Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Das Fehlen der nach § 130a Abs. 3 ZPO erforderlichen einfachen Signatur einer auf einem sicheren Übermittlungsweg als elektronisches Dokument eingereichten Klageschrift ist unschädlich, wenn sich aus dem Briefkopf zweifelsfrei ergibt, welcher Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Klageschrift übernommen und diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat.
hat das Amtsgericht Langenfeldauf die mündliche Verhandlung vom 07.09.2022 durch den Richter am Amtsgericht L.
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft Lstr. 8 in I, wobei der Kläger Eigentümer der Sondereigentumseinheit Nr. 5 ist. Sie streiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen aus der Eigentümerversammlung vom 14.12.2021.
3Der angefochtene Beschluss zu TOP 6.2 lautet wie folgt:
4„Die Eigentümer beschließen, den Schreibfehler in der Klarstellung zur Teilungserklärung vom 13. Mai 2011 korrigieren zu lassen – spätestens, wenn der zugrundeliegende Rechtsstreit rechtskräftig ist.
5Der Beschluss zu TOP 7.2 lautet:
6„Die Eigentümer beschließen, dass nach Abschluss des Rechtsstreits die Teilungserklärung ergänzt bzw. dahingehend klargestellt wird, dass die Mülltonnenbox im Gemeinschaftseigentum steht.“
7Der Beschluss zu TOP 8.2 lautet:
8„Die Eigentümer beschließen, dass im Fall der Beendigung bzw. der Rechtskraft des noch laufenden Verfahrens dem Wohnungseigentümer Nr. 5 eine angemessene Frist zur Räumung des Schuppens gesetzt wird, soweit zu diesem Zeitpunkt noch Gegenstände vorhanden sind, die zu räumen sind.“
9Der Beschluss zu TOP 9.2 lautet:
10„Die Eigentümer beschließen, dass das Grundbuch hinsichtlich der Wohnung Nr. 5 angepasst werden soll, da hinsichtlich der Wohnung Nr. 5 im Grundbuch immer noch eine Terrassenfläche zugunsten der Wohnung Nr. 5 eingetragen ist, weswegen ein Grundbuchwiderspruch erforderlich ist.“
11Der Beschluss zu TOP 12.2 lautet:
12„Die Eigentümer beschließen, dass hinsichtlich der Wohnung Nr. 5 ein plangerechter Zustand hergestellt wird, indem die Wohnung Nr. 5 wie alle anderen Wohnungen über eine Klingel und einen Briefkasten verfügen soll.“
13Der Kläger einerseits und die übrigen Miteigentümer andererseits hatten zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung in dem Rechtsstreit 64 C 17/20 AG M. um die Einräumung eines Sondernutzungsrechtes zu Gunsten des Klägers und die Frage eines Schreibversehens in der Klarstellung vom 13.05.2011, Nummer 829 der Urkundenrolle für 2011 des Notars Dr. S. zu T., zur Teilungserklärung vom 18.02.2011, URNr. 298/2011 des Notars Dr. S. zu T., prozessiert. Der Rechtsstreit befindet sich in der Berufungsinstanz.
14Der Kläger verfügt hinsichtlich seiner Wohnung über zwei Klingelknöpfe und zwei Briefkästen.
15Die Klageschrift vom 14.01.2022 führt im Briefkopf den Namen des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf. Sie endet mit dem Wort „Rechtsanwalt“ und wurde per beA von dem Postfach des Prozessbevollmächtigten des Klägers übersandt. Eine qualifizierte Signatur liegt nicht vor.
16Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beschluss zu TOP 6.2 zu unbestimmt sei. Insbesondere sei nicht klar, wo sich der Schreibfehler im Einzelnen befinden solle. Auch der Beschluss zu TOP 7.2 sei zu unbestimmt. Die Eigentümergemeinschaft verfüge über keine Mülltonnenbox. Was den Beschluss zu TOP 8.2. angehe, gelte selbiges, da die Gemeinschaft auch über keinen Schuppen verfüge. Soweit der Kläger einen Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums im Rahmen eines ihm gewährten Sondernutzungsrechtes nutze, handele es sich um einen Bereich, den er zum Abstellen seiner Fahrräder nutze. Was den Beschluss zu TOP 9.2 angehe, bestehe nach wie vor die Möglichkeit, dem Kläger eine Nutzung der Fläche als Terrasse einzuräumen, weswegen ein Grundbuchwiderspruch nicht angezeigt sei. Schließlich könne, was den Beschluss zu Top 12.2 betreffe, auf Seiten jedes Miteigentümers das Bedürfnis bestehen, mehrere Klingelanlagen und ggf. auch mehrere Briefkästen zu unterhalten. So könnten die Räumlichkeiten des Klägers, die auf zwei Ebenen lägen, so umgebaut werden, dass sie separat zu Wohnzwecken genutzt werden könnten, was der Kläger sich vorbehalten wolle.
17Der Kläger beantragt,
18die Beschlüsse aus der Eigentümerversammlung vom 14.12.2021 in I. betreffend die Tagesordnungspunkte
19a. TOP 6.2, insoweit betreffend die Korrektur eines Schreibfehlers in der Teilungserklärung, respektive der dazugehörigen Klarstellung,
20b. TOP 7.2 betreffend eine angebliche Mülltonnenbox,
21c. TOP 8.2 betreffend die Räumung der vorgenannten Mülltonnenbox durch den Kläger,
22d. TOP 9.2 der Eintragung eines Widerspruches in das Wohnungseigentumsgrundrecht des Klägers wegen einer Terrasse betreffend das Sondernutzungsrecht SN-5 und
23e. TOP 12.2 betreffend das Vorhandensein zweier Klingeln und zweier Briefkästen betreffend das Sondereigentum Nr. 5 des Klägers aufzuheben.
24Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
25Die Beklagte ist der Auffassung, die Anfechtungsklage sei nicht fristgerecht eingereicht worden. Insbesondere habe der Kläger keine Klage eingereicht, die die Anforderungen des § 130a Abs. 3 ZPO erfülle. Eine einfache Signatur liege nicht vor. Weiterhin liege auch kein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers vor, da die Ergreifung gerichtlicher und außergerichtlicher Schritte der freien Willensbildung der Beklagten unterliege. Was den Beschluss zu TOP 12.2 angehe, sei die Beklagte berechtigt, auf die Nutzung von lediglich einer Klingel und einem Briefkasten pro Wohneinheit hinzuwirken. Insbesondere sei sie nicht verpflichtet, doppelte Einrichtungen für den Kläger beispielsweise für den Fall einer Untervermietung vorzuhalten.
26Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte, insbesondere die wechselseitig ergangenen Schriftsätze, Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
291.
30Die Klage ist zunächst zulässig. Die Erfordernisse des § 130a Abs. 3 ZPO sind gewahrt. Denn die Klageschrift ist ausweislich des Übersendungsprotokolls auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden. Sie weist auch die erforderliche (einfache) Signatur auf, denn sie enthält oben auf dem Briefkopf die Angaben „I. G.. w. C., Rechtsanwalt“ und am Ende die Angabe „Rechtsanwalt“. Da im Briefkopf lediglich ein Rechtsanwalt genannt ist und die Klageschrift mit dieser Berufsbezeichnung schließt, ist die Aussage hinreichend getroffen, wer für den Inhalt der Berufungsschrift Verantwortung übernehmen will (vgl. BAG, Beschluss vom 14.09.2020, 5 AZB 23/20, Rn. 16 – zitiert nach Juris), nämlich der einzige genannte Rechtsanwalt. Damit steht aufgrund anderer Umstände unzweifelhaft fest, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat (vgl. BAG, Beschluss vom 14.09.2020, 5 AZB 23/20, Rn. 18 – zitiert nach Juris).
312.
32Die Klage ist indes unbegründet. Sämtliche mit der Klage angefochtenen Beschlüsse aus der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.01.2022 sind nicht zu beanstanden, entsprechen vielmehr ordnungsmäßiger Verwaltung.
33a.
34Der Beschluss zu TOP 6.2 ist hinreichend bestimmt. Soweit der Kläger hier der Auffassung ist, es sei nicht klar welcher Schreibfehler gemeint sei, ergibt sich indes aus dem in Bezug genommenen Rechtsstreit 64 C 17/20 – ein anderer in Bezug genommener Rechtsstreit, bei dem es um eine Klarstellung zur Teilungserklärung vom 13. Mai 2011 geht, ist nicht ersichtlich –, um welchen Schreibfehler es sich handelt. Mithin steht eindeutig fest, welcher Schreibfehler mit dem Beschluss in Bezug genommen wird, was für die Bestimmtheit ausreichend ist.
35Der Beschluss ist auch im Übrigen Ausdruck der Willensbildung der Wohnungseigentümer uns entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.
36b.
37Auch der Beschuss zu TOP 7.2. ist hinreichend bestimmt und wirksam. Soweit von einer „Mülltonnenbox“ die Rede ist, ergibt sich wiederum aus dem in Bezug genommenen Rechtsstreit, welches Element des Gemeinschaftseigentums gemeint ist. Insoweit gilt – unterstellt, es handele sich präziser Weise nicht um eine Mülltonnenbox – auch der Grundsatz der „falsa demonstratio non nocet“. Die Parteien haben die Begrifflichkeit in dem zu Grunde liegenden Rechtsstreit verwendet, ohne dass unklar gewesen wäre, welcher Bereich überhaupt gemeint ist. Hinreichende Bestimmtheit liegt vor.
38Der Beschluss ist auch im Übrigen Ausdruck der Willensbildung der Wohnungseigentümer uns entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.
39c.
40Hinsichtlich der Bezeichnung „Schuppen“ und dem TOP 8.2. gilt das unter b. Ausgeführte. Auch hier ist nicht ersichtlich, dass mit der Bezeichnung etwas Anderes gemeint sein könnte als der Bereich, um den in dem zu Grunde liegenden Rechtsstreit gestritten wurde. Ein anderer Schuppen existiert auf dem Besitztum nicht, was der Kläger selbst einräumt. Hinreichende Bestimmtheit liegt vor.
41Der Beschluss ist auch im Übrigen Ausdruck der Willensbildung der Wohnungseigentümer uns entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.
42d.
43Auch der Beschluss zu TOP 9.2 betreffend die Anpassung der Grundbuchsituation ist Ausdruck der gefassten Willensbildung der Eigentümer und ist nicht zu beanstanden. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass – unterstellt – die Möglichkeit bestünde, dass die Beklagte dem Kläger noch die Nutzung einer Terrassenfläche einräumt. Der Beklagten ist es jedenfalls unbenommen, von einem von ihr angenommenen Sachverhalt auszugehen und auf dieser Basis das Beschreiten rechtlicher Wege zu beschließen, soweit diese nicht erkennbar aussichtslos bzw. abwegig sind. Dies ist im Falle der hier avisierten Grundbuchberichtigung nicht erkennbar. Demgemäß dürfen die Eigentümer diesen Weg gemäß ihrem Willen beschreiten.
44e.
45Schließlich ist auch der Beschluss zu TOP 12.2 nicht für unwirksam zu erklären.
46Die Willensentschließung der Beklagten, pro Wohneinheit lediglich eine Klingel und einen Briefkasten zur Verfügung zu stellen, ist nicht zu beanstanden. Dafür, dass der Kläger jeweils zwei zur Verfügung haben soll, ist kein rechtliches Interesse erkennbar. Insbesondere genügt hierfür nicht die abstrakte Möglichkeit, seine Wohneinheit in zwei aufzuteilen und unterzuvermieten. Solange eine solche Situation nicht gegeben ist, ist nicht erkennbar, wieso die Einrichtungen vorgehalten werden sollten. Dies entspräche nicht dem in § 7 Abs. 1 der Teilungserklärung – unstreitig – normierten allgemeinen Gebrauch.
473.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
49Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
50Rechtsbehelfsbelehrung:
51Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
521. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
532. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
54Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
55Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.
56Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
57Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
58Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
59Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
60Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
61L.