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Auf die Berufung des Klägers wird das am 24.06.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 291 c C 1/15 – teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 683,69 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.09.2014 und nebst 112,75 € (vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten) zu zahlen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 37 % und die Beklagte 63 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Entscheidungserhebliche Änderungen oder Ergänzungen haben sich in zweiter Instanz wie folgt ergeben:
4Auf Hinweise der Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.12.2015 und im Beschluss vom selben Tag hat der Kläger ergänzend vorgetragen, der Umzug in ein anderes Zimmer sei bereits am 09.08.2014 erfolgt. Ferner hat er nochmals die Fotos der Anlage K 3 vorgelegt (Bl. 122 ff. GA) sowie als Anlage Berufung 1 weitere Fotos zum Zustand des Bads in Zimmer 1522. Dazu hat er vorgetragen, dieser Zustand habe sich aufgrund mangelhafter und nicht täglicher Reinigungsarbeiten und aufgrund von Verarbeitungs- und Renovierungsmängeln ergeben. Dort sei ein Pilzbefall an den Dichtungsnähten am Boden der Duschverkleidung und in der Duschwanne zu erkennen. An den Schiebetüren hätten sich Dreck- und Schimmelkulturen gebildet, welche sich an der kompletten Duschverkleidung vorne rings herum fortgesetzt hätten. Die umlaufenden Dichtungsfugen seien mit kleinen schwarzen Schimmelsporen versehen gewesen. Der wohl ehemals weiße Boden der Duschtasse habe bräunliche Verfärbungen durch alte Schmutzreste aufgewiesen. Das ganze Bad habe schmutzig und ungereinigt gewirkt. In dem nach dem Umzug bezogenen Zimmer hätten die Duschabdichtungen und Fugen einen „ähnlich schlechten“ Zustand aufgewiesen wie diejenigen in Zimmer 1522. Auch in diesem sei nicht täglich gründlich gereinigt worden, so dass auch dort in den Fugen und Abdichtungen Schimmelsporen vorhanden gewesen seien. Der defekte Wasserablauf sei sofort nach Bezug an der Rezeption beanstandet worden und am nächsten Tag repariert worden. Das Wasser sei dann zwar abgelaufen, aber nur langsam.
5Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23.02.2016 das Vorbringen des Klägers unstreitig gestellt, soweit es Gegenstand des Hinweis- und Beweisbeschlusses der Kammer vom 18.02.2016 gewesen ist.
6II.
7Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der von der Beklagte gezahlte Betrag von 500,00 € sei ausreichend, um die eingetretene mangelbedingte Reisepreisminderung abzugelten, welche nur auf der Zurverfügungstellung eines nicht vertragsgerechten Zimmers für einen Tag sowie dem Umzug beruhe. Der Kläger habe es versäumt, den Mangel vor dem 09.08.2014 bei der Reiseleitung der Beklagten zu rügen, so dass für die Zeit davor keine Minderung eintrete. Unverschuldet sei dieses Versäumnis nicht gewesen, denn ihm sei der Katalog mit den Reisebedingungen ausgehändigt worden, so dass er durch diesen auf die Rügeobliegenheit hingewiesen worden sei und durch die Reisebestätigung wiederum darauf, dass die Informationen zur Rügeobliegenheit in dem Katalog zu finden seien. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger die Reisebestätigung erhalten habe.
8Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter.
9Er beantragt,
10unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.080,07 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.09.2014 sowie nebst vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 112,75 € zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Berufung zurück zu weisen.
13III.
14Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufungsbegründung genügt den formellen Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO.
15Der Beklagte rügt eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung und Rechtsfehler des Amtsgerichts, die – ihr Vorliegen unterstellt – entscheidungserheblich wären. Er macht geltend, das Amtsgericht habe zu Unrecht als unstreitig festgestellt, dass ihm ein Katalog ausgehändigt worden sei. Bei dem Hinweis auf die Ziff. 12 und 14 der Reisebedingungen am Fuß der Reisebestätigung handele es sich um eine unwirksame AGB. Die Beklagte sei im Übrigen weder zur Abhilfe bereit noch in der Lage gewesen. Ihr Vorbringen dazu sei nur pauschal. Sie habe auch keine sofortige Abhilfe geleistet und habe von der Überbuchung des Hotels, der Nichtverfügbarkeit eines vertragsgemäßen Familienzimmers und seiner Rüge bei der Rezeption gewusst. Wenn sie sich im Prozess erstmals auf eine fehlende Mängelanzeige berufe, so sei das eine unzulässige Rechtsausübung. Ohnehin sei eine Mängelanzeige entbehrlich, wenn die Hotelrezeption mitteile, dass eine Abhilfe unmöglich sei.
16Darin liegt liegen ordnungsgemäße Berufungsangriffe im Sinne von § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 und 3 ZPO.
17IV.
18Die Berufung ist teilweise begründet.
19Die angefochtene Entscheidung weist Rechtsfehler vor und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung.
20Der Kläger hat gegen die Beklagte noch einen restlichen Anspruch auf Rückzahlung von gezahltem Reisepreis gem. §§ 651 d Abs. 1, 638 Abs. 3, Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB in Höhe von 683,69 €.
211.
22Der Kläger ist aktivlegitimiert. Er ist als Anmelder einer Familienreise Reisender i. S. d. §§ 651 a ff. BGB. Trotz der Namensverschiedenheit ist von einer solchen auszugehen, weil aus Sicht der Beklagten als Erklärungsempfängerin aufgrund der Umstände auf der Hand lag, dass der Kläger beim Vertragsschluss nicht die namensverschiedenen Mitreisenden vertreten, sondern einen Reisevertrag abschließen wollte, durch den diese begünstigt werden sollten. Der hierfür maßgebliche Umstand ist die Buchung eines Familienzimmers für zwei Erwachsene und zwei Kinder in der Schulferienzeit.
232.
24Die dem Kläger von der Beklagten erbrachte Reiseleistung war mit Mängeln behaftet (§ 651 c Abs. 1 BGB).
25a)
26Nach dem Vorbringen des Klägers war das zunächst zugewiesene Zimmer Nr. 1522 nicht nur als solches wegen seines Zuschnitts und seiner Ausstattung nicht vertragsgerecht, sondern lagen noch weitere Mängel vor, nämlich Schimmel in der gesamten Dusche, ein insgesamt verschmutztes Bad und ein nicht gereinigter Flur.
27aa)
28Bei dem zuletzt erwähnten Umstand handelt es sich nach Auffassung der Kammer, die die von dem Kläger vorgelegten Fotos ausgewertet hat, um eine in der Hauptreisezeit im Zielgebiet im Massentourismus entschädigungslos hinzunehmende Unannehmlichkeit.
29bb)
30Der Zustand des Bads in dem am 30.07.2014 zunächst bezogenen und bis einschließlich 09.08.2014 bewohnten Zimmer 1522 (Verschmutzung bzw. Schimmelbefall) ist inzwischen unstreitig. Dieser somit festzustellende Sachverhalt begründet einen Reisemangel i. S. des § 651 c Abs. 1 Var. 2 BGB.
31Dies führt zu einer Minderung des Reisepreises gem. § 651 d Abs. 1 BGB für die Zeit bis zum Umzug am 09.08.2014. Diese scheitert nicht am schuldhaften Unterlassen einer Mängelanzeige durch den Kläger vor dem 09.08.2014.
32(1)
33Gem. § 651 d Abs. 2 BGB tritt die Minderung nicht ein, soweit es der Reisende schuldhaft unterlässt, den Mangel anzuzeigen. Als Ausnahme hiervon tritt die Minderung auch ohne Anzeige ein, wenn sie entbehrlich ist. Die Anzeige bei einem Leistungsträger des Veranstalters genügt grundsätzlich nicht, da er nicht Vertragspartner des Reisenden ist. Etwas Anderes gilt allenfalls dann, wenn keine örtliche Reiseleitung oder kein Vertreter vorhanden oder diese nicht erreichbar sind. In derartigen Fällen muss der Veranstalter eine Anzeige beim Leistungsträger gegen sich gelten lassen (Führich, Reiserecht, 7. Aufl., § 7 Rn. 140). Ein derartiger Ausnahmefall wird aber von dem Kläger nicht geltend gemacht.
34Der Beklagten ist es nicht verwehrt, sich im Prozess auf das Fehlen einer Mängelanzeige zu berufen, auch wenn sie dies in der vorprozessualen Korrespondenz nicht getan hat. Darin liegt keine unzulässige Rechtsausübung. Sie hat durch dieses Unterlassen bei dem Kläger kein berechtigtes Vertrauen begründet, welches ihn zu einem Verhalten veranlasst hat, das ihn nunmehr an der effektiven Geltendmachung seiner Rechte hindert. Auch liegt darin kein widersprüchliches Verhalten, dass eine Partei vorprozessual nicht alle rechtlichen und tatsächlichen Argumente ausschöpft und versucht, einen Vergleich zu erreichen, der den Prozess noch verhindern kann.
35Mithin kommt es zunächst darauf an, ob eine Mängelanzeige entbehrlich war. Dies wird angenommen, wenn die Abhilfe aussichtslos ist, weil der Mangel nicht beseitigt werden kann, wenn der Reiseveranstalter eine Abhilfe ernsthaft und endgültig verweigert und wenn er den Mangel kennt und dieser üblicherweise von Pauschalreisenden als mehr als eine Unannehmlichkeit empfunden wird (vgl. Führich, aaO., § 8 Rn. 16 f.; Kammer, Urt. v. 23.10.2015, 22 S 154/15).
36Ein derartiger Fall liegt aber nicht vor. Aus der von dem Kläger vorgetragenen Aussage des Rezeptionsmitarbeiters am 30.07.2014, es gebe kein Familienzimmer mit Verbindungstür, kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass eine Abhilfe unmöglich war. Denn zum Einen ist gut vorstellbar, dass eine Aufforderung der Beklagten an den Hotelbetreiber ein anderes Ergebnis gezeitigt hätte, zum Anderen kam auch eine Abhilfe durch Umzug in ein benachbartes Hotel in Frage. Dass eine Abhilfe unmöglich war, hat der Kläger schlüssig darzulegen und zu beweisen (Führich, aaO., Rn. 39). Es ist dem gegenüber nicht Sache der Beklagten, Abhilfemöglichkeiten vorzutragen. Der Kläger trägt eine fehlende Bereitschaft der Beklagten lediglich ins Blaue hinein vor. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass die Beklagte vom Hotelier über die Rüge des Klägers informiert worden ist und keine Abhilfe leistete, so dass daraus auf fehlende Abhilfemöglichkeit oder –bereitschaft geschlossen werden könnte.
37(2)
38Mithin ist für die Frage, ob eine Minderung für die Zeit vor dem 09.08.2015 (oder dem 08.08.2014) in Frage kommt, entscheidend, ob der Kläger die Anzeige vorher schuldlos unterlassen hat. Hiervon ist für die Entscheidung auszugehen, denn die Beklagte hat ihre Pflicht verletzt, den Kläger in der ihr durch § 651 a Abs. 3 BGB und die BGB-InfoV vorgeschriebenen Form über seine Obliegenheit zu Mängelanzeige zu unterrichten. Dies begründet die Vermutung, dass er die Obliegenheit nicht kannte. Die Beklagte hat diese Vermutung nicht widerlegt.
39Im Einzelnen:
40Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12.06.2007 – X ZR 87/06, NJW 2007, 2549, juris) zu § 651 g BGB muss die Reisebetätigung nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BGB-InfoV und nach § 651 a Abs. 3 BGB, die der Reiseveranstalter dem Reisenden bei oder unverzüglich nach Vertragsschluss auszuhändigen hat (§ 6 Abs. 1 BGB-InfoV), unter anderem Angaben über die nach § 651 g BGB einzuhaltenden Fristen enthalten. Der BGH führt aaO. (Rn. 27 ff.) aus, § 6 Abs. 4 S. 1 BGB-InfoV besage zwar, dass der Reiseveranstalter seine Verpflichtungen nach Abs. 2 auch dadurch erfüllen könne, dass er auf die in einem von ihm herausgegebenen und dem Reisenden zur Verfügung gestellten Prospekt enthaltenen Angaben verweist, die den Anforderungen nach Abs. 2 entsprechen. Jedoch bedürfe es einer inhaltlich ausreichenden Verweisung auf den Prospekt. Dafür genüge nicht ein allgemeiner Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reiseveranstalters. Ein solcher Hinweis verfehle den Gesetzeszweck, den Reisenden vor der einmonatigen Ausschlussfrist zu warnen. Denn eine wirksame Warnung finde nicht statt, wenn die Ausschlussfrist als eine unter vielen Klauseln in den meist umfangreichen und klein gedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen verborgen sei. Eine Verweisung im Sinne des § 6 Abs. 4 S. 1 BGB-InfoV, welche die komplette Information über die Ausschlussfristen nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BGB-InfoV ersetze, müsse zumindest einen Hinweis auf die Existenz von Ausschlussfristen und deren Fundstelle im Prospekt enthalten. Außerdem setze ein Ersatz der Warnung durch Verweisung auf den Prospekt im Sinne des § 6 Abs. 4 S. 1 BGB-InfoV voraus, dass der Reiseveranstalter dem Reisenden den Prospekt zur Verfügung gestellt habe. Zumindest bei einer Buchung, die im Reisebüro erfolge, müsse der Katalog dem Reisenden ausgehändigt worden sein; es genüge nicht, dass der Katalog in der Buchungsstelle einsehbar gewesen sei. Schließlich sei eine Verweisung auf einen Katalog dann kein tauglicher Ersatz für die vorgeschriebene Angabe der Ausschlussfrist, wenn sie zu klein und unauffällig gedruckt sei, um eine Warnfunktion erfüllen zu können. Ein Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen müsse deutlich und bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit des Kunden ohne weiteres erkennbar sein. Bei schwer lesbarem Kleinstdruck sei dies nicht der Fall. Wegen des unterlassenen Hinweises auf die Ausschlussfrist könne ein Reisender trotz objektiver Fristversäumung seine Schadensersatzansprüche noch geltend machen, weil er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert gewesen sei (§ 651 g Abs. 1 S. 3 BGB). Eine schuldhafte Versäumung der Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 Satz 1 BGB scheide von vornherein aus, wenn der Reisende die Frist nicht kannte und auch nicht kennen musste. Diesbezüglich bestehe eine widerlegliche Vermutung zugunsten des Reisenden, wenn er vom Reiseveranstalter nicht auf die Frist hingewiesen worden sei. Diese Vermutung folge aus der in § 6 Abs. 2 Nr. 8 BGB-InfoV und § 651a Abs. 3 BGB klar niedergelegten Wertung des Gesetzgebers, dass die Reisenden in der Regel die Ausschlussfrist nicht kennen und deshalb zu ihrem Schutz der Belehrung darüber bedürfen. Mit diesem Motiv des Gesetzgebers und dem Schutzzweck des Gesetzes wäre es nicht zu vereinbaren, wenn nicht belehrte Reisende den schwer zu führenden Beweis erbringen müssten, dass sie nicht auf andere Weise Kenntnis von der Ausschlussfrist erlangt haben. Ohne die Vermutung der unverschuldeten Unkenntnis des nicht belehrten Reisenden würde die gesetzliche Hinweispflicht des Reiseveranstalters nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BGB-InfoV, § 651a Abs. 3 BGB weitgehend leerlaufen.
41Diese zu § 651 g Abs. 2 BGB ergangene Rechtsprechung des BGH ist auf die Problematik des § 651 d BGB ohne Weiteres zu übertragen (Führich, Reiserecht, 7. Aufl., § 8 Rn. 19 und § 22;MünchKomm/Tonner, BGB, 6. Aufl., § 651 d Rn. 13; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 651 d Rn. 4 und § 6 BGB-InfoV Rn. 1; Erman/Schmid, 14. Aufl., § 651 d Rn. 13; Juris-K/Keller, 7. Aufl., § 651 d Rn. 7; BeckOK Bamberger/Roth/Geib, 37. Ed., § 651 d Rn. 6; aus der Rechtsprechung: AG Neuruppin, Urt. v. 02.10.2007 – 43 C 6/07, juris).
42In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für den vorliegenden Fall:
43Die Reisebestätigung muss, wenn sie auf AGB Bezug nimmt, auch die Fundstelle nennen. Das tut die Reisebestätigung der Beklagten (Bl. 40 f. GA) nicht. Sie gibt nicht an, dass die in Bezug genommenen AGB im Prospekt der Beklagten zu finden sind. Deswegen genügt allein die Übergabe eines Prospekts nicht, so dass es im Streitfall nicht darauf ankommt, ob der Kläger einen solchen übergeben erhielt. Hinzu kommt: Ein Hinweis auf AGB muss deutlich und bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit des Kunden ohne Weiteres erkennbar sein; dem steht ein schwer lesbarer Kleinstdruck entgegen. Der Hinweis der Beklagten in ihrer Reisebestätigung ist in schwer lesbarem Kleinstdruck gehalten und wird am Fuß des Dokuments versteckt. Darin liegt kein deutlicher Hinweis auf die AGB.
44Der Umstand, dass der Kläger am 09.08.2014 Mängel bei der Reiseleitung anzeigte, führt nicht zur Widerlegung der sich aus der fehlenden Belehrung ergebenden Vermutung fehlenden Verschuldens. Denn es ist nicht zulässig, allein aus der Tatsache, dass der Reisende sich bei der Reiseleistung beschwert, zu schließen, er habe von Anfang an gewusst, dass der Eintritt einer Minderung von Gesetzes wegen von einer Mängelanzeige abhängig ist.
45Die Kammer bewertet den im Zustand des Bads liegenden Mangel gem. § 287 ZPO mit einer Minderungsquote von insgesamt 5 %, bezogen auf den Gesamtreisepreis.
46b)
47Weiterhin ist unstreitig geworden, dass auch das zweite Zimmer mangelhaft war. Nach dem Vorbringen des Klägers gab es nämlich auch dort Schimmel „wie im ersten Zimmer“; die Duschabdichtungen und Fugen hätten einen ähnlich schlechten Zustand aufgewiesen. Ferner sei das Wasser nicht abgelaufen, nach Reparatur am Folgetag nur langsam. Da der Kläger nicht vorgetragen hat, dass man vor der Reparatur gar nicht habe Duschen können, kann nicht festgestellt werden, dass wegen des mangelhaften Wasserablaufs insgesamt mehr als nur eine entschädigungslos hinzunehmende Unannehmlichkeit vorlag.
48Auch wegen des in dem Zustand des Bads im zweiten Zimmer liegenden Mangels erachtet die Kammer den Reisepreis für um 5 % gemindert.
49c)
50Sich gelöst habende und auf den Boden gesunkene Mosaikfliesen im Pool mit zu Schnittverletzungen führenden scharfen Kanten stellen einen Reisemangel in Gestalt einer Verkehrssicherungsverletzung dar; insoweit erscheint eine Minderung um 3 % angemessen.
51d)
52Wegen des Reisemangels, der in der vom Vertrag abweichenden Gestaltung des Zimmers liegt – nach diesem musste es über ein separates Schlafzimmer mit Verbindungstür verfügen, konnte jedoch ein Schlafsofa beinhalten –, kann nach Auffassung der Kammer der Bewertung des Amtsgerichts mit einer Minderungsquote von 25 % beigetreten werden.
53e)
54Nach alldem ergibt sich folgende Reisepreisminderung:
55Die Mangelquote summiert sich auf 33 % für die gesamte Reisedauer. Für den 09.09.2014 Tag erhöht sie sich wegen des Umzugs innerhalb des Hotels auf 80 %.
56Der Tagesreisepreis beträgt 287,29 € (4.022,00 € x 1/14). 33 % hiervon sind 95,77 €. Dieser Betrag mit neun (31.07. bis 08.08.2014) multipliziert ergibt 861,93 €, zuzüglich für einen Tag (09.09.2014) 80 % Minderung (= 229,83 €) und für weitere vier Tage (10.08. bis 13.08.2014) 8 % (= 91,93 €) ergibt insgesamt 1.183,69 € Darauf hat die Beklagte bereits 500,00 € gezahlt, so dass 683,69 € verbleiben.
573.
58Verzug der Beklagten mit der Rückzahlung des geminderten Reisepreises ist mit Zugang des Schreibens des Klägers vom 17.08.2014 gem. § 286 Abs. 1 BGB eingetreten. Daher ist die Ersatzfähigkeit des vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltshonorars gem. §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB gegeben.
59Daneben schuldet die Beklagte aus den genannten Vorschriften i. V. m. § 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen wie beantragt.
60V.
61Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
62Die Revision wird zugelassen, weil ein Zulassungsgrund im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO gegeben ist. Die Rechtsfrage, ob eine unterlassene Belehrung über die Anzeigeobliegenheit gem. § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB-InfoV zu einer Vermutung fehlenden Verschuldens beim Unterlassen der nach § 651 d Abs. 1 BGB gebotenen Mängelanzeige führt, bedarf wegen grundsätzlicher Bedeutung höchstrichterlicher Entscheidung.
63Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.080,07 €.