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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über den Handelsvertreterausgleichsanspruch der Klägerin.
3Die Klägerin war ab 01.06.2002 Handelsvertreterin der beklagten Versicherung gemäß Agenturvertrag vom 05.04./03.05.2002 nebst Nachträgen vom gleichen Tag, u. a. Nachtrag Nr. 4 (Anlagen K 1 bis K 3). Gesellschafter der Klägerin und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren bis zum 07.04.2017 der jetzige Geschäftsführer der Klägerin und seine EheG. Der Vater von G war vom 01.01.1968 bis 31.05.2002 Versicherungsagent der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgänger. Nachdem der Agenturvertrag mit dem Vater von G im Jahr 2002 aus Altersgründen beendet worden war, schlossen die Parteien den Agenturvertrag vom 05.04./03.05.2002 ab, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Der Nachtrag Nr. 4 enthält zur Beendigung des Agenturvertrages folgende Regelungen:
4„6. Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Er endet jedoch spätestens
5a) sofern keine andere Vereinbarung getroffen worden ist, mit dem Ende des Monats, in dem die Geschäftsführerin bzw. Gesellschafterin G das 65. Lebensjahr vollendet,
6b) mit vorzeitiger Berufsunfähigkeit eines Geschäftsführers bzw. Gesellschafters,
7c) mit dem Tode eines Geschäftsführers bzw. Gesellschafters,
8d) mit Ausscheiden eines Geschäftsführers bzw. Gesellschafters aus der Gesellschaft,
9e) mit Auflösung der Gesellschaft.
107. Zugunsten der Gesellschaft besteht ein Ausgleichsanspruch, wenn der Agenturvertrag beendet wird und die sonstigen Voraussetzungen des § 89b HGB vorliegen. Endet der Agenturvertrag, obwohl ein Beendigungstatbestand nur in der Person eines Geschäftsführers bzw. Gesellschafters eingetreten ist, wird die Zürich Agrippina mit dem verbleibenden Geschäftsführer bzw. Gesellschafter einen neuen Agenturvertrag abschließen, sofern zu diesem Zeitpunkt keine Gründe entgegenstehen, die der Zürich Agrippina den Abschluss eines neuen Vertrages unmöglich machen wurden (z. B. eine ernsthafte Erkrankung mit der Folge, den Beruf eines selbständigen Vertreters nicht mehr ausüben zu können, oder die Annahme eines Maklerstatus).“
11Ab 2012 bemängelte die Klägerin, hauptsächlich in Person von G das Geschäftsgebaren der Beklagten und Abrechnungsfehler. Wegen der Einzelheiten wird auf die Mails vom 31.12.2012, 06.02.2013, 09.01.2015, 17.06.2015, 30.06.2015, 20.08.2015, 15.01.2016, 16.06.2016, 15.07.2016, 23.11.2016, 28.12.2016 und 11.01.2017 (K 4 bis K 14, K 17) verwiesen.
12Die Beklagte stellte zum 01.01.2017 den Vertrieb der Tarife Volkswohl Bund Riester Verträge, Rente Classic und Direct Garant ein und führte stattdessen die Produktlinie Varioinvest ein. Sie übersandte der Beklagte mit Schreiben vom 10.11.2016 einen Nachtrag über die Vermittlung dieser Produktlinie (K 15, K 16), von dessen Unterzeichnung die Freischaltung der Klägerin zum Vertrieb abhing. Da die Klägerin den Nachtrag nicht unterschrieb, konnte sie die Verträge auch nicht vermitteln.
13G übertrug ihren Anteil an der Klägerin mit notariellem Vertrag vom 07.04.2017 (einem Freitag) ohne Gegenleistung auf ihren Ehemann und jetzigen Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerin (K 22). Am 05.04.2017 hatten die beiden Gesellschafter beschlossen, dass G mit Wirkung vom 07.04.2017 als Geschäftsführerin ausschied (K 20). Die Klägerin in der Person ihres jetzigen Geschäftsführers informierte die Beklagte hierüber mit Schreiben vom 07.04.2017 (K 18) und übersandte in der Folgezeit die maßgeblichen Urkunden. Mit dem Ausscheiden von G endete der Handelsvertretervertrag gemäß § 6 d) des Nachtrags 4. G wurde am 10.04.2017, einem Montag, von der Industrie- und Handelskammer die Erlaubnis erteilt, als Versicherungsmaklerin tätig zu sein (K 64). Die Postanschrift für die Maklertätigkeit stimmte mit der Postanschrift der Klägerin überein.
14Am 21.04.2017 fand eine Besprechung zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und Vertretern der Beklagten statt, in deren Verlauf die Beklagte die Zusendung des Entwurfs eines neuen Agenturvertrages mit der Klägerin zusagte. Die Beklagte übersandte den Entwurf, der für die Klägerin ungünstiger war als der frühere Agenturvertrag. Der Geschäftsführer der Klägerin teilte der Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 27.04.2017 (K 30) mit, dass auf Basis des übersandten Vertragsmusters eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich sei. Die Beklagte teilte daraufhin dem Auskunftsdienst AVAD die Beendigung der Zusammenarbeit mit (K 31). Sie übertrug den Bestand der Klägerin auf ihren früheren Angestellten Klein als Nachfolger der Klägerin. Die Klägerin wurde ausweislich ihrer Homepage (Ausdruck vom 13.11.2017, B 1) in der Folgezeit als Versicherungs- und Finanzmakler tätig. Ausweislich der Homepage fungierte G als Assistentin der Geschäftsleitung.
15Die Klägerin macht wegen Beendigung des Agenturvertrages den Handelsvertreterausgleichsanspruch geltend. Sie trägt vor, der Vertrag sei durch Eintritt der auflösenden Bedingung und Nichtannahme des inakzeptablen neuen Vertragsangebots beendet worden, so dass keine Eigenkündigung vorliege. Der Wortlaut von Ziffer 6) des Nachtrags 4 stamme von der Beklagten. Die Gesellschafter der Klägerin hätten sich vor Vertragsschluss vergeblich um eine andere Formulierung bemüht, nach der das Ausscheiden nur eines Gesellschafters nicht zur Auflösung des Vertrages führe. Für G habe außerdem ein begründeter Anlass zum Ausscheiden aus der Klägerin bestanden. Frau G habe wegen der in den Anlagen K 4 bis K 17 aufgeführten Differenzen und Missstände ihre Tätigkeit für die Klägerin eingestellt und sei aus der Gesellschaft ausgeschieden. Die Klägerin habe mit den Produkten Rente Classic und Direct Garant Provisionsumsätze von 10.000,00 € erzielt, die ihr durch Einstellung der Produkte und fehlende Freischaltung für die Nachfolgeprodukte der Produktlinie Varioinvest entfielen. Sie habe die Nachträge nicht unterzeichnet, weil die Provisionen gegenüber den Provisionen für die früheren Produkte um 30 % verringert worden seien.
16Die Klägerin habe keine Kunden der Beklagten abgeworben. Wenn es zur Abwanderung von Kunden nach Beendigung des Agenturvertrages gekommen sei, habe das auf der dilettantischen Arbeit des Nachfolgers XXX beruht, der Anfragen nicht beantwortet und Absprachen nicht eingehalten habe. Soweit die Klägerin Maklerverträge von Kunden bei der Beklagten vorgelegt habe, um diese Kunden nunmehr als Makler zu betreuen, sei dadurch der Bestand des Nachfolgers Klein verkleinert worden, nicht jedoch nicht der Versicherungsbestand der Beklagten.
17Der Ausgleichsanspruch belaufe sich auf 459.498,20 €. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Seite 22 ff. d. Klageschrift verwiesen.
18G sei nach ihrem Ausscheiden als Versicherungsmaklerin tätig geworden. Sie habe ihre Tätigkeit in einer anderen Wohneinheit als die Klägerin mit eigenen Telekommunikationsanschlüssen ausgeführt.
19Die Klägerin beantragt,
20I. die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Handelsvertreterausgleich in Höhe von 459.498,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2017 zu zahlen;
II. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin anteilige außergerichtliche Kosten in Höhe von 3.509,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.09.2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Die Beklagte behauptet, die Eheleute G hätten von langer Hand gemeinsam geplant, über den Ausstieg von G als Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin das plötzliche Ende des Agenturvertrages herbeizuführen, den Abschluss eines neuen Agenturvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten scheitern zu lassen und sich im Folgenden gemeinsam als Versicherungsmakler zu betätigen, um den Ausgleichsanspruch zu erlangen und die bisher betreuten Kunden als Versicherungsmakler weiter betreuen zu können. Gemeinsamer Plan der Eheleute G sei es auch gewesen, nach dem Wechsel der Klägerin in den Maklerstatus gezielt die von ihr betreuten Kunden der Beklagten abzuwerben und diese an andere Versicherer zu vermitteln. Der dem Nachfolger übertragene Bestand der Klägerin sei inzwischen von 1.770.000,00 € auf 970.000,00 € geschrumpft. Die Klägerin habe aktiv auf die Kunden eingewirkt, um sie abzuwerben.
26Die Beklagte macht geltend, die Beendigung des Agenturvertrages durch Ausscheiden von G sei wie eine Eigenkündigung zu behandeln, so dass Ausgleichsansprüche ausgeschlossen seien. Ziffer 6) des Nachtrages 4 habe darauf beruht, dass die Beklagte keinen Vertretervertrag mit einer GmbH gewünscht habe, deren Gesellschafter und Geschäftsführe beliebig ausgetauscht werden könnten. Die Handelsvertretung habe vielmehr an die sie betreibenden Personen G gebunden sein sollen, insbesondere an G als Tochter des langjährigen früheren Agenturinhabers. Ein begründeter Anlass für eine Eigenkündigung habe nicht bestanden. Die Klägerin bzw. ihre Gesellschafter und Geschäftsführer müssten als Handelsvertreter die Tarife der Beklagten hinnehmen. Die Provisionen für die Produktlinie Varioinvest habe sich gegenüber den Vorprodukten nicht geändert. Zudem habe die Klägerin bis zum 30.12.2016 keines der vorherigen Produkte vermittelt. Das Ausscheiden von G sei für die Beklagte unerwartet gewesen.
27Der Ausgleichsanspruch betrage rechnerisch allenfalls 402.711,00 €.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
30Die Klage hat keinen Erfolg.
31I.
32Die Klägerin hat keinen Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 7 des Nachtrags 4 (K 2) in Verbindung mit §§ 89 b HGB. Nach § 7 des Nachtrages 4 besteht bei Beendigung des Agenturvertrages ein Ausgleichsanspruch zu Gunsten der Klägerin, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 89 b vorliegen. Die sonstigen Voraussetzungen des § 89 b liegen nicht vor; vielmehr ist gemäß § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen, weil die Beendigung des Agenturvertrages von den Gesellschaftern der Klägerin ohne begründeten Anlass herbeigeführt wurde.
331.
34Der Handelsvertretervertrag zwischen den Parteien ist durch den Eintritt der auflösenden Bedingung des § 6 d des Nachtrages 4 – Ausscheiden eines Geschäftsführers bzw. Gesellschafters aus der Gesellschaft – beendet worden, indem G am 07.04.2017 als Geschäftsführerin und Gesellschafterin aus der Klägerin ausschied. Der Vertrag ist nicht erst durch die Ablehnung des neuen Agenturvertrages beendet worden, denn er war schon vor Zugang des neuen Angebots durch Eintritt der auflösenden Bedingung beendet.
352.
36Die Herbeiführung der auflösenden Bedingung durch das Ausscheiden von G steht einer Eigenkündigung der Klägerin gemäß § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB gleich (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 89 b Rdnr. 53; Löwisch in Ebenroth/Boujong u. a., HGB, § 89 b Rdnr. 49 m. w. N.). Das ist sachgerecht, denn die Beendigung des Vertrages durch Herbeiführung einer auflösenden Bedingung erfolgt ebenso wie die Beendigung durch Eigenkündigung durch eine ausschließlich vom Handelsvertreter oder seinen gesetzlichen Vertretern veranlasste Handlung.
37Dagegen ist unerheblich, ob die Annahme des neuen Agenturvertrages für die Klägerin zumutbar war. Soweit die Klägerin meint, kausal für die Beendigung der Zusammenarbeit sei nicht das Ausscheiden von G, sondern die Tatsache, dass die Beklagte einen schlechteren Folgevertrag angeboten habe, den die Klägerin zu Recht abgelehnt habe, so dass die Rechtsprechung anzuwenden sei, wonach § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB nicht anzuwenden sei, wenn der Handelsvertreter einen neuen Vertrag ablehne, kann dem nicht gefolgt werden. Die von der Klägerin erwähnte Rechtsprechung (BGHZ 171, 92 ff., Juris Rdnr. 21) ist auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar. Die von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle betreffen Änderungskündigungen des Unternehmers, d. h. eine Kündigung des Unternehmers, verbunden mit dem Angebot des Abschlusses eines neuen Vertrages zu geänderten Bedingungen. Wenn in diesen Fällen der Handelsvertreter den neuen Vertrag nicht annimmt, geht die Vertragsbeendigung auf die Initiative des Unternehmers, nämlich die Kündigung für den Fall der Nichtannahme zurück, während im vorliegenden Fall die Klägerin die Vertragsbeendigung durch Herbeiführung der auflösenden Bedingung veranlasst hat.
38Aus § 7 des Nachtrages 4, wonach die Beklagte dann, wenn der Agenturvertrag endet, obwohl ein Beendigungstatbestand nur in Person eines Geschäftsführers eingetreten ist, einen neuen Agenturvertrag abschließen wird, ergibt sich keine Verpflichtung der Beklagten, einen neuen Agenturvertrag zu den früheren Bedingungen abzuschließen. Die vertragliche Regelung enthält keine Bestimmung zum Inhalt des neuen Vertrages. Aus dem Beendigungstatbestand § 6 d des Vertrages folgt vielmehr, dass der frühere Vertrag bereits mit dem Ausscheiden eines der beiden Gesellschafter und Geschäftsführer enden sollte, mithin neu zu verhandeln war.
393.
40Bei Eigenkündigung des Handelsvertreters und gleichzubehandelnden Beendigungstatbeständen ist der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen, wenn der Handelsvertreter keinen begründeten Anlass zur Beendigung des Vertrags hatte. G hatte keinen begründeten Anlass zur Beendigung des Handelsvertretervertrages. Ein begründeter Anlass ist weniger als ein wichtiger Grund zur Kündigung. Hierzu genügt es, wenn der Handelsvertreter durch das Verhalten des Unternehmens in eine für ihn nach Treu und Glauben nicht haltbare Lage gekommen ist (Hopt in Baumbach/Hopt, a.a.O., Rdnr. 57). Die Klägerin bzw. ihre Gesellschafterin G ist nicht in eine nach Treu und Glauben nicht mehr haltbare Lage gekommen. Dagegen spricht schon, dass die Klägerin, vertreten durch den Ehemann von G, den Vertrag nach eigenen Angaben fortsetzen wollte, die von G monierten Vorfälle, also als nicht so schwerwiegend empfand, dass sie den Vertrag beenden wollte.
41Unabhängig davon rechtfertigen auch die in den Mails Anlagen K 4 bis K 17 monierten Vorfälle keine Kündigung. Insgesamt sind die von der Klägerin aufgelisteten Vorgänge Fehler, die bei Massengeschäften wie der Versicherungsvermittlung und der Abrechnung gegenüber den Versicherungsvertretern vorkommen können und keine nach Treu und Glauben nicht mehr haltbare Lage zu begründen vermögen oder vom Handelsvertreter hinzunehmende geschäftspolitische Entscheidung der Beklagten.
42Im Einzelnen:
43Soweit G die Prämien der Beklagten, zum Beispiel für junge Fahranfänger oder für Architekten nach Schadensfällen als zu hoch und höher als bei anderen vergleichbaren Versicherungen rügt, ist das als Ausfluss der Geschäftspolitik der Beklagten hinzunehmen. Das gilt auch für die Ablehnung oder Verzögerung bei der Ausstellung von Policen.
44Die kurzfristige Absage von Weiterbildungsmaßnahmen ohne Ersatzmaßnahmen wiegt nicht so schwer, dass sie begründeter Anlass für eine Kündigung sein kann.
45Eine fehlende Wertschätzung der Klägerin kann darin, dass die Beklagte auf von der Klägerin vorgeschlagene Marketing-Maßnahmen (Stromtankstelle, 50jähriges Agenturjubiläum) nicht reagiert hat, nicht gesehen werden. Es besteht keine Verpflichtung der Beklagten, die Werbung einzelner Agenturen zu unterstützen.
46Dass die Beklagte Reklamationen der Klägerin zur sogenannten Nettobestandsliste zwischen Juli und Dezember 2016 gemäß Mail vom 28.12.2016 (K 14) trotz Zusage bis zu diesem Zeitpunkt nicht korrigierte, ist für sich allein kein begründeter Anlass. Das wäre allenfalls der Fall, wenn die Beklagte systematisch Ansprüche ihrer Handelsvertreter oder jedenfalls der Klägerin, nicht erfüllen würde, was dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen ist.
47Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgehen sollte, dass die Behandlung der Angelegenheit des Kunden Matt nicht ordnungsgemäß war, indem die Beklagte zugesagte Informationen nicht lieferte und den Vertrag ohne Information der Klägerin kündigte, ist dieser Fehler nicht so schwerwiegend, dass die Situation für G nicht mehr haltbar war. Im Massengeschäft können immer wieder Fehler vorkommen.
48Schließlich ist auch die fehlende Freischaltung der neuen Produktlinie Varioinvest zugunsten der Klägerin kein begründeter Anlass zur Kündigung. Ob und inwieweit sich die Provisionen der Klägerin durch die hierzu erstellten Nachträge verschlechtert hätten, ist zwischen den Parteien streitig. Wenn der Klägervortrag zutreffend ist, hätte die Beklagte die Klägerin jedenfalls zu den Provisionssätzen für die früheren, inzwischen eingestellten Produkte freischalten müssen. Dies stellt jedoch noch keinen begründeten Anlass für die Kündigung dar, denn die Klägerin hat von der Beklagten nie die Erfüllung dieser Verpflichtung verlangt. Sie hat zwar in den Anlagen K 4 bis K 17 diverse angebliche oder tatsächliche Missstände gerügt, diesen Vorgang jedoch nie erwähnt. Aufgrund des langjährigen Vertragsverhältnisses hätte sie der Beklagten Gelegenheit geben müssen, diesen Missstand zu beseitigen.
49Damit liegt kein begründeter Anlass für G zum Ausscheiden aus dem Handelsvertretervertrag vor, so dass der Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB entfällt.
50Dieses Ergebnis ist im vorliegenden Fall auch geboten, weil die Klägerin aufgrund der von ihren Gesellschaftern gewählten Form der Vertragsbeendigung (Herbeiführung der auflösenden Bedingung) der Beklagten jegliche Möglichkeit genommen hat, ihre Kundenbeziehungen während einer im Fall einer ordentlichen Kündigung sonst laufenden Kündigungsfrist zu sichern, zum Beispiel durch Freistellung der Klägerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Umgekehrt hat die Klägerin wegen des nach eigenen Angaben bestehenden besonderen Vertrauensverhältnisses zu ihren Kunden die Möglichkeit, diese weiter als Makler betreuen zu können, so dass ihr keine Provision entgeht. Nach eigenem Vortrag (Seite 28 des Schriftsatzes vom 21.02.2018, Bl. 115 ff. d. A.) hat sie auch die Betreuung von Kunden der Beklagten als Makler übernommen, so dass ihr weiter die Provisionen zufließen.
51II.
52Die prozessualen Nebenentscheidungen sind nach §§ 91, 709 ZPO gerechtfertigt.
53Der nicht nachgelassene Klägerschriftsatz vom 30.07.2018 enthält keinen entscheidungserheblichen neuen Vortrag und ist kein Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
54Streitwert: 459.498,20 €.