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hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2000
durch den Richter X
für R e c h t erkannt:
Es wird festgestellt, daß zwischen den Parteien ein
Rechtsverhältnis in Form des am 06.05.1999 geschlosse-
nen X-Kartenvertrages mit der Rufnummer X
nicht besteht.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 10 %,
die Beklagte zu 90 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Seite kann die Vollstreckung abwenden durch Si-
cherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden
Betrages, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläu-
biger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Sicherheit kann auch erbracht werden durch Bürgschaft
einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank
oder öffentliche Sparkasse.
T a t b e s t a n d :
2Die Beklagte betreibt ein privates Mobiltelefonnetz. In einer
3Verkaufsaktion warb sie damit, daß an denjenigen, der einen
4für mindestens zwei Jahre befristeten Vertrag zur entgeltli-
5chen Nutzung des Mobilfunknetzes (X-Kartenvertrag) ab-
6schließt, ein Mobiltelefon der Marke X zum Preise
7von 42,24 DM zuzüglich Mehrwertsteuer verkauft werde. Der Li-
8stenpreis für ein derartiges Mobiltelefon betrug 343,10 DM
9zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Kläger schloß am 6.5.1999
10den Kartenvertrag sowie den Kaufvertrag ab. Zusätzlich kaufte
11der Kläger Zubehör für das Mobiltelefon zum Preis von 84,48
12DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Einschließlich der Mehrwertsteu-
13er zahlte der Kläger 147 DM. Verkäufer des Mobiltelefons war
14nicht die Beklagte, sondern ein von den Parteien nicht näher
15benannter Vertriebshändler. An dem Mobiltelefon trat bereits
16kurze Zeit später ein Defekt dergestalt auf, daß die Anzeige
17verblaßte und nicht mehr lesbar war. Der Kläger legte das Ge-
18rät der Beklagten zur Reparatur vor, die diese nicht ausfüh-
19ren konnte. Auf Anweisung der Beklagten wandte sich der Klä-
20ger unmittelbar an den Hersteller des Telefons, der die Ver-
21bindung zu einem Vertragshändler in X herstellte. Dort
22wurde das Telefon repariert, jedoch ohne nachhaltigen Erfolg,
23denn bereits nach einigen Tagen trat der ursprüngliche Defekt
24wieder auf. Ebenso verhielt es sich nach weiteren Reparatur-
25versuchen des Vertragshändlers. Sowohl dieser als auch die
26Beklagten gestanden zu, daß eine Reparatur des Mobiltelefons
27nicht möglich sei. Daraufhin verlangte der Kläger von der Be-
28klagten, ihm ein neues Telefon zu verschaffen. Hierzu war die
29Beklagte nicht bereit. Daraufhin erklärte der Kläger durch
30Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 5.8.1999 "die
31Wandlung des gesamten Vertrages". Die Beklagte erklärte sich
32mit der Wandlung des über das Mobiltelefon nebst Zubehör ab-
33geschlossenen Kaufvertrages einverstanden und erstattete dem
34Kläger den gezahlten Kaufpreis von 147 DM. Hinsichtlich des
35Kartenvertrages bestand die Beklagte auf Vertragserfüllung
36durch den Kläger und stellte diesem weiterhin die vereinbarte
37monatliche Grundgebühr in Höhe von 24,95 DM in Rechnung. Da
38der Kläger auf die Rechnung der Beklagten vom 19.10.1999 und
39auf spätere Rechnungen keine Zahlungen leistete, deaktivierte
40die Beklagte die X-Karte des Klägers und stellte diesem mit
41der Rechnung vom 21.1.2000 einen aufgrund der verbliebenen
42Mindestlaufzeit des Kartenvertrages berechneten Schadenser- satz in Höhe von 336,67 DM in Rechnung. Der Betrag der letz-
43ten, vom Kläger nicht beglichenen Rechnung der Beklagten vom
4421.1.2000 beläuft sich auf insgesamt 396,94 DM. In dieser
45Rechnung wurde der Kläger gebeten, den Rechnungsbetrag bis
46zum 1.2.2000 zu überweisen. Die Beklagte unterhält ein Konto-
47korrentkonto bei einem Bankinstitut, auf dem sie Kredit in
48Höhe eines die Widerklageforderung übersteigenden Betrages in An-
49spruch nimmt. Der mit der Widerklage verlangte Betrag wäre zur
50Rückführung des Kredites verwendet worden.
51Der Kläger beantragt,
52festzustellen, daß zwischen den Parteien ein
53Rechtsverhältnis aufgrund von Vertragsabschlüssen
54vom 6.5.1999 nicht besteht, hilfsweise, die Be-
55klagte zu verurteilen, an ihn 348,99 DM zu zahl-
56len
57Die Beklagte beantragt,
58die Klage abzuweisen.
59Im Wege der Widerklage beantragt die Beklagte,
60den Kläger zu verurteilen, an sie 396,94 DM nebst
616,5 % Zinsen seit dem 2.2.2000 zu zahlen.
62Der Kläger beantragt,
63die Widerklage abzuweisen.
64E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
65Die Klage ist überwiegend zulässig und begründet, teilweise
66ist sie unzulässig. Die Widerklage ist unbegründet.
67Die Feststellungsklage ist unzulässig, soweit der Kläger die
68Feststellung begehrt, daß aufgrund des am 06.05.1999 ge-
69schlossenen Kaufvertrages über das Mobiltelefon und das Zube-
70hör keine Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien besehen.
71Die Beklagte hat sich mit der Wandlung dieses Kaufvertrages
72einverstanden erklärt und dem Kläger den Kaufpreis erstattet.
73Die Beklagte berühmt sich insoweit nicht des Bestehens eines
74Rechtsverhältnisses, so daß ein rechtliches Interesse des
75Klägers an der alsbaldigen Feststellung des Nichtbestehens
76dieses Rechtsverhältnisses (§ 256 Abs. 1 ZPO) nicht gegeben
77ist.
78Da die Beklagte der Ansicht ist, daß der X-Kartenvertrag
79zwischen den Parteien fortbestehe und der Kläger die monatli-
80che Grundgebühr schulde, hat der Kläger ein rechtliches In-
81teresse an der Feststellung des Nichtbestehens dieses Vertra-
82ges. Insoweit ist seine Klage zulässig.
83Die Klage ist in diesem Umfang auch begründet.
84Der Kläger hat den zwischen den Parteien am 6.5.1999 ge-
85schlossenen Dienstvertrag über die Nutzung des von der Be-
86klagten betriebenen Mobilfunknetzes (X-Kartenvertrag) durch
87Schreiben seiner Prozeßbevollmächtigten vom 5.8.1999 fristlos
88gekündigt. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Mobil-
89funkvertrag handelt es sich um einen Dienstvertrag, § 611 BGB
90(Palandt/Sprau, BGB, 58. Auflage, Rn. 16 vor § 631), so daß
91eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB in Be-
92tracht kam. Zu dieser Kündigung war der Kläger gemäß § 626
93BGB berechtigt, weil er den Kaufvertrag über das Mobiltelefon
94wirksam gewandelt hat und der Kartenvertrag mit dem Kaufver-
95trag ein einheitliches Rechtsgeschäft bildet.
96Die Parteien haben den am 6.5.1999 geschlossenen Kaufvertrag
97über das Mobiltelefon X gewandelt. Die Beklagte hat
98sich mit dem Wandlungsverlangen des Klägers einverstanden er-
99klärt und dem Kläger den für das Mobiltelefon sowie das Zube-
100hör vereinnahmten Kaufpreis erstattet. Damit ist nach § 465
101BGB die Wandlung vollzogen.
102Durch das Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom
1035.8.1999 hat der Kläger den mit der Beklagten geschlossenen
104Dienstvertrag nach § 626 BGB wirksam gekündigt. In diesem
105Schreiben liegt eine auf den Kartenvertrag bezogene Kündi-
106gungserklärung des Klägers. Die Beklagte hat die Erklärung
107des Klägers auch in diesem Sinne verstanden. Dem steht nicht
108entgegen, daß der Kläger offensichtlich in seinem Schreiben
109vom 5.8.1999 von dem Bestehen nur eines Vertragsverhältnisses
110ausgeht und hinsichtlich dieses Vertrages die Wandlung er-
111klärt. Dies ergibt sich daraus, daß der Kläger auf der ersten
112Seite des Schreibens seines Prozeßbevollmächtigten beide Ver-
113tragsverhältnisse, Kaufvertrag und Dienstvertrag, erwähnt und
114ausdrücklich hinsichtlich "des gesamten Vertrages" die Wan-
115lung erklärt. Wandlung bedeutet nach den Legaldefinitionen in
116§ 462 und § 634 Abs. 1 Satz 3 BGB Rückgängigmachung des Ver-
117trages. Durch die Bitte, zu bestätigen, "daß das Vertragsver-
118hältnis beendet ist", wird deutlich, daß sämtliche zwischen
119den Parteien bestehende Vertragsverhältnisse mit sofortiger
120Wirkung aufgelöst werden sollten. Die Beklagte hat der Wand-
121lung des Kaufvertrages zugestimmt, die Kündigung des Dienst-
122vertrages jedoch zurückgewiesen. Dadurch wird deutlich, daß
123auch die Beklagte die Erklärung des Klägers vom 5.8.1999 da-
124hingehend verstanden hat, daß auch der Dienstvertrag mit so-
125fortiger Wirkung beendet werden soll.
126Der Kläger war zu der außerordentlichen Kündigung des Dienst-
127vertrages berechtigt, weil der Kaufvertrag über das Mobilte-
128lefon gewandelt wurde und beide Verträge eine rechtliche Ein-
129heit bilden. Ein einheitliches Rechtsgeschäft ist dann anzu-
130nehmen, wenn zwei an sich selbständige Vereinbarungen nach
131den Vorstellungen der Vertragsschließenden miteinander
132"stehen und fallen" sollen (BGH NJW 1976, 1931). Ein solches
133einheitliches Rechtsgeschäft liegt hier vor. Nach dem für die
134Beklagte erkennbaren Willen des Klägers sollten der Kauf- und
135der Dienstvertrag nicht für sich allein gelten, sondern ge-
136meinsam miteinander stehen und fallen. Dies ergibt sich dar-
137aus, daß beide Verträge von der Beklagten in einer Aktion ge-
138meinsam beworben worden sind und das Angebot zum Abschluß des
139Kaufvertrages unter der Bedingung des Abschlusses eines für
140mindestens zwei Jahre befristeten Kartenvertrages stand. Es
141wäre nicht möglich gewesen, den Kaufvertrag zu dem günstigen
142Preis ohne den gleichzeitigen Anschluß eines Kartenvertrages
143zu schließen. Aufgrund dieser Angebotsgestaltung konnte die
144Beklagte erkennen, daß ihre Kunden den Kartenvertrag ab-
145schließen, um das für die Nutzung des Mobilfunknetzes unent-
146behrliche Mobiltelefon zu einem gegenüber dem Listenpreis
147günstigen Preis erwerben zu können.
148Zudem ist davon auszugehen, daß die Beklagten den Kunden, die
149auf das geschilderte Angebot eingehen, daß Mobiltelefon nicht
150- auch nicht teilweise - schenkt, sondern daß der Erwerb des
151Mobiltelefons durch die im Rahmen des Kartenvertrags vom Kun-
152den zu erbrigenden Leistungen mitfinanziert wird (vgl. BGH
153NJW 1999, 211, 213). Hat das Mobiltelefon einen Mangel und
154wird nach der Wandlung des Kaufvertrages lediglich der ver-
155günstigte Kaufpreis erstattet, der Kunde aber an dem Karten-
156vertrag zu den ursprünglichen Konditionen festgehalten, so
157führt dies dazu, daß der Kunde über die Leistungsentgelte für
158den Kartenvertrag das Mobiltelefon, daß er wegen der Wandlung
159des Kaufvertrages nicht erworben hat, dennoch (zumindest
160teilweise) bezahlt. Daher war für die Beklagte erkennbar, daß
161ihre Kunden für den Fall, daß ihnen das Mobiltelefon nicht
162mehr funktionstüchtig zur Verfügung steht, auch an den in
163Verbindung mit dem Kaufvertrag geschlossenen Kartenvertrag
164nicht mehr gebunden sein wollen. Der Annahme einer rechtli-
165chen Einheit steht es nicht entgegen, daß Vertragspartner des
166Klägers bei dem Kaufvertrag offenbar nicht die Beklagte, son-
167dern ein Dritter war. An Verträgen, die eine rechtliche Ein-
168heit bilden, müssen nicht durchweg dieselben Personen betei-
169ligt sein (BGH NJW 1976, 1931, 1932). Es spricht zwar eine
170tatsächliche Vermutung dafür, daß mehrere selbständige Ver-
171träge, die in verschiedenen Urkunden niedergelegt sind, keine
172rechtliche Einheit bilden sollen (BGHZ 78, 346, 349). Diese
173Vermutung ist im vorliegenden Fall jedoch durch die soeben
174dargestellten Umstände widerlegt.
175Soweit die Beklagte sich auf die Entscheidung BGH NJW 1999,
176211 ff. beruft, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Viel-
177mehr sprechen auch die dortigen Ausführungen des BGH, der
178Rechtsverkehr halte sich nicht mit rechtlichen Erwägungen der
179Aufspaltung in zwei Rechtsgeschäfte auf, dafür, daß von einem
180einheitlichen Rechtsgeschäft auszugehen ist.
181Die Beklagtenseits zitierten Entscheidungen des Amtsgerichts
182Bingen und des Amtsgerichts Düsseldorf lassen nicht erkennen,
183daß die Angebotsgestaltung mit der vorliegenden verleichbar
184war und ob auch in jenen Fällen von einem einheitlichen
185Rechtsgeschäft ausgegangen werden konnte.
186Die gemäß § 33 ZPO zulässige Widerklage ist unbegründet, da
187der Kläger den X-Kartenvertrag mit Schreiben vom 05.08.1999
188gekündigt hat und daher die Zahlungsansprüche der Beklagten,
189wegen derer sie Schadensersatz verlangt, nicht bestehen. Aus
190diesem Grund kann auch ein Schadensersatzanspruch der Beklag-
191ten nicht gegeben sein.
192Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs.
1931, 108 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
194Das Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit des Mo-
195bilfunkvertrages entspricht der Schadensersatzforderung der
196Beklagten. Der unzulässige Antrag auf Feststellung der Un-
197wirksamkeit des Kaufvertrages war im Vergleich dazu nur von
198einem geringfügigen Gegenstandswert. Insgesamt ergibt sich
199daher ein
200Streitwert:
201bis 600,-- DM.