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1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 40.000,00 € tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Kläger nehmen die Beklagte auf Rückzahlung geleisteter Vorfälligkeitsentschädigungen, Nutzungsersatz auf erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen sowie Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Anspruch.
3Die Kläger, Eheleute, und die beklagte Bank waren durch drei Immobiliardarlehensverträge geschäftlich miteinander verbunden, nämlich (die weiteren Darlehensverträge, s. dazu die Betreffzeilen in dem Schreiben der Beklagten vom 30.01.2018, Anlage K4 = Bl. 97 d.A.):
4- Darlehensvertrag vom 04.01.2012 zur Darlehens-Nr. 0000000000 (künftig: Darlehen mit den Endziffern -XX) in Höhe von 301.000,00 €, Darlehensverwendung: Erwerb und Renovierung des Einfamilienhauses K-Straße 00 in A1, bis zum 30.10.2021 gebundener Sollzinssatz von 3,55 % p.a. (effektiv: 3,61 % p.a.), rückzahlbar in 359 Raten zu je 1.360,04 € ab dem 30.01.2012 und in einer Rate zu 73,95 € (Anlagenkonvolut K1 = Bl. 109-116 d.A.);
5- Darlehensvertrag vom 25.04.2012 zur Darlehens-Nr. 0000000000 (künftig: Darlehen mit den Endziffern -XX) in Höhe von 30.000,00 €, Darlehensverwendung: Nachfinanzierung Umbau- und Renovierungskosten für das Objekt Zum Wildenstein 24 in Heiligenhaus, bis zum 30.04.2022 gebundener Sollzinssatz von 3,75 % p.a. (effektiv: 3,82 % p.a.), rückzahlbar in 259 Raten zu je 168,75 € ab dem 30.05.2012 und in einer Rate zu 152,27 € (Anlagenkonvolut K2 = Bl. 117-124 d.A.);
6- Darlehensvertrag vom 22.09.2014 zur Darlehens-Nr. 0000000000 (künftig: Darlehen mit den Endziffern -XX) in Höhe von 17.000,00 €, Darlehensverwendung: Nachfinanzierung der Handwerkerkosten, bis zum 30.09.2024 gebundener Sollzinssatz von 3,00 % p.a. (effektiv: 3,04 % p.a.), rückzahlbar in 119 Raten zu je 164,16 € ab dem 30.10.2014 und in einer Rate zu 163,21 € (Anlagenkonvolut K3 = Bl. 125-131 d.A.).
7Der Darlehensvertrag mit den Endziffern -XX enthielt auf der „Seite 3 von 4“ (Bl. 111 d.A.) die nachfolgend wiedergegebene Widerrufsinformation:
8Hier wurde eine Bilddarstellung entfernt.
9Der Darlehensvertrag mit den Endziffern -XX enthielt auf der „Seite 3 von 4“ (Bl. 119 d.A.) die nachfolgend wiedergegebene Widerrufsinformation:
10Hier wurde eine Bilddarstellung entfernt.
11Der Darlehensvertrag mit den Endziffern -XX enthielt auf der „Seite 3 von 4“ (Bl. 127 d.A.) die nachfolgend wiedergegebene Widerrufsinformation:
12Hier wurde eine Bilddarstellung entfernt.
13Die Darlehen wurden jeweils vollständig an die Kläger ausgezahlt.
14Im Frühjahr 2017 stimmte die Beklagte einer Aussetzung der Tilgung u.a. der drei vorbezeichneten Darlehen für die Dauer von zunächst sechs Monaten, anschließend dann für weitere sechs Monate zu.
15Mit notariellem Vertrag vom 11.12.2017 (UR-Nr. 0000/0000 des Notars D1) veräußerten die Kläger die grundpfandrechtlich besicherte Immobilie. In der Folge wurden die drei vorbezeichneten Darlehen vorzeitig vor Ablauf der jeweiligen Zinsbindungsfrist abgelöst. Mit Schreiben vom 30.01.2018 (Anlage K4 = Bl. 96-98 d.A.) berechnete die Beklagte den Klägern für diese Darlehen Vorfälligkeitsentschädigungen, und zwar für das Darlehen mit den Endziffern -XX in Höhe von 27.413,99 €, für das Darlehen mit den Endziffern -XX in Höhe von 2.678,18 € und für das Darlehen mit den Endziffern -XX in Höhe von 618,38 €, d.h. in Höhe von insgesamt 30.710,55 €. Die Kläger zahlten die Vorfälligkeitsentschädigungen unter dem Vorbehalt der Überprüfung der Rechnung „von einem Fachmann“, wie sie der Beklagten mit Schreiben vom 19.02.2018 (Anlage 4a = Bl. 103 d.A.) mitteilten.
16Mit Schreiben vom 03.04.2018 (Anlage K6 = Bl. 99 d.A.) widerriefen die Kläger u.a. ihre auf Abschuss der drei vorbezeichneten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen gegenüber der Beklagten und forderten diese unter Fristsetzung dazu auf, die angeblich ohne Rechtsgrund vereinnahmten Vorfälligkeitsentschädigungen zurückzuerstatten. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nach; mit Schreiben vom 10.04.2018 (Anlage K7 = Bl. 100 d.A.) wies sie den Widerruf der Kläger als unwirksam zurück. Auch die weitere Aufforderung der Kläger mit (34-seitigem) Anwaltsschreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.08.2019 (Anlage K8 = Bl. 61-94 d.A.) lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 27.09.2019 (Anlage K9 = Bl. 104-106 d.A.) ab.
17Die Kläger meinen, dass die von der Beklagten erteilten Widerrufsinformationen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen, weshalb der Lauf der jeweiligen Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei. In Bezug auf den Darlehensvertrag mit den Endziffern -XX ergebe sich die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsinformation auch aus dem Umstand, dass die Beklagte dort den notariellen Immobilienkaufvertrag zu Unrecht als angegebenes Geschäft im Sinne des § 359a Abs. 1 BGB a.F. angeführt hat.
18Die Kläger sind außerdem der Auffassung, dass ihnen Nutzungsersatz auf die gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Darlehensverträge mit den Endziffern -XX und -XX zustünde. Die Nutzungswertersatzansprüche beziffern die Kläger auf 5.455,18 € (Vertrag mit den Endziffern -XX) und auf 599,23 € (Vertrag mit den Endziffern -XX), insgesamt also auf 6.054,41 €.
19Die Kläger beantragen (S. 2 der Klageschrift vom 15.06.2020 = Bl. 2 d.A.), die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger
201.
2130.710,55 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 21.04.2018, hilfsweise seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
222.
236.054,41 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
243.
251.952,55 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit als Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu zahlen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Sie meint, dass der Widerruf verfristet sei, da die zu allen drei Darlehensverträgen verwendeten Widerrufsinformationen korrekt seien und alle Pflichtangaben vollständig erteilt worden seien. Der Geltendmachung der Klageforderung stünde nach Ansicht der Beklagten außerdem der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung und der Verwirkung entgegen.
29Die Kammer hat in der Sache am 01.07.2021 mündlich verhandelt, wobei die Parteivertreter nach entsprechender Gestattung durch Beschluss vom 18.05.2021 (Bl. 200 f. d.A.) gemäß § 128a Abs. 1 ZPO im Wege der Bild- und Tonübertragung teilgenommen haben. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden. Es wird auf das Sitzungsprotokoll von 01.07.2021 und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31I.
32Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
331.
34Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigungen (Klageantrag zu Ziff. 1.).
35a)
36Zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs im April 2018 war bezüglich aller drei streitgegenständlicher Darlehensverträge die jeweilige Widerrufsfrist längst verstrichen. Im Einzelnen:
37aa) Darlehensvertrag vom 04.01.2012 mit den Endziffern -XX
38Die von der Beklagten erteilte Widerrufsinformation entsprach wörtlich der Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 u. § 12 Abs. 1 EGBGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 04.08.2011 und dem 12.06.2014 geltenden Fassung (= a.F.) und genügte damit den gesetzlichen Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 u. S. 2 EGBGB a.F. Auf das zu einer (mit Ausnahme der Höhe des Zinsbetrages) wortgleichen Widerrufsinformation der hiesigen Beklagten ergangene klageabweisende Urteil dieser Kammer vom 25.11.2016 (Az.: 3 O 18/16; BeckRS 2016, 21396) wird Bezug genommen (s. dazu schon die Hinweise in der gerichtlichen Verfügung vom 24.09.2020 unter Ziff. 2. = Bl. 142 d.A.).
39Das von den Klägervertretern angeführte Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 26.03.2020 (Kreissparkasse Saarlouis, Az.: C-66/19, BKR 2020, 248) vermag an diesem rechtlichen Befund nichts zu ändern. Diese Entscheidung ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, da es hier um einen grundpfandrechtlich besicherten Immobiliardarlehensvertrag geht, auf den die Verbraucherkreditrichtlinie nach ihrem Art. 2 Abs. 2 lit. a) u. c) keine Anwendung findet (vgl. EuGH, a.a.O., S. 249, Rn. 25). Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vor und nach Erlass des EuGH-Urteils (vgl. BGH, Beschl. v. 19.03.2019 – XI ZR 44/18 – BKR 2020, 30, 31, Rn. 7; Beschl. v. 09.07.2019 – XI ZR 53/18 – NJW-RR 2020, 116, 116 f., Rn. 8; Beschl. v. 31.03.2020 – XI ZR 581/18 – BKR 2020, 255; Beschl. v. 31.03.2020 – XI ZR 299/19 – BeckRS 2020, 7412; Beschl. v. 09.06.2020 – XI ZR 381/19 – BeckRS 2020, 14215; Beschl. v. 30.03.2021 – XI ZR 231/20 – BeckRS 2021, 6883; Beschl. v. 23.02.2021 – XI ZR 278/20 – BeckRS 2021, 12916). Dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zum sog. Kaskadenverweis bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen (konkret: Verbraucherdarlehen zur Finanzierung eines Kfz-Kaufvertrages) mit Urteilen jeweils vom 27.10.2020 in den Verfahren XI ZR 498/19 und XI ZR 525/19 geändert hat, hat für den vorliegenden Fall keine Relevanz. Für den 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm ist diese Rechtsfrage „damit abschließend höchstrichterlich geklärt. Dem schließt sich der erkennende Senat an.“ (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 20.07.2020 – I-31 U 92/20 – n.v., S. 9 f. der BA = Bestätigung des Urteils dieser Kammer v. 03.03.2020 – 3 O 265/18 – n.v.).
40Soweit die Kläger der Ansicht sind, dass die Widerrufsinformation schon deshalb fehlerhaft sei, weil die Beklagte den Gestaltungshinweis [4b] der Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 u. § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. (= i.d.F. vom 04.08.2011 bis zum 12.06.2014) aufgenommen habe, obwohl der dort bezeichnete notarielle Grundstückskaufvertrag („Kaufvertrag UR 000/0000 des Notars D2 ; EFH K-Straße 00 in A1“) kein angegebenes Geschäft im Sinne des § 359a Abs. 1 BGB a.F. darstelle, teilt das Gericht diese Wertung nicht. Es kann letztlich offenbleiben, ob der Grundstückskaufvertrag als angegebenes Geschäft im Sinne des § 359a Abs. 1 BGB a.F. zu qualifizieren ist (bejahend: Urt. dieser Kammer v. 25.11.2016 – 3 O 18/16 – BeckRS 2016, 21396; Urt. dieser Kammer v. 16.12.2016 – 3 O 149/16 – BeckRS 2016, 21395; jeweils unter Hinweis auf: Bergmann, BKR 2010, 189, 191). Anders als in dem Fall, der dem von den Klägervertretern als Anlage K11 zu ihrem Schriftsatz vom 28.06.2021 vorgelegten Hinweisbeschluss des OLG Frankfurt vom (Az.: 23 U 65/19) zugrunde lag, fehlt es hier an einer genauen Angabe der „Ware oder Leistung des Unternehmers“ nicht, da der Kaufvertrag nebst Urkundenrollennummer des beurkundenden Notars und der Kaufgegenstand ausreichend konkret bezeichnet sind. Es ist auch unschädlich, dass der Kaufvertrag nicht von der Beklagten vermittelt wurde und dass die Kläger als Verbraucher die Immobilie ihrem Vorbringen zufolge nicht von einem anderen Unternehmer erwarben; denn dies ist für ein angegebenes Geschäft im Sinne des § 359a Abs. 1 BGB a.F. nicht erforderlich. Es ist auch nicht zutreffend, dass der bezeichnete notarielle Kaufvertrag von Gesetzes wegen nicht widerruflich war: Der Ausnahmegrund des § 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB a.F. (= i.d.F. vom 11.06.2010 bis zum 12.06.2014) – kein Widerrufsrecht bei notariell beurkundeten Willenserklärungen – betrifft nur die in Abs. 1 genannten Vertragsanbahnungen, also Haustürgeschäfte (vgl. MüKo-Masuch, BGB, 6. Auflage 2012, § 312 Rn. 118). Dass die Kläger den Kaufvertrag aber in einer Haustürsituation abgeschlossen hätten, ist weder von ihnen vorgetragen noch nach Aktenlage ersichtlich. Doch selbst wenn man – mit den Klägern – annehmen wollte, dass die Beklagte den notariellen Kaufvertrag zu Unrecht als angegebenes Geschäft im Sinne von § 359a Abs. 1 BGB a.F. in die Widerrufsinformation aufgenommen hätte, verhilft dies der Klage nicht zum Erfolg: Darin läge lediglich der Antrag der Beklagten an die Kläger, das Widerrufsrecht auf vertraglicher Grundlage dahingehend zu erweitern, dass sich die Kläger im Falle eines wirksamen Widerrufs des angegebenen Geschäfts auch von dem Darlehensvertrag mit der Beklagten lösen können (vgl. zu einer Erweiterung der Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist: BGH, Urt. v. 22.11.2016 – XI ZR 434/15 – NJW 2017, 1306, 1309, Rn. 30). Dagegen ist nichts zu erinnern.
41bb) Darlehensvertrag vom 25.04.2012 mit den Endziffern -XX
42Die von der Beklagten zu dem Vertrag vom 25.04.2012 erteilte Widerrufsinformation entsprach ebenfalls wörtlich der Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 u. § 12 Abs. 1 EGBGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 04.08.2011 und dem 12.06.2014 geltenden Fassung (= a.F.) und genügte, ohne dass es auf Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F. ankommt, den gesetzlichen Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 u. S. 2 EGBGB a.F. Auch ohne besondere grafische Hervorhebung war die von der Beklagten verwandte Widerrufsinformation klar und verständlich; ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher konnte die für seinen Vertrag maßgeblichen Pflichtangaben ermitteln (vgl. zu einer im Wesentlichen wortgleichen Widerrufsinformation: BGH, Beschl. v. 25.10.2016 – XI ZR 6/16 – mit eingescannter Widerrufsinformation veröffentlicht auf www.bundesgerichtshof.de).
43cc) Darlehensvertrag vom 22.09.2014 mit den Endziffern -XX
44Auch die von der Beklagten zu dem Vertrag vom 22.09.2014 erteilte Widerrufsinformation ist gesetzeskonform. Sie entsprach in formeller und inhaltlicher Hinsicht dem damaligen gesetzlichen Muster (Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 u. § 12 Abs. 1 EGBGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem 13.06.2014 und dem 20.03.2016 geltenden Fassung (= a.F.).
45b)
46Ungeachtet der hinsichtlich aller drei streitgegenständlicher Darlehensverträge gesetzeskonformen Belehrung der Kläger durch die Beklagte und der Verfristung des im April 2018 erklärten Widerrufs wäre das Widerrufsrecht auch verwirkt gewesen.
47aa)
48Die Kläger übten ihr Widerrufsrecht ca. sechs Jahre und zwei Monate nach Abschluss des Vertrages mit den Endziffern -XX, ca. fünf Jahre und elf Monate nach Abschluss des Vertrages mit den Endziffern -XX und ca. drei Jahre und sechs Monate nach Abschluss des Vertrages mit den Endziffern -XX aus, so dass das sog. Zeitmoment im Rahmen des Verwirkungstatbestandes unzweifelhaft zu bejahen ist.
49bb)
50Im Streitfall ist auch das für die Annahme der Verwirkung gleichfalls erforderliche Umstandsmoment gegeben. Ein Recht ist danach verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls, ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann. Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein; das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (vgl. nur: BGH, Urt. v. 11.10.2016 – XI ZR 482/15 – NJW 2017, 243, 246, Rn. 30 m.w.N.).
51Nach diesen Maßstäben konnte und durfte die Beklagte sich nach vollständiger Ablösung aller drei streitgegenständlicher Darlehen und – wenn auch unter Vorbehalt geleisteter – Zahlung der jeweiligen Vorfälligkeitsentschädigung durch die Kläger darauf einrichten, dass die Kläger die Verträge nicht noch widerrufen würden. Ein weiteres gewichtiges Indiz, das für die Annahme der Verwirkung spricht, ist der Umstand, dass die Beklagte die Sicherheiten auf Wunsch der Kläger freigab. Die Tatsache, dass ein Darlehensgeber Sicherheiten freigegeben hat, ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Aspekt, den der Tatrichter bei der Prüfung des Umstandsmoments berücksichtigen kann. Dem steht nicht entgegen, dass der Darlehensgeber nach Beendigung des Darlehensvertrags und vollständiger Erfüllung der aus dem unwiderrufenen Darlehensvertrag resultierenden Pflichten des Darlehensnehmers die Sicherheiten ohnehin freizugeben hätte. Vom Darlehensgeber bestellte Sicherheiten sichern regelmäßig auch Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. i.V.m. den §§ 346 ff. BGB. Dem Rückgewähranspruch des Darlehensnehmers aus der Sicherungsabrede haftet die für den Fall des Widerrufs auflösende Rechtsbedingung einer Revalutierung an. Beendet der Darlehensgeber trotz der Möglichkeit der Revalutierung durch Rückgewähr der Sicherheit den Sicherungsvertrag, kann darin die Ausübung beachtlichen Vertrauens i.S.d. § 242 BGB liegen (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.2018 – XI ZR 45/18 – BKR 2019, 132, 133, Rn. 17; Urt. v. 11.09.2018 – XI ZR 125/17 – BeckRS 2018, 27086, Rn. 34; Hinweisbeschl. v. 23.01.2018 – XI ZR 298/17 – NJW 2018, 1390, 1392, Rn. 20; Beschl. v. 07.03.2018 – XI ZR 298/17 – BeckRS 2018, 3221).
522.
53In Ermangelung eines wirksamen Widerrufs können die Kläger auch keinen Nutzungsersatz auf die gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen für die Darlehensverträge mit den Endziffern -XX und -XX beanspruchen (Klageantrag zu Ziff. 2.). Aus demselben Grund ist ein Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten (Klageantrag zu Ziff. 3.) unbegründet.
54II.
55Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 91 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 1 u. Abs. 4 S. 1 ZPO.
56III.
57Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. den §§ 3, 5 ZPO auf bis zu 40.000,00 € (30.710,55 € + 6.054,41 €) festgesetzt.
58IV.
59Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.