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In dem Rechtsstreit
der Frau H.,
Klägerin,
Verfahrensbevollmächtigter: Herr F.,
gegen
die M.,
Beklagte,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte L.,
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 13.12.2024
durch die Richterin am Amtsgericht Y.
für Recht erkannt:
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 3.05.2024 wird aufrechterhalten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Die Klägerin buchte bei der Beklagten am 13.01.2022 einen Hin- und Rückflug von Düsseldorf über Madrid und Santa Cruz nach La Paz zu einem Gesamtpreis von 810,09 €. Der Rückflug sollte ursprünglich am 02.05.2022 erfolgen. Für den Rückzug hatte die Klägerin den sogenannten Comfort-Tarif der Beklagten gewählt. Dieser enthielt u.a. folgende Regelung:
3Erste Umbuchung: Gestattet ohne Gebühren bis 15 Tage vor dem Abflug. Darauf folgende Umbuchungen: Jederzeit mit zusätzlichen Kosten von 150€/190$ zulässig, außer bei Nichterscheinen zum Flug (No-Show). In diesem Fall ist keine Umbuchung möglich.
4Die Klägerin wollte den Rückflug nachfolgend auf den 25.08.2022 verlegen und mit dem von der Beklagten durchzuführenden Flug N01 von Laz Paz nach Santa Cruz und von dort weiter mit N02 nach P. sowie mit N03 nach Düsseldorf fliegen. Am 25.8.2022 fand sich die Klägerin frühzeitig am Flughafen ein, um ihr Gepäck einzuchecken. Ihr wurde jedoch die Beförderung auf dem Flug N01 verweigert. Die Klägerin buchte daraufhin am Folgetag eine Ersatzverbindung für den 28.08.2022 von La Paz nach Lima und von dort am nächsten Tag weiter nach Amsterdam. Hierfür fielen Kosten in Höhe von 1.726,44 Euro an. Die Klägerin buchte zudem eine Hotelübernachtung in Lima. Für die Ersatzbeförderung macht die Klägerin Kosten von 1726,44 € geltend. Die Klägerin hat zudem Kosten für Verpflegung und für die Fahrten von und zum Flughafen in Höhe von insgesamt 181,50 € aufgewendet. In Amsterdam ließ sich die Klägerin von ihrem Bruder abholen und zahlte diesem hierfür einen Betrag von 174,- Euro. Für eine Taxifahrt wären hierfür Kosten in Höhe von ca. 270,- Euro angefallen. Am 30.08.2022 wurde dem Konto der Klägerin für die Umbuchung des Fluges eine Gebühr von 981,71 € von der Beklagten belastet. Die Beklagte erklärt die Anrechnung gemäß Art. 12 Fluggastrechteverordnung.
5Die Klägerin behauptet, die Umbuchung des Rückfluges auf den 25.08.2022 sei am 25.04.2022 erfolgt. Zur Zahlung habe sie die Daten der Kreditkarte an die Beklagte weitergegeben. Die Flüge seien durch einen Fehler der Beklagten lediglich reserviert worden. Nachdem ihr die Beförderung verweigert wurde, habe ihr ein Mitarbeiter der Beklagten mitgeteilt, dass alle Flüge für die nächsten Tagen ausgebucht seien, sodass eine Umbuchungen nicht erfolgen könne. Sie solle sich eigenständig darum bemühen. Der sodann gebuchte Rückflug habe eine andere Streckenführung gehabt, da kurzfristig keine andere Verbindung zur Verfügung gestanden habe.
6Die Klägerin beantragte ursprünglich, die Beklagte zu verurteilen,
71. im Wege einer Zwischenfeststellungsklage festzustellen, dass die Klägerin ihren streitgegenständlichen Rückflug von La Paz nach Düsseldorf unter dem Buchungscode: N04 rechtswirksam vom 02.05.2022 auf den 25.08.2022 umgebucht hat;
82. die Beklagte zu verurteilen,
9a) an die Klägerin 450,00 EUR nebst Prozesszinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
10b) an die Klägerin 116,85 EUR nebst Prozesszinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
11c) an die Klägerin 264,86 EUR nebst Verzugszinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 20.09.2022 zu zahlen;
123. die Beklagte zu verurteilen,
13hilfsweise
14a) der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Daten über sie bei der Beklagten im Zusammenhang mit der hier streitgegenständlichen Flugbuchung (Reservierungscode: N04/N05) verarbeitet werden,
15b) der Klägerin eine Kopie dieser Daten, insbesondere von jeglicher Korrespondenz, der Vertragsdaten inklusive AGB sowie der Protokolle von telefonischen Kontaktaufnahmen und der Gesprächsmitschnitte – wahlweise per E-Mail oder per Briefpost – zur Verfügung zu stellen.
16die Beklagte zu verurteilen, die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer bislang erteilten Datenauskunft an Eides statt zu versichern;
174. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.681,94 EUR nebst Verzugszinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 20.09.2022 zu zahlen;
187. die Beklagte zu verurteilen, an sie immateriellen Schadensersatz in angemessener Höhe zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 800,00 EUR nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
19Mit Beschluss vom 13.02.2024 hat das Gericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche welche die DSGVO betreffen abgetrennt und an das zuständige Amtsgericht Köln abgegeben.
20In der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2024 erging gegen die nicht anwesende Beklagtenseite ein Versäumnisurteil, mit welchem diese verurteilt wurde, an die Klägerin 831,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 566,85 Euro seit dem 19.01.2023 sowie aus einem Betrag von 264,86 Euro seit dem 20.09.2022 sowie weitere 2.681,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2022 zu zahlen
21Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 22.05.2024, eingegangen am selben Tag, gegen das am 10.05.2024 zugestellte Versäumnisurteil Einspruch eingelegt.
22Mit Schreiben vom 27.05.2024 hat die Klägerin, nachdem sie am 24.05.2024 eine Zahlung i.H.v. 3.923,56 Euro von der Beklagten erhalten hatte, den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 10.06.2024, eingegangen am selben Tag, widersprochen, da die Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgen sollte.
23Die Klägerin beantragt zuletzt,
241. im Wege einer Zwischenfeststellungsklage festzustellen, dass die Klägerin ihren streitgegenständlichen Rückflug von La Paz nach Düsseldorf unter dem Buchungscode: N04 rechtswirksam vom 02.05.2022 auf den 25.08.2022 umgebucht hat;
252. festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist;
26hilfsweise
27das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 3.05.2024 aufrechtzuerhalten.
28Die Beklagte beantragt,
29das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
30Die Beklagte ist der Ansicht, dass zu der Gebühr für die Umbuchungen i.H.v. 150 € noch die Preisdifferenz des Fluges sowie Bearbeitungskosten hinzuzurechnen seien. Aus diesem Grund habe sich ein Preis für den umgebuchten Flug von insgesamt 716,85 € ergeben. Aus dem System der Beklagten ergebe sich nicht, dass eine Umbuchung des Rückflugs tatsächlich erfolgt sei, da kein Zahlungsnachweis vorgelegen habe. Es handele sich lediglich um eine Reservierung. Unabhängig hiervon habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für den von ihr selbst gebuchten anderweitigen Flug, da die Beklagte nicht unter Fristsetzung zur Gewährung einer Ersatzbeförderung aufgefordert worden sei. Die Klägerin habe keine angemessene Zeit abgewartet, bevor sie selbst einen Flug gebucht habe. Es handele sich zudem nicht um eine Ersatzbeförderung, da die Flugroute der von der Klägerin gebuchten Flüge von der ursprünglichen Route abweiche.
31Entscheidungsgründe
32Die zulässige Klage ist nach dem Hilfsantrag begründet. Die Hauptanträge bleiben ohne Erfolg.
33I.
34Eine Erledigung im Sinne von § 91a ZPO ist nicht eingetreten.
35Die Zahlung der beklagten Seite ist nicht als Erfüllung der Klageforderung im Sinne von § 362 BGB anzusehen. Ebenso wie die vorläufige Vollstreckung selbst führt auch eine Leistung des Schuldners zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil nicht unmittelbar zum Erlöschen des titulierten Anspruchs. Etwas anderes gilt nur, wenn der Schuldner nach Erlass eines vorläufig vollstreckbaren Urteils endgültig, d.h. vorbehaltlos, erfüllen will, was jedoch nur beim Vorliegen klarstellender Begleitumstände angenommen werden kann (MüKoBGB/Fetzer, 9. Aufl. 2022, BGB § 362 Rn. 42, beck-online; Kerwer in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 362 BGB (Stand: 17.04.2024), Rn. 55). Solche Umstände liegen hier nicht vor. Die Beklagtenseite hat Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt. Sie ist der von Klägerseite abgegebene Erledigungserklärung innerhalb der gesetzten Frist entgegengetreten und hat klargestellt, dass die Zahlung lediglich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt ist. Da die Beklagte auch nicht bei Zahlung ausdrücklich eine andere Zweckbestimmung vorgenommen hat, liegt keine Erledigung im Rechtssinne vor.
36II.
37Soweit die Klägerin Zwischenfeststellungsklage erhoben hat, war diese als unzulässig abzuweisen.
38Mit der Zwischenfeststellungsklage soll es der klagenden Partei ermöglicht werden, neben einer rechtskräftigen Entscheidung über die Klage auch eine solche über nach § 322 I ZPO der Rechtskraft nicht fähige streitige Rechtsverhältnisse herbeizuführen, auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt. Die begehrte Feststellung muss sich dementsprechend auf einen Gegenstand beziehen, der über den der Rechtskraft fähigen Gegenstand des Rechtsstreits hinausgeht. Für eine Zwischenfeststellungsklage ist daher kein Raum, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256 Rdnr. 26; BGH, NJW 2007, 82 Rn. 12).
39Dies ist vorliegend der Fall, da durch die Hauptklage erschöpfend über die Ansprüche der Klägerin entschieden wird. Weitere mögliche Ansprüche der Klägerin, für welche die Frage einer wirksamen Umbuchung vorgreiflich ist, sind weder ersichtlich und noch von Klägerseite dargelegt.
40III.
41Die zulässige Klage ist im Hilfsantrag begründet.
421.
43Die von Klägerseite im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.01.2025 erneute Rüge der Prozessvollmacht des Beklagtenvertreters war nicht mehr zu berücksichtigen. Die Rüge muss, um noch innerhalb der Instanz berücksichtigt werden zu können, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, erhoben werden (MüKoZPO/Toussaint, 6. Aufl. 2020, ZPO § 88 Rn. 5).
44Auf die zunächst erfolgte Rüge der Klägerin vom 5.06.2023 hatte der Beklagtenvertreter seine Vollmacht elektronisch an das Gericht übermittelt. Der Nachweis der Vollmacht hat im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit grundsätzlich durch die Vorlage einer Originalurkunde zu erfolgen (BGHZ 126, 226 (267 f.); BGH NJW-RR 2022, 1430 Rn. 15), die in deutscher Sprache abgefasst sein und den Bevollmächtigten und den Rechtsstreit hinreichend deutlich bezeichnen muss (BeckOK ZPO/Piekenbrock, 55. Ed. 1.12.2024, ZPO § 80 Rn. 13).
45Unter Berücksichtigung der Regelung des § 130a ZPO ist bei einer elektronischen Aktenführung wie vorliegend jedoch grundsätzlich die Übermittlung als elektronisches Dokument als zunächst ausreichend anzusehen. Es gibt keine Gerichtsakten mehr, bei denen die Vollmachtsurkunde verbleiben könnte. Bestehen danach noch Zweifel an der Bevollmächtigung, muss die Originalurkunde im Termin als Beweisurkunde vorgelegt werden. Sie verbleibt aber nicht bei den Gerichtsakten, wenn diese nicht mehr in Papierform geführt werden (BeckOK ZPO/Piekenbrock, 55. Ed. 1.12.2024, ZPO § 80 Rn. 13a).
46Nach der elektronischen Übermittlung der Vollmacht sind seitens der Klägerpartei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keine weiteren Zweifel hinsichtlich der Bevollmächtigung geäußert worden, so dass der Nachweis ausreichend war.
472.
48Eine hilfsweise Aufrechterhaltung der Sachanträge neben der Erledigungserklärung ist auch zulässig (vgl. BGH 18.9.1992 – V ZR 84/91; OLG Frankfurt a. M. 30.8.2019 – 5 U 35/18, BeckRS 2019, 44418 Rn. 21; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, 10. Aufl., ArbGG § 74 Rn. 30; Anders/Gehle/Gehle, 80. Aufl., ZPO § 91a Rn. 78; MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl., ZPO § 91a Rn. 81 mwN; Musielak/Voit/Flockenhaus, 19. Aufl., ZPO § 91a Rn. 31 mwN; Zöller/Althammer, 34. Aufl., ZPO § 91a Rn. 35, 45).
493.
50Der Klägerin steht gegen die Beklagte einen Anspruch aus Art. 4 Absatz 3 i.V.m. Artikel 7 Absatz 1 S. 1 lit. c) FluggastrechteVO auf Zahlung von 600,00 € wegen der Nichtbeförderung auf dem Flug N01 von La Paz nach Santa Cruz und Anschlussflügen über Madrid nach Düsseldorf.
51a)
52Die Klägerin verfügte über eine bestätigte Buchung für den streitgegenständlichen Flug.
53Eine bestätigte Buchung ist anzunehmen mit Übergabe einer Buchungsbestätigung bzw. bei Online-Buchung mit der zum Ausdrucken bereitgestellten Erklärung des ausführenden Luftfahrtunternehmens, welche einen OK-Vermerk und die Buchungsnummer enthält
54(Führich/Staudinger ReiseR-HdB/Führich/Achilles-Pujol, 9. Aufl. 2024, § 38 Rn. 87).
55Aus der Legaldefinition des Art. 2 lit. g geht hervor, dass es sich bei der Buchung nicht etwa um eine eigenständige Vertragserklärung, sondern lediglich um einen schriftlichen Beleg handelt, aus dem deutlich wird, dass die (bereits erfolgte Buchung) von dem Luftfahrtunternehmen oder dem Reiseunternehmen akzeptiert und registriert wurde. Die Bezugnahme auf die eigentlich zu definierende Bezeichnung in der Begriffsbestimmung kann nur dahin verstanden werden, dass die Verordnung die Buchung eben gerade nicht als einen Teil des Vertragsschlusses selbst, sondern mehr als dessen Bestätigung seitens des Luftfahrt- oder Reiseunternehmens in Form des Flugscheins oder eines anderen Belegs verstanden wissen will. Voraussetzung einer Buchung ist dementsprechend nicht der Flugschein, sondern auch jeder andere Beleg, der nachweist, dass der durch Flugnummer, Tag und Uhrzeit sowie ggf. Flugstrecke individualisierte Flug akzeptiert ist (HK-Fluggastrechte-VO/Staudinger, 2. Aufl. 2025, Fluggastrechte-VO Art. 2 Rn. 29; BeckOK Fluggastrechte-VO/Schmid, 33. Ed. 1.1.2025, Fluggastrechte-VO Art. 3 Rn. 25).
56Auf der von der Klägerin vorgelegten Umbuchung sind der Flug N01 am 25.08.2022 sowie die Anschlussflüge individualisiert mit Flugnummer und Abflug- bzw. Ankunftszeiten ausgewiesen. Auch ein entsprechender Sitzplatz ist der Klägerin zugewiesen. Es ist zudem der Zusatz „Reservation confirmed“ angeführt. Entsprechendes gilt für die Anschlussflüge. Soweit die Beklagtenseite einwendet, es habe sich lediglich um eine Reservierung gehandelt, kann dem nicht gefolgt werden. Durch den Zusatz „confirmed“ ist von einer bestätigten Buchung auszugehen. Der Begriff „Reservation“ kann auch als Buchung übersetzt werden, insbesondere aufgrund des Zusatzes „confirmed“. Anhaltspunkte dafür, dass eine Buchung noch nicht abgeschlossen wurde, ergeben sich aus der Anlage nicht.
57b)
58Die Klägerin hat sich nach ihrem unwidersprochenen Vortrag auch frühzeitig am Flughafen eingefunden, wo ihr die Beförderung verweigert wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht rechtzeitig vor Ort war, liegen nicht vor. Dies wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
59c)
60Vertretbare Gründe für die Nichtbeförderung liegen nicht vor. Die Gründe müssen in der Person des Fluggastes liegen (EuGH, 4.10.2012 − C-321/11; BeckOGK/Steinrötter/Bohlsen Rn. 60; HK-FluggastVO/Staudinger Rn. 46). Sie müssen also in irgendeiner Weise dem Fluggast zugerechnet werden können. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass vertretbare Gründe für die Nichtbeförderung vorgelegen haben, trifft das Luftfahrtunternehmen (BeckOK Fluggastrechte-VO/Hopperdietzel, 33. Ed. 1.1.2025, Fluggastrechte-VO Art. 2 Rn. 92).
61Die Beklagte hat keine Gründe dargelegt, die eine Nichtbeförderung der Klägerin rechtfertigen würden. Falls es im Rahmen des Buchungsvorgangs zu einem Fehler gekommen sein sollte, ist dies nicht der Klägerin anzulasten.
624.
63Die Klägerin hat gemäß § 812 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des für die Umbuchung des Rückfluges abgebuchten Betrages von 831,71 €.
64Nach dem unbestrittenen Klägervortrag hat die Klägerin für den Rückflug den Comfort-Tarif der Beklagten ausgewählt. Bei diesem Tarif ist die erste Umbuchung bis 15 Tage vor dem ursprünglichen Abflug gebührenfrei möglich. Im Übrigen sind Umbuchungen jederzeit mit zusätzlichen Kosten von 150 € zulässig. Die Beklagte konnte der Klägerin daher entsprechend dieser Regelung für die Umbuchung des Rückfluges einen Betrag von 150 € in Rechnung stellen. Tatsächlich hat die Beklagte am 30.08.2022 jedoch einen Betrag von insgesamt 981,71 € abgebucht. Der Differenzbetrag i.H.v. 831,71 € ist der Klägerin dementsprechend zu erstatten.
65Soweit die Beklagte geltend macht, neben dieser Umbuchungsgebühr von 150 € haben noch die Preisdifferenz sowie die Bearbeitungskosten berechnet werden müssen, greift dieser Einwand nicht durch. Die Beklagte hat weder hinreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt, aus welcher vertraglichen Vereinbarung sich diese weiteren Kosten ergeben sollen noch wie sich die Kosten zusammensetzen.
665.
67Die Klägerin hat gemäß § 281 BGB auch einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die von ihr selbst organisierte Ersatzbeförderung in Höhe von 1.726,44 Euro.
68a)
69Dem Fluggast steht im Falle einer Beförderungsverweigerung ein Anspruch auf eine anderweitige Beförderung nach Art. 8 Fluggastrechteverordnung zu.
70Ein Luftfahrtunternehmen, das seine Pflicht zum Angebot einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt gem. Art. 8 Abs. 1 lit. b nicht erfüllt, ist grundsätzlich zum Schadenersatz verpflichtet, wenn der Fluggast die Beförderung zum Zielort in Eigenregie organisieren muss, weil die vom Luftfahrtunternehmen angebotene Alternativbeförderung erst zu einem unangemessen späteren Zeitpunkt erfolgt wäre. Dieser ist nach den allgemeinen Regeln des nationalen Schadenersatzrechts zu prüfen (BeckOK Fluggastrechte-VO/Degott, 33. Ed. 1.1.2025, Fluggastrechte-VO Art. 8 Rn. 15f).
71Die Beklagte hat der Klägerin keine Alternativbeförderung angeboten. Diese Pflichtverletzung war auch schuldhaft, denn die insoweit gem. § 280 I 2 BGB darlegungsbelastete Bekl. trägt diesbezüglich nichts zu ihrer Entlastung vor (vgl. LG Köln, NJW-RR 2023, 1031 Rn. 17).
72b)
73Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung bedurfte es nicht.
74Bei einem Luftbeförderungsvertrag über einen bestimmten Flug zu einer bestimmten Zeit kommt es dem Fluggast im Regelfall darauf an, dass er sein Endziel mit gewissen zeitlichen Toleranzen zu der vereinbarten Zeit erreicht. Denn bezogen auf die vereinbarte Ankunftszeit nimmt der Fluggast regelmäßig bestimmte Dispositionen vor (zB die Buchung einer bestimmten Hotelanlage oder einer Kreuzfahrt, die Vereinbarung eines Geschäftstermins, die Rückkehr am letzten Urlaubstag oder am Wochenende vor dem Beginn der neuen Arbeitswoche etc). Es kommt dem Fluggast daher regelmäßig nicht darauf an, sein Endziel irgendwann und sei es mit einer erheblichen Verspätung zu erreichen, sondern er verlässt sich im Regelfall darauf, dass die Fluggesellschaft die versprochene Flugbeförderung pünktlich oder allenfalls innerhalb gewisser eher gering anzusetzender zeitlicher Toleranzen erbringt. Es handelt sich aus diesem Grund um eine relative Fixschuld. Eine Fristsetzung war bereits aus diesem Grund entbehrlich (HK-Fluggastrechte-VO/Staudinger, 2. Aufl. 2025, Fluggastrechte-VO Art. 4 Rn. 31; Gebauer/Wiedmann EurZivilR/Tonner, 3. Aufl. 2021, Kap. 16 Rn. 65; BeckOGK/Steinrötter/Bohlsen, 1.12.2024, Fluggastrechte-VO Art. 4 Rn. 33).
75Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Beklagte vorliegend die Beförderung der Klägerin verweigert hat. Da die Beklagte bereits die Primärleistung verweigert hat, konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, dass sie bereit war, eine Ersatzbeförderung anzubieten. Die Klägerin hat zudem nicht unmittelbar nach der Beförderungsverweigerung eine alternative Flugverbindung gebucht, sondern erst am Folgetag gegen Abend. Die Beklagte hatte jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei ersichtliche Maßnahmen ergriffen, um eine anderweitige Beförderung der Klägerin zeitnah zu ermöglichen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte auf eigene Initiative in diesem Zeitraum mit der Klägerin in Kontakt getreten ist, um etwaige Alternativen in Aussicht zu stellen. Die Beklagte hat zudem nicht dargelegt, dass andere zeitnahe Beförderungsoptionen bestanden und von ihr andernfalls angeboten worden wären. Unter diesen Umständen durfte sich die Klägerin ohne Fristsetzung selbst um eine Ersatzbeförderung bemühen und die Kosten der Ersatzbeförderung als Schadenersatz statt der Leistung geltend machen.
76c)
77Es begegnet auch keinen Bedenken, dass die von der Klägerin gebuchte anderweitige Beförderung nicht auf der ursprünglich geplanten Route erfolgte. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, dass aufgrund der kurzfristigen Umbuchung die gewählte Route die kostengünstigste Alternative dargestellt habe. Die Beklagte ist diesem Vortrag nicht entgegen getreten. Sie hat auch nicht dargelegt, dass es eine anderweitige zeitnahe Verbindungalternative auf der ursprünglich gebuchten Route gab.
78Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist nicht ersichtlich.
796.
80Die Klägerin hat nach Art. 4 Absatz 3 i. V. m. Art. 9 Fluggastrechteverordnung iVm §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1, Abs. 2 BGB auch einen Anspruch auf Ersatz der aufgewendeten Kosten für Verpflegung, die Hotelunterbringung in Lima und die Fahrtkosten in Lima von und zum Flughafen in Höhe von insgesamt 181,50 Euro.
81Die Beklagte hat ihre Pflichten aus Art. 9 Fluggastrechteverordnung verletzt, da sie der Klägerin keine entsprechenden Angebote gemacht hat. Ein Verschulden der Beklagten an der Pflichtverletzung wird vermutet, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.
82Die Klägerin hat dargelegt, dass ihr die angeführten Kosten entstanden sind. Die Höhe der Schadenspositionen ist von der Beklagtenseite nicht bestritten worden. Die von der Klägerin veranschlagten Kosten erscheinen auch angemessen.
837.
84Die Klägerin hat Art. 4 Absatz 3 i. V. m. Art. 9 Fluggastrechteverordnung iVm §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1, Abs. 2 BGB auch einen Anspruch auf Ersatz der Transportkosten vom Flughafen Amsterdam nach Düsseldorf in Höhe von 174,00 Euro. Die Klägerin hat dargelegt, dass eine alternative Flugverbindung direkt nach Düsseldorf nicht verfügbar war. Dem ist die Beklagtenseite nicht konkret entgegengetreten. Geschuldet ist der Transport des Fluggastes an das gebuchte Endziel, hier Düsseldorf. Dies umfasst grundsätzlich nur den einfachen Transfer von Amsterdam nach Düsseldorf. Die Klägerin hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, dass für einen Transport von Amsterdam mit dem Taxi Kosten von ca. 270 € angefallen wären. Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin auch die an ihren Bruder entrichteten Kosten i.H.v. 174 € von der Beklagten ersetzt verlangen.
858.
86Eine Anrechnung nach Art. 12 Fluggastrechteverordnung erfolgt nicht.
87Sofern ein ausführendes Flugunternehmen bei einer fluggastrechtlich relevanten Störung die geschuldeten Unterstützungs-bzw. Betreuungsleistungen nicht erbringt und die daraus resultierenden Aufwendungen oder Schäden nach nationalem Recht ersatzfähig sind, erfolgt bei Bestehen eines Ausgleichsanspruchs gem. Art. 7 keine Anrechnung. Die Sekundäransprüche sind keine weitergehenden Schadensersatzansprüche iSd Art. 12 Abs. 1 Fluggastrechteverordnung (LG Hannover, Urteil vom 6. August 2018 – 1 S 185/17; BeckOGK/Steinrötter/Bohlsen, 1.11.2023, Fluggastrechte-VO Art. 12).
889.
89Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280, 286 BGB.
90IV.
91Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Sowohl Haupt- als auch Hilfsantrag betreffen denselben Gegenstand. Aufgrund der wirtschaftlichen Identität der Anträge sind der Beklagten hier insgesamt die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen (Anders/Gehle/Anders, 83. Aufl. 2025, ZPO § 260 Rn. 34). Auch die unzulässige Zwischenfeststellungsklage wirkt sich gemäß § 45 Abs. 1 S. 3 KGK nicht streitwerterhöhend aus. Da derselbe Streitgegenstand betroffen ist, ist allein der höhere Wert, hier der Wert der Hauptklage, entscheidend (Anders/Gehle/Anders, 83. Aufl. 2025, ZPO § 256 Rn. 81).
92Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.
93V.
94Streitwert bis zum 4.01.2023: 450,00 Euro
95Streitwert ab dem 5.01.2023: 1.331,71 Euro
96Streitwert ab dem 13.07.2023: 4.813,65 Euro
97Streitwert ab dem 13.02.2024: 3.513,65 Euro
98Rechtsbehelfsbelehrung:
99Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1001. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
1012. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
102Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
103Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.
104Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
105Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
106Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
107Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
108Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
109Y.