bereits auf der Startseite als solche angekündigt worden wären. Die durch das hohe Irreführungspotential von Preissenkungswerbung gerechtfertigten strengen Anforderungen, die an ihre Beurteilung zu stellen sind und ohne deren Einhaltung der Gefahr einer werblichen Angabe von im Markt nicht durchsetzbaren Fantasiepreisen („Mondpreisen“) als Referenzpreise mit der Funktion, über die besondere Preiswürdigkeit des aktuellen Angebots zu täuschen, nicht wirksam begegnet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 – I ZR 81/09 – Original Kanchipur [unter II 4 b]), können nicht mit der hypothetischen Erwägung überspielt werden, der Werbende hätte durch eine anders gestaltete Werbung einen ähnlichen Anlockeffekt erzielen können wie durch die von ihm tatsächlich verwandten irreführenden Werbemittel.
62III.
63Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist entbehrlich, da sich die Vollstreckbarkeit eines Urteils, mit dem eine einstweilige Verfügung bestätigt wird, bereits aus der Natur des auf sofortige Vollziehung ausgerichteten einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. §§ 936, 929 ZPO) ergibt.
64Streitwert: € 40.000