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1. Ist veräußerter Grundbesitz der einzige Vermögensgegenstand einer KG, so dass dessen Veräußerung ein so genanntes Grundlagengeschäft darstellt, ist für deren Abschluss eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung in analoger Anwendung des § 179a AktG grundsätzlich erforderlich.
2. Unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG liegt bei der Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung einer KG nicht vor, wenn diese ein Grundstück überträgt, das im Wesentlichen das einzige Vermögen der Gesellschaft darstellt.
3. Die Frage, ob der Zustimmungsbeschluss analog § 179a AktG beurkundungsbedürftig ist, ist höchstrichterlich nicht und erst recht nicht abschließend geklärt. Wenn der Notar eine schwierige, nicht höchstrichterlich abschließend geklärte Rechtsfrage unrichtig beurteilt, ist dies nicht als offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige Normen und damit nicht als unrichtige Sachbehandlung zu werten, die eine Kostenniederschlagung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG zur Folge hätte.
Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 127 GNotKG wird die Kostenrechnung vom 15. Oktober 2014 zu URNr. vom 2. April 2014 des Notars aus Düsseldorf bestätigt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
2I.
3Die Kostenschuldnerin schloss als Verkäuferin am 2. April 2014 mit der KG i.G. als Käuferin einen notariellen Grundstückskaufvertrag vor dem beurkundenden Notar ab (Bl. 8ff GA). Der vereinbarte Kaufpreis betrug 8.000.000,00 €. Der Kaufvertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, dass
41. sowohl der Gläubigerausschuss als auch der Aufsichtsrat der AG, Düsseldorf dem Verkäufer die Zustimmung zum Abschluss dieses Kaufvertrages bis zum 15.05.2014 erteilt haben.
52. Die Gesellschafter der Käufergesellschaft die Zustimmung zum Abschluss dieses Kaufvertrages bis zum 30.05.2014 erteilt haben.
6Unter § 1 Nr. 4 wurde beurkundet: Die Gesellschafter des Verkäufers treten unter Verzicht auf sämtliche Form- und Fristvorschriften zu einer Gesellschafterversammlung des Verkäufers zusammen und stimmen diesem Kaufvertrag zu.
7Der Kostengläubiger erstellte unter dem 7. April 2014 eine Kostenrechnung betreffend die Beurkundung des Grundstückskaufvertrags vom 2. April 2014 über 42.243,63 €, welche auszugsweise wie folgt lautete:
8KV-Nummer |
Bezeichnung |
Wertvorschrift |
Satz |
Geschäftswert |
Betrag € |
21100 |
Beurkundungsverfahren |
§ 47 |
2,00 |
8.000.000,00 € |
20.170,00 |
22200 |
Betreuungsgebühr |
§ 113 Abs. 1 |
0,50 |
8.000.000,00 € |
5.042,50 |
22110 |
Vollzugsgebühr |
§ 112 Abs. 1 |
0,50 |
8.000.000,00 € |
5.042,50 |
22201 |
Treuhandgebühr |
§ 113 Abs. 2 |
0,50 |
8.000.000,00 € |
5.042,50 |
…. |
…. |
||||
Summe |
der umsatzsteuerpfl. |
Beträge |
35.498,85 |
||
32014 |
Umsatzsteuer 19 % |
6.744,78 |
|||
Rechnungsbetrag |
42.243,63 |
Der Bezirksrevisor stellte im Rahmen der Kostenprüfung des Notars zu dieser Kostenrechnung am 6. September 2014 Folgendes fest:
10a)
11Der Notar hat den Grundstückskaufvertrag mit einem Kaufpreis in Höhe von 8 Mio. € beurkundet und hierfür eine 2,0 Beurkundungsverfahrensgebühr nach dem Kaufpreis mit 20.170,00 € erhoben.
12In § 3 Nr. 1 der Urkunde verzichtet der Verkäufer gemäß § 9 Abs. 1 iVm § 4 Nr. 9a UStG auf die Umsatzsteuerbefreiung.
13Gem. § 110 Nr. 2c GNotKG betreffen ein Veräußerungsvertrag und ein Verzicht auf Steuerbefreiungen gemäß § 9 Abs. 1 UStG verschiedene Beurkundungsgegenstände.
14Wird die Umsatzsteueroption des Verkäufers nicht als vertragliche, sondern als einseitige Erklärung (einseitige Option) angesehen…, ergeben sich folgende Gebühren:
152,0 Gebühr Nr. 21000 KV GNotKG Kaufvertrag, Wert 8 Mio. €: 20.170,00 €
161,0 Gebühr Nr. 21200 KV GnotKG Option, Wert 1.520.000,00 €: 2.615,00 €
17Summe: 22.785,00 €.
18Gem. § 94 Abs. 1 GNotKG max. 2,0 Gebühr aus 9.520,000,00 € mit 22.250,00 €, die hier nur erhoben werden können.
19Es sind 2.080,00 € zu wenig erhoben.
20b)
21Nach § 1 Ziffer 4 der Urkunde treten die Gesellschafter der Verkäuferin zu einer Gesellschafterversammlung zusammen und stimmen dem Grundstückskaufvertrag zu.
22Gem. § 110 Nr. 1 GNotKG bilden Beschlüsse von Organen einer Vereinigung und Erklärungen verschiedener Beurkundungsgegenstände. Der Beschluss ist deshalb gesondert zu bewerten. Gem. § 108 Abs. 2 GNotKG ist bei der Beurkundung von Beschlüssen, welche die Zustimmung zu einem bestimmten Rechtsgeschäft enthalten, der Geschäftswert wie bei der Beurkundung des Geschäfts zu bestimmen, auf das sich der Zustimmungsbeschluss bezieht. Weil sich der Zustimmungsbeschluss auf den Kaufvertrag bezieht, beträgt der Geschäftswert 8 Mio. €.
23Es ergeben sich folgende Gebühren
242,0 Gebühr Nr. 21000 KV GNotKG Vertrag/Beschluss, 16 Mio. €: 29.970,00 €
251,0 Gebühr Nr. 21200 KV GnotKG für Option, 1.520.000 €: 2.615,00 €
26Summe: 32.585,00 €.
27Gem. § 94 Abs. 1 GNotKG max. 2,0 Gebühr aus 17.520.000,00 € mit 32.070,00 €, die hier nur erhoben werden können.
28Es sind zu lit a) und b) insgesamt 11.900,00 € zu wenig erhoben.
29c)
30Der Geschäftswert für die Beurkundung in Höhe von 17.520.000,00 € gilt gem. § 113 Abs. 1 GNotKG auch für die vom Notar erhobene Betreuungsgebühr nach Nr. 22200 KV GNotKG, die deshalb statt 5.042,50 € 8.017,50 € beträgt.
31Es sind 2.975,00 € zu wenig erhoben.
32d)
33…
34Daraufhin erstellte der Notar die streitgegenständliche Kostenrechnung vom 15. Oktober 2014 (Bl. 4f GA):
35KV-Nummer |
Bezeichnung |
Wertvorschrift |
Satz |
Geschäftswert |
Betrag € |
21100 |
Beurkundungsverfahren |
§ 47 |
2,00 |
17.520.000,00 € |
32.070,00 |
22200 |
Betreuungsgebühr |
§ 113 Abs. 1 |
0,50 |
17.520.000,00 € |
8.017,50 |
22201 |
Treuhandgebühr |
§ 113 Abs. 2 |
0,50 |
8.000.000,00 € |
5.042,50 |
22110 |
Vollzugsgebühr |
§ 112 Abs. 1 |
0,50 |
8.000.000,00 € |
100,00 |
…. |
…. |
||||
Summe |
der umsatzsteuerpfl. |
Beträge |
45.431,35 |
||
32014 |
Umsatzsteuer 19 % |
8.631,96 |
|||
Rechnungsbetrag |
54.063,31 |
Gegen diese Kostenrechnung hat die Kostenschuldnerin eine Prüfung des Geschäftswertes für das Beurkundungsverfahren und die Betreuungsgebühr beantragt dergestalt, dass wegen der fehlenden Belehrung des Beteiligten zu 2. dahingehend, dass die Mitbeurkundung des Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafter der Verkäuferin sich geschäftswerterhöhend auswirkt, und des Umstandes, dass bei Kenntnis dieser Auswirkung der Beschluss nicht notariell mitbeurkundet worden wäre, unter Anwendung des § 21 GNotKG als Geschäftswert nur der Kaufpreis in Höhe von 8 Mio. Euro anzusetzen sei.
37Der Präsident des Landgerichts hat unter dem 1. Juli 2015 und ergänzend unter dem 7. Juli 2015, 1. Dezember 2015 und 29. Dezember 2015 Stellung genommen.
38II.
39Auf Antrag der Kostenschuldnerin nach § 127 GNotKG war die streitgegenständliche Kostenrechnung zu bestätigen.
40Die Kostenrechnung ist rechnerisch richtig.
41Der Geschäftswert wurde für das Beurkundungsverfahren und die Betreuungsgebühr zutreffend ermittelt.
42Gemäß § 109 Nr. 1 GNotKG sind Beschlüsse von Organen einer Vereinigung oder Stiftung und Erklärungen verschiedene Beurkundungsgegenstände.
43Der Beschluss der Gesellschafter auf Zustimmung zu dem Abschluss des Kaufvertrages ist daher gesondert zu bewerten.
44Gemäß § 108 Abs. 2 GNotKG ist bei der Beurkundung von Beschlüssen, welche die Zustimmung zu einem bestimmten Rechtsgeschäft enthalten, der Geschäftswert wie bei der Beurkundung des Geschäfts zu bestimmen, auf das sich der Zustimmungsbeschluss bezieht.
45Vorliegend bezieht sich der Zustimmungsbeschluss auf den Kaufvertrag, so dass als Geschäftswert der Kaufpreis in Höhe von 8 Mio. Euro anzusetzen ist.
46Es ergeben sich folgende Gebühren:
47KV-Nummer |
Bezeichnung |
Satz |
Geschäftswert |
Betrag € |
21100 |
Vertrag/Beschluss |
2,00 |
16 Mio. Euro |
29.970,-- |
21200 |
Option |
1,00 |
1, 52 Mio. Euro |
2.615,-- |
Summe |
32.585,-- |
|||
begrenzt durch § 94 Abs. 1 GNotKG auf |
2,0 |
17,52 Mio. Euro |
32.070,-- |
Die Betreuungsgebühr nach Nr. 22200 KV GNotKG ist wegen § 113 Abs. 1 GNotKG ebenfalls nach einem Geschäftswert in Höhe von 17,52 Mio. Euro zu erheben.
49Die Beteiligte zu 1. erhebt keine Einwendungen gegen die Berechnung des Geschäftswertes, trägt jedoch vor, dass bei Kenntnis der Geschäftswerterhöhung der Gesellschafter-Beschluss nicht Gegenstand der notariellen Beurkundung geworden wäre.
50Es liegt keine unrichtige Sachbehandlung des Notars nach § 21 Abs. 1 GNotKG vor.
51Eine Kostenniederschlagung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG setzt eine offenkundig unrichtige Sachbehandlung voraus.
52Eine solche liegt vor, wenn dem Notar ein offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 28. November 2015, - I-10 W 120/15; Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 19. November 2015, I-10 W 118/15).
53Beides ist indes vorliegend nicht der Fall.
54Der veräußerte Grundbesitz war der einzige Vermögensgegenstand der Kostenschuldnerin, so dass dessen Veräußerung ein so genanntes Grundlagengeschäft darstellte, für deren Abschluss eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung in analoger Anwendung des § 179a AktG grundsätzlich erforderlich war.
55Ob - entsprechend der Rechtsauffassung der Kostenschuldnerin - ein Zustimmungsbeschluss vorliegend ausnahmsweise im Hinblick auf die von der Kostenschuldnerin im Einzelnen dargelegte Personenidentität nicht unbedingt erforderlich war, ist rechtlich ebenso zweifelhaft wie die Frage, ob ein Zustimmungsbeschluss analog § 179a AktG - so dieser erforderlich ist - auch formbedürftig ist, insbesondere der notariellen Beurkundung bedarf. Diese Frage ist höchstrichterlich nicht - erst recht nicht abschließend - geklärt. Selbst wenn der Notar vorliegend eine schwierige, nicht höchstrichterlich abschließend geklärte Rechtsfrage unrichtig beurteilt hätte, wäre dies nicht als offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige Normen und damit nicht als unrichtige Sachbehandlung zu werten, die eine Kostenniederschlagung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG zur Folge hätte (vgl. Oberlandesgericht Stuttgart, DNotZ 1986, 440; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 21 GNotKG Rn. 31).
56Die Kostenrechnung war daher zu bestätigen.
57Rechtsbehelfsbelehrung:
58Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig, die bei dem Landgericht Düsseldorf durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden kann. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt werde. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Einlegung der Beschwerde muss binnen einer Frist von einem Monat nach schriftlicher Bekanntmachung des Beschlusses erfolgen, wobei der Eingang beim Landgericht entscheidend ist.