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Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 4.620,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.10.2022 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gegen das Versäumnisurteil kann innerhalb von einem Monat ab seinem Zugang Einspruch eingelegt werden.
Tatbestand
2Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Automobilherstellerin. Sie ist unter anderem Inhaberin der beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) unter der Registernummer W. mit Priorität vom 29.04.2015 am 23.11.2015 eingetragenen Bildmarke
3(Klagemarke), die unter anderem Schutz für Waren der H. genießt, darunter unter anderem „Fahrzeuge sowie deren Teile, soweit sie in U. enthalten sind; […] Räder; Reifen“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den als Anlage K 1 vorgelegten Registerauszug Bezug genommen.
5Der Beklagte war als Empfänger einer aus Y. stammenden Lieferung von B. über 1.800 Radnabenabdeckungen, die mit dem aus Blatt 4 der Gerichtsakte ersichtlichen Zeichen versehen waren, angegeben (vergleiche Mitteilung über die Anhaltung von Waren, Anlage K 2). Als Bestimmungsland war das P. angegeben. Am 06.06.2022 beschlagnahmte das Hauptzollamt D. die an den Beklagten gerichtete Warenlieferung. Bei den Radnabenabdeckungen handelte es sich um Produktfälschungen.
6Die Klägerin mahnte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 08.06.2022 (vergleiche Anlage K 3) ab und forderte ihn unter Fristsetzung bis zum 20.06.2022 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. In der von ihr beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung war auch eine Verpflichtung zur Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5.328,50 € enthalten. Der Beklagte gab schließlich eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab und verpflichtete sich zur Zahlung eines pauschalisierten Schadensersatzbetrages in Höhe von 3.500,- € innerhalb von zwei Wochen, welchen er jedoch nicht beglich (vergleiche Anlage K 4).
7Dem Beklagten ist die in die englische Sprache übersetzte Klageschrift vom 29.07.2022 im schriftlichen Vorverfahren im Wege des Einschreibens gegen internationalen Rückschein und mit einem auch ins Englische übersetzten Hinweis auf Paragraph 331 Zivilprozessordnung am 04.10.2022 zugestellt worden (Blatt 41 der Gerichtsakte). Der Beklagte hat sodann ein von ihm persönlich in englischer Sprache verfasstes Schreiben vom 12.10.2022 an das Gericht übersandt, von dem die Klägerin Kenntnis erlangt hat.
8Die Klägerin beantragt,
9den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 4.620,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie ein Versäumnisurteil nach Paragraph 331 Zivilprozessordnung zu erlassen.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Klageschrift nebst Anlagen Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe
12Die zulässige Klage ist schlüssig, so dass der Beklagte im Wege des Versäumnisurteils zu verurteilen ist.
13I.
14Die Klage ist schlüssig.
15Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten aus Paragraphen 677, 683 Satz 1, 670 Bürgerliches Gesetzbuch.
16Die Abmahnung vom 08.06.2022 ist begründet und berechtigt.
17Im Kennzeichenrecht sind Abmahnkosten nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag erstattungsfähig, wenn die Abmahnung begründet und berechtigt ist (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage (2010), Vor Paragraphen 14-19d, Randnummern 296 folgende). Begründet ist eine Abmahnung, wenn die geltend gemachten Ansprüche bestehen. Berechtigt ist sie, wenn die Abmahnung erforderlich war, um dem Verletzer einen Weg zu weisen, den Verletzten ohne Gerichtsverfahren klaglos zu stellen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH) GRUR 2009, 502, 503 – pcb; BGH GRUR 2010, 354, 355 – Kräutertee).
181.
19Der Klägerin stand gegen den Beklagten wegen des Transits der mit dem streitgegenständlichen Zeichen gekennzeichneten Radnabendeckeln, wie aus dem Beschlagnahmeprotokoll des Zollamts vom 06.06.2022 (Anlage K 2) ersichtlich, ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung der Klagemarke aus Artikel 9 Absatz 1, Absatz 2 Buchstabe a), Absatz 4 Unionsmarkenverordnung (UMV) zu.
20Nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a) UMV ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Unionsmarke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen für Waren und Dienstleistungen zu benutzen, wenn das Zeichen mit der Unionsmarke identisch ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind, für welche die Unionsmarke eingetragen ist.
21Nach Artikel 9 Absatz 4 UMV ist der Inhaber dieser Unionsmarke auch berechtigt, Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Waren in die Union zu verbringen ohne diese in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen, wenn die Waren, einschließlich ihrer Verpackung, aus Drittstaaten stammen und ohne Zustimmung eine Marke aufweisen, die mit der für derartige Waren eingetragenen Unionsmarke identisch ist oder in ihren wesentlichen Aspekten nicht von dieser Marke zu unterscheiden ist.
22Die Voraussetzungen des Artikel 9 Absatz 4 UMV liegen vor.
23a.
24Die Klägerin ist als Inhaberin der Klagemarke aktivlegitimiert.
25b.
26Der Beklagte hat die mit dem angegriffenen Zeichen versehenen Radnabendeckel aus einem Drittstaat – Y. – in die Europäische Union – nach Deutschland – verbracht, ohne diese in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen, indem er die Lieferung in Y. bestellt hat, damit diese über Deutschland nach X. verbracht wird. Nach Artikel 9 Absatz 4 UMV umfasst hierbei die Verbringung von Waren in die Europäische Union die Einfuhr rechtsverletzender Waren und ihre Überführung in alle zollrechtlichen Situationen. Dazu zählen die Durchfuhr, Umladung, Lagerungen, Freizonen, vorübergehende Verwahrung, aktive Veredelung und die vorübergehende Verwendung (vergleiche hierzu im Einzelnen BeckOK Markenrecht/Grundmann, 31. Auflage (1.7.2022), UMV 2017 Artikel 9 Randnummer 103 folgende). Gemäß dem Beschlagnahmeprotokoll des Zollamts waren die streitgegenständlichen Waren dazu bestimmt von einem Drittstaat (Y.) über Deutschland in einen weiteren Drittstaat (X.) verbracht zu werden, so dass sich diese zum Zeitpunkt ihrer Anhaltung in Deutschland grundsätzlich auf Durchfuhr befanden, wobei letztlich dahinstehen kann, welche der vorstehenden zollrechtlichen Situation genau vorlag, da sie jedenfalls nicht in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden sollten. Dies geschah auch ohne Zustimmung der Klägerin, da diese schlüssig dargelegt hat, dass es sich bei den streitgegenständlichen Waren um Produktfälschungen handelte.
27c.
28Es besteht auch Doppelidentität im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a) UMV, sodass auch insoweit die Voraussetzungen des Artikel 9 Absatz 4 UMV vorliegen.
29Es besteht Warenidentität, da die Klagemarke unter anderem auch für „Fahrzeuge sowie deren Teile, soweit sie in U. enthalten sind; Räder; Reifen“ Schutz genießt, worunter auch Radnabendeckel, als Teile von Reifen/Rädern und damit als Teile von Fahrzeugen, fallen.
30Zwischen der Klagemarke und dem angegriffenen Zeichen besteht auch Zeichenidentität.
31d.
32Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Anspruch der Klägerin entgegenstehen könnte, dass das Inverkehrbringen im Zielland nicht untersagt werden kann, was bei dem Inverkehrbringen von Produktfälschungen auch kaum denkbar ist (vergleiche hierzu im Einzelnen BeckOK Markenrecht/Grundmann, 31. Auflage (1.7.2022), UMV 2017 Artikel 9 Randnummer 103 folgende). Zudem fehlt es insoweit an jeglichem berücksichtigungsfähigen Vortrag des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten.
332.
34Die in der Abmahnung geltend gemachten Annexansprüche nach Artikel 129 Absatz 2 UMV, Paragraphen 119 Nummer 2, 19 Absatz 1, 3 Markengesetz (Auskunft), Paragraph 14 Absatz 6 Markengesetz (Schadensersatz) standen der Klägerin auch in vollem Umfang zu. Der Beklagte handelte auch schuldhaft.
353.
36Die Abmahnung war berechtigt. Sie lag im Interesse des Beklagten, da ihm durch die vorprozessuale Abmahnung die Gelegenheit gegeben wurde, eine kostenintensive gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche, insbesondere durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und Zahlung eines Pauschalbetrages, abzuwenden.
374.
38Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ist auch der Höhe nach gerechtfertigt, insbesondere ist der Gegenstandswert von 500.000,- € nicht zu hoch angesetzt. Das wirtschaftliche Interesse an der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen wegen Kennzeichenverletzungen wird durch zwei Faktoren bestimmt, nämlich durch den Wert des verletzten Kennzeichens einerseits und das Ausmaß und die Gefährlichkeit der Verletzung, den sogenannten Angriffsfaktor, andererseits (Ingerl/Rohnke, am angegebenen Ort, Paragraph 142 Randnummer 6). Für den Marktwert des verletzten Kennzeichenrechts sind insbesondere Faktoren wie die Dauer und der Umfang der bisherigen Benutzung, die unter dem Kennzeichen erzielten Umsätze, der Bekanntheitsgrad und der Ruf des Kennzeichens bei den Abnehmern, aber auch in der allgemeinen Öffentlichkeit, der Grad der originären Kennzeichnungskraft und die allgemeine Bedeutung von Kennzeichen für den Absatz nach Art des Produkts und der Branche maßgeblich (Ingerl/Rohnke, am angegebenen Ort, Paragraph 142 Randnummer 7). Der Angriffsfaktor kann ebenfalls durch eine Vielzahl von Faktoren des Einzelfalls beeinflusst werden. Unter Berücksichtigung dessen ist der angesetzte Gegenstandswert für die Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft sowie Schadensersatz für die Klagemarke als angemessen anzusehen. Der Wert der Klagemarke ist als äußerst hoch einzustufen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Klagemarke insbesondere in Anbetracht des Umfangs ihrer Benutzung eine besonders hohe Kennzeichnungskraft aufweist. Bereits bei unterdurchschnittlich benutzten Marken und geschäftlichen Bezeichnungen erachtet die Rechtsprechungspraxis Streitwerte um 100.000,- € bis 150.000,- € allein für Unterlassungsansprüche als angemessen, bei langjährig oder intensiv benutzten Kennzeichenrechten erscheint eine deutlich höhere Streitwertfestsetzung auf ab 250.000,- € auch schon bei anfänglich noch geringem Verletzungsumfang gerechtfertigt (Ingerl/Rohnke, am angegebenen Ort, Paragraph 142 Randnummer 10, mit entsprechenden Beispielen). Auch der Verletzungsumfang ist hier von erheblicher Bedeutung, so handelt es sich bei 1.800 Radnabendeckel um eine beachtliche Anzahl an Verletzungsprodukten, mit welchen eine Vielzahl an Fahrzeugen hätte ausgestattet werden können.
39II.
40Die Voraussetzungen des Erlasses eines Versäumnisurteils nach Paragraph 331 Absatz 3 Satz 1 Zivilprozessordnung liegen auch vor, insbesondere hat der Beklagte, worüber er auch belehrt wurde – keine zwingend durch einen Rechtsanwalt abzugebende Verteidigungsanzeige bei Gericht eingereicht, sein Schreiben vom 12.10.2022 kann insoweit nicht berücksichtigt werden.
41III.
42Die Kostenentscheidung folgt aus Paragraph 91 Absatz 1 Zivilprozessordnung. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus Paragraph 708 Nummer 2 Zivilprozessordnung.
43Streitwert: 4.620,70 €
44Rechtsbehelfsbelehrung:
45Gegen das Versäumnisurteil ist der Einspruch statthaft. Dieser muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingehen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieses Urteils. Diese Frist kann nicht verlängert werden.
46Der Einspruch kann nur durch eine zugelassene Rechtsanwältin oder einen zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden.
47Der Einspruch muss die Bezeichnung des angefochtenen Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) sowie die Erklärung enthalten, dass Einspruch eingelegt wird. Er ist zu unterzeichnen und zu begründen, insbesondere sind Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzutragen. Nur die Frist zur Begründung des Einspruchs kann auf Antrag verlängert werden, wenn dadurch der Rechtsstreit nicht verzögert wird oder, wenn wichtige Gründe für die Verlängerung vorgetragen werden. Dieser Antrag muss ebenfalls innerhalb der Einspruchsfrist bei Gericht eingehen. Wenn der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig begründet wird, kann allein deshalb der Prozess verloren werden.
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