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1.
Der einstweilige Verfügungsbeschluss vom 18.09.2019 wird bestätigt.
2.
Die Antragsgegnerin hat es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.00,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall der Wiederholung bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft jeweils an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
Nachfüllkartuschen für elektronische Zigaretten in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, ohne dass diese selbst dauerhaft so gekennzeichnet sind, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist.
3.
Die Antragsgegnerin trägt sämtliche Kosten des Verfügungsverfahrens, sowohl die weiteren Kosten (Antrag I.b) als auch die Kosten des Verfahrens (Antrag I.a).
34 O 87/19 |
Verkündet am 08.10.2019 als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle |
Landgericht DüsseldorfIM NAMEN DES VOLKESUrteil
3In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
4,
5Antragstellerin,
6Verfahrensbevollmächtigte:
7gegen
8Antragsgegnerin,
9Verfahrensbevollmächtigte:
10hat die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorfauf die mündliche Verhandlung vom 25.09.2019durch die Vorsitzende Richterin am Landgerichtfür Recht erkannt:
111.
12Der einstweilige Verfügungsbeschluss vom 18.09.2019 wird bestätigt.
132.
14Die Antragsgegnerin hat es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.00,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall der Wiederholung bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft jeweils an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
15Nachfüllkartuschen für elektronische Zigaretten in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, ohne dass diese selbst dauerhaft so gekennzeichnet sind, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist.
163.
17Die Antragsgegnerin trägt sämtliche Kosten des Verfügungsverfahrens, sowohl die weiteren Kosten (Antrag I.b) als auch die Kosten des Verfahrens (Antrag I.a).
18Tatbestand
19Die Antragstellerin vertreibt elektrische Zigaretten, sog. E-Zigaretten und die dazugehörigen Flüssigkeiten, sog. E-Liquids. Sie gehört zu einem Unternehmensverbund, in dem die A GmbH E-Liquids herstellt.
20Die Antragsgegnerin, die deutsche Tochtergesellschaft der US-amerikanischen B , Inc., vertreibt seit Dezember 2018 auf dem deutschen Markt elektrische Zigaretten und die dazugehörigen Nachfüllkartuschen, sog. „C“.
21Die C der Antragsgegnerin bestehen aus einem schwarzen Mundstück sowie einem transparenten Behälter, an dem der Füllstand der Kartusche abgelesen werden kann. Der transparente Teil der Kartusche ist bis zur Heizspirale 12 mm, insgesamt 17 mm lang. In der Kartusche befindet sich eine Heizspirale, die durch die in der E-Zigarette befindliche Batterie mit Strom versorgt und dadurch aufgeheizt wird. Auf den in diesem Verfahren angegriffenen Kartuschen befindet sich weder eine Herstellerangabe noch das Symbol der durchgestrichenen Mülltonne der Anlage 3 zum ElektroG.
22Die C werden in Päckchen zu vier Kartuschen verkauft. Diese Verpackungen sind sowohl mit der durchgestrichenen Mülltonne nach ElektroG als auch mit der Herstellerangabe gekennzeichnet.
23Vom 21.-22. September 2019 fand in Dortmund die InterTabac statt, auf der beide Parteien ihre Produkte ausstellen wollten.
24Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.09.2019 mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin unter Fristsetzung bis zum 17.09.2019 ab.
25Im Wege der einstweiligen Verfügung hat die 4. Kammer für Handelssachen mit Beschluss vom 18.09.2019, in Kenntnis der Schutzschrift vom 17.09.2019, der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,
26b)
27Nachfüllkartuschen für elektrische Zigaretten in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen, ohne dass das nachfolgend eingeblendete Symbol gemäß Anlage 3a zum ElektroG dauerhaft auf diesen selbst angebracht ist:
28Hiergegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.
29Über den Verfügungsantrag zu a) hat die Kammer nicht vorab ohne mündliche Verhandlung entschieden.
30Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Kartusche der Antragsgegnerin sei ein Elektrogerät im Sinne des Elektrogesetzes. Hieraus folge die Pflicht zur ordnungsgemäßen Kennzeichnung der Kartusche mit Herstellerangabe und dem Symbol nach Anlage 3 zum ElektroG.
31Es reiche nicht aus, dass sich beide Angaben auf der Verpackung befänden. Denn von den Größenverhältnissen sei es möglich, sowohl die durchgestrichene Mülltonne – die nach DIN EN 50419 mindestens 5mm, mit Balken 7mm, groß sein müsse - als auch der Marke „B“ auf der 12 mm bzw. 17 mm lange Kartusche aufzubringen. Die Angaben könnten je auf eine Seite der Kartusche aufgebracht werden. Beide Kennzeichen ermöglichten es weiter, den Füllstand des Liquids abzulesen, der im übrigen auch an der Seitenfläche der Kartusche abgelesen werden könne.
32Die Regelungen in § 9 Abs. 1 und 2 ElektroG zur Kennzeichnung von Elektrogeräten seien Marktverhaltensregelungen. Ausdrücklich habe der Gesetzgeber dem ElektroG nachträglich § 1 S. 3 ElektroG hinzugefügt, wonach das Gesetz das Marktverhalten der Verpflichteten regeln solle. Der Verbraucher solle nach Gebrauch der Kartusche darauf hingewiesen werden, dass er die Kartusche nicht im Hausmüll entsorgen dürfe und damit vor einem Bußgeld bewahrt werden.
33Die mangelnde Kennzeichnung der Kartuschen sei auch eine spürbare Marktbeeinträchtigung. Denn die Verletzung einer unionsrechtlich als marktschutzerheblich festgelegten Pflicht erfülle stets das Erfordernis der Spürbarkeit. Es komme nicht auf die Situation vor dem Kauf an, sondern auf die Situation, in der sich der Verbraucher entscheide, wie er die Kartusche entsorge.
34Die Sache sei besonders dringlich, weil die Tabakmesse in Dortmund bevorstand und die falsch gekennzeichneten C nicht weiter im Markt verkauft werden dürften.
35Die Antragstellerin beantragt,
361.
37den einstweiligen Verfügungsbeschluss vom 18.09.2019 zu bestätigen,
382.
39der Antragsgegnerin aufzuerlegen, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall der Wiederholung bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft jeweils an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
40I.a)
41Nachfüllkartuschen für elektronische Zigaretten in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, ohne dass diese selbst dauerhaft so gekennzeichnet sind, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist.
42Die Antragsgegnerin beantragt,
431.
44den einstweiligen Verfügungsbeschluss vom 18.09.2019 aufzuheben,
452.
46den Verfügungsantrag vom 18.09.2019 zu Ziffer I.a) zurückzuweisen,
473.
48hilfsweise eine Aufbrauchfrist von mindestens fünf Wochen zu gewähren,
494.
50hilfsweise die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung der Verfügungsklägerin i.H.v. 15 Millionen Euro abhängig zu machen.
51Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die Kartusche sei kein Elektrogerät i.S.d. ElektroG, da sie keine Stromquelle habe.
52Es sei ausreichend, die Herstellerangaben und das Symbol nach Anlage 3 ElektroG auf der Verpackung anzubringen. Größe und Funktionalität der Kartusche ermöglichten die Angaben nicht.
53Die Kennzeichnungspflichten nach § 9 Abs. 1 und 2 ElektroG hätten ausschließlich abfallwirtschaftlichen und ordnungsrechtlichen Charakter.
54Eine mögliche fehlende Kennzeichnung der Kartusche beeinflusse den Markt nicht spürbar. Da es auf das Verhalten des Verbrauchers vor dem Kauf ankomme, sei er durch die Kennzeichnung auf der Verpackung ausreichend informiert.
55Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sei eine mindestens fünfwöchige Aufbrauchfrist zu gewähren. Dies ergebe sich aus der ungewöhnlichen Härte der Unterlassungsverfügung.
56Die einstweilige Einstellung der Vollziehung der einstweiligen Verfügung sei geboten, da die zu erwartende Schadenssumme der Antragsgegnerin außergewöhnlich hoch sei. Die Vermögensumstände der Antragstellerin seien so, dass sie im Falle der Aufhebung der einstweiligen Verfügung im Berufungsverfahren oder in der Hauptsache finanziell wahrscheinlich nicht in der Lage sein werde, Schadensersatz zu leisten. Hierzu behauptet die Antragsgegnerin, sie erwarte bis zur Klärung der Sache im Berufungsverfahren im Juni 2020 einen Schaden von ca. 14,8 Millionen Euro bei Zugrundelegung einer Schadenssumme von 2 Millionen Euro pro fünf Wochen. Durch die einstweilige Verfügung sei nicht nur die Produktion und der Vertrieb der Kartuschen, sondern auch der Verkauf der E-Zigaretten selber betroffen, da Kunden ohne die Möglichkeit, Kartuschen zu kaufen, auch keine Zigaretten-Geräte kaufen würden.
57Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zur Gerichtsakte gerichteten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll vom 25.09.2019 und die überreichten Kartuschen (Blatt 59 Gerichtsakte) verwiesen.
58Entscheidungsgründe
59Der einstweilige Verfügungsantrag vom 18.09.2019 ist umfassend begründet.
60I.
61Der einstweilige Verfügungsbeschluss vom 18.09.2019 wird bestätigt.
62Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin gemäß §§ 12 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, 3a UWG in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 ElektroG verlangen, es zu unterlassen, C in den Verkehr zu bringen, die nicht mit der durchgestrichenen Mülltonne nach Anlage 3 zu § 9 ElektroG gekennzeichnet sind.
63Nach § 9 Abs. 2 ElektroG sind Elektrogeräte mit dem Symbol nach Anlage 3 dauerhaft zu kennzeichnen. Nur sofern es in Ausnahmefällen auf Grund der Größe oder der Funktion des Elektrogerätes erforderlich ist, ist das Symbol statt auf dem Gerät auf die Verpackung, die Gebrauchsanweisung oder den Garantieschein aufzudrucken.
641.
65Die C der Antragsgegnerin, also Nachfüllkartuschen für E-Zigaretten, sind Elektrogeräte im Sinne des ElektroG, denn sie haben aufgrund der Heizspirale („coil“) eine eigenständige Funktion bei der Erwärmung der Flüssigkeit.
66a)
67Ein Elektrogerät i.S.d. ElektroG liegt dann vor, wenn es für den Betrieb mit Wechselspannung von höchstens 1000 Volt oder Gleichspannung von höchstens 1.500 Volt ausgelegt ist und zu seinem ordnungsgemäßen Betrieb von elektrischen Strömen oder elektromagnetischen Feldern abhängig ist, § 3 Nr. 1 lit a ElektroG. Dabei muss es sich um ein eigenständiges Produkt und kein bloßes Bauteil handeln (Prelle, in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, Lfg. 6/16, § 3 ElektroG Rn. 8). Hierzu muss es eine eigenständige Funktion innehaben (FAQ zur WEEE-Richtlinie, EU-Kommission, S. 8).
68Beim C ist die Freisetzung des Nikotins aus der Flüssigkeit in der Kartusche auf den Betrieb von elektrischem Strom aus der Batterie der E-Zigarette angewiesen und von ihm abhängig, denn in der Kartusche befindet sich eine Heizspirale. Diese Heizspirale wird durch die Batterie der E-Zigarette mit Strom versorgt und hierdurch erhitzt. Durch die Abgabe der Hitze an die die Heizspirale umgebene Flüssigkeit wird diese wiederum erhitzt und das Nikotin in der Flüssigkeit freigesetzt. Insofern kann die Freisetzung des Nikotins aus der Flüssigkeit in der Kartusche erst durch die Umwandlung des Batteriestroms aus der E-Zigarette in Wärmeenergie in der Heizspirale realisiert werden.
69b)
70Die C unterfallen dem Elektrogesetz und nicht dem Batteriegesetz, auch wenn sie von dem Batteriestrom der E-Zigarette abhängig sind. Denn erst die C mit ihrer Heizspirale und die B-E-Zigarette zusammen bewirken die Nutzung der Batterie-Energie.
71Die Abgrenzung zum BattG erfolgt nach folgender Überlegung: Bei zweiteiligen Produkten ist auf die Art und Weise der Nutzung der Batterie-Energie abzustellen. Das BattG ist anwendbar, wenn der Strom aus der Batterie in dem zweiten Teil des Produkts ausschließlich direkt und ohne weitere zwischengeschaltete Teile mit eigenständiger Funktion genutzt wird. Als Beispiel hierfür gilt die abnehmbare Batterie eines E-Fahrrads. Hingegen handelt es sich um ein Elektrogerät, wenn beide Teile erst gemeinsam das mit dem Produkt bezweckte Ergebnis produzieren können. (vgl. www.stiftung-ear.de „Anwendungshilfe zur Einordnung von Batterien enthaltenden Geräten in den Anwendungsbereich des Batteriegesetzes bzw. des Elektrogesetzes).
722.
73Das Symbol der durchgestrichenen Mülltonne aus Anlage 3 zum ElektroG ist auf der Kartusche selbst anzubringen, weil dies nach der Größe und der Funktionalität der Kartusche möglich ist. Die Ausnahme nach § 9 Abs. 2 S. 2 ElektroG greift nicht.
74a)
75Die Kartusche ist ohne das Mundstück, auf dem das Symbol ohne Zweifel nicht angemessen aufgebracht wäre, 12 mm lang. Über den Bereich der Heizspirale hinaus ist der durchsichtige Teil der Kartusche sogar 17 mm groß.
76Gem. DIN EN 50419 muss das Symbol mindestens 5mm, mit Balken als generischer Datumsangabe nach § 9 Abs. 1 ElektroG 7mm hoch sein. Der transparente Teil der Kartusche mit 12 mm ist also groß genug, um das Symbol zu platzieren. Die von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, provisorisch gekennzeichneten C, die allgemein in Augenschein und zur Gerichtsakte (Bl. 59) genommen wurden, bestätigen die rechnerische Machbarkeit.
77b)
78Durch die Kennzeichnung wird auch nicht die Funktionalität der Kartusche eingeschränkt. Das Symbol lässt ausreichend transparente Stellen, um den Füllstand der Kartusche abzulesen. Ein Ablesen ist zudem auch an den Seitenflächen der Kartusche möglich.
793.
80Der Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3a UWG besteht auch insoweit als die Pflicht zur Kennzeichnung mit dem Symbol aus § 9 Abs. 2 S. 1 ElektroG eine marktschützende Norm im Sinne von § 3a UWG ist.
81Nach § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
82Bloße ordnungsrechtliche Normen können einen solchen Marktbezug nicht erfüllen. Ob die Kennzeichnungspflicht aus § 9 Abs. 2 S. 1 ElektroG eine marktschützende Norm ist, ist umstritten.
83a)
84Gegen die Einordnung von § 9 Abs. 2 ElektroG als Marktverhaltensregelung wird im Wesentlichen die Dogmatik des ElektroG, das von ordnungsrechtlichen und abfallwirtschaftlichen Grundsätzen geprägt sei, vorgetragen (so Rechtsgutachten Prof. Dr. Köhler vom 24.09.2019, Anlage AG 19 zu 34 O 87/19; Hohlweck, in: Büscher/Hohlweck, UWG Kommentar, § 3a UWG Rn. 296; Köhler, in Köhler/Bornkamp/Feddersen, UWG Kommentar, 37. Auflage 2019, § 3a Rn. 1.198; BGH, Urteil vom 09.07.2015, Az. I ZR 224/13, GRUR 2015, 1021 Rn. 15). Durch die Kennzeichnung solle dem Verbraucher verdeutlicht werden, dass das so gekennzeichnete Elektro- und Elektronikgerät nicht über die kommunale Abfalltonne entsorgt werden dürfe, sondern einer getrennten Verwertung zugeführt werden müsse. Der Umstand, dass durch den umweltgerechten Umgang mit natürlichen Ressourcen letztendlich langfristig Gesundheitsgefahren für den Verbraucher vermieden werden, stelle eine dem Allgemeingut des Umweltschutzes immanente, für sich genommen nicht ausreichende Folge dar (Hohlweck, in: Büscher/Hohlweck, UWG Kommentar, § 3a UWG Rn. 296, zitiert nach Köhler, Rechtsgutachten vom 24.09.2019).§ 9 Abs. 2 ElektroG diene nicht dazu, einen Beitrag zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher zu leisten (Köhler, Rechtsgutachten, Seite 6).
85b)
86Demgegenüber ist § 9 Abs. 2 S. 1 ElektroG nicht isoliert zu betrachten. Der Gesetzgeber hat 2015 explizit den § 1 S. 3 ElektroG eingefügt, in dem ein das Marktverhalten der Verpflichteten regelnden Charakter des ElektroG ausdrücklich angeordnet wird. § 1 Satz 3 ElektroG lautet: Um diese abfallwirtschaftlichen Ziele zu erreichen, soll das Gesetz das Marktverhalten der Verpflichteten regeln.
87Damit ist nach Auffassung der Kammer grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, Verpflichtungen aus dem ElektroG mit Mitteln des Unlauterkeitsrechts geltend zu machen.
88Der Gesetzgeber hat den § 1 S. 3 ElektroG ausweislich der Gesetzesbegründung ausdrücklich mit dem Ziel eingefügt, das Marktverhalten der Verpflichteten so zu regeln, dass die abfallwirtschaftlichen Ziele erreicht und gleichzeitig die Marktteilnehmer vor unlauterem Wettbewerb geschützt werden (BT-Drs. 18/4901 S. 77 f.). Grundlage der umfassenden Änderungen des ElektroG im Jahr 2015 und damit auch der Einfügung des § 1 S. 3 ElektroG war die WEEE-Richtlinie. Die Zielsetzung zur Regelung des Marktverhaltens wird zwar in der WEEE-Richtlinie nicht ausdrücklich erwähnt. Allerdings sprechen die Erwägungen der Kommission für eine Neufassung der Richtlinie für eine solche Zielsetzung. Denn als Grund für ihren Vorschlag, die WEEE-Richtlinie zu überprüfen, führte die Kommission u.a. an, dass die Erfahrungen der ersten Jahre mit der Anwendung der WEEE-Richtlinie gezeigt hätten, dass keine gleichen Wettbewerbsbedingungen herrschten oder der Wettbewerb gar verfälscht werde (Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (Neufassung), KOM(2008) 810, S. 2., s. auch Ergänzung zum Vorschlag vom 03.12.2008, S. 25, 50 f.). Solche Überlegungen finden sich sinngemäß etwa auch in den Erwägungsgründen 6 und 8 der Richtlinie (s. hierzu auch Prelle, in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, Lfg. 6/16, § 1 ElektroG Rn. 24). Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass der deutsche Gesetzgeber sich bei dieser Zielrichtung der Richtlinie für die Aufnahme des § 1 S. 3 ElektroG entschieden hat (so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 25.07.2019, Az.6 U 51/19, juris Rn. 27). Im Übrigen würde sich erst recht kein anderes Ergebnis ergeben, ginge man davon aus, die Richtlinie befolge diesen Zweck nicht. Denn dann ist ausweislich der Gesetzesbegründung sogar von einer eigenständigen Entscheidung des Gesetzgebers auszugehen, den abfallwirtschaftlichen Regelungen die grundsätzliche Möglichkeit der wettbewerbsrechtlichen Geltendmachung von Verstößen an die Seite zu stellen.
89c)
90Die Pflicht zur Kennzeichnung mit dem Symbol aus Anlage 3 zum ElektroG gem. § 9 Abs. 2 S. 1 ElektroG ist auch konkret eine marktschützende Norm. Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass ein Verbraucher, der dem Eindruck unterliegt, er müsse ein Gerät nicht gesondert entsorgen, sondern könne es dem Hausmüll zuführen, weil eine entsprechende Kennzeichnung fehlt, aufgrund des geringeren Aufwands der Entsorgung eher das Produkt ohne Kennzeichnung kauft und erneut kaufen wird als das Produkt eines Konkurrenten, welches die entsprechende Kennzeichnung enthält. § 9 Abs. 2 S. 1 ElektroG bezweckt damit gerade auch den Schutz des Verbrauchers (OLG Frankfurt, Urteil vom 25.07.2019, Az 6 U 51/19, juris Rn. 26).
91Der Hinweis der Antragsgegnerin, der neu eingefügte § 1 S. 3 ElektroG spreche ausdrücklich nur vom Marktverhalten der Verpflichteten und weise daher keinen Verbraucher-Bezug auf, kann nicht tragen. Denn es ist nicht ersichtlich, wessen Marktverhalten ansonsten geregelt werden sollte, wenn nicht das der Verpflichteten. Schließlich ergeben sich gerade aus deren Marktverhalten Konsequenzen für den Verbraucher und dessen Kaufentscheidung.
924.
93Der Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3a UWG besteht auch insoweit als der Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht mit dem Symbol aus § 9 Abs. 2 S. 1 ElektroG die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar im Sinne von § 3 a UWG beeinträchtigt.
94Denn bei einer fehlenden Kennzeichnung würde dem Verbraucher eine wesentliche Information über die richtige Entsorgung des Produkts fehlen.
95Ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung ist er nur dann spürbar im Sinne des § 3a UWG, wenn der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer andernfalls nicht getroffenen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen. Maßgeblich ist, dass der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer andernfalls nicht getroffenen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen. (BGH, Urteil vom 31.10.2018, Az. I ZR 73/17, Energieeffizienzklasse III, GRUR 2019, 82 ff.).
96Es ist nach Auffassung der Kammer nicht ausreichend, wenn der Verbraucher nur zum Zeitpunkt des Kaufs spürbar auf die umständliche Entsorgung, nämlich nicht im Hausmüll, hingewiesen wird. Richtig wehtun, also spürbar ist der Hinweis auf die komplizierte Entsorgung erst, wenn der Verbraucher beim Entsorgen der aufgebrauchten Kartusche darauf hingewiesen wird, diese nicht in den Hausmüll zu werfen. Dann ist der Verbraucher je nach den Umständen bei einer weiteren geschäftlichen Entscheidung, etwa dem erneuten Kauf des gleichen Produkts, nicht mehr bereit, diese schwierige Entsorgung auf sich zu nehmen. Damit ist das Vorenthalten der Information auf dem C und damit die ständige Belehrung „Wirf die Kartusche nicht in den Hausmüll“ sehr wohl geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Denn der Aufwand der Entsorgung und die Möglichkeit eines ordnungswidrigen Verhaltens bei nicht ordnungsgemäßer Entsorgung eines Produkts sind für einen Verbraucher durchaus Anhaltspunkt für einen erneuten oder nicht erneuten Kauf des Produkts sein.
97Hinzu kommt, dass die Möglichkeit, Verstöße gegen die Kennzeichnungspflichten aus dem ElektroG mit Mitteln des Unlauterkeitsrechts zu bekämpfen, welche vom Gesetzgeber ausdrücklich durch die Einfügung des § 1 S. 3 ElektroG angeordnet wurde, andernfalls komplett leerlaufen würden. Folgerichtig ist daher auch auf den Zeitpunkt nach dem Kauf abzustellen (so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 25.07.2019, Az.6 U 51/19, juris Rn. 32).
985.
99Die Antragstellerin handelt auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG.
100Gem. § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem UWG unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist.
101Rechtsmissbrauch liegt etwa vor, wenn ein Anspruchsberechtigter bei einem einheitlichen Wettbewerbsverstoß mit mehreren zeitlich versetzten Klagen oder Verfügungsanträgen vorgeht (BGH, Urteil vom 06.04.2000, Az. I ZR 76/98, GRUR 2000, 1089 ff.).
102Hier hat die Antragstellerin in anderen Verfahren zwar die irreführende Deklarierung der Nikotingehalte und Aspekte der Produktsicherheit geltend gemacht. Allerdings bezogen sich diese auf die Verpackung der C sowie deren Kindersicherheit. Im hiesigen Verfahren geht es um die Kennzeichnung der C selbst, also einen ganz anderen Wettbewerbsverstoß.
103Zudem hat die Antragstellerin durch die eidesstattlichen Versicherungen der Herren D, E und F sowie Frau G hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie Kenntnis von den hier gegenständlichen Rechtsverstößen erst nach dem Verfügungsverfahren zur Deklarierung des Nikotingehalts auf der Verpackung der Nachfüllkartuschen (Az. 34 O 82/19) erhalten hat. Die Antragsgegnerin, welche die Darlegungslast trägt, hat nicht ausreichend Tatsachen vorgetragen, um eine frühere Kenntnis der Antragstellerin glaubhaft zu machen. Der pauschale Hinweis auf das frühere Erscheinen des C im Markt und auf den Zeitungsartikel aus Februar 2019 konkretisiert nicht eine frühere tatsächliche Kenntnis der Antragstellerin.
104Der Vorwurf, die Antragstellerin wolle die abgestuften Unterlassungsbegehren nutzen, um die Antragsgegnerin zur Abgabe eines Angebots im laufenden eigenen Transaktionsverfahren zu bewegen, begründet schon deshalb keinen Rechtsmissbrauch beim einstweiligen Verfügungsantrag, weil die Vorträge beider Parteien über den Ablauf der Telefonate und sonstigen Kommunikation sich in vielen Details widersprechen.
105Im übrigen hat die Antragstellerin als Mitbewerberin ein berechtigtes Interesse an Unterlassung der festgestellten Rechtsverstöße.
1066.
107Es besteht auch ein Verfügungsgrund.
108Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist nicht durch den Vortrag der Antragsgegnerin erschüttert.
109Die Antragstellerin hat ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin sowohl auf der Tabak-Messe als auch im Einzelhandel mit den angegriffenen Produkten präsent sein wollte bzw. präsent ist.
110II.
111Auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Ziffer I.a) ist begründet.
112Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin gemäß §§ 12 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, 3a UWG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 ElektroG verlangen, es zu unterlassen, C in den Verkehr zu bringen, die nicht mit der Herstellerangabe gekennzeichnet sind.
113Nach § 9 Abs. 1 ElektroG sind Elektrogeräte auf dem europäischen Markt dauerhaft so zu kennzeichnen, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist.
114Die Art der Hersteller-Kennzeichnung ist vom ElektroG nicht vorgegeben. Insofern kommen gem. DIN EN 50419 der Name der Handelsmarke, das Warenzeichen, die registrierte Firmennummer oder andere geeignete Mittel in Betracht. Maßgeblich ist dabei, dass dem Zweck der zweifelsfreien Identifizierbarkeit des Herstellers genügt wird.
1151.
116Die von der Antragsgegenerin entsprechend der Bildmarke, Unionsmarke 017883607, auf den Markt gebrachten C an sich sind als Herstellerkennzeichen nicht ausreichend. Denn es kann von einem durchschnittlichen Verbraucher und den Entsorgungsunternehmern nicht erwartet werden, die Unmengen an eingetragenen Bildmarken zweifelsfrei einem Hersteller zuordnen zu können. Im übrigen wird der Entsorger im EAR-Register nicht nach „B“ suchen können, wenn er die Form der C überhaupt nicht als Bildmarke erkennt und dem Markennamen zuordnet.
1172.
118Erforderlich ist die Kennzeichnung mit der Firma des Herstellers oder der Handelsmarke, also der Unionsmarke B.
119Die vier Buchstaben „B“ können angesichts der Größe der Kartusche, 12 bzw. 17 mm, auf diese aufgebracht werden.
120Die Antragstellerin hat hierzu überzeugende Beispiel-Beklebungen vorgenommen, die in der mündlichen Verhandlung am 25.09.2019 in Augenschein genommen worden sind und sich bei der Gerichtsakte befinden, Bl. 59. und vorgelegt.
121Auch ist unproblematisch eine Anbringung sowohl der Herstellerangabe als auch des Symbols nach Anlage 3 zum ElektroG möglich. Die Pods bieten hierzu auf der Vorder- und Rückseite genügend Fläche.
1223.
123§ 9 Abs. 1 ElektroG ist nach einhelliger Meinung eine marktschützende Norm (so auch Köhler, in: Köhler/Bornkamp/Feddersen, UWG Kommentar 2019, § 3a Rn. 1.198; zur Vorgängerregelung § 7 S. 1 ElektroG a.F. BGH, Urteil vom 09.07.2015, Az. I ZR 224/13, GRUR 2015, 1021 ff.). Funktion der Herstellerkennzeichnung ist es, die Restmenge an nichtidentifizierbaren Altgeräten möglichst gering zu halten, denn deren Entsorgung wird der Herstellergemeinschaft auferlegt. Mitbewerber sollen vor einer Belastung mit höheren Entsorgungskosten infolge nicht gekennzeichneter Elektrogeräte durch andere Marktteilnehmer geschützt werden.
1244.
125Die Herstellerbezeichnung kann auch nicht gem. § 9 Abs. 2 S. 2 ElektroG ausnahmsweise nur auf der Verpackung angebracht werden.
126Die Ausnahme des § 9 Abs. 2 S. 2 ElektroG gilt dem Wortlaut nach nur für die Datumsangabe („Kennzeichnung mit Blick auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens nach Absatz 1“), sofern diese mit dem Symbol nach Anlage 3 zum ElektroG gemeinsam angebracht wird. Sie gilt daher nicht für die Herstellerangabe selbst. Im Übrigen ist oben bereits erläutert, dass eine Anbringung des Symbols nach Anlage 3 zum ElektroG auch mit Balken als generischer Datumsangabe nach Abs. 1 auf der Kartusche selbst hinsichtlich der Größe und Funktionalität möglich und damit erforderlich ist.
1275.
128Durch den Verstoß sind auch die Interessen der Mitbewerber spürbar berührt.
129Die Mitbewerber, zu denen auch die Antragstellerin gehört, haben ein Interesse an der zweifelsfreien Zuordnung der Altgeräte zu einem Hersteller, da ihnen ansonsten als Teil der Herstellergemeinschaft die Kosten für die Entsorgung der nicht gekennzeichneten Geräte auferlegt wird. Insofern verschafft sich hier die Antragsgegnerin einen tatsächlichen Vorteil zu Lasten ihrer Mitbewerber.
130III.
131Die Antragsgegnerin kann nicht nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit gemäß §§ 242, 275 BGB eine Aufbrauchfrist verlangen.
132Die Aufbrauchfrist beruht auf dem Gedanken der Verhältnismäßigkeit und setzt daher eine Interessenabwägung voraus. Eine Aufbrauchfrist ist zu gewähren, wenn die Nachteile des Schuldners bei sofortiger Durchsetzung des Unterlassungstitels außer Verhältnis zum Interesse des Gläubigers und der Allgemeinheit an sofortiger Unterlassung stehen würden (Ohly/Sosnitza, UWG 7. Aufl. 2016, § 8 Rdn. 40).
133Eine Aufbrauchfrist würde dem Zweck der Verfügung, die festgestellten Verstöße gegen § 9 Abs. 1 und 2 ElektroG zur Abwendung von etwaigen Verlusten von Marktanteilen der Verfügungsklägerin schnellstmöglich zu beseitigen, erkennbar zuwiderlaufen. Der Antragsgegnerin ist es, wie die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung durch Übergabe der beklebten C, im übrigen – wenn auch mit zusätzlichem Aufwand – möglich, die schon gefertigten C entsprechend den Vorgaben durch Aufkleben des Symbols der durchgestrichenen Mülltonne und durch Aufkleben der vier Buchstaben B gesetzeskonform zu machen.
134Anhaltspunkte, warum der Antragsgegnerin ein Überkleben unmöglich sein sollte, oder warum die Dauer der Produktionsumstellung mindestens fünf Wochen dauert, trägt die Antragsgegnerin nicht vor.
135IV.
136Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91 ZPO.
137V.
138Die Vollziehung der Verfügungen zu I.a) und I.b) wird nicht von einer Sicherheitsleistung der Antragstellerin abhängig gemacht.
139Die Vollziehung des einstweiligen Verfügungsbeschlusses vom 18.09.2019 zu Ziffer I.b) wird nicht gem. §§ 921 S. 2, 927, 936 ZPO nachträglich von einer Sicherheitsleistung durch die Antragstellerin abhängig gemacht. Ebenso wenig wird die Vollziehung der einstweiligen Verfügung vom 08.09.2019 zu Ziffer 1.a) von einer Sicherheitsleistung nach §§ 921, 922 Abs. 3, 936 ZPO abhängig gemacht.
140Die Anordnung einer Sicherheitsleistung kommt zur Absicherung der Risiken eines besonders großen Schadens oder fehlender Durchsetzbarkeit des Schadenersatzanspruchs in Betracht. Eine Einstellung ist insbesondere nach mündlicher Verhandlung eine absolute Ausnahme und nur bei einer außergewöhnlichen Härte der Verfügung in Form eines sehr hohen zu erwartenden Schadens (etwa durch Produktions- oder Vertriebsverbote) und bei gleichzeitiger mangelnder Bonität der Antragstellerin, die nicht in der Lage sein wird, bei einer Aufhebung der Verfügung im Berufungs- oder dem Hauptsacheverfahren Schadensersatz an die Antragsgegnerin zu leisten (OLG Jena, Urteil vom 02.04.2008, Az. 2 U 906/07, BeckRS 2008, 14232).
141Davon ist hier nicht auszugehen. Die Antragsgegnerin hat die Möglichkeit, die schon erstellen C zu überkleben. Sie trägt nicht ausreichend Tatsachen für das Vorliegen eines zu erwartenden außergewöhnlich hohen Schadens vor. Die pauschale Angabe, der Vertriebsstopp bedeute einen Ausfall von 2 Millionen Euro für fünf Wochen, ist nicht hinreichend detailliert. Es wird nicht klar, welche Positionen diesen Ausfall ergeben und wie lange beispielsweise die Umstellung der Produktion dauern würde. Überdies überzeugt die Berechnung eines maximalen Schadens von 14,8 Millionen Euro schon deshalb nicht, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Produktionsumstellung und der Rückgang der Kaufzahlen auch der E-Zigaretten – deren grundsätzliche rechtliche Relevanz für die Schadensberechnung hier dahingestellt werden kann – 37 Wochen anhalten wird. In Ermangelung anderweitig vorgetragener Tatsachen ist bei lebensnaher Betrachtung vielmehr davon auszugehen, dass die Produktionsumstellung innerhalb einiger weniger Wochen erfolgen kann und sich sodann auch die restlichen Verkaufszahlen wieder erholen werden. Insgesamt fehlt es hier an einer auch nur grob aufgeschlüsselten Schadensprognose.
142Die Antragsgegnerin trägt auch nicht zur mangelhaften Bonität der Antragstellerin ausreichend vor.
143Der Verweis auf den von dem Wirtschaftsauskunftsunternehmen Creditreform empfohlenen Kreditrahmen i.H.v. € 5.000,00 und die dort ausgewiesene „schwache Bonität“ der Antragstellerin genügt nicht. Denn zum einen sind die Berechnungsmethoden, die einer solchen Bewertung zugrunde liegen, für das Gericht nicht einsehbar. Zum anderen wird in dem gleichen von der Antragsgegnerin vorgelegten Dokument ausgewiesen, dass Geschäftsverbindungen mit dem Unternehmen als zuverlässig gelten. Ebenfalls geht aus dem Dokument für 2018 eine bereinigte Bilanzsumme Aktiva von ca. 4,4 Millionen Euro sowie eine bereinigtes Eigenkapital von ca. 1,5 Millionen Euro hervor. Im Vergleich hierzu haben andere Gerichte beispielsweise entschieden, dass eine mangelnde Liquidität jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn die Verfügungsklägerin ein ausländisches Unternehmen ist, das nicht einmal die Gerichtskosten einzuzahlen in der Lage ist (so in OLG Hamm, Urteil vom 04.02.1988, Az. 4 U 264/87, WRP 1989, 116 ff.). Von einer damit vergleichbaren Situation kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.
144Der Verfahrenswert wird auf 150.000,00 EUR festgesetzt.