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Der Beklagte wird verurteilt, an die unbekannten Erben der Frau Q, gesetzlich vertreten durch den Nachlasspfleger Rechtsanwalt I2, N-Straße, 40211 Düsseldorf X € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 0 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
3Der Kläger ist der Nachlasspfleger der Erben der am 0 verstorbenen Frau Q2 (im Folgenden: Erblasserin). Die Erblasserin unterhielt zu Lebzeiten u.a. eine Kontoverbindung zur Deka Bank Frankfurt am Main.
4Der Beklagte ist ein Arbeitskollege der Erblasserin, der sie über circa sechs Jahre hinweg pflegte und betreute. Den Beklagten und die Erblasserin verband ein freundschaftliches Verhältnis.
5Am 0 erteilte die Erblasserin dem Beklagten eine Vollmacht über ihr Depot Nr. #####/#### bei der Deka Bank, wozu sie eine von der DeKa Bank für deren Kunden entworfene Urkunde verwendete. Dem Wortlaut entsprechend erhielt der Beklagte mit der Vollmacht das Recht zur beliebigen und uneingeschränkten Verfügung über die jeweiligen Investmentteile und durfte auch zu eigenen Gunsten verfügen. Darüber hinaus erteilte die Erblasserin dem Beklagten am 0 eine Vollmacht, sie in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten, um die gerichtliche Einsetzung eines Betreuers zu vermeiden. Dazu benutzte sie ein Formular der Landeshauptstadt Düsseldorf; auf die Vollmacht vom 0 (Bl. 26 – 28 Gerichtsakte) wird verwiesen.
6An ihrem Todestag, dem 0 löste der Beklagte das Depot der Erblasserin bei der Deka Bank noch zu Lebzeiten auf. Der Beklagte vereinnahmte das Depotguthaben in Höhe von X €.
7Der Kläger hat gegen den Beklagten ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet, der Mahnbescheid wurde am 0 erlassen.
8Der Kläger ist der Ansicht, dass der Beklagte das Geld ohne Rechtsgrund erlangt habe. Aus der Vollmacht gehe nicht hervor, wann und in welchem Umfang der Beklagte berechtigt sein sollte, eine Schenkung an sich selbst vorzunehmen. Selbst wenn in der Formulierung „zu eigenen Gunsten“ eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens zu erblicken sei, bestehe kein Rechtsgrund, wonach der Beklagte berechtigt gewesen sei, das Depotguthaben behalten zu dürfen. Die Vollmacht vom 0 regle lediglich das Verhältnis zwischen der Bank und dem Beklagten. Im Innenverhältnis zwischen der Erblasserin bzw. deren Erben und dem Beklagten regle die Bankvollmacht nichts, insbesondere nicht, dass der Beklagte den vereinnahmten Betrag behalten dürfe. Die Vollmacht vom 0 ermögliche es nur, dass der Beklagte zugunsten der Versorgung der Erblasserin Verfügungen vornehme.
9Der Kläger beantragt,
10den Beklagten zu verurteilen, an die unbekannten Erben der Q, gesetzlich vertreten durch den Nachlasspfleger Rechtsanwalt I2, N-Straße, 40211 Düsseldorf, X € nebst Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Der Beklagte ist der Meinung, dass er mit Rechtsgrund erworben habe, da sich aus der Formulierung in der Vollmachtsurkunde „auch zu eigenen Gunsten“ eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens gem. § 181 BGB ergebe und aufgrund dessen die Erblasserin deutlich gemacht habe, dass sie eigene Entnahmen zu eigenen Gunsten des Bevollmächtigen im Außen- und Innenverhältnis bewillige.
14Er behauptet, dass die Erblasserin gesagt habe, er solle sich alles von der Bank wegholen, und zwar möglichst bevor sie sterbe.
15Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 0 durch Vernehmung der Zeugen C, I und T. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 0 Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe
17Die zulässige Klage ist begründet.
18I.
19Der Kläger kann von dem Beklagten Zahlung von X € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen.
20Der Beklagte hat einen Vermögensvorteil dadurch erlangt, dass er das Depot aufgelöst und das Guthaben in Höhe von X € vereinnahmt hat. Er hat das Eigentum an den X € durch Leistung erlangt, weil er die Erblasserin bei der Verfügung im Außenverhältnis zur Bank wirksam vertreten hat. Nach der Vollmachturkunde vom 0 durfte der Beklagte auch zu eigenen Gunsten und uneingeschränkt Verfügungen über das Depotguthaben der Erblasserin bei der Deka Bank vornehmen.
21Der Beklagte hat das Eigentum an dem Depotguthaben ohne rechtlichen Grund erlangt.
221.
23Ein Rechtsgrund ergibt sich nicht aus einem Dienstleistungsvertrag über die häusliche Pflege im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB. Ausdrücklich ist ein solcher Vertrag zwischen dem Beklagten und der Erblasserin nicht geschlossen worden. Auch ein konkludenter Vertragsschluss kommt nicht in Betracht. Bei der Pflege- und Betreuungstätigkeit des zuverlässigen und ehrlichen Beklagten handelte es sich vielmehr um eine reine Gefälligkeit. Die Erblasserin hat den Beklagten nicht mit Rechtsbindungswillen für seine Tätigkeiten ihr gegenüber entlohnen wollen. Dies behauptet auch der Beklagte nicht. Aufgrund der Tatsache, dass der Beklagte zu der Erblasserin ein freundschaftliches Verhältnis pflegte, ist auch aufgrund seines großen Beistandes und des erheblichen Umfangs seiner Tätigkeit über circa sechs Jahre hinweg, teilweise auch bis 22.00 Uhr, davon auszugehen, dass eine reine Gefälligkeit aus persönlicher Verbundenheit vorlag. Jedenfalls gibt es keine Hinweise darauf, dass seine Tätigkeit durch Zahlung von X € kurz vor dem Tod der Erblasserin entlohnt werden sollte.
242.
25Rechtsgrund für das Eigentum an dem Depotguthaben war auch nicht eine Schenkung der Erblasserin.
26Eine Schenkung zu Lebzeiten gemäß § 518 Abs. 1 BGB oder ein Schenkungsversprechen von Todes wegen gemäß § 2301 Abs. 2 BGB war nicht mit Vollmacht der Erblasserin gemäß § 518 Abs. 2 BGB vollzogen.
27a)
28Die Vollmacht vom 0, die „insbesondere das Recht umfasst, über Gegenstände jeder Art zu verfügen“, wobei die bevollmächtigte Person von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist, hat dem Beklagten zwar im Außenverhältnis zur Bank eine umfassVerfügungsmacht über das Depotguthaben gegeben. Der Beklagte hatte aufgrund dieser Vollmacht jedoch nicht im Innenverhältnis zur Erblasserin die Befugnis, das gesamte Depotvermögen der Erblasserin – auch wenn sie daneben Eigentümerin weiterer Konten und einer Immobilie war – auf sich zu übertragen. Der Beklagte handelte bei der Depotauflösung als vollmachtloser Vertreter der Erblasserin, was sich schon aus dem Wortlaut der Vollmachturkunde ergibt. Die Vollmacht umfasst sämtliche Vermögensangelegenheiten, sie umfasst insbesondere das Recht, über Vermögensgegenstände jeder Art zu verfügen, Zahlungen und Wertgegenstände für den Vollmachtgeber anzunehmen, zu quittieren oder Zahlungen vorzunehmen; Verbindlichkeiten einzugehen; geschäftsähnliche Handlungen wie Mahnungen, Fristsetzungen, Anträge o.ä. vorzunehmen; die Erblasserin gegenüber Gerichten, sonstigen öffentlichen Stellen oder Privatpersonen gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten, sowie alle Prozesshandlungen für sie vorzunehmen.“
29Damit kommt zum Ausdruck, dass die Vollmacht den Bevollmächtigten, also den Beklagten zugunsten der Vollmachtgeberin zu Verfügungen berechtigt. Die Geschäfte der Vollmachtgeberin sollen geregelt sein. So ist auch die Befreiung des § 181 BGB zu verstehen. Der Bevollmächtigte soll berechtigt sein, Ansprüche, die er gegen die Vollmachtgeberin hat, zB aus einem Dienstvertrag für deren Pflege, aus dem Vermögen der Bevollmächtigten zu seinen Gunsten zu erfüllen. Die Vollmacht geht jedoch nicht so weit, dass der Bevollmächtigte ohne weiteren Rechtsgrund zu seinen Gunsten verfügen können soll.
30b)
31Dass die Erblasserin den Beklagten über die Vollmacht vom 0 hinaus bevollmächtigt hat, vor ihrem Tod alles Geld aus dem Depot bei der Deka Bank an sich zu nehmen, hat der Beklagte nicht bewiesen.
32Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Erblasserin nicht zu dem Beklagten gesagt hat, er solle sich vor ihrem Tod zu seinen Gunsten ihr Geld von ihrem Konto holen, das noch vorhanden sei.
33Die Zeugin C, die Hausärztin der Erblasserin, hat bekundet, dass sie nicht gehört habe, dass die Erblasserin zu dem Beklagten gesagt habe, er solle sich vor ihrem Tod ihr Geld vom Konto nehmen. Vielmehr sei es der Erblasserin schwer gefallen, sich endgültig festzulegen, weil sie sich damit auch mit ihrem Tod hätte auseinandersetzen müssen. Auch auf den Hinweis der Zeugin C, dass es sinnvoll sei, einen notariellen Termin zu machen, sei die Erblasserin nicht eingegangen.
34Dies zeigt nach der Überzeugung des Gerichts, dass die Erblasserin sich weder zu Lebzeiten noch auf den Todesfall endgültig hinsichtlich des Verbleibs ihres Eigentums festlegen wollte.
35Dies bestätigt die Bekundung der Zeugin I, eine Arbeitskollegin der Erblasserin und des Beklagten, die die Erblasserin zusammen mit dem Beklagten alle paar Monate besuchte. Sie hat bekundet, dass die Erblasserin ihr mindestens fünf Mal erklärt habe, dass der Beklagte ihr Erbe werden solle; dass sich der Beklagte vor ihrem Tod ihr Geld von ihrem Konto nehmen solle, habe sie nicht gehört. Obwohl sie die Erblasserin mehrfach darauf hingewiesen habe, ein Testament zu machen, habe die Erblasserin dies nicht getan, weil sie eine Frau gewesen sei, die sich nicht habe festlegen wollen. Auch für den Laien impliziert das Wort „Erbe“, dass das Vermögen erst nach dem Tod des Erblassers übergehen soll und der Beklagte es sich nicht schon zu Lebzeiten selbst nehmen sollte.
36Auch diese Bekundung der abgewogenen und glaubhaften Zeugin I bestätigt nach der Überzeugung des Gerichts, dass die Erblasserin sich weder zu Lebzeiten noch auf den Todesfall endgültig hinsichtlich des Verbleibs ihres Eigentums festlegen wollte.
37Übereinstimmend bekundet auch die Zeugin T, eine alte Bekannte des Beklagten, dass die Erblasserin trotz Vorlage eines Musters für ein Testament sich nicht dazu entschlossen habe, ein Testament zu schreiben, sondern erklärt habe, dass sie es irgendwann machen könne. Hinsichtlich der weiteren Bekundung der Zeugin T, die Erblasserin habe mehrfach erklärt, der Beklagte könne sich alles wegnehmen, auch vor ihrem Tod, zweifelt das Gericht schon an der Richtigkeit dieser Bekundung: Es ist widersprüchlich, wenn die Erblasserin sich nicht durch Testament hinsichtlich des Verbleibs ihres Vermögens nach dem Tode festlegen will, was alle drei Zeugen bestätigen, und sie andererseits dem Beklagten Vollmacht erteilt haben soll, sich schon vor ihrem Tod alles nehmen zu können. Zum einen wollte die Erblasserin zu Lebzeiten nichts definitiv regeln, wie die Zeugen I und C bestätigen. Zum anderen hätte zu „allem“ auch die Eigentumswohnung gehört, zu der die Zeugin T keine Angaben macht.
38In Kenntnis der sich nicht festlegenden Erblasserin ist die Bekundung der Zeugin T, die Erblasserin habe mehrfach erklärt, der Beklagte könne sich alles wegnehmen, auch vor ihrem Tod, nach der Überzeugung des Gerichts so zu verstehen, dass die Erblasserin zunächst zu ihren Lebzeiten ihr Vermögen behalten wollte und sich auch testamentarisch gerade nicht festlegen wollte. Sie war von mehreren Seiten auf die Notwendigkeit eines Testaments hingewiesen worden und hat trotzdem bewusst – und nicht aus Unkenntnis - kein Testament errichtet. Sie hat dem Beklagten über die Vollmacht vom 0 hinaus, mit der der Beklagte immer nur zu ihren Gunsten und zu ihrer Versorgung Verfügungen tätigen sollte und auch getätigt hat, zu Lebzeiten kein Vermögen übertragen. Vielmehr wollte die Erblasserin zunächst sicher sein, bis zu ihrem Tod durch ihr Vermögen gesichert zu sein. Und so hat es auch der Beklagte sie verstanden. Die Erblasserin war schon etwa eine Woche auf der Intensivstation, ohne dass der Beklagte auf ihr Vermögen zugegriffen hat, denn sie hätte es noch zu ihrer Versorgung brauchen können, und der Beklagte war ein ehrlicher und sorgender Freund.
39Der Beklagte hatte keine Vollmacht, über das Vermögen der Erblasserin vor ihrem Tod zu seinen eigenen Gunsten zu verfügen
40II.
41Der Zinsanspruch ist in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Erlass des Mahnbescheids am 0 gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB iVm 167 ZPO begründet.
42Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 ZPO.
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