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In dem Rechtsstreit
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2002
für Recht erkannt:
Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 18.307,66 EUR (35.806,67 DM) nebst 5 % Zinsen aus 34.828,61 DM seit dem 26.5.2001 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 97 %, der Kläger zu 3 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000,-- EUR. Dem Kläger wird gestattet, die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150,-- EUR abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Den Parteien wird gestattet, die Sicherheit auch in Form einer Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse zu leisten.
Tatbestand:
2Der Kläger, nach seinen Angaben Lehrer für Deutsch und Geschichte, nimmt die Beklagten zu 1) bis 3) auf Schadenersatz wegen Verlusten bei einer von der Beklagten zu 1) vermittelten Geldanlage in Anspruch.
3Die Beklagte zu 1) ist ein gewerblicher Finanzdienstleister, deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2) ist. Die Beklagten zu 2) und 3) sind Direktoren des X, eines Fonds mit Sitz auf den Cayman Islands, der sich mit Börsengeschäften, insbesondere Börsentermingeschäften ("short term trading") befasste. Die Beklagte zu 1) vermittelt Geldanlagen und bietet Seminare zu Börsentermingeschäften an. Der Kläger besuchte am 24.9.1999 ein Seminar der Beklagten zu 1) mit dem Thema "Optionen und Futures Einsteiger-Seminar". Zuvor hatte er Daytrading betrieben und dabei Verluste erlitten. Am 23./24.10.1999 nahm er an einem von der Beklagten zu 1) angebotenen Master-Trader-Seminar teil, bei dem Informationen zu Finanzierungsinstrumenten, Kapitalmärkten und Handelstechniken vorgestellt wurden. Referent bei den Seminaren war neben anderen Mitarbeitern der Beklagten zu 1) der Beklagte zu 3). Am Ende des Seminars wurde den Teilnehmern ein in englischer Sprache verfasster Prospekt des damals neu aufgelegten X (BL 15 ff. d.A.) zur Verfügung gestellt. Der Kursverlauf dieses Fonds wurde seit November 1999 auf der Homepage der Beklagten zu 1) im Internet dargestellt. Danach erreichten die Fondsanteile, nachdem sie mit einem Kurs von 10,-- US-Dollar gestartet waren, im Dezember 1999 einen Wert von 12,05 US-Dollar. Der Kläger erwarb auf Vermittlung der Beklagten zu 1) Anteile des Fonds. Zunächst überwies er 20.000,-- US-Dollar auf ein Depotkonto. Auf Vermittlung der Beklagten zu 1) kaufte er zuerst 1000 Fondsanteile zum Kurs von 11,73 US-Dollar, worauf das Depotkonto am 4.1.2000 mit umgerechnet 22.370,28 DM belastet wurde. Mit Wertstellung 11.1.2000 erwarb er weitere 644 Fondsanteile zum Kurs von 12,93 US-Dollar, was zu einer Belastung des Kontos in Höhe von umgerechnet 15.886,93 DM führte. Ab März 2000 traten starke Kursverluste auf; im April betrug der Kurswert der Fondsanteile noch 7,5 US-Dollar je Anteil. Mit E-Mail vom 8.5.2000 (BL 49 d.A.) teilte der Beklagte zu 3) auf Anfrage des Klägers mit, dass man nach den erlittenen Verlusten die Strategie modifiziert habe und davon ausgehe, dass sich die geänderte Strategie schon bald bei der Performance bemerkbar machen werde. Der Fonds werde bei einem Wert von unter 5,-- US-Dollar eingestellt. Nach weiterem Kursabfall teilten die Direktoren des Fonds dem Kläger mit Schreiben vom 23.6.2000 (BL 50 d.A.) mit, dass die Verlustgrenze von 50 % erreicht sei. Zur Herbeiführung eines besseren Ergebnisses werde die Handelsstrategie geändert. Die im Prospekt enthaltene Regel, dass der Handel bei 50 % Verlust gestoppt werde, sei außer Kraft gesetzt worden. Im Juli 2000 sackte der Kurs auf 2,54 US-Dollar ab. Der Kläger kündigte am 26.9.2000 die Geschäftsverbindung. Am 2.10.2000 wurden ihm als restliches Guthaben 4.838,84 DM auf sein Konto überwiesen.
4Der Kläger macht geltend, er sei in Börsentermingeschäften unerfahren gewesen und habe wegen der beim Daytrading erlittenen Verluste den fachkundigen Rat der Beklagten gesucht. Bei den von ihm besuchten Seminaren sei der X beworben worden. Den Seminarbesuchern sei versichert worden, dass der Fonds durch den Einsatz moderner Tradingstrategien einen kontinuierlichen Wertzuwachs von 7 bis 9 % im Monat erzielen werde. Der Beklagte zu 3) habe den Fonds als professionell verwaltetes Finanzinstrument vorgestellt, dass auf einer "low risk"-ldee basiere und mit einem sogenannten "stop loss" versehen sei, der größere Einlageverluste des Anlegers verhindere. Auf die tatsächlich mit dem Fonds verbundenen Risiken sei nicht hingewiesen worden. Die Seminarteilnehmer seien nicht darüber informiert worden, dass es sich bei dem Fonds um ein nicht börsengängiges Papier gehandelt habe. Die Darstellung des Kursverlaufs auf der Homepage der Beklagten zu 1) sei allgemein zugänglich gewesen. Beeindruckt von dem daraus erkennbaren Erfolg des Fonds und in der irrigen Annahme, es handele sich bei den Fondsanteilen um Papiere mit Börsenzulassung habe sich der Kläger an die Beklagte zu 1) gewandt und die Fondsanteile erworben, die er bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht erworben hätte. Er ist der Auffassung, die Beklagten hätten ihm nach §§ 3 bis 5 Auslandinvestment-Gesetz einen deutschsprachigen Prospekt zur Verfügung stellen müssen. Außerdem sei er über die Risiken der Anlage nicht aufgeklärt worden. Ihm sei auch verschwiegen worden, dass wegen der fehlenden Börsenzulassung der Fondsanteile ein hohes Totalverlustrisiko bestanden habe.
5Der Kläger verlangt die Rückzahlung der angelegten Gelder (22.370,28 DM und 15.886,93 DM) nebst einer Verzinsung von 6,5 % ab der Belastung des Kontos, die er bei einer ordnungsgemäßen Anlage erzielt haben will. Hieraus errechnet er unter Berücksichtigung der erhaltenen Auszahlung und der Zinsen bis zum 25.4.2001 einen Betrag von 36.541,50 DM. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Forderungsaufstellung (Bl. 53 d.A.) verwiesen.
6Das Verfahren gegen den Beklagten zu 3) ist abgetrennt worden, nachdem die Klage noch nicht zugestellt werden konnte.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 36.541,50 DM nebst 6,5 % Zinsen seit dem 26.1.2001 zu zahlen,
9Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagten zu 1) und 2) behaupten, der Kläger sei ein erfahrener und spekulativ eingestellter Anleger mit langjähriger Börsenerfahrung. Der X sei lediglich am Ende des Seminars auf Wunsch und Nachfrage der Teilnehmer vorgestellt worden. Die Frage aus dem Kreis der Seminarteilnehmer, ob der Fonds gelistet sei, habe der Beklagte zu 3) ausdrücklich verneint. Die Seminarteilnehmer seien vom Beklagten zu 3) auch darauf hingewiesen worden, dass es sich um einen Fonds mit Sitz auf den Cayman Islands handele, der in Deutschland nicht zum öffentlichen Vertrieb zugelassen sei. Als sich der Kläger im Anschluss an das Seminar für den Fonds interessiert habe, sei ihm weiteres Informationsmaterial zur Verfügung gestellt worden. Er sei auch darauf hingewiesen worden, dass es sich um eine sehr riskante Anlage handele, in die maximal 5 % des verfügbaren Vermögens investiert werden sollten. Vor Eröffnung des Depotkontos sei der Kläger nochmals von dem zuständigen Kundenberater über die Risiken, die mit dem Erwerb der Fondsanteile verbunden gewesen seien, im einzelnen aufgeklärt worden. Die Beklagte zu 1) und ihre Mitarbeiter hätten zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckt, dass die Investition keinerlei Risiken berge und das Risiko von Fachleuten beherrschbar sei. Die fehlende Börsenzulassung der Fondsanteile sei ohne Bedeutung; Fondsanteile würden nie an der Börse gehandelt.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
13E n t s c h e i d u n.g s gründe:
14Die Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 2) ist bis auf einen Teil der Zinsen begründet.
15Die Beklagten zu 1) und 2) haften dem Kläger für die bei der Anlage seiner Gelder in Anteile des X erlittenen Verluste in Höhe von 35.806,67 DM (18.307,66 EUR) aus Verschulden bei Vertragsschluss bzw. § 826 BGB, weil die Beklagte zu 1) dem Kläger die Fondsanteile des X vermittelt hat, ohne ihn über die Risiken ordnungsgemäß aufzuklären.
16Der Anspruch gegen die Beklagte zu 1) ergibt sich aus Verschulden bei Vertragsschluss. Die Beklagte hat unstreitig dem Kläger die von ihm erworbenen Fondsanteile vermittelt.
171.)
18Als Anlagevermittler musste sie den Kläger vollständig über alle für die Anlage wichtigen Umstände informieren (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 276 Rdnr 22 f). Dazu gehört insbesondere eine Information über die Funktionsweise und Risiken der vermittelten Anlage. Dem hat die Beklagte zu 1) nicht genügt
19Eine Aufklärung über die Risiken der Geldanlage in die Anteile des X war geboten, denn die Anlage der Fondsgelder erfolgte in hoch riskanten Geschäften, bei denen die Rechtsprechung hohe Anforderungen an die Aufklärung des Kunden stellt, nämlich unter anderem in
20Bei diesen Geschäften ist das Verlustrisiko sehr hoch. Eine von den Erwartungen abweichende Kursentwicklung wirkt sich durch die Hebelwirkung viel stärker als beim Erwerb von Aktien oder Waren aus und kann zum Verlust des eingesetzten Kapitals und - je nach Gestaltung der Geschäfte - auch noch zur Verminderung des weiteren Vermögens des Fonds führen, wenn nämlich zum Beispiel bei Optionsgeschäften in der Position des Stillhalters das Geschäft bei ungünstigem Kursverlauf erfüllt werden muss. Unabhängig von den sich stark auswirkenden Kursrisiken werden die Gewinnchancen durch die bei den jeweiligen Kontrakten anfallenden Gebühren und Provisionen der Broker vermindert. Auch stop loss Marken können die Verlustrisiken nur eingeschränkt begrenzen, zumal die zur Umsetzung erforderlichen Kontrakte weitere Gebühren nach sich ziehen, die zu einer weiteren Verminderung des einsetzbaren Kapitals führen.
22In der Rechtsprechung ist deshalb anerkannt, das bei dieser Art von Geschäften der gewerbliche Vermittler den Anleger ungefragt so umfassend schriftlich zu informieren hat, dass dieser eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Es ist bei Termindirektgeschäften über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die damit verbundenen Risiken und die Verminderung der Gewinnchancen durch höhere als die üblichen Provisionen aufzuklären (BGH WM 1997, 309, 310; WM 1992, 770, 771). Bei Optionsgeschäften ist der Optionserwerber über die wirtschaftlichen Zusammenhänge und Risiken des Optionsgeschäftes aufzuklären (BGHZ 105, 108, 109 ff.). Diese Aufklärung ist nicht nur zu leisten, wenn der Kunde - wie in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen - unmittelbar Termindirektgeschäfte oder Optionsgeschäfte abschließt, sondern auch, wenn Anteile an einer Fondsgesellschaft vermittelt werden, die die ihr zur Verfügung gestellten Gelder in solchen Geschäften anlegt, denn der Kunde ist als Inhaber der Anteile entsprechend an den Verlusten des Fonds beteiligt Eine sachgerechte Entscheidung, ob er seine Gelder in Fondsanteile investieren will, setzt voraus, dass er sich über die Risiken der angestrebten Geschäfte im klaren ist. Eine Aufklärung über die Risiken der von dem Fonds betriebenen Anlagegeschäfte, die sich im Kursverlauf des Fonds eindrucksvoll realisiert haben, war schon deshalb geboten, weil üblicherweise Investmentfonds wegen ihrer professionellen Verwaltung und der Risikostreuung als relativ sichere Anlagemöglichkeit angesehen werden. Dies wird auch den Erwerbern von Anteilen des X suggeriert, wenn in dem Prospekt bei der "trading philosophy" von "many low-risk-opportunities" oder "Iow risk ideas" (Seite 10, 11 des Prospektes) die Rede ist. Hinzu kommt, dass die Umstände, unter denen dem Kläger der Fonds zur Kenntnis gebracht wurde, geeignet waren, den Blick für die Risiken zu verstellen. Der Umstand, dass der Fonds von den in den Augen des Klägers als kompetent anzusehenden Seminarleitern vorgestellt und von den Beklagten zu 1) und 3) mit verwaltet wurde, konnte aus seiner Sicht nur bedeuten, dass die Risiken durch diese kompetente Verwaltung minimiert wurden.
23Der Kläger ist über die Risiken nicht ausreichend aufgeklärt worden. Die Aufklärung hat nach der Rechtsprechung in Form einer schriftlichen, zutreffenden, vollständigen und gedanklich geordneten Darstellung zu erfolgen, die auch von der Gestaltung her geeignet sein muss, einem unbefangenen, mit dieser Art von Geschäften nicht vertrauten Leser einen realistischen Eindruck von den Eigenarten und Risiken solcher Geschäfte zu vermitteln (BGH NJW-RR 1998, 1271, 1272 m.w.N.). Ob die Hinweise in dem in englischer Sprache verfassten Verkaufsprospekt inhaltlich diesen Anforderungen genügen, mag dahinstehen, denn die Aufklärung hatte in deutscher Sprache zu erfolgen. Nach § 5 Auslandinvestment-Gesetz ist ein Verkaufsprospekt in deutscher Sprache zur Verfügung zu stellen. Die Vorschrift ist anwendbar, da die Beklagte zu 1) den Fonds öffentlich im Sinne des § 1 Abs. 1 Auslandinvestment-Gesetz vertreibt bzw. bewirbt, indem sie die Verkaufsprospekte auf ihren Schulungsveranstaltungen verteilt Diese Schulungsveranstaltungen werden einem unbestimmten Personenkreis angeboten und sind damit öffentlich. Der Umstand, dass die Beklagte zu 1) darauf hingewiesen haben will, dass der Fonds in Deutschland nicht zum öffentlichen Vertrieb zugelassen ist, macht den Vertrieb nicht "nicht öffentlich".
24Unabhängig davon ergibt sich aus dem dem Auslandsinvestment-Gesetz zugrundeliegenden Rechtsgedanken, dass der Anlagevermittler zur Überlassung deutschsprachiger Informationen verpflichtet ist, denn ansonsten ist der Durchschnittskunde nicht in der Lage die Anlage zu beurteilen, auf die er von dem Anlagevermittler - hier der Beklagten zu 1) -hingewiesen worden ist. Der in englischer Sprache verfasste 29-seitige Verkaufsprospekt des X kann einem nicht mit "Bankenglisch" vertrauten Kunden schlechterdings keinen zutreffenden Eindruck über die Risiken und Funktionsweisen der Anlage vermitteln. Der Einsatz deutschsprachiger Informationsunterlagen war um so mehr geboten, weil der Fonds - jedenfalls auch - für den deutschen Markt konzipiert war. Mit den Beklagten zu 2) und 3) waren zwei der drei Direktoren des Fonds in Deutschland geschäftsansässig (Seite 5 des Prospekts). Das Schreiben der Direktoren vom 23.6.2000 (Bl. 50 d.A.) ist in deutscher Sprache verfasst, ebenso die Kontoauszüge (vgl. Bl. 52 d A.).
25Der Kläger war aufklärungsbedürftig. Dass er sich vor dem Erwerb der Fondsanteile selbst an Spekulationen versucht hat und beim "Daytrading" Verluste erlitten hat, kann sein Aufklärungsbedürfnis nicht beseitigen. Er brachte nämlich deutlich zum Ausdruck, dass er auf fachkundige Hilfe setzte, indem er Seminare der Beklagten zu 1) besuchte und in einen professionell gemanagten Fonds investierte anstatt nach den Seminaren wieder selbst zu spekulieren. Dem Kläger mag zwar auf Grund der eigenen Erfahrungen im "Daytrading" sowie den Seminaren der Beklagten zu 1 ) das hohe Verlustpotential des Terminhandels bekannt gewesen sein. Was ihm aber nicht bekannt war ist, dass das Verlustrisiko auch durch professionelles Management und das angebliche Fachwissen der Mitarbeiter der Beklagten zu 1) nicht entscheidend beherrscht werden konnte, wie nicht zuletzt der Kursverlauf des Fonds deutlich zeigt. Das Angebot von Seminaren und die Auflage eines Fonds, der auf "low risk-opportunities" setzte und der von denjenigen gemanagt wurde, die ihn schulten, erweckte vielmehr den gegenteiligen Eindruck.
26Soweit sich die Beklagte zu 1) auf die mündliche Aufklärung über die Risiken, die mit dem Erwerb der Fondsanteile verbunden waren, beruft, bleibt offen, über welche konkreten Risiken aufgeklärt worden sein soll. Dass die Risiken von der Beklagten zu 1) verharmlost wurden, zeigt sich an der E-Mail des Beklagten zu 3) vom 8.5.2000 (Bl. 49 d.A.), in der er noch davon ausging, dass durch eine geänderte Strategie den Verlusten "beigekommen" werden konnte und er darauf hinwies, dass der Handel bei einem Kurs von unter 5 eingestellt werden würde.
27Unerheblich ist, dass der Kläger bei der Befragung nach § 31 WpHG erklärte, er wünsche ein spekulatives Depot und sein Vermögen mit 650.000,-- DM angab. Das entband die Beklagte zu 1) nicht von der Verpflichtung, den Kläger so aufzuklären, dass er die Risiken der angebotenen Anlage zutreffend bewerten konnte. Denn aus seinen Angaben zum Anlageverhalten ergibt sich, dass der Kläger bis dahin keine Börsentermingeschäfte ausgeführt hatte, sondern in festverzinsliche Wertpapiere, Aktien sowie Investmentfonds für Immobilien, Renten und Aktien investiert hatte, denen die besonderen Risiken der Börsentermingeschäfte nicht inne wohnten.
283.)
29Der Schaden des Klägers besteht in dem durch den Kauf der Fondsanteile verlorenen Geld. Auf Grund der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens ist davon auszugehen, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung sein Geld nicht in den Fonds investiert hätte, sondern anderweitig - sicher - angelegt hätte. Deshalb sind ihm gem. § 252 BGB als entgangenen Gewinn die Zinsen zu ersetzen, die er bei einem anderweitigen Einsatz des Kapitals hätte erzielen können. Diese Zinsen schätzt das Gericht gem. § 287 ZPO in Anlehnung an die Habenzinsen, die sich aus den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank für das Jahr 2000 ergeben, auf 5 %. Die vom Kläger verlangten Zinsen von 6,5 % sind überhöht. Daraus ergibt sich einschließlich Zinsen per 25.4.2001 eine Forderung von 35.806,67 DM, wobei Zinsen nur aus einem Betrag von 34.828,61 DM verlangt werden können, wie sich aus folgender Berechnung ergibt:
30Zahlung 4.1.2000 22.370,28 DM
31Zahlung11.1.2000 15.886,93DM
32Zwischensumme 38.257,21 DM
335 % Zinsen aus 22.370,28 DM vom
345.1 bis 11.1.2000 21,45DM
355 % Zinsen aus 38.257,21 DM vom
3612.1. bis 2.10.2000 1.388,79DM
37abzüglich Zahlung vom 2.10. 4.838,84 DM
38Hauptforderung 34.828,61 DM
395 % Zinsen aus 34.828,61 DM vom
403.10.2000 bis 25.4.2001 978,06 DM
41Gesamtforderung per 25.4.2001 35.806,67 DM
42II.
43Der Beklagte zu 2) haftet für den Schaden gem. § 826 BGB. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes führt der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Börsentermingeschäfte vertreibt, dem Kunden in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise dann vorsätzlich Schaden zu, wenn er veranlasst oder bewusst nicht verhindert, dass die Gesellschaft den in die Einzelheiten der Geschäftsabwicklung nicht eingeweihten Erwerber über die wirtschaftlichen Zusammenhänge und Risiken der Geschäfte nicht aufklärt (vgl. zum Beispiel BGHZ 105, 108, 109). Diese Grundsätze gelten für den Vorstand einer AG entsprechend. Wie ausgeführt hat die Beklagte zu 1) die Fondsanteile ohne ausreichende Aufklärung vermittelt. Der Beklagte zu 2) hat nicht durch geeignete Maßnahmen sichergestellt, dass die Kunden ordnungsgemäß, insbesondere in deutscher Sprache aufgeklärt werden. Hierzu wäre er um so mehr in der Lage gewesen, als er selbst einer der Verwalter des Fonds ist.
44III.
45Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 100, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
46Streitwert: 18.022,79 EUR (35.249,51 DM = Hauptforderung ohne Zinsen gemäß der Anlage DSKP 5, Bl. 53 d. A.).