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1.) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 122.832,25 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3.) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Die Parteien streiten um Ersatz von Zahlungen im Rahmen der Insolvenzverschleppungshaftung.
3Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag über das Vermögen der C2 GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) am 0 (Anlage TW 1) durch das Amtsgericht Düsseldorf eröffneten Insolvenzverfahren. Die Schuldnerin wurde am 03.08.2007 gegründet (Anlage TW 10). Die Beklagten waren in der Zeit vom 18.09.2007 bis zum 11.08.2009 Geschäftsführer der Schuldnerin (Anlagen TW 2 und B1). Im Zeitraum vom 15.05.2009 bis zum 10.08.2009 erfolgten Zahlungen der Schuldnerin in Höhe von 2.288.461,55 € zuzüglich USD 718.842,97 an Dritte von ihrem Geschäftskonto bei der CB in Düsseldorf (Anlagen TW 14, TW 15). Die durch die Wirtschaftsprüfergesellschaft X am 16.06.2010 erstellten Jahresabschlüsse der Jahre 2008 und 2009 (Anlagen TW 12,TW 13) weisen auf die bilanzielle Überschuldung der Schuldnerin sowie die daraus resultierenden Pflichten gem. § 64 Abs. 1 GmbHG in Verbindung mit § 19 Abs. 2 InsO hin.
4Einzige Gesellschafterin der Schuldnerin war die inzwischen ebenfalls insolvente C., die vormals unter J2 firmierte, mit Sitz in Indien. Die C. gab am 10.09.2009 eine Patronatserklärung ab, wonach sie die Schuldnerin mit Liquidität in ausreichender Höhe versorgt, wenn dadurch gewährleistet werden kann, dass die Geschäftstätigkeit der Schuldnerin in Übereinstimmung mit der deutschen Gesetzgebung erfolgt (Anlagen TW11, TW18). Diese Patronatserklärung führte die Wirtschaftsprüfergesellschaft X in ihren Jahresabschlüssen aus den Jahren 2008 und 2009 (Anlagen TW 12, TW 13) auf.
5Aus der Firmenhistorie der C ergibt sich, dass in den 1950er Jahren die J1 gegründet wurde (s. Anlage B2). In den 1970er Jahren wurde die die J2 gegründet. Diese Gesellschaft firmierte im Jahre 2005 in J3 um, bevor sie heute unter C firmiert. Auf der Visitenkarte des Herrn L2 stand über der Firmenbezeichnung „J5“ (Anlage B4). Auf einer beispielhaft beigefügten Rechnung hieß es unter der Firmenbezeichnung „J3“ auf der rechten Seite „J1 “ (Anlage B6).
6Der Kläger behauptet, die vorgelegte Rangrücktrittserklärung (Anlagen TW 7, TW 17) sei nicht echt, da diese auf den 28.07.2007 datiert ist, die Schuldnerin jedoch erst am 03.08.2007 gegründet wurde. Überdies habe die Firma K. die vermeintliche Rangrücktrittserklärung abgegeben, zugunsten derer keine Forderungen ausweislich der Bilanzen bestünden. Die streitgegenständlichen Forderungen bestünden vielmehr gegenüber verbundenen Unternehmen, wobei nicht festzustellen sei, dass gerade diese Forderungen Inhalt der Rangrücktrittserklärung seien. Die Muttergesellschaft habe zu keiner Zeit unter K. firmiert. Im Übrigen sei die Rangrücktrittserklärung unüblicher Weise nicht in den durch die Wirtschaftsprüfergesellschaft X erstellten Jahresabschlüssen der Jahre 2008 und 2009 (Anlagen TW 12, TW 13) enthalten, während die Patronatserklärung hingegen aufgeführt sei. Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, die vorgelegte Rangrücktrittserklärung entspreche nicht den Anforderungen der §§ 19 Abs. 2, 39 Abs. 1 InsO (S. 9 f.).Zudem führe auch die abgegebene Patronatserklärung nicht zur Beseitigung der Überschuldung, da zum einen die Gesellschafterin diese erst nach Ausscheiden der Beklagten als Geschäftsführer abgab und zum anderen die Patronatserklärung ebenfalls nicht den rechtlichen Anforderungen entspreche (S. 10 f.). Insbesondere sie die Gesellschafterin der Schuldnerin wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen, bei Bedarf der Schuldnerin die finanziellen Mittel kurzfristig zur Verfügung zu stellen.
7Der Kläger beantragt,
81.) Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger EUR 2.288.461,55 sowie weiterer USD 718.842,97 jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 15.05.2012 zu zahlen;
92.) Den Beklagten wird nachgegeben, die in US- Dollar ausgewiesene Forderung in Euro zu begleichen.
10Die Beklagten beantragen,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagten behaupten unter anderem, die Gesellschafterin habe die Rangrücktrittserklärung entgegen der Datierung erst nach dem 21.09.2007 und somit nach Gründung der Schuldnerin abgegeben. Die Rangrücktrittserklärung sei aufgrund des geringen Eigenkapitals der Schuldnerin bereits in deren Gründungsphase erstellt worden. Da das Dokument nach Rücksendung aus Indien nicht datiert gewesen sei, sei fälschlicherweise das 0 des AL mit der Firma SO eingetragen worden. Die Rangrücktrittserklärung habe die Gesellschaftern der Schuldnerin abgegeben, weshalb die in den Bilanzen aufgeführten Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen nicht zu passivieren seien. Die Gesellschafterin habe im Rechtsverkehr regelmäßig unter JO firmiert. Eine registrierte Firma unter dem Namen K. sei nicht eingetragen. In der Verlängerung des AL vom 01.07.2008 (Anlage B8a) bestätige die Gesellschafterin der Schuldnerin darüber hinaus die Abgabe der Rangrücktrittserklärung. Auch habe die Gesellschafterin der Schuldnerin keine Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet, was ebenfalls für die Vereinbarung einer Rangrücktrittserklärung mit der Gesellschafterin spreche. Die Wirtschaftsprüfergesellschaft X habe die Jahresabschlüsse zudem erst weit nach Ausscheiden der Beklagten erstellt und die Rangrücktrittserklärung möglicherweise durch die neuen Geschäftsführer nicht erhalten. Sie sind der Ansicht, sowohl die Rangrücktrittserklärung als auch die Patronatserklärung entsprächen den rechtlichen Anforderungen. Sofern dies nicht der Fall sei, treffe sie zumindest kein Verschulden, da der Steuerberater der Beklagten diese jedenfalls auf das Erfordernis einer Rangrücktrittserklärung hingewiesen und die Rangrücktrittserklärung in der Folge auch ausgefertigt habe. Im Übrigen könne ein Anspruch des Klägers maximal in Höhe von 122.832,27 € aus Masseforderungen, Masseverbindlichkeiten und angemeldeten Forderungen bestehen. Die Geltendmachung eines darüber hinaus gehenden Betrages sei zum einen treuwidrig, da die Beklagten jede erfolgte Zahlung aufgrund eines von Amts wegen auszusprechenden Vorbehalts zur Insolvenztabelle anmelden könnten und der Kläger die über den Betrag von 122.832,27 € hinausgehenden Zahlungen an die Beklagten zurückerstatten müsste. Zum anderen stelle die Geltendmachung eines Betrages in Höhe von 2.814.421,70 € eine sittenwidrige Schädigung dar, denn die Beklagten müssten bei Verurteilung zur vollständigen Zahlung zunächst erhebliche Kredite aufnehmen, deren Zinsen selbst nach Auskehrung des zur Insolvenztabelle angemeldeten Betrages zu Lasten der Beklagten bestehen blieben.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15I.
16Die Klage ist nur teilweise begründet.
17Dies gilt auch unter Berücksichtigung der nicht nachgelassenen Schriftsätze des Klägers vom 9.8.2017 und des Beklagten zu 2) vom 16.8.2017.
181.
19Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 122.832,25 € nebst Zinsen.
20a)
21Der Kläger hat gegen die Beklagten einen gesamtschuldnerischen Anspruch auf Ersatz der im Überschuldungsstadium der Schuldnerin getätigten Zahlungen i.H.v. 122.832,25 € aus § 64 S. 1 GmbHG, da die C2 GmbHG (nachfolgend „Schuldnerin“) bereits ab dem Jahr 2008 überschuldet war (aa.). Weder die Rangrücktrittserklärung („letterofsubordination“) (bb.) noch die Patronatserklärung („letterofcomfort“) (b.) seitens der Alleingesellschafterin der Schuldnerin, der C. (nachfolgend „Alleingesellschafterin“), führen zu einer Beseitigung des Überschuldungstatbestandes i.S.d. § 19 Abs. 2 S. 2 InsO.
22aa)
23Nach § 64 S. 1 GmbHG sind die Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung der Überschuldung geleistet wurden. Der Begriff der Überschuldung ist in § 19 Abs. 1 S. 1 InsO definiert. Hiernach liegt eine Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Aus dem Jahresabschlusses für das Jahr 2008 (Anlage TW6) ergibt sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 2.332.655,08 €. Stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte waren nicht vorhanden. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag manifestierte sich im Jahr 2009 weiter (Anlage TW8).
24bb)
25Die rechtliche Überschuldung kann nicht im Sinne von § 19 Abs. 2 S. 2 InsO durch eine von der Alleingesellschafterin abgegebene Rangrücktrittserklärung beseitigt werden. Die Beklagten haben weder die Echtheit der Erklärung hinreichend dargelegt (1), noch ergibt sich aus den von dem Beklagten zu 1 vorgelegten Unterlagen (Anlagen B2 – B6), dass die die Rangrücktrittserklärung unterzeichnende Gesellschaft und die Alleingesellschafterin ein und dieselbe Gesellschaft sind bzw. insoweit gesellschaftsrechtlich eine Identität der Unternehmen besteht als die unterzeichnende Gesellschaft im Nachhinein in C. (Firma der Alleingesellschafterin) umfirmiert wurde (2). Insoweit fehlt es an der zwingenden Voraussetzung zweier korrespondierender Willenserklärungen i.S.d. §§ 145 ff. BGB. Darüber hinaus leidet die Rangrücktrittserklärung auch an einem inhaltlichen Widerspruch, der zur Unwirksamkeit der Erklärung führt (3).
26(1)
27Die Beklagten haben die Echtheit der Rangrücktrittserklärung nicht hinreichend dargelegt. Schon ihr Vortrag vermag es letztlich nicht, die vom Kläger vorgetragenen Zweifel an der Echtheit der Rangrücktrittserklärung derart zu überwinden, dass das Gericht die geschilderten Umstände (Unterschrift des Geschäftsführers der Alleingesellschafterin bzw. Identität zwischen Alleingesellschafterin und unterzeichnender Gesellschaft, keine Berücksichtigung seitens der Wirtschaftsprüfer in Jahresabschlüssen, Annahmeerklärung der Schuldnerin) unberücksichtigt lassen kann.
28Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 0 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es Bedenken an der Wirksamkeit der Rangrücktrittserklärung hat. Diese Bedenken sind auch nicht durch den von den Beklagten nachgereichten Schriftsatz beseitigt worden, denn auch diese Ausführungen der Beklagten vermögen es nicht die tatsächlich bestehenden Zweifel an den klägerseits vorgetragenen streitigen wie unstreitigen Umständen nachhaltig zu beseitigen.
29Der Kläger führt seine Zweifel an der Echtheit maßgeblich darauf zurück, dass die Rangrücktrittserklärung unstreitig auf den 28.07.2007 datiert, die Schuldnerin ausweislich notarieller Urkunde v. 03.08.2007 (Anlage TW10) jedoch – ebenfalls unstreitig – erst am 03.08.2007 gegründet wurde. Der Schuldnerin war es daher tatsächlich unmöglich Rechtshandlungen vor dem 0 vorzunehmen.
30Hieran ändert auch der Vortrag des Beklagten nichts, dass am 28.07.2007, sprich in der Gründungsphase der Schuldnerin, ein sog. „AL“ zwischen der SO GmbH, der Schuldnerin und der Alleingesellschafterin geschlossen wurde, welches eine Verpflichtung der Alleingesellschafterin zur Abgabe einer Rangrücktrittserklärung enthielt. Gleiches gilt für den Einwand der Beklagten, der Steuerberater, Herr L, habe die Rangrücktrittserklärung bereits in der Gründungsphase aufgrund des geringen Eigenkapitals der Schuldnerin angeregt. Denn weder der Abschluss eines solchen AL, noch die Anregung zum Abschluss einer Rangrücktrittserklärung oder das Bestehen eines Gründungsvorhabens (der späteren Schuldnerin) ändern etwas daran, dass die Schuldnerin gesellschaftsrechtlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht als GmbH bestand. Die vorgetragenen Argumente sind insofern nur ein Beleg für die Beabsichtigung von Rechtshandlungen einer zu diesem Zeitpunkt noch zu gründenden Gesellschaft.
31Gesellschaftsrechtlich stellt sich das Gründungsstadium einer GmbH nämlich wie folgt dar: Vom Zeitpunkt des Zusammenschlusses der Gründungsgesellschafter bis zum Abschluss des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages (der künftigen GmbH), besteht regelmäßig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Zweck der Gründung einer GmbH. Von dem Zeitpunkt des Abschlusses des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages bis zum Zeitpunkt der konstitutiv wirkenden Eintragung der GmbH ins Handelsregister besteht die GmbH in Form einer sog. Vor-GmbH. Mit Abschluss des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages am 03.08.2007 (Anlage TW10) bestand die Schuldnerin – bis zum Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister – als sog. Vor-GmbH.
32Die Rangrücktrittserklärung ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt, d.h. nach Gründung der Schuldnerin am 03.08.2007, wirksam zustande gekommen. Die Beklagten tragen vor, der Beklagte zu 2) habe die Rangrücktrittserklärung am 21.09.2007 per E- Mail an die Alleingesellschafterin der Schuldnerin geschickt, mit der Bitte diese kurzfristig zu unterschreiben und ein Original per Post an die Schuldnerin zurückzusenden (Anlage B8). Die Übersendung der Rangrücktrittserklärung per E- Mail an die Alleingesellschafterin begründet für sich genommen keine tatsächliche Rücksendung derselben. Ebenso wenig ergibt sich eine Gegenzeichnung der Urkunde durch die Alleingesellschafterin aus der reinen Verpflichtung zur Abgabe einer Rangrücktrittserklärung gegenüber der Schuldnerin in beiden AL. Ob die Rangrücktrittserklärung tatsächlich Bestandteil der notariellen Beglaubigung des AL vom 0 sowie der hierzu angefertigten Apostille vom 0 geworden ist, lässt sich anhand der vorgelegten Kopien nicht feststellen. Das fest verbundene Original legen die Beklagten nicht vor. Die insofern durch den Beklagten zu 2) angeregten eidesstattlichen Erklärungen der beiden Aussteller hinsichtlich der Echtheit der Urkunden sind nicht zustande gekommen oder zumindest nicht vorgelegt worden. Der Beweisantritt durch den Zeugen K2 ist unergiebig, da dieser an der Ausfertigung der Rangrücktrittserklärung auf Seiten der Alleingesellschafterin nicht eigenständig mitwirkte. Im Übrigen äußern sich beide Beklagte durchgehend nicht zum Ausstellungsdatum der Rangrücktrittserklärung. Sie erklären zwar, dass die Alleingesellschafterin nach Unterzeichnung die Erklärung ohne Angabe des Datums an die Schuldnerin zurückgesandt habe und die Beklagten deshalb fälschlicherweise das 0 des ursprünglichen AL eingesetzt hätten. Wann die Rücksendung tatsächlich erfolgt ist, legen die Beklagten jedoch nicht dar. Hierzu tragen sie lediglich vor, die Rangrücktrittserklärung sei nach dem 21.09.2007 zustande gekommen.
33Zweifel an der Echtheit ergeben sich weiterhin daraus, dass die Rangrücktrittserklärung in den durch die Wirtschaftsprüfergesellschaft X erstellten Jahresabschlüssen für die Zeiträume 01.01.2008 bis 31.12.2008 und 01.04.2008 bis 31.03.2009 keine Berücksichtigung fand (Anlage TW 12 und TW 13). In vorgenannten Jahresabschlüssen findet sich lediglich eine Referenz zu dem „letterofcomfort“, d.h. zur Patronatserklärung, Ausführungen zu einer bestehenden Rangrücktrittserklärung finden sich nicht. Warum den Wirtschaftsprüfern diese Erklärung offensichtlich nicht vorlag, wenn sie doch gerade geeignet war die Überschuldung abzuwenden, ist unklar.
34(2)
35Selbst bei Annahme der Echtheit der Rangrücktrittserklärung, kann vorgenannte Erklärung keine Rechtswirkungen zwischen der Schuldnerin und der Alleingesellschafterin entfalten. Die C. ist nämlich nicht als Partei der vorgelegten Rangrücktrittserklärung zu identifizieren.
36Als zweiseitiges Rechtsgeschäft i.S.d. §§ 145ff. BGB ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Rangrücktrittserklärung, dass zwei korrespondierende Willenserklärungen, Antrag und Annahme, vorliegen (vgl. BGH Urt. v. 05.03.2015 – IX ZR 133/14 = BGHZ 204, 231ff.). Mangels Identität zwischen Forderungsinhaberin (Alleingesellschafterin) und unterzeichnender Gesellschaft, fehlt es hieran jedoch.
37Das Gericht ist nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die „K.“ und die Alleingesellschafterin, die C., ein und dieselbe Gesellschaft sind, sprich die C. zuvor als „K.“ firmierte.
38Der von dem Beklagten zu 1 vorgelegten Firmenhistorie (Anlage B2) lässt sich entnehmen, dass in den 1950er Jahren zunächst die „J1“ gegründet wurde, wobei sich eine nähere Bezeichnung der Rechtsform der Gesellschaft der Firmenhistorie nicht entnehmen lässt. Weiterhin ergibt sich aus der Firmenhistorie, dass in den 1970er Jahren die „J2“ gegründet wurde. Diese Gesellschaft wurde im Jahr 2005 in die „J3“ umfirmiert, bevor sie dann letztlich im Jahre 2008 unter der Firma C. im Rechtsverkehr auftrat. Aus der Firmenhistorie ergibt sich somit, dass zunächst die J1 als Gesellschaft bestand, bevor in den 1970er Jahren eine weitere Gesellschaft gegründet wurde, nämlich die heute als C. firmierende Gesellschaft.
39Die in der Rangrücktrittserklärung als Vertragspartei auftretende „K.“ steht ausweislich der von dem Beklagten zu 1 vorgelegten Firmenhistorie in keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der C. Zwar besteht durchaus eine Ähnlichkeit zwischen der Firmenbezeichnung „J“ (frühere Firma der C.) und „K.“ (Vertragspartei der Rangrücktrittsvereinbarung), allerdings ist es firmenrechtlich nicht untypisch, dass sich Gesellschaften, die einer Gesellschaftsgruppe angehören nur marginal in ihrer Firmierung unterscheiden. Dass es sich auch vorliegend um eine Gesellschaftsgruppe handelt, ergibt sich aus der von dem Beklagten zu 1 beispielhaft beigefügten Rechnung (Anlage B6). Die Rechnung ist mit der Firma der vertragsschließenden Gesellschaft überschrieben (wörtlich heißt es: J3 (formerly –J2 )); unter dieser Überschrift findet sich am rechten Seiten Rand ein Logo unter dem „J1 – Group“ (zu Deutsch: „J1 – Gruppe“) steht. Vor diesem Hintergrund ist der Rückschluss naheliegend, dass die J3 (heute: C.) und die, die Rangrücktrittserklärung unterzeichnende Gesellschaft, die K., jeweils eigenständige Gesellschaften sind, die zur Gruppe der J1 gehören. Für einen Gruppenverbund spricht auch die von dem Beklagten zu 1 als Anlage B4 beigefügte Visitenkarte. Denn auch diese ist mit J1 überschrieben gefolgt von der Firmenbezeichnung der konkreten Gesellschaft.
40Ein anderes Ergebnis kann auch nicht durch Auslegung nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB erreicht werden, da die vorliegenden Abweichungen in der Firmierung zu erheblich sind.
41Die Firma ist der Handelsname, den die Gesellschaft im Rechtsverkehr führt (Ries, in Röricht/Graf v. Westphalen, HGB, § 17 Rn. 3). Die Firma muss stets zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen, vgl. § 18 HGB. Die Individualisierungsfunktion der Firma verlangt dabei die deutliche Unterscheidbarkeit von anderen Firmen (Ries, in Röricht/Graf v. Westphalen, HGB, § 17 Rn. 23). Die in Rede stehenden Firmenbezeichnungen („K.“) weisen zwar eine gewisse Ähnlichkeit zueinander auf, sind letztlich jedoch durchaus deutlich voneinander zu unterscheiden. So enthält die erste Firmenbezeichnung im Vergleich zur letztgenannten nicht nur ein Sonderzeichen in Form des „&“, sie lässt auch das Wort „M“ vermissen und führt den Begriff „Oil“ im Plural, sprich „Oils“. Im Wege der Auslegung hätte man dann eine Firmenidentität annehmen können, wenn sich die vorgenannten Firmierungen dergestalt unterscheiden, dass lediglich das verwendete Sonderzeichen „&“ durch ein „und“ oder der Firmenzusatz „Limited“ durch die Abkürzung „Ltd.“ ersetzt worden wäre.
42(3)
43Selbst wenn man unterstellt, dass die unter aa) und bb) aufgeführten Punkte nicht vorliegen würden bzw. der Wirksamkeit der Rangrücktrittserklärung nicht entgegenstünden, wäre die Rangrücktrittserklärung auf Grund der sich widersprechenden Klauseln der Ziffern 1) und 3) dennoch unwirksam. Die Zusammenschau vorgenannter Ziffern führt nämlich zu einem inneren Widerspruch der Erklärung, der ihrer Wirksamkeit entgegensteht.
44Wird eine Rangrücktrittserklärung zur Vermeidung einer Insolvenz abgegeben, so muss sich deren Regelungsinhalt sowohl auf die Zeit vor wie nach der Insolvenzeröffnung beziehen, um sicherzustellen, dass die Forderung nicht als Verbindlichkeit in die Bilanz aufgenommen wird (vgl. BGH Urt. v. 05.03.2015 - IX ZR 133/14 = BGHZ 204, 231-251; Beschl. v. 23.09.2010 - IX ZB 282/09 = WM 2010, 2088). Zudem muss sichergestellt sein, dass die Forderung des Gläubigers vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur aus ungebundenem Vermögen und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst im Rang nach den Forderungen sämtlicher normaler Gläubiger (§ 38 InsO) Berücksichtigung finden soll (vgl. BGH Urt. v. 05.03.2015, aaO). Ausreichend ist insofern eine sinngemäße Erklärung des Gläubigers, er wolle wegen der Forderung erst nach Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger berücksichtigt werden (vgl. BGH Urt. v. 05.03.2015, aaO; Urt. v. 08.01.2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264-280). Ein darüber hinaus gehender, gänzlicher Verzicht auf die Forderung ist dagegen nicht erforderlich (vgl. BGH Urt. v. 05.03.2015, aaO; v. 08.01.2001, aaO). Durch interessengerechte Auslegung kann sich im Falle einer unzureichenden Rangrücktrittserklärung dennoch ein qualifizierter Rangrücktritt ergeben, sofern die Parteien einen solchen vereinbaren wollten (vgl. BGH Urt. v. 05.03.2015, aaO).
45Allein auf Basis von Ziffer 1) und 2) bestehen noch keine inhaltlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Rangrücktrittserklärung. Die Beklagten gehen somit recht in der Annahme, dass eine sinngemäße Erklärung ausreiche (BGH Urt. v. 05.03.2015, aaO; v. 08.01.2001, aaO). Einer ausdrücklichen Erklärung, dergestalt, dass der Gesellschafter mit seiner Forderung hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO genannten Forderungen zurücktrete, bedarf es nicht und erst nach deren Befriedigung zu berücksichtigen sein, bedarf es entgegen der Ansicht des Klägers nicht. Ziffer 1) der Rangrücktrittserklärung legt fest, dass die Alleingesellschafterin ihre Rechte denen anderer möglicher Gläubiger nachordne. Ziffer 2) bestimmt weitergehend, dass die Alleingesellschafterin bestätigt und sich verpflichtet, die Schuldnerin im Insolvenzfall nicht haftbar zu machen und auf die Forderungen außenstehender Verbindlichkeiten verzichte. Die Regelungen umfassen somit sämtliche „aktuelle wie künftige Verbindlichkeiten, die in Zusammenhang mit aktuellen und zukünftigen Lieferungen stehen, gleich aus welchem Rechtsgrund“ (s. Einleitungstext der Rangrücktrittsvereinbarung, Anlage TW17).
46In Zusammenschau mit Ziffer 3) ergibt sich allerdings ein Widerspruch, der zur Unbestimmtheit der Erklärung und damit zu ihrer inhaltlichen Unwirksamkeit führt. Ziffer 3) bestimmt nämlich, dass die Parteien über Ziffer 1) und 2) hinaus vereinbaren, dass Forderungen aus Warenlieferungen und sonstigen Lieferungen und Dienstleistungen nur aus freiem Kapital beglichen werden, das aus einem Liquiditätsüberschuss oder aus Überschüssen anderer Forderungen in Bezug auf Warenlieferungen oder sonstigen Lieferungen oder Dienstleistungen resultiere. Durch diese Regelung wird unklar, welche Forderungen aus Lieferungen – worauf sich ausweislich des Eingangstextes der Erklärung der Rangrücktritt bezieht – von dem Rangrücktritt, d.h. von Ziffer 1) und 2), umfasst sind und damit nicht befriedigt werden sollen und welche Verbindlichkeiten vom Rangrücktritt ausgenommen sind und unter Ziffer 3) fallen. Damit steht Ziffer 3) dem eigentlichen Sinn und Zweck der Rangrücktrittserklärung entgegen, denn es ist nicht klar welche Verbindlichkeiten von einer Passivierung der ausgenommen sind und welche nach Ziffer 3) zu befriedigen sind.
47b.
48Eine Überschuldung ist auch deshalb nicht ausgeschlossen, weil die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich war, vgl. § 19 II 1 InsO. Eine positive Fortführungsprognose für die Zeit vom 15.05.2009 bis zum 10.08.2009 kann unabhängig von der Frage der Werthaltigkeit der abgegebenen Patronatserklärung (TW11/18) nicht durch die Patronatserklärung der Alleingesellschafterin begründet werden, da diese die Patronatserklärung unstreitig erst am 10.09.2009 abgab. Zum Zeitpunkt des Eintrittes der Überschuldung im Jahr 2008 war für die Beklagten nicht absehbar, dass die Alleingesellschafterin eine solche Patronatserklärung abgeben würde. Die Patronatserklärung konnte somit zur Begründung einer positiven Fortführungsprognose bis zum 10.09.2009 nicht beitragen. Weitere Anhaltspunkte aus denen sich eine positive Fortführungsprognose ergibt, wie einen entsprechenden Finanz- und Ertragsplan, legen die Beklagten nicht dar. Eine positive Fortführungsprognose ist auch aufgrund der Höhe der bilanzierten Fehlbeträge nicht ersichtlich.
492.
50Die Beklagten haben während der Überschuldung Zahlungen in Höhe von 2.288.461,55 € und 718.842,97 USD getätigt.
51Der Kläger hat die durch die Beklagten getätigten Zahlungen ausreichend substantiiert dargelegt. Im Rahmen der Haftung nach § 64 S. 1 GmbHG obliegt es dem Insolvenzverwalter die Zahlungen, die nach Feststellung der Überschuldung geleistet wurden, nach Höhe und Empfänger aufzuschlüsseln (Haas/Baumbach/Hueck, § 64 GmbHG Rn. 93; OLG Koblenz, Urt. v. 23.12.2014 - 3 U #####/####, WM 2015, 340-347). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine darüberhinausgehende Aufschlüsselung nach Verwendungszweck der Überweisungen nicht erforderlich. Auch trägt nicht der Kläger sondern die Beklagten die Beweislast dafür, dass die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar waren (vgl. BGH, Urt. v. 14.05.2007 - II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265-1267). Der Kläger hat die streitgegenständlichen Zahlungen, die in den Zeitraum vom 15.05.2009 bis zum 10.08.2009 fallen, nach 0 und Höhe aufgelistet (TW14) und hierzu die jeweiligen Kontoauszüge vorgelegt, aus denen sich die entsprechenden Zahlungen nachvollziehen lassen. Aus den Kontoauszügen sind sowohl Empfänger, als auch weitestgehend der Verwendungszweck erkennbar, obwohl die Angabe des Verwendungszweckes für die Darlegung- und Beweislast des Klägers nicht erforderlich ist. Entsprechend ist das Fehlen einiger Verwendungszwecke unerheblich. Zu den einzelnen Zahlungen nehmen die Beklagten keine konkrete Stellung, inwiefern diese mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind, weshalb zu Lasten der Beklagten die Vermutung der Pflichtwidrigkeit der Zahlungen im Sinne von § 64 S. 1, 2 GmbHG greift.
523.
53Der Anspruch des Klägers ist der Höhe nach auf 122.832,25 € begrenzt.
54Eine darüber hinausgehende Geltendmachung widerspricht zum einen dem Sinn und Zweck des § 64 GmbHG, und zum anderem dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB.
55Im Gegensatz zu § 43 Abs. 2 GmbHG, der das Vermögen der Gesellschaft schützen soll, ist nach ständiger Rechtsprechung der Schutzzweck des § 64 GmbHG die Erhaltung der verteilungsfähigen Vermögensmasse der Insolvenzschuldnerin im Interesse der Gläubigergemeinschaft, damit im Insolvenzverfahren die gleichmäßige und ranggerechte Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger sichergestellt werden kann (vgl. BGH Urt. v. 05.05.2008 - II ZR 38/07, NJW 2008, 2504-2505; v. 08.01.2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264-280; v. 29.11.1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184-189; OLG Koblenz, Urt. v. 23.12.2014 - 3 U #####/####, WM 2015, 340-347; Haas/Baumbach/Hueck, §64 GmbHG Rn. 1; Roth/Altmeppen, § 64 GmbHG Rn. 1). Anspruchsberechtigt ist nach § 64 S. 1 GmbHG zwar nur die Gesellschaft, im Insolvenzfall vertreten durch den Insolvenzverwalter, und nicht der einzelne Insolvenzgläubiger als solcher. Unter Berücksichtigung des Gläubigerschutzes entspricht diese Zuweisung jedoch der Funktion der Kollektivierung von Haftungsansprüchen jenseits der Masse nach § 92 InsO (Haas/Baumbach/Hueck, §64 GmbHG Rn. 11), die vorrangig der Gleichbehandlung der Gläubiger dient und zusätzlich durch die Einzelbefugnis des Insolvenzverwalters der Praktikabilität sowie Prozessökonomie Rechnung trägt (Müller/Jaeger, § 92 InsO Rn. 3).
56Entgegen der Ansicht des Klägers widerspricht die Anspruchsberechtigung der Gesellschaft deshalb gerade nicht der Einordnung des § 64 GmbHG als gläubigerschützende Norm. Der Anspruch aus § 64 S. 1 GmbHG kann dementsprechend die Summe aus Masseforderungen, Masseschulden und zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen nicht übersteigen. Ein darüberhinausgehender Betrag läge nicht mehr im Interesse der Gläubiger, da diese bereits vollständig befriedigt wären. Der Anspruch aus § 64 S. 1 GmbHG dient schließlich nicht dem Zweck der Bereicherung der Masse (BGH, Urt. v. 08.01.2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264-280). Der Kläger meint, Zahlungen im Sinne von § 64 S. 1. GmbHG seien hingegen ungekürzt durch die Geschäftsführer zu erstatten. Aus diesem Grunde sei den Beklagten bei Verurteilung von Amts wegen im Urteilstenor vorzubehalten, ihre Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag decken, den die begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, nach Zahlung des Betrages an die Insolvenzmasse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen (vgl. BGH, Beschl. v. 05.11.2007 - II ZR 262/06, NJW-RR 2008, 495-496).
57Der ausgesprochene Vorbehalt trägt in diesem Falle dem Umstand Rechnung, dass vorab keine Kürzung der Zahlung erfolgte, obwohl der unberechtigt vorab befriedigte Gläubiger ohne die Zahlung nur eine quotenweise Entschädigung und keine vollständige Zahlung später im Insolvenzverfahren erhalten hätte (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.2007 - II ZR 310/05, NJW-RR 2007, 984-985). Diese Vorgehensweise ist jedoch nur dann einschlägig, soweit die Zahlungen, die im Widerspruch zu § 64 S. 1 GmbHG getätigt wurden, die Forderungen der Gläubigergemeinschaft nicht vollumfänglich decken. Denn nur in diesem Falle erfolgt eine Verteilung der Masse anhand der Quote. Reicht die Masse zur Befriedigung aller Insolvenzgläubiger aus, erfolgt keine anteilige sondern eine vollständige Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Insofern besteht überhaupt kein Anlass zur anteiligen Kürzung einer getätigten Zahlung entweder vorab, oder richtigerweise durch einen auszusprechenden Vorbehalt. Reicht die Masse bereits zur vollständigen Befriedigung aus, so wäre die verteilungsfähige Vermögensmasse durch Unterlassen von darüberhinausgehenden Zahlungen entgegen des § 64 S. 1 GmbHG vorab an einen Gläubiger genau um diesen Betrag gewachsen. Dieser Gläubiger hätte den vollen Betrag entsprechend auch im Insolvenzverfahren erhalten. Wende man den Grundsatz der ungekürzten Zahlungen gleichfalls auf den vorliegenden Fall an, in dem die im Widerspruch zu § 64 S. 1 GmbHG getätigten Zahlungen die Forderungen der Insolvenzgläubiger weit übersteigen, führte dies zu einem treuwidrigen Ergebnis, dem die Dolo-Agit Einrede (§ 242 BGB) entgegensteht. Insbesondere bei einer derart hohen Differenz von 2.691.589,45 €, die die Beklagten möglicherweise nicht aus ihrem privaten Vermögen aufbringen können, stellt die Geltendmachung des vollen Betrages ein treuwidriges Verhalten dar.
58Treuwidrig handelt, wer etwas verlangt, was er gleich wieder herausgeben muss. Durch den auszusprechenden Vorbehalt, erhielten die Beklagten nach Befriedigung der Insolvenzgläubiger, deren Forderungen sich ausweislich der Masseforderungen (B11), Masseschulden (B12) und zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen (B13) auf 122.832,25 € belaufen, sämtliche darüberhinausgehenden Zahlungen zurück, und zwar ungekürzt. Die Beklagten müssten zunächst 2.814.421,70 € an den Insolvenzverwalter zahlen, von denen der Insolvenzverwalter nach Befriedigung aller Insolvenzgläubiger umgehend 2.691.589,45 € wieder an die Beklagten auskehren müsste. Einer Begrenzung des Anspruchs widerspricht entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht die Pflicht des Insolvenzverwalters aus § 199 InsO einen verbleibenden Überschuss an den Schuldner herauszugeben. Denn wie sich aus § 199 InsO bereits ergibt, sind zunächst die Forderungen aller Insolvenzgläubiger in voller Höhe zu berichtigen. Wäre der Anspruch nicht begrenzt und könnten die Beklagten den die Forderungen übersteigenden, geleisteten Betrag aufgrund des Vorbehaltes zur Insolvenztabelle anmelden, so wären sie ebenfalls als Insolvenzgläubiger anzusehen und müssten vorab vollständig befriedigt werden. Ein an den Schuldner herauszugebender Überschuss würde daher keinesfalls verbleiben.
59II.
60Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 2 ZPO.
61III.
62Streitwert: 2.814.421,70 €