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In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen
der H, Düsseldorf
wird den sofortigen Beschwerden
der Beteiligten,
1.
D-Bank, Frankfurt/Main,
2.
E-Bank, Berlin,
3.
E-Bank, London, VEREINIGTES KÖNIGREICH,
4.
J-Bank, Frankfurt am Main,
5.
M-Bank, London, VEREINIGTES KÖNIGREICH,
6.
O-Bank, Hannover,
7.
S-Bank, London, VEREINIGTES KÖNIGREICH,
8.
V-Bank, München,
9.
A-Versicherung, Frankfurt am Main,
Prozessbevollmächtigte zu 1-9:
Rechtsanwälte N2, Frankfurt am Main,
bearbeitende Rechtsanwältin: W
10.
H2, Luxemburg,
-Beschwerdeführerinnen-
Prozessbevollmächtigte zu 10.:L, München,
in Gestalt der Beschwerden der Beschwerdeführer zu 1) bis 9) vom 20.09.2019 und der Beschwerdeführer zu 10) vom 23.09.2019
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf – Insolvenzgericht -, Az. 501 IN 150/19 vom 09.09.2019
nicht abgeholfen.
Die Akte wird dem Landgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe:
2Die Beschwerdeführerinnen sind Gläubigerinnen bzw. die weitere Beschwerdeführerin, die H2, ist unmittelbare Tochtergesellschaft der Schuldnerin. Den Beschwerden beigetreten, ohne selbst eigenständige Beschwerde einzulegen, ist eine weitere Gläubigergruppe mit Unterstützungsschrift vom 20.09.2019.
3Das Gericht hat mit Beschluss vom 09.09.2019 um 10:21 Uhr Herrn Rechtsanwalt N zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und einen Zustimmungsvorbehalt gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO angeordnet.
4Gegen diesen Beschluss wenden sich die sofortigen Beschwerden mit der Begründung, die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts Düsseldorf sei nicht gegeben, Art 5 Abs. 1 EuInsVO, Art 102c § 4 EGInsO.
5Die Beschwerden sind zulässig aber unbegründet.
6Das Amtsgericht Düsseldorf ist örtlich und international zuständig.
7Nach Art. 3 EuInsVO sind für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat ("comi"). Hierbei ist Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Ort, an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und der für Dritte feststellbar ist (Art 3 Abs 1 Unterabs. 1 S 2 EuInsVO).
8Das Insolvenzgericht ist dabei grundsätzlich zum Erlass von Sicherungsmaßnahmen berechtigt, wenn die internationale Zuständigkeit nach der Darstellung des Antragstellers gegeben zu sein scheint (BGH vom 21.6.2007, IX ZB 41/06, NZI 2008,121, BGH vom 01.12.2011, IX ZB 232/10, NZI 2012,151,152, BGH vom 22.3.2007, IX ZB 164/06, NZI 2007, 344, 345).
9Die Schuldnerin hatte vorliegend zum Zeitpunkt der Antragstellung (II.2(1)) durch zwei weiterer Gläubigerinnen den Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen Interessen in Düsseldorf (2), Art 3 Abs. 1 EuInsVO. Schließlich steht der internationalen Zuständigkeit auch nicht ein Verfahren in England entgegen, da dieses weder nach dem Grundsatz der perpetuatio fori (nach Staubitz-Schreiber) (3) noch im Übrigen, etwa nach dem Grundsatz der Priorität (4) Sperrwirkung entfaltet. Auch liegt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vor (5).
10Vorab wird darauf hingewiesen, dass soweit von der Beschwerdeführerin zu 10) im Hinblick auf den Beschluss in dem Aktenzeichen 501 IN 140/19 an die Wahrung rechtlichen Gehörs erinnert wird, dieser Beschluss ausschließlich aus EDV-Gründen das Datum des 05.09.2019 trägt, da die Verfahrensbeteiligten manuell nacherfasst werden mussten. Das Entscheidungsdatum ist, wie sich dies aus der von der Beschwerdeführerin angeführten Bezugnahme auf die Stellungnahme des dortigen Sachverständigen ergibt jedoch der 09.09.2019 gewesen, an dem der Beschluss erlassen und auch den Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis gebracht wurde.
11Gründe I.
12Zur Darstellung des Sachverhalts wird auf die Ermittlungen des vorläufigen Insolvenzverwalters N in seiner Stellungnahme vom 01.10.2019 Bezug genommen:
13„Die Schuldnerin wurde am 04.04.2014 gegründet und im Anschluss in das luxemburgische Handelsregister eingetragen.
14Zur Finanzierung einer Akquisition emittierte die Schuldnerin im Mai 2014 Anleihen in Höhe von insgesamt EUR 525 Mio. (Senior Secured Notes – „SSN“). Zudem wurden von der Gesellschafterin der Schuldnerin, der H, weitere Anleihen in Höhe von EUR 250 Mio. (Senior Unsecured Notes – „SUN“) ausgegeben. Darüber hinaus bestehen gegenüber einem Bankenkonsortium gruppenübergreifend eine Kontokorrentkreditlinie von EUR 75 Mio. und eine Avallinie von EUR 375 Mio. („RCF“ und „SGF“).
15Das Vermögen der Schuldnerin besteht im Wesentlichen aus den Gesellschaftsanteilen an der H2 sowie Rückzahlungsansprüchen aus Intercompany-Darlehen.
16Im Rahmen einer gruppenweiten Restrukturierung wurden ab Mitte Juni 2019 verschiedene Maßnahmen ergriffen. Insbesondere wurde von verschiedenen Gläubigern (Banken und SSN) und dem Gesellschafter T mit Datum vom 06.06.2019 ein Lock-up Agreement unterzeichnet. Dieses sieht im Wesentlichen die Übertragung der von der Schuldnerin gehaltenen Geschäftsanteile an der H2. auf eine neue T-Gesellschaft vor („alternative Transaktion“). Zudem sollte eine Verlagerung des Verwaltungssitzes der Schuldnerin nach Fareham in England erfolgen. In diesem Zusammenhang stellte die Schuldnerin sodann am 22.08.2019 beim High Court in England einen Insolvenzantrag, der bislang noch nicht beschieden ist.
17Unmittelbar im Anschluss haben die T-Anleihegläubiger am 23.08.2019 auf Grundlage eines Anteilsverpfändungsvertrages in die Geschäftsanteile an der Schuldnerin vollstreckt. Mit Beschluss vom 23.08.2018 wurden sodann um 11:11 Uhr die bisherigen Geschäftsführer abberufen und Herr D2 zum neuen Geschäftsführer der Schuldnerin bestellt. Gleichzeitig wurde der Verwaltungssitz nach Düsseldorf verlegt und ein entsprechender Mietvertrag über Büroräumlichkeiten unterzeichnet.
18Diese Räumlichkeiten waren von Beginn an durch eine entsprechende Beschilderung für Dritte nach außen kenntlich gemacht.
19In der Folge wies der Geschäftsführer am 23.08.2019 um 12:01 Uhr die anwaltlichen Vertreter der Schuldnerin in England an, den dortigen Insolvenzantrag zurückzunehmen. Statt der Rücknahme erfolgte allerdings ein „Eintritt“ einer Anleihegläubiger-Gruppe in den Insolvenzantrag, so dass das Verfahren nunmehr als „Gläubiger-Verfahren“ weitergeführt wird. Hinweise auf den geänderten Verwaltungssitz lassen sich dieser Mitteilung des Geschäftsführers nicht entnehmen.
20Des Weiteren stellte der Geschäftsführer am 23.08.2019 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Düsseldorf. Mit Beschluss vom selbigen Tage ordnete das Insolvenzgericht unter dem Aktenzeichen 501 IN 140/19 um 14:15 Uhr Sicherungsmaßnahmen an und bestellte [Herrn N; Einfügung durch das Gericht] zum vorläufigen Insolvenzverwalter.
21Eine Information des Kapitalmarktes über die Verlegung des Verwaltungssitzes und das anhängige Insolvenzeröffnungsverfahren erfolgte sodann im Rahmen einer ad-hoc Mitteilung der Schuldnerin, die das Datum 23.08.2019, 16:30 Uhr trägt. Diese wurde offensichtlich aufgrund von technischen Problemen allerdings erst am 25.08.2019 um 17:15 Uhr tatsächlich veröffentlicht.
22Auch wurden die Anleihegläubiger bzw. deren anwaltliche Vertreter durch Emails des Geschäftsführers gesondert informiert. Der Geschäftsführer übt seine Tätigkeit aus den Räumlichkeiten in Düsseldorf aus. Von dort wurden in der Folge auch die weiteren betrieblichen Entscheidungen getroffen. Dies umfasst u.a. die Kündigung von Räumlichkeiten in England, die Teilnahme an verschiedenen Besprechungen sowie die Führung der Korrespondenz etc.
23Anfang September wurde der Beschluss betreffend die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen betreffend das Insolvenzeröffnungsverfahren unter dem Aktenzeichen 501 IN 140/19 aufgehoben und der zugrundeliegende Insolvenzantrag als unzulässig zurückgewiesen.
24Auf Grundalge von zwei Gläubigeranträgen vom 06.09.2019 wurden mit Datum vom 09.09.2019 jedoch erneut Sicherungsmaßnahmen erlassen und [Herr N; Einfügung durch das Gericht] zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.“
25In den vorgenannten Ausführungen wurde Bezugnahmen auf Anlagen nicht mit zitiert.
26Gründe II.
271)
28Die Beschwerden sind zulässig. Sofern eine Beschwerdebefugnis H2 fraglich sein könnte, kann dies dahingestellt bleiben, da zumindest die sofortige Beschwerde der übrigen Beschwerdeführerinnen zulässig ist und beide sofortigen Beschwerden unbegründet sind.
29(1)
30Maßgeblicher Zeitpunkt
31Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Anknüpfungsmerkmale zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Insolvenzgerichts ist der Eingang des Eröffnungsantrags. Dies gilt auch für die internationale Zuständigkeit (BGH Beschluss v. 22.03.2007, Az. IX ZB 164/06, zitiert nach beck-online; EuGH, Urteil v. 17.01.2006, Rechtssache D2-1/04 „Susanne Staubitz-Schreiber“, zitiert nach beck-online).
32Etwaige Widersprüche sind überdies im Rahmen der Anerkennung von Entscheidungen anderer Gerichte bzw. der Kooperationspflicht und nach dem Maßstab rechtsmissbräuchlichen Verhaltens aufzulösen.
33(2)
34COMI in Düsseldorf
35Zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags der Gläubigerinnen vom 06.09.2019 lag der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Interessen der Schuldnerin in Düsseldorf. Zunächst ist die Vermutungsregel des Art 3 Abs. 1 S. 2 EuInsVO widerlegt.
36Auch hier ist zunächst auf die Ausführungen des vorläufigen Insolvenzverwalters Bezug zu nehmen:
37„Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 2 EuInsVO normiert, dass bei Gesellschaften oder juristischen Personen bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, dass der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen der Ort des satzungsgemäßen Sitzes ist.
38Diese Vermutung ist nur zu entkräften, wenn objektive und für Dritte feststellbare Elemente belegen, dass in Wirklichkeit die Lage nicht derjenigen entspricht, die die Verortung am genannten satzungsmäßigen Sitz widerspiegeln soll. Die Widerlegung der Vermutung greift insbesondere bei Gesellschaften, die im Gebiet des Mitgliedstaates, in dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befindet, keiner Tätigkeit nachgehen (EuGH, Eurofood, s.o.).
39Satzungsmäßiger Sitz der Schuldnerin ist weiterhin Luxembourg, so dass sich hieraus keine Vermutungswirkung zugunsten eines COMI in Düsseldorf ergibt. Da die Schuldnerin jedoch eine reine Holdinggesellschaft ohne eigenständige Geschäftstätigkeit ist, kann diese Vermutungswirkung des Art. 3 EuInsVO vorliegend (vereinfacht) durch objektive und für Dritte erkennbare Umstände widerlegt werden (EuGH, Eurofood, s.o., Westpfahl/Goetker/Wilkens, Grenzüberschreitende Insolvenzen, Rn. 147).
40Gegen das Abstellen auf den reinen Satzungssitz spricht zudem, dass dies dem Willen des Verordnungsgebers widerspräche, der das Hauptinsolvenzverfahren an dem Ort eröffnen will, an dem sich der tatsächliche Mittelpunkt der hauptsächlichen Schuldnerinteressen befindet.
41Am 23.08.2019 um 11:11 Uhr wurde Herr D2 zum Geschäftsführer der Schuldnerin bestellt. Im Anschluss wurde von Herrn D2 zunächst ein Mietverhältnis über Geschäftsräume in Düsseldorf begründet. Ebenso wurden den anwaltlichen Vertretern der Schuldnerin in England Weisungen erteilt. Diese Maßnahmen von Herrn D2 hatten bereits Außenwirkung.
42Im Übrigen übt Herr D2 seine Geschäftsführertätigkeit nach derzeitigen Erkenntnissen seit dem 23.08.2019 aus den Räumlichkeiten in Düsseldorf aus. Dies umfasst unter anderem die Vornahme erforderlicher Kündigungen (Mietverhältnis in England) sowie die Führung von Korrespondenz und Teilnahme an Besprechungen. Somit werden in Düsseldorf aktuell die (weiteren) Geschäftsentscheidungen- und -handlungen für die Schuldnerin getroffen.
43[… an dieser Stelle verweist der vorläufige Insolvenzverwalter auf die Stellungnahmen des Geschäftsführers D2, Anm d. Gerichts]
44Weitere Geschäftshandlungen sind in dem vorliegenden Zeitraum nicht angefallen, auch wird von den Beschwerdeführern nicht vorgetragen, dass solche von anderer Stelle aus vorgenommen worden seien.
45Zu berücksichtigen ist in Bezug auf diese Tätigkeiten, dass die Schuldnerin keiner operativen Tätigkeit nachgeht, sondern eine reine Finanzholding ist. Die Tätigkeiten der Geschäftsführung können sich demzufolge faktisch nahezu nur auf kapitalmarktbezogene Sachverhalte oder auf insolvenznahe Belange beziehen. Diese sind im Übrigen infolge der Vielzahl an Korrespondenzen nach außen getreten und objektiv wahrnehmbar.
Die Geschäftsanschrift der Schuldnerin befand sich im Zeitpunkt der Antragstellung am 23.08.2019 in Düsseldorf. Dort verfügt die Schuldnerin weiterhin über eigene Büroräume. Diese sind nach außen hin auch mit einer entsprechenden Beschilderung kenntlich gemacht, u.a. am Haupteingang an der T-Straße sowie am unmittelbaren Büroeingang. Infolgedessen ist die Büroanschrift für Dritte deutlich erkennbar.
47Zwar nutzt die Schuldnerin den Bürokomplex der Rechtsanwälte D, allerdings steht ihr dort ein eigenes Büro zur Verfügung. Zu diesem hat die Schuldnerin auch uneingeschränkten Zugang. Auch weist dieses die Existenz einer auf die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgerichteten Struktur und ein Mindestmaß an Organisation aus.
48Grundlage ist ein schriftlicher Mietvertrag zwischen der D mbH und der Schuldnerin, dessen Beginn die Übergabe der Räumlichkeiten am 23.08.2019 um 08:30 Uhr gewesen ist.
49Es existieren bei der Feststellung des COMI im Sinne des Art. 3 EuInsVO keine zeitlichen Vorgaben, ab wann der tatsächliche COMI vor einer Insolvenzantragstellung an dem behaupteten Ort bestanden haben muss. Unerheblich ist daher, dass diese Geschäftsanschrift von der Schuldnerin erst unmittelbar vor der Antragstellung bezogen worden ist, da die Adresse ab diesem Zeitpunkt für Dritte nach außen erkennbar war.
Die Schuldnerin verfügt über keinen eigenen aktiven Geschäftsbetrieb. Ihre Tätigkeit beschränkt sich vielmehr auf die Verwaltung von Geschäftsanteilen an der H2 sowie einiger weniger - dafür betragsmäßig äußerst umfangreicher - Finanzaktivitäten in Form von Darlehen an Konzerngesellschaften und Verbindlichkeiten aus Anleihen. Für diese Tätigkeiten reichen letztlich begrenzte Büroräumlichkeiten aus. Vorliegend erfüllen die von der Schuldnerin angemieteten Büroräumlichkeiten die (technischen) Erfordernisse, um die vorstehenden Tätigkeiten auszuüben.
51Es ergeben sich mangels Produktionsstätten oder beschäftigter Arbeitnehmer keine weiteren relevanten Rückschlüsse auf den COMI der Schuldnerin. Insoweit ist insbesondere ohne Bedeutung, dass die operativen Gesellschaften der H-Unternehmensgruppe in Deutschland tätig sind.
Nach derzeitigen Erkenntnissen verfügt die Schuldnerin über Geschäftskonten bei der E-Bank in Bochum sowie über ein Konto in Luxembourg. Zudem dauerte eine Kontoeröffnung in England wohl noch an.
53Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Schuldnerin faktisch keinen Zahlungsverkehr mit Gläubigern führt. Insoweit sind lediglich die Zinsverpflichtungen gegenüber den Anleihegläubigern jährlich zu bedienen. Im Übrigen kommt dem Umstand der Belegenheit eines Geschäftskontos lediglich eine untergeordnete Bedeutung zu, insbesondere bei guthabengeführten Konten (EuGH, Urt. v. 20.10.2011 - D2-396/09 - Interedil, ZIP 2011, 990 ff. mit Anmerkung von Mankowski).
54Das Geschäftskonto in Deutschland weist ein Guthaben von rund EUR 3.000,00 auf, bezüglich des Kontos in Luxembourg steht eine Rückmeldung der Bank weiterhin aus.
55Vor diesem Hintergrund ist die Führung des Geschäftskontos nach Einschätzung des Unterzeichners für die Bestimmung des COMI nicht ausschlaggebend. Das deutsche Geschäftskonto bei der E-Bank würde im Übrigen aber die Annahme eines Verwaltungssitzes bekräftigen.
Auch dürfte von Vertragsvereinbarungen mit Gläubigern oder Rechtswahlklauseln in den zugrunde liegen Vereinbarungen keine Indizwirkung für einen COMI ausgehen. Soweit vertragliche Vereinbarungen einen von Düsseldorf abweichenden COMI enthalten, dürften entsprechende Regelungen jedenfalls unbeachtlich - gegebenenfalls sogar unwirksam - sein. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang zudem, dass die COMI Verlegung nach Düsseldorf den Vereinbarungen zeitlich nachgelagert war. Im Übrigen dürfte es sich bei einer Abweichung des COMI von den vertraglichen Regelungen zwar unter Umständen um eine Vertragsverletzung handeln, eine solche hat jedoch keine Auswirkungen auf die Entscheidung der Geschäftsführung zur Verlegung des COMI.
57Die ad-hoc Mitteilung vom 23.08.2019, 16:30 Uhr, die allerdings erst am 25.08.2019, 17:15 Uhr veröffentlicht wurde, betrifft inhaltlich die Änderung der Geschäftsanschrift und die Einleitung des Insolvenzverfahrens in Deutschland. Damit stellte die ad-hoc Mitteilung die Erkennbarkeit des COMI-Wechsels für Dritte dar.
58Im Übrigen führt die Beschwerdeführerin zu 1 auf Seite 25 bezüglich einer Finanzholding aus, „dass die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Finanzierung der Gruppengesellschaften und der Verwaltung der Gläubigerforderungen verbundenen Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Aktivität der Schuldnerin zu zählen sind.“ Die Schuldnerin verfügt als Passiva im Wesentlichen über die Verbindlichkeiten aus den Anleihen sowie die Bankverbindlichkeiten. Als Aktiva befinden sich in ihrem Vermögen die Geschäftsanteile an der H2 sowie die Darlehensforderungen gegenüber der H2. Beide Vermögensgegenstände unterliegen jedoch Pfändungen zugunsten der Banken und Anleihegläubiger. Die Tätigkeiten der Schuldnerin erstreckten sich vorliegend auf ebendiese Sachverhalte: Die Korrespondenz betreffend die Geschäftsanteile und Pfandrechte, die Mitteilungen an den Kapitalmarkt sowie die Anforderung von Unterlagen gegenüber der H2. Selbst nach der Vorstellung der Beschwerdeführerin zu 1 müsste daher ein COMI in Düsseldorf anzunehmen sein.
59Unerheblich ist im Übrigen, dass einzelne Beschwerdeführer nicht über Finanzierungen verfügen, die am Kapitalmarkt gehandelt werden. Einerseits fordert Art. 3 EuInsVO nur die objektive Wahrnehmbarkeit, die auch in diesem Fall gegeben ist. Andererseits handelte es sich bei den betreffenden Stakeholdern um jedenfalls am Finanzmarkt teilnehmende Institute, so dass diese ebenfalls die konkrete ad-hoc Meldung wahrnehmen konnten.
Die Buchführungsunterlagen befinden sich noch am satzungsmäßigen Sitz der Schuldnerin in Luxembourg. Dieser Sitz wurde durch einen Kollegen des Unterzeichners aufgesucht. Der Bitte, etwaige Unterlagen auszuhändigen, wurde nicht entsprochen. Diese sollen auf dem Postwege versandt werden. Tatsächliche Ansprechpartner oder ein nach außen hin erkennbares Büro wurden in Luxembourg nicht festgestellt. Eine Aufforderung zur Übersendung dieser Unterlagen nach Düsseldorf ist bereits erfolgt.
61Nach derzeitigem Erkenntnisstand wurde das Rechnungswesen - soweit erforderlich - aus Luxembourg ausgeübt.
62Insgesamt sind beide Umstände für Dritte kaum erkennbar, so dass diese nur eine geringe Aussagekraft haben (vgl. auch EuGH, Urt. v. 15.12.2011 – D2-191/10 - Rastelli Davide, NZI 2012, 147 Rn. 37f.). Damit sind diese in die Beurteilung des COMI ebenfalls nur untergeordnet einzubeziehen.“
63Hervorzuheben und zu ergänzen ist zu diesen Ausführungen vor allem die konkrete Tätigkeit der Schuldnerin, die in der Verwaltung von Geschäftsanteilen besteht. Wenn insoweit durch die Beschwerdeführer eingewandt wird, es dürften keine anderen (geringeren) Prüfungsmaßstäbe für eine Finanzholding als im Übrigen angelegt werden, stimmt das Gericht dem zu. Es ist vielmehr im konkreten Einzelfall zu prüfen welche Tätigkeiten die Schuldnerin (allgemein) entfaltet und an diesem Maßstab ist die Ermittlung des COMI und dessen Erkennbarkeit zu messen. Vorliegend ist daher v.a. auf die Verwaltung der Gläubigerforderungen abzustellen, da hierin die Haupttätigkeit für den fraglichen Zeitpunkt bzw. -raum bestand. Dies erfolgte vorliegend zum maßgeblichen Prüfungszeitpunkt in Düsseldorf. Vor diesem Hintergrund geht auch die Aufstellung der Beschwerdeführer zu 1) bis 9) (S. 34ff des Schriftsatzes vom 20.09.2019), nach der es sich ausschließlich um insolvenzbezogene Maßnahmen gehandelt habe, ins Leere. Wenn man die Verwaltung von Gläubigerforderungen wie die Beschwerdeführer zu 1) bis 9) selbst auch als werbende Tätigkeit im Sinne der COMI-Ermittlung ansieht, ist diese im Vorfeld einer Insolvenzantragstellung kaum von den von den Beschwerdeführern zu 1) bis 9) als insolvenzbezogenen Maßnahmen bezeichnete Tätigkeit abzugrenzen. Soweit auf die mangelnde Wahrnehmbarkeit für Dritte abgestellt wird, ist bereits nicht ganz ersichtlich warum eine publizierte ad-hoc Mitteilung nicht für Dritte wahrnehmbar sein soll. Hierbei ist nochmals hervorzuheben, dass es auf die Wahrnehmbarkeit, nicht die tatsächliche Wahrnehmung ankommt. Durch die ad-hoc Mitteilung wurde die vorbeschrieben Verlagerung des COMI nach außen in ganz erheblichem Umfang wahrnehmbar. Selbst wenn man, wie die Beschwerdeführer zu 1) bis 9), diese als „Selbstzeugnis“ ansähe, würde dies nur auf den Inhalt der mitgeteilten Sachverhalte nicht aber die Wahrnehmbarkeit durchschlagen. Tritt aber wie hier eine im konkreten Einzelfall bestehende Entfaltung von Tätigkeiten hinzu, liegen sowohl die Tätigkeit selbst als auch die Wahrnehmbarkeit für die breite Öffentlichkeit vor. Betrachtet man im vorliegenden Fall den im Wesentlichen aus Kreditinstituten bestehenden Gläubigerkreis und die Erläuterungen der Beschwerdeführer zu 1) bis 9) zu ad-hoc Mitteilungen („ richten sich an Anleger am Kapitalmarkt“; „Adressat ist der Anleger am Kapitalmarkt“ S. 30) ist auch wenig wahrscheinlich, dass die als Gläubiger am Verfahren beteiligten Kreditinstitute publizierte ad-hoc Mitteilungen nicht wahrnehmen konnte,
64Überdies wurden durch den organschaftlichen Vertreter die Gläubigergruppen auch über die Veränderung des Mittelpunkts der wirtschaftlichen Interessen informiert.
65(3)
66perpetuatio fori – Staubitz Schreiber
67Der Annahme der internationalen Zuständigkeit steht auch nicht das Verfahren in England entgegen. Dies folgt insbesondere auch nicht aus der Entscheidung „Staubitz-Schreiber“ (EuGH, Urteil v. 17.01.2006, Rechtssache D2-1/04). In der vorgenannten Entscheidung beschäftigt sich der EuGH mit dem auch im Rahmen der internationalen Zuständigkeit in Insolvenzsachen geltenden allgemeinen Grundsatz der perpetuatio fori. Danach soll ein einmal zuständiges und mit der Sache befasstes Gericht auch nach einer Veränderung der für die Beurteilung der Zuständigkeit maßgeblichen Anknüpfungspunkte zuständig bleiben. Wie im übrigen Prozessrecht auch wird hierdurch auch im internationalen Insolvenzrecht aber nur der Fortbestand der Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts sichergestellt und nicht eine etwaige Sperrwirkung hinsichtlich später angerufener Gericht ausgesprochen. Diese ist vielmehr in Art 19 EuInsVO normiert. Sie knüpft hierbei nicht an die Antragstellung sondern an die Eröffnungsentscheidung an (vgl hierzu sogleich unter (4)). Die Regelung in Art. 19 geht auch bereits von ihrem Regelungsziel von einem (zulässigen) nebeneinander mehrerer Verfahren jedenfalls bis zur ersten Eröffnungsentscheidung aus.
68Eine etwaige Sperrwirkung folgt auch nicht aus dem von den Beschwerdeführern zitiert Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 02.03.2006 (Az. IX ZB 192/04, zitiert nach beck-online). Nach der Entscheidung soll ebenfalls nur der Fortbestand der Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts gesichert werden. In der vorzitierten Entscheidung hatte eine Gläubigerin (Beteiligte zu 2) einen Antrag in München gestellt. Hiernach verlegte die Schuldnerin ihren Wohnsitz nach Österreich. Wiederum hierauf folgten mehrere Anträge von weiteren Gläubigern (Beteiligte zu 3-5). Zwischen diesen weiteren Anträgen bestellte das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Hiernach erklärte die Bet. zu 2) ihren Antrag für erledigt. Das Amtsgericht sah keinen Fall der Erledigung. In dem Verfahren wendet sich die Schuldnerin gegen die Anträge der Bet zu 2) bis 5) auf die das AG München das Insolvenzverfahren eröffnete. Nach dem zitierten Beschluss des BGH sollte das erstmalig zuständige Gericht auch nach Veränderung des COMI zuständig für Folgeanträge bleiben, solange das laufende Verfahren nicht abgeschlossen ist.
69Der Fall ist bereits von dem vorliegenden Fall zu unterscheiden, weil das Verfahren in England, von dem eine mögliche Sperrwirkung ausgehen könnte, nicht betrieben wird. Das Verfahren ruht vielmehr (vgl. etwa Sachverhaltsdarstellung im Schriftsatz der Beschwerdeführer zu 1) bis 9) vom 20.09.2019, S. 15), sodass es das streitgegenständliche Verfahren bereits mangels eines laufenden Verfahrens nicht sperren kann.
70Weiter handelt es sich bei dem Verfahren in England um einen Eigenantrag der Schuldnerin. Dem steht auch nicht entgegen, dass zwischenzeitlich ein Führungswechsel – der soweit ersichtlich von keinem der Beteiligten angegriffen wird – vollzogen wurde. Interne bzw. im Einklang mit dem Satzungsrecht der Schuldnerin stehende Entscheidung der Schuldnerin selbst können in die Betrachtung der Schutzzwecke nicht einbezogen werden, da die Schuldnerin insoweit einheitlich den Gläubigern gegenüberzustellen ist.
71Vor allem jedoch lagen der zitierten Entscheidung des BGH Gläubigeranträge zu Grunde. Daher ist auch der in dem zitierten Beschluss gesetzte Zweck ein unzulässiges forum-shopping zu vermeiden vorliegend nicht einschlägig, da die Schuldnerin im hiesigen Verfahren zunächst selbst einen Eigenantrag stellte, sich dann der COMI änderte, die Schuldnerin den Eigenantrag zurücknahm, dann (zunächst) ein weiterer Eigenantrag in Deutschland gestellt wurde. Erst hiernach wurde der streitgegenständliche Gläubigerantrag gestellt. Die Zielsetzung forum-shopping zu verhindern soll unter Verweis auf Erwägungsgrund 4 (in der BGH nach der alten Fassung, nunmehr Erwägungsgrund 5) der Verordnung rechtsmissbräuchlichem Verhalten entgegensteuern. Vorliegend stellte jedoch die Schuldnerin selbst den Antrag in England. Die vorgenannte Argumentation greift daher nicht, da sie nicht eine Reaktion auf einen Gläubigerantrag darstellt, sondern es sich bis zum hiesigen Antrag ausschließlich um von der Schuldnerin beherrschte Vorgänge (Eigenantrag, COMI-Verlagerung, weiterer Eigenantrag) handelte.
72So befasst sich der zitierte BGH Beschluss dann auch hinsichtlich der Konkurrenzfrage ausschließlich mit Gläubigeranträgen (Rz 13: „ […] Der Antrag eines Gläubigers bei einem von mehreren zuständigen Gerichten legt also die Zuständigkeit auch für spätere Gläubiger fest (Kirchhof, in: Heidelberger Komm. z. InsO, § 3 Rdnr. 18; Ganter, in: MünchKomm-InsO, § 3 Rdnr. 20; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 3 Rdnr. 6). Die Zuständigkeit eines anderen potenziell ebenfalls zuständigen Gerichts kann danach nicht mehr begründet werden (Henckel/Gerhardt, InsO, § 3 Rdnr. 43).“)
73Die Entscheidung betrifft damit nicht die vorliegende Konstellation.
74Es heißt vielmehr zu Beginn (Rz 11):
75„Aus der Zuständigkeit des AG München für den Antrag der Bet. zu 2 folgt allerdings nicht zwingend seine Zuständigkeit auch für die erst nach dem Wegzug der Schuldnerin eingegangenen Insolvenzanträge. Grundsätzlich leitet jeder Insolvenzantrag ein eigenes Eröffnungsverfahren ein (Kirchhof, in: Heidelberger Komm. z. InsO, 4. Aufl., § 13 Rdnr. 11, § 14 Rdnr. 37; vgl. auch OLG Köln, NZI 2001, NZI Jahr 2001 Seite 318 = ZIP 2001, ZIP Jahr 2001 Seite 1018 [ZIP Jahr 2001 Seite 1020]). Erst die Eröffnung „bündelt” alle vorhandenen Anträge in einem einzigen Verfahren; mehr als ein (laufendes) Insolvenzverfahren findet nicht statt.“
76Daraus folgt, dass die Zuständigkeit eines Gerichts am alten COMI keine Sperrwirkung für Anträge am Gerichtsstand des neuen COMI entfaltet.
77(4)
78Grundsatz der Priorität
79Weiter steht der Annahme der internationalen Zuständigkeit auch nicht der Grundsatz der Priorität und Universalität bzw. der Kooperationspflicht entgegen. Art 19 EuInsVO regelt den Grundsatz der Anerkennung fremder Entscheidungen bzw. die Einheit des Insolvenzverfahrens. Es ist hierbei nur an Eröffnungsentscheidungen im Sinne der EuInsVO anzuknüpfen. Folgerichtig gilt dies dann auch für die Priorität bei der Prüfung der internationalen Zuständigkeit. Es handelt sich nach überzeugender Ansicht nicht um eine Antrags- sondern um eine Eröffnungspriorität (Müller, in Mankowski/Müller/J. Schmidt, EuInsVO 2015, 1. Auflage 2016, Art 19, Rz 23 mwN auch zum Streitstand). Es ist deshalb von einer Eröffnungspriorität auszugehen, weil sich dies mit den normierten Grundsätzen in Art. 19 EuInsVO deckt. Der gesetzlichen Regelung in Art 19 EuInsVO ist ein Anknüpfen nur an eine etwaige Eröffnungsentscheidung zu entnehmen.
80Vorliegend ist eine als Verfahrenseröffnung zu wertende Entscheidung in England jedoch nicht erfolgt. Der Antrag auf eine administration order wurde in England nicht beschieden. Eine „Eröffnungsentscheidung“ im Sinne der EuInsVO ist aber nur bei einer Verfahrenseröffnung und bei Bestellung eines Verwalters einschlägig. Beides ist in England nicht erfolgt (vgl. im einzelnen Gutachten Prof. D2, S. 7ff ).
81Damit ist im Hinblick auf das Verfahren in England eine Konkurrenz nur im Rahmen der Rechtsmissbräuchlichkeit zu überprüfen.
82(5)
83Kein rechtsmissbräuchliches Verhalten
84Es liegt auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vor.
85Zum einen folgt dies bereits daraus, dass das deutsche Insolvenzverfahren auf dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung fußt, sodass eine Rechtsmissbräuchlichkeit sich nicht aus einer etwaigen Ungleichbehandlung von einzelnen Gläubigergruppen ergeben kann.
86Weiter ist eine bloßen COMI-Verlagerung nicht bereits per se als forum shopping zu bewerten, da der COMI von der Niederlassungsfreiheit geschützt ist. Zur Abwägung der Interessenlage und der Schutzgesichtspunkte wird zudem auch auf die Erwägungen unter (3) verwiesen. Weiter ist auch der Einwand, es werde durch ein etwaiges Verfahren in Deutschland zudem eine Gläubigergruppe bevorzugt, für die hier zu beurteilende Frage der internationalen Zuständigkeit nicht ausschlaggebend, da Grundlage der zwei Anträge gerade der Konflikt von verschiedenen Gläubigergruppen ist. Vor diesem Hintergrund kann eine Rechtsmissbräuchlichkeit nicht allein darauf gestützt werden, dass die jeweilige Gläubigergruppe subjektiv eine unterschiedliche Erwartung hinsichtlich ihrer eigenen Rechtsposition abhängig von dem Ort des Insolvenzverfahrens hat. Dieses Argument kann, da es umgekehrt genauso gilt, nicht den Ausschlag im Sinne rechtsmissbräuchlichen Verhaltens für die Zuständigkeit geben. Soweit auf die Verfahrenskosten in Deutschland abgestellt wird, haben sich im hiesigen Verfahren die T-Gläubiger zur Tragung der Kosten des vorläufigen Verfahrens bereit erklärt.
87Auch aus dem lock-up agreement kann eine Rechtsmissbräuchlichkeit nicht abgeleitet werden. Zum einen kann die gerichtliche Zuständigkeit des Art. 3 EuInsVO nicht prorogiert werden. Zum anderen kann eine Abweichen von vertragliche Abreden zwischen Gläubigergruppen Ansprüche wegen Verletzungen vereinbarter Pflichten (untereinander) begründen, jedoch nicht auf das gesamte Verfahren ausstrahlen und damit etwaige an den vertraglichen Vereinbarungen nicht beteiligte Verfahrensbeteiligte benachteiligen.
88Einer Vorlage an den EuGH bedurfte es nicht, da nicht von der Rechtsprechung des EuGH abgewichen wird. Auslegungsfragen der EuInsVO bestehen ebenfalls nicht.
89Die Sache war dem Landgericht Düsseldorf als Beschwerdegericht vorzulegen, Art 102c §4 EG InsO i.V. m. § 571 ZPO analog (Vallender/Zipperer in: Vallender EuInsVO, Art 102c §4 EG InsO, Rz. 1; vgl. auch LG Berlin, Beschluss v. 08.01.2018, Az 84 T 2/18, zitiert nach beck-online).
90Düsseldorf, 11.10.2019
91Amtsgericht
92I
93Richter